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M&K 49. Jg. 2001/2<br />

HANS-BREDOW-INSTITUT<br />

E 20039 F<br />

<strong>Medien</strong><br />

Kommunikationswissenschaft<br />

&<br />

Themenheft „Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>industrie:<br />

Ursachen, Formen und Folgen“<br />

Gastherausgeber: Otfried Jarren und Werner A. Meier<br />

Werner A. Meier / Otfried Jarren<br />

Ökonomisierung und Kommerzialisierung von <strong>Medien</strong> und <strong>Medien</strong>system.<br />

Einleitende Bemerkungen zu einer (notwendigen) Debatte<br />

Jürgen Heinrich<br />

Ökonomisierung aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive<br />

Gabriele Siegert<br />

Ökonomisierung der <strong>Medien</strong> aus systemtheoretischer Perspektive<br />

Manfred Knoche<br />

Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie aus politökonomischer<br />

Perspektive<br />

Klaus-Dieter Altmeppen<br />

Ökonomisierung aus organisationssoziologischer Perspektive.<br />

Der Beitrag der <strong>Medien</strong>unternehmen zur Ökonomisierung<br />

Carsten Winter / Matthias Karmasin<br />

Ökonomisierung aus unternehmensstrategischer Perspektive.<br />

Ursachen, Formen und Folgen der globalen Kommerzialisierung<br />

medialer Wertschöpfungsprozesse<br />

Lucy Küng<br />

The Internet’s impact on incumbent media firms: a management<br />

perspective<br />

Josef Trappel<br />

Ökonomisierung aus der Sicht der Online-<strong>Medien</strong><br />

Andrea Grisold<br />

Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>industrie aus wirtschaftspolitischer<br />

Perspektive<br />

Nomos Verlagsgesellschaft<br />

Baden-Baden<br />

Die neue Rundfunk und Fernsehen


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2. Umschlagseite<br />

II


M&K 49. Jg. 2001/2<br />

HANS-BREDOW-INSTITUT<br />

<strong>Medien</strong><br />

Kommunikationswissenschaft<br />

&<br />

Redaktion:<br />

Hardy Dreier, Uwe Hasebrink, Thorsten Held, Anja Herzog,<br />

Otfried Jarren, Friedrich Krotz, Claudia Lampert,<br />

Christiane Matzen, Eva Rischkau, Hermann-Dieter Schröder,<br />

Wolfgang Schulz, Jutta Simon, Ralph Weiß<br />

Nomos Verlagsgesellschaft<br />

Baden-Baden


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Anzeige


Editorial<br />

Mit diesem Themenheft wird ein <strong>Heft</strong> von „<strong>Medien</strong> & Kommunikationswissenschaft“<br />

erstmals von Gastherausgebern verantwortet: von Otfried Jarren und Werner A. Meier.<br />

Die Möglichkeit einer Gastherausgeberschaft bei M&K basiert prinzipiell auf folgendem<br />

Verfahren: Auf Initiative der Redaktion oder aber auf die eigene Initiative einer/s<br />

oder mehrerer Gastherausgeber/s/in wird ein grobes Konzept für ein Themenheft entwickelt.<br />

Sind sich beide einig, so beauftragt die Redaktion die Gastherausgeber/innen,<br />

ein detailliertes Konzept und Vorschläge für das weitere Verfahren zur Gewinnung potenzieller<br />

Autorinnen und Autoren zu entwickeln, etwa über einen Call for Papers.<br />

Die eingereichten Texte durchlaufen ein doppeltes Evaluationsverfahren nach Maßgabe<br />

der für die Begutachtung von Texten für M&K geltenden Regeln (wie sie in den „Hinweisen<br />

für Autorinnen und Autoren“ aufgeführt sind): Die Manuskripte werden getrennt<br />

von den Gastherausgebern sowie redaktionsinternen und –externen Gutachtern<br />

beurteilt. Auf Basis der Gutachten wird ein gemeinsames Votum erstellt; hierbei soll Einigkeit<br />

zwischen Redaktion und Gastherausgebern hergestellt werden. Sollte ein gemeinsamer<br />

Beschluss über die Publikation nicht möglich sein, so liegt die Entscheidung<br />

bei der M&K-Redaktion. Die weitere organisatorische Betreuung erfolgt über die Redaktion.<br />

Thematisch widmet sich dieses Themenheft den Phänomenen Ökonomisierung und<br />

Kommerzialisierung in den <strong>Medien</strong>, die komplexe soziale Veränderungsvorgänge bewirken.<br />

Sich mit ihnen theoretisch und empirisch auseinander zu setzen, ist eine Aufgabe<br />

für die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Die im Folgenden dokumentierten<br />

Beiträge basieren auf Vorträgen, die im Rahmen des Workshops „Ökonomisierung<br />

der <strong>Medien</strong>industrie: Ursachen, Formen, Folgen“ am 6. und 7. Oktober 2000 in<br />

Vitznau am Vierwaldstätter See in der Schweiz gehalten wurden. Die Veranstaltung<br />

wurde durch SwissGIS (Swiss Centre for Studies on the Global Information Society)<br />

ermöglicht und durchgeführt. Die beiden Leiter des Workshops und Gastherausgeber<br />

dieses Themenheftes, Otfried Jarren und Werner A. Meier, möchten an dieser Stelle<br />

nochmals Dank sagen: der Universität Zürich für die finanzielle Zuwendung zur Realisierung<br />

des Projekts und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Österreich, der<br />

Schweiz und Deutschland für ihre Beteiligung.<br />

Die Redaktion<br />

141


eventuell<br />

Anzeige<br />

142


INHALTSVERZEICHNIS<br />

AUFSÄTZE<br />

Werner A. Meier / Otfried Jarren<br />

Jürgen Heinrich<br />

Gabriele Siegert<br />

Manfred Knoche<br />

Klaus-Dieter Altmeppen<br />

Carsten Winter / Matthias Karmasin<br />

Lucy Küng<br />

Ökonomisierung und Kommerzialisierung von <strong>Medien</strong><br />

und <strong>Medien</strong>system. Einleitende Bemerkungen<br />

zu einer (notwendigen) Debatte . . . . . . . . . . . . . . . . 145<br />

Ökonomisierung aus wirtschaftswissenschaftlicher<br />

Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159<br />

Ökonomisierung der <strong>Medien</strong> aus systemtheoretischer<br />

Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167<br />

Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie aus politökonomischer<br />

Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177<br />

Ökonomisierung aus organisationssoziologischer<br />

Perspektive. Der Beitrag der <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

zur Ökonomisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195<br />

Ökonomisierung aus unternehmensstrategischer<br />

Perspektive. Ursachen, Formen und Folgen der globalen<br />

Kommerzialisierung medialer Wertschöpfungsprozesse<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206<br />

The Internet’s impact on incumbent media firms: a<br />

management perspective . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218<br />

Josef Trappel Ökonomisierung aus der Sicht der Online-<strong>Medien</strong> 227<br />

Andrea Grisold<br />

Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>industrie aus wirtschaftspolitischer<br />

Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237<br />

LITERATUR<br />

Besprechungen<br />

Heinz Bonfadelli<br />

Ludwig Gramlich<br />

Christina Holtz-Bacha<br />

Horst Pöttker<br />

Hubert Eichmann: <strong>Medien</strong>lebensstile zwischen<br />

Informationselite und Unterhaltungsproletariat,<br />

Frankfurt a. M. 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249<br />

Tanja Eisenblätter: Regulierung in der Telekommunikation.<br />

Zum Begriff der Regulierung im TKG<br />

unter besonderer Berücksichtigung der Regulierung<br />

durch Independent Agencies in den USA, Frankfurt<br />

a. M. 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250<br />

Jens Wolling: Politikverdrossenheit durch Massenmedien?<br />

Der Einfluss der <strong>Medien</strong> auf die Einstellungen<br />

der Bürger zur Politik, Opladen/Wiesbaden<br />

1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252<br />

Bart Pattyn (Ed.): Media ethics. Opening social dialogue,<br />

Leuven 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254<br />

143


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Dieter Stammler<br />

Rudolf Stöber<br />

Barbara Thomaß<br />

Matthias Knothe: Die neuen Institutionen des<br />

Rundfunkstaatsvertrages zwischen Rechtsaufsicht<br />

und Staatsfreiheit, Bargstedt 2000. . . . . . . . . . . . . . . 255<br />

Adelheid von Saldern / Inge Marßolek: Radiozeiten.<br />

Herrschaft, Alltag, Gesellschaft 1924-1960, Potsdam<br />

1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256<br />

Julia Morgenthaler: Facts oder Fiction? Kommunikatorstudie<br />

zu den Determinanten für Fakes in<br />

Fernsehboulevardmagazinen, Bochum 2000 . . . . . . 258<br />

Zeitschriftenlese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260<br />

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269<br />

English abstracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273<br />

144


AUFSÄTZE<br />

Ökonomisierung und Kommerzialisierung<br />

von <strong>Medien</strong> und <strong>Medien</strong>system<br />

Einleitende Bemerkungen zu einer (notwendigen) Debatte<br />

Werner A. Meier / Otfried Jarren<br />

Die aktuelle <strong>Medien</strong>entwicklung kann nur vor dem Hintergrund gesamtgesellschaftlicher<br />

Prozesse betrachtet werden. Vieles deutet darauf hin, dass der Trend zu einer Wirtschaftsgesellschaft<br />

sich vor allem auch bei zentralen Strukturmerkmalen traditioneller<br />

und neuer <strong>Medien</strong> manifestiert. Der Beitrag setzt sich <strong>zum</strong> Ziel, Ursachen, Formen und<br />

Folgen von Ökonomisierungs- und Kommerzialisierungsprozessen systematisch aufzuspüren.<br />

Die Lancierung einer „Kommerzialisierungsdebatte“ erfolgt vor dem Hintergrund<br />

wissenschaftsdisziplinärer und medienpolitischer Defizite. Während die Publizistik-<br />

und Kommunikationswissenschaft das spannungsgeladene Verhältnis von privatwirtschaftlicher<br />

Institutionalisierung und den in sich widersprüchlichen gesellschaftlichen<br />

Aufgaben aktueller, publizistischer <strong>Medien</strong> schon früh erkannt und debattiert hat,<br />

konzentriert sich die wirtschaftswissenschaftliche Perspektive auf Mittel und Wege, die<br />

allokative und produktive Effizienz von <strong>Medien</strong>unternehmen zu steigern. Die Dominanz<br />

der Systemtheorie mit der Fokussierung auf funktionale Differenzierung und Autopoesis<br />

hat allerdings dazu geführt, dass die strukturellen Machtkonflikte zwischen<br />

Publizistik, Wirtschaft und Demokratie immer stärker aus dem Blickfeld von Theorie<br />

und Forschung verschwanden. Dieser Befund steht in Kontrast zu den sich real abzeichnenden<br />

Auswirkungen von Kommerzialisierung auf das Leistungspotential von Journalismus<br />

und öffentlicher Kommunikation.<br />

1. Zum Verständnis und zur Bedeutung von Ökonomisierung und Kommerzialisierung<br />

im <strong>Medien</strong>sektor<br />

Betrachtet man die gegenwärtige <strong>Medien</strong>entwicklung, so scheint der Prozess der Ökonomisierung<br />

von zentraler Bedeutung zu sein („Allianzen“, globale Unternehmenszusammenschlüsse,<br />

Zunahme der <strong>Medien</strong>konzentration). Allerdings besteht in der<br />

Literatur weder ein Konsens darüber, welche Phänomene mit Ökonomisierung gemeint<br />

sind, noch darüber, ob der Begriff Kommerzialisierung synonym verwendet werden<br />

kann.<br />

Was versteht man umgangssprachlich unter Kommerzialisierung bzw. Ökonomisierung?<br />

Das Wort Kommerz ist ein Synonym für Wirtschaft, Handel und Verkehr; kommerziell<br />

handeln bedeutet demzufolge, sich kaufmännisch bzw. geschäftlich auszurichten.<br />

Kommerzialisieren heißt Geld aus einer Tätigkeit ziehen und dabei die Geschäftsund<br />

Lebenswelt diesem Gewinnstreben unterordnen. Als Kommerzialismus oder Ökonomismus<br />

wird wirtschaftliches Handeln bezeichnet, das auf Gewinnmaximierung ausgerichtet<br />

ist und dabei auch Werte, Dinge und Lebensbereiche einschließt, die nicht <strong>zum</strong><br />

Kernbereich der Wirtschaft gehören. Profitorientiertes Denken und Handeln wird in<br />

der Wirtschaft als Norm sozial akzeptiert, die exklusive Orientierung am Gewinn verliert<br />

aber dann an Legitimation und Akzeptanz, sobald der traditionelle Wirtschaftsbereich<br />

verlassen wird. Dies trifft auch für die <strong>Medien</strong>wirtschaft zu, die nicht ausschließlich<br />

als privates Geschäft, sondern auch als gesellschaftliche Institution betrachtet wird,<br />

die meritorische Leistungen für andere Institutionen erbringt bzw. erbringen sollte.<br />

Diese Sichtweise scheint sich zu verändern.<br />

145


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Was versteht man aus einer kommunikationswissenschaftlich ausgerichteten Perspektive<br />

unter Kommerzialisierung oder Ökonomisierung? Jarren versteht unter Ökonomisierung<br />

ganz allgemein „die Ausweitung des ökonomischen Systems auf Felder,<br />

die vorher anderen Systemimperativen unterlagen“ (Jarren 1998, S. 78), während Heinrich<br />

(vgl. Beitrag in diesem <strong>Heft</strong>) Ökonomisierung als „die Zunahme monetärer und<br />

egoistischer Elemente in der Nutzenfunktion und eine zunehmend striktere Anwendung<br />

des Nutzenmaximierungspostulates“ ansieht. Angesprochen wird damit die<br />

Beobachtung, dass Printmedien, Radio und Fernsehen traditionell in Europa primär<br />

den Systemen Politik und Kultur und erst nachrangig dem System Wirtschaft zugeordnet<br />

wurden. Dieser im Vergleich zu den USA offensichtliche Unterschied bei der Institutionalisierung<br />

der <strong>Medien</strong> hat unter anderem zur Folge, dass der Ökonomisierungsund<br />

Kommerzialisierungsprozess von der amerikanischen Kommunikationswissenschaft<br />

in ungleich geringerem Masse als „Systemproblem“ wahrgenommen wurde und<br />

wird.<br />

Der langsame Wechsel der Systemzugehörigkeit eines Teilbereichs der <strong>Medien</strong>, nämlich<br />

des Rundfunks, von der Kultur zur Wirtschaft kann als eine Art strukturelle Ökonomisierung<br />

bezeichnet werden. Die Etablierung „dualer Rundfunkstrukturen“ führt<br />

zu einer derartigen Veränderung. Mit dem Rückzug des Staates aus Infrastrukturbereichen<br />

(Verkehr wie eben auch Post oder Telekommunikation) und mit dem Abbau staatlicher<br />

Regulierung und Kontrolle zugunsten von Märkten als Koordinationsformen<br />

wird die wachsende Relevanz der Wirtschaft in der gesamten <strong>Medien</strong>branche noch gefördert.<br />

So zählt Kiefer unter dem Oberbegriff Ökonomisierung eine Reihe von entsprechenden<br />

Trends bei der Entwicklung öffentlicher Kommunikationsformen und<br />

<strong>Medien</strong> auf: Deregulierung und Privatisierung, Kommerzialisierung, Internationalisierung<br />

und Globalisierung (vgl. Kiefer 2001, S. 19). Dabei sollen diese Stichworte die<br />

wachsende Ökonomisierung der gesamten <strong>Medien</strong>systeme im Sinne ihrer Unterstellung<br />

unter Kriterien ökonomischer Rentabilität und veränderter politischer Gestaltungsziele<br />

signalisieren. Saxer behauptet ähnliches, bezeichnet diesen komplexen Zusammenhang<br />

aber als Kommerzialisierung: „Als Kommerzialisierung von <strong>Medien</strong> wird die Verstärkung<br />

ökonomischer Einflüsse, in erster Linie desjenigen der Werbewirtschaft, auf<br />

die Strukturen und Funktionen von <strong>Medien</strong>systemen und deren Konsequenzen für die<br />

<strong>Medien</strong>produktion, die <strong>Medien</strong>mitarbeiter, die Prozesse von <strong>Medien</strong>kommunikation<br />

und deren Rezipienten sowie allgemein in kultureller, wirtschaftlicher, politischer und<br />

sozialer Hinsicht bezeichnet“ (Saxer 1998, S. 10).<br />

Mit den Begriffen Ökonomisierung wie auch Kommerzialisierung wird <strong>zum</strong> Ausdruck<br />

gebracht, dass ökonomische Prinzipien und Handlungsrationalitäten einen wachsenden<br />

Einfluss bei der Institutionalisierung, Diversifizierung, Produktion und Konsumption<br />

von <strong>Medien</strong> bzw. deren Inhalten haben. Kommerzialisierung kann als<br />

Entmeritorisierung von <strong>Medien</strong>leistungen, als das „Zurückdrängen der gesellschaftlich<br />

erwünschten meritorischen zugunsten der auf Märkten verkäuflichen und einzelwirtschaftlich<br />

rentablen Angebote“ (Kiefer 2001, S. 22) aufgefasst werden. Während Saxer<br />

lediglich von einer Verstärkung ökonomischer Einflüsse unter dem Druck der Werbewirtschaft<br />

spricht und Kiefer die Metamorphose vom Eigennutz <strong>zum</strong> Gemeinwohl im<br />

<strong>Medien</strong>bereich in Frage stellt, geht Altmeppen weiter, indem er auch im Bereich der <strong>Medien</strong><br />

eine Art Allgegenwart und Dominanz der Wirtschaft ausmacht. Dementsprechend<br />

versteht er Kommerzialisierung umfassender, nämlich als einen übergreifenden sozialen<br />

Prozess, „bei dem zunehmend die ökonomischen Regeln kapitalistischer Gesellschaften<br />

gelten und bei dem soziales Handeln weitgehend von ökonomischen Kalkülen geprägt<br />

wird“ (Altmeppen 1996, S. 257).<br />

146


Meier / Jarren · Einleitende Bemerkungen<br />

Kommerzialisierung als sozio-ökonomischer Prozess wird in anderer theoretischer<br />

Sichtweise lediglich als eine aktuelle Steigerung der produktiven und allokativen Effizienz<br />

der <strong>Medien</strong>unternehmen betrachtet. Für Knoche hingegen geht es um eine weitere<br />

historische Phase der fortschreitenden „Kapitalisierung“ der <strong>Medien</strong>industrie, um<br />

eine radikale Unterordnung des gesamten <strong>Medien</strong>systems unter die allgemeinen Kapitalverwertungsbedingungen,<br />

die mit den Stichworten Profitmaximierung, Konkurrenz,<br />

Akkumulations- und Konzentrationszwang beschrieben werden können (vgl. den Beitrag<br />

von Knoche in diesem <strong>Heft</strong>). Begriffe, Sichtweisen und Definitionen variieren je<br />

nach theoretischem Ausgangspunkt und je nach dem Verständnis von öffentlicher Kommunikation.<br />

Während die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft das spannungsgeladene<br />

Verhältnis von privatwirtschaftlicher Institutionalisierung und den in sich widersprüchlichen<br />

gesellschaftlichen Aufgaben aktueller, publizistischer <strong>Medien</strong> schon früh<br />

erkannt hat und debattiert, konzentriert sich die wirtschaftswissenschaftliche Perspektive<br />

auf den unternehmerischen Alltag der <strong>Medien</strong>industrie. Der ökonomische Wettbewerb,<br />

das Streben nach Gewinn, nach Steigerung von Marktanteilen und Umsätzen dominiert<br />

das medienunternehmerische Handeln und die betriebswirtschaftliche Perspektive.<br />

„Die Bewertung der Marktergebnisse erfolgt nach der grundlegenden Norm der<br />

Ökonomie, dem individuellen ökonomischen Nutzen, gleich bedeutend mit individueller<br />

ökonomischer Wohlfahrt. (…) In diesem Sinne glaubt die Ökonomie, dass der Markt<br />

nicht nur den individuellen Nutzen maximiert, sondern auch ein Gemeinwohl generiert,<br />

eine Vorstellung, die nachhaltig bereits von Adam Smith entwickelt worden ist“ (Heinrich<br />

1999, 23). Mit anderen Worten: Die Wirtschaftswissenschaft betrachtet Ökonomisierungs-<br />

oder Kommerzialisierungsprozesse deshalb als selbstverständlich, weil es der<br />

Ökonomik im Grundsatz darum geht, Mittel und Wege aufzuzeigen, wie Unternehmen<br />

ihre allokative und produktive Effizienz steigern können. Auch für Kiefer bedeutet<br />

Kommerzialität zunächst einmal nur ein die Geschäftsinteressen wahrnehmendes Handeln,<br />

„also selbstverständliche Kaufmannspflicht, wenn man nicht in Konkurs gehen<br />

will“ (Kiefer 2001, S. 21). Diese Sichtweise hat zur Folge, dass Kommerzialisierung und<br />

Ökonomisierung zu keinem Schlüsselbegriff in der Wirtschaftswissenschaft werden<br />

konnten. Der Begriff taucht weder in Handbüchern noch in einschlägigen Lexika auf.<br />

In der zweibändigen „<strong>Medien</strong>ökonomie“ von Jürgen Heinrich sucht man das Stichwort<br />

Kommerzialisierung vergeblich und bei Kiefer kommt der Begriff nur in der Einleitung<br />

vor.<br />

Ebenso uneinheitlich präsentiert sich die betriebswirtschaftliche Perspektive zu diesem<br />

Phänomen. Während Karmasin/Winter (vgl. Beitrag in diesem <strong>Heft</strong>) die Kommerzialisierung<br />

als Folge von Digitalisierung und Konvergenz als globales Phänomen betrachten,<br />

das von außen in die traditionelle <strong>Medien</strong>wirtschaft hereingebracht worden ist,<br />

bezeichnet Trappel mit Kommerzialisierung die „betriebswirtschaftliche Tatsache, dass<br />

ein immer größerer Erlösanteil auf indirektem Weg erzielt wird“ (Trappel in diesem<br />

<strong>Heft</strong>). Fazit: Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sichtweise ergibt sich in der Regel keine<br />

Problematisierung der Kommerzialisierung, während sich aus publizistikwissenschaftlicher<br />

Perspektive eine intensive Beschäftigung aufdrängt.<br />

Aus der publizistikwissenschaftlichen Perspektive wird Kommerzialisierung eher<br />

problematisiert, da von einem tendenziellen Widerspruch zwischen funktionaler Autonomie<br />

und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgegangen wird (vgl. Altmeppen 2000).<br />

Grund für das Spannungsfeld sind die doppelten Erwartungen, die an die <strong>Medien</strong> geknüpft<br />

sind, nämlich „einerseits ökonomische Gewinnerwartungen der <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

und andererseits publizistische Leistungserwartungen der Gesellschaft“ (Alt-<br />

147


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

meppen 2000, 225). Mit der Institutionalisierung der <strong>Medien</strong> als wirtschaftsliberale und<br />

unternehmerische Gegenposition <strong>zum</strong> absolutistischen Herrschafts- und Kontrollstaat<br />

im 19. Jahrhundert hat sich jede moderne Demokratie diesen Grundwiderspruch eingehandelt:<br />

Inwieweit untergräbt das wirtschaftsliberale Modell freier Massenmedien die<br />

eigenen Ideale, wenn der Zugang zu Presse, Radio und Fernsehen durch politische und<br />

wirtschaftliche Macht sowie durch Eigentumsrechte derart eingeschränkt wird, dass oligopolistische<br />

Märkte und die Vermachtung der Öffentlichkeit zu den regelhaften Strukturmerkmalen<br />

moderner Demokratien und <strong>Medien</strong>landschaften gehören. Die Spannung<br />

zwischen der Befriedigung kommerzieller Interessen und der Erfüllung von Aufgaben<br />

und Leistungen für demokratische Entscheidungsprozesse bzw. die gesellschaftliche<br />

Selbstverständigung kann folglich als der zentrale Ausgangspunkt für die publizistikund<br />

sozialwissenschaftliche Theoriebildung ökonomischer Bedingungen von <strong>Medien</strong><br />

und öffentlicher Kommunikation bzw. medienökonomischer Theoriebildung betrachtet<br />

werden.<br />

2. Zur Reflexion der Ökonomisierungs- und Kommerzialisierungsproblematik<br />

in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft<br />

In diesem Abschnitt geht es darum, im Rahmen der Ökonomisierungs- und Kommerzialisierungsdebatte<br />

relevante theoretische Zugänge knapp zu inventarisieren und deren<br />

Vor- und Nachteile anzusprechen. Dabei werden systemtheoretische, politökonomische,<br />

kritische sowie organisations- bzw. betriebswirtschaftliche Zugänge unterschieden.<br />

2.1 Die systemtheoretische Betrachtungsweise<br />

In der deutschsprachigen Publizistik- und Kommunikationswissenschaft dominiert seit<br />

Anfang der 80er Jahre die Systemtheorie. Besonders die Luhmann’sche Systemtheorie<br />

entwickelte sich zur dominanten Denkschule. Die Attraktivität dieses Ansatzes liegt<br />

nicht zuletzt darin, dass sie Publizistik bzw. den Journalismus als eigenständiges Funktionssystem<br />

der Gesellschaft betrachtet. Bösartig formuliert kann man sagen, Luhmann<br />

schmeichelt dem Fach, indem er das disziplinäre Erkenntnisobjekt Publizistik zu einem<br />

autonomen System macht. Dabei beruht die in diesem Ansatz behauptete Autonomie<br />

der Publizistik auf ihrer spezifischen problemlösenden Funktion, ihrer exklusiven Zuständigkeit,<br />

ihrer selbstreferenziellen Operationsweise und der Entwicklung eines eigenen<br />

Steuerungsmediums. Als Steuerungsmedium für die Publizistik gilt Publizität; Themen<br />

werden nach dem Code „veröffentlicht/nicht veröffentlicht“ bewertet. Folglich ist<br />

eine Kommerzialisierung der Publizistik gar nicht möglich bzw. nicht vorgesehen, denn<br />

die operativen Codes der Wirtschaft – Geld zahlen/nicht Geld zahlen – können wegen<br />

des Prinzips der Gleichrangigkeit und des jeweils eigenständigen, nicht übertragbaren<br />

Codes im System Publizistik gar keine Wirkung erzielen – höchstens einige Irritationen<br />

auslösen. Wenn der Nachweis der Kommerzialisierung von Publizistik trotzdem gelingt,<br />

so ist das System Publizistik bzw. dessen Autonomie in hohem Maße gefährdet,<br />

da es von der Wirtschaft stark moduliert wird (vgl. Grothe/Schulz 1994). Systemtheoretische<br />

Ansätze leisten relativ wenig zur Beschreibung und zur Erklärung von Ökonomisierungs-<br />

und Kommerzialisierungsprozessen (vgl. Beitrag Siegert in diesem <strong>Heft</strong>),<br />

auch weil sie den Systemcharakter von Publizistik noch nicht hinreichend theoretisch<br />

begründet haben.<br />

148


Meier / Jarren · Einleitende Bemerkungen<br />

2.2 Die politökonomische Betrachtungsweise<br />

Im Unterschied zur Systemtheorie ist die politische Ökonomie der Kommunikation<br />

schon immer davon ausgegangen, dass bei der <strong>Medien</strong>produktion erwerbswirtschaftliche<br />

Kriterien eine zentrale Rolle spielen. Die politische Ökonomie der Kommunikation<br />

analysiert, wie ein <strong>Medien</strong>system mit seinen Inhalten auf die bestehenden Gesellschaftsstrukturen<br />

einwirkt und wie es die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen<br />

Beziehungen zwischen den mächtigen gesellschaftlichen Akteuren beeinflusst. Dabei<br />

werden Abhängigkeiten zwischen Eigentums- und Produktionsverhältnissen behauptet.<br />

Übereinstimmend wird dabei festgestellt, dass wenige, global und international agierende<br />

<strong>Medien</strong>-, Unterhaltungs- und Dienstleistungskonzerne aus Nordamerika und<br />

Europa die Qualität der Industrialisierung und Kommerzialisierung der <strong>Medien</strong>produktion<br />

auf regionaler und nationaler Ebene maßgeblich strukturieren sowie gleichzeitig<br />

die Entstehung einer globalen kapitalistischen Netzwerkgesellschaft modellieren<br />

(vgl. bspw. Castells 1996). Besonders die Markt- und Machtkonzentration in der <strong>Medien</strong>industrie,<br />

deren Abhängigkeit bezüglich Kapitalverwertung von anderen Schlüsselindustrien<br />

sowie das wachsende Profitstreben der Kapitaleigner durch Privatisierung (so<br />

die Gründung von Aktiengesellschaften) werden als Ursachen einer zunehmenden Entdemokratisierung<br />

von Gesellschaft betrachtet. Für die publizistischen, politischen und<br />

kulturellen Leistungsdefizite werden die zunehmende Kommerzialisierung von <strong>Medien</strong>,<br />

Kultur und Politik sowie die stark unter ökonomischen Prämissen sich vollziehende<br />

Ordnungspolitik bis zur selbstinszenierten (Selbst-)Regulierung unter streng marktwirtschaftlichen<br />

Prämissen verantwortlich gemacht. Die damit verbundene <strong>Medien</strong>und<br />

Systemkritik umfasst mindestens folgende Elemente:<br />

• Kommerzielle <strong>Medien</strong> handeln – so diese theoretische Lesart – in der Regel strukturkonservativ,<br />

d. h. kapital- und gesellschaftsverträglich, indem sie hohe unternehmerische<br />

Gewinne erzielen, ein allgemeines Konsumklima schaffen sowie permanent<br />

konkrete Kaufanreize für Konsumgüter und Dienstleistungen ermöglichen, die herrschenden<br />

gesellschaftlichen Institutionalisierungs- und Organisationsprinzipien legitimieren<br />

und gleichzeitig den regenerativen Bedürfnissen der Endverbraucher<br />

nachzukommen versuchen.<br />

• Öffentliche Kommunikation, d. h. die publizistisch-politischen Interessen gesellschaftlicher<br />

Gruppen und die aufklärerischen Bedürfnisse der Bevölkerung werden<br />

systematisch der Nachfrage der werbetreibenden Wirtschaft und den privaten Interessen<br />

der Kapitaleigner untergeordnet. Aus Gründen der Kapitalverwertung und<br />

Rentabilität setzen sich ständig Konzentrationsprozesse fort, die den publizistischen<br />

Wettbewerb und die <strong>Medien</strong>vielfalt verringern und die Demokratie insgesamt gefährden.<br />

• Bedingt durch Gewerbefreiheit, Marktwirtschaft und indirekter Finanzierung sind<br />

herrschende wirtschaftliche und politische Machtgruppen sowie die führenden <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

in der Lage, ihre wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Interessen<br />

fallweise auch publizistisch durchzusetzen – beispielsweise durch entsprechenden<br />

Konzern-, Marketing- und Gefälligkeitsjournalismus.<br />

Mit einer solchen Analyse ist es der politischen Ökonomie zwar gelungen, gewisse Mängel<br />

der traditionellen Wirtschaftswissenschaft zu überwinden – vor allem durch Hinweise<br />

auf Faktoren wie Macht und Herrschaft in ökonomischen Beziehungen und durch<br />

empirische Belege <strong>zum</strong> Marktversagen – und das gegenseitige Interventionspotenzial<br />

von Wirtschaft, Gesellschaft und Staat zu analysieren. Überzeugend wird die Analyse<br />

allerdings erst, wenn es gelingt, den empirischen Zusammenhang zwischen den wirt-<br />

149


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

schaftlichen Produktionsbedingungen und den publizistischen Leistungen herzustellen.<br />

Immerhin steht mit einem konsequent auf die Publizistik ausgerichteten industrieökonomischen<br />

„Structure-Conduct-Performance“-Modell (vgl. McQuail 1992, S. 87) ein<br />

Instrument zur Verfügung, das forschungsleitend umgesetzt werden kann (vgl. van Cuilenberg<br />

2000).<br />

2.3 Die „kritische“ Betrachtungsweise<br />

Mit dem Aufkommen und in der Auseinandersetzung mit den widersprüchlichen Folgen<br />

kommerzieller Massenmedien, die in den USA am konsequentesten marktmäßig<br />

etabliert wurden, entwickelte sich eine materialistische <strong>Medien</strong>- und Rundfunktheorie.<br />

Vor allem Max Horkheimer und Theodor Adorno stellten schon vor, während und nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg die ökonomische Abhängigkeit der kapitalistischen Kulturindustrie<br />

(Film, Radio, Fernsehen) in den Vordergrund und machten auf den Warencharakter<br />

der kulturellen Produkte sowie auf die Verschmelzung der Publizistik mit der<br />

Werbung aufmerksam. Die kritische Theorie erfasst die Kommerzialisierungsprozesse<br />

der Kulturindustrien allerdings auf eindimensionale Weise. Für die beiden Soziologen<br />

Adorno und Horkheimer handelt die Kulturindustrie ausschließlich kapital- und gesellschaftsverträglich,<br />

indem sie hohe unternehmerische Gewinne erzielt, permanent<br />

konkrete Kaufanreize für Konsumgüter ermöglicht, die herrschenden gesellschaftlichen<br />

Prinzipien und Strukturen legitimiert und gleichzeitig den regenerativen Bedürfnissen<br />

der Endverbraucher vordergründig nachkommt. Die Kulturindustrie steht für das Gegenteil<br />

von Aufklärung und Befreiung und verhindert systematisch die Bildung autonomer,<br />

bewusst urteilender Individuen, da sie aggressiv, totalitär und manipulativ wirkt<br />

(vgl. Adorno 1963). Die mit der „Kritischen Theorie“ verbundenen Ansätze weisen, so<br />

bezüglich des Manipulationsverdachts, allerdings empirische Schwächen auf.<br />

2.4 Die organisationswissenschaftliche Betrachtungsweise<br />

Aller Organisiertheit moderner Gesellschaften <strong>zum</strong> Trotz finden sich in der traditionellen<br />

Publizistik- und Kommunikationswissenschaft bislang nur wenige Arbeiten, die<br />

organisatorische Aspekte von öffentlicher Kommunikation thematisieren (vgl. Theis-<br />

Berglmair 1999, 2000). Die ausgeprägte Konzentration auf das individuelle Kommunikatorhandeln<br />

– meist in der journalistischen Berufsrolle – verhindert die Herausarbeitung<br />

des Konfliktpotenzials und der Widersprüche zwischen professionellen Bedürfnissen<br />

und betrieblichen Interessen. Einen ersten Schritt zur verstärkten Fokussierung<br />

der Meso-Ebene kann durch organisationswissenschaftliche Betrachtungsweisen erfolgen,<br />

die die marktabhängige Produktionsweise journalistischer Organisationen erfassen.<br />

Nach Braczyk begeben sich alle beteiligten Akteure bzw. Organisationen über „distinkte<br />

Modi der Handlungskoordination wie Markt, Hierarchie, Netzwerke und Professionen“<br />

in eine Verhandlungszone (Braczyk 1997, S. 558). In diesen Aushandlungsprozessen<br />

zwischen Journalismus, <strong>Medien</strong> und Markt spielen nach Altmeppen ökonomische<br />

Faktoren eine bedeutende, zuweilen auch dominierende Rolle: „Ökonomischer<br />

Einfluss auf den Journalismus ist aufgrund seiner Geldabhängigkeit (jährlich auszuhandelnde<br />

Etats) stets gegenwärtig“ (Altmeppen 2000, S. 228). Das Bild vom Aushandlungsprozess,<br />

der eben gerade nicht in idyllischen Wechselstuben (Tausch Geld gegen<br />

Geld) stattfindet, erfasst zwar eine Reihe von Ökonomisierungsprozessen, verschleiert<br />

aber die Machtungleichgewichte der Verhandlungspartner und die generelle Subordination<br />

von Redaktionen in – oft hochkomplexen – <strong>Medien</strong>organisationen.<br />

150


Meier / Jarren · Einleitende Bemerkungen<br />

In der stark betriebswirtschaftlich ausgerichteten Organisationswissenschaft auf der<br />

einen Seite und in den aufkommenden <strong>Medien</strong>managementperspektiven (vgl. Karmasin/Winter<br />

2000) auf der anderen werden die Zusammenhänge gesamtgesellschaftlicher<br />

Ökonomisierung und unternehmerischer Kommerzialisierung – so eine Differenzierung<br />

in Anlehnung an Winter/Karmasin (vgl. Beitrag in diesem <strong>Heft</strong>) – voneinander abgetrennt<br />

und damit werden die außerbetrieblichen Macht- und Herrschaftsverhältnisse<br />

ausgeklammert. Darüber hinaus verschwindet auch die innerbetriebliche Konfliktivität<br />

ökonomischer, publizistischer und gesamtgesellschaftlicher Zielsetzungen aus dem<br />

Blickfeld, wie das Fazit von Maier zur Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>wirtschaft deutlich<br />

macht: „Unter veränderten Wettbewerbsbedingungen und dem Druck nationaler und<br />

internationaler Kapitalstrategien treten ökonomische Begriffe wie Rentabilität, Gewinn,<br />

Kundenanteile, Marktanteile, Marktbeherrschung und Shareholder Value in den Vordergrund.<br />

Diskussionen zur Bedeutung der <strong>Medien</strong> als Kulturgüter scheinen dabei zunehmend<br />

zu verblassen“ (Maier 2000, S. 66). Auch wenn dieser Eindruck zutreffend sein<br />

sollte, kann es im Kontext öffentlicher Kommunikation nicht darum gehen, die „Wertschöpfungskette“<br />

<strong>zum</strong> zentralen Paradigma im Rahmen organisationswissenschaftlicher<br />

Analysen zu erheben, weil dadurch die gesellschaftliche Bedingtheit betrieblicher<br />

Organisationsformen und Strategien weiterhin unterkomplex berücksichtigt wird<br />

(vgl. Bruch 1997). Zudem sind weitere Organisationen, so aus der Politik, Werbe- oder<br />

Media-Wirtschaft, Unternehmer- und Arbeitgeberorganisationen sowie international<br />

agierende Organisationen wie GATT oder WTO zu berücksichtigen, denn sie wirken<br />

als Akteure durch Entscheidungen auf die Institutionalisierungs- und Entwicklungsprozesse<br />

im <strong>Medien</strong>sektor ein (vgl. dazu Jarren 2001).<br />

3. Ursachen, Formen und Folgen von Kommerzialisierung<br />

Geht man von einer zunehmenden Subordination publizistischer Zielsetzungen unter<br />

ökonomischen Kriterien aus, so nehmen folglich die strukturellen Spannungen zwischen<br />

dem wirtschaftlichen und dem publizistischen Wettbewerb zu, da die Maximierung<br />

von Umsatz, Gewinn und Marktanteilen nicht notwendigerweise eine Optimierung<br />

von publizistischer Vielfalt und publizistischer Qualität zur Folge hat. Die verstärkte<br />

Ausrichtung auf Werbung, Sponsoring, Product Placement, Merchandising vor<br />

allem beim Medium Fernsehen und dem elektronischen Handel als Einnahmequellen<br />

(„Home-Shopping“) sowie die zunehmende Dominanz betriebswirtschaftlicher Strategien<br />

und Handlungsmuster zeigen sich im Redaktionsmanagement, das eine konsequente<br />

Ausrichtung auf die Auftraggeber fördert. Die logische Folge betriebswirtschaftlichen<br />

Denkens und Handelns manifestiert sich in der Aussage des Geschäftsführers<br />

der Holtzbrinck Verlagsgruppe Michael Grabner: „Unter den heutigen Gegebenheiten<br />

stelle ich mir unter einem tüchtigen und verantwortungsbewussten Journalisten<br />

jemand vor, der sich als ein unternehmerisch denkender Journalist versteht und der den<br />

betriebswirtschaftlichen Fragen nicht ausweicht. Liefere ich genügend Information,<br />

Wissen, Unterhaltung, die zu einer Kaufentscheidung führen? Welchen Nutzen stifte<br />

ich mit meiner Leistung? Stimmt die Relation zwischen Mitteleinsatz des Mediums und<br />

dem Nutzen für den Leser? Bedienen wir mit unserem Angebot die breitest mögliche<br />

Leser-/Nutzerschaft des jeweiligen Mediums? Diese Fragen sollte sich jeder Journalist<br />

jeden Tag und bei jedem Artikel neu stellen“ (Grabner 2000, S. 163). Mit Modellen des<br />

Redaktions- oder <strong>Medien</strong>managements schleicht sich auch ein neues publizistisches<br />

Grundverständnis ein, wenngleich dieses ambivalent zu beurteilen ist – ähnlich wie bei<br />

der <strong>Medien</strong>forschung (vgl. Siegert 1993). Empirische Publikumsforschung kann einer-<br />

151


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

seits zur Optimierung von publizistischen Produkten genutzt werden. Andererseits<br />

aber können Befunde aus der empirischen Forschung eben auch zur Erbringung von<br />

