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Was tun bei chronischem „Katzenschnupfen“? - Laboklin

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Info 3/2013<br />

aktuell<br />

<strong>Was</strong> <strong>tun</strong> <strong>bei</strong> <strong>chronischem</strong> „Katzenschnupfen“?<br />

Katzenschnupfen ist zunächst einmal eine Sammelbezeichnung<br />

für ansteckende Erkrankungen<br />

der Atemwege und der Schleimhäute der Katze.<br />

Es handelt sich hier<strong>bei</strong> also um einen Symptomkomplex,<br />

der durch unterschiedliche Erreger<br />

hervorgerufen wird und Nase, Maulhöhle und<br />

Augen betrifft. Beteiligte Erreger sind verschiedene<br />

Viren sowie Bakterien und Pilze.<br />

Da die Erreger sich gegenseitig begünstigen und<br />

damit parallel auftreten können und Behandlung<br />

und Bekämpfung dieser Erkrankungen etliche<br />

Gemeinsamkeiten aufweisen, ist diese Sammelbezeichnung<br />

dennoch berechtigt.<br />

Es sollte aber immer abgeklärt werden, inwieweit<br />

Fremdkörper, wie verschluckte Grashalme, felines<br />

Asthma oder Allergien sowie Tumorerkrankungen<br />

in Frage kommen.<br />

Atemwegserkrankungen <strong>bei</strong> der Katze stellen<br />

also immer ein multifaktorielles Geschehen dar.<br />

Auch die Symptome sind <strong>bei</strong>m Katzenschnupfen<br />

sehr vielschichtig und deshalb auch meist nicht<br />

dem ein oder anderen Erreger klar zuzuordnen.<br />

Sie reichen von mildem, nur wässrigem Nasenausfluß<br />

bis zu tödlich verlaufenden Allgemeinerkrankungen.<br />

Es kommt zu Schnupfen und Konjunktivitis,<br />

Läsionen in der Maulhöhle, Fieber und<br />

Pneumonie.<br />

Besitzer berichten von Heiserkeit oder Geräuschen<br />

<strong>bei</strong>m Ein- (hier eher eine Beteiligung der<br />

oberen Atemwege) oder <strong>bei</strong>m Ausatmen, da eher<br />

eine Beteiligung er unteren Atemwege.<br />

Häufig ist eine Virusinfektion der Auslöser dieses<br />

„Teufelskreises“. Sie verursachen Läsionen,<br />

Schwellungen der Schleimhäute und begünstigen<br />

Entzündungsmediatoren. Die Oberfläche der<br />

Nasenmuschel wird geschädigt und bakterielle<br />

Sekundärinfektionen werden begünstigt.<br />

viel einfacher nachzuweisen, als Caliciviren. Bei<br />

FHV stehen eher respiratorische Symptome<br />

wie Schnupfen und Nasennebenhöhlenentzündungen<br />

mit Augen- und Nasenausfluß im Vordergrund.<br />

Es kommt zu Bindehautentzündung<br />

und häufig zu Hornhautgeschwüren. Die Katzen<br />

leiden unter Atemnot und Freßunlust. In der Regel<br />

klingen diese Symptome nach relativ kurzer<br />

Zeit wieder ab.<br />

Die Katze bleibt aber lebenslang Virusträger und<br />

die Infektion kann unter Streß jederzeit wieder<br />

aktiviert werden. Komplikationen treten <strong>bei</strong> einer<br />

FHV-Infektion selten auf. Manchmal sind die Augenveränderungen<br />

schwerwiegend und die Katze<br />

kann erblinden.<br />

Bei sehr jungen Kätzchen kann es zu sehr hohem<br />

Fieber und allgemeiner Schwäche zu Todesfällen<br />

kommen (Fading Kitten Sydrome).<br />

Beim Felinen Calici Virus (FCV) gibt es zahlreiche<br />

Stämme was dazu führt, dass eine<br />

große genetische Vielfalt zu finden ist. In der<br />

Praxis bedeutet dies, dass auch geimpfte Katzen<br />

mit Viren in Berührung kommen, gegen die sie<br />

nur unzureichende oder sogar gar keine Immunität<br />

besitzen. Aufgrund einer unterschiedlichen<br />

Virulenz, sprich „Aggressivität“, reichen die<br />

Symptome <strong>bei</strong> FCV von Appetitlosigkeit und Fieber<br />

zu Gelenk- und Muskelschmerzen. Seltener<br />

treten Lungenentzündungen auf. Die typischen<br />

Geschwüre in der Maulhöhle und am Zahnfleisch<br />

werden häufig durch bakterielle Begleitinfektionen<br />

verschlimmert.<br />

Meist liegen zunächst Virusinfektionen vor. Hier<br />

sind neben unspezifischen Adenoviren, Rhinoviren<br />

oder Pneumoviren natürlich die Haupterreger<br />

wie das Felines Herpes Virus (FHV) und das<br />

Feline Calici Virus (FCV) die „Verantwortlichen“.<br />

Feline Herpesviren sind Viren mit nur geringer<br />

Umweltstabilität. Sie sind also in ihrer genetischen<br />

Varianz sehr stabil und deshalb mittels<br />

molekularbiologischen Methoden (PCR) sehr<br />

Rachenabstriche von Hund und Katze (n=1288)<br />

Abb. 1: bakteriologisch untersuchte Rachenabstriche von<br />

Hund und Katze<br />

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Eine Aufstellung dieser bakteriellen und mykologischen<br />

Infektionen ist in Abbildung 1. zu sehen.<br />

Nur 3,1 % wiesen keinerlei Wachstum auf. Von<br />

den 296 zur mykologischen Untersuchunggeschickten<br />

Tupfern wurden <strong>bei</strong>m Hund 23,2%,<br />

<strong>bei</strong> der Katze 8,1% positiv befundet Hefen, wie<br />

Candida sp. sind im Gegensatz zum Hund <strong>bei</strong><br />

der Katze eher selten (Abbildung 2). Hier traten<br />

<strong>bei</strong>m Hund 12.2%, aber <strong>bei</strong> der Katze nur 1%<br />

