Thomas Kreutzer, Die Neuerschließung der Baurechtsakten im

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Schlüsselposition im archivischen Gesamtspektrum verwiesen wird. 20 Tatsächlich kann
sich eine unterschiedliche Gewichtung beider Aufgabenbereiche in der Praxis aus der
internen Struktur der Archive, aus besonderen Anforderungen an die Arbeitskapazität oder
aktuellen Dringlichkeiten ergeben, doch prinzipiell sind Bewertung und Erschließung vor
dem Hintergrund der gemeinsamen Ziele der Überlieferungsbildung und Nutzbarmachung
aufeinander angewiesen und nicht einander übergeordnet.
In jüngerer Zeit hat die Diskussion um Ziele und Methoden der Erschließung unter
anderem durch die Publikation eines Tagungsbandes zu diesem Thema 21 einen neuen
Anstoss erhalten, allerdings wird noch immer zu wenig zwischen der Bearbeitung von
Neubeständen und Altbeständen (im oben dargelegten Sinn) differenziert. Während erstere
in enger Zusammenarbeit mit der Bewertung sozusagen aus dem laufenden Geschäft
heraus geordnet und verzeichnet werden können, ergeben sich für letztere besondere
Anforderungen, die man am besten über interne Projektarbeit oder durch Drittmittel
finanzierte Sonderprojekte bewältigt. 22 Obwohl die Übergänge zwischen beiden
Ausrichtungen der Erschließung durchaus fließend sein können, sollte auf der analytischen
Ebene eine Trennung vorgenommen werden, denn aufgrund der mangelnden
Unterscheidung drehen sich die meisten Beiträge zum Thema implizit eher um die
Erschließung von jüngerem Behördenschriftgut, so dass die mit den Altlasten verbundenen
Probleme tendenziell unter den Tisch fallen. Innerhalb der Altbestände sollte zudem
zwischen den Anforderungen unterschieden werden, die jeweils mit modernem und
vormodernem Archivgut verbunden sind. 23 Auch unter dem Begriff
,Erschließungsrückstände’ werden meist alte und neue Bestände zusammengefasst, was
daran liegen mag, dass die Vorteile, die sich für die Erschließung jüngerer Unterlagen aus
einer modernen, methodisch ausgereiften Bewertung im Vorfeld ergeben, bisher nur in
20 Während für Archivare in der DDR „die Erschließung von Archivgut [...] die ständige Hauptaufgabe des
Archivars“ war, vgl. Reiner GROß u. a., Aufgaben der nutzerorientierten Erschließung, in:
Archivmitteilungen 27 (1977), S. 19-27, hier 19, betont WEBER, S. 67, 76 u. 80, explizit die
Vorrangstellung der Bewertung im Kontext der Kernaufgaben. Vgl. dazu auch Stefan BENNING, Der
Stellenwert der Erschließung im Aufgabenspektrum eines Kommunalarchivs, in: MENNE-HARITZ,
Erschließung, S. 159-80, hier 159, der bemängelt, dass „im Unterschied zur ,Bewertung’ [...] die
,Erschließung’ in den letzten Jahren [...] kaum oder nur am Rande thematisiert“ würde, obwohl letzere
„zweifellos eine der Grundlagen archivischer Arbeit“ sei und „Nutzung und Auswertung erst möglich“
mache.
21 MENNE-HARITZ, Erschließung.
22 Zu den verschiedenen Projektformen vgl. MÜLLER, S. 139f. u. 153f.
23 Auf die Vernachlässigung der „Erschließung alter [=vormoderner] Akten“ weist Johann P. WURM, Von
der Neuerschließung der „Externa“ im Archiv der Hansestadt Lübeck. Die Akten der auswärtigen
Beziehungen zu den Staaten des Hl. Römischen Reiches bzw. Deutschen Bundes (ca. 1400-1867), in: Der
Archivar 52 (1999), S. 110-15, hier 110, hin.
Transferarbeit Kreutzer.doc 02.04.2004 12:14