Anpassungsleistungen an „Marktwünsche“ herangezogen werden. Marr et al. beispielsweise<br />

argumentieren, dass der Journalismus nur dann in der Lage sei, den durch Kommerzialisierung<br />

vorangetriebenen Umbruch aktiv mitzugestalten, wenn in den Redaktionen<br />

auch betriebswirtschaftliche Fähigkeiten und Managementfähigkeiten systematisch<br />

ausgebildet werden (vgl. Marr et al. 2001, S. 269). Die Frage bleibt offen, in welcher<br />

Weise und mit welchen Zielsetzungen die von der Geschäftsleitung eingesetzten<br />

Redaktionsmanager ihre aktive Mitgestaltung wahrnehmen (können). Die Ambivalenz<br />

des mit <strong>Medien</strong>- oder Redaktionsmanagement betriebenen Vorgehens sollte deutlicher<br />

gesehen und reflektiert werden.<br />

Die zunehmende Unterstellung des gesamten <strong>Medien</strong>systems unter eine wirtschaftliche<br />

Betrachtungsweise manifestiert sich am stärksten auf der Ebene der <strong>Medien</strong>organisation,<br />

konkret bei den journalistischen Produktionsverhältnissen und bei den verbreiteten<br />

publizistischen Inhalten: das strategische Handeln des <strong>Medien</strong>managements,<br />

wachsende Bedeutung der Werbefinanzierung, auf Gewinnmaximierung angelegtes Kostenmanagement<br />

(Kostenbewusstsein/Spardruck auch in der Redaktion, u. a. im Rahmen<br />

der Strategie der Kostenführerschaft), Contentproduktion gemäß betriebswirtschaftlichen<br />

Kriterien, redaktionelles Marketing zur Optimierung der Kundenorientierung<br />

(Schaffung und Befriedigung bestimmter Bedürfnisse bei ausgewählten Publika), Redaktionsmanagement<br />

zur Optimierung der redaktionellen Abläufe, verstärkter Einbe-<br />

Abb. 1: Ausgewählte Ursachen von Kommerzialisierungsprozessen<br />

in der Gesamtgesellschaft:<br />

• Informations-, Wissens- oder Netzwerkgesellschaft als Nährboden für den digitalen<br />

Netzwerkkapitalismus als neue Stufe des Kapitalismus: Wissen wird zur<br />

kommerziell wichtigsten Ressource.<br />

• Deregulierte, globale Markt- und Wirtschaftsordnungen.<br />

• Das Leitbild der nationalen Wirtschaftspolitik wandelt sich: Der Markt als dominantes<br />

Steuerungsinstrument.<br />

• Ökonomismus setzt sich in der Gesamtgesellschaft durch: Das Denken und<br />

Handeln gemäß ökonomischer Rationalität setzt sich auch außerhalb der Wirtschaft<br />

durch.<br />

in der <strong>Medien</strong>industrie:<br />

• Profitstreben in den <strong>Medien</strong>unternehmen wächst (Shareholder Value).<br />

• Vielfältige Konvergenzprozesse: Wettbewerb wird härter, weil branchenfremde<br />

Händler gegen traditionelle Verleger antreten.<br />

• Vielfältige Konzentrationsprozesse: Größe macht größer.<br />

• Liberalisierung der <strong>Medien</strong>branche: Privatisierung von <strong>Medien</strong>branchen und<br />

-unternehmen.<br />

• Wachstumsstrategien: Die Digitalisierung von Text, Ton, Video, Musik und Daten<br />

schafft neue Märkte, Produkte und ausschließlich kommerziell ausgerichtete<br />

Plattformen.<br />

in den Unternehmen:<br />

• Der elektronische Handel stellt ein neues Business-Modell dar.<br />

152


Meier / Jarren · Einleitende Bemerkungen<br />

zug von Publikums- und Werbeträgerforschung. Kurz: Die ökonomischen und betriebswirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen insgesamt scheinen immer stärker das journalistische<br />

Handeln von Redaktionen und einzelnen <strong>Medien</strong>schaffenden zu strukturieren.<br />

In einer Befragung von über 500 österreichischen Journalisten wird von drei Vierteln<br />

der Befragten das Überleben am Markt als vordringliches Ziel betrachtet, und über 40<br />

Prozent sagen aus, sie würden alles daran setzen, um unter Konkurrenzbedingungen<br />

„den <strong>Medien</strong>krieg zu gewinnen“ (Weber 2000, S. 142). Bei der Verfolgung wirtschaftlicher<br />

Zielsetzungen kommt es scheinbar zu regelmäßigen „Übergriffen“ auf die Redaktion:<br />

Immerhin zwei Drittel der Befragten berichten von unregelmäßig bis regelmäßig<br />

auftretenden Interessenkonflikten zwischen Anzeigenabteilung und Redaktion im Berufsalltag<br />

(vgl. Weber 2000, S.149). Rückblickend stellen 83 Prozent der befragten Journalisten<br />

fest, dass der organisationsinterne, direkte oder indirekte Einfluss von Management<br />

und Marketing, von Anzeigen- und Werbeabteilung in den vergangenen fünf Jahren<br />

zugenommen hat.<br />

Auch von außerhalb besteht Abhängigkeit und Druck: 23 Prozent der befragten Journalisten<br />

berichten von einem starken bis sehr starken Einfluss der Werbewirtschaft auf<br />

die journalistische Arbeit (vgl. Weber 2000, S. 150). Wer Anzeigen schaltet, erhält in einzelnen<br />

<strong>Medien</strong>gattungen nicht nur den Zugang zu möglichst kaufkräftigen Zielgruppen,<br />

sondern auch zusätzlich redaktionellen Raum für PR-Veröffentlichungen, was eine Zunahme<br />

der nicht deklarierten PR-Strecken auf Kosten redaktioneller Leistungen zur<br />

Folge hat. Nur 10 Prozent der Befragten in dieser aktuellen Studie widersprechen einer<br />

solchen Praxis und sind der Meinung, dass der Journalismus insgesamt autonomer geworden<br />

sei (vgl. Weber 2000, S. 162). Auch die <strong>Medien</strong>schaffenden scheinen – allen berufsideologisch<br />

bedingten Verdrängungstendenzen <strong>zum</strong> Trotz – die zunehmende Entgrenzung<br />

von Redaktion, Marketing und Werbeabteilung wahrzunehmen.<br />

Befunde zur redaktionellen Struktur und zu den Arbeitsbedingungen beispielsweise<br />

beim privaten Hörfunk in Deutschland bestätigen den Trend: Altmeppen/Donges/Engels<br />

(1999) sprechen in ihrer Studie deshalb von einer „Transformation im Journalismus“.<br />

Es besteht die Gefahr, dass Leistungsanforderungen und Leistungsbewertungssysteme<br />

im Journalismus <strong>zum</strong> Tragen kommen, die in erster Linie wirtschaftliche und erst in<br />

zweiter Linie publizistische Ziele anvisieren. Gewinnmargen oder Auflagezahlen kursieren<br />

immer weniger nur ausschließlich in der Geschäftsleitung, sondern auch Chefredaktion/Ressortleitung<br />

werden in solche Zielsetzungen eingebunden. Auch die „Verarbeitung“<br />

von immer weiteren Daten zur Publikumsforschung bei der täglichen Redaktionsarbeit<br />

wird nur noch aktuell, aber nicht mehr prinzipiell problematisiert, sondern<br />

im Gegenteil als Ausdruck von Professionalität bewertet. 70 Prozent der <strong>Medien</strong>schaffenden<br />

in der Schweiz sind der Meinung, die Publikums- und Leserschaftsforschung<br />

würde für die redaktionelle Arbeit wichtige Informationen liefern. Dabei wäre zusätzlich<br />

zu berücksichtigen, dass die Leserschaftsforschung in erster Linie für die werbetreibende<br />

Wirtschaft und nicht für die Redaktion vorangetrieben wird, um die Wettbewerbsfähigkeit<br />

als Werbemedium, die Attraktivität für Anzeigenkunden zu dokumentieren<br />

(vgl. Marr et. al. 2001).<br />

In der jüngsten Journalistenbefragung in der Schweiz ist es für 21 Prozent aller <strong>Medien</strong>schaffenden<br />

wichtig, in der Rolle als Vermarkter ein nachgefragtes Produkt möglichst<br />

Gewinn bringend abzusetzen und für jeden siebten der fast 2000 befragten Journalisten<br />

ist es wichtig, in der Rolle als Zielgruppenverkäufer ein günstiges Werbeumfeld<br />

zu schaffen (vgl. Marr et. al. 2001, S. 124). Der Marketing- oder Werbeumfeldjournalismus<br />

scheint für jeden fünften <strong>Medien</strong>schaffenden ein anzustrebendes Ideal im Berufs-<br />

153


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Abb. 2: Formen und Folgen der Kommerzialisierung bei offline-<strong>Medien</strong><br />

Formen auf redaktioneller und<br />

individueller Ebene<br />

• strategisches Handeln des Unternehmens<br />

schlägt auf Redaktion<br />

durch<br />

• gewinnmaximierendes Kostenmanagement<br />

wirkt sich im redaktionellen<br />

Handeln aus<br />

• Redaktionsmanagement wird gepflegt<br />

• redaktionelles Marketing wird systematisch<br />

betrieben<br />

• unternehmerische Verantwortung<br />

wird auf allen Stufen in der Redaktion<br />

wahrgenommen<br />

• Marketing- und Werbeabteilung<br />

beeinflussen den redaktionellen Alltag<br />

• Zielgruppen-, Marketing- und Werbeumfeldjournalismus<br />

setzen sich<br />

redaktionsintern durch<br />

• PR- und Gefälligkeitsjournalismus<br />

werden gefordert und fallweise umgesetzt<br />

• Konzernjournalismus wird bei Bedarf<br />

geleistet<br />

• Kooperation bzw. Konflikte zwischen<br />

Redaktion und Geschäftsführung<br />

werden gepflegt und ausgetragen.<br />

Folgen für Journalismus, Öffentlichkeit,<br />

Demokratie und Gesellschaft<br />

• die Dominanz des Kostenwettbewerbs<br />

marginalisiert den publizistischen<br />

Qualitätswettbewerb<br />

• anstelle des innovativen Qualitätswettbewerbs<br />

dominiert der imitatorische<br />

Wettbewerb<br />

• die kulturelle und demokratiepolitische<br />

Bedeutung von <strong>Medien</strong> gerät<br />

bei der redaktionellen Alltagsarbeit<br />

in den Hintergrund<br />

• bezüglich publizistischer Zielsetzungen<br />

treten vermehrt redaktionelle<br />

Autonomie- und publizistische<br />

Qualitätsverluste auf<br />

• genereller und spezifischer Abbau<br />

von journalistischen Kernaufgaben<br />

zugunsten von integrierenden Marketingstrategien<br />

und -aktivitäten<br />

• Wandel der Kernkompetenzen: von<br />

der Recherche/Selektion zu Unterhaltung/Handel<br />

und Verkauf<br />

• vom Sachziel <strong>zum</strong> Formalziel: Information,<br />

Aufklärung und Vielfalt<br />

als meritorisches, gesellschaftlich<br />

wertvolles Gut wird dem Wirtschaftlichkeitsprinzip<br />

und dem Gewinnstreben<br />

systematisch untergeordnet.<br />

alltag zu sein, auch wenn die Interessen der anvisierten Zielgruppe womöglich viel<br />

schwieriger zu identifizieren und publizistisch zu berücksichtigen sind als diejenigen der<br />

werbetreibenden Wirtschaft (vgl. Heinrich 1996, S. 178).<br />

Es besteht die Gefahr, dass sich das Kerngeschäft der <strong>Medien</strong>industrie auf die systematische<br />

Vermarktung von Erlebnissen und Erfahrungen (entertainment- and experience-economy)<br />

konzentriert. Publizistische Produkte und Leistungen werden für bestimmte<br />

Interessen (Werbung, Sponsoring) und/oder für bestimmte soziale Gruppen<br />

produziert. Der Übergang von der Produktorientierung zur Marketingperspektive ist<br />

ein für die Publizistik folgenreicher Prozess. Rifkin (2000) weist auf diesen Wechsel hin,<br />

eine Veränderung, bei der elektronische Kommunikationsnetze als „Vertriebskanäle“<br />

wie auch die neuen Informationsbroker eine große Rolle spielen. Um im Online-Business<br />

Fuß fassen zu können, müssen die traditionellen Verlage allerdings ein neues Selbstverständnis<br />

finden. Es wird ihnen geraten, ihr bisheriges, primär journalistisch-kulturell<br />

154


Meier / Jarren · Einleitende Bemerkungen<br />

Abb. 3: Ausgewählte Folgen der Kommerzialisierung vor dem Hintergrund von Online-<br />

Aktivitäten<br />

• Konvergenz von E-Commerce und Online-Publizistik, von Marketing und<br />

Publizistik, von Werbung / PR und Publizistik<br />

• Online-<strong>Medien</strong> messen ihre Erfolge und Erfolgsziele an denjenigen der neuen<br />

Ökonomie<br />

• Dienstleistungen und Produkte sind vorwiegend Plattformen für Werbung und<br />

elektronischen Handel<br />

• Wachsende Ansprüche mit der Zunahme und Komplexität der online angebotenen<br />

Dienstleistungen<br />

• Die Online-Welt führt vom Primat der Aufklärung <strong>zum</strong> Primat des Verkaufens<br />

• Verschiebung der Haupttätigkeit von der Recherche zur Selektion, von der Information<br />

zur Unterhaltung, von der Unterhaltung <strong>zum</strong> Erlebnis.<br />

beziehungsweise erzieherisch geprägtes Selbstverständnis im Online-Business zu revidieren<br />

und durch ein Dienstleistungsverständnis zu ersetzen, das eher dem Wesen eines<br />

Brokers von Informationen und Dienstleistungen entspricht.<br />

Dieses neue Geschäftsmodell, für E-Commerce-Lösungen propagiert, ist bspw. bereits<br />

im Multimediakonzern der Tribune Company (Chicago) umgesetzt. Das neuartige<br />

Betriebsmodell, das als Prototyp zu verstehen ist, kann als eine einzige „Informationsverarbeitungsmaschine“<br />

bezeichnet werden. Die multimedial ausgebildeten Journalisten<br />

kennen keinen Redaktionsschluss. Sie verfassen am Morgen einen Artikel zu einem<br />

bestimmten Thema für eine Konzern-Webseite, treten am Mittag mit einem<br />

aktualisierten Thema im konzerneigenen Newssender auf und stellen schließlich am<br />

Nachmittag den entsprechenden Hintergrundartikel für die Konzernzeitung vom kommenden<br />

Tag fertig (vgl. Baumann 2000).<br />

In den neuen Geschäftsmodellen werden die Grenzen zwischen Werbung und redaktionellen<br />

Inhalten durch den elektronischen Handel zunehmend fließend und redaktionelle<br />

Inhalte werden <strong>zum</strong> Marketinginstrument („Zusatznutzen“). Publizistische Inhalte<br />

sollen dem Verkaufszweck dienen. Auch das immer noch als anarchisch gepriesene<br />

Internet wandelt sich <strong>zum</strong> gezielten Marketing- und Verkaufsmedium (vgl. dazu den<br />

Beitrag von Trappel in diesem <strong>Heft</strong>).<br />

4. Kommerzialisierung – auch ein Ergebnis staatlicher Regulierungspolitik<br />

Zweifellos sind die mit Ökonomisierung oder Kommerzialisierung bezeichneten Phänomene<br />

auch das Ergebnis eines Wandels in der staatlichen <strong>Medien</strong>regulierung. Spätestens<br />

mit der Etablierung der so genannten „dualen Rundfunkordnung“ wurden ökonomische<br />

Zielsetzungen <strong>zum</strong> dominanteren Faktor in der gesamten <strong>Medien</strong>politik. Die<br />

Ergebnisse sind bekannt: Privater Rundfunk sollte, so das Versprechen maßgeblicher<br />

politischer Akteure in Deutschland, zur publizistischen Vielfalt beitragen und den<br />

publizistischen Wettbewerb fördern. Dass dieses Ziel erreicht sei, wird heute ernsthaft<br />

niemand behaupten. So zeigt die jüngst von den Landesmedienanstalten publizierte<br />

Programmstudie die Defizite im Bereich der politischen Kommunikation markant auf<br />

(vgl. Weiss/Trebbe 2000).<br />

Mit der Dualisierung der Rundfunkordnung wurde bewusst die Marginalisierung des<br />

155


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

öffentlichen Rundfunks betrieben und zugleich eine neue Wirtschaftsbranche etabliert,<br />

die durch die Lizenzierungspolitik zudem wettbewerbsfeindlich war und ist. Auch dieses<br />

Ergebnis ist bekannt: Die Konzentration ist im deutschen Privatfunk extrem, und<br />

das, obwohl der deutsche Markt aufgrund der Werbe- und Konsumentensituation weltweit<br />

als besonders leistungsstark bewertet wird. Zwei Unternehmen mit ihren „Senderfamilien“<br />

dominieren den Markt, und im Bereich der Rechte an AV-Material gibt es<br />

keinen nennenswerten Wettbewerb mehr. Der Gesetzgeber hat es bislang versäumt, den<br />

Landesmedienanstalten und der „Kommission zur Ermittlung der Konzentration im<br />

<strong>Medien</strong>bereich“ (KEK) zur Schaffung marktwirtschaftlicher Bedingungen im Radiound<br />

Fernsehsektor die nötigen Instrumente in die Hand zu geben (vgl. dazu Stock 1997).<br />

Die jüngst von der KEK (2000) festgestellte „fortschreitende <strong>Medien</strong>konzentration“<br />

(Titel des Berichts) ist noch nicht an ihrem Endpunkt angelangt, und ein Paradigmenwechsel<br />

in der zuständigen (Landes-)Politik ist auch nicht aus<strong>zum</strong>achen. Politische Akteure<br />

haben damit Konzentrationsprozesse ermöglicht und im Rahmen ihrer so genannten<br />

„Standortpolitik“ auch systematisch gefördert. Damit wurden Ökonomisierungs-<br />

und Kommerzialisierungsprozesse ausgelöst (und von politischer Seite in Kauf<br />

genommen), die sich auf die gesamte Branche auszuwirken beginnen.<br />

Der Staat betätigt sich, das kann am deutschen wie auch dem britischen Beispiel gesehen<br />

werden, als „Wettbewerbsstaat“, indem er die örtlichen Kapitalverwertungsbedingungen<br />

optimiert und Standortvorteile schafft – und das mit nicht marktkonformen<br />

Mitteln wie Subventionen usf. Es sind vor allen die europäischen Wettbewerbsstaaten<br />

England und Deutschland, die in den vergangenen Jahren die wachsende <strong>Medien</strong>konzentration<br />

nicht etwa gestoppt, sondern durch regulatorische Maßnahmen sogar verstärkt<br />

haben, um die Position der eigenen „Global Players“ durch Größenvorteile in den<br />

sich konvergierenden Märkten zu verbessern. Und da auch die EU im Kern nur über<br />

wirtschafts- (und nicht kultur-)politische Instrumente verfügt, hat sie diesen Prozess gefördert<br />

und nur partiell (so im Fall einzelner beabsichtigter Unternehmenszusammenschlüsse)<br />

behindert. Es ist erkennbar, dass sich die staatliche Rolle mehr und mehr auf<br />

eine Rahmenregulierung beschränkt, mit der aber – ausgerichtet an einem vermeintlichen<br />

nationalstaatlichen oder europäischen Wohl – nicht eine Stärkung der publizistischen<br />

Funktion der <strong>Medien</strong> beabsichtigt ist. Zudem ziehen sich die meisten europäischen<br />

Staaten auch aus der Infrastrukturpolitik zurück, was vielfältige neue Probleme<br />

bspw. bei der Regelung des Zugangs zu Netzen oder zu Anbietern (digitale Plattformen)<br />

aufwirft. Die Delegation dieser Aufgaben an neu geschaffene Institutionen (wie Landesmedienanstalten)<br />

macht deutlich, dass der Staat damit an Gestaltungsmöglichkeiten<br />

einbüßt.<br />

Die neue Rolle des Wettbewerbsstaates oder des Regulierungsstaates geht also einher<br />

mit dem Wandel des Leitbildes in der Wirtschaftspolitik insgesamt. Wirtschaftlicher<br />

Wettbewerb wird auch in der <strong>Medien</strong>politik <strong>zum</strong> bevorzugten Instrument, sowohl auf<br />

nationaler als auch auf europäischer Ebene (vgl. Oreja 1998).<br />

In den vergangenen Jahrzehnten hat der Trend in allen westeuropäischen Gesellschaften<br />

in Richtung auf Ökonomisierung und Kommerzialisierung aller Lebensbereiche<br />

zugenommen. Ökonomisierung und Kommerzialisierung im <strong>Medien</strong>bereich sind<br />

höchst folgenreiche Prozesse, die nicht allein die <strong>Medien</strong>, ihre Organisationsweise, den<br />

Journalismus und die <strong>Medien</strong>inhalte betreffen. <strong>Medien</strong> sind, <strong>zum</strong>al in der „<strong>Medien</strong>gesellschaft“,<br />

für die gesamtgesellschaftliche Selbstverständigung von zentraler Bedeutung.<br />

Die gesellschaftlichen Akteure wie die Bürger im demokratischen Staat sind auf<br />

bestimmte Vermittlungsleistungen und –qualitäten angewiesen. Der offene, chancengleiche<br />

Zugang zu den <strong>Medien</strong> ist für demokratische Prozesse von konstitutiver Bedeu-<br />

156


Meier / Jarren · Einleitende Bemerkungen<br />

tung. Um nur ein Beispiel abschließend aufzugreifen: Allein im Bereich der politischen<br />

Kommunikation zeigen sich unter kommerziellen Bedingungen Risiken. Wenn Parteien<br />

und andere gesellschaftliche Gruppen gezwungen sind, <strong>Medien</strong>leistungen zu kaufen<br />

oder für Vermittlungsleistungen zu bezahlen (Paid Media), so wirkt das auf die Chancengleichheit<br />

im demokratischen Prozess zurück. Jüngste Erfahrungen aus den USA,<br />

aus Italien oder aus Großbritannien weisen auf das Problem der Finanzierung von<br />

Wahlkämpfen und in der Folge auf das Problem der Finanzierung von Parteien hin.<br />

Ökonomisierungs- und Kommerzialisierungstendenzen im gesellschaftlichen Vermittlungssystem<br />

bleiben nicht ohne Folgen für demokratische Prozesse.<br />

Literatur<br />

Adorno, Theodor W. (1963): Résumé über Kulturindustrie. In: Claus Pias et al. (Hrsg.) (1999):<br />

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Ortmann, Günther/Sydow, Jörg/Türk, Klaus (Hrsg.): Theorien der Organisation. Opladen,<br />

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M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

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Weiss, Hans-Jürgen/Trebbe, Joachim (2000): Fernsehen in Deutschland 1998–1999. Berlin.<br />

158


Ökonomisierung aus wirtschaftswissenschaftlicher<br />

Perspektive<br />

Jürgen Heinrich<br />

Ökonomisierung wird aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive als Zunahme monetärer<br />

und egoistischer Elemente in der Nutzenfunktion der Wirtschaftssubjekte interpretiert.<br />

Die Ursache der Ökonomisierung ist der Wandel des Leitbildes der Wirtschaftspolitik<br />

und der <strong>Medien</strong>politik sowie der zunehmende Wettbewerb. Die Ökonomisierung<br />

ist auf der Ebene des Individuums, der Unternehmung, des Marktes und der<br />

Politik beobachtbar. Wesentliche Folge ist die Zunahme der allokativen und der produktiven<br />

Effizienz der <strong>Medien</strong>industrie.<br />

Ökonomisierung wird von denjenigen beklagt, die schwindendes Einkommen und<br />

schwindenden Einfluss fürchten, und sie wird von denjenigen gefordert, die sich davon<br />

eine Verbesserung ihrer Situation versprechen. Im Folgenden wird das Konzept der<br />

Ökonomisierung im Abschnitt 1 beschrieben, in Abschnitt 2 werden die Ursachen der<br />

Ökonomisierung herausgestellt und in Abschnitt 3 werden die Ebenen und Instrumente<br />

der Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>industrie analysiert. Eine sehr kurze Spekulation<br />

über weiter gehende Folgen der Ökonomisierung bietet abschließend der Abschnitt 4.<br />

1. Zum Konzept der Ökonomisierung<br />

Vorab sei betont, dass Ökonomisierung als ein Prozess verstanden werden sollte, als ein<br />

Prozess der Zunahme der Bedeutung des „Ökonomischen“ im Verhalten der Individuen;<br />

grundlegend ökonomisch geprägt ist das Verhalten der Menschen spätestens seit<br />

der Einführung der Tausch- und der Geldwirtschaft schon immer gewesen. Grundlegende<br />

Denkmuster der Ökonomie sind<br />

• die Annahme eines rationalen Handelns der Individuen, konkretisiert in der „ökonomischen<br />

Ethik“ der Kosten-Nutzen-Analyse (Boulding 1973, S. 117) und<br />

• die Akzeptanz des Wettbewerbs als grundsätzlich optimales Verfahren zur Maximierung<br />

der individuellen Wohlfahrt.<br />

Beide Denkmuster sollten das Konzept der Ökonomisierung fundieren, obwohl sie logisch<br />

unterschiedlichen Ebenen zuzuordnen sind: Als Ökonomisierung bezeichne ich<br />

die Zunahme monetärer und egoistischer Elemente in der Nutzenfunktion der Wirtschaftssubjekte<br />

und eine zunehmend striktere Anwendung des Nutzenmaximierungspostulats.<br />

Beides wird durch die Zunahme des Wettbewerbs induziert. Einen Unterschied<br />

<strong>zum</strong> Konzept der Kommerzialisierung zu machen, wie es bisweilen gehandhabt<br />

wird, erscheint mir nicht sinnvoll. Kommerz/Kommerzialisierung scheint mir die bisweilen<br />

abwertend gemeinte Bezeichnung für Ökonomisierung zu sein, meist im Gegensatz<br />

zu Kultur (vgl. z. B. Kunczik 1992 oder Schmitz/Tompert 1995). Eine solche<br />

Wertung ist möglich, trägt indes nicht zu einer Klärung des Konzeptes bei.<br />

Differenziert man nach den Ebenen der Ökonomisierung, so wird das Konzept deutlicher<br />

und operationaler. Die Ökonomisierung manifestiert sich vor allem auf der Ebene<br />

des Individuums, der Unternehmung, des Marktes und der Politik. Auf der Ebene<br />

des Individuums gewinnen im Prozess der Ökonomisierung monetäre und egoistische<br />

Elemente, wie z. B. monetäres Einkommen und persönliche Annehmlichkeit, an Gewicht<br />

gegenüber nichtmonetären und altruistischen Elementen, wie z. B. die Befriedi-<br />

159


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

gung durch die Erfüllung intrinsischer Motivationen <strong>zum</strong> gedachten Wohle der Allgemeinheit<br />

(zur schwierigen Unterscheidung zwischen altruistischem und egoistischem<br />

Verhalten vgl. Kirchgässner 1996, S. 226 ff.). Auf der Ebene der Unternehmung manifestiert<br />

sich die Ökonomisierung in dem Bestreben, die Gewinne durch eine immer billigere<br />

und/oder besser auf die Präferenzen der Konsumenten abgestellte Produktion zu<br />

steigern. Auf der Ebene des Marktes manifestiert sich die Ökonomisierung vor allem in<br />

einer Zunahme des Wettbewerbs und auf der Ebene der Politik in einer zunehmenden<br />

Akzeptanz des Wettbewerbs als Problemlösungsverfahren (vgl. auch Meckel 1999,<br />

S. 129 ff.).<br />

Als Merkmale der Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>industrie können mithin folgende<br />

Verschiebungen angesehen werden, die stets als graduelle Veränderungen interpretiert<br />

werden sollten:<br />

• Ein Ersatz der publizistischen Ziele von Aufklärung, Kritik und Kontrolle durch<br />

marktorientierte Ziele,<br />

• eine zunehmende Berücksichtigung von Rezipientenpräferenzen („Umdefinition des<br />

Bürgers <strong>zum</strong> Konsumenten“, Hoffmann-Riem, 1988, S. 59),<br />

• ein Abbau der Quersubventionierung reichweitenschwacher <strong>Medien</strong>angebote,<br />

• eine Annäherung an Kostenpreise (insbesondere durch Pay-Rundfunk),<br />

• eine Annäherung an Gewinnmaßstäbe und ein Ersatz der nichtgewinnorientierten<br />

Erfolgsmaßstäbe durch den Shareholder-Value und<br />

• eine Annäherung an die Zurechnung von Handlungsfolgen vor allem durch die Privatisierung<br />

öffentlicher Institutionen und durch zunehmend exakter werdende<br />

Reichweitenmessungen.<br />

Demgegenüber haben weniger ökonomische Verfahren, wie z. B. die Gebührenfinanzierung<br />

des Rundfunks, eine mehr oder weniger begrenzte Autonomie, die Kosten der<br />

Produktion und/oder die Präferenzen der Rezipienten zu missachten. Sie können andere<br />

Ziele verfolgen, wie z. B. das Gemeinwohl, oder die Ziele umfassend verstandener<br />

Stakeholder, und/oder sie unterliegen als öffentliche Unternehmen nicht den strengen<br />

Regeln des Insolvenzrechts, müssen also nicht alle Handlungsfolgen tragen.<br />

2. Ursachen der Ökonomisierung<br />

Ursache der Ökonomisierung ist vor allem der Wandel des Leitbilds der Wirtschaftspolitik:<br />

Die Abkehr vom konstruktivistischen Rationalismus, der darauf gesetzt hatte,<br />

dass eine rationale politische Steuerung von Marktprozessen notwendig und möglich<br />

sei, und die Hinwendung <strong>zum</strong> offenen Wettbewerb als Entdeckungsverfahren. Dies<br />

Leitbild des offenen Wettbewerbs, der klassischen Wettbewerbsfreiheit, setzt vor allem<br />

und je nach Ausprägung auch ausschließlich auf die Freiheit, Wettbewerb zu veranstalten,<br />

konkret also auf die Freiheit des Marktzutritts. Wichtig ist es in dieser Sicht, Marktzutrittsschranken<br />

abzubauen; die resultierende Marktstruktur ist dann von allenfalls geringer<br />

Bedeutung. Konzentration von Marktmacht ist per se bedeutungslos, sie wird kritisch<br />

nur dann beurteilt, wenn sie eine substanzielle Marktzutrittsschranke darstellt. Exakt<br />

in diesen Kontext ist die neu in das deutsche Kartellrecht aufgenommene „Essential<br />

Facilities Doctrine“ einzuordnen. Als Behinderungsmissbrauch gilt die Weigerung, „einem<br />

anderen Unternehmen gegen angemessenes Entgelt Zugang zu den eigenen Netzen<br />

oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, wenn es dem anderen Unternehmen<br />

aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ohne die Mitbenutzung nicht möglich<br />

ist, auf dem vor- oder nachgelagerten Markt als Wettbewerber des marktbeherrschenden<br />

Unternehmens tätig zu werden“ (§19, Abs. 4, Punkt 4 KartellG). Diese Dok-<br />

160


Heinrich · Wirtschaftswissenschaftliche Perspektive<br />

trin ist sehr wirkungsvoll, um den Marktzutritt von Konkurrenten zu erleichtern, eine<br />

bestehende Verflechtung wird eher ignoriert.<br />

Warum sich das Leitbild der Wirtschaftspolitik gewandelt hat, ist nicht leicht zu<br />

klären. Es ist zu vermuten, dass der geringe Charme der Marktalternativen, also ihre hohen<br />

Kosten und ihre geringe Effizienz, den Wandel des Leitbilds der Wirtschaftspolitik<br />

induziert hat.<br />

Ursache der Ökonomisierung ist <strong>zum</strong> anderen die spezifische Ausprägung des technischen<br />

Fortschritts: die Abnahme der Distanzüberwindungskosten relativ zu den Produktionskosten<br />

und die Digitalisierung der Informationen. Die Abnahme der Distanzüberwindungskosten<br />

führt zu einer Ausdehnung der Märkte bis hin zu einer Globalisierung<br />

von Märkten. Diese Ausdehnung der Märkte verstärkt den Wettbewerb, sie<br />

wirkt wie ein Marktzutritt neuer Wettbewerber. Vor wenigen Jahren war die Deutsche<br />

Bundespost der einzige Anbieter auf dem Markt für Telekommunikation, jetzt konkurrieren<br />

mindestens fünf Anbieter und weitere Marktzutritte sind unschwer möglich. Die<br />

Digitalisierung verstärkt den Wettbewerb noch einmal, weil – etwa durch B 2 B und<br />

B2C – die Markttransparenz erhöht, die Märkte vergrößert und die Macht der Nachfrager<br />

gestärkt werden.<br />

Für die <strong>Medien</strong>industrie ist die Globalisierung indes weniger relevant als für die industrielle<br />

Produktion insgesamt. <strong>Medien</strong>märkte bleiben räumlich stark begrenzte Märkte<br />

und alle Globalisierungsversuche müssen die Präferenzen für räumlich segmentierte<br />

Informationen überwinden. Das Handelsblatt und offenbar auch die Financial Times<br />

müssen in Deutschland produziert werden, um in Deutschland gelesen zu werden, und<br />

dabei ist die Wirtschaft noch der Bereich, der am leichtesten globalisierbar wäre. Die Digitalisierung<br />

allerdings revolutioniert gerade die <strong>Medien</strong>industrie:<br />

• Es ist ihr Rohstoff, mit dem neue Wertschöpfungsprozesse gefüllt werden und der<br />

zur Branchenkonvergenz führt;<br />

• es ist ein neuer Bereich der Wirtschaft entstanden, der von den alten Regulierungsstrukturen<br />

gar nicht tangiert werden konnte und kann und in dem neue Wettbewerbskräfte<br />

freigesetzt worden sind.<br />

Dennoch kann als Ursache der Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>industrie vor allem der<br />

Wandel des Leitbilds der Wirtschaftspolitik und nachfolgend der <strong>Medien</strong>politik vermutet<br />

werden. Einer rationalen <strong>Medien</strong>politik muss bewusst werden, dass eine Abweichung<br />

vom Markt bzw. vom Wettbewerbsmodell deswegen nicht durchzuhalten<br />

ist, weil weiteste Teile der <strong>Medien</strong>produktion sich nicht durch ihre Produktion, sondern<br />

erst durch ihre Rezeption legitimieren und weil es Normadressaten für die Rezeption<br />

gesellschaftlich erwünschter <strong>Medien</strong>produktion nicht gibt – allenfalls in der<br />

Schule oder im Gefängnis. Es reicht eben nicht, das Angebot des meritorischen Gutes<br />

„Integrationsrundfunk“ und anderer gesellschaftlich erwünschter <strong>Medien</strong>angebote zu<br />

subventionieren – so wie es vielleicht bei Schulmilch gehandhabt werden kann – um<br />

die Rezeption zu fördern, aber andere Mittel zur Beeinflussung stehen nicht zur Verfügung.<br />

3. Ebenen der Ökonomisierung<br />

Die Ökonomisierung manifestiert sich auf der Ebene des Individuums, der Unternehmung,<br />

des Marktes und der Politik. Diese Trennung erfolgt vor allem aus analytischen<br />

Gründen, in der faktischen Produktion der <strong>Medien</strong>industrien verwischen sich diese<br />

Ebenen. Die Veränderungen in diesen Ebenen werden im Folgenden beschrieben, dabei<br />

liegt der Schwerpunkt auf der Ebene der Unternehmung.<br />

161


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Auf der Ebene des Individuums manifestiert sich die Ökonomisierung in einer immer<br />

strikteren Anwendung der persönlichen Kosten-Nutzen-Analyse und einem entsprechenden<br />

Rückgang von Handlungsweisen, die einer von Boulding so genannten „heroischen<br />

Ethik“ folgen. Boulding unterscheidet drei Hauptformen der heroischen Ethik:<br />

Die militärische Ethik „Frag nicht warum, tu deine Pflicht und stirb“, die religiöse Ethik<br />

„Geben und nicht nach den Kosten fragen, arbeiten und nicht nach der Belohnung verlangen“<br />

als Gebet des Heiligen Franziskus und die sportliche Ethik, die im Grunde mit<br />

der ökonomischen Ethik der Kosten-Nutzen-Analyse nicht in Einklang zu bringen sind<br />

(Boulding 1973, S. 118 ff.). Und auch die alte journalistische Ethik, die etwa durch die<br />

gewissenhafte Erfüllung der öffentlichen Aufgabe des Journalismus (vgl. Branahl 1981)<br />

beschrieben werden kann, entzieht sich der ökonomischen Ethik der strikten Kosten-<br />

Nutzen-Analyse und wird durch andere Berufsnormen ersetzt, die eher einem egoistischen<br />

Nutzenmaximierungskalkül entsprechen. Über diesen Wandel der Berufsauffassung<br />

liegen Studien vor, die genau diese Form individueller Ökonomisierung bei Journalisten<br />

belegen (z. B. Bridges 1991, Weischenberg 1995, S. 330 ff. oder Blöbaum 2000).<br />

Dabei kann in neoklassischer ökonomischer Denktradition (vgl. insbesondere Becker<br />

1993) diese beobachtbare Verhaltensänderung von Journalisten sehr gut – bei Konstanz<br />

der Präferenzstrukturen von Journalisten – mit einer Veränderung von Kosten bzw.<br />

Preisen der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe gegenüber den Kosten bzw. Preisen eines<br />

mehr an Unterhaltung und privatem Nutzwert orientierten Journalismus erklärt<br />

werden: Die Kosten eines Aufklärungsjournalismus steigen relativ, während seine Bezahlung<br />

relativ abnimmt, und für den Unterhaltungs-/Nutzwertjournalismus ist es umgekehrt.<br />

Auf der Ebene der Unternehmung manifestiert sich die Ökonomisierung am deutlichsten.<br />

Hier wird die Ökonomisierung geplant, organisiert und umgesetzt. Movens ist<br />

die immer striktere Anwendung der Kosten-Nutzen-Analyse in der unternehmensspezifischen<br />

Form des Ziels der Gewinnmaximierung oder, wie heute präzisiert wird, in<br />

Form der Maximierung des Shareholder-Values, des Gewinns für die Anteilseigner (vgl.<br />

Matthes 2000). Erzwungen durch die Anlagestrategien der großen Vermögensfonds und<br />

durch die zunehmende Kontrolle der Unternehmung durch Finanz-Analysten spielen<br />

andere Ziele keine Rolle mehr, oder, genauer gesagt, werden dem Shareholder-Value untergeordnet.<br />

Auch die Ansprüche der heute oft genannten Stakeholder, denen früher eine eigenständige<br />

Rolle zuerkannt worden ist, wurden mit der zunehmenden Ökonomisierung<br />

dem Shareholder-Value untergeordnet. Als Stakeholder einer Unternehmung bezeichnet<br />

man jene Gruppen der Gesellschaft, die die Unternehmung beeinflussen und/oder<br />

von ihr beeinflusst werden, also z. B. Kunden, Lieferanten Arbeitnehmer, Kreditgeber<br />

oder der Staat als Subventionszahler und Steuerempfänger. Und es ist durchaus wichtig<br />

für eine Unternehmung, die Beziehungen zu diesen Gruppen befriedigend zu gestalten,<br />

wenn die Unternehmung langfristig auf dem Markt bestehen will (vgl. Zentes 1998,<br />

S. 333). Aber diese Ansprüche werden zunehmend nur soweit berücksichtigt, wie sie der<br />

Maximierung des Shareholder-Values zuträglich sind.<br />

Im Rahmen der Gewinnmaximierung bzw. der Maximierung des Shareholder-Values<br />

lassen sich zwei Bereiche recht gut unterscheiden, die im Prozess der Ökonomisierung<br />

der Unternehmung die entscheidende Rolle spielen:<br />

Zum einen wachsen die Anstrengungen der Unternehmen, die so genannte allokative<br />

Effizienz zu steigern, also durch Produktinnovationen die Produktqualität immer mehr<br />

den Konsumentenpräferenzen anzupassen und/oder durch Werbung die Konsumentenpräferenzen<br />

zu beeinflussen. Dieser Komplex kann dem betrieblichen Funktions-<br />

162


Heinrich · Wirtschaftswissenschaftliche Perspektive<br />

segment des Marketings zugeordnet werden und kann auch als Qualitätswettbewerb bezeichnet<br />

werden (Heinrich 1996, S. 165).<br />

Zum anderen wachsen die Anstrengungen der Unternehmen, die so genannte produktive<br />

Effizienz zu steigern, also durch Prozessinnovationen einschließlich betrieblicher<br />

Reorganisationen eine effizientere Produktionsweise zu erreichen. Dieser Komplex<br />

kann dem betrieblichen Funktionssegment des Managements zugeordnet werden und<br />

kann auch als Kostenwettbewerb bezeichnet werden (Heinrich 1996, S. 166).<br />

Wird die allokative Effizienz gesteigert, wird stets genauer das produziert, was die<br />

