Zehn Jahre für Mitsprache, Gleichberechtigung und Integration

Zehn Jahre für Mitsprache, Gleichberechtigung und Integration Zehn Jahre für Mitsprache, Gleichberechtigung und Integration

26.04.2014 Aufrufe

solviert haben und die türkischen MSU-Lehrerinnen und Lehrer, die durch Fortbildungsmaßnahmen des Landesinstituts in Soest die Lehrbefähigung zur Erteilung dieses Unterrichtsfaches besitzen, als Lehrkraft für den Islamunterricht eingesetzt werden. Diese Lehrer sollten die Zustimmung der nächstgelegenen islamischen Gemeinde finden. ◗ Einrichtung eines Lehrstuhles für islamische Theologie an einer Hochschule in NRW, an dem Lehrerinnen und Lehrer für islamische Religionskunde ausgebildet werden. ◗ Einrichtung einer Fachberatung für das Unterrichtsfach islamische Religionskunde bei den Bezirksregierungen. Bei der Besetzung sollten vor allem Lehrerinnen und Lehrer, die dieses Fach unterrichten, berücksichtigt werden.“ Die Bilanz: Nach neun Jahren seit Verabschiedung der LAGA-Vorschläge ist nur wenig passiert. Als besonders positiver Schritt ist die Einrichtung eines Lehrstuhls zu Islamischer Theologie an der Universität Münster zu nennen. Hier können unter anderem angehende Lehrkräfte für die islamische Religionskunde ausgebildet werden. Allerdings gibt es außer Pilotprojekten an einigen wenigen Schulen in Nordrhein-Westfalen noch keine landesweit gültige Regelung. Nach wie vor erhalten die meisten muslimischen Schüler nur im Rahmen des Muttersprachlichen Unterrichts religiöse Unterweisung. Eine unbefriedigende Situation, die schnellstens überwunden werden sollte. Dabei darf nicht immer wieder auf die fehlende große islamische Dachorganisation hingewiesen werden. Das klingt allzuoft nach Ausrede. Schließlich garantiert das Grundgesetz nicht allein eine Mitsprache in Bezug auf die Inhalte des Religionsunterrichts. Artikel 3 des Grundgesetzes verlangt, dass es keine Benachteiligung wegen der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft geben darf. Dies bietet durchaus den gewünschten Ansatzpunkt, dem eigenen Ziel ein Stück näher zu kommen. 68 10 JAHRE LAGA NRW

Interview mit Frau Boos-Nünning r Frau Boos-Nünning, vor knapp zehn Jahren haben Sie auf einer LAGA-Veranstaltung Chancen für Migranten und zugleich die Einübung gemeinsamer Umgangsformen gefordert. Wie weit ist Deutschland in den vergangenen Jahren dabei gekommen? l Ich möchte bei der Politik anfangen: Es hat im Jahr 2000 – viel später als Ständige Begleiterin der LAGA: etwa in der Wissenschaft – eine realistische Wende gegeben. Es dringt in das Hier bei der ersten Prof. Ursula Boos-Nünning. LAGA-Bildungskonferenz politische und allgemeine Bewusstsein, dass sich in Deutschland eine multi-ethnische Gesellschaft gebildet hat. Laut Mikrozensus hat etwa ein Viertel der gesamten Bevölkerung in der Bundesrepublik einen Migrationshintergrund. Aber die Hoffnung der Wissenschaft, dass sich damit auch eine realistische Politik ergibt, erfüllt sich im Moment nicht. Es gibt einerseits immer noch den Versuch, die unerwünschten Einwanderungen möglichst gering zu halten, etwa durch Beschränkung transnationaler Ehen, die häufig mit Zwangsheirat gleichgesetzt werden. Zum anderen übt man sich darin, den Druck auf die Assimilation zu verstärken. Beides sind nicht die Formen des Miteinander, die ich mir vor zehn Jahren vorgestellt habe. r Wie müsste das Miteinander-Umgehen Ihrer Ansicht nach gestaltet werden? l Ich stellte mir damals wie heute vor, dass in Politik und in der deutschen Bevölkerung akzeptiert würde, dass wir eine multi-ethnische 10 JAHRE LAGA NRW 69

Interview mit Frau Boos-Nünning<br />

r Frau Boos-Nünning, vor knapp zehn<br />

<strong>Jahre</strong>n haben Sie auf einer LAGA-Veranstaltung<br />

Chancen für Migranten <strong>und</strong><br />

zugleich die Einübung gemeinsamer<br />

Umgangsformen gefordert. Wie weit<br />

ist Deutschland in den vergangenen<br />

<strong>Jahre</strong>n dabei gekommen?<br />

l Ich möchte bei der Politik anfangen:<br />

Es hat im Jahr 2000 – viel später als Ständige Begleiterin der LAGA:<br />

etwa in der Wissenschaft – eine realistische<br />

Wende gegeben. Es dringt in das<br />

Hier bei der ersten<br />

Prof. Ursula Boos-Nünning.<br />

LAGA-Bildungskonferenz<br />

politische <strong>und</strong> allgemeine Bewusstsein,<br />

dass sich in Deutschland eine multi-ethnische Gesellschaft gebildet<br />

hat. Laut Mikrozensus hat etwa ein Viertel der gesamten Bevölkerung<br />

in der B<strong>und</strong>esrepublik einen Migrationshintergr<strong>und</strong>. Aber die Hoffnung<br />

der Wissenschaft, dass sich damit auch eine realistische Politik<br />

ergibt, erfüllt sich im Moment nicht. Es gibt einerseits immer noch den<br />

Versuch, die unerwünschten Einwanderungen möglichst gering zu<br />

halten, etwa durch Beschränkung transnationaler Ehen, die häufig mit<br />

Zwangsheirat gleichgesetzt werden. Zum anderen übt man sich darin,<br />

den Druck auf die Assimilation zu verstärken. Beides sind nicht die Formen<br />

des Miteinander, die ich mir vor zehn <strong>Jahre</strong>n vorgestellt habe.<br />

r Wie müsste das Miteinander-Umgehen Ihrer Ansicht nach gestaltet<br />

werden?<br />

l Ich stellte mir damals wie heute vor, dass in Politik <strong>und</strong> in der deutschen<br />

Bevölkerung akzeptiert würde, dass wir eine multi-ethnische<br />

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