positive Befunde auf.<br />

Candida sp. Katze<br />

Candida sp. Hund<br />

Häufigkeit des Auftretens von Hefen (n = 269)<br />

1 %<br />

12,2 %<br />

0 % 2 % 4 % 6 % 8 % 10 % 12 % 14 %<br />

Abb. 2: Nachweis von Candida sp. in Rachenabstrichen <strong>bei</strong><br />

Hund und Katze<br />

Als weitere „Katzenschnupfenerreger“ finden<br />

sich Chlamydophila felis, Mycoplasma felis und<br />

Bartonella hensela.<br />

Chlamydophila felis ist ein intrazellulärer Erreger.<br />

Er kann sich nicht selbständig vermehren<br />

sondern ist auf die Enzymaktivität einer entsprechenden<br />

Wirtszelle angewiesen. Er wird vielfach<br />

im Zusammenhang mit Bindehautentzündungen<br />

der Katze angetroffen. Chlamydophila felis macht<br />

während seiner Entwicklung eine intrazelluläre<br />

und eine extrazelluläre Phase durch. Während<br />

der infektiösen extrazellulären Phase haben sie<br />

<strong>bei</strong> Zimmertemperatur nur eine Überlebenszeit<br />

von wenigen Tagen, <strong>bei</strong> 4°C können sie jedoch<br />

bis zu einem Monat überleben. Wahrscheinlich<br />

gibt es verschiedene Varianten von Chlamydophila<br />

felis, mit unterschiedlicher Virulenz.<br />

Die Übertragung erfolgt über direkten Kontakt.<br />

Die Symptome können <strong>bei</strong> einigen Tieren über<br />

Wochen bestehen.<br />

Mycoplasma felis ist außerhalb des Organismus<br />

sehr instabil. Sie sind auf Schleimhäuten des<br />

Atmungs-, des Harn- und Genitaltraktes zu finden,<br />

wo sie sich sehr lange der Immunantwort<br />

des infizierten Tieres entziehen können. Seltener<br />

treten Erkrankungen der oberen Luftwege<br />

auf. Klinisch äußert sie sich meist in Bindehautentzündung<br />

und Schnupfen. Die Infektion kann<br />

spontan nach zwei bis vier Wochen ausheilen.<br />

Nicht geklärt ist bislang, ob Mykoplasmen als<br />

Primär- oder nur als Sekundärerreger fungieren.<br />

Auch Mycoplasma gatae und Mycoplasma<br />

feliminutum werden gelegentlich aus Katzen isoliert,<br />

ihre klinische Bedeu<strong>tun</strong>g ist jedoch fraglich.<br />

Bartonellen sind intrazelluläre Bakterien, die<br />

durch Flöhe und auch Zecken übertragen werden.<br />

Sie gelten als Erreger der Katzenkratzkrankheit<br />

(cat-scratch disease) des Menschen.<br />

Hier treten Pusteln und Schwellungen auf, in<br />

schweren Fällen kommt es zu generalisierten<br />

Lymphknotenschwellungen.<br />

Bei Katzen führen Infektionen in der Regel nicht<br />

zu einer Erkrankung; es kann zu Fieber, Muskelschmerzen,<br />

lokaler Lymphknotenvergrößerung<br />

und selten zu neurologischen Symptomen, kommen,<br />

welche bereits nach wenigen Tagen , selten<br />

Wochen, wieder verschwinden. Eine Beteiligung<br />

von Bartonella henselae <strong>bei</strong> der Maulschleimhautentzündung<br />

der Katze wird diskutiert.<br />

Beim Hund als „Komponente“ des Zwingerhustens<br />

häufiger gesehen ist die Bordetella bronchiseptica-Infektion<br />