Rezipienten verlangen. Die Rezipienten verlangen einen Informationsnutzen und/oder<br />

einen Animationsnutzen, einen Unterhaltungswert. Es resultiert dann ein Unterhaltungs-<br />

und ein Gebrauchswertjournalismus zu Lasten von Aufklärung und Investigation.<br />

Weischenberg spricht hier von Marketingjounalismus (Weischenberg 1995,<br />

S. 334 ff.). „RTL 2“ und „Focus“ mögen als Beispiele genügen.<br />

Die werbungtreibende Wirtschaft, der zweite und wichtigere Kunde der <strong>Medien</strong>unternehmen,<br />

verlangt ebenfalls einen Nutzen, eine Verbreitungs- und Wirkungswahrscheinlichkeit<br />

von Werbebotschaften: nämlich eine Reichweite, einen Zielgruppenbezug<br />

und ein wirksames Werbeumfeld. Dies ist nicht nur negativ zu werten. Billiger Sex,<br />

Ekel-TV und sehr blutige Gewalt eignen sich nicht als Werbeumfeld, und die Glaubwürdigkeit<br />

des Mediums wird sowohl von der werbungtreibenden Wirtschaft als auch<br />

von den Rezipienten geschätzt. Prinzipiell ist die Orientierung der <strong>Medien</strong>produktion<br />

auf die Werbung indes doch problematisch, weil Umfang und Zielgruppen der Berichterstattung<br />

werblich definiert werden und nicht nach den Präferenzen des Publikums. Es<br />

resultiert ein Werbeumfeldjournalismus, sowohl in bestehenden <strong>Medien</strong> als auch in der<br />

Konzeption neuer <strong>Medien</strong>angebote, insbesondere bei Zeitschriften und bei Spartenprogrammen.<br />

In einem solchen Ökonomisierungsprozess, der auf eine genauere Berücksichtigung<br />

von Rezipientenpräferenzen setzt, schwinden naturgemäß reichweitenschwache Programme<br />

und auch Inhalte, die Rezipientenpräferenzen missachten. Als Beispiel sei die<br />

Entwicklung der „Welt“ aus dem Axel Springer Verlag gewählt, auch, um deutlich zu<br />

machen, dass eine Ökonomisierung nicht per se negativ gewertet werden kann. Die<br />

„Welt“ war (auch) Verbreitungsmedium der konservativen Grundhaltung des Verlegers<br />

Axel Springer, der die Produktion der „Welt“ erheblich mit den Erlösen aus rezipientenfreundlicheren<br />

Blättern subventionierte. Mittlerweile ist die „Welt“ liberaler und<br />

auch erfolgreicher, also ökonomischer geworden, und die zunehmende Liberalität wird<br />

gemeinhin positiv beurteilt.<br />

Wird die produktive Effizienz gesteigert, so wird versucht, billiger zu produzieren.<br />

Insbesondere folgende Maßnahmen sind geeignet, Kosten der <strong>Medien</strong>produktion zu<br />

senken:<br />

• Die Einführung von Kontrollsystemen, etwa die Einführung einer Prozesskostenrechnung,<br />

einer Deckungsbeitragsrechnung oder von Profitcentern, erhöht die Wirtschaftlichkeit<br />

der <strong>Medien</strong>produktion. Jede Maßnahme wird daraufhin zu überprüfen<br />

sein, ob ihr Gren<strong>zum</strong>satz ihre Grenzkosten übersteigt, ob also als Differenz ein Grenzgewinn,<br />

ein zusätzlicher Gewinn erzielt werden kann. Ein solcher Grenzgewinnjournalismus<br />

hat eine Tendenz <strong>zum</strong> Billigjournalismus, weil die Grenzkosten im Regelfall<br />

recht genau kalkuliert werden können; der Gren<strong>zum</strong>satz ex ante hingegen nicht.<br />

• Die Ausgliederung der Produktion in den Markt, das so genannte Outsourcing, spart<br />

Kosten, weil der Markt im Prinzip billiger produziert als die eigene Unternehmung.<br />

Dies führt zu einem Kaufjournalismus, dessen Qualität kaum noch kontrolliert werden<br />

kann und der die publizistische Vielfalt verringert.<br />

163


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

• Der Aufbau von Verwertungsketten im Rahmen eines gut kalkulierten Content Managements<br />

erlaubt die Kosten sparende bzw. einnahmesteigernde Mehrfachverwertung<br />

von Informationsinhalten, die sich in der Rezeption ja nicht verbrauchen. Man<br />

spricht von der Nichtrivalität im Konsum und in der <strong>Medien</strong>industrie von Mehrfachverwertung,<br />

und nachfolgend von Kaskadenjournalismus, eine stete Verbreiterung<br />

und Verflachung gleicher Inhalte (vgl. Heinrich 1999, S. 45).<br />

Die Ökonomisierung auf Unternehmensebene kann ansatzweise empirisch erfasst werden.<br />

Das Endergebnis der Steigerung von allokativer und produktiver Effizienz sollte<br />

eine Steigerung der Profitrate von <strong>Medien</strong>unternehmen sein. Einige deutsche Fernsehveranstalter<br />

verzeichnen mittlerweile jedenfalls beachtliche und steigende Umsatzrenditen.<br />

RTL erzielte 1999 eine Umsatzrendite vor Steuern von 16,7% nach 7,9%, 9,3%,<br />

10,3% und 13,7% in den Jahren 1995 bis 1998. Oder die ProSieben-Gruppe erzielte 1999<br />

eine Umsatzrendite vor Steuern von 16% nach 8%, 11%, 14% und 16% in den gleichen<br />

Vorjahren (Veranstalterangaben von RTL und ProSieben). Allerdings muss beachtet<br />

werden, und methodisch wäre dies schwer zu separieren, dass die Zunahme des Wettbewerbs,<br />

die effizienzsteigernde Maßnahmen erzwingt, langfristig zu einer Nivellierung<br />

der Profitrate führen sollte.<br />

Auf den Vorstufen könnte möglicherweise der Input des Marketing- und Managementaufwands<br />

und ihr jeweiliger Output mit Hilfe geeigneter Indikatoren erfasst werden.<br />

So könnte der Input des Marketingaufwands von <strong>Medien</strong>unternehmen durch den<br />

jeweiligen Anteil der Beschäftigten im Längsschnitt und im Querschnitt ermittelt werden.<br />

Nach den Erhebungen des DIW liegt z. B. der Beschäftigungsanteil für das Marketing<br />

im privaten Rundfunk bei 11 bis 17 Prozent der Beschäftigten und zwar mit steigender<br />

Tendenz (DLM 1997, S. 70 ff.; DLM 2000, S. 59), wohingegen dieser Anteil beim<br />

öffentlich-rechtlichen Rundfunk praktisch bei Null Prozent liegt (DLM 2000, S. 83 f.).<br />

Oder der Output zunehmender Marketinganstrengungen könnte durch die Veränderung<br />

der Zahl der Titel von Zeitschriften, die Zunahme der Zahl der Programme, der<br />

Formate und auch der <strong>Medien</strong> selbst, etwa der Online-<strong>Medien</strong>, erfasst werden. Um nur<br />

eine Zahl zu nennen: Allein im März 1998 starteten 38 neue Programmformate im Fernsehen,<br />

z. B. „Brigitte TV“ in der ARD oder „Warm up“ bei DSF (Media Facts 3/1998,<br />

S. 13). Auch die Gestalt und die Inhalte von <strong>Medien</strong>produktionen ändern sich und dies<br />

könnte ansatzweise durch Programmanalysen erfasst werden (vgl. z. B. Krüger 2000<br />

und Weiß 1999).<br />

Der Markt ist die Ebene, die die Ökonomisierung vorantreibt und erzwingt, weil sich<br />

im Wettbewerb diejenigen Unternehmen durchsetzen, die die Ökonomisierung am<br />

schnellsten und umfassendsten umsetzen – bei „Strafe des Untergangs“ (Marx). Im<br />

Markt manifestiert sich die Ökonomisierung vor allem in folgenden Bereichen: In der<br />

Zunahme der Konzentration, die in der rasch expandierenden <strong>Medien</strong>industrie statistisch<br />

noch nicht recht zu erfassen ist, die aber in der Fülle von Unternehmensverbindungen<br />

sichtbar wird (jüngstes Beispiel ist der Zusammenschluss von ProSieben und<br />

SAT.1 und das letztlich resultierende Kirch-Bertelsmann-Duopol). Zahl und Volumen<br />

der M & A-Transaktionen in der <strong>Medien</strong>industrie scheinen kontinuierlich anzusteigen,<br />

so ist die Zahl der M & A-Transaktionen in Europa von 1999 auf 2000 um 164,5 Prozent<br />

gestiegen und das Volumen um 3,5 Prozent (Andersen 2000). In diesen Konzentrationsprozessen<br />

werden <strong>zum</strong> einen Synergieeffekte der Produktion und <strong>zum</strong> anderen<br />

Synergieeffekte der Vermarktung angestrebt und <strong>zum</strong> Teil auch realisiert. Konzernjournalismus<br />

ist die Folge.<br />

Deutlich sichtbar wird im Markt daneben eine Zunahme der Vermarktungsebenen<br />

bzw. der Wertschöpfungsstufen und -ebenen. Zu nennen sind zurzeit die Ausweitung<br />

164


Heinrich · Wirtschaftswissenschaftliche Perspektive<br />

der Werbung in die nicht-klassische Werbung „below the line“, also Sponsoring, Bartering,<br />

Product Placement, Infomercials, Storymercials, Splitscreen, virtuelle Werbung<br />

usw., sowie eine Zunahme des Merchandising, eine Zunahme der Mehrfachverwertung<br />

und der Versuch, Informationen nach ihrem Wert gestaffelt zu verkaufen.<br />

Auf der Ebene der Politik zeigt sich die Ökonomisierung ganz allgemein in einer sehr<br />

umfangreichen Deregulierung vor allem der Telekommunikation und der Versorgungsunternehmen.<br />

Diese Deregulierung erstreckt sich auch auf die <strong>Medien</strong>industrie, einerseits,<br />

insofern sie Teil des Telekommunikationssektors ist, und andererseits insofern, als<br />

die Regelungen des <strong>Medien</strong>rechts durch die Regelungen des Wirtschaftsrechts insbesondere<br />

des Kartellrechts langsam ersetzt werden bzw. ersetzt werden sollen (vgl. z. B.<br />

Kommunikationsordnung 2000 und Gutachten des wissenschaftlichen Beirats beim<br />

BMWi).<br />

4. Folgen der Ökonomisierung<br />

Folgen der Ökonomisierung sind zunächst einmal die Folgen zunehmenden Wettbewerbs.<br />

Diese sind mit der Zunahme von allokativer und produktiver Effizienz, mit der<br />

Zunahme von Konzentration und Wertschöpfungsebenen und mit dem Wandel der <strong>Medien</strong>politik<br />

zur Wirtschaftspolitik beschrieben worden. Auf der Ebene journalistischen<br />

Handelns ergibt sich ein Trend zu einem Unterhaltungs-, Nutzwert-, Werbeumfeld-,<br />

Grenzgewinn-, Kauf-, Konzern- und Kaskadenjournalismus, wobei fraglich ist, ob so<br />

gekennzeichnete <strong>Medien</strong>produktionen generell noch als journalistische Produktionen<br />

bezeichnet werden sollten. Über weiter gehende Folgen der Ökonomisierung zu spekulieren,<br />

bleibt anderen Disziplinen vorbehalten. Zu vermuten ist, dass damit auch dem<br />

Konzept und der Funktionsweise von Öffentlichkeit eine andere Bedeutung zukommt<br />

(vgl. Imhoff/Jarren/Blum 2000) oder dass die Massenmedien ihre soziale Bildungs- und<br />

Integrationsfunktion verändert erfüllen.<br />

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166


Ökonomisierung der <strong>Medien</strong> aus<br />

systemtheoretischer Perspektive<br />

Gabriele Siegert<br />

Aus systemtheoretischer Sicht basiert eine Analyse der Ökonomisierung der <strong>Medien</strong> auf<br />

den Systemrationalitäten „Publizität“ und „Geld“. Unter Rückgriff auf die Unterscheidung<br />

zwischen operativer Selbst- und Kontextsteuerung kann eine Ökonomisierung mit<br />

der besonderen Eignung von Geld als Medium der Kontextsteuerung erklärt werden.<br />

Auf der Ebene der <strong>Medien</strong>organisationen lässt sich durch die Verbindung mit der Theorie<br />

rationalen Handelns die Durchsetzungskraft der beiden Rationalitäten diskutieren.<br />

Interaktionen und Konvertierungsprozesse zwischen den beiden Systemen belegen nicht<br />

nur deren intensive Beziehungen zueinander, sondern sind auch Grundlage für Interpenetration.<br />

Interpenetrationszonen sind jene Bereiche, in denen die wechselseitige Anpassung<br />

an die je andere Operationslogik offensichtlich wird. Sie finden sich auf der Inhalteebene<br />

mit PR und Werbung, in der Funktionslogik der Online-Ökonomie und in der immensen<br />

Entwicklung der Organisations- und Unternehmenskommunikation. Daher<br />

lässt sich sowohl eine Ökonomisierung der <strong>Medien</strong> als auch eine Mediatisierung der Ökonomie<br />

feststellen.<br />

Die Systemtheorie spielt in medienökonomischen Debatten bislang eine eher untergeordnete<br />

Rolle. Sie kann jedoch an die anderen medienökonomischen Theorie-Perspektiven<br />

sowohl auf der gesellschaftlichen Makroebene als auch auf der organisatorischen<br />

Mikroebene wichtige Anknüpfungspunkte aufweisen, an Theorien der <strong>Medien</strong>organisation/-unternehmung<br />

über die Organisationssoziologie und -kommunikation, an die<br />

neoklassische Perspektive, denn der von Adam Smith als „invisible hand“ bezeichnete<br />

Marktmechanismus zielt auf eine systemische Logik, und sogar an den historischen Materialismus,<br />

denn systemtheoretische Konzeptionen fokussieren auf emergente Eigenschaften<br />

von Systemen und analysieren abstrakte Phänomene, wie z. B. den Markt oder<br />

das Kapital (vgl. auch Willke, 1996: 191ff).<br />

Um aufzuzeigen, welchen Beitrag die Systemtheorie zur Ökonomisierungsdebatte<br />

leisten kann, müssen Funktion, Leistung und Logik der Systeme <strong>Medien</strong> und Ökonomie<br />

geklärt und die potenziellen, wechselseitigen Beziehungen zwischen den Systemen<br />

diskutiert werden. Zugleich sind die Möglichkeiten einer Überlagerung der beiden Rationalitäten<br />

und der Vorherrschaft der ökonomischen Systemlogik theoretisch zu erörtern.<br />

Ein systemtheoretisch orientierter, empirischer Nachweis der Ökonomisierung<br />

der <strong>Medien</strong> kann an dieser Stelle nicht erbracht werden. Die verwendeten Beispiele sind<br />

deshalb als argumentative Illustrationen gedacht. 1 167<br />

1 Die empirische Umsetzung systemtheoretischer Konzeptionen ist von vielen Schwierigkeiten<br />

gekennzeichnet. Gleichwohl belegt dies nicht nur die vielkritisierte „Empiriefeindlichkeit“ der<br />

Systemtheorie, sondern auch die Empirieproblematik von Makroanalysen und Theorien höherer<br />

Komplexität.


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

1. Systemtheoretische Grundlagen<br />

Systeme werden anhand der System-Umwelt-Differenz gebildet, die darauf basiert, dass<br />

Systeme mittels systemeigener Steuerungsmedien (Codes) kommunizieren. Dass Systeme<br />

sowohl sinnkonstituiert als auch sinnkonstituierend sind, verdeutlicht, dass die auf<br />

einem spezifischen Sinn aufbauende systeminterne Kommunikation von der anderer Systeme<br />

unterschieden werden kann. Jedes System folgt also seiner Eigenlogik bzw. seiner<br />

eigenen Rationalität. Insofern beobachtet auch jedes Teilsystem das gesellschaftliche Gesamtsystem<br />

und andere Teilsysteme in erster Linie im Rahmen seiner eigenen Rationalität.<br />

Die Abgrenzung des <strong>Medien</strong>systems schließt an die Konzeption von Marcinkowski<br />

(1993) an. Er sieht die besondere Leistung des Systems Publizistik in der „Ausstattung<br />

von Themen mit Publizität“, womit es deren Kommunikationserfolg wahrscheinlicher<br />

macht, also Aufmerksamkeit generiert. Die dazugehörende System-Umwelt-Differenz<br />

liegt in der Unterscheidung „öffentlich – nicht öffentlich“. Dabei stellt er der spezifischen<br />

Themen-Gebundenheit anderer subsystemischer Kommunikation die prinzipielle<br />

Themen-Offenheit des publizistischen Systems gegenüber. Die Primärfunktion des<br />

<strong>Medien</strong>systems für die Gesamtgesellschaft ist es, durch Verarbeitung von Umweltkomplexität<br />

deren Selbstbeobachtung zu ermöglichen und eine Selbstbeschreibung der Gesellschaft<br />

herzustellen. Trotz prinzipieller Themen-Offenheit orientiert es sich an seiner<br />

Veröffentlichungsrationalität, wobei Nachrichtenwerte als Sekundärcodes oder Programme<br />

systemintern Wissen und Erfahrung in Selektionen der Umweltwahrnehmung<br />

konkretisieren können (vgl. u. a. Gerhards, 1994: 89; Westerbarkey, 1995: 154ff.). Die<br />

Tatsache, dass <strong>Medien</strong> sowohl ein autonomes soziales Subsystem als auch ein Metasystem<br />

zur Vermittlung zwischen allen anderen Subsystemen sind, verleiht ihnen einen<br />

grundsätzlichen Doppelcharakter (vgl. Westerbarkey, 1995: 154).<br />

Die Primärfunktion des geschichtlich sehr früh ausdifferenzierten Wirtschaftssystems<br />

(vgl. dazu ausführlich Luhmann 1996b) liegt in der „Vorsorge für die Befriedigung<br />

zukünftiger Bedürfnisse“. Der kommunikative Code ist Geld. Dabei ist Geld in hohem<br />

Maße selektiv, weil es die Ausklammerung von nicht monetarisierbaren Relevanzen erfordert,<br />

d. h. „daß alles, was überhaupt auf wirtschaftliche Verwendung hin angesehen<br />

wird, auf einen Geldausdruck reduziert wird“ (Luhmann, 1996b: 238). Zahlungen als<br />

Letztelemente des Systems, als zugrundeliegende kommunikative Handlungen, koppeln<br />

Selbstreferenz – als Verbindung <strong>zum</strong> Code Geld – und Fremdreferenz – als Verbindung<br />

zu systemfremden Gütern und Dienstleistungen. Über Preise wird eine Information<br />

über Zahlungserwartungen, also eine Beobachtung von Beobachtung, ermöglicht.<br />

Mit den beiden Systemen „<strong>Medien</strong>“ und „Ökonomie“ treffen auch zwei unterschiedliche<br />

Rationalitäten aufeinander: die Veröffentlichungsrationalität des <strong>Medien</strong>systems<br />

und die Geldrationalität des Wirtschaftssystems. Da ein System sich aus den kommunikativen<br />

Handlungen, die seiner eigenen Rationalität entsprechen, zusammensetzt und<br />

die gesellschaftlichen Teilsysteme aufgrund ihrer spezifischen Problemlösungsfunktion<br />

gleichrangig sind, kann es in dieser Perspektive der Systemtheorie Luhmannscher Prägung<br />

keine Ökonomisierung des <strong>Medien</strong>systems geben (vgl. auch Theis-Berglmair,<br />

2000: 311). Analysiert werden kann aber, wie die beiden Systeme ihren wechselseitigen<br />

Leistungsaustausch organisieren. Für einen weiterreichenden Erklärungsbeitrag zur<br />

Ökonomisierungsdebatte kann auf folgende systemtheoretische Konzepte zurückgegriffen<br />

werden:<br />

1. Die Verknüpfung unterschiedlicher Systemrationalitäten kann mit der Unterscheidung<br />

von operativer Steuerung als Selbststeuerung der Systeme und kontextueller<br />

168


Siegert · Systemtheoretische Perspektive<br />

Steuerung als dem Setzen von Bedingungen erklärt werden. Durch die Kontextsteuerung<br />

wird also mehr als nur eine Rationalität für das jeweilige Teilsystem relevant,<br />

dessen Autonomie durch die Selbststeuerung jedoch im Grundsatz erhalten<br />

bleibt. Ein Erklärungsansatz für die Dominanz ökonomischer Rationalität findet sich<br />

in der besonderen Eignung von Geld als Mittel zur kontextuellen Konditionierung<br />

von selbststeuernden Systemen. Geld hat die besondere Eigenschaft, „über die Grenzen<br />

der eigentlichen Ökonomie hinauszuwirken und Transaktionen jeglicher Art mit<br />

dem Virus des ökonomischen Kalküls zu infizieren.“ (Willke, 1998: 186)<br />

2. <strong>Medien</strong>ökonomisch erscheinen vor allem solche System-Konzeptionen erklärungskräftig,<br />

die akteurstheoretische Rekonstruktionen und Anschlüsse bieten und damit<br />

auf Handlungen – und nicht ausschließlich wie Luhmann (1988: 192) auf Kommunikationen<br />

– als Letztelemente von Systemen rekurrieren (vgl. u.a. Schmidt, 1996: 28;<br />

Weischenberg, 1994: 430). Da die Verantwortlichkeit der <strong>Medien</strong>organisationen für<br />

das mediale Angebot, für die Berücksichtigung verschiedenster Interessen sowie für<br />

Vielfalt und Qualität von <strong>Medien</strong>inhalten medienökonomisch eine wichtige Rolle<br />

spielt, müssen analytisch a) Handlungen und Strategien ausgemacht werden können<br />

und b) auf Akteure rückführbar sein. Durch die Verknüpfung der Systemtheorie mit<br />

der Theorie rationalen Handelns (vgl. Schimank, 1985 und 1988) können <strong>Medien</strong>organisationen<br />

als kollektive Akteure begriffen werden. Sie können unter systemisch<br />

gesetzten, strukturellen Restriktionen dennoch auch ihre eigenen, spezifischen Ziele<br />

verfolgen. D. h. Systeme als situationsübergreifende, generalisierte Handlungsorientierungen<br />

konditionieren die Auswahlmöglichkeiten der Akteure, lassen aber Handlungsspielraum<br />

(vgl. Gerhards, 1994: 80f.).<br />

3. Im Konzept der Interpenetration wird die wechselseitige Durchdringung von Systemen<br />

und die entsprechende Vernetzung von Systemlogiken behandelt (vgl. Münch,<br />

1991: 135ff. und 332ff.). Trotz relativer Autonomie der einzelnen Teilsysteme werden<br />

normative Widersprüche, faktische Konflikte, strukturelle Inklusionen, aber<br />

auch unterschiedliche Machtverhältnisse bearbeitbar (vgl. für die Beziehung <strong>Medien</strong><br />

und Politik: Westerbarkey, 1995: 154). Auch hier steht die Organisation des gegenseitigen<br />

Leistungsaustausches, der durch die jeweiligen Codes gesteuert wird, im Mittelpunkt.<br />

Mit der Einführung von Institutionen zur Konvertierung der Codes kann<br />

der wechselseitigen Instrumentalisierung theoretisch begegnet werden.<br />

2. Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>industrie<br />

Vorausgehend muss darauf hingewiesen werden, dass der Begriff „<strong>Medien</strong>system“ in<br />

medienökonomischen Diskursen meistens in seiner alltäglichen Bedeutung als <strong>Medien</strong>branche<br />

und nicht unter Einbeziehung der Systemtheorie verwendet wird. Dies ist deshalb<br />

explizit zu bedenken, weil die Handlungen der <strong>Medien</strong>branche, abhängig davon,<br />

welche situationsübergreifende, generelle Handlungsorientierung vorherrscht, dem<br />

ökonomischen System, dem <strong>Medien</strong>system, dem Erziehungssystem, dem politischen<br />

System, oder anderen Systemen angehören.<br />

Eine Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>industrie könnte danach nachgewiesen werden,<br />

wenn alle zur <strong>Medien</strong>industrie gehörenden kommunikativen Handlungen – sowohl die<br />

individueller als auch die korporativer Akteure – differenziert, aufgelistet und den entsprechenden<br />

Codes und Systemen zugeordnet werden können und dann eine überproportionale<br />

Zuordnungshäufigkeit <strong>zum</strong> Wirtschaftssystem festgestellt werden würde. Ist<br />

dabei der Anteil der an der Veröffentlichungsrationalität des <strong>Medien</strong>systems orientierten<br />

Handlungen gering, muss die Frage gestellt werden, ob überhaupt genügend Eigen-<br />

169


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

komplexität und Kapazitäten zur gesellschaftlichen Selbstbeobachtung vorhanden sind,<br />

und somit die Komplexität der zu beobachtenden Umwelt verarbeitet, ob also von<br />

einem ausdifferenzierten <strong>Medien</strong>system gesprochen werden kann. Hier sei jedoch auf<br />

verschiedene Ausführungen verwiesen, die die Ausdifferenzierung eines eigenständigen<br />

<strong>Medien</strong>systems nachweisen. 2<br />

Dennoch ist die mit Zahlungen verknüpfte Vermarktung aller dafür geeigneten Veröffentlichungsakte<br />

und Angebote sowie die Orientierung der medialen Produktion an<br />

Zahlungen ein wesentlicher Indikator dafür, dass die ökonomische Rationalität Eingang<br />

in das <strong>Medien</strong>system gefunden hat. Dies soll im Folgenden unter Rückgriff auf die skizzierten<br />

systemtheoretischen Ansätze auf drei Ebenen diskutiert werden. 3<br />

2.1 Selbststeuerndes <strong>Medien</strong>system und Kontextsteuerung durch Geld<br />

Folgende Beispiele sollen die Ökonomisierungsthese illustrieren und zeigen, dass Geld<br />

als Handlungsorientierung für Veröffentlichungsakte an Bedeutung gewinnt: Die Etablierung<br />

des privaten Rundfunks war durch die Ausrichtung der <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

auch auf Gewinnmaximierung eindeutig mit der Zunahme von ökonomischen Handlungen<br />

verbunden. Aktuell nehmen ökonomische Akte quantitativ und qualitativ durch<br />

den Börsengang von <strong>Medien</strong>unternehmen zu, der eine zweite Ebene ökonomischer<br />

Orientierung in die Unternehmensführung einführt. Zugleich findet sich eine Ökonomisierung<br />

der Ökonomisierung (vgl. Altmeppen, 2001) durch die wechselseitige Orientierung<br />

der <strong>Medien</strong>unternehmen an den ökonomischen Handlungen und Strategien ihrer<br />

Wettbewerber. Die Einführung und Etablierung individueller Abrechnungssysteme<br />

im digitalen Rundfunk und in der Online-Kommunikation verstärken diesen Trend<br />

(vgl. dazu auch Bruns/Marcinkowski/Nieland/Ruhrmann/Schierl, 1996: 32ff.), weil sie<br />

ehemals nur an der Veröffentlichungsrationalität orientierte Handlungen mit Zahlungen<br />

verknüpfen.<br />

Unterscheidet man die operative Steuerung von Systemen, die immer nur das zu<br />

steuernde System selbst ausführen kann, und die Kontextsteuerung, die nicht in die<br />

interne Operationsweise des Systems eingreift, sondern Bedingungen zur Orientierung<br />

für die eigenen Selektionen setzt, kann die Relevanz einer zweiten Rationalität auch<br />

theoretisch eingeführt werden. Im Kontext der Ökonomisierung kann dies vor allem<br />

damit begründet werden, dass sich Geld als Medium kontextueller Steuerung, bei der<br />

ja auf die Regelung von Einzelheiten verzichtet werden kann, besonders eignet (vgl.<br />

Willke, 1998: 180ff.). Geld generalisiert die mit ihm verbundenen Wahlchancen in<br />

sachlicher Hinsicht, befreit sie also vom direkten Austausch von Gütern zwischen<br />

Käufern und Verkäufern, temporalisiert sie in zeitlicher Hinsicht, überlässt also die<br />

Bestimmungsmacht über die zeitliche Realisierung der Wahlchancen den Akteuren<br />

und macht in sozialer Hinsicht indifferent, abstrahiert also von der Ausrichtung der<br />

Zwecke und von der sozialen Position der Akteure (vgl. Willke, 1998: 200ff.). Die<br />

„Charakterlosigkeit“ des Geldes macht es anscheinend auch für das ansonsten selbststeuernde<br />

<strong>Medien</strong>system <strong>zum</strong> geeigneten Medium der kontextuellen Konditionierung.<br />

2 Vgl. u.a. Rühl, 1980; Saxer, 1992; Marcinkowski, 1993; Blöbaum, 1994; Gerhards, 1994; Luhmann,1996a;<br />

Kohring, 1997; <strong>Medien</strong> Journal Themenheft „Systemtheorie der <strong>Medien</strong>“ 1/1997.<br />

3 Weber (2000: 22f.) unterscheidet in seiner Studie ähnlich eine Gesellschaftsebene, eine Organisationsebene,<br />

eine Interaktionsebene und eine Textebene.<br />

170


Siegert · Systemtheoretische Perspektive<br />

Dabei wird gerade durch die Privatisierung und Deregulierung der <strong>Medien</strong> eine monetäre<br />

Kontextsteuerung gefördert, weil andere Rationalitäten zur Kontextsteuerung<br />

entfallen.<br />

2.2 Sachziel und ökonomisches Ziel von <strong>Medien</strong>organisationen<br />

In den <strong>Medien</strong>organisationen als struktureller Verfestigung des <strong>Medien</strong>systems sind die<br />

Berührungs- und Interaktionsflächen zwischen <strong>Medien</strong>system und ökonomischem System<br />

besonders deutlich, haben doch <strong>Medien</strong>organisationen sowohl ein Sachziel (Veröffentlichung)<br />

als auch ein ökonomisches Ziel (Geld). An der Etablierung des redaktionellen<br />

Managements und Marketings, vor allem aber des <strong>Medien</strong>-Controlling lässt sich<br />

nachvollziehen, dass die am Steuerungsmedium Geld orientierten Handlungen auch in<br />

<strong>Medien</strong>organisationen tendenziell zunehmen.<br />

Wird die Systemtheorie mit der Theorie rationalen Handelns verknüpft, dann können<br />

die jeweiligen ausdifferenzierten Teilsysteme als systemische „constraints“ von<br />

Akteurshandlungen konzipiert werden, die sowohl abstrakte substanzielle Ziele vorgeben<br />

als auch Mittel, um diese Ziele zu erreichen. „,Constraints‘ bezeichnen die strukturellen<br />

Restriktionen, unter denen Akteure ihre Wahlen, ihre ,choices‘ treffen und entsprechend<br />

handeln.“ (Gerhards, 1994: 80) Und dies so tun, dass sie ihre spezifischen<br />

Ziele mit möglichst geringem Aufwand erreichen. Je nachdem, welche generalisierte<br />

Handlungsorientierung (Veröffentlichung oder Geld) bzw. welche Entscheidungsprogramme<br />

(vgl. dazu auch Rühl, 1979) die spezifischen Handlungen der Akteure strukturieren,<br />

lassen sich in <strong>Medien</strong>organisationen Abteilungen in solche, die in erster Linie<br />

dem ökonomischen System zuzurechnen sind, und in solche, die in erster Linie dem<br />

<strong>Medien</strong>system zuzurechnen sind, unterscheiden. Hier finden sich Anknüpfungspunkte<br />

an die medienökonomische Journalismusforschung, in der Programme als Zusammenfassung<br />

von Verfahren und Regeln einen Korridor festgelegter Strukturen bilden, der<br />

jedoch den Journalisten einen gewissen Handlungsspielraum einräumt (vgl. Altmeppen,<br />

2000: 47f.).<br />

Analytisch können also die Steuerungsmedien Geld und Publizität in Bezug auf ihre<br />

jeweilige Durchsetzungskraft als Handlungsorientierung im Organisationssystem untersucht<br />

werden. Ökonomisierung wird hier u.a. deutlich, weil sich der Beruf des Journalisten<br />

mittlerweile in Typen aufteilen lässt, die zu mehr oder weniger großen Teilen<br />

Managementtätigkeit ausüben, und die „Manager“-Journalisten zu gleichem Prozentsatz<br />

wie „Kern“-Journalisten in der oberen Redaktionshierarchie angesiedelt sind, also<br />

Durchsetzungsmacht haben (vgl. Weber, 2000: 117). Zugleich hat in der Einschätzung<br />

befragter Journalisten die Fremdsteuerung durch die Ökonomie auf verschiedenen Ebenen<br />

zugenommen (vgl. Weber, 2000: 146ff.).<br />

2.3 Interaktionen und Konvertierungsprozesse zwischen <strong>Medien</strong> und Ökonomie<br />

Damit ein wechselseitiger Leistungsaustausch zwischen <strong>Medien</strong>- und ökonomischem<br />

System stattfinden kann, müssen die gegenseitigen Leistungen permanent konvertiert<br />

werden. Für das ökonomische System ist der Transport von Werbebotschaften oder die<br />

Veröffentlichung von PR-Beiträgen, also die Ausstattung spezifischer, weil gewünschter<br />

Themen mit Publizität, eine spezifische Leistung, die das <strong>Medien</strong>system erbringt<br />

(Output) und die dann <strong>zum</strong> Input werden kann, wenn sie ökonomische Anschlusskommunikation<br />

im Sinne von Zahlungsverkehr konditioniert. Monetäre Einnahmen als<br />

konkreter Output ökonomischer Akte, z. B. aus dem Verkauf von Eigenproduktionen<br />

171


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

und Werbeschaltungen, werden <strong>zum</strong> Input beim <strong>Medien</strong>system über die Programmproduktion<br />

und damit über die Ausstattung von Themen mit Publizität. In der Beziehung<br />

zwischen <strong>Medien</strong>- und ökonomischem System muss also Geld in Publizität und<br />

Publizität in Geld übersetzt werden, damit die einzelnen Handlungen anschlussfähig<br />

sind. Dies entspricht auch der zunehmenden Vernetzung einzelner Subsysteme, die Beziehungen<br />

über die jeweiligen Systemgrenzen hinaus etablieren und Handeln über Systemgrenzen<br />

hinaus koordinieren und abstimmen müssen. Wie bei anderen Leistungsbeziehungen<br />

müssen dazu Institutionen etabliert werden, die die Konvertibilität unterschiedlicher<br />

Codes und Rationalitäten bewerkstelligen können (vgl. u. a. Münch, 1991:<br />

284ff.; Willke 1996: 227f.).<br />

Die Intensität dieser Konvertierungsprozesse und die Bemühungen, die in den reibungslosen<br />

Ablauf dieser Konvertierungen gesteckt werden, allen voran die Investitionen<br />

in die <strong>Medien</strong>-, Werbe- und Publikumsforschung, belegt die Relevanz der Beziehung<br />

zwischen <strong>Medien</strong>system und ökonomischem System und symbolisiert die Verquickung<br />

der beiden Systemrationalitäten (vgl. Siegert, 1993; Siegert, 1996). Dabei entspricht<br />

die Organisation dieser Forschung in Grundzügen dem, was systemtheoretisch<br />

als Verhandlungssystem bezeichnet wird. Mit der Institutionalisierung von Verhandlungssystemen<br />

werden sowohl die Kontextbedingungen für das Ganze generiert als<br />

auch die Teilsystemautonomien gestärkt (vgl. Willke 1996: 241ff.). Die Zusammensetzung<br />

der verschiedenen Kommissionen und Arbeitsgemeinschaften der empirischen<br />

<strong>Medien</strong>-, Werbe- und Publikumsforschung aus Akteuren des <strong>Medien</strong>systems und des<br />

ökonomischen Systems verweist auf die Beibehaltung der Teilsystemautonomien, die<br />

Aushandlung von Forschungsrahmenbedingungen und Grenzwerten auf die gemeinsame<br />

Kontextsteuerung. Ergänzt wird sie mittlerweile durch das sich langsam etablierende<br />

<strong>Medien</strong>-Controlling (vgl. u. a. Beiträge im Sammelband Schneider/Knobloch 1999).<br />

Durch diese Institutionen wird einerseits Publizitätsleistung – Programmproduktion<br />

und -verbreitung – in Preise und Kosten umgerechnet, z. B. durch Kennzahlen des operativen<br />

<strong>Medien</strong>-Controlling. Andererseits werden Zahlungen in erwartbare Publizitätsleistungen<br />

konvertiert, indem z. B. mittels Tausender-Kontakt-Preise eingesetzte Gelder<br />

in Kontaktchancen übersetzt werden.<br />

3. Interpenetrationszonen von <strong>Medien</strong> und Ökonomie<br />

Die beispielhaften Ausführungen anhand der drei Ebenen, Selbst- und Kontextsteuerung,<br />

Sach- und ökonomisches Ziel sowie Interaktionen und Konvertierungsprozesse<br />

liefern zahlreiche Indizien für eine Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>. Gleichwohl finden<br />

sich vielfältige Hinweise darauf, dass Publizität als Steuerungsmedium auch übergreifend<br />

an Relevanz gewinnt. Vor allem in der Diskussion um die Aufmerksamkeitsökonomie<br />

(vgl. u. a. Goldhaber, 1997; Franck, 1998) und in der Entwicklung der Online-<br />

Ökonomie (vgl. u. a. European Communication Council, 1999; Latzer, 2000) zeigen<br />

sich Anhaltspunkte, die auf eine „Gleichberechtigung“ der Veröffentlichungsrationalität<br />

und damit des <strong>Medien</strong>systems gegenüber der Geldrationalität und dem ökonomischen<br />

System hindeuten. Insgesamt verknüpfen sich ökonomische mit publizistischen<br />

Relevanzen und überlappen sich die beiden Rationalitäten Geld und Publizität derart,<br />

dass sich mehrere Bereiche ausmachen lassen, die sowohl der Logik des <strong>Medien</strong>systems<br />

als auch der des ökonomischen Systems entsprechen. Auf diese Interpenetrationszonen<br />

soll anhand von drei Beispielen kurz eingegangen werden.<br />

172


Siegert · Systemtheoretische Perspektive<br />

3.1 Interpenetrationszone <strong>Medien</strong>inhalte<br />

Auf dieser Ebene sind die beiden Systemrationalitäten gekoppelt, weil die Arbeitsweise<br />

des <strong>Medien</strong>systems sowohl Selbstreferenz als auch Fremdreferenz sichert. Denn die<br />

Umweltwahrnehmung des <strong>Medien</strong>systems konzentriert sich auf potenziell veröffentlichungswürdige<br />

und -fähige Themen und Personen bzw. reduziert sie auf ihren Veröffentlichungsaspekt<br />

hin, ist dabei aber prinzipiell offen gegenüber Themen aus allen Teilsystemen<br />

des gesellschaftlichen Systems. Dennoch deutet sich an, dass es eine stärkere<br />

Kopplung mit der Geld- als mit jeder anderen Systemrationalität gibt.<br />

Besonders deutlich lässt sich dies am Beispiel PR und Werbung aufzeigen. PR und<br />

Werbung werden an dieser Stelle – auch aufgrund der Abgrenzung des <strong>Medien</strong>systems<br />

– im Gegensatz zu Kohring/Hug (1997: 27ff.) als klassische Beispiele für Interpenetrationszonen<br />

auf der Inhalteebene angesehen, in denen sich die Systemlogiken Publizität<br />

und Geld vermischen (vgl. Westerbarkey 1995: 159ff.). Gleichwohl kann vor allem PR<br />

als Selbstbeobachtung im Gegensatz zu Journalismus als Fremdbeobachtung eingestuft<br />

werden. Ziel ist es, die ökonomisch orientierte PR-Eigenbeobachtung in journalistische<br />

Fremdbeobachtung zu überführen, indem die Aufbereitungs- und Darstellungsformen<br />

denen journalistischer Kommunikationsangebote (Nachrichtenwerte) angeglichen werden<br />

(vgl. Kohring/Hug 1997: 28).<br />

Weitere, aktuelle Entwicklungen können als illustrative Ergänzungen herangezogen<br />

werden: Erstens die sich ausdifferenzierenden Werbesonderformen, wie Sponsoring<br />

oder Product Placement, und zweitens die zunehmende Hybridisierung, d. h. die Vermischung<br />

redaktioneller mit werblichen Inhalten, die sich auch in Begriffen wie „Advertorial“<br />

niederschlägt (vgl. auch Weber, 2000: 23) sowie die symbiotische Verbindung<br />

zwischen <strong>Medien</strong>- und Warenwelt (vgl. auch Saxer, 1992: 98).<br />

3.2 Interpenetrationszone Online-Ökonomie<br />

In Arbeiten zur Online-Ökonomie wird – trotz des ökonomischen Duktus – diskutiert,<br />

ob Aufmerksamkeit als neue Währung zu verstehen ist (vgl. u. a. Goldhaber, 1997; Davenport,<br />

2001), und ob sie als neue Restriktion in der Ökonomie angesehen werden<br />

muss, weil sie auch die Handlungspräferenzen ökonomischer Akteure strukturiert (vgl.<br />

auch Theis-Berglmair, 2000: 321ff.).<br />

Beispielhaft zeigt sich dies an den in der Online-Ökonomie wichtigen Netzwerken:<br />

Einerseits wird die kritische Masse zu einem Schlüsselfaktor in der vernetzten Wirtschaft,<br />

was dazu führt, dass es Ziel von Online-Strategien sein muss, eine bestimmte<br />

Masse an Nutzern, letztlich also eine bestimmte Menge an Aufmerksamkeit, für ein<br />

Online-Angebot zu gewinnen. So kann es ökonomisch sinnvoll sein, seine Produkte<br />

und Leistungen zu verschenken, denn der Wert von Online-Netzwerken liegt weniger<br />

in den angebotenen Leistungen als vielmehr in seiner Größe, also im Umfang von Aufmerksamkeitszirkeln.<br />

Gleichzeitig basieren Online-Netzwerke auf Kommunikation<br />

und Publizität, was den Aspekt, welche Inhalte attraktiv sind und publiziert werden, in<br />

den Mittelpunkt rückt. Dabei erweisen sich gerade solche Strategien als erfolgreich, die<br />

mit „user generated content“ arbeiten, also einen fließenden Übergang zwischen Kommunikation<br />

und Publikation schaffen und die Veröffentlichung „in die Hände der<br />

Nutzer legen“. Letztlich muss sich also das Management von Online-Netzwerken sowohl<br />

an Publizität als auch an Geld orientieren, um überhaupt erfolgreich sein zu können.<br />

173


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

3.3 Mediatisierung der Ökonomie<br />

Dieser Trend lässt sich verallgemeinern, denn die Ökonomie und die ökonomisch<br />

orientierten Industrien werden zunehmend durch Akte bestimmt, die an der Veröffentlichungsrationalität<br />

orientiert sind: „In einer Zeit, in welcher der Markt durch ein riesiges<br />

Netzwerk der ökonomischen Kommunikation überspannt wird, sind Wechselwirkungen<br />

zwischen Kommunikations- und Wirtschaftskonjunktur an der Tagesordnung.<br />

Wie sich die Wirtschaftskonjunktur entwickelt, hängt davon ab, wie über die<br />

Konjunktur gesprochen wird.“ (Münch, 1991: 130)<br />

In dieser Hinsicht lässt sich der Aufschwung der Organisations- und Unternehmenskommunikation<br />

als eine Art „Gegentrend“ zur Ökonomisierung der <strong>Medien</strong> sehen. Die<br />

bereits in der Politikwissenschaft und der politischen Kommunikation erarbeiteten<br />

Analysen zur wechselseitigen Instrumentalisierung von <strong>Medien</strong> und Politik lassen sich<br />

daher auf das Verhältnis von <strong>Medien</strong> und Ökonomie übertragen. Interpenetration muss<br />

in diesem Zusammenhang als wechselseitige Durchdringung der beiden Systeme <strong>Medien</strong><br />

und Ökonomie mit den je anderen Leistungsanforderungen verstanden werden, die<br />

sich in der gegenseitigen Instrumentalisierung und damit verbunden in der Anpassung<br />

an die Operationslogik des anderen Systems äußert (vgl. Westerbarkey, 1995: 154ff.).<br />

Während <strong>Medien</strong> gezwungen sind, mit „harten“ Kennzahlen – Erlösen, Kosten, monetären<br />

Bewertungen des Programmvermögens etc. – zu operieren und ökonomisch zu<br />

bestehen, sehen sich Unternehmen zunehmend mit den Mängeln ihrer öffentlichen Darstellung<br />

konfrontiert, die es mittels an die Handlungslogik der <strong>Medien</strong> angepasster PR<br />

zu beheben gilt. Dabei scheint die Börsennotierung von (<strong>Medien</strong>-)Unternehmen diese<br />

wechselseitige Durchdringung noch zu intensivieren, denn die Börsen-Performance ist<br />

nicht nur von den klassischen ökonomischen Ergebnissen und Entwicklungen abhängig,<br />

sondern auch und verstärkt von der öffentlichen Präsentation derselben und der begleitenden<br />

Kommunikationsarbeit.<br />

4. Fazit: Ökonomisierung der <strong>Medien</strong> und Mediatisierung der Ökonomie<br />

Verfolgt man die gesellschaftliche Entwicklung, treffen zwei Phänomene aufeinander:<br />

einerseits die Ökonomisierung, nicht nur des <strong>Medien</strong>systems, sondern vieler gesellschaftlicher<br />

Bereiche, andererseits die steigende Bedeutung von Aufmerksamkeit, die<br />

erst durch Publizität in größerem Umfang generiert und gebündelt werden kann. Aufmerksamkeit<br />

scheint angesichts der Informationsfülle ein ebenso knappes Gut wie Geld<br />

zu sein. 4 Es zeichnet sich nicht nur eine Ökonomisierung der <strong>Medien</strong> ab, sondern auch<br />

eine Mediatisierung der Ökonomie. Und beide Entwicklungen dehnen sich auf andere<br />

gesellschaftliche Teilsysteme aus, so dass wir letztlich von einer „ökonomisierten <strong>Medien</strong>-<br />

und Informationsgesellschaft“ sprechen müssen. Dieser Entwicklung kann gerade<br />

mit systemtheoretischen Konzepten angemessen begegnet werden, weil sie die Unterscheidung<br />

von Systemrationalitäten und deren wechselseitige Durchdringung thematisieren.<br />

4 Die Argumentation, Aufmerksamkeit wäre das knappe Gut schlechthin, kann nur mit einem<br />

sehr eingeschränkten Blickwinkel aufrechterhalten werden, denn sie ignoriert klassische Disparitäten.<br />

174


Siegert · Systemtheoretische Perspektive<br />

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M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

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komplexer Sozialsysteme. Stuttgart.<br />

176


Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie aus<br />

politökonomischer Perspektive<br />

Manfred Knoche<br />

Ansätze zur Kritik der politischen Ökonomie der gesellschaftlichen Kommunikation<br />

gehören in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft zu den „vergessenen<br />

Theorien“. Aber angesichts des unübersehbaren Strukturwandels einer durch Deregulierung,<br />

Privatisierung, Digitalisierung, Konzentration, Globalisierung etc. „entfesselten“<br />

<strong>Medien</strong>industrie erscheint es wissenschaftlich notwendig, die Entwicklung der <strong>Medien</strong>industrie<br />

im engen Zusammenhang mit der ebenso unübersehbaren generellen Entwicklung<br />

eines „entfesselten“ Kapitalismus zu analysieren. In diesem Beitrag wird deshalb<br />

gezeigt, dass es die Analyse der Entwicklungsprozesse des Kapitalismus als dem<br />

zweifellos weltweit herrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftssystem aus politökonomischer<br />

Perspektive ermöglicht, den Ökonomisierungs- bzw. Kommerzialisierungsprozess<br />

in der <strong>Medien</strong>industrie hinsichtlich seiner Ursachen, Formen, Folgen und weiteren<br />

Entwicklung wissenschaftlich angemessen zu analysieren, erklären und teilweise zu prognostizieren.<br />

Theoretische Erklärungsansätze hierzu bieten die auf der Marx’schen Kritik<br />

der politischen Ökonomie basierenden Weiterentwicklungen einer aktuellen Kapitalismusanalyse<br />

und –kritik als historisch-materialistische Gesellschaftsanalyse. Dabei werden<br />

die dauerhaft grundlegenden Merkmale, Funktionsweisen und „Gesetzmäßigkeiten“<br />

kapitalistischer Produktionsweise und Gesellschaftsformation in Verbindung mit<br />

den Besonderheiten des aktuellen Kapitalisierungsprozesses in der <strong>Medien</strong>industrie analysiert.<br />

„Heute befindet sich der Kapitalismus meiner Auffassung nach<br />

<strong>zum</strong> erstenmal in einem Zustand, in dem die Kapitallogik genau so rein und<br />

unverfälscht funktioniert, wie Marx das im Kapital beschrieben hat.“<br />

Oskar Negt 1997, 38<br />

Was neuerdings verstärkt auch in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft als<br />

Ökonomisierung bzw. Kommerzialisierung der <strong>Medien</strong>industrie thematisiert wird, ist<br />

aus politökonomischer Perspektive grundsätzlich ein altes Phänomen, das als ein wesentliches<br />

Strukturmerkmal privatwirtschaftlich organisierter <strong>Medien</strong>produktion, -distribution<br />

und -konsumtion angesehen werden kann. Die Zugehörigkeit <strong>zum</strong> erwerbswirtschaftlich,<br />

also kommerziell organisierten Sektor der Privatwirtschaft kennzeichnet<br />

die <strong>Medien</strong> in den kapitalistisch organisierten Gesellschaften schon seit ihrem Aufkommen<br />

(vgl. Kiefer 1999, 705). Dennoch ist zu konstatieren, dass die etablierte deutschsprachige<br />

Publizistik- und Kommunikationswissenschaft erst am Ende des 20. Jahrhunderts<br />

plötzlich und eher verwundert festgestellt hat, dass die Massenmedien und damit<br />

auch die gesellschaftliche Kommunikation mehr und mehr ökonomisiert werden<br />

(vgl. Meier 1997, 173). Diese Verwunderung hätte weniger plötzlich oder <strong>zum</strong>indest<br />

früher sein können, wenn in dieser Wissenschaft nicht – ähnlich wie in allen anderen<br />

Wissenschaften – eine so weit verbreitete Enthaltsamkeit hinsichtlich der Rezeption und<br />

Anwendung der Marx’schen Kritik der politischen Ökonomie und ihrer aktuellen Weiterentwicklungen<br />

herrschte. Der derzeitig weltweit erkennbare, <strong>zum</strong> Teil neuartige<br />

(nicht neue) Ökonomisierungs- bzw. Kommerzialisierungsschub in der <strong>Medien</strong>industrie<br />

eröffnet wissenschaftlich die Chance, dass dieses alte Phänomen aufgrund seiner<br />

neuartigen, besser sichtbaren und damit weniger bestreitbaren Formen von mehr Wis-<br />

177


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

senschaftlerInnen als bisher in seiner politisch-ökonomischen Grundlegung erkannt<br />

und darauf basierende wissenschaftliche Erkenntnisse anerkannt werden können.<br />

1. Ökonomisierung als Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie<br />

Der Begriff der „Ökonomisierung“ greift aber in der Perspektive einer kritischen politischen<br />

Ökonomie zu kurz. Denn es geht vielmehr um eine weitere historische Phase der<br />

fortschreitenden „Kapitalisierung“ der privatwirtschaftlichen <strong>Medien</strong>industrie 1 , d. h.<br />

um eine radikale Subsumtion des gesamten <strong>Medien</strong>systems unter die allgemeinen Kapitalverwertungsbedingungen.<br />

Damit wird diese noch stärker als bisher in die spezifische<br />

kapitalistische Produktionsweise, das Verhältnis von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen<br />

und die ökonomisch-politische Gesellschaftsformation (vgl. Altvater<br />

1999) eingebunden, welche dem fortgeschrittenen Entwicklungsstand und den weiteren<br />

Bestandserfordernissen des Kapitalismus als dem weltweit herrschendem Wirtschaftsund<br />

Gesellschaftssystem entsprechen. Diese Kapitalisierung bedeutet vor allem: <strong>Medien</strong>produktion<br />

wird noch umfassender als bisher in das gesamtwirtschaftliche System<br />

kapitalistischer Waren- und Mehrwertproduktion einbezogen. Sie ist damit auch intensiver<br />

als bisher den „Bewegungsgesetzen“ und „Zwängen“ von Produktion und Kapitalverwertung,<br />

von Profitmaximierung und Konkurrenz sowie von Akkumulation und<br />

Konzentration unterworfen. Gesamtgesellschaftlich relevant ist die damit zwangsläufig<br />

einhergehende weitere, <strong>zum</strong>eist als „Kommerzialisierung“ bezeichnete Kapitalisierung<br />

von Information, Bildung, Politik, Kultur, Unterhaltung sowie von Arbeits- und Lebensverhältnissen<br />

als Beitrag zur neoliberalen „Durchkapitalisierung“ aller Lebensbereiche<br />

(vgl. Röttger 1997, 18f.).<br />

Es handelt sich um einen neuen Kapitalisierungsschub im dauerhaft fortschreitenden<br />

Kapitalisierungsprozess, der allerdings für die weitere Entwicklung der <strong>Medien</strong>industrie<br />

auf der Basis der Privatisierung von ursprünglich nicht kapitalisierten Sektoren von<br />

grundsätzlicher Bedeutung ist. Wesentliche Kennzeichen dieses Kapitalisierungsschubs<br />

in der <strong>Medien</strong>industrie sind<br />

• eine Kapitalisierung über die Privatisierung, Deregulierung und Kommerzialisierung<br />

von zusätzlichen Sektoren der <strong>Medien</strong>industrie, die bislang in Europa als staatlich<br />

oder öffentlich-rechtlich organisierte (Monopol-)Bereiche noch nicht der direkten<br />

(wohl aber der indirekten) Kapitalverwertung zugänglich waren (Hörfunk, Fernsehen,<br />

Telekommunikation, Internet);<br />

• ein Strukturwandel der <strong>Medien</strong>industrie, der sich vor allem in zunehmender Kommerzialisierung<br />

der <strong>Medien</strong>inhalteproduktion als Warenproduktion, in zunehmender<br />

internationaler ökonomischer und publizistischer Konzentration sowie in ökonomischen<br />

und institutionellen Verflechtungen (vgl. Knoche 1999a, 154ff.) traditioneller<br />

und neuer <strong>Medien</strong>sektoren miteinander und mit den übrigen Industrien zeigt<br />

(<strong>Medien</strong> als Infrastruktur, E-Commerce);<br />

• eine intensivierte „Kapitalisierung“ des Verhältnisses von Staat und <strong>Medien</strong>wirtschaft<br />

sowie der staatlichen <strong>Medien</strong>politik als <strong>Medien</strong>wirtschaftspolitik;<br />

• eine intensivierte „Kapitalisierung“ der ökonomischen und politischen gesamtwirtschaftlichen<br />

und -gesellschaftlichen Funktionserfüllung der <strong>Medien</strong>industrie im<br />

weltweiten Strukturwandel (Transformationsprozess) des Kapitalismus.<br />

1 Spezifische Probleme des ähnlich kommerzialisierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks werden<br />

in diesem Beitrag nicht behandelt.<br />

178


Knoche · Politökonomische Perspektive<br />

Angesichts der unübersehbar umfangreichen – strukturell <strong>zum</strong> Teil neuartigen – „Entfesselung“<br />

der <strong>Medien</strong>industrie durch Deregulierung, Privatisierung, Kommerzialisierung,<br />

Globalisierung, Multimediatisierung, <strong>Medien</strong>- und Industrie-Konvergenz, Digitalisierung,<br />

Konzentration, Anonymisierung des Kapitals, E-Commerce etc. erscheint<br />

es mir als noch angemessener als bisher, die Entwicklung der <strong>Medien</strong>industrie im engen<br />

Zusammenhang mit der ebenso unübersehbaren generellen Entwicklung eines „entfesselten“<br />

Kapitalismus zu analysieren. Dies insbesondere deshalb, weil der gegenwärtige<br />

und höchstwahrscheinlich auch zukünftige Kapitalisierungsprozess in der <strong>Medien</strong>industrie<br />

vor allem dadurch (neuartig) gekennzeichnet ist, dass es zu einer weit gehenden<br />

gegenseitigen Durchdringung von <strong>Medien</strong>industrie und übriger Volkswirtschaft<br />

kommt.<br />

2. Kritik der politischen Ökonomie der <strong>Medien</strong><br />

Die grundsätzliche Bedeutung der fortschreitenden Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie<br />

im engen Zusammenhang mit der Entwicklung des kapitalistischen Wirtschafts- und<br />

Gesellschaftssystems weist auf die Notwendigkeit eines kritischen kapital- bzw. kapitalismuszentrierten<br />

Ansatzes (vgl. Knoche 1999a, Prokop 2000) in der Kommunikationswissenschaft<br />

hin, der wissenschaftlich als gegenstandsadäquat gelten kann. Solange jedoch<br />

in der Ost-West-System-Auseinandersetzung nach dem Zweiten Weltkrieg die<br />

Beschäftigung mit Kapitalismuskritik auf der Basis einer Kritik der politischen Ökonomie<br />

im Westen auch im Bereich der Wissenschaften zur „Marginalisierung“, schlechtesten<br />

Falls <strong>zum</strong> Berufsverbot führte 2 , gab es kein günstiges „Klima“ für die Entwicklung<br />

und Rezeption kritischer politökonomischer Ansätze <strong>zum</strong> lange schon erkennbaren<br />

gesellschaftlichen Problem der Ökonomisierung bzw. Kommerzialisierung der <strong>Medien</strong>industrie.<br />

Ansätze einer Kritik der politischen Ökonomie der gesellschaftlichen Kommunikation<br />

bzw. der Massenkommunikation 3 wurden zwar vereinzelt im angelsächsischen<br />

Sprachraum in entsprechenden Arbeiten zur „Political Economy of Communication(s)<br />

(of the Media)“ vorgelegt (vgl. z. B. Mosco 1996, Golding/Murdock 1997, Sussman<br />

1999, McChesney 2000). Auch in Deutschland wurden derartige Ansätze in den 70er<br />

Jahren kurzzeitig entwickelt (vgl. z. B. Berliner Autorenkollektiv Presse 1972, Dröge/Modelmog<br />

1972, Holzer 1973, Hund 1976, Negt/Kluge 1972, Prokop 1974). Aber<br />

politische Ökonomie gesellschaftlicher Kommunikation gehört zweifellos zur „vergessenen<br />

Theorie“ (Robes 1990, vgl. Knoche 1999b, 76ff.) und gilt bis heute kaum als zitierfähig.<br />

Es gibt nur wenige Erinnerungs-, Wiederbelebungs- und aktuelle Anwendungsversuche<br />

für einen politökonomischen Ansatz in der deutschsprachigen Publizistik-<br />

und Kommunikationswissenschaft (vgl. Holzer 1994, Meier 1996/97 u. 1997, Knoche<br />

1999a u. 1999b, Prokop 2000, Steininger 2000, 210ff.).<br />

Der Gegenstandsbereich einer Kritik der politischen Ökonomie ist die kritische theoriegeleitete<br />

empirische Kapitalismusanalyse. Hierbei zeigt sich, dass diese politische<br />

2 Es ist das Verdienst von Wolfgang R. Langenbucher, dass er jüngst im Gedenken an Horst Holzer<br />

mit deutlichen Worten auf die negativen Folgen einer „Hinwendung <strong>zum</strong> politökonomischen<br />

Denken“ in Deutschland hingewiesen hat (vgl. Langenbucher 2000).<br />

3 Hierzu gibt es eine relative Vielzahl divergierender Ansätze in Nordamerika, Großbritannien<br />

und Deutschland. Zur Entwicklung und (gegenseitigen) Kritik der verschiedenen Ansätze vgl.<br />

Mosco 1996, 72ff.<br />

179


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Ökonomie nicht ein Zweig der Wirtschaftswissenschaft, sondern umfassende Gesellschaftswissenschaft<br />

ist (vgl. Kade 1977, Schikora 1992) 4 . Es geht um die Analyse und<br />

Kritik der gesellschaftlichen Voraussetzungen und Strukturbedingungen kapitalistischer<br />

Produktionsweise und damit um deren Funktionsweise und Dynamik (vgl. Conert<br />

1997, 140). Anders ausgedrückt: Es geht um die Analyse und Kritik der „kapitalistischen<br />

Regulierung“ (Kisker 2000a, 66) der Produktions- und Lebensverhältnisse, d. h.<br />

des gesamten wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen<br />

menschlichen Lebens. Kapitalismus wird dabei als historisch gewordene, grundsätzlich<br />

veränderbare Produktionsweise und Gesellschaftsform gesehen (vgl. Ganßmann, 1998,<br />

23).<br />

3. <strong>Medien</strong>industrie im Kapitalismus<br />

Für unseren Untersuchungsgegenstand ist also die Brauchbarkeit einer politischen Ökonomie<br />

als wissenschaftliche Theorie und Methode zu prüfen, die sich als auf der<br />

Marx’schen Kritik der politischen Ökonomie 5 basierende Weiterentwicklung einer aktuellen<br />

Kapitalismusanalyse und –kritik als historisch-materialistische Gesellschaftsanalyse<br />

versteht. Dies wird seit längerem u. a. in Deutschland – auch auf der Basis umfangreicher<br />

Studien der internationalen wissenschaftlichen Literatur – von einigen WirtschaftswissenschaftlerInnen,<br />

SoziologInnen und PolitologInnen geleistet. Im Mittelpunkt<br />

des Interesses steht hierbei die kritische wissenschaftliche Auseinandersetzung<br />

vor allem mit<br />

• dem aktuellen Transformationsprozess des Kapitalismus (vgl. Altvater/Haug/Negt<br />

u. a. 1999, Bischoff 1999, Hickel/Kisker/Mattfeldt/Troost 2000, Hirsch 1990), insbesondere<br />

mit dem Wandel der Rolle des Staates (vgl. Hirsch 1998, Kisker 2000b);<br />

• dem Neoliberalismus (vgl. Bischoff/Deppe/Kisker 1998, Kisker 1998, Schui 2000),<br />

dem Keynesianismus, den Markt-Mythen und Wirtschaftskrisen (vgl. Zinn 1998);<br />

• der aktuellen Wirtschaftspolitik (vgl. Hickel 1998, Huffschmid 1994);<br />

• Konkurrenz und Konzentration (vgl. Bischoff/Boccara/Zinn u. a. 2000, Huffschmid<br />

1994 u. 2000, Kisker 2000b) sowie der Globalisierung (vgl. Altvater/Mahnkopf 1999,<br />

Heinrich/Messner 1998, Kisker 2000a);<br />

• der politischen Ökonomie der Finanzmärkte (vgl. Huffschmid 1999).<br />

Aus politökonomischer Perspektive 6 wird die aktuelle Kapitalisierung der privatwirtschaftlichen<br />

<strong>Medien</strong>industrie im Rahmen dieser aktuellen Entwicklungstendenzen des<br />

gesamten kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems betrachtet und erklärt.<br />

4 Im Gegensatz <strong>zum</strong> Ansatz einer „Neuen Politischen Ökonomie“, der zwar auch gesellschaftliche<br />

und politische Zusammenhänge einbezieht, aber bewusst an der vorherrschenden neoklassischen<br />

Wirtschaftstheorie anknüpft und diese weiterentwickelt (vgl. Kiefer 2001, 53ff.).<br />

5 Es geht also hier nicht um „Marxismus“ im politischen Sinn, sondern um eine kritische Anwendung<br />

und Weiterentwicklung von wissenschaftlichen Analyse- und Theorieansätzen von<br />

Karl Marx. Zur vielfältigen Literatur zur Kritik der politischen Ökonomie im 20. Jahrhundert<br />

vgl. Heinrich 1999, 196ff.<br />

6 Ziel dieses Beitrags ist es nicht, eine „geschlossene“ politisch-ökonomische Theorie der <strong>Medien</strong><br />

zu präsentieren. Es werden nur einige Aspekte „aus politökonomischer Perspektive“ aufgezeigt,<br />

die mir in analoger Anwendung der umfangreichen, vielfältig empirisch belegten politökonomischen<br />

Analysen der von mir herangezogenen Wirtschafts- und Politikwissenschaftler in<br />

Verbindung mit den verfügbaren Kenntnissen zur Entwicklung der <strong>Medien</strong>industrie als theoretisch<br />

fundiert sowie „empirisch belegt“ oder <strong>zum</strong>indest belegbar erscheinen.<br />

180


Knoche · Politökonomische Perspektive<br />

Aus der Sicht der hochkonzentrierten und international agierenden Privatwirtschaft war<br />

die <strong>Medien</strong>industrie in Europa vor der Phase der europaweiten Privatisierungen und<br />

Deregulierungen ein unterentwickelter „Fremdkörper“, der sich in mehrfacher Hinsicht<br />

als hinderlich für die Kapitalverwertungs- und Expansionsinteressen erwies. Staatlich<br />

(Post- und Telekommunikation) oder öffentlich-rechtlich (Hörfunk und Fernsehen) organisierte<br />

Monopole und nicht-kapitalisierte Sektoren (Internet) waren nicht als Kapitalanlagesphäre<br />

zugänglich, ließen sich nur beschränkt im Rahmen infrastruktureller<br />

technisch-organisatorischer Rationalisierungsmaßnahmen nutzen, waren nur sehr eingeschränkt<br />

„kommerzialisierbar“ und erlaubten keine extensive Einbindung in „globale“<br />

weltweite Marketing-, Werbe- und PR-Strategien. Als hinderlich erwies sich hierbei<br />

auch der „Kapitalisierungs-Rückstand“ der traditionell privatwirtschaftlichen <strong>Medien</strong>sektoren<br />

der Presse- und Buchproduktion, deren „Nachteil“ bis heute in ihrer größtenteils<br />

mittelständischen und nationalen Gebundenheit gesehen wird. Im gesamtwirtschaftlichen<br />

Interesse wurde mit Hilfe weltweit einheitlicher neoliberaler Wirtschaftsund<br />

Gesellschaftspolitik der Nationalstaaten und der EU (Parolen: „Öffnung der Binnenmärkte“,<br />

„Internationale Wettbewerbsfähigkeit“) dieser „Nachholbedarf“ der <strong>Medien</strong>industrie<br />

seit Mitte der 80er Jahre weitgehend gedeckt. Die politisch-ökonomische<br />

„Rückständigkeit“ der <strong>Medien</strong>industrie in Europa war in ähnlicher Weise auch für die<br />

europäischen und vor allem die US-amerikanischen <strong>Medien</strong>konzerne ein Hindernis für<br />

die Realisierung ihrer existenznotwendigen Expansionsstrategien. Auch für aufstrebende<br />

europäische <strong>Medien</strong>konzerne gab es einen „Nachholbedarf“ hinsichtlich der Überwindung<br />

nationalstaatlicher Expansionsgrenzen durch Teilhabe an internationalen Fusionen,<br />

strategischen Allianzen und Unternehmens-Netzwerken der „global players“<br />

(vgl. Knoche 2001).<br />

Art, Umfang, Zeitpunkt und Verlauf der Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie werden<br />

demnach von den dauerhaften ökonomischen Interessen und Grundproblemen der <strong>Medien</strong>industrie<br />

in Verbindung mit gleichartigen Interessen und Grundproblemen der<br />

gesamten Wirtschaft bestimmt. Die ökonomischen und darauf bezogenen politischen<br />

Maßnahmen und mittelfristigen Strategien zur Problemlösung, allen voran des Problems<br />

der strukturellen Überakkumulation des Kapitals, führen allerdings regelmäßig<br />

zu neuen zyklischen „Krisen“ und langfristigen Folgeproblemen in Wirtschaft und Gesellschaft<br />

(Abbildung 1).<br />

Die unter dem Druck der strukturellen Überakkumulation des Kapitals vorgenommene<br />

Reduzierung von Erweiterungsinvestitionen (sinkende Investitionsquoten) und<br />

stattdessen (vor allem technische) Rationalisierungsinvestitionen führen regelmäßig <strong>zum</strong><br />

Abbau von Arbeitskräften (Arbeitslosigkeit), zur Intensivierung der Arbeit und zur Senkung<br />

bzw. Stagnation des Lohn- und Gehaltsniveaus. In Verbindung mit dem gleichzeitig<br />

forcierten Abbau des Sozialstaates führt dies zu sinkender Kaufkraft und entsprechendem<br />

Rückgang des Konsums. Dies führt zu verschärfter Konkurrenz zwischen den<br />

Unternehmen in weitgehend gesättigten bzw. stagnierenden Märkten und darüber zu<br />

zyklischen ökonomischen „Krisen“ des gesamten Wirtschaftssystems.<br />

Die Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie ist in diesem Kontext unter anderem deshalb<br />

von wachsender elementarer gesamtwirtschaftlicher und -gesellschaftlicher Bedeutung,<br />

weil sie auch eine wichtige Funktion in den notwendigen mittelfristigen Problemlösungsstrategien<br />

der gesamten Wirtschaft hat. Insofern ist es erklärbar, dass die Kapitalverwertungsinteressen<br />

(und deren dauerhafte grundsätzlich krisenhafte Gefährdung) in<br />

der gesamten Wirtschaft in Symbiose mit den spezifischen Kapitalverwertungsinteressen<br />

in der <strong>Medien</strong>industrie den Kapitalisierungsprozess der <strong>Medien</strong>industrie vorantreiben.<br />

181


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Abbildung 1: Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie als Problemlösungsstrategie für die<br />

gesamte Wirtschaft<br />

Dauerhafte Mittelfristige Langfristige<br />

Grundprobleme Problemlösungen Folgeprobleme<br />

Maßnahmen Strategien Wirtschaft Gesellschaft<br />

↓<br />

Strukturelle Kapitalisierung Umverteilung Umverteilung<br />

Überakkumulation <strong>Medien</strong>industrie Kapital/Profite Güterkonsum<br />

↓ ↓ ↓ ↓<br />

Sinkende <strong>Medien</strong>sektoren Kapitalkonzentration Massen-<br />

Investitionsquoten als Kapitalanlage Kapitalvernichtung arbeitslosigkeit<br />

↓ ↓ ↓ ↓<br />

Rationalisierungs- Investitionen Strukturelle Abbau<br />

investitionen Produktinnovationen Überakkumulation Sozialstaat<br />

↓ ↓ ↓ ↓<br />

Abbau Arbeitskräfte Umverteilung/ Sinkende Soziale<br />

Intensivierung Arbeit Abbau Arbeitskräfte Profitraten Ungleichheiten<br />

↓ ↓ ↓ ↓<br />

Abbau Staatliche Verschärfung Umwelt-<br />

Sozialstaat Förderung Konkurrenz belastung<br />

↓ ↓ ↓ ↓<br />

Sinkende Kaufkraft Ausweitung Ökonomische Gesellschaftliche/<br />

Rückgang Konsum Werbung/PR „Krise“ politische „Krise“<br />

↓<br />

↓<br />

Sinkende Profitraten Förderung<br />

„Konsumklima“<br />

↓<br />

↓<br />

Verschärfung<br />

Förderung<br />

Konkurrenz<br />

„Systemtreue“<br />

↓<br />

↓<br />

Ökonomische<br />

„Krise“<br />

Umverteilung<br />

Konsumausgaben/<br />

Zeitbudgets<br />

Die Interessen von (bislang) medienfremdem Kapital richten sich einerseits auf die <strong>Medien</strong>industrie<br />

als neuer gewinnversprechender Anlagesphäre für überakkumuliertes,<br />

„überschüssiges“ Kapital. Andererseits zielen sie auf die Werbe-, PR- und Kapitalzirkulationsfunktion<br />

der <strong>Medien</strong>, deren intensive Nutzung von der gesamten Wirtschaft<br />

angesichts der Krisen der Überakkumulation, des Kaufkraftrückgangs und der damit<br />

verbundenen Konkurrenzverschärfung als eine notwendige und geeignete Problemlösungsstrategie<br />

angesehen wird.<br />

Diese medienbezogenen Interessen und Strategien prinzipiell der gesamten Wirtschaft,<br />

allerdings hauptsächlich repräsentiert durch die Großunternehmen, sind mit ein<br />

Auslöser für Kapitalisierungsprozesse in der <strong>Medien</strong>industrie. Denn sie bewegten – zusammen<br />

mit den Interessen von <strong>Medien</strong>unternehmen – die Regierungen in den verschiedenen<br />

europäischen Staaten dazu, im gesamtwirtschaftlichen Interesse durch gesetzliche<br />

Privatisierung und Deregulierung der <strong>Medien</strong>sektoren Hörfunk, Fernsehen,<br />

Telekommunikation und Internet Kapitalisierungs- und Kommerzialisierungs-Hindernisse<br />

zu beseitigen. Zum anderen wurde dadurch der Druck auf die in einem hohen<br />

Maße von Werbeeinnahmen abhängigen <strong>Medien</strong>unternehmen erhöht, ihre Werbe-, PRund<br />

Zirkulationsfunktion im Interesse der gesamten Wirtschaft und im existenznot-<br />

182


Knoche · Politökonomische Perspektive<br />

wendigen Eigeninteresse auf der Basis von Kapitalisierung und Kommerzialisierung der<br />

<strong>Medien</strong>produktion noch effektiver als bislang zu erfüllen. In Verbindung damit wuchs<br />

auch die Notwendigkeit bzw. Bereitschaft von <strong>Medien</strong>unternehmen, ihren Kapitalbedarf<br />

verstärkt aus bislang medienfremdem Kapital bzw. durch einen Börsengang zu<br />

decken.<br />

Das grundsätzliche Problem ist jedoch darin zu sehen, dass die Kapitalisierung der<br />

<strong>Medien</strong>industrie – auch in ihrer Nutzung als mittelfristige Problemlösungsstrategie für<br />

die gesamte Wirtschaft – zwangsläufig langfristig zu erheblichen wirtschaftlichen und<br />

gesellschaftlichen Folgeproblemen führt (Abbildung 1). Aufgrund dessen, dass das<br />

handlungsleitende Strategieziel der Gewinnmaximierungsinteressen der Einzelkapitale<br />

als unumstrittenes Basisziel des Kapitalismus politisch legitimiert ist und durchgesetzt<br />

wird, kann es im ebenfalls politisch legitimierten Konkurrenzkampf der Einzelkapitale<br />

systematisch immer nur zu vorübergehenden einzelwirtschaftlichen Problemlösungen<br />

kommen, die in Wirklichkeit zu Problemverschärfungen für die Einzelkapitale und für<br />

die Gesamtwirtschaft führen. Denn es kommt auch über die Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie<br />

zu einer Umverteilung von Kapital und Profit, die durch zunehmende Ungleichverteilungen<br />

gekennzeichnet ist: mit vorübergehenden „Gewinnern“ (Kapitalkonzentration)<br />

und (<strong>zum</strong> Teil „endgültigen“) „Verlierern“ (Kapitalvernichtung). Aber<br />

dies ist auch für die Gewinner keine dauerhafte Problemlösung, sondern eine Problemverschärfung,<br />

da die genannten dauerhaften Grundprobleme kapitalistischer Wirtschaft<br />

(strukturelle Überakkumulation, sinkende Profitraten, Verschärfung der Konkurrenz)<br />

auf höherem Niveau zwangsläufig zur nächsten ökonomischen „Krise“ führen.<br />

Dies gilt in strukturell ähnlicher Weise auch für die langfristigen gesellschaftlichen<br />

Folgeprobleme, die durch die Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie teilweise verstärkt<br />

werden. Es kommt in der Bevölkerung zu einer weit reichenden Umverteilung von Konsumgütern<br />

aller Art, die in Verbindung mit Lohn- und Gehaltseinbußen, Massenarbeitslosigkeit<br />

und Abbau des Sozialstaates zu einer Ausweitung der ökonomischen und<br />

sozialen Ungleichheiten führt. Dies verursacht einerseits, insbesondere aufgrund der damit<br />

verbundenen mangelnden Massenkaufkraft, die nächste ökonomische „Krise“ und<br />

letztendlich die nächste gesellschaftlich-politische „Krise“. Zur Lösung gesamtwirtschaftlicher<br />

und gesamtgesellschaftlicher Probleme, etwa im Sinne einer gesamtgesellschaftlichen<br />

Verteilungsgerechtigkeit, ist die Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie folglich<br />

kaum ein geeignetes Mittel. Im Gegenteil: Sie fördert die weitere Kapitalisierung<br />

und Kommerzialisierung des gesamten sozialen und gesellschaftlichen Lebens mit den<br />

noch näher aufzuzeigenden negativen Folgen.<br />

4. Ursachen, Formen und Folgen der Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie<br />

Das intensive Studium der generellen und aktuellen Entwicklungsprozesse des Kapitalismus<br />

ist meines Erachtens eine geeignete Grundlage, um den Kapitalisierungsprozess<br />

in der <strong>Medien</strong>industrie hinsichtlich seiner Ursachen, Formen, Folgen und weiteren Entwicklung<br />

wissenschaftlich angemessen analysieren, erklären und teilweise prognostizieren<br />

zu können. Konkreter Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass die offensichtlich<br />

marktradikal „entfesselte“ <strong>Medien</strong>industrie als integraler Funktionsbereich im Kapitalismus<br />

mit dem derzeitig erkennbaren, ebenfalls „entfesselten“ globalen Transformationsprozess<br />

des Kapitalismus zusammenhängt, der u. a. schlagwortartig als „Turbo“-<br />

Kapitalismus (vgl. Altvater/Haug/Negt u. a. 1999) oder als „Shareholder“-Society (vgl.<br />

Deppe/Detje 1998, 171ff.) oder als „Kapitalismus pur“ (Bischoff/Deppe/Kisker 1998,<br />

225) gekennzeichnet wird.<br />

183


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Abbildung 2: Ursachen, Formen und Folgen der Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie<br />

Ursachen Formen Folgen<br />

Kapitalistische<br />

Produktionsweise<br />

Bewegungsgesetze<br />

des Kapitals<br />

Kapitalistische<br />

Gesellschaftsform<br />

Aktuelle „Krise“<br />

Verwertungsprobleme<br />

des Kapitals /<br />

<strong>Medien</strong>kapitals<br />

Kapitalstrategien<br />

„Entfesselung“<br />

Staatliche<br />

Wirtschaftspolitik<br />

„Ökonomisierung“<br />

Kapitalisierungsschub<br />

Privatisierung /<br />

Kommerzialisierung /<br />

Erweiterung<br />

<strong>Medien</strong>industrie<br />

Struktur- und<br />

Funktionswandel<br />

<strong>Medien</strong>industrie<br />

gemäß<br />

Kapitalinteressen<br />

184


Knoche · Politökonomische Perspektive<br />

Aus kritischer politökonomischer Perspektive ist die aktuelle Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie<br />

im engen Zusammenhang mit dem generellen Entwicklungsprozess des<br />

Kapitalismus mit den damit verbundenen Kapitalverwertungsproblemen in allen Wirtschaftszweigen<br />

zu sehen. Dabei gilt es jedoch auch, die ökonomisch-politischen Besonderheiten<br />

der <strong>Medien</strong>produktion, -distribution und -konsumtion im Vergleich zu anderen<br />

Wirtschaftsbereichen zu beachten. Sie ergeben sich vor allem durch die zusätzlichen<br />

(über die „normale“ ökonomische Kapitalverwertungsfunktion durch Produktion<br />

und Absatz der <strong>Medien</strong>produkte hinausgehenden) gesamtwirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlich-politischen<br />

Funktionen, die mit der privatwirtschaftlichen <strong>Medien</strong>produktion<br />

in der Regel erfüllt werden (vgl. Holzer 1994, 195):<br />

• einerseits die unverzichtbaren ökonomischen Funktionen für die gesamte Volkswirtschaft<br />

(allgemeine Werbe- und Warenzirkulationsfunktion, Kapitalverwertungsfunktion<br />

für <strong>Medien</strong>technik, auch als Produktionsmittel),<br />

• andererseits die ebenso unverzichtbaren ideologischen Funktionen für die Legitimation<br />

und Herrschaftssicherung des kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems<br />

(Ideologieproduktionsfunktion) in der Bevölkerung,<br />

• und schließlich die Funktionen für die Reproduktion der Arbeitskräfte durch <strong>Medien</strong>konsum<br />

(Regenerationsfunktion).<br />

Der Zusammenhang von Ursachen, Formen und Folgen der gegenwärtigen Kapitalisierung<br />

der <strong>Medien</strong>industrie ist in Abbildung 2 zunächst im Überblick dargestellt. Als drei<br />

Ursachen-Komplexe eines zusammenwirkenden Ursachen-Bündels können unterschieden<br />

werden:<br />

• die dauerhaft grundlegenden Wirkungsfaktoren kapitalistischer Produktionsweise<br />

und Gesellschaftsform sowie der Bewegungsgesetze des Kapitals (vgl. Altvater/<br />

Hecker/Heinrich/Schaper-Rinkel 1999), denen die kapitalistische <strong>Medien</strong>industrie<br />

im Grundsatz in gleicher Weise wie andere Industrien unterworfen ist;<br />

• die Besonderheiten der aktuellen „Krise“ mit den aktuellen Verwertungsproblemen<br />

des Kapitals bzw. des <strong>Medien</strong>kapitals, ursächlich mit dem gegenwärtig zu beobachtenden<br />

Entfesselungs- und Transformationsprozess des Kapitalismus verbunden;<br />

• die konkreten aktuell wirksamen Kapital- bzw. <strong>Medien</strong>kapitalstrategien im Zusammenwirken<br />

mit den Entfesselungsleistungen staatlicher (<strong>Medien</strong>-)Wirtschaftspolitik<br />