der Katze seltener. Meist<br />

treten nur milde Symptome aus, die nach etwa<br />

10 Tagen von selbst verschwinden. Bei jungen<br />

Katzenwelpen können sich dagegen jedoch lebensbedrohliche<br />

Pneumonien entwickeln.<br />

Bordetellen überlebt in der Regel nicht gut außerhalb<br />

des Tiers. Die Übertragung erfolgt durch<br />

direkten Kontakt oder über Aerosole.<br />

Labordiagnostisch lassen sich Bakterien über<br />

einen klassischen Rachen- oder Augentupfer<br />

nachweisen.<br />

Ein Antibiogram sollte bezüglich einer Therapie<br />

eingeleitet werden.<br />

Hiermit lassen sich die auftretenden Begleitinfektionen<br />

gezielt behandeln.<br />

Der Nachweis von Virusinfektionen sowie<br />

Chlamydien und Mycoplasmen wird mittels<br />

Polymerase Kettenreaktion (PCR) erstellt. Da<strong>bei</strong><br />

sollte mit einem trockenen Tupfer oder cytobrush<br />

(Bürstchentupfer) ein Bindehaut- oder Rachenabstrich<br />

genommen werden, der dann ohne<br />

Medium eingeschickt werden kann. Da<strong>bei</strong> sollte<br />

vorher Schleim oder Eiter von der betroffenen<br />

Stelle entfernt werden und kräftigt getupfert werden.<br />

Dies ist wichtig, da nur so eine ausreichende<br />

Zellen an den Tupfer gelangt.<br />

Für die Praxis bedeuten die Ergebnisse, vor allem<br />

in Hinblick auf die Therapie, großen Vorteil.<br />

Es ist sehr wichtig zu wissen, inwieweit eine einzelne<br />

oder eine Mehrfachinfektion besteht.<br />

Studien zeigen dies deutlich <strong>bei</strong> Rachenabstrichen<br />

betroffener Tiere (Abbildung 3)<br />

In Katzenzuchten oder Tierheimen mit zum Teil<br />

über 40% klinisch auffälligen Katzen, ist auch<br />

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Mehrfachinfektionen<br />

Abb. 3: Ergebnisse Rachentupfer erkrankter Katzen, n = 68<br />

von einer hohen Verbrei<strong>tun</strong>g nicht erkrankter Trägern<br />

auszugehen.<br />

Bei der Therapie des Katzenschnupfens ist für<br />

eine saubere, warme und gut belüftete Umgebung<br />

zu sorgen. Sie erfordert eine intensive Behandlung<br />

und gute Hygiene.<br />

Neben der lokalen Therapie mit antibiotischen<br />

Augensalben, zum Beispiel mit Tetrazyclin oder<br />

Gentamycin, die so oft wie möglich täglich über<br />

einen Zeitraum von mindestens drei Wochen<br />

verabreicht werden sollten, ist <strong>bei</strong> Infektionen mit<br />

Chlamydophila, Mycoplasma und Bordetella eine<br />

systemische Antibiose notwendig.<br />

Doxycyclin 5mg/kg BID<br />

Enrofloxazin 5mg/kg SID<br />

Azithromycin 10-15mg/kg 3Tage<br />

SID<br />

+ 4 Wochen<br />

2 x wöchl.<br />

Amoxicillin/<br />

Clavulansäure<br />

12,5mg/kg BID für<br />

4 Wochen<br />

* siehe Bemerkung Textende<br />

Bei der Therapie mit Azithromycin und Amoxicillin/Clavulansäure<br />

wird leider keine Erregerelimination<br />

erreicht.<br />

Eine antivirale Therapie stellt sich wegen der<br />

häufig starken Nebenwirkungen und relativ hohen<br />

Kosten als schwieriger da.<br />