(Privatisierung, Deregulierung, Konzentrationsförderung etc.) als Ursachen für Formen<br />

und Folgen des gegenwärtigen Kapitalisierungsschubs in der <strong>Medien</strong>industrie<br />

(vgl. Knoche 1999a, 180ff.).<br />

4.1 Ursachen der Kapitalisierung<br />

In Abbildung 3 werden ausgewählte Ursachen der Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie<br />

detaillierter dargestellt, als erstes die Faktoren, die grundsätzlich kennzeichnend für<br />

die kapitalistische Produktionsweise sind (vgl. u. a. Conert 1997, 141, Kisker 2000a,<br />

66 ff.):<br />

• die spezifische Form des Kapitalverhältnisses: das rechtlich geschützte Privateigentum<br />

an den Produktionsmitteln sowie die daraus abgeleitete Verfügungsmacht über<br />

die abhängig Arbeitenden (Arbeitskraft als Ware) sowie das Recht der alleinigen Bestimmung<br />

der Produktionsziele und der Verwertung der produzierten Waren durch<br />

das Kapital,<br />

• die spezifische Form kapitalistischer Produktionsverhältnisse als Herrschaftsverhältnisse<br />

von Kapital über Arbeit,<br />

185


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

• der spezifische widersprüchliche Zusammenhang von Produktivkräften (Verhältnis<br />

von konstantem Kapital = Produktionsmittel und Rohstoffe sowie variablem Kapital<br />

= Arbeitskraft) und Produktionsverhältnissen,<br />

• die spezifische Form kapitalistischer Warenproduktion als Produktion von Werten<br />

(Gebrauchs- und Tauschwerte), wobei die Tauschwertrealisierung für die Kapitaleigner<br />

die Gebrauchswertinteressen der Konsumenten dominiert,<br />

• die spezifische Form kapitalistischer Mehrwertproduktion durch Aneignung des<br />

durch Mehrarbeit der abhängig Arbeitenden produzierten Mehrwerts durch das Kapital,<br />

• die spezifische Form des Zusammenhangs von Produktions-, Verwertungs- und Profitzwang<br />

mit Konkurrenz, Akkumulation, Konzentration und Zentralisation des Kapitals,<br />

• die spezifische Form kapitalistischer Herrschaftssicherung durch das Zusammenwirken<br />

von Kapitaleignern und Staat (vgl. Nutzinger 1977, 222 ff.),<br />

• die spezifische Form der Kapitalisierung der Gesellschaft über den Zusammenhang<br />

von Produktions- und Reproduktionsprozess der Menschen mit der Ungleichheit<br />

der Güter- und Einkommensverteilung und der damit verbundenen Ungleichheit der<br />

materiellen, politischen, kulturellen und sozialen Lebensverhältnisse.<br />

Abbildung 3: Ursachen der Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie<br />

Kapitalistische<br />

Produktionsweise<br />

• Privateigentum an<br />

Produktionsmitteln<br />

• Arbeitskraft als Ware<br />

• Warenproduktion<br />

• Mehrwert-Produktion<br />

• Konkurrenz<br />

• Kapitalakkumulation<br />

• Kapitalisierung der<br />

Gesellschaft<br />

„Krise“ des Kapitalismus<br />

/ der <strong>Medien</strong>industrie<br />

• Strukturelle<br />

Überakkumulation<br />

• Unterkonsumtion<br />

• Kapitalentwertung<br />

• Fall der Profitrate<br />

• Wachstumskrise<br />

• Verschärfung Konkurrenz<br />

• Probleme Sicherung<br />

Produktionsverhältnisse<br />

/ Herrschaftssicherung<br />

„Entfesselung“ / Transformation<br />

des Kapitalismus / der<br />

<strong>Medien</strong>industrie<br />

Kapitalstrategien<br />

• Internationalierung /<br />

Globalisierung<br />

• Kapitalkonzentration /<br />

-zentralisation<br />

Staatliche Wirtschaftspolitik<br />

• Privatisierung / Deregulierung<br />

• Liberalisierung der<br />

Finanzmärkte<br />

• Industriepolitik / Wettbewerbspolitik<br />

Berücksichtigt man diese grundlegenden Faktoren der kapitalistischen Produktionsweise,<br />

so wird erklärlich, weshalb alle Sektoren der privatwirtschaftlichen <strong>Medien</strong>industrie<br />

in prinzipiell gleicher Weise einem ständig fortschreitenden Kapitalisierungsprozess<br />

unterworfen sind. Dies gilt für die Sektoren Presse, Buch, Film, Video, Musik, Radio,<br />

Fernsehen, für die im Kontext der Globalisierung der gesamten Wirtschaft und auch<br />

der <strong>Medien</strong>industrie ein neuer Kapitalisierungsschub zu beobachten ist (vgl. Herman/McChesney<br />

1997, 41ff.). Dieser zeigt sich <strong>zum</strong> Beispiel darin, dass einige Großun-<br />

186


Knoche · Politökonomische Perspektive<br />

ternehmen der – verglichen mit anderen Industrien ökonomisch bislang eher unbedeutenden<br />

– <strong>Medien</strong>industrie in ihren Kapitalisierungsstrategien „Anschluss“ an das Kapitalisierungsniveau<br />

anderer Industrien gewinnen. So entwickelte sich <strong>zum</strong> Beispiel die<br />

Bertelsmann AG <strong>zum</strong> „<strong>Medien</strong>konzern mit angeschlossener Investmentbank“ (Jakobs<br />

2001, 110), d. h. der größte Teil des Gewinns wird seit Jahren nicht mit <strong>Medien</strong>produktionen,<br />

sondern mit Börsendeals und dem Kauf/Verkauf von Unternehmen(-santeilen)<br />

erwirtschaftet.<br />

Des Weiteren sind in Abbildung 3 die Faktoren genannt, die im Zusammenhang mit<br />

aktuellen Krisenerscheinungen des Kapitalismus und der <strong>Medien</strong>industrie als relevante<br />

Ursachen für die weitere Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie gelten können. Die Entwicklung<br />

des kapitalistischen Wirtschaftssystems ist generell in hohem Maße von struktureller<br />

Überakkumulation des Kapitals bestimmt, die als wesentlicher Auslöser für<br />

Wirtschaftskrisen auf der Basis einer disproportionierten Entwicklung (vgl. Zinn 1998,<br />

23) wirkt. Disproportion bedeutet, dass grundsätzlich mehr produziert wird als abgesetzt,<br />

d.h. mit einer als angemessen angesehenen Profitrate verwertet werden kann, beziehungsweise<br />

dass aufgrund der Absatzprobleme weniger produziert wird, so dass es<br />

zu Überkapazitäten bei den Unternehmen kommt. Strukturelle Überakkumulation, die<br />

insbesondere durch Überinvestitionen, Überkapazitäten und Überproduktionen signalisiert<br />

wird, bedeutet, dass zu viel Kapital im Verhältnis zu den realisierbaren Profitraten<br />

akkumuliert wird, so dass es zur Gefahr einer Kapitalentwertung kommt. Das strategische<br />

Handeln der Unternehmen ist folglich darauf gerichtet, Maßnahmen zu ergreifen,<br />

um der mit der Überakkumulation einhergehenden Krisengefahr zu begegnen (vgl.<br />

Kisker 1998, 87ff.). Überakkumulation und Disproportionen sind Folgen der Konkurrenz<br />

zwischen den Unternehmen und den Branchen, die durch Überproduktion über<br />

den grundsätzlich durch mangelnde Kaufkraft beschränkten Bedarf bzw. die durch gesättigte<br />

oder nicht ausgeprägte Bedürfnisse beschränkte Nachfrage (Unterkonsumtion)<br />

hinausgehend im Konkurrenzkampf beim Verkauf ihrer Waren „gewinnen“ wollen.<br />

Ursachen dieser die Kapitalverwertung elementar gefährdenden Wachstumsgrenzen<br />

sind Kaufkraftrückgänge infolge von Senkung des Lohn- und Gehaltsniveaus, Arbeitslosigkeit,<br />

Rückgang der Sozialleistungen, wachsender Sparzwang (Vorsorge, Versicherungen)<br />

sowie weitgehende Sättigung von „absoluten“, lebenswichtigen Bedürfnissen.<br />

Zur Überwindung dieser Wachstumsgrenzen und der damit verbundenen Gefahren der<br />

existenzgefährdenden Gewinnreduzierungen werden im Konkurrenzkampf von Unternehmen<br />

gleicher und verschiedener Branchen regelmäßig folgende Produktionsstrategien<br />

eingesetzt: (Teilweise) Verlagerung der Produktion von existenznotwendigen Gütern<br />

für die Befriedigung absoluter, lebenswichtiger Bedürfnisse hin zur Produkten für<br />

relative Bedürfnisse („Geltungs- bzw. Prestigekonsum“), damit verbunden (teilweise)<br />

Verlagerung der Produktion vom sekundären (industriellen) Sektor auf den tertiären<br />

(Dienstleistungs-)Sektor und (teilweise) Verlagerung der Produktion von materiellen zu<br />

immateriellen Gütern (vgl. Zinn 1998, 28ff.). Für die Anwendung derartiger kombinierter<br />

Unternehmensstrategien wird die <strong>Medien</strong>industrie im Allgemeinen insofern als<br />

wachstumsträchtiges und Gewinn bringendes Geschäftsfeld angesehen, weil sie aufgrund<br />

des Zusammenspiels der drei Produktionsstrategien Wachstumschancen eröffnet.<br />

In diesem Kontext ist der aktuelle Prozess der Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie<br />

hauptsächlich in dreifacher Weise erklärbar. Die Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie ist<br />

• erstens für traditionelle <strong>Medien</strong>unternehmen ein Mittel, ihre mit der Überakkumulation<br />

und der Konkurrenz verbundenen Kapitalverwertungsprobleme zu lösen, u. a.<br />

durch Anlage überschüssigen Kapitals in neuen privatisierten <strong>Medien</strong>sektoren bzw.<br />

in neuen <strong>Medien</strong>märkten oder in <strong>Medien</strong>produktinnovationen,<br />

187


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

• zweitens für Unternehmen aus anderen Industrien/Wirtschaftszweigen/Branchen<br />

ein Mittel, ihre Kapitalverwertungsprobleme durch eine verstärkte absatzfördernde<br />

Werbung und PR über die <strong>Medien</strong> zu lösen und<br />

• drittens für Unternehmen aus anderen Industrien/Wirtschaftszweigen/Branchen ein<br />

Mittel, ihre Kapitalverwertungsprobleme durch Anlage ihres überschüssigen Kapitals<br />

in einer durch die Kapitalisierung erheblich erweiterten <strong>Medien</strong>industrie zu lösen.<br />

Schließlich wird in Abbildung 3 ein weiteres Ursachenbündel vorgestellt, das im Zusammenhang<br />

mit der „Entfesselung“ bzw. Transformation des Kapitalismus und der<br />

<strong>Medien</strong>industrie relevant ist. Von „Entfesselung“ kann man z.B. insofern sprechen, als<br />

sich das <strong>Medien</strong>kapital wie das übrige Kapital durch Internationalisierung und Globalisierung<br />

von den „Fesseln“ der Nationalstaaten befreit. Eine ähnliche „Entfesselung“,<br />

nämlich die Befreiung von Kapitalverwertungshindernissen, wird insbesondere durch<br />

Privatisierung und Deregulierung von Rundfunk, Telekommunikation und Internet im<br />

Zusammenwirken mit staatlicher Wirtschaftspolitik erreicht. Im Rahmen staatlicher<br />

konzentrationsfördernder Industrie-, Standort- und Wettbewerbspolitik wird die <strong>Medien</strong>industrie<br />

zusätzlich von Konzentrationshindernissen befreit (vgl. Knoche 1996).<br />

Schließlich befreit sich das <strong>Medien</strong>kapital im Rahmen neoliberaler Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik<br />

von den „Fesseln“ des Sozialstaats und der parlamentarischen Demokratie.<br />

Das bedeutet <strong>zum</strong> Beispiel für die <strong>Medien</strong>industrie, dass sie sich von den „Fesseln“<br />

der Reste einer öffentlich-rechtlichen bzw. kulturellen Orientierung der <strong>Medien</strong>produktion<br />

und der <strong>Medien</strong>politik befreit.<br />

4.2 Formen und Folgen der Kapitalisierung<br />

Als Formen des Kapitalisierungsschubs in der <strong>Medien</strong>industrie können wir u.a. die in<br />

Abbildung 4 genannten Bereiche nennen, die in ihrer gegenwärtigen Form Ausdruck<br />

dieses Kapitalisierungsschubs sind, zusätzlich auch Produktdiversifikationen und -innovationen<br />

im Pressebereich. Man kann Formen dieses Kapitalisierungsschubs benennen,<br />

die für verschiedene <strong>Medien</strong>sektoren in gleicher Weise zu beobachten sind, z. B. die<br />

stärkere Einbeziehung der <strong>Medien</strong>produktion in das gesamtwirtschaftliche System kapitalistischer<br />

Waren- und Mehrwertproduktion sowie in das System der Konsumwerbung.<br />

Damit verbunden ist ein intensiverer Einfluss von Produktions- und Kapitalverwertungszwang,<br />

von Profitmaximierungs- und Konkurrenzzwang sowie von Akkumulations-<br />

und Konzentrationszwang. Die prinzipielle Gleichartigkeit (<strong>zum</strong> Teil je<br />

nach Entwicklungsstand des <strong>Medien</strong>sektors ungleichzeitig) der Kapitalisierungsschübe<br />

in den einzelnen <strong>Medien</strong>sektoren ergibt sich aus der prinzipiellen Gleichartigkeit der<br />

aufgezeigten Ursachen hierfür, die sich wiederum aufgrund der Gleichartigkeit der Voraussetzungen<br />

– der privatwirtschaftlichen Organisationsform der <strong>Medien</strong> in einem kapitalistischen<br />

Wirtschafts- und Gesellschaftssystem – ergeben. Zusätzlich zeigt sich die<br />

Gleichartigkeit darin, dass durch technische und ökonomisch-institutionelle Konvergenz<br />

der Kapitalisierungsschub in einer <strong>Medien</strong>industrie wirksam ist, die gerade durch<br />

den zunehmenden Abbau von Besonderheiten einzelner <strong>Medien</strong>sektoren gekennzeichnet<br />

ist.<br />

Darüber hinausgehend kann man auf der Ebene einer differenzierteren Analyse für<br />

verschiedene <strong>Medien</strong>sektoren einer erweiterten <strong>Medien</strong>- und Kommunikationsindustrie<br />

auch einige spezifische Ursachen, Formen und Folgen dieses Kapitalisierungsschubs<br />

erkennen. Als bedeutsam erscheint mir hierzu die Unterscheidung (vgl. Knoche 1999a,<br />

153ff.) nach:<br />

188


Knoche · Politökonomische Perspektive<br />

• <strong>Medien</strong>kapital, das zur Produktion bzw. Vervielfältigung von Programmen/Inhalten<br />

eingesetzt wird (die <strong>Medien</strong>sektoren Nachrichtenagentur, Presse, Buch, Hörfunk,<br />

Audio, Fernsehen, Film, Video, Online-Produktion), sowie<br />

• medienbezogenem Kapital und <strong>Medien</strong>infrastrukturkapital, das nur – und dies in der<br />

Regel nur teilweise – für die Produktion von medienbezogenen Produktions-, Komprimierungs-/Speicher-,<br />

Übertragungs-, Verschlüsselungs- und Empfangstechniken<br />

eingesetzt wird (Elektronikindustrie, Chemieindustrie, Computerindustrie, Telekommunikationsindustrie,<br />

Kabel- und Satellitenindustrie, Druckindustrie, Papierindustrie,<br />

Maschinenbauindustrie).<br />

Die medienbezogenen Industriezweige haben schon seit längerem den im Kapitalismus<br />

„normalen“ fortschreitenden Kapitalisierungsprozess vollzogen (die Unternehmen dieser<br />

Industriezweige waren <strong>zum</strong> Beispiel auch schon vor der Privatisierung des Telekommunikationsbereichs<br />

Zulieferer von <strong>Medien</strong>technik nach privatwirtschaftlichen<br />

Geschäftsgrundsätzen). Neuartiger, umfassender und politisch wesentlich bedeutsamer<br />

sind die Kapitalisierungsprozesse in den <strong>Medien</strong>sektoren, in denen die Kapitalverwertung<br />

mit programmlicher/inhaltlicher Produktion bzw. Vervielfältigung betrieben wird.<br />

Hier werden alle eingangs erwähnten grundlegenden Kapitalisierungsprozesse wirksam:<br />

von der Kapitalisierung über die Privatisierung, Deregulierung und Kommerzialisierung<br />

von Sektoren der <strong>Medien</strong>industrie, die bislang in Europa staatlich oder öffentlichrechtlich,<br />

größtenteils als Monopole, organisiert waren, über die zunehmende Kommerzialisierung<br />

der <strong>Medien</strong>inhalteproduktion als Warenproduktion in allen <strong>Medien</strong>sektoren,<br />

den zunehmenden Einfluss der Werbewirtschaft und die Einbindung der<br />

<strong>Medien</strong> als Verkaufsmedien (Teleshopping, E-Commerce) bis hin zur gesamtwirtschaftlichen<br />

(Werbung, Absatzfunktion, Konsumklima), politischen (politisches Bewusstsein,<br />

Legitimation des kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems)<br />

und gesellschaftlichen (Regeneration der Arbeitskräfte durch Unterhaltung) Funktionserfüllung<br />

der <strong>Medien</strong>produktion im weltweiten Transformationsprozess des Kapitalismus.<br />

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zur Identifizierung tendenziell differenzierender<br />

Kapitalisierungsprozesse könnte die Finanzierungsart der <strong>Medien</strong>produktion<br />

sein. <strong>Medien</strong>produktionen, die ausschließlich oder überwiegend aus Werbung finanziert<br />

werden, so könnte man meinen, sind einem anderen Kapitalisierungsdruck ausgesetzt<br />

als <strong>Medien</strong>produktionen, die ausschließlich über den Verkauf/Verleih finanziert<br />

werden. Diese Sichtweise verkennt jedoch, dass <strong>Medien</strong>produktionen wie Film/Video<br />

und Audio (Musik) in weitem Maße auch so produziert werden, dass sie als werbegünstiges<br />

Umfeld bei Radio- und Fernsehsendungen dienen können. Die Kapitalisierung<br />

des Radio- und Fernsehsektors erfolgt nicht nur im Interesse der beteiligten Unternehmen<br />

und der Werbewirtschaft, sondern auch der Film- und Musikindustrie. Durch den<br />

Verkauf von Abspiel-Rechten an private Radio- und Fernsehunternehmen werden<br />

nicht nur zusätzliche Absatzmöglichkeiten geschaffen, sondern es wird auch das Problem<br />

mangelnder Kaufkraft und damit der Überproduktion/Überkapazitäten tendenziell<br />

verringert, da keine materiellen Produkte direkt einzeln an Konsumenten verkauft<br />

werden müssen wie beim CD- oder Video-Verkauf. Eine zusätzliche Variante der Kapitalisierung<br />

des Fernsehsektors, Pay-TV ohne Werbefinanzierung, dient der Lösung<br />

von Kapitalverwertungsproblemen, die sich aus Überkapazitäten an Filmen bzw. Filmrechten<br />

ergeben, für die der Absatz allein über werbefinanzierte Sender nicht ausreichend<br />

ist.<br />

Schließlich lässt eine Unterscheidung in „traditionelle“ und „neue“ <strong>Medien</strong>sektoren<br />

Differenzierungen des Kapitalisierungsprozesses sichtbar werden. Während traditio-<br />

189


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

nelle <strong>Medien</strong>sektoren <strong>zum</strong> Teil schon seit langem auf einer hohen Stufe der Kapitalisierung<br />

angelangt sind (insbesondere Film- und Musikindustrie), ist die Kapitalisierung des<br />

Internet bzw. von Online-<strong>Medien</strong> erst in einer Anfangsphase. „Strategien für die digitale<br />

Wirtschaft“ (European Communication Council Report 1999) gibt es zur Genüge,<br />

und vermutlich wird der Kapitalisierungsprozess der Online-Kommunikation schnell<br />

voranschreiten, da er auf der Basis eines hohen Kapitalisierungsgrades der gesamten interessierten<br />

Wirtschaft, darunter auch der <strong>Medien</strong>industrie, vorangetrieben wird.<br />

Abbildung 4: Formen und Folgen der Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie<br />

Formen<br />

Folgen<br />

Kapitalisierungsschub<br />

• Privatisierung Hörfunk/Fernsehen<br />

• Privatisierung Telekommunikation<br />

• Privatisierung Mobilkommunikation<br />

• Privatisierung Internet<br />

• Pay TV<br />

• Digitalisierung<br />

• Neue Werbeformen/Merchandising<br />

• Produktdiversifikation/Produktinnovation<br />

• Diversifizierte Multimedienunternehmen<br />

• Börsengang/Kapitalbeschaffung<br />

• Aktiengesellschaft<br />

Struktur-/Funktionswandel<br />

gemäß Kapitalinteressen<br />

• Ausweitung Kommerzialisierung<br />

• Massenkommunikation als Ware<br />

• Kapitalkonzentration und -zentralisation<br />

• Internationalisierung/Globalisierung<br />

• Strukturelle Arbeitslosigkeit<br />

• Prekäre Arbeitsverhältnisse<br />

• Warenwerbung/Konsumklima<br />

• Regeneration Bevölkerung<br />

• Legitimation/Herrschaftssicherung<br />

• <strong>Medien</strong>wirtschaftspolitik<br />

Als allgemeinste Folge der weiteren Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie ist zu beobachten,<br />

dass die <strong>Medien</strong>industrie noch stärker als bisher dem allgemeinen und medienspezifischen<br />

Struktur- und Funktionswandel von Wirtschaft und Gesellschaft gemäß<br />

den Kapitalverwertungsinteressen unterzogen wird und diesen gleichzeitig mit beeinflusst.<br />

Die Folgen der damit einhergehenden Ausweitung der Kommerzialisierung<br />

der <strong>Medien</strong>produktion erstrecken sich insbesondere auf<br />

• die Gestaltung der <strong>Medien</strong>produkte als Konsumgüter und als Waren in Konkurrenz<br />

zu anderen Waren,<br />

• den Ausbau der Funktion der <strong>Medien</strong> als Werbe- bzw. Warenzirkulationsmittel für<br />

die gesamte Volkswirtschaft mit entsprechenden Folgen für die Inhalte der <strong>Medien</strong>produkte,<br />

• die Verstärkung internationaler Kapital- und Marktkonzentration sowie der Globalisierung<br />

der <strong>Medien</strong>industrie,<br />

• die Ausbreitung struktureller Arbeitslosigkeit und prekärer Arbeitsverhältnisse auch<br />

in der <strong>Medien</strong>industrie,<br />

• die Regeneration der Arbeitskräfte gemäß den Kapitalinteressen,<br />

• die Beeinflussung der Bevölkerung hinsichtlich eines absatzfördernden „Konsumklimas“<br />

und eines politischen Bewusstseins gemäß den Kapitalinteressen,<br />

• die weitere Ausrichtung staatlicher <strong>Medien</strong>politik an den Kapitalinteressen,<br />

190


Knoche · Politökonomische Perspektive<br />

• die weitere Legitimation und Herrschaftssicherung des internationalen kapitalistischen<br />

Wirtschafts- und Gesellschaftssystems, insbesondere in der gegenwärtig herrschenden<br />

Form des Neoliberalismus.<br />

5. Fazit<br />

Phänomene der Ökonomisierung und Kommerzialisierung der privatwirtschaftlichen<br />

<strong>Medien</strong>industrie wurden in diesem Beitrag unter Anwendung von Ansätzen der<br />

Marx’schen Kritik der politischen Ökonomie und ihrer aktuellen Weiterentwicklungen<br />

als fortschreitende Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie betrachtet. Damit wird ein weltweiter<br />

Prozess gekennzeichnet, im Verlauf dessen die <strong>Medien</strong>produktion noch umfassender<br />

als bisher in das gesamtwirtschaftliche System kapitalistischer Waren- und Mehrwertproduktion<br />

einbezogen wird. Die damit verbundene Kapitalisierung von Information,<br />

Bildung, Politik, Kultur und Unterhaltung wird vor allem als Beitrag zur<br />

„Durchkapitalisierung“ aller Lebensbereiche im Zuge neoliberaler Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik<br />

gesehen. Die Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie folgt den Gesetzmäßigkeiten,<br />

die auch für andere Industriezweige wirksam sind, und sie erfüllt eine nicht<br />

unwesentliche Kapital- und Warenzirkulationsfunktion im Rahmen der Problemlösungsstrategien<br />

der gesamten Wirtschaft über ausgeprägte Werbe-, Marketing- und PR-<br />

Maßnahmen. Besonderheiten der Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie sind darin zu sehen,<br />

dass damit zusätzlich zu den ökonomischen Funktionen der Kapitalverwertung unverzichtbare<br />

politisch-ideologische Funktionen der Legitimierung des kapitalistischen<br />

Wirtschafts- und Gesellschaftssystems sowie Regenerationsfunktionen für die Bevölkerung<br />

erfüllt werden. Ursachen, Formen und Folgen der Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie<br />

unterscheiden sich nicht prinzipiell von denjenigen, die in anderen Wirtschaftszweigen<br />

zu beobachten sind. Sie sind im Zusammenhang mit den allgemeinen Kapitalverwertungsproblemen<br />

und den Krisenphänomenen erklärbar, die dauerhaftes Kennzeichen<br />

kapitalistischer Wirtschaften sind. Es wird deutlich, dass die fortschreitende<br />

Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie als irreversibler Prozess kaum ein geeignetes Mittel<br />

ist, demokratietheoretisch wünschbare Funktionserfüllungen der <strong>Medien</strong>produktion<br />

zu fördern.<br />

Literatur<br />

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194


Ökonomisierung aus organisationssoziologischer<br />

Perspektive: Der Beitrag der <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

zur Ökonomisierung<br />

Klaus-Dieter Altmeppen<br />

Im Mittelpunkt dieses Beitrags steht eine Analyse der Ökonomisierung auf der Ebene<br />

von <strong>Medien</strong>unternehmen. Als Organisationen sind <strong>Medien</strong>unternehmen vor allem<br />

durch Ziele und Strukturen charakterisiert, wobei sie neben dem Profitprinzip auch<br />

publizistische Ziele verfolgen und beide Ziele in Einklang bringen müssen. Da die Ziele<br />

Entscheidungsprämissen der <strong>Medien</strong> darstellen, kann eine Ökonomisierung auf organisationaler<br />

Ebene dann konstatiert werden, wenn wirtschaftliche Ziele die publizistischen<br />

Entscheidungen zunehmend dominieren. Anhand von fünf Thesen wird geprüft, ob die<br />

Ökonomisierung des <strong>Medien</strong>systems auch auf der Organisationsebene festgestellt werden<br />

kann. Thematisiert werden die Ökonomisierung der Entscheidungsprämissen und<br />

somit der Strategien der <strong>Medien</strong>unternehmen, die Ökonomisierung der Planungs- und<br />

Produktionsprozesse und schließlich die Ökonomisierung des Angebots. Im Ergebnis<br />

kann von einer Spirale der Ökonomisierung („Ökonomisierung der Ökonomisierung“)<br />

gesprochen werden. Aufgrund rekursiver Regulierung und Strukturierung treiben die<br />

<strong>Medien</strong>unternehmen die Ökonomisierung aktiv und mit machtvollen Mitteln voran.<br />

1. Ökonomisierung und Kommerzialisierung: Eine Begriffsbestimmung<br />

aus organisationssoziologischer Perspektive<br />

Ökonomisierung ist kein eindimensionales Phänomen und so kann der Prozess der<br />

Ökonomisierung auf mehreren Ebenen erfasst werden. Auf der Makroebene wird Ökonomisierung<br />

als ein Prozess der De-Regulierung und Liberalisierung von Märkten und<br />

Wettbewerb angesehen. Eine zweite Form der Ökonomisierung entsteht durch das<br />

Handeln von Akteuren oder Akteursgruppen in den <strong>Medien</strong>unternehmen, im Mesobereich<br />

avancieren folglich die <strong>Medien</strong>unternehmen <strong>zum</strong> Untersuchungsobjekt.<br />

<strong>Medien</strong> können, fasst man sie als erwerbswirtschaftliche Einheiten mit Profitstreben,<br />

als Unternehmen im Rahmen der Institutionenökonomie oder als Organisationen im<br />

Rahmen der Organisationssoziologie analysiert werden. Als ökonomische Institutionen<br />

werden <strong>Medien</strong>unternehmen in ihren Wechselwirkungen mit Markt und Wettbewerb<br />

thematisiert (vgl. Kiefer 2001, 72 ff.), dabei stehen die vertraglichen und transaktionsgebundenen<br />

Handlungen der Unternehmen im Vordergrund. Das Interesse der Organisationssoziologie<br />

richtet sich stärker auf Verschränkungen zwischen den Strukturen, die<br />

in der Regel als Aufbauorganisation bezeichnet werden, und den Handlungsprozessen,<br />

also der Prozessgestaltung in Form der Ablauforganisation (vgl. von der Oelsnitz 2000;<br />

Krüger 1994; Hill/Fehlbaum/Ulrich 1994). Dabei schält sich ein Zweig heraus, dessen<br />

Erkenntnisinteresse darauf gerichtet ist, die rekursiven Verschränkungen von Handeln<br />

und Strukturen zu fokussieren (vgl. Ortmann/Sydow/Windeler 1997). Diese Theorietradition<br />

lehnt sich in starkem Maß an die Strukturationstheorie von Giddens (1997) an,<br />

um ein tragfähiges Fundament für die Möglichkeiten und Restriktionen von Unternehmen<br />

und Akteuren zu schaffen.<br />

Der Mehrwert strukturationstheoretischer Verortung von <strong>Medien</strong>unternehmen liegt<br />

vor allem darin, den aktiven Part von Unternehmen an den ökonomischen Erscheinun-<br />

195


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

gen hervorzuheben. Nicht allein Märkte sind danach die bestimmenden Faktoren des<br />

<strong>Medien</strong>systems, sondern die Unternehmen regulieren diese Märkte aktiv und schaffen<br />

damit Marktstrukturen – und die Unternehmen werden von den Märkten reguliert und<br />

müssen ihre internen Strukturen und ihre Strategien darauf einrichten (vgl. Altmeppen<br />

2001).<br />

Im Folgenden soll die Ökonomisierung unter Rückgriff auf diese organisationssoziologischen<br />

Ansätze analysiert werden. Auf der Mesoebene setzt sich immer mehr die Ansicht<br />

durch, Kommerzialisierung als einen Aspekt der Ökonomisierung anzusehen, da<br />

der Begriff Kommerzialisierung insbesondere auf die Folgen überbordender ökonomischer<br />

Prinzipien auf der Unternehmensebene abzielt (vgl. McQuail 1986). Kommerzialisierung<br />

auf Unternehmensebene wäre dann als „Zurückdrängen der gesellschaftlich erwünschten<br />

meritorischen zu Gunsten der auf Märken verkäuflichen und einzelwirtschaftlich<br />

rentablen Angebote“ (Kiefer 2001, 22) zu verstehen.<br />

Ökonomisierung (der Begriff soll im Rahmen dieses Beitrags beibehalten werden)<br />

findet also auf der Ebene von Organisationen als ein geplanter – wenn auch in den Folgen<br />

nicht immer intendierter –, einem rekursiven Strukturierungs-/Regulierungskonzept<br />

folgender Prozess statt, bei dem für alle <strong>Medien</strong>organisationen zunehmend die ökonomischen<br />

Regeln kapitalistischer Gesellschaften gelten und bei dem publizistisches<br />

Handeln weitgehend von wirtschaftlichen Kalkülen geprägt wird.<br />

Es geht bei der Ökonomisierung nicht um die Frage, ob dies ein neues Phänomen ist.<br />

<strong>Medien</strong>unternehmen handeln grundsätzlich medienwirtschaftlich, denn für <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

– auch für öffentlich-rechtliche – ist die Geldabhängigkeit konstitutiv, also<br />

die Beschaffung, Bewirtschaftung und Mehrung des Geldes. Die gegenwärtigen Prozesse<br />

der Ökonomisierung verweisen aber auf eine Phase besonders intensiver Dominanz<br />

ökonomischen Kalküls.<br />

So ist die Tatsache, dass es Werbung gibt, kein Beleg für die Ökonomisierung. Ein Beleg<br />

ist aber sehr wohl, dass die <strong>Medien</strong>unternehmen die Werbung ausdehnen (durch Steigerung<br />

der Werbezeiten), intensivieren (durch Erhöhung der Werbeetats), verfeinern<br />

(durch Marktforschung) und konzentrieren (durch Fusionen der Werbeanbieter).<br />

Aufgrund dieser Ökonomisierungstendenzen stellt sich die Frage, worauf die Dominanz<br />

der Ökonomisierung beruht, wo ihre Ursachen auf der Unternehmensebene festgemacht<br />

werden können und welche Merkmale für eine Kommerzialisierung der <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

charakteristisch sind. Mit den folgenden Thesen ist daher der Versuch<br />

verbunden, Phänomene der Ökonomisierung aufgrund theoriegeleiteter Hypothesen<br />

auf organisationaler Ebene zu identifizieren. Zu Beginn sollen zuerst die Merkmale von<br />

<strong>Medien</strong>unternehmen als Organisationen aufgezeigt werden.<br />

2. <strong>Medien</strong>unternehmen als Organisationen – eine begriffliche Konkretisierung<br />

<strong>Medien</strong>unternehmen können als Systeme organisierten Handelns aufgefasst werden, die<br />

kommunikationsabhängig (Organisationen konstituieren sich über Kommunikation)<br />

sowie entscheidungsfixiert (Entscheidungen sind die zentralen Operationsweisen) und<br />

ressourcengebunden (Geld) sind.<br />

<strong>Medien</strong>unternehmen sind Leistungsorganisationen des Wirtschaftssystems und agieren<br />

dementsprechend nach wirtschaftlichen Kriterien. Als Wirtschaftsunternehmen handeln<br />

sie nach der Devise von Zahlung/Nichtzahlung, nicht nach dem Code von öffentlich/nicht-öffentlich,<br />

der für den Journalismus die zentrale Handlungsleitung ist. Nicht<br />

die Veröffentlichungen, sondern die über Markthandlungen erfolgenden Zahlungen entscheiden<br />

über den Fortbestand und die künftige Entwicklung der <strong>Medien</strong>unternehmen.<br />

196


Altmeppen · Organisationssoziologische Perspektive<br />

Zu den zentralen organisationalen Charakteristika gehören die Ziele und Strukturen<br />

der <strong>Medien</strong>unternehmen. Üblicherweise gelten das autonome Wirtschaften, das Profitprinzip<br />

und das Privateigentum der Produktionsmittel als Kennzeichen von Unternehmen.<br />

Im Gegensatz zu den meisten anderen Unternehmen müssen <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

jedoch neben dem Profitprinzip auch publizistische Ziele verfolgen und beide Ziele in<br />

Einklang bringen. Da sie sowohl auf dem Rezipienten- wie auf dem Werbemarkt erfolgreich<br />

sein müssen, spiegeln sich die Mechanismen des Verbundproduktes „<strong>Medien</strong>“ (vgl.<br />

Kiefer 2001, 151 ff.) auch in den dichotomen Zielen wider.<br />

Ziele repräsentieren den Sinn von Organisationen, mit den Zielen werden die<br />

Operationen in den <strong>Medien</strong> strukturiert. Ziele stellen in diesem Sinn die Entscheidungsprämissen<br />

der <strong>Medien</strong> dar. Zu diesen Grundlagen des medienunternehmerischen<br />

Handelns gehören die Geschäftsziele sowie die unternehmerischen Strategien auf der<br />

einen und die publizistischen Ziele auf der anderen Seite. In sozialer Hinsicht werden<br />

die Mitarbeiter auf die Entscheidungsprämissen verpflichtet und zu deren Umsetzung<br />

angehalten. Entscheidungsprämissen regulieren als Sollensebene die Regeln und<br />

Verfahren, nach denen <strong>Medien</strong>angebote produziert werden. In sachlicher Hinsicht<br />

legen die Ziele die organisationalen Strukturierungen fest, in zeitlicher Hinsicht regulieren<br />

Ziele die Ereigniszeitpunkte (<strong>zum</strong> Beispiel die Einführung neuer Zeitschriften<br />

oder Programmformate). Im Hinblick auf die Ziele der <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

ist eine Ökonomisierung in erster Linie dann zu konstatieren, wenn wirtschaftliche<br />

Ziele die publizistischen Entscheidungen zunehmend dominieren (vgl. Altmeppen<br />

2000).<br />

Analog zu den Zielen bilden <strong>Medien</strong>unternehmen ihre organisationale Gestaltung<br />

aus. Die Strukturen werden aus den Zielen abgeleitet und bestehen aus den Regeln, den<br />

Verfahrensweisen und Ressourcen, denn nachdem „die organisatorischen Zielkriterien<br />

definiert sind, stellt sich als zweites die Aufgabe, organisatorische Instrumentalvariablen<br />

zu finden, durch deren Einsatz organisatorische Ziele unter gegebenen Constraints realisiert<br />

werden können.“ (Hill/Fehlbaum/Ulrich 1994, 170)<br />

Die „Instrumentalvariablen“ der <strong>Medien</strong>unternehmen bestehen aufbauorganisatorisch<br />

typischerweise in der Einrichtung von Ressorts und Programmredaktionen sowie<br />

den Abteilungen für Werbung und Vertrieb (vgl. Weischenberg 1992, 275ff.) und ablauforganisatorisch<br />

in einer entsprechenden Organisation der Geschäfts- und Produktionsprozesse<br />

nach Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten (vgl. von der Oelsnitz<br />

2000, 113; Krüger 1994, 15 ff.). Dies bedeutet einerseits, dass <strong>Medien</strong>unternehmen die<br />

Regeln und Ressourcen ihrer Ablauf- und Aufbauorganisation (die Strukturen) zielorientiert<br />

planen, steuern und kontrollieren (vgl. von der Oelsnitz 2000). In diese Strukturen<br />

ist das publizistische und ökonomische Handeln der <strong>Medien</strong>schaffenden eingebettet.<br />

Die Strukturen ermöglichen erfolgreiches publizistisches Handeln und schränken es<br />

zugleich ein, denn die zeitlichen Abläufe der aktuellen <strong>Medien</strong>produktion beispielsweise<br />

sind ohne konkrete Regeln und Verfahren kaum zu bewältigen. Die aufbau- und ablauforganisatorischen<br />

Instrumente und Verfahrensweisen der <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

können als Entscheidungsprogramme bezeichnet werden. Mit den Entscheidungsprogrammen<br />

werden die Ziele der <strong>Medien</strong>unternehmen insoweit konkretisiert, als sie Erwartungen<br />

an das publizistisch-ökonomische Handeln der Organisationsmitglieder formulieren<br />

(vgl. Luhmann 1987, 278 f.; 432 f.).<br />

Die Ermöglichung und Einschränkung medienwirtschaftlichen Handelns resultiert<br />

aus den situativen Bedingungen, den Constraints. Inwieweit die Entscheidungsprogramme<br />

– und damit im weiteren die Organisationsziele – erfolgreich umgesetzt werden<br />

können, entscheidet sich über die situativen Bedingungen. Hierzu gehören <strong>zum</strong> Beispiel<br />

197


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

das Vorhandensein oder Fehlen von Informationen, die Konkurrenzbedingungen und<br />

die Möglichkeit, Ressourcen zu aktivieren.<br />

Die Verfahrensweisen und Regeln in den <strong>Medien</strong>unternehmen werden also nicht einfach<br />

festgesetzt und dann fortgeschrieben, sondern sie werden auch verändert, weil sie<br />

den Umweltbedingungen und den situativen Anforderungen angepasst werden (vgl.<br />

Ortmann/Sydow/Windeler 1997, 318 ff.). Insbesondere die Marktorientierung der <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

(vgl. von der Oelsnitz 2000, 13 ff.) fordert permanent dazu heraus, die<br />

Entscheidungsprämissen und die operativen Entscheidungsprogramme zu vergleichen<br />

und möglicherweise anzupassen. Dem medienwirtschaftlichen Handeln ist somit eine<br />

Rekursivität von Regulierungen und Strukturierungen inhärent. Rekursive Regulierung<br />

und Strukturierung bedeutet, dass die Strategie Grundlage, aber auch Folge der<br />

(Markt-)Strukturen sein kann. Grundlage ist sie, wenn durch Strategien Marktstrukturen<br />

geschaffen oder verändert werden. Folge ist sie, wenn Strategien aufgrund von<br />

Marktstrukturen verändert werden (vgl. Ortmann/Sydow/Windeler 1997, 346 ff.; Zimmer/Ortmann<br />

1996, 90). Rekursive Regulierung und Strukturierung bedeutet weiterhin,<br />

dass „gerade dadurch, daß Regulation es an sich hat, das Handlungsfeld von Unternehmen<br />

zu strukturieren – also: zu öffnen und zu verengen –, ein strategisches Interesse und<br />

ein strategisches Bemühen dieser Unternehmungen hervorgerufen wird, ihrerseits auf<br />

die sie betreffenden Regulationen Einfluß zu nehmen.“ (Zimmer/Ortmann 1996, 105)<br />

Den Wettbewerb mit seinen permanent wandelnden Strategien und Strukturen empfinden<br />

die Konkurrenten als Regulierung, die sie strategisch beeinflussen und aktiv gestalten<br />

wollen.<br />

Die Rekursivität ergibt sich insbesondere aus den Unsicherheiten und Risiken der<br />

<strong>Medien</strong>produktion. So können im aktuellen Nachrichtenjournalismus Berichterstattungsereignisse<br />

häufig nicht geplant werden, denn Ereignisse sind nur selten planbar.<br />

Andererseits ist auch der Erfolg neuer Fernsehformate nicht prognostizierbar. Daher<br />

müssen die Strategien der <strong>Medien</strong>unternehmen immer wieder an die veränderten Umwelterfordernisse<br />

angepasst werden. Die Schleifen zwischen den internen Organisationsstrukturen<br />

und den Umweltdynamiken verlaufen rekursiv: Umweltveränderungen<br />

können innerorganisationale Restrukturierungen auslösen, wenn beispielsweise der<br />

Kirch-Konzern umfassende Organisationsveränderungen vornimmt, um den Konzern<br />

an die neuen Geschäftsmodelle des Pay-TV anzupassen (vgl. Röper 2001, 2). Andererseits<br />

wirken gerade diese organisationalen Veränderungen auf die Märkte zurück, denn<br />

die Konkurrenten passen ihre Strategien ebenfalls an die neuen Gegebenheiten an.<br />

Wenn nun <strong>Medien</strong>organisationen auf rekursive Weise ihre Ziele und Strukturen verändern,<br />

wenn sie Regeln und Produktionsprozesse anpassen, wenn sie ihre Ressourcen<br />

verlagern und an gewandelte Kundenbedürfnisse anpassen, werden diese Veränderungen<br />

beobachtbar und können möglicherweise als Merkmale der Ökonomisierung gedeutet<br />

werden. Diese Prozesse der Anpassung von publizistisch-ökonomischem Handeln<br />

an Strukturen und der Veränderung von Strukturen durch publizistisches Handeln<br />

sollen im Folgenden thesenhaft illustriert werden.<br />

3. Ökonomisierung der Entscheidungsprämissen<br />

Als erste These kann festgehalten werden, dass eine Ökonomisierung der Entscheidungsprämissen<br />

und somit der Strategien der <strong>Medien</strong>unternehmen beobachtet werden<br />

kann. Mit den Entscheidungsprämissen formulieren die Unternehmen die Rahmenbedingungen,<br />

die publizistischen und die ökonomischen Ziele. In der Strategielehre werden<br />

die möglichen Ziele nach innovativ und reaktiv, nach Kostenführerschaft und Pro-<br />

198


Altmeppen · Organisationssoziologische Perspektive<br />

duktdifferenzierung sowie nach internem und externem Wachstum unterschieden (vgl.<br />

Sjurts 1996, 5). Strategien in <strong>Medien</strong>märkten können jedoch immer weniger langfristig<br />

festgelegt werden. Um auf den <strong>Medien</strong>märkten erfolgreich zu agieren, müssen <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

permanent Entscheidungen über ihr Marktverhalten treffen und ihre Strategien<br />

an veränderte Marktstrukturen anpassen.<br />

Entscheidungsprämissen von <strong>Medien</strong>unternehmen bewegen sich somit immer auf<br />

einem schmalen Grat von publizistischem vs. ökonomischem Erfolg. Beide Erfolgsvarianten<br />

können durchaus deckungsgleich sein, wie etwa das Beispiel der Wirtschaftspresse<br />

verdeutlicht. Der Ausbau dieses Marktsegments, das grundsätzlich eine hohe<br />

Nachfrageflexibilität aufweist (vgl. Sjurts 1996, 71), beruht auf der gesteigerten Nachfrage,<br />

in dessen Folge sowohl neue Titel aufgelegt wie auch bestehende Titel ausgebaut<br />

wurden.<br />

Publizistisch induzierte Entscheidungsprämissen werden jedoch mehr und mehr zur<br />

Ausnahme. Ein zentrales Merkmal der Ökonomisierung liegt somit darin, dass die Entscheidungsprämissen<br />

und Strategien der <strong>Medien</strong>unternehmen im Blick auf ökonomisch<br />

Erfolg versprechende Kriterien ausgerichtet werden, wenn also das Unternehmensergebnis<br />

als Maßstab des Erfolges in den Vordergrund rückt und publizistische Entscheidungsprämissen<br />

verdrängt.<br />

So wird in der Programmplanung der TV-Sender beispielsweise deutlich, dass die<br />

Sendeinhalte zeitlich und inhaltlich nach Markterfolgskriterien gestaltet werden. Die<br />

Entwicklung neuer Formen und Formate (wie Populärjournalismus und Involvement-<br />

TV) resultiert aus differenzierter Marktbeobachtung und Marktforschung, deren Kriterien<br />

nicht aus dem Sachziel publizistischer Wettbewerb resultieren, sondern aus ökonomischen<br />

Gründen. Dies zeigt sich am hohen Anteil imitativer statt innovativer Produktneuerungen.<br />

Innovative Neuschöpfungen im Zeitschriftenmarkt, die maßstabsgetreue<br />

Adaption bestehender Zeitungstitel im WWW, neue Formate im TV: Immer<br />

folgen den innovativen und erfolgreichen Erstlingen regelhaft Imitationen, deren Ziel<br />

nicht in erster Linie darin liegt, ein Qualitäts- oder Alleinstellungsmerkmal zu schaffen,<br />

sondern am Erfolg zu partizipieren, Nischen zu besetzen und Monopole zu verhindern.<br />

Zu den Entscheidungsprämissen, die derzeit in <strong>Medien</strong>märkten dominieren, gehören<br />

des Weiteren die Strategien <strong>zum</strong> Wettbewerb. Konkurrenzverhältnisse werden im <strong>Medien</strong>bereich<br />

zunehmend von strategischen Allianzen (vgl. Altmeppen 1996) und Großfusionen<br />

geprägt. Die <strong>Medien</strong>unternehmen entscheiden nicht alternativ zwischen internem<br />

und externem Wachstum, sondern sie entscheiden anhand der Opportunität in den<br />

jeweiligen Situationen, in welchem Maße Wachstum erfolgen wird. Auch der Bertelsmann-Konzern<br />

verfolgt keine einheitliche Strategie: Im TV-Bereich dominiert eher externes<br />

Wachstum, wie die Fusion der CLT-UFA mit der britischen Pearson-Gruppe<br />

zeigt (vgl. Röper 2001, 2f.), während die Konzerntochter Gruner+Jahr stärker auf internes<br />

Wachstum setzt (vgl. Sjurts 1996, 108). Ein weiterer Beleg für die Ökonomisierung<br />

der Entscheidungsprämissen zeigt sich im – aus Wettbewerbsperspektive wenig<br />

beachteten – Werbesektor. Mit Kirch und Bertelsmann haben sich nicht nur Senderfamilien<br />

etabliert, die jeden weiteren Marktzutritt verhindern können, die beiden Konzerne<br />

haben zudem auch die Werbevermarkter konzentriert und in die Senderfamilien<br />

eingebunden (vgl. Horizont 27/2000, 6.7.2000, 45). Die Entscheidungsprämissen lauten<br />

hier, durch die Senderfamilien die Wertschöpfungskette zu sichern und durch die Konzentration<br />

der Werbepartner eine optimale Vermarktung zu garantieren.<br />

Wenn nun die Entscheidungsprämissen und Strategien ökonomisiert werden, dann<br />

hat das auch Folgen für die Entscheidungsprogramme, also die Planungs- und Produktionsprozesse<br />

in den einzelnen Unternehmensteilen.<br />

199


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

4. Ökonomisierung der Entscheidungsprogramme<br />

Ökonomisierung, so die zweite These, bedeutet auch die verstärkte Ausrichtung der<br />

Entscheidungsprogramme – und damit der Planungs- und Produktionsprozesse – an<br />

wirtschaftlichen Kriterien. Begleitet werden diese Veränderungen vorrangig von der<br />

Hoffnung auf Kostenminimierung und einem verschärften Kostencontrolling.<br />

Gruner + Jahr beispielsweise hat alle Zeitschriftentitel in Profitcentern zusammengefasst,<br />

an deren Spitze ein Verlagsgeschäftsführer steht (vgl. Horizont 26/2000, 29.6.2000,<br />

50). Auf diese Weise soll der Zeitschriftenbereich auf der Managementebene für die Zukunft<br />

fit gemacht werden, da die Profitcenter nach dem Markterfolg bewertet und gesteuert<br />

werden (vgl. zu Profitcentern allgemein: von der Oelsnitz 2000, 53 ff.). Der<br />

Schub an Ökonomisierung, der von Profitcentern ausgeht, resultiert unter anderem daraus,<br />

dass in Profitcentern – die in einem unternehmensinternen Wettbewerb stehen –<br />

kurzfristige Erfolge und übersteigertes Gewinnstreben vor langfristiger Unternehmenssicherung<br />

und innovativer Produktpolitik dominieren (vgl. von der Oelsnitz 2000,<br />

57).<br />

Das Kosten- und Erfolgsprinzip führt auf der Ebene der Produktion – Redaktionen,<br />

Produzenten – dazu, die Produktionsprozesse in höherer Form als in der Vergangenheit<br />

an ökonomischen Prinzipien zu orientieren. Die Effektivierung von Produktionsprozessen<br />

führt beispielsweise bei Tageszeitungen und im Hörfunk dazu, die Ressorts aufzulösen.<br />

Statt dieser thematischen Gliederung der Aufbauorganisation werden großflächige<br />

Bereiche eingerichtet, in denen die Journalistinnen und Journalisten neben der<br />

inhaltlichen Bearbeitung auch für die druckfertigen Vorlagen bzw. die Einhaltung der<br />

Formate zuständig sind (vgl. Moss 1998; Altmeppen/Donges/Engels 1999, 266). In zunehmendem<br />

Maße bestehen die Anforderungen für die Redaktionen darin, ein effizientes<br />

– also kostenorientiertes – Redaktionsmanagement einzurichten und ein gesamtunternehmerisches<br />

Marketing zu betreiben (vgl. Altmeppen 1999, 183 ff.). Insgesamt<br />

werden die Redaktionen nicht nur zu mehr unternehmerischem Denken angehalten,<br />

sondern strukturell (durch Zielsetzungen, Regeln und Ressourcen) ökonomisiert. Da<br />

die Redaktionsorganisation ein Spiegel des publizistischen Ziels von <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

ist, deuten der Rückgang differenzierter redaktioneller Organisation zugunsten<br />

großflächiger Bereiche und die Strukturierungen im Hinblick auf wirtschaftlichen Erfolg<br />

auf einen Vorrang ökonomischer Entscheidungsprogramme vor publizistischen<br />

Operationen.<br />

5. Ökonomisierung der Ressourcenallokation<br />

Ressourcen stellen in mehrfacher Hinsicht einen bedeutsamen Teil medienunternehmerischer<br />

Operationen dar. Zum einen sind allokative Ressourcen – wie Finanzmittel, Güter,<br />

Rechte – konstitutiver Bestandteil des unternehmerischen Handelns. Zum anderen<br />

stellen autoritative Ressourcen, wie etwa Kernkompetenzen (herausragende Fähigkeiten<br />

eines Unternehmens und strategische Vermögenswerte wie Reputation), wichtige<br />

Kriterien für dauerhafte Wettbewerbsvorteile und Gewinn- oder Renditengenerierung<br />

dar (vgl. Habann 1999, 23 ff.).<br />

Die Ressourcenfrage ist also in mehrfacher Hinsicht eng mit der Ökonomisierung<br />

verbunden. Erstens sind allokative Ressourcen, die zur <strong>Medien</strong>produktion notwendig<br />

sind, nur bei anhaltendem Unternehmenserfolg in ausreichendem Maße vorhanden. Für<br />

den Unternehmenserfolg hat die Marktorientierung eine Schlüsselrolle, so dass über die<br />

Ressourcen Unternehmensentscheidungen und Marktverhalten gekoppelt werden.<br />

200


Altmeppen · Organisationssoziologische Perspektive<br />

Zweitens sollen Ressourcen Nutzen stiften, also vor allem Kosten- oder Leistungsvorteile<br />

erbringen. Beobachtbar ist auch im <strong>Medien</strong>bereich eine Ökonomisierung der Ressourcenallokation,<br />

bei der die Frage in den Vordergrund rückt, wie Ressourcen effektiv<br />

gesteuert und verteilt werden können, um das Prinzip der Kostenminimierung zu verfolgen.<br />

Im Zuge dieser Entwicklung werden das Ressourcen- und das Verfahrensmanagement<br />

auf die ökonomischen Herausforderungen abgestimmt (vgl. Altmeppen 2000a). Die Anforderungen<br />

an das Ressourcenmanagement bestehen darin, die Budgets, die sich aus der<br />

Differenz von Kosten und Erlösen ergeben, zu planen, zu steuern und zu verteilen.<br />

Dementsprechend entscheidet das Ressourcenmanagement <strong>zum</strong> Beispiel darüber, welche<br />

Budgets für die Produktionsprozesse und welche für produktbegleitende Prozesse<br />

(Werbung, Marketing) zur Verfügung stehen. Insbesondere die Werbung avanciert derzeit<br />

zu einer wichtigen Ressource, denn mittlerweile sind die <strong>Medien</strong> selbst ihr bester<br />

Werbekunde (vgl. Horizont 43/2000, 26.10.2000, 6).<br />

In engem Zusammenhang mit dem Ressourcenmanagement steht das Verfahrensmanagement,<br />

mit dem die Entscheidungsprogramme koordiniert und die Ressourcen<br />

zielgerecht eingesetzt werden. Vom Verfahrensmanagement sind in erster Linie die Produktionsprozesse<br />

betroffen, die Koppelung von Verfahrens- und Ressourcenmanagement<br />

zeigt sich am deutlichsten am Beispiel des Outsourcing. Dies erfordert ein anderes<br />

Verfahrensmanagement als wenn die <strong>Medien</strong>unternehmen inhouse produzieren.<br />

Beim Süddeutschen Verlag gibt es eine „konsequente Vergabe von nicht <strong>zum</strong> Kerngeschäft<br />

gehörenden Tätigkeiten an externe Stellen und eine extrem schlanke interne Organisation.“<br />

(Schreiber 1999, 246) Die Entscheidung <strong>zum</strong> Outsourcing bedeutet ein verändertes<br />

Verfahrensmanagement, also jener organisationsinternen Handlungspraktiken,<br />

mit denen die Entscheidungsprogramme (Planung und Kontrolle der Produktionsprozesse,<br />

des Marketings und des Personal- und Qualitätsmanagements) umgesetzt werden.<br />

Mit Outsourcing sind andere Formen der Arbeitsgestaltung, der Arbeitsverträge und<br />

der Produktkontrolle verbunden als wenn inhäusig produziert wird. Outsourcing beispielsweise<br />

erfordert höhere Transaktionskosten (Suche nach geeigneten Produzenten<br />

und Inhalten, Gewährleistung der Produktion, Qualitätskontrolle) als die interne Produktion,<br />

es kann aber langfristig – aufgrund der geringeren Fixkosten und der Möglichkeit,<br />

Verträge schneller aufzulösen, – die kostengünstigere Produktionsart sein (vgl.<br />

Heinrich 1999, 157 ff.).<br />

6. Ökonomisierung des Angebotes<br />

Da die <strong>Medien</strong>unternehmen fortwährend das Dreieck von Budget, Quote und Inhalt<br />

austarieren müssen, wird – vor allem unter den Bedingungen hoher Fixkosten, dem<br />

Zwang zu innovativem Unternehmensverhalten sowie der nur sehr bedingt bestimmbaren<br />

Publikumsattraktivität (vgl. Kiefer 2001, 190f.) – die Vermarktung immer wichtiger.<br />

Damit verbunden ist ein weiterer Ökonomisierungsdruck im Hinblick auf das Angebot:<br />

Die <strong>Medien</strong>unternehmen besinnen sich immer weniger auf die Stärkung der publizistischen<br />

Dienstleistung, sondern vermehrt auf eine (absatz-)marktgerechte Produktgestaltung.<br />

Das betrifft <strong>zum</strong> einen die <strong>Medien</strong>angebote selbst, die mittels immer feinerer Methoden<br />

der Marktforschung eingeführt werden. Insbesondere Unterhaltungs- und<br />

Infotainmentprodukte werden vor der Ausstrahlung vielfach getestet: Die Stoffentwicklung<br />

von der Idee <strong>zum</strong> fertigen Drehbuch, das Casting von Darstellern und Moderatoren,<br />

der Sendeplatz und die begleitenden Marketingaktivitäten werden empirisch<br />

201


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

und vor allem im Hinblick auf den Markterfolg evaluiert (vgl. Schmidt/Spieß 1997,<br />

43 ff.; Siegert 2000, 187 ff.).<br />

Die Ergebnisse der Markt- und Meinungsforschung schlagen ebenso wie die zunehmenden<br />

Markenbildungsprozesse unmittelbar bis auf die Produktionsprozesse durch<br />

und verändern die Veröffentlichungsentscheidungen. Bei den unterhaltungsorientierten<br />

<strong>Medien</strong>angeboten wirken sich vor allem die Markenbildungsprozesse aus, durch die<br />

Idee und Umsetzung von <strong>Medien</strong>produkten den Strategien der Markenbildung und des<br />

Marketings unterworfen werden.<br />

Informationsorientierte <strong>Medien</strong>angebote werden zunehmend weniger nach publizistischen<br />

Kriterien ausgewählt und produziert. Die Programmplanung richtet sich nach<br />

vermeintlichen oder tatsächlichen Absatzchancen, redaktionelle Freiheiten werden beschnitten,<br />

da die Produkte nach Vermarktungs- und Wertschöpfungsgesichtspunkten<br />

ausgewählt werden (vgl. Altmeppen 2000). Mit den Schlagworten vom Redaktionsmanagement<br />

und -marketing soll der „Markterfolg auf dem Wege des konzeptionellen, organisatorischen<br />

Personal- und Kostenmanagements“ gesichert werden (Meckel 1999,<br />

22). Im Marketing wird die Marktorientierung von <strong>Medien</strong>unternehmen – und damit die<br />

Anfälligkeit für organisationsinterne Ökonomisierung – in deutlicher Weise erkennbar.<br />

Aufgrund der Entscheidungen und Strategien, der Ressourcen und Verfahren der <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

wird, so kann aus den bisherigen Thesen geschlossen werden, das<br />

publizistische Handeln durch wirtschaftliches Handeln überformt. Beschleunigt wird<br />

dieser Prozess der Ökonomisierung, weil die jeweiligen <strong>Medien</strong>angebote sich auf den<br />

Märkten bewähren müssen. Der Markt ist ein öffentlicher Ort, auf dem der Absatz von<br />

Produkten in Form der Akzeptanz des Publikums beobachtet werden kann. Doch nicht<br />

nur die Quoten und Auflagen, sondern auch die dahinter stehenden Unternehmensentscheidungen<br />

werden sichtbar und können von den Konkurrenten beobachtet werden.<br />

Mit der Etablierung neuer Programmformate und neuer Zeitschriftentitel (wie etwa dem<br />

Segment der Wirtschaftszeitungen) und ihrer Akzeptanz durch die Rezipienten werden<br />

neue Marktstrukturen geformt. Die Konkurrenz reagiert auf die beobachteten Prozesse<br />

und die neuen Strukturen wiederum mit eigenen Strategien, indem erfolgreiche Produktlinien<br />

imitiert oder eigene innovative Konzepte umgesetzt werden.<br />

7. Ökonomisierung der Ökonomisierung<br />

Mit der rekursiven Regulierung und Strukturierung kann eine Spirale beschrieben werden,<br />

bei der Strategien und Strukturen der Unternehmen und die Strukturen der Märkte<br />

sich gegenseitig beeinflussen und vorantreiben. Diese Spirale macht zudem deutlich,<br />

dass die Ökonomisierung keinesfalls allein dem Wettbewerb zugeschrieben werden<br />

kann, sondern dass die <strong>Medien</strong>unternehmen aktiv an der Ökonomisierung beteiligt sind.<br />

Dieser Prozess kann als Ökonomisierung der Ökonomisierung definiert werden. Jeder<br />

Schritt eines Unternehmens hin zu vermehrter Marktorientierung wird von den Wettbewerbern<br />

mit konkurrierenden ökonomischen Strategien beantwortet. Der jahrelange<br />

Prozess hin zur TV-Marktbeherrschung durch die Senderfamilien Kirch und Bertelsmann<br />

ist ein ausdrucksstarker Beleg für rekursive Interdependenzen und Anpassungsverhalten<br />

zwischen dem strategischen Handeln und den Strukturen der Unternehmen<br />

und den Märkten und dem aktiven Beitrag der Unternehmen zur Ökonomisierung.<br />

Ökonomisierung wird also „produziert“, sie vollzieht sich keineswegs als Resultat<br />

unbeeinflussbarer Marktkräfte, ganz im Gegenteil wirken die <strong>Medien</strong>unternehmen erheblich<br />

an der Ökonomisierung mit. Der Grad des unternehmerischen Einflusses hängt<br />

davon ab, welche Gestaltungsmacht die <strong>Medien</strong>unternehmen mobilisieren können.<br />

202


Altmeppen · Organisationssoziologische Perspektive<br />

Gestaltungsmacht als Faktor der Ökonomisierung speist sich aus den zwei Komponenten<br />

Verhandlungsmacht und Kapitalmacht. Die Formen beider Komponenten gehen<br />

zurück auf die Ressourcen der <strong>Medien</strong>unternehmen. So entsteht Verhandlungsmacht<br />

im Zusammenhang mit autoritativen Ressourcen. Diese „beziehen sich auf Typen<br />

des Vermögens zur Umgestaltung, die Herrschaft über Personen oder Akteure generieren“<br />

(Giddens 1997, 86) und äußern sich beispielsweise in Reputation, Image und<br />

schließlich im Einfluss. Mit Verhandlungsmacht suchen <strong>Medien</strong>unternehmen beispielsweise<br />

politischen Einfluss geltend zu machen, unter anderem, um die De-Regulierung<br />

von <strong>Medien</strong>märkten voranzutreiben. Auch im ökonomischen System unterstützt die<br />

Verhandlungsmacht erfolgreiche Geschäftsabschlüsse, <strong>zum</strong> Beispiel bei anstehenden<br />

Fusionen.<br />

Das Ausmaß der Verhandlungsmacht hängt in starkem Maße von der Kapitalmacht<br />

der Unternehmen ab. Kapitalmacht entsteht aus der Verfügbarkeit allokativer Ressourcen,<br />

also Formen des Vermögens zur Umgestaltung und der „Herrschaft über Objekte,<br />

Güter oder materielle Phänomene“ (Giddens 1997, 86). Mit der Verbindung von Verhandlungs-<br />

und Kapitalmacht erwachsen den <strong>Medien</strong>unternehmen Möglichkeiten, die<br />

Regulierung und Strukturierung der Wettbewerbsverhältnisse und die Marktergebnisse<br />

in ihrem Sinne zu gestalten.<br />

Am Beispiel Multimedia und Bertelsmann wird erkennbar, wie sich mediale Gestaltungsmacht<br />

entwickelt und wie diese Macht auf rekursiven Regulierungen und Strukturierungen<br />

beruht. In dem Moment, wo Bertelsmann Multimedia als Zukunftsmarkt entdeckte,<br />

wurden zwei Entwicklungsstufen zu zentralen Entscheidungsprämissen des<br />

Konzerns: die zentrale Koordination der Multimedia-Aktivitäten und die Schaffung einer<br />

Produktlinie Multimedia (vgl. Liedl 1999). Diesen Entscheidungsprämissen folgt<br />

nun die Umsetzung über Entscheidungsprogramme in den einzelnen Unternehmensbereichen<br />

– beim Verfahrensmanagement beispielsweise durch umfassendes externes<br />

Wachstum (Aufkauf von oder die Beteiligung an einer Vielzahl von Unternehmen im<br />

Bereich Multimedia) sowie unternehmensintern durch die Einrichtung eines neuen Unternehmensbereiches<br />

„Multimedia“ sowie die Ausrichtung bestehender Bereiche wie<br />

Buchklub auf multimediale Aktivitäten. Zugleich wurde mit dem Rückzug von Bertelsmann<br />

aus dem Pay-TV-Geschäft und der Beendigung der Allianz mit Kirch das Marktverhalten<br />

verändert. Mit diesen Aktivitäten versucht Bertelsmann – ganz im Sinne einer<br />

aktiven, rekursiven Regulierung und Strukturierung – den Markt Multimedia, der derzeit<br />

überhaupt erst einmal geschaffen werden muss, im Sinne der eigenen Strategien (mit)<br />

zu gestalten.<br />

8. Resümee<br />

Mit organisationssoziologischen Studien kann der zentrale Raum der Koordinationsund<br />

Entscheidungsprozesse in den <strong>Medien</strong>unternehmen erfasst und seine Verschränkung<br />

mit anderen Unternehmen und Märkten thematisiert werden. Die medienunternehmerischen<br />

Strategien und die Marktstrukturen stehen in einem Verhältnis rekursiver<br />

Regulierung und Strukturierung, was erheblich zur Ökonomisierung beiträgt. Die Strategien<br />

der <strong>Medien</strong>unternehmen beeinflussen die Marktstrukturen, wie umgekehrt die<br />

Marktstrukturen sich auf die Strategien der Unternehmen auswirken. Mit diesen Verschränkungen<br />

wird die Ökonomisierung der <strong>Medien</strong> spiralförmig vorangetrieben.<br />

In die Prozesse der Ökonomisierung sind die <strong>Medien</strong>unternehmen aktiv eingebunden.<br />

Durch Verhandlungs- und Kapitalmacht suchen sie nach Möglichkeiten, Märkte<br />

und Wettbewerbsbedingungen in ihrem Sinne zu gestalten. Der aktive Part der Me-<br />

203


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

dienunternehmen an der Ökonomisierung ist nicht die einzige Dimension, aber <strong>zum</strong>indest<br />

doch eine treibende Kraft der Ökonomisierung.<br />

Literatur<br />

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204


Altmeppen · Organisationssoziologische Perspektive<br />

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205


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Ökonomisierung aus unternehmensstrategischer<br />

Perspektive<br />

Ursachen, Formen und Folgen der globalen Kommerzialisierung medialer<br />

Wertschöpfungsprozesse<br />

Carsten Winter / Matthias Karmasin<br />

Der Beitrag will eine Lücke zwischen eher allgemeineren Aussagen über die Rolle von<br />

<strong>Medien</strong>unternehmen in der Kommunikationswissenschaft und spezifischeren im Rahmen<br />

der Betriebswirtschaft und Managementlehre schließen. Dazu ist es notwendig,<br />

zwischen Ökonomisierung, als allgemeinem gesellschaftlichen Prozess, und Kommerzialisierung,<br />

als einem von <strong>Medien</strong>unternehmen vorangetriebenen, zunehmend globalen<br />

Prozess, zu unterscheiden. Diese Unterscheidung wird mit einer historisch-systematischen<br />

Darstellung von Ökonomisierung eingeführt. Sodann werden Ursachen für die unternehmensstrategisch<br />

forcierte Kommerzialisierung medialer Kommunikation aufgezeigt<br />

sowie deren Formen im Kontext medialer Wertschöpfungsprozesse beschrieben.<br />

Den Beitrag beschließt ein Fazit, das Folgen der globalen Kommerzialisierung von <strong>Medien</strong>kultur<br />

in den Kontext von Ökonomisierung und Globalisierung stellt und neu entstehende<br />

Herausforderungen für die Kommunikationswissenschaft aufzeigt.<br />

1. Einleitung<br />

Als in den siebziger Jahren in der Debatte über eine „New World Information and Communication<br />

Order“ (NWICO) und in der UNESCO die moralische, soziale und professionelle<br />

Verantwortung von <strong>Medien</strong>unternehmen herausgestellt wurden, schien eine<br />

globale Regulierung wahrscheinlich. In der NWICO-Debatte vertraten u. a. Vertreter<br />

ehemaliger Kolonialstaaten die Auffassung, dass sich US-amerikanische Werbe- und<br />

<strong>Medien</strong>unternehmen in ihren Ländern einer spezifischen Form von Kultur-Imperialismus,<br />

eines „<strong>Medien</strong>-Imperialismus“, schuldig machen. 1 Anders als von der großen<br />

Mehrzahl in der UNESCO angenommen, kam es aber nicht zu einer globalen Regulierung,<br />

sondern in der Ära Reagan/Thatcher zu einer bis dahin nicht für möglich gehaltenen<br />

und bis heute andauernden Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung, die<br />

auf der ganzen Welt Bedingungen und Voraussetzungen medialer Kommunikation verändert<br />

haben.<br />

Multinational agierende <strong>Medien</strong>unternehmen, die von dieser Entwicklung unmittelbar<br />

profitierten, wurden indes – was überrascht – im Hinblick auf ihre Rolle in diesem<br />

globalen Wandel der Bedingungen und Voraussetzungen medialer Kommunikation aus<br />

kommunikationswissenschaftlicher Perspektive noch nicht systematisch erforscht. Die<br />

Vervielfachung ihrer Zahl in den letzten zwanzig Jahren 2 deutet aber auf eine Verflechtung<br />

dieser Prozesse hin. So haben etwa international tätige US-basierte <strong>Medien</strong>- und<br />

Werbekonzerne – im Verbund mit Markenartikelherstellern – seit den 60er Jahren im-<br />

1 Vgl. insbes. Tunstall 1977; Tomlinson 1991: 34–67 sowie Hermann/McChesney: 10–40.<br />

2 Die Zahl multinational operierender Unternehmen in den größten 14 Industrieländern stieg von<br />

7.000 im Jahr 1970 auf 24.000 im Jahr 1990. Für 1993 werden mindestens 38.000 multinational<br />

operierende Unternehmen mit mehr als 200.000 Tochtergesellschaften angenommen (Messner<br />

1998).<br />

206


Winter / Karmasin · Unternehmensstrategische Perspektive<br />

mer wieder die Zulassung von Werbung in Angeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks<br />

gefordert. Versuche von <strong>Medien</strong>unternehmen, strategisch Einfluss auf nationale<br />

<strong>Medien</strong>politik zu nehmen, sind vielfach belegt (vgl. Herman/McChesney: 58–64). Es<br />

ist unbestritten, dass multinational engagierte Unternehmen die „primary shaper and<br />

mover“ der Globalisierung sind (Dicken 1998). Insbesondere in <strong>Medien</strong>ökonomien als<br />

economies of scale und economies of scope ergeben sich für transnationale <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

durch Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung vielfältige, neue<br />

strategische Optionen, deren Realisierung Strukturen und Inhalte von <strong>Medien</strong>kulturen<br />

und -ökonomien verändert. Um diese Strategien, die in der Kommunikations- und <strong>Medien</strong>wissenschaft<br />

bislang nicht angemessen reflektiert wurden, erforschen zu können,<br />

wird im Beitrag zunächst eine begriffliche Differenzierung zwischen Ökonomisierung<br />

und Kommerzialisierung vorgenommen. Diese Vorarbeit ist notwendig, um Prozesse,<br />

die durch Strategien von Unternehmen induziert sind, von allgemeineren gesellschaftlichen<br />

Prozessen überhaupt unterscheiden zu können. Sodann werden zentrale Ursachen,<br />

typische Formen und strukturelle Folgen der globalen Kommerzialisierung der <strong>Medien</strong><br />

unter expliziter Berücksichtigung der Sicht von Unternehmen dargestellt und in den<br />

umfassenderen Kontext von Ökonomisierung und Globalisierung gestellt. Damit wird<br />

versucht, eine Lücke zu schließen, die McQuail bereits 1986 aufgezeigt hat, und die nach<br />

wie vor besteht: „Es gibt in der gesamten Kommunikationstheorie keinen einzigen Ansatz,<br />

der sich zentral mit dem Phänomen des ,Comercialism‘ auseinandersetzt“ (Mc-<br />

Quail 1986: 633).<br />

2. Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>industrie?<br />

In der Kommunikationswissenschaft besteht trotz – oder gerade wegen – der weiten<br />

Verbreitung des Ökonomisierungsbegriffs kein Konsens, was unter Ökonomisierung<br />

genau zu verstehen ist, welche empirischen Indikatoren diesen Prozess messen, was dabei<br />

die Wirtschaft und Unternehmen für eine Rolle spielen, was seine Ursachen, Formen<br />

und Folgen sind. Die Frage nach der Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>industrie als eines angenommenen<br />

und unterscheidbaren Prozesses kann nur beantwortet werden, wenn ein<br />

angemessener theoretischer Bezugsrahmen und weiter evidente Indikatoren empirisch<br />

plausibel gemacht werden, die etwas über den Grad dieses Prozesses aussagen können.<br />

In dieser wenig zufrieden stellenden Situation führt kein Weg an Jürgen Habermas vorbei.<br />

Er hat mit seiner „Theorie des kommunikativen Handelns“ (1988/orig. 1981) – insbesondere<br />

in Verbindung mit der eher historischen Arbeit „Strukturwandel der Öffentlichkeit“<br />

(1993/orig. 1962) – einschlägige Arbeiten zu dieser Problematik vorgelegt. 3<br />

Die Theorie des kommunikativen Handelns behandelt Ökonomisierung historisch im<br />

Kontext klassischer Sozialtheorie und systematisch im Kontext der Historisierung der<br />

Systemtheorie. Habermas setzt sich mit Ökonomisierung als der Entstehung des Kapitalismus<br />

aus dem Geist des Protestantismus (Weber 1988) auseinander und zeigt, dass<br />

die Entstehung protestantischer Soziallehren, die funktionale Imperative der kapitalistischen<br />

Ökonomie erfüllen, 4 nur eine historische Form gesellschaftlicher Rationalisierung<br />

3 Es sei daran erinnert, dass Habermas die Theorie des kommunikativen Handelns als Weiterentwicklung<br />

seiner Arbeit <strong>zum</strong> Strukturwandel der Öffentlichkeit versteht (Habermas 1990:<br />

33–44, insb. 34).<br />

4 Das klassische Beispiel ist die calvinistische Doktrin, die den Grand des irdischen Reichtums<br />

mit der Gottwohlgefälligkeit der Lebensführung gleichsetzt.<br />

207


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

darstellt. Diese dürfe nun aber, und das ist das zentrale Argument bei Habermas, nicht<br />

mit gesellschaftlicher Rationalisierung „an sich“ gleichgesetzt werden (Habermas 1988:<br />

299–331, insb. 306). Die Differenzierung der Rationalitätslehre Webers plausibilisiert<br />

Habermas in seiner Arbeit als Entkopplung von System und Lebenswelt historisch und<br />

systematisch im Kontext von Parsons <strong>Medien</strong>theorie. Ökonomisierung ist als einer neben<br />

anderen Rationalisierungsprozessen zu verstehen, in denen Handeln unter die Bedingungen<br />

symbolisch generalisierter Kommunikation gerät – wo also Handeln zunehmend<br />

durch den Einsatz symbolisch generalisierter <strong>Medien</strong> wie Geld, Macht oder Recht<br />

usf. organisiert wird. 5<br />

Die Relevanz symbolisch generalisierter <strong>Medien</strong> und ihre zunehmende Bedeutung<br />

ist empirisch leicht nachvollziehbar. So verändert das Medium Recht die Lebenswelt,<br />

weil es Sachverhalte aus familiären Regelungskontexten in jene z. B. von Straf-, Scheidungs-,<br />

Erbrecht usf. überführt. Wie dieser Verrechtlichungsprozess ist auch der Prozess<br />

der Ökonomisierung zu verstehen, den Habermas freilich pointierter fasst als andere<br />

Autoren: „In dem Maße wie das ökonomische System die Lebensform der privaten<br />

Haushalte und die Lebensführung von Konsumenten und Beschäftigten seinen Imperativen<br />

unterwirft, gewinnen Konsumismus, Besitzindividualismus, Leistungs- und<br />

Wettbewerbsmotive prägende Kraft.“ (Habermas 1988: 480)<br />

Ökonomisierung ist eine in den Sozialwissenschaften eingeführte Kategorie zur Bezeichnung<br />

eines Prozesses, in dem ökonomische (Zweck-)Rationalität als eine gesellschaftlich<br />

legitime und ethisch legitimierte Form der Begründung und der Koordination<br />

von Handlungen an Bedeutung gewinnt. Zur Beschreibung und <strong>zum</strong> Verständnis<br />

oder zur Erklärung von Veränderungen in der <strong>Medien</strong>industrie ist diese Kategorie allerdings<br />

unbrauchbar. Nicht nur, weil sie seit jeher die zentrale Handlungsbegründung<br />

und Handlungskoordination in der Wirtschaft beschreibt, sondern weil sie es nicht<br />

zulässt, wirtschaftliche Prozesse von gesellschaftlichen Prozessen zu differenzieren.<br />

Dies aber wäre zu leisten, wenn die Rolle von <strong>Medien</strong>unternehmen in ihrer Bedeutung<br />

bei der globalen Transformation von weitgehend national regulierten und in Teilen öffentlich-rechtlich<br />

organisierten <strong>Medien</strong>systemen in deregulierte, prinzipiell für unternehmerische<br />

Betätigung offene <strong>Medien</strong>systeme bestimmt werden soll. Was aber ist charakteristisch<br />

für <strong>Medien</strong>unternehmen im Hinblick auf ihre Rolle in der Gesellschaft?<br />

Was sind die Voraussetzungen und Bedingungen des Handelns von <strong>Medien</strong>unternehmen?<br />

Welche Ursachen veränderten in den letzten Jahren aus Sicht der Unternehmen<br />

Voraussetzungen und Bedingungen, unter denen sie Erfolgspotenziale entwickeln und<br />

Wettbewerbsvorteile erzielen können?<br />

3. Die Kommerzialisierung der globalen <strong>Medien</strong>wirtschaft<br />

Die NWICO-Debatte hatte sich u. a. das Ziel gesetzt, die nationale Zuständigkeit für<br />

<strong>Medien</strong> – und damit ein bewährtes Spannungsfeld – zu erhalten. Dieses bestand zwischen<br />

Ökonomisierung als komplexer ethisch und religiös plausibilisierter Form gesellschaftlicher<br />

Rationalisierung, Publizität i. S. publizistischer Öffentlichkeit und allgemeiner<br />

Zugänglichkeit, und der Intention von <strong>Medien</strong>unternehmen, in und mit diesem<br />

System Gewinne zu erwirtschaften. Diese unternehmerische Intention wird mit dem<br />

Begriff Kommerzialisierung markiert (v. Kommerz, wirtschaftliches, nur auf Gewinn<br />

5 Vgl. zu Parsons <strong>Medien</strong>konzept Habermas 1988; zur Entkopplung von System und Lebenswelt:<br />

233–293, zur Theorie der Steuerungsmedien ebd.: 384–419.<br />

208


Winter / Karmasin · Unternehmensstrategische Perspektive<br />

bedachtes Interesse; Herkunftswörterbuch, Duden, 1989). Die Erforschung von Kommerzialisierung<br />

als der von Unternehmensinteressen geleiteten Veränderung der Prozesse,<br />

Strukturen und Inhalte von <strong>Medien</strong>ökonomie, die – wie McQuail (1986) hervorhebt<br />

– in der Kommunikationswissenschaft keine Tradition hat, rückt nun in das Zentrum<br />

der Darstellung.<br />

Die an der NWICO-Debatte beteiligten Nationalstaaten waren der Auffassung, dass<br />

sie und ihre Organe, die während des 20. Jahrhunderts die Verfassung nationaler <strong>Medien</strong>systeme<br />

sowie entsprechend den Grad an Publizität, Ökonomisierung und Kommerzialisierung<br />

in diesem verantworteten, sich bewährt hätten. Diese Annahme bestimmte<br />

1993 auch die 8. Runde der GATT-Verhandlungen, das Allgemeine Zoll- und<br />

Handelsabkommen. Nach sieben Jahren Verhandlungen über Zollsenkungen, Einfuhrbeschränkungen<br />

usf. zwischen am Ende 117 Staaten wurde der Abschluss zuletzt durch<br />

den Streit zwischen den USA und Europa über den Charakter audiovisueller <strong>Medien</strong><br />

blockiert, die schließlich auf Wunsch der Europäer aus den Verhandlungen ausgeklammert<br />

blieben (Brinkemper/Dadelsen et al. 1994: 7).<br />

Die Vorbehalte der Europäer gegenüber der liberalen Auffassung, die in Film und<br />