Bei einer Infektion mit FHV kann mit Ganciclovir-<br />

Augentropfen (Virgan®) direkt am Auge behandelt<br />

werden.<br />

Als systemisches Präparat eignet sich der Wirkstoff<br />

Famciclovir (Famvir®) in einer Dosierung<br />

von ¼ 125mg Tablette für 5kg Katze, 1-2x täglich.<br />

Wirkstoffe wie Aciclovir oder Ribavirin sollten <strong>bei</strong><br />

der Katze auf keinen Fall eingesetzt werden.<br />

Als weiteres Therapeutikum <strong>bei</strong> den Virusinfektionen<br />

kann Lysin oral (500mg/Katze/BID) gegeben<br />

werden. Dies reduziert die Bioverfügbarkeit<br />

von Arginin und hemmt damit die Virusreplikation.<br />

Rezidive treten weniger stark auf.<br />

Der Einsatz von humanem oder felinem Interferon<br />

zeigt meist nicht die erwünsche Wirkung.<br />

Verdünnungen der Injektionslösung können aber<br />

sowohl oral als auch als Augentropfen verwendet<br />

werden. Hier liegen positive Fallbeschreibungen<br />

vor.<br />

Bei Katzen <strong>bei</strong> denen noch eine allergische Begleitkomponente<br />

hinzukommt, können Antihistamine<br />

wie z.B. Loratidin eingesetzt werden.<br />

Wichtig ist eine gute begleitende Pflege, das<br />

Reinigung von Augen und Nase, ausreichender<br />

Flüssigkeitsersatz und gegebenenfalls Gaben<br />

von Cyproheptadin (0,5mg/kg/BID) oder Diazepam<br />

(0,1 mg/kg/i.v.) zur Appetitanregung. Bei<br />

Schmerzen durch Stomatitis und Gingivitis sind<br />

nicht-steroidale Antiphlogistika zu empfehlen.<br />

Der Einsatz von Schleimlösern und Inhalation<br />

ist zu empfehlen. Eine Katze kann dazu in eine<br />

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Transportkiste verbracht werden und ein Inhalationsgerät<br />

unter einer Decke positioniert werden.<br />

Oral kann ebenso Pseudoephedrin (1mg/kg),<br />

oder mit etwas „sportlichem“ Einsatz können Nasentropfen<br />

für Kinder zur Befreiung der Atemwege<br />

angewendet werden.<br />

Vorbeugende Impfungen gegen FHV und FCV<br />

sind seit Jahren Routine. Trotzdem, oder gerade<br />

weil die Katzenpopulation in Deutschland immer<br />

mehr zunimmt, kann nicht von einer flächendeckenden<br />

Durchimpfung die Rede sein.<br />

Eine Impfung gegen FHV gibt sicher eine gute<br />

Immunität, doch kann auch sie nicht vor der Ausbildung<br />

eines dauerhaften Trägerstatus schützen.<br />

Eine Immunisierung gegen FCV ist aufgrund<br />

der großen Stammvarianz sehr schwierig. Impfstoffe<br />

bieten leider keinen kompletten Schutz gegen<br />

neue oder auch aggressivere Varianten.<br />

Doch sollten auch Katzen geimpft werden, die<br />

Katzenschnupfen hatten und deren klinisches<br />

Bild eine Impfung zu lassen.<br />

Eine Impfung gegen Chlamydien und Bordetellen<br />

ist seit einigen Jahren möglich, doch wird diese<br />

nicht routinemäßig eingesetzt.<br />

* Therapievorschläge nach Eule/ Fu Berlin sowie Scherk,<br />

JFMS,Vol12,7,2010<br />

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