Fernsehen internationale Handelswaren sieht, kamen freilich zehn Jahre zu spät. Denn<br />

mindestens so lange wurde in allen großen Unternehmen – auch <strong>Medien</strong>unternehmen –<br />

bereits die Diskussion über die Globalisierung der Märkte geführt. 1983 hatte der Wirtschaftswissenschaftler<br />

Theodore Levitt die Globalisierung der Märkte postuliert (Lewitt<br />

1983). Nach dieser These blieben Unternehmen nur dann wettbewerbs- bzw. überlebensfähig,<br />

wenn sie global konkurrieren könnten. Seit Mitte der achtziger Jahre wurden<br />

Internationalisierungs-Aktivitäten ganz erheblich verstärkt (vgl. Apfelthaler 2000) und<br />

es kam weiter – auch aufgrund von Kritik am Kulturimperialismus der USA und des Erfolges<br />

japanischer Unternehmen – zu einer verstärkten Erforschung der Erfolgsbedingungen<br />

interkulturellen Managements (vgl. Winter 2000).<br />

Die Ursachen für die globale Kommerzialisierung der <strong>Medien</strong>wirtschaft sowie für die<br />

Veränderung von Aufgaben und Kontexten von <strong>Medien</strong>management können hier nur<br />

in Stichworten dargestellt werden (vgl. dazu Karmasin/Winter 2000). Als eine der ersten<br />

Ursachen für die Qualität und Quantität der Entwicklung globaler und die Grenzen<br />

von vorherrschenden <strong>Medien</strong>systemen überwindender Kommerzialisierungsstrategien<br />

dürfte durchaus Levitts These gesehen werden. Noch wichtiger wurde aber die Diskussionen<br />

über das Buch „Wettbewerbsvorteile – Spitzenleistungen erreichen und behaupten“,<br />

dessen Einfluss auf Strategien von Unternehmen gar nicht überschätzt werden<br />

kann (Porter 1986). Porter hat in diesem Buch mit der Wertkette (value chain) den<br />

grundlegendsten strategischen Rahmen entwickelt. Porter weitet Levitts Annahme über<br />

Märkte auf alle Wertschöpfungsstufen aus und bezieht nicht nur die Allokation, sondern<br />

auch Investition, Wertbestimmung usf. in die strategischen Überlegungen über Erfolgspotenziale<br />

und Wettbewerbsvorteile mit ein. Das folgende Grundmodell einer<br />

Wertschöpfungskette ist an Porter orientiert:<br />

1. Investition<br />

2. Werbestimmung<br />

3. Werterstellung<br />

4. kommunikative Wertvermittlung<br />

5. Allokation<br />

6. Kundendienst<br />

7. Kunde.<br />

Der Moment, in dem die globale Wettbewerbsfähigkeit jeder Werterstellungsstufe für<br />

ein Unternehmen zur strategischen Herausforderung wird, verändert diese erheblich.<br />

209


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Nun entsteht ein sehr viel konkreterer Kommerzialisierungsdruck. Das Management<br />

beginnt nun, systematisch die Leistungsfähigkeit jeder Wertschöpfungsstufe mit der anderer<br />

Unternehmen – weltweit – zu vergleichen und im Hinblick auf Möglichkeiten zur<br />

Optimierung und zu anschlussfähiger Wertschöpfung zu analysieren.<br />

Diese Entwicklung lässt sich für die Unternehmen der <strong>Medien</strong>branche seit Mitte der<br />

achtziger Jahre im Zuge der Bedeutung der so genannten „Komplettierung von Wertschöpfungsketten“<br />

aufzeigen. Sie hat zu konglomerater Konzentration und zu vertikalen<br />

Integrationsbemühungen geführt. 6 Exemplarisch ist etwa die Übernahme von Warner-Communication<br />

durch Time Inc. im Jahr 1989, mit der Bertelsmann als damaliger<br />

Branchenprimus abgelöst wurde. Der neue Vorstand von Time-Warner erläuterte die<br />

Strategie des Unternehmens im Schreiben an die Aktionäre aus dem gleichen Jahr wie<br />

folgt: „Jeder Spieler im <strong>Medien</strong>business wird versuchen, vertikal integrierte Unternehmen<br />

zu schaffen, die mit den neuen Realitäten des globalen Marktes konkurrieren können.<br />

Um diese Herausforderung finanziell zu bewältigen, werden die Unternehmen dramatisch<br />

wachsen müssen. Folglich verfolgen wir zwei Ziele: erstens den Aufbau eines<br />

vertikalen <strong>Medien</strong>konglomerats und zweitens eine aggressive Expansion außerhalb unseres<br />

Landes.“ (zit. n. Dadelsen 1994: 11)<br />

Die Eröffnung strategischer Optionen, wie insbesondere durch die Globalisierung der<br />

Märkte bzw. von Stufen der Werterstellung, darf ohne Zweifel als wichtigste Ursache<br />

für die Erfolge der größten <strong>Medien</strong>unternehmen der Welt und weiter der globalen Kommerzialisierung<br />

der <strong>Medien</strong>kultur angesehen werden. Dies gilt nicht nur auch, sondern<br />

insbesondere im Kontext der Frage nach der Bedeutung von technischen Entwicklungen<br />

für Erfolgspotenziale und Wettbewerbsvorteile. Es ist unbestritten, dass technische<br />

Entwicklungen wie das Satellitenfernsehen und Glasfaserkabel eine Voraussetzung des<br />

globalen Erfolgs von Unternehmen wie Viacom, CNN oder News Corporation waren<br />

(vgl. Herman/McChesney: 70–105). Internationalisierung und Globalisierung erhielt<br />

durch Technikentwicklungen und entsprechende Wettbewerbsvorteile auf eher technologieabhängigen<br />

Stufen der Wertschöpfung enormen Rückenwind. Entscheidend bleibt<br />

aber, dass dieser nur bei entsprechender strategischer Positionierung auch umgesetzt<br />

werden kann. Dass dies selbst „Global Playern“ nicht immer gelingt, zeigen Trends wie<br />

Konvergenz und etwa die Nutzung des WWW zur Entwicklung von Erfolgspotenzialen<br />

überall auf der Welt.<br />

Geostrategische Differenzierung wurde in den letzten Jahren eine immer wichtigere<br />

Managementstrategie – und zwar auch in den traditionellen <strong>Medien</strong>branchen und weiterhin<br />

auch als Strategie im Hinblick auf die Aktivitäten auf jeder Wertschöpfungsstufe.<br />

Sogar der unzugängliche regionale Tageszeitungsmarkt ist von der Globalisierung<br />

eingeholt, wie unlängst der Kölner Zeitungskrieg zeigte. Die globale kommerzielle <strong>Medien</strong>-<br />

und Kommunikationskultur ist längst Realität geworden.<br />

4. Formen der globalen Kommerzialisierung medialer Kommunikation<br />

Die globale Kommerzialisierung medialer Kommunikation hat – wie aufgezeigt – Bedingungen<br />

und Voraussetzungen von Kommunikation auf eine Weise verändert, die mit<br />

abstrakten Begriffen wie Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung nicht adä-<br />

6 Zur Geschichte verschiedener Phasen unternehmerischer Strategien in der deutschen <strong>Medien</strong>branche<br />

vgl. Sjurts 1996: 239–241; zu den Strategien der größten <strong>Medien</strong>unternehmen der Welt<br />

vgl. Sjurts 1998.<br />

210


Winter / Karmasin · Unternehmensstrategische Perspektive<br />

quat erfasst werden können. Neben der Erforschung von Ursachen für diese Entwicklung<br />

stellt deshalb insbesondere die Beschreibung der Formen der globalen Kommerzialisierung<br />

eine Herausforderung für die Kommunikationswissenschaft dar.<br />

McQuail beschreibt Kommerzialisierung in seinem Beitrag von 1986 als doppelten<br />

Druck, der von der Profitorientierung einerseits und dem Publikum andererseits – insbesondere<br />

auf den Kommunikator – ausgeht. 7 Weiter differenziert er verschiedene Formen<br />

von Kommerzialisierung auf den vier Ebenen Gesellschaft, Publikum, Kommunikator<br />

und soziale Handlungsträger hinsichtlich entstehender Vor- und Nachteile. Letztlich<br />

bleibt aber auch bei McQuail der entscheidende Akteur, die Unternehmung, unberücksichtigt.<br />

Dies hängt, wie Prott gezeigt hat, wohl damit zusammen, dass McQuail<br />

annimmt, dass der Gutscharakter eines medialen Angebotes über dessen gesellschaftliche<br />

Bedeutung entscheidet (Prott 1994: 504). Dann wäre aber Kommerzialisierung, wie<br />

Prott resümiert, „nichts anderes als die Umwandlung ,öffentlicher Güter‘ in ,marktfähige<br />

Produkte‘“ (ebd.). McQuails implizite Theorie der Kommerzialisierung baut<br />

dann aber auf der (künstlichen) Unterscheidung zwischen „gesellschaftlich notwendigem“<br />

und „verkäuflichem Wissen“ auf. Wie problematisch diese Grundunterscheidung<br />

ist, dürfte aber auch McQuail aufgefallen sein. Er forderte für die Kommunikationstheorie<br />

am Ende seines Beitrags die „,Entheiligung‘ von Kommunikation für eine differenzierte<br />

Forschung“ und schlägt vor, Alternativen zwischen beiden Polen zu entwickeln<br />

(McQuail 1986: 642f.).<br />

McQuails Grundunterscheidung von „gesellschaftlich notwendigen“ einerseits und<br />

„verkäuflichen“ <strong>Medien</strong>angeboten andererseits ist gleich aus mehreren Gründen problematisch.<br />

Zunächst ist sie viel zu einfach. Sie erlaubt z. B. keine Differenzierung von<br />

Kommerzialisierung. Eine solche Möglichkeit ist aber historisch notwendig, um in der<br />

Geschichte anzutreffende, etwa branchenspezifische Formen von Kommerzialisierung<br />

zu unterscheiden. Habermas hat in seiner Arbeit <strong>zum</strong> Strukturwandel der Öffentlichkeit<br />

bekanntlich gezeigt, dass die kommerzielle Ausrichtung des Verlagswesens mit der<br />

Entstehung der bürgerlichen Presse seit Ende des 17. Jahrhunderts publizistisch unterlaufen<br />

wurde. Damals „trat der erwerbswirtschaftliche Zweck solcher Unternehmen<br />

meist ganz in den Hintergrund; ja sie verstießen gegen alle Regeln der Rentabilität, oft<br />

Verlustgeschäfte von Anbeginn“ (Habermas 1990: 275–292, hier 276). Habermas fasst<br />

zusammen: Die Unternehmer sicherten der Presse eine „kommerzielle Basis, ohne sie<br />

jedoch als solche zu kommerzialisieren“ (ebd.: 277). Ihre Erwerbschancen als auch kommerzielle<br />

Veranstaltung beginnt die Presse erst mehr als hundert Jahre später nach Etablierung<br />

des bürgerlichen Rechtsstaats und einer legalen publizistisch-politischen Öffentlichkeit<br />

verstärkt zu nutzen.<br />

Weiter unterschätzt McQuails Kommerzialisierungs-Grundunterscheidung die<br />

Komplexität des Verhältnisses von Unternehmen zu ihren Anspruchsgruppen auf fast<br />

naive Weise (vgl. insbes. Karmasin 1998: 89–147). Diese Argumente lenken aber von<br />

dem grundsätzlichen Problem ab: Es geht nicht um ein Entweder-Oder, sondern darum,<br />

ob und welche Kommunikation öffentlich bereitgestellt werden sollte, und wie dies zu<br />

bewerkstelligen ist. Können es sich Gesellschaften erlauben, kommerzielle <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

bei dieser Frage außen vor zu lassen? Dies anzunehmen, wäre bei der aufgezeigten<br />

Realität der globalen Kommerzialisierung nicht nur naiv, sondern falsch. Eine<br />

7 „Der eine Druck wird als von ,oben‘ kommend gesehen, von einer Organisationsstruktur, die<br />

an maximaler Profitgewinnung orientiert ist, der andere Druck als von ,unten‘ kommend, vom<br />

Bedarf oder unterstellten Bedarf des Massenpublikums.“ (McQuail 1986: 634)<br />

211


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

solche Position würde unterstellen, dass kommerziell verfasste und arbeitende <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

nicht in der Lage wären, öffentliche Kommunikation auf eine der demokratischen<br />

Gesellschaft förderliche Art und Weise zu produzieren. Diese Position wird<br />

in dieser ausschließenden Form – <strong>zum</strong>indest in demokratischen Gesellschaften – nicht<br />

mehr vertreten. Um verstehen zu können, wie Unternehmen an der Konstitution der<br />

bestmöglichen demokratischen öffentlichen Publizität beteiligt werden können, gilt es,<br />

Kommerzialisierungsstrategien sorgfältiger als bisher zu erforschen und dadurch besser<br />

zu verstehen.<br />

Kommerzialisierungsstrategien zielen auf ganz unterschiedliche Stufen und Ebenen<br />

unternehmerischer Leistungserstellung. Es geht nicht mehr nur um Größenvorteile, also<br />

um „vertikale Integration“ und „geostrategische Expansion“, die noch bei der Übernahme<br />

von Warner-Communications durch Time Inc. im Vordergrund standen. Aktuell<br />

gewinnen geostrategisch differenzierte Kleinheits- und Schnelligkeitsvorteile an Bedeutung<br />

(vgl. insbes. Albaran 1998); sowie Vernetzungsvorteile (vgl. z. B. Windeler/<br />

Lutz et al. 2000), die Konzentration auf Kernkompetenzen (vgl. z. B. Habann 2000), die<br />

Verbesserung der organisationalen und personalen Leistungsfähigkeit (vgl. z. B. Deters<br />

1997), spezifische Durchführungskompetenzen (vgl. z. B. Borrmann 1997) und im Zusammenhang<br />

mit Konvergenzphänomenen die Entwicklung und Etablierung von Kommerzialisierungspotenzialen<br />

in neuen Geschäftsfeldern (vgl. etwa Zerdick et al. 1999:<br />

179–217, sowie spezieller etwa Hummel 2000).<br />

Noch nie hatten <strong>Medien</strong>unternehmen so viel Spielraum, Strategien zu entwickeln und<br />

Investitionsentscheidungen zu treffen. Durch die Konvergenz, die Komplexität und<br />

Globalität der Möglichkeiten sind sie aber auch in eine Situation geraten, in der es für sie<br />

immer schwieriger wird, sich im globalen inter- und intramedialen Wettbewerb zu positionieren.<br />

Für die Kommunikationswissenschaft stellt sich daher die Frage, wie Spezifika<br />

von Kommerzialisierung erkannt und dargestellt werden können. Aufgrund der<br />

Kundenorientierung und des analytischen Potenzials sind wir der Auffassung, dass dies<br />

mit der Wertkette am besten gelingt (vgl. auch Zerdick et al. 1999: 50–58).<br />

Die Identifikation und Beschreibung der Formen von globaler Kommerzialisierung<br />

medialer Kommunikation entlang der Wertschöpfungsstufen zeigt eine Vielzahl von<br />

Widersprüchen und Konflikten, die in der Kommunikationswissenschaft nur in der Redaktionsforschung<br />

berücksichtigt werden, die aber auf die Stufe der Werterstellung fokussiert<br />

ist (vgl. Altmeppen 2000) und Konflikte zwischen verschiedenen Interessen,<br />

Kulturen und Begründungsrationalitäten, die sich auf anderen Stufen der medialen<br />

Werterstellung ergeben, unberücksichtigt lässt (vgl. dazu insbes. Winter 2000).<br />

Für die Wissenschaft wird es darauf ankommen, Kommerzialisierungsphänomene<br />

nicht zu vereinfachen, sondern angemessen zu differenzieren. Dies hier zu leisten würde<br />

den Rahmen sprengen. Einige Stichworte mögen die Verschiedenartigkeit und Widersprüchlichkeit<br />

der Formen von Kommerzialisierung andeuten. Im Hinblick auf die<br />

erste Wertschöpfungsstufe „Investition & Finanzierung“ ist Kommerzialisierung z. B.<br />

in Form neuer Finanzierungsmöglichkeiten beobachtbar. Dabei können freilich auch<br />

neue Zwänge entstehen, wie durch eine wertorientierte Unternehmensführung, die verstärkt<br />

M & A-Aktivitäten erforderlich macht, oder IR-Aktivitäten. Hier entstehen für<br />

aktiennotierte Unternehmen völlig neue Refinanzierungsmöglichkeiten. Gleiches gilt<br />

für die Stufe der Wertbestimmung, die als eigenes Profit-Center zu einem Think-Tank<br />

ausgebaut werden könnte. Eine so ausgebaute Stufe könnte die Reaktionen z. B. von<br />

jüngeren Konsumenten auf Angebote des Unternehmens auswerten und intermedial<br />

weiterverwerten usf. Bei der Werterstellung werden Konsumenten über Best-Practice-<br />

Communities in die Weiterentwicklung von Programmformaten eingebunden usf. Das<br />

212


Winter / Karmasin · Unternehmensstrategische Perspektive<br />

gilt aber nicht nur für Konsumenten, sondern auch für die Werbung oder Markenartikler,<br />

die im Rahmen von Kommerzialisierungsstrategien ebenfalls neu integriert werden.<br />

Solche und ähnliche Hinweise ließen sich für alle anderen Stufen der Werterstellung<br />

finden und ausdifferenzieren. Nichts anderes ist strategische Planung (vgl. Maier<br />

2000).<br />

Diese Beispiele zeigen, dass die geläufige Definition, die Kommerzialisierung eng im<br />

Kontext von Kommerz ausschließlich als eine alleinige Gewinnorientierung definiert,<br />

die verschiedenen Formen der Wertschöpfung unberücksichtigt lässt, die aufgrund der<br />

unternehmerischen Wettbewerbs- und Gewinnorientierung freigesetzt werden. Diese<br />

Potenziale stiften ihren Nutzen aber eben in der Regel nicht der Gesellschaft, sondern<br />

nur den Bürgerinnen und Bürgern, die ihn sich leisten können: den Konsumenten. Es ist<br />

die Frage zu stellen, unter welchen Bedingungen Formen von Kommerzialisierung von<br />

Unternehmen Potenziale schaffen, die nicht nur einzelnen Konsumenten, sondern der<br />

Gemeinschaft nutzen.<br />

Für Unternehmen ist bei der Beurteilung ihrer Kommerzialisierungsstrategien aber –<br />

trotz widerstrebender Rationalitäten und Begründungsinteressen – der entstehende<br />

Wettbewerbsvorteil und monetäre Erfolg maßgeblich. Strategien von Unternehmen und<br />

Formen der Kommerzialisierung können dabei sehr unterschiedlich sein, weil ja auch<br />

die Ziele, Märkte, Rationalitäten, Unternehmen, Kernkompetenzen, Visionen, Zielgruppen<br />

u. v. a. m. der Unternehmen sehr unterschiedlich sein können. Es wäre durchaus<br />

denkbar, dass <strong>Medien</strong>unternehmen in den Wettbewerb um Beiträge zur öffentlich<br />

beispielhaften Schöpfung von für die Allgemeinheit wertvollen Potenzialen entlang der<br />

medialen Wertschöpfung treten. Beispiele für entsprechende Wettbewerbe bieten nicht<br />

nur die üblichen Fernsehpreise, sondern öffentliche Ausschreibungen in anderen Branchen<br />

oder sogar Vorausleistungen, die im Hinblick auf Infrastrukturhilfe üblich sind.<br />

Z. B. könnte ein Wettbewerb um neue <strong>Medien</strong>angebote, die etwa der Demokratisierung<br />

der Gesellschaft dienen, Kommerzialisierungsstrategien sogar für die Gesellschaft nutzen.<br />

Die Konzentration auf Formen von Kommerzialisierung auf Seiten der Unternehmen<br />

und insbesondere im Hinblick auf ihre Strategien soll nicht den Eindruck erwecken,<br />

dass es andere Formen der Kommerzialisierung, wie sie etwa McQuail im<br />

Kontext der von ihm differenzierten Ebenen aufgezeigt hat, nicht auch gibt. Insbesondere<br />

zeigen die Cultural Studies, wie Konsumenten mit Angeboten der Kulturindustrie<br />

immer wieder neu und kreativ umgehen können (Featherstone 2000; Bromley 2000;<br />

Fiske 2000). Hier ging es um einen Eindruck von der Vielfalt und Widersprüchlichkeit<br />

von Kommerzialisierung innerhalb kommerzieller medialer Wertschöpfung. Die Qualität<br />

der Diskussion so genannter Folgen von Kommerzialisierung dürfte wesentlich<br />

von der Qualität der Differenzierung ihrer Erscheinungsformen und Widersprüche abhängen.<br />

5. Folgen der globalen Kommerzialisierung medialer Kommunikation<br />

Die Folgen der Kommerzialisierung medialer Kommunikation haben, anders als in den<br />

achtziger Jahren erwartet, zu keiner endlosen konglomeraten Konzentration beigetragen<br />

(vgl. Albarran 1998). Es ist auch keine dem Kulturimperialismus vergleichbare Form<br />

des <strong>Medien</strong>imperialismus beobachtbar, derart, dass bestimmte <strong>Medien</strong>angebote andere<br />

unterdrücken würden, wie fremde Kulturen in Kolonien unterdrückt worden sind (vgl.<br />

Ang 1999). Auch der Albtraum der Kulturindustrie, die Wiederkehr des immer Gleichen,<br />

die Kulturindustriethese, hat sich in der Realität der global kommerzialisierten<br />

213


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

medialen Kommunikation nicht bewahrheitet (vgl. Adorno 1972 und zusammenfassend<br />

Dubiel 1990).<br />

Gleichwohl dürfen der Grad und die Art der Veränderungen – insbesondere vor dem<br />

Hintergrund demokratischer Werte wie Vielfalt, Gleichheit und Solidarität – nicht unterschätzt<br />

werden. Der Wettbewerb auf den <strong>Medien</strong>märkten und die Renditeerwartungen<br />

der Aktionäre oder Eigentümer lassen es kaum mehr zu, dass Kommerzialisierung<br />

quasi von unten publizistisch unterlaufen wird. Der Wettbewerb zeigt sich z. B. sehr<br />

deutlich bei der Diffusion neuer Dienste und Angebote durch kleinere Unternehmen,<br />

die derzeit großen Unternehmen aufgrund ihrer schnelleren Reaktionsgeschwindigkeit<br />

und ihrer geringeren Transaktionskosten erheblich zu schaffen machen. Neben den Integrationsanforderungen<br />

und Folgen aus dem Umfeld von Globalisierung, die in der<br />

<strong>Medien</strong>politik diskutiert werden (vgl. Jarren 2000; Jarren/Meier 1998), setzt in der <strong>Medien</strong>wirtschaft<br />

global ein Strukturwandel ein, der ebenfalls erhebliche Folgen hat, die im<br />

Fach noch überhaupt nicht diskutiert werden. Die Desintegration der vormals konglomeraten<br />

und vertikal integrierten <strong>Medien</strong>wirtschaft in eine zunehmend größere Zahl<br />

von Klein- und Kleinstfirmen auf der einen und schlanken, globalen Händlern und Besitzern<br />

von Rechten, Kapital und Vertriebswegen auf der anderen Seite hat zur Folge,<br />

dass der Staat über Infrastrukturhilfen für die KMUs wieder ins Spiel gebracht wird,<br />

ohne dass er Finanzierung, Personalentwicklung und die Sicherheiten von Konzernen<br />

bietet. Die eine Folge dieser Entwicklung, die zunehmend hervor tritt, ist der rapide<br />

Wandel der Anforderungen an Inhalte und Zielsetzungen der <strong>Medien</strong>ausbildung. Die<br />

Diskussion, die hier über Professionalisierung (vgl. Karmasin/Fried 1998) sowie im<br />

Hinblick auf die Notwendigkeit einer Orientierung am Schnittstellenmanager, dem<br />

Leitbild der Personalauswahl, geführt wird, wird immer dringlicher (vgl. die Beiträge in<br />

Deters/Winter 1997 sowie zuletzt Winter 2000a).<br />

Die Komplexität der Bedingungen und Voraussetzungen des strategischen Handelns<br />

von <strong>Medien</strong>unternehmen sowie die Verschiedenartigkeit von Kommerzialisierung auf<br />

den einzelnen Wertschöpfungsstufen stellt die Forschung vor erhebliche Probleme. Dies<br />

gilt insbesondere für die Kommunikationswissenschaft, die bei der Erforschung unternehmerischer<br />

Werterstellungsprozesse (in ihrer ganzen Länge) sowie der Beschreibung<br />

verschiedener Formen von Kommerzialisierung Neuland betritt. Der Tatbestand, dass<br />

Konzepte der Betriebswirtschaftslehre die Vielfalt der strategischen Optionen, die sich<br />

auf den Stufen medialer Wertschöpfung aus verschiedenen Perspektiven durchaus ergeben<br />

können, nur eindimensional reflektieren, macht diese Herausforderung noch einmal<br />

bewusst. Daher ist die Kommunikationswissenschaft gefordert, einen eigenständigen,<br />

spezifischen Beitrag zu erbringen, der im Kontext der Globalisierungsdiskussion bereits<br />

gefordert wird (Jarren/Meier 1998: 233). Diesen im Hinblick auf die Nutzung von Kommerzialisierungspotenzialen<br />

für die Gesellschaft im Kontext von Globalisierung und<br />

Kulturwandel zu erbringen, sollte für die <strong>Medien</strong>- und Kommunikationswissenschaft<br />

eine willkommene Herausforderung sein. Explizit ließe sich etwa der Stakeholder-Ansatz<br />

nutzen, um kommerzielle Strategien auf den Wertschöpfungsstufen zu analysieren,<br />

aber eben nicht nur vor dem Hintergrund der marktlichen Verwertung, sondern auch,<br />

um etwa neue Möglichkeiten publizistisch wertvoller medialer Wertschöpfung zu entwickeln.<br />

Das zentrale Defizit der zu erbringenden genuin kommunikationswissenschaftlichen<br />

Leistung, den Wandel der <strong>Medien</strong>wirtschaft und insbesondere der Strategien der <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

als den zentralen Akteuren im Kontext von Gesellschaftswandel zu<br />

berücksichtigen, besteht in der Unterkomplexität bislang verwendeter Theorien und<br />

Modelle. Diese sind kaum in der Lage, die Rolle zunehmend transnational und glei-<br />

214


Winter / Karmasin · Unternehmensstrategische Perspektive<br />

chermaßen integriert und desintegriert agierender Unternehmen im Kontext von Wandel<br />

und von Gesellschaft zu beschreiben und kritisch zu reflektieren. Um diese Engführungen<br />

zu überwinden, ist eine multiperspektivische, multidisziplinäre und multidimensionale<br />

Vorgehensweise erforderlich. Dabei dürfte eine methodologisch, theoretisch<br />

und empirisch enge Orientierung an (erstens) konkreten Prozessen betrieblicher<br />

Werterstellung, (zweitens) den Ansprüchen von Gruppen an Unternehmen (Stakeholder-Orientierung)<br />

und (drittens) der empirischen Evidenz der Widersprüchlichkeit des<br />

Umgangs mit <strong>Medien</strong>angeboten hilfreich sein. Auf diese Weise wäre einerseits die Nähe<br />

<strong>zum</strong> materialen und formalen Gegenstandsbereich des Faches gewährleistet, andererseits<br />

bliebe es möglich, Kommerzialisierung als konkreten Teilprozess von Ökonomisierung<br />

zu differenzieren und im umfassenden Kontext von Gesellschafts- und Kulturwandel<br />

sowie Globalisierung zu diskutieren.<br />

Die Autoren haben versucht zu zeigen, dass Kommerzialisierung, die Erweiterung der<br />

Re-Finanzierungsmöglichkeiten, nicht nur neue Optionen und Herausforderungen für<br />

<strong>Medien</strong>unternehmen schafft, sondern auch gesellschaftliche Implikationen hat. Eine der<br />

in diesem Zusammenhang wesentlichsten Herausforderungen ist die zunehmende Globalisierung<br />

medialer Wertschöpfungsprozesse. Transnational tätige Unternehmen versuchen,<br />

Content in verschiedensten kulturellen Kontexten zu verwerten, wobei sie zunehmend<br />

gesellschaftliche Ökonomisierungsprozesse zu unterlaufen beginnen. Im<br />

Kontext von Globalisierung verändert sich das Verhältnis von Ökonomisierung und<br />

Kommerzialisierung (als ursprünglicher Teilprozess von Ökonomisierung). Verstärkt<br />

sollte deshalb der „Economic-Turn“ der Kommunikationswissenschaft in Richtung einer<br />

verstärkten Betrachtung der Rolle der <strong>Medien</strong>unternehmung (also der Meso-Ebene)<br />

auch die Erforschung der Globalisierung medialer Produkte und Dienste im Kontext<br />

der Veränderung der Strukturen und Inhalte von Wertketten integrieren.<br />

Literaturverzeichnis<br />

Adorno, T. W. (1972): Résumé über Kulturindustrie. In: Prokop, D. (Hrsg.): Massenkommunikationsforschung<br />

1: Produktion. Frankfurt/Main, S. 347 – 354.<br />

Albarran, A. B. (1998): The Coalescence of Power: The Transformation of the Communication Industries.<br />

In: Picard, R. G. (Ed.): Evolving Media Markets: Effects of Economic and Policy<br />

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217


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

The Internet’s impact on incumbent media firms:<br />

a management perspective<br />

Lucy Küng<br />

This article explores the impact of the Internet on incumbent media firms from the perspective<br />

of management theory. It examines how with the arrival of the Internet media<br />

firms have become exposed to a strategically demanding environment characterised by<br />

high levels of uncertainty, not least surrounding the fundamental operating model for online<br />

media. One result has been a shift in organisational priorities within media firms,<br />

specifically in favour of business and commercial issues at the expense of cultural and intellectual<br />

concerns, a development this article terms ‘commercialisation’. The article finds<br />

that this process can be observed at firm and at product level. The article concludes by<br />

suggesting that the emergence of the Internet has served to reinforce commercialisation<br />

processes that were already present in the media industry. It predicts that while the pace<br />

of development in the online field may have slowed, the uncertainties intrinsic to its<br />

strategic context and the challenges associated with its management mean that commercialisation<br />

pressures are likely to persist.<br />

Introduction<br />

The emergence of the Internet has heralded a new era for incumbent media firms. From<br />

a management perspective one of the most noteworthy aspects of this is an increasing<br />

emphasis on financial and commercial concerns at the expense of broader social, intellectual<br />

or cultural ones, a development which is evident at both firm and product (content)<br />

level. Adopting the standpoint of management theory this article explores these<br />

changes.<br />

The St. Gallen Management Model provides the broad structure whereby developments<br />

are analysed at three levels: the strategic context or environment of media organisations,<br />

the media firm itself, and the core product of the media organisation, media<br />

content. In terms of media firms, the article adopts the standpoint of incumbent media<br />

organisations – that is existing media players with their origins in the traditional mass<br />

media, as opposed to ‘insurgent’ new media firms.<br />

The pace of change in the new media arena, the significant intrinsic differences in national<br />

media systems, and the sheer volume of variables at work in the competitive environment<br />

mean that this article can only offer an idealised typology of developments in<br />

the broadest sense. The speed and scope of change creates terminological problems also.<br />

To date the terms ‘new media’ and ‘new economy’, while frequently used, particularly<br />

by practitioners, are ambiguous at best. Unfortunately they can be taken to imply that<br />

that which went before was ‘old’ and by extension antiquated and out of date. This is<br />

not the case with this article where ‘old’ is used in the sense of ‘existing’ or ‘traditional’<br />

and does not carry implicit negative connotations. Similarly ‘new’ is used in the sense of<br />

‘emergent’ and does not per se imply ‘superior’.<br />

A changing strategic context<br />

The online media owe their existence to the emergence of the Internet. Around the<br />

world, uptake of the Internet by businesses and consumers has been extraordinary. It is<br />

218


Küng · management perspective<br />

the world’s fastest growing communications medium (US Department of Commerce,<br />

1998) and as of June 2000 over 300 million people worldwide have online access 1 . From<br />

an environmental perspective the Internet can be viewed as one – arguably dominant –<br />

element in a complex amalgam of entwined technological and political change<br />

commonly termed ‘convergence’, a phenomenon this article understands as the gradual<br />

erosion of structural barriers between the media, telecommunications and information<br />

technology industries and markets (Fidler, 1997; Chakravarthy, 1997; Bradley and<br />

Nolan, 1998; Collis et al., 1997).<br />

The emergence of the Internet placed incumbents under a pressure to embrace online 2<br />

media that with the benefit of hindsight appears extreme. This stemmed from many directions,<br />

from many different stakeholder groups, at once. Arguably at the root of this<br />

sense of urgency was the financial markets’ enthusiasm for the new media sector. From<br />

the mid-1990s to early 2000 extraordinarily high valuations were awarded to businesses<br />

that sought to exploit the potential of the Internet. Those concerned with the provision<br />

of content were some of the most highly rated of all (Gemini, undated). This led in<br />

turn to pressure from shareholders and key executives who wanted to participate in this<br />

bonanza, and was further amplified by a widely held view that the online world was<br />

characterised by powerful order of entry advantages (i. e. that the ‘first mover’ in the Internet<br />

arena would establish an unassailable beachhead, and that laggards would be severely<br />

disadvantaged) (Helmore, 2000). A further imperative came from consumers,<br />

who had adopted the Internet far more speedily than had been anticipated (although<br />

they were in general attracted by communications-based ‘content’ such as chat and e-<br />

mail rather than ‘traditional’ forms of content available over the Internet).<br />

As a result of these pressures Internet-related activities became a strategic priority for<br />

incumbent media firms and many made very significant financial commitments to the<br />

field 3 (Hatlestad, 2000; Deutsche Bank, 1999; Harding, 2000a, 2000b; Ewing, 2000).<br />

They moved aggressively online and in consequence were exposed to a very different<br />

strategic environment. Environmental change is not new to the media industry – from<br />

the 1980s onwards the sector had undergone a series of far-reaching changes. But while<br />

these changes brought with them at times dramatic consequences, they represented in<br />

general incremental, albeit one off, alterations to the status quo – a gradual liberalisation<br />

of markets, a gradual introduction of new transmission technologies for existing categories<br />

of media products, a gradual shift from collective to individual payment systems,<br />

a gradual adoption of PC-based production methods and so on.<br />

Through their engagement with the Internet, incumbents came into contact with an<br />

‘emergent’ strategic context (Porter, 1980), very different to the ‘mature’ one they were<br />

accustomed to. Mature contexts are characterised by slow growth, intense competition<br />

between a known group of well-entrenched players and knowledgeable customers.<br />

Emergent environments, such as those surrounding the high tech and Internet sectors,<br />

1 Figures from Screen Digest, June 2000: 191.<br />

2 Online media are defined as services, interactions or transactions that require continuous connection<br />

to an electronic communications network (Fidler, 1997). The electronic network referred<br />

to in this paper is the Internet.<br />

3 For example during the first quarter of 2000 Reuters announced it had budgeted investments of<br />

£500m over the next four years, Reed Elsiever £600-700m over the next three years, and BSkyB<br />

£250m over the next 18 months. All of these investment programmes have since been scaled back<br />

or cancelled.<br />

219


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

are dynamic ‘highly competitive, high velocity’ contexts (Eisenhardt and Brown, 1998)<br />

where levels of uncertainty are high. Industry boundaries are unclear, new business concepts<br />

emerge rapidly and established ones are equally easily displaced (Robins and<br />

Wiersema, 1999), technology and consumer preferences are uncertain and competition<br />

comes from many directions at once, from start-ups, from other incumbents, and from<br />

new types of substitutes.<br />

Summary 1: Changes to incumbent media firms’ strategic context<br />

‘Traditional’ media industry<br />

‘New media’ industry<br />

incremental: significant but nature of environmental radical: discontinuous,<br />

gradual, episodic change change fast-moving and ongoing<br />

mature: slow growth, intense nature of strategic emergent: technological<br />

competition from entrenched environment uncertainty, competition<br />

players<br />

from new players,<br />

short-term planning horizons<br />

stable, static, knowledgeable nature of markets turbulent, first-time<br />

consumers<br />

buyer markets<br />

Changing management priorities<br />

Emergent contexts present a complex management challenge, particularly for established<br />

players ‘encumbered’ by fixed assets and ‘legacy’ systems and processes. They demand<br />

high levels of management attention, in turn forcing a preoccupation with matters<br />

of management and business from all senior level employees whether they occupy management<br />

or creative functions. When the competitive arena is constantly evolving and<br />

unpredictable, the nature of strategic activity changes. In theoretical terms attention<br />

shifts from the ‘content’ of strategy to the ‘process’ by which it is developed and implemented.<br />

Rather than develop detailed strategies based on extensive competitive analysis,<br />

management must instead ensure the organisation is capable of adapting in step with<br />

evolving markets, through providing scope for autonomous action, by establishing joint<br />

ventures and alliances and acquiring new capabilities. This means they must not only be<br />

creative from a product perspective but from an organisational one too.<br />

The increasing complexity of the management task inevitably deflects attention away<br />

from traditional product-related concerns. In the case of online media, this was compounded<br />

by the financial uncertainties present in the online sector as a whole. These centred<br />

on the issue of ‘business model’. This ubiquitous and loosely-defined term refers to<br />

how a company does business and generates revenue (Porter, 2001). The ‘default’ business<br />

model for traditional media businesses (with the exception of public service broadcasters)<br />

has been that they receive revenue in return for delivering audiences to advertisers,<br />

those audiences having been attracted by the content media products ‘contain’.<br />

Characteristics of this model are that it has a significant component of indirect payment<br />

(a large proportion of costs being born by advertisers or, in the case of public service<br />

broadcasters, by public contributions) and is collective (payment models are based on<br />

aggregating the largest possible number of consumers – a mass audience) and based on<br />

standardised products.<br />

220


Küng · management perspective<br />

In the new media field there are, theoretically, at least three options for funding online<br />

content, advertising, subscription and transaction fees, but as yet however none has<br />

proved entirely successful. It was initially assumed that a business model relying on a<br />

combination of advertising and transaction fees would evolve 4 . This proved not to be<br />

the case and to date online advertising revenues have been modest and unreliable (Warburg<br />

Dillon Read, 2000). Similarly, subscription fees, one of the longest-established<br />

business models for offline content, have been a limited success online. The chief barrier<br />

is simply that Internet users have come to expect information for free, and appear willing<br />

to pay only for certain categories of content, for example ‘adult’ content (pornography),<br />

betting and gaming. Disappointment over advertising and subscription revenues<br />

led to increasing interest in the possibilities of e-commerce as a potential source of revenue.<br />

So far however e-transaction incomes have also been modest (Warburg Dillon<br />

Read, 2000).<br />

As a result, new media divisions came to exert a disproportionately large impact on<br />

their parent organisation, in particular forcing an organisation-wide concentration on issues<br />

of funding and finance. Online media activities are expensive and in the absence of<br />

online revenues these costs must be met through cross subsidisation by offline media activities.<br />

Further, during the late 1990s and early 2000s most public media companies<br />

were seeking an early flotation of their Internet divisions as a means of capitalising on<br />

the high valuations placed on internet-related businesses and providing shares to finance<br />

growth through acquisitions and to compensate key executives. Indeed in the absence<br />

of real profits, an early IPO (initial public offering) became almost the default business<br />

model for online media businesses. This also forced a short-term financial perspective,<br />

since both the IPO process and publicly-listed status are characterised by intense attention<br />

on revenues and market share.<br />

Summary 2: Changes to incumbents’ organisational focus<br />

‘Traditional’ media firm<br />

‘New’ media firm<br />

‘content’ of strategy strategy focus ‘process’ of strategy<br />

incremental – improvements focus of product new to the world<br />

to existing products and innovation products and services<br />

development of new products<br />

along established lines<br />

well-established, proven business model uncertain<br />

product-focused (product management priorities organisation-focused<br />

creativity, marketing)<br />

(technology, strategy,<br />

finance)<br />

4 See, for example, Vogel, 1999.<br />

221


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Changes to media content<br />

At the content level, a process of commercialisation can be observed in the blurring of<br />

boundaries between editorial and commercial elements and in the fact that online commercial<br />

considerations exert a far stronger influence over the nature of content displayed<br />

than in an offline environment.<br />

Content lies at the heart of all media businesses. From a management perspective the<br />

activity of creating content 5 is the sector’s defining ‘core competence’ (Hamel and Prahalad,<br />

1994; Kay, 1993) and the thread that connects the diverse sub-sectors ranging<br />

from scientific publishing to traffic bulletins. The so-called ‘mass paradigm’ has long defined<br />

the ‘mass’ media industries. This refers to the delivery of a universal, identical message<br />

from a powerful and centralised message source to a potentially unlimited audience.<br />

The essential model therefore is a point-to-multipoint one whereby communication is<br />

one way; the receiver of the message is not able to communicate with the sender of the<br />

message using the same media (McQuail, 1987; v. Krogh/Roos, 1986). This paradigm reflects<br />

two linked environmental phenomena prevalent during the emergence of the electronic<br />

mass media. The first, increasingly invalid in the current converging climate, was<br />

that bandwidth was scarce and needed to be rationed, and the second was a conviction<br />

that the mass media had the power to shape public attitudes. Thus the ‘old’ media model<br />

is predicated on a limited number of outlets, a virtually captive audience and scarcity<br />

of product in the face of mass demand (Wolf, 1999a).<br />

The mass media model is linear and highly structured – content is either ‘on’ or ‘off’<br />

and submitted to consumers sequentially according to pre-determined formats (DeFleur<br />

and Dennis, 1998; Makar, 2000). There is a clear distinction between content and the<br />

medium by which that content is delivered to the consumer: the medium is the carrier<br />

of the information and content is the information itself . Further, in the offline space the<br />

economic value of content is important but not all-encompassing – content is also felt to<br />

bestow important non-economic merits, for example to promote an engaged and alert<br />

democracy, to safeguard vulnerable values such as freedom of information and freedom<br />

of speech.<br />

From the content perspective, the emergence of the Internet has given rise to an entirely<br />

new paradigm governing its form and function which reflects the intrinsic characteristics<br />

of the Internet as a communications medium. First, it is an interactive, ‘pull’<br />

technology, meaning that content can be personalised and made available on demand.<br />

The underlying communication model online is that of large numbers of users engaged<br />

in interactive, unmediated, individual media experiences. Second, the medium and message<br />

are inextricably interlinked. Content (the media product being delivered in some<br />

digital form) is inseparable from the technology by which it is generated, and value to<br />

users resides as much technological aspects as in informational ones. Thus online content<br />

is simultaneously a product and a service, and the development of online content is<br />

perhaps closer to software development than journalism, characterised by trial and error,<br />

research, development and debugging. Further, whereas traditional media content<br />

5 The term ‘content’, although a now ubiquitous label for the products produced by media organisations,<br />

only came to be used in that sense around 1996 (Geirland and Sonesh-Kedar, 1999).<br />

Prior to that ‘content’ was a somewhat specialist term for the messages conveyed by media products<br />

and generally used in connection with ‘content analysis’.<br />

222


Küng · management perspective<br />

is produced by professionals for consumers, in an Internet environment the consumers’<br />

role is more pro-active – extending as far as generating content for themselves. 6<br />

As a result, rather than being an extension of the offline content paradigm, online content<br />

is a media form unto itself. Whereas offline content tends to revolve around three<br />

core elements – the ‘Reithian trio’ of information, education and entertainment, online<br />

content defined at its loosest comprises virtually anything that appears on a screen. Chat<br />

room conversations, dating and betting services and file sharing sites such as Napster and<br />

banner adverts all ‘qualify’ to those in the industry as online content. In practice this<br />

broad span of content falls into four categories:<br />

• Information: The narrowband Internet is data-heavy, reflecting the strengths of the<br />

medium as a means of accessing, sorting and customising information, and the<br />

unimaginable range, breadth, depth and diversity (from the thousands of sources) it<br />

offers.<br />

• Communication: One-on-one communication between users has always been an important<br />

element of online activity. Services which allow contact and interaction –<br />

email, chat, interactive bulletin boards – helped fuel the early success of the medium<br />

as a whole and of leading players such as AOL (indeed in the beginning AOL offered<br />

little more than chat). Although these communications activities involve text, they are<br />

essentially extensions of oral communication.<br />

• Community: Community sites built around common interests serve to funnel and<br />

aggregate contact activities, and since the medium’s inception such communities<br />

have matured and become increasingly sophisticated, task-orientated and commercial.<br />

• Commerce: In an online environment content and commerce are converging – media<br />

companies are becoming more commerce orientated and commerce companies are<br />

becoming concerned with developing content (Wolf, 1999b: 205; Forrester, 1999;<br />

Hatlestad, 2000). For example Amazon.com, an e-commerce site, features many elements<br />

– book reviews, synopses, extracts etc.- that are essentially content, and, conversely,<br />

content sites such as Redherring.com offer links to commercial services and<br />

embed advertising in chat rooms that take users directly to e-commerce sites.<br />

There are a number of reasons why overtly-commercial content has become a critical<br />

element of the online content paradigm. First it simply reflects an opportunistic response<br />

to the intrinsic capabilities of Internet as a communications medium. There has always<br />

been a strong natural link between content and commerce – every purchase decision is<br />

based on information (content). On the Internet this link becomes dynamic – users can<br />

move directly from information to purchase. Further, particular types of online content<br />

– search engines, product configurators, user recommendation sites etc. can act as powerful<br />

boosts to the e-commerce process. It also reflects the fact that media companies are<br />

under pressure to exploit the link between content and commerce because of their problems<br />

financing online content.<br />

6 Indeed one of the surprises for incumbents during the early days of the Internet was the lack of<br />

interest in ‘expert’ content produced by well-known brand names (for example Time Warner’s<br />

Pathfinder or Microsoft’s Slate) and the conversely strong attraction in user- generated content.<br />

223


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Summary 3: Changes in the nature of media content<br />

‘Traditional’ media content<br />

‘New’ Media Content<br />

information, education, core customer proposition synthesis of information,<br />

entertainment<br />

communication, community<br />

and commerce<br />

one-to-many, mass basic communication two-way, individual,<br />

paradigm<br />

interactive, on-demand<br />

highly structured, linear, format molecular, orientated<br />

narrative, pre-packaged,<br />

around 3-D hierarchical<br />

transmitted according to fixed<br />

matrix<br />

schedules or formats<br />

message not medium – the relationship between message and medium – the<br />

medium is the carrier of the content and technology information engineering<br />

message, content is the message<br />

(technology) is an intrinsic<br />

itself<br />

element of content<br />

content is the product of scarce who produces content? anything can be content and<br />

creative skills and/or trained minds<br />

content doesn’t have to be<br />

produced by experts – in fact<br />

many users are happiest<br />

producing their own content<br />

Conclusions<br />

The emergence of the Internet has ushered in a new era for incumbent media firms, one<br />

that has served to reinforce and perhaps accelerate the commercialisation processes already<br />

at work in the media world. For media firms their involvement in the online field<br />

has necessitated a focus on financial priorities at the expense of the traditional ‘non-economic’<br />

concerns as intrinsic cultural merit, social integration, democratic empowerment<br />

and public education – on the part of all employees. In terms of content, while content’s<br />

strategic value may have increased (due to its role as the fuel of online business models),<br />

its intrinsic value has fallen. Symbolic, intellectual, artistic elements are still important,<br />

but they are increasingly assessed with a commercial eye. Providing access to consumers<br />

for advertisers has always been an important function of offline content, but this has<br />

been secondary to the primary goal of entertaining, educating or informing them. This<br />

is not so online where ‘traditional’ mass media content is a just one element of a wider<br />

paradigm which includes elements that media industry stalwarts would perhaps not normally<br />

include in a content typology.<br />

Online content is important not because of what it is, because of any cultural, social<br />

or educational benefits it may bestow, but because of what it can do, that is, its ability<br />

to attract users. Online media products are increasingly becoming platforms for advertising<br />

and e-commerce when they are displayed on computer screens (Kehoe, 2000). As<br />

a result conceptions of what constitutes quality have also changed. In an online context<br />

attributes of ‘quality’ include the potential for commerce enablement, the potential for<br />

personalisation, the potential for platform neutrality, and of course ‘stickiness’, that is<br />

the ability to keep users on a site.<br />

224


Küng · management perspective<br />

The collapse of the dotcom sector will inevitably bring further changes for firms engaged<br />

in online media, but it is unlikely to redress the commercialisation process. Ongoing<br />

uncertainties – technological and financial – mean that management attention is<br />

likely to remain focused on matters of management and business. While the accelerating<br />

effect of the ‘dotcom bubble’ may have abated, the continuing absence of a default business<br />

model, the scale, speed and complexity of change, and the uncertainties intrinsic to<br />

the strategic context mean that financial and management issues will remain pressing and<br />

that commercial issues are likely to remain a paramount concern.<br />

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226


Ökonomisierung aus der Sicht der Online-<strong>Medien</strong><br />

Josef Trappel<br />

Online-<strong>Medien</strong> sind zu einer eigenständigen <strong>Medien</strong>gattung herangewachsen, die nicht<br />

nur die klassischen Merkmale von Massenmedien aufweist, sondern über diese hinausgeht.<br />

Multimedialität und direkte Interaktion erweitern das Leistungsspektrum der Online-<br />

gegenüber traditionellen <strong>Medien</strong>. Der Beitrag geht der Frage nach, welche Formen<br />

der Ökonomisierung und Kommerzialisierung in dieser neuen <strong>Medien</strong>gattung zu beobachten<br />

sind. Dabei wird zunächst eine begriffliche Unterscheidung vorgenommen. Die<br />

Analyse der einschlägigen Wertschöpfungskette zeigt, dass die Betreiber von Online-<strong>Medien</strong><br />

aufgrund der empfangsseitigen Plattformvielfalt zur Adaptierung ihrer Inhalte gezwungen<br />

sind. Die Digitalisierung der Inhalte ermöglicht die Herstellung endgeräteabhängiger<br />

„Versionen“, verführt aber auch zur Mehrfachverwertung von Inhalten, ohne<br />

den publizistischen Wert zu erhöhen. Der Beitrag kommt <strong>zum</strong> Schluss, dass die bisher<br />

beobachteten Erscheinungsformen der Online-<strong>Medien</strong> einen hohen Kommerzialisierungsgrad<br />

aufweisen und die Tendenz zur Ökonomisierung beschleunigen.<br />

Im vorwissenschaftlichen Verständnis und im herkömmlichen medialen Diskurs wandelt<br />

sich das Image des Internets. Nicht lange ist es her, da galt das Netz der Netze zu<br />

allererst als Eldorado des schöpferischen Chaos, als Selbstverwirklichungsarena kommunikativ<br />

benachteiligter Gruppen und als listige Revanche technisch versierter Habenichtse<br />

über das dröge <strong>Medien</strong>establishment. Heute überwiegt bereits das Image als<br />

E-Commerce-Plattform und – im <strong>Medien</strong>bereich – als verlängerte Werkbank für bereits<br />

anderswo vermarktete Inhalte.<br />

Ein strukturierter Blick auf die neu entstehenden <strong>Medien</strong>- und Kommunikationsformen<br />

bestätigt die Annahme, das Internet sei ein durchkommerzialisierter Interaktionsraum,<br />

dessen Regeln von dominierenden Akteuren bestimmt werden. Der selbst organisierte<br />

Bereich, der auch in der analogen Welt die etablierten Massenmedien meist unhörbar,<br />

gelegentlich aber auch lautstark begleitet, sieht sich im Internet in die Defensive<br />

gedrängt. Dafür zeichnen nicht zuletzt ökonomische Mechanismen verantwortlich, die<br />

aus dem analogen Wirtschaftsleben bestens bekannt sind. Ökonomisierung und Kommerzialisierung<br />

prägen dem jungen Medium längst ihre Stempel auf.<br />

Aus publizistikwissenschaftlicher Perspektive sind jene Teilbereiche des Internets von<br />

besonderem Interesse, die explizit oder implizit mediale Funktionen erfüllen und daher<br />

als Online-<strong>Medien</strong> zu bezeichnen sind. Der Gegenstand der folgenden Betrachtung<br />

bleibt daher auf diejenigen Internetsektoren beschränkt, in denen publizistisch relevante<br />

Leistungen erbracht werden. Zu den Auswirkungen der Ökonomisierung auf solche<br />

Online-<strong>Medien</strong> sollen drei Thesen geprüft werden:<br />

• These 1: Bei den Online-<strong>Medien</strong> erweist sich die Ökonomisierung als dominierendes<br />

Gestaltungsprinzip.<br />

• These 2: Mit Ausnahme hochpreisiger Nischenprodukte übersteigt der Kommerzialisierungsgrad<br />

der Online-<strong>Medien</strong> denjenigen der analogen <strong>Medien</strong>.<br />

• These 3: Aufgrund der bei Online-<strong>Medien</strong> deutlich ausgeprägten Gesetzmäßigkeiten<br />

der „New Economy“ nimmt die Marktmacht führender Marktteilnehmer weiter zu.<br />

Um die Folgen der Ökonomisierung für die Online-<strong>Medien</strong> bzw. deren Beitrag zur<br />

Ökonomisierung der <strong>Medien</strong> näher zu untersuchen, bedarf die verwendete Begrifflichkeit<br />

der näheren Erläuterung.<br />

227


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

1. Ökonomisierung und Kommerzialisierung<br />

Für die Analyse der Auswirkungen der Ökonomisierung auf die Online-<strong>Medien</strong> erscheint<br />

eine begriffliche Unterscheidung von Ökonomisierung und Kommerzialisierung<br />

hilfreich. Unter Ökonomisierung sei hier die Tendenz verstanden, das wirtschaftliche<br />

Handeln im Bereich der <strong>Medien</strong> immer konsequenter an einem Marktziel (z. B.<br />

Einkommensmaximierung) zu Lasten nicht-marktlicher (z. B. publizistischer) Ziele<br />

auszurichten. Diese Tendenz lässt sich sowohl bei analogen <strong>Medien</strong> als auch im Bereich<br />

der digitalen Online-<strong>Medien</strong> beobachten und belegen. Sie ist also keineswegs ein neues<br />

Phänomen im <strong>Medien</strong>bereich. Ob durch die Digitalisierung diese Tendenz allenfalls eine<br />

Beschleunigung erfährt, soll in diesem Beitrag diskutiert werden.<br />

Im Gegensatz zur Ökonomisierung bezeichnet der Begriff der Kommerzialisierung<br />

hier die einfache betriebswirtschaftliche Tatsache, dass ein immer größerer Erlösanteil<br />

auf indirektem Weg erzielt wird. Mit dem Grad der Kommerzialisierung nimmt also der<br />

Anteil jener Erlöse ab, die als direktes Entgelt für den Konsum der medialen Dienstleistung<br />

entrichtet werden. Auch diese Tendenz lässt sich in der analogen <strong>Medien</strong>welt beobachten,<br />

in extremer Ausprägung etwa bei den Gratiszeitungen („freesheets“), die in<br />

immer mehr europäischen Ballungsräumen <strong>zum</strong> Konsum, nicht aber <strong>zum</strong> Kauf angeboten<br />

werden. Auch das frei empfangbare kommerzielle Fernsehen weist den höchsten<br />

möglichen Kommerzialisierungsgrad auf.<br />

Die beiden Begriffe bezeichnen zwei unterschiedliche Sachverhalte. Der Ausprägungsgrad<br />

von Ökonomisierung und Kommerzialisierung bei Online-<strong>Medien</strong> ist Gegenstand<br />

des vorliegenden Beitrags.<br />

2. Kennzeichen von Online-<strong>Medien</strong><br />

Die im Internet und World Wide Web abgebildete virtuelle Realität hat einen Komplexitätsgrad<br />

erreicht, der eine strikte Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands nahe<br />

legt. Zu verschieden sind Motivation, Kommunikationsziel und Gestaltung der Angebote<br />

im Internet, als dass alle Websites generell dem <strong>Medien</strong>sektor zuzuschlagen wären.<br />

Ebenso wenig wie in der „analogen“ Kommunikationswelt Warenhausprospekte, Postwurfsendungen<br />

und Geschäftsberichte den Massenmedien zuzurechnen sind, sind<br />

E-Commerce-Angebote, Marketing-Mailings und Unternehmens-PR im Internet<br />

ihrem Charakter nach als <strong>Medien</strong> zu qualifizieren.<br />

Im World Wide Web verdient aber jener Sektor publizistikwissenschaftliche Aufmerksamkeit,<br />

der sich durch medienähnliche Dienstleistungen auszeichnet. Solche „Online-<strong>Medien</strong>“<br />

erfüllen zunächst die klassischen Definitionsmerkmale von Massenmedien.<br />

Sie sind öffentlich (potenziell für jedermann empfangbar), technisch vermittelt,<br />

richten sich an ein disperses Publikum, zeichnen sich durch Periodizität aus und weisen<br />

einen Gegenwartsbezug auf. Online-<strong>Medien</strong> weisen darüber hinaus aber noch weitere<br />

konstitutive Merkmale auf. Sie sind multimedial (sie überschreiten die medialen Grenzen,<br />

die den Print- und elektronischen <strong>Medien</strong> gesetzt sind), sie sind digital (und daher<br />

empfangsseitig verarbeit- und verbreitbar) und sie sind interaktiv (gestatten die direkte<br />

Rückkopplung) (vgl. Sennwald 1998, 9f.).<br />

Unter diesem Gesichtspunkt bilden die Online-<strong>Medien</strong> eine eigenständige <strong>Medien</strong>gattung,<br />

deren spezifische Ausprägungen einem raschen Wandel unterliegen und deren<br />

Form sich kontinuierlich verändert. Für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung<br />

bleibt der Gegenstand auf jene publizistisch relevanten Web-Angebote beschränkt, die<br />

den klassischen Merkmalen der Massenmedien entsprechen und die über reine Unter-<br />

228


Trappel · Sicht der Online-<strong>Medien</strong><br />

nehmenskommunikation hinausgehen. Die Materialen der Unternehmens-PR (Newsletter,<br />

Mailinglists etc.) gelten damit nicht als Online-<strong>Medien</strong> und bleiben ausgeschlossen.<br />

Demgegenüber zählen neue Formen wie E-Zine, Webradio und Net-Zeitungen zu<br />

den Online-<strong>Medien</strong>.<br />

Die solchermaßen eingegrenzten Online-<strong>Medien</strong> lassen sich zunächst in zwei Gruppen<br />

kategorisieren. Neben den Online-Ablegern bestehender <strong>Medien</strong> sind neue Unternehmen<br />

in den Markt eingetreten, die keine originäre Bindung zu klassischen <strong>Medien</strong><br />

aufweisen. Zu der ersten rasch wachsenden Gruppe zählen die Online-Ausgaben der<br />

Zeitungen, Zeitschriften und Magazine (eine umfassende Liste deutschsprachiger Zeitungen<br />

ist zu finden unter http://www.zmg.de/homepage/Produkte_und_Services/Zeitungen_im_Internet/)<br />

sowie der Radio- und Fernsehveranstalter (jeweils unter deren<br />

Markennamen im Internet).<br />

Zu der Gruppe der „neuen“ Online-<strong>Medien</strong> zählen nicht nur Start-up Companies<br />

wie beispielsweise die Netzeitung.de (operativ seit November 2000, nach dem Vorbild<br />

der norwegischen Nettavissen.no und mit norwegischem Know-how), sondern auch<br />

medienähnliche Angebote. Solche Angebote kommen häufig von Unternehmen, deren<br />

Geschäftszweck bislang nicht die Versorgung der Öffentlichkeit mit Information, Bildung<br />

oder Unterhaltung war. Beispielsweise hat die Schweizer Post auf ihrem Internet-Portal<br />

einen medienähnlichen Dienst eingerichtet (www.yellowworld.ch), der sich<br />

kaum noch von der Online-Ausgabe einer Tageszeitung unterscheidet. Dieses Portal<br />

wird von einer rund 40-köpfigen journalistischen Redaktion betreut, die angebotenen<br />

Inhalte sind aktuell und journalistisch aufbereitet und wenden sich an ein Massenpublikum.<br />

Portale dieser Ausrichtung werden in unterschiedlicher inhaltlicher Tiefe von einer<br />

Vielzahl von Unternehmen, <strong>zum</strong>eist aus dem Dienstleistungssektor, angeboten. Banken,<br />

Versicherungen, Einzelhandelshäuser, aber auch direkt dem Internet selbst zuordenbare<br />

Unternehmen (Service Provider, Suchmaschinen) versuchen, durch aktuelle Beiträge<br />

ihren Internetauftritt aufzuwerten, Kunden zu gewinnen, „Traffic“ zu generieren und<br />

damit neue Erlösquellen zu erschließen.<br />

Die Gruppe der „neuen“ Online-<strong>Medien</strong> besteht ihrerseits also erneut aus Angeboten,<br />

die von professionellen Journalistinnen und Journalisten mit massenmedialem Anspruch<br />

hergestellt werden, und solchen, die mediale Leistungen lediglich zur Erzeugung<br />

von Aufmerksamkeit für andere Dienstleistungen erbringen.<br />

Hinzu kommt noch eine Ausprägung von Online-<strong>Medien</strong>, die den professionellen<br />

Standards von Massenmedien in der Regel nicht genügen. Solche „Nachrichtencommunities“<br />

(wie z.B. www.shortnews.de) stellen auf eine gemeinsame Website ungefiltert<br />

und ungeprüft Nachrichten, die von Mitgliedern der Community zugeliefert werden.<br />

Das Resultat bezeichnen Beobachter als „Parajournalismus von Laien“ (Neuberger<br />

2000, 310). Solche Laienmedien erfüllen in der Regel die Anforderungen an die branchenüblichen<br />

professionellen Standards (z. B. redaktionelle Bearbeitung nach journalistischen<br />

Grundsätzen) nicht. Sie stellen eine bisher nicht verfügbare Form der Massenkommunikation<br />

dar, deren äußere Form medienähnlich ist, deren innere (Organisations-)Struktur<br />

aber der Liebhaberei näher steht als professionell geführten <strong>Medien</strong>betrieben.<br />

Sie bilden eine Sonderform der Online-<strong>Medien</strong>, die aufgrund der völlig<br />

unterschiedlichen Produktions-, Vermittlungs- und Organisationsstruktur von den<br />

weiteren Betrachtungen ausgeschlossen bleibt.<br />

229


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

3. Wertschöpfungsketten der <strong>Medien</strong> im Wandel<br />

In ökonomischer Hinsicht weisen neue und ausgelagerte Online-<strong>Medien</strong> eine Reihe von<br />

Gemeinsamkeiten mit den herkömmlichen <strong>Medien</strong> auf. Online-<strong>Medien</strong> und herkömmliche<br />

<strong>Medien</strong> sind durch hohe Fixkosten und geringe variable Kosten charakterisiert (die<br />

Kosten für die Herstellung der Inhalte bleiben – unabhängig von der Anzahl der hergestellten<br />

Exemplare, der das Signal empfangenden Zuhörer/-seher oder der Internetnutzer<br />

– gleich), sie können durch Skaleneffekte Wettbewerbsvorteile generieren (höhere<br />

Auflagen, größere Reichweiten, zahlreichere Visits begünstigen den Marktführer überproportional<br />

und können Monopolisierungstendenzen nach sich ziehen), sie agieren in<br />

weitgehend gesättigten Märkten (neu in den Markt eintretende Wettbewerber müssen<br />

die Nutzungszeit/Aufmerksamkeit des Publikums größtenteils auf Kosten bestehender<br />

Wettbewerber erwerben) und ihr Verkaufspreis spielt eine vergleichsweise untergeordnete<br />

Rolle (bei Werbemedien trägt der Kaufpreis nur in Einzelfällen maßgeblich <strong>zum</strong><br />

Gesamterlös bei) (zu den medienökonomischen Grundlagen vgl. Heinrich 1994 und<br />

1999). Dennoch sind bei der Betrachtung der einschlägigen Wertschöpfungsketten Unterschiede<br />

zu erkennen.<br />

Abb. 1: Wertschöpfungskette klassischer <strong>Medien</strong><br />

Inhalte<br />

Verarbeitung<br />

Werterstellung<br />

Vertrieb<br />

Rezeption<br />

Produktion Interaktion Ausstrahlung Endgeräte<br />

Beschaffung Organisation Zustellung Nutzungsgewohnheiten<br />

Rechteerwerb Eigentümer Straßenverkauf Öffentlichkeit<br />

Redaktion Planung Einzelhandel<br />

In der Wertschöpfungskette klassischer <strong>Medien</strong> lassen sich die nachgelagerten Stufen<br />

den generierten Inhalten eindeutig zuordnen. Für die gedruckte Zeitung kommt nur Papier<br />

als Trägermedium in Frage, das durch ein ausgefeiltes Logistiknetz zu den Leserinnen<br />

und Lesern transportiert wird. Ebenso sind Radio- und Fernsehinhalte jeweils einem<br />

einzigen Empfangsgerät zuzuordnen, wobei das Sendesignal auf unterschiedliche<br />

Weise zu den Endgeräten transportiert wird (terrestrisch, Kabel, Satellit). In vielen Fällen<br />

kontrolliert der <strong>Medien</strong>eigentümer die gesamte Kette bis zu den Haushalten, ohne<br />

auf Partnerschaften angewiesen zu sein.<br />

Online-<strong>Medien</strong> weisen grundsätzlich dieselbe Wertschöpfungskette auf, sie ist jedoch<br />

um einige Stufen erweitert (Abb. 2).<br />

Neu schließt das „Packaging“ an die Stufe der Inhaltegenerierung an. Packaging bezeichnet<br />

die meist multimediale Bündelung von Inhalten. So ergänzen Webradio-Anbieter<br />

den aktuellen Musiktitel, der in Streaming-Technologie hörbar gemacht wird,<br />

durch Bild- und Textinformation über Interpret und Musikverlag und bieten so ihren<br />

Hörerinnen und Hörern ein zusätzliches Angebot. Ebenso sind in Net-Zeitungen Hörfiles<br />

enthalten, die beispielsweise den Originalton zu einem als Text vorliegenden Interview<br />

liefern. Oft werden Informationen aus unterschiedlichen Quellen zu solchen<br />

„Packages“ zusammengefasst.<br />

Durch die Möglichkeit, einmal erzeugte Inhalte in unterschiedlichen Versionen mit<br />

230


Trappel · Sicht der Online-<strong>Medien</strong><br />

Abb. 2: Wertschöpfungskette Online-<strong>Medien</strong><br />

Verarbeitung<br />

Inhalte Packaging Werterstellung<br />

Vertrieb Endgeräte<br />

Rezeption<br />

Produktion Inhaltebündel Interaktion Netzwerk Fernsehen Nutzungs-<br />

Beschaffung Anpassung an Organisation Plattform PDA/PC gewohnheiten<br />

Rechteerwerb Plattformen Eigentümer Partner Internet Öffentlichkeit<br />

Redaktion Versioning Planung Portale Mobiltelefon Segmentierung<br />

unterschiedlichen Qualitätsmerkmalen auf den virtuellen Markt zu bringen, erweitern<br />

Online-<strong>Medien</strong> – scheinbar – ihre Angebotsbreite. Beim „Versioning“ (Begriff von Shapiro/Varian<br />

1998; vgl. auch Zerdick u. a. 1999, 187) etwa werden die Inhalte nicht vermehrt,<br />

sondern lediglich in plattformspezifischen Formen weiterverarbeitet. So kann<br />

beispielsweise ein redaktioneller Textbeitrag in voller Länge in einer Net-Zeitung erscheinen,<br />

in gekürzter Form für die Displays von DAB-Radios aufbereitet werden und<br />

als Kurzmeldung auf WAP-taugliche Mobiltelefone übermittelt werden. Dadurch<br />

nimmt die Angebotsbreite (Präsenz in mehreren Kanälen) zu, nicht jedoch die inhaltliche<br />

Vielfalt. Dennoch entsteht durch die Kompatibilität der Inhalteversionen mit den<br />

Endgeräten jener Mehrwert (Nutzen), der schließlich Userinnen und User <strong>zum</strong> Konsum<br />

solcher Leistungen veranlasst.<br />

Die zweite neue Stufe sind die Endgeräte. Der Konsum von Online-<strong>Medien</strong> setzt die<br />

Verfügbarkeit tauglicher Endgeräte zwingend voraus. Solche Endgeräte sind aber den<br />

Online-<strong>Medien</strong> nicht direkt zuordenbar, so wie das Fernsehgerät dem Fernsehangebot<br />

zuordenbar ist. Vielmehr steht für die Nutzung von Online-<strong>Medien</strong> eine Vielfalt von<br />

Endgeräten zur Verfügung, jedes einzelne mit höchst unterschiedlichen spezifischen<br />

Merkmalen. Nicht einmal die Existenz eines Bildschirms kann vorausgesetzt werden<br />

(z. B. MP3 Player). Daher wird die Auswahl der bedienten Funktionalitäten möglicher<br />

Empfangsgeräte zur strategischen unternehmerischen Entscheidung. Mit dieser Entscheidung<br />

sind Fragen der Kompatibilität der Hard- und Software ebenso verknüpft wie<br />

diejenige nach der Offenheit der eingesetzten Standards. Endgeräte, in der analogen<br />

Wertschöpfungskette noch der Stufe Rezeption zugeordnet, werden für Online-<strong>Medien</strong><br />

also erheblich aufgewertet.<br />

Die Wertschöpfungsstufe „Endgeräte“ entzieht sich der Kontrolle durch die Online-<br />

<strong>Medien</strong>. Ihr Einfluss auf Design und Funktionalität von PCs, Laptops, Subnotebooks,<br />

PDAs, Mobiltelefonen und UMTS-Empfangsgeräten ist gering. Online-<strong>Medien</strong> müssen<br />

also die erforderliche Flexibilität aufbringen, ihr Angebot kontinuierlich den Vorgaben<br />

der Hardware-Industrie anzupassen.<br />

Online-<strong>Medien</strong> sind also, um ihr Publikum zu erreichen, stärker als ihre analogen<br />

Vorfahren von technologischen Systementscheidungen abhängig. Analoge Fernsehund<br />

Radioveranstalter können zwar produktionsseitig ihr Angebot mit den neuesten<br />

Technologien ausstatten, empfangsseitig ist das technische Format seit Jahrzehnten vorgegeben.<br />

Online-<strong>Medien</strong> hingegen sind mit ständig wechselnden Empfangsgeräten mit<br />

unterschiedlichsten Standards konfrontiert, an die das Inhalteangebot kontinuierlich angepasst<br />

werden muss.<br />

Wichtiger als die Verlängerung der Wertschöpfungskette durch zusätzliche Stufen<br />

sind im Hinblick auf die Ökonomisierung und Kommerzialisierung der Online-<strong>Medien</strong><br />

die qualitativen Veränderungen auf jeder einzelnen Stufe.<br />

231


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Inhalte und Packaging: Ausgelagerte Online-<strong>Medien</strong> weisen einen hohen Grad an<br />

inhaltlicher Übereinstimmung mit den analogen Ausgangsmedien auf. In einer vergleichenden<br />

Untersuchung von Papier- und Online-Ausgaben deutschsprachiger Zeitungen<br />

kommt Zürn <strong>zum</strong> Resultat, dass die inhaltliche Breite der Online-Ausgabe nicht mit<br />

derjenigen der Printausgaben Schritt hält. Zwischen 33% und 85% der Artikel der Printausgaben<br />

fanden sich im Internet wieder, exklusive Online-Inhalte fanden sich so gut<br />

wie nie. „In keiner der drei untersuchten Zeitungen konnte ein nennenswerter Anteil an<br />

reinen Onlineartikeln nachgewiesen werden“ (Zürn 2000, 320). Dieses Resultat legt den<br />

Schluss nahe, dass in dieser noch relativ frühen Entwicklungsphase die printbezogenen<br />

Online-<strong>Medien</strong> <strong>zum</strong> überwiegenden Teil durch fremdgenerierte Inhalte gespeist werden.<br />

Für die „neuen“ Online-<strong>Medien</strong> liegen diesbezüglich noch keine Untersuchungsergebnisse<br />

vor.<br />

Die Inhalte der Online-Versionen der elektronischen <strong>Medien</strong> Radio und Fernsehen<br />

nehmen in der Regel engen Bezug auf das ausgestrahlte Programm bzw. die anvisierten<br />

Zielgruppen. Eine erste Sichtung der einschlägigen Websites zeigt, dass Fernsehveranstalter<br />

zwei unterschiedliche Produktstrategien im Netz verfolgen: Für die eine Gruppe<br />

bildet das ausgestrahlte Programm die inhaltliche Leitlinie, je um zielgruppenspezifische<br />

Features ergänzt (z. B. Websites der ARD-Anstalten; Online-Spiele für Unterhaltungsprogramme<br />

wie bei sat1.de und rtl.de); die andere Gruppe baut ihre Webpräsenz zu regelrechten<br />

Informationsportalen aus (z. B. BBC.co.uk; orf.at), deren Inhalte weit über<br />

das ausgestrahlte Programm hinausgehen.<br />

Auch wenn Online-<strong>Medien</strong> (noch) <strong>zum</strong> geringen Teil aus eigenen Inhalten bestehen,<br />

so überwinden sie schon heute mühelos die medialen und kommunikativen Grenzen.<br />

Textbasierte Nachrichten werden durch Audio/Videostreaming ebenso ergänzt wie<br />

durch das Angebot von thematischen Chats und Foren, die von der Redaktion moderiert<br />

werden. Einzelne Online-<strong>Medien</strong> stellen den Leserinnen und Lesern die generierte<br />

Öffentlichkeit zur Verfügung, indem diese online und in Echtzeit für alle anderen lesbare<br />

Kommentare zu den redaktionellen Beiträgen publizieren können.<br />

Auf der Stufe der Inhaltegenerierung erweist sich die Vielzahl der neuen Anbieter aber<br />

auch als problematisch. So konstatiert Christoph Neuberger, im Internet habe sich „eine<br />

Grauzone um den Journalismus herum gebildet“ (Neuberger 2000, 310). In seiner Untersuchung<br />

über den Journalismus im Internet ist Neuberger auf Formen von „Scheinjournalismus“<br />

gestoßen, die sich als Gratwanderung zwischen Unternehmenskommunikation<br />

und Journalismus erweisen. Durch professionelle optische und gestalterische<br />

Aufmachung täuschen manche Online-<strong>Medien</strong> über die dürftige journalistische Leistung<br />

hinweg.<br />

Mit dem Heranreifen der Online-<strong>Medien</strong> könnte sich diese Gratwanderung als temporäres<br />

Phänomen herausstellen. Längerfristig, so ist jedenfalls die bisherige <strong>Medien</strong>geschichte<br />

zu interpretieren, setzen sich jene medialen Angebote durch, die journalistische<br />

Leistung und Glaubwürdigkeit <strong>zum</strong> zentralen Differenzierungsmerkmal erheben.<br />

Dies kann nur gelingen, wenn die journalistischen Fähigkeiten mit der Produktvielfalt<br />

Schritt halten. Online-Journalismus erfordert zusätzliche Fertigkeiten, die über die<br />

herkömmliche Qualifikation hinausgehen. Vor allem der Umgang mit dem direkten<br />

Publikumsresponse in Form von E-Mail, aber auch in der Form moderierter Diskussionsforen,<br />

stellt neue Anforderungen.<br />

Neue Anforderungen werden auch an die Selektionsfähigkeiten von Journalistinnen<br />

und Journalisten gestellt. Aus der Masse der im Netz verfügbaren Informationen die relevanten<br />

Bestandteile auszufiltern, bedarf spezieller Fertigkeiten. Die Versuchung ist dabei<br />

groß, ungeprüft Informationen zu übernehmen und weiterzuverbreiten. Diese jour-<br />

232


Trappel · Sicht der Online-<strong>Medien</strong><br />

nalistische Anforderung betrifft Online-Journalismus und herkömmlichen Journalismus<br />

gleichermaßen.<br />

Verarbeitung und Organisation: Online-<strong>Medien</strong> sind fast ausnahmslos privatwirtschaftlich<br />

organisiert. Selbst die Online-Ableger öffentlicher Rundfunkanstalten sind<br />

vielfach in privatrechtliche Organisationen ausgegliedert (vgl. BBC Online). Auch wenn<br />

die Abhängigkeiten von den jeweiligen Stammhäusern vor allem auf der inhaltlichen<br />

Ebene weiterhin als erheblich einzustufen sind, so unterliegen Online-<strong>Medien</strong> dennoch<br />

direkt den Marktmechanismen.<br />

Mit dem Grad der Unabhängigkeit der Online-<strong>Medien</strong> von den Stammhäusern nimmt<br />

die Unterordnung dieser <strong>Medien</strong> unter den ökonomischen Imperativ zu. Börsenkotierte<br />

Online-<strong>Medien</strong> unterziehen sich der Beurteilung durch Analysten, deren Rationalitäten<br />

weniger von der publizistischen Relevanz der Inhalte als von dem Börsenwert des<br />

Unternehmens gesteuert sind. Konstantin Urban, Bereichsleiter Neue <strong>Medien</strong> bei der<br />

Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, stellt fest, dass bei Internetunternehmen andere<br />

ökonomische Grundsätze gelten. „Bei der Bewertung von Internet-Unternehmen<br />

kommen andere Bewertungsmodelle mit anderen Ausprägungen <strong>zum</strong> Tragen, wie Multiples<br />

auf den Umsatz oder die Anzahl der Besucher der Website“ (2000, 2). Solche medienfremden<br />

Bewertungsmodelle beschleunigen den Prozess der Ökonomisierung, indem<br />

sie publizistische Leistungen als Maßstab ausschließen.<br />

Vertrieb: Online-<strong>Medien</strong> sind wie alle <strong>Medien</strong> Informationsgüter. Sie werden digital<br />

hergestellt, verarbeitet und ebenso digital verbreitet. Für die Verbreitung sind nicht die<br />

realen Kosten für den Aufbau und Betrieb eines elektronischen Netzwerkes zu entrichten.<br />

Vielmehr tragen die Nutzerinnen und Nutzer dieser <strong>Medien</strong> den größten Teil der<br />

Vertriebskosten, indem sie an einem der Netze oder Plattformen teilnehmen. Der größte<br />

Teil der Vertriebskosten kann von den <strong>Medien</strong>unternehmen also abgewälzt werden.<br />

Dadurch nimmt das von den analogen <strong>Medien</strong> bekannte Ungleichgewicht zwischen Fixkosten<br />

für die Herstellung der „First Copy“ und den variablen Kosten für den Vertrieb<br />

weiter zu.<br />

Gleichzeitig nimmt aber auch der Aufwand für die Marktkommunikation zu. Je populärer<br />

das Internet insgesamt wird, desto höher werden die Kosten für die Gewinnung<br />

neuer Nutzerinnen und Nutzer. Niedrige Transaktionskosten waren für Online-<strong>Medien</strong><br />

also nur ein temporärer Vorteil, der mit der fortschreitenden Internet-Diffusion in<br />

den Haushalten wieder verschwindet. Höhere Marketingkosten werden schon mittelfristig<br />

die niedrigen Vertriebskosten wieder kompensieren.<br />

Endgeräte: Die Geräte für den Empfang von Online-<strong>Medien</strong> sind in aller Regel nicht<br />

speziell für diese Nutzungsform ausgelegt. Online-<strong>Medien</strong> konkurrieren mit einer Vielzahl<br />

anderer Inhalte um die Aufmerksamkeit der Nutzerinnen und Nutzer dieser Geräte.<br />

Die mangelnde Kontrolle der <strong>Medien</strong> über die eingesetzten Endgeräte verschärft tendenziell<br />

den Wettbewerb. Während gedruckte Zeitungen <strong>zum</strong>indest auf dem Trägermedium<br />

Papier keinem intermediären Wettbewerb ausgesetzt waren, neutralisiert die<br />

Technik der digitalen Empfangsgeräte diesen Wettbewerbsvorteil. Online-<strong>Medien</strong> treten<br />

also nicht nur mit anderen (analogen und Online-)<strong>Medien</strong> in Konkurrenz, sondern<br />

bei jedem Nutzungsvorgang zugleich auch mit allen anderen im Internet verfügbaren<br />

Inhalten.<br />

Rezeption: Online-<strong>Medien</strong> erschließen ein bisher nicht bedientes Marktsegment. Sie<br />

sind in der Lage, kleine und mittlere Zielgruppen zu bedienen, die bisher aufgrund der<br />

hohen Vertriebs- und Logistikkosten für Massenmedien unerreichbar blieben. Solche<br />

Nutzergruppen in einer Größenordnung von wenigen hundert bis einigen tausend Personen<br />

(Mesomärkte) können nahezu unabhängig von ihrem physischen Aufenthaltsort<br />

233


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

mit medialen Inhalten versorgt werden. Online-<strong>Medien</strong> beschleunigen den Prozess der<br />

Publikumssegmentierung. Solche mesomarktorientierten Online-<strong>Medien</strong> nehmen die<br />

klassische Massenmedienfunktion der Herstellung von Öffentlichkeit kaum noch wahr.<br />

Mit der zunehmenden Diffusion von Internet-Anschlüssen in den Haushalten (in<br />

Deutschland hat sich die Zahl der Nutzer zwischen 1997 und 2000 auf 18,3 Mio. vervierfacht;<br />

van Eimeren/Gerhard 2000, 339) verschärft sich der Wettbewerb zwischen<br />

Online- und Offline-<strong>Medien</strong>. Bisher konnten allerdings noch keine signifikanten Auswirkungen<br />

der Internet-Nutzung auf die sonstigen <strong>Medien</strong>nutzungsgewohnheiten<br />

nachgewiesen werden. Vielmehr blieb beispielsweise die Fernsehnutzung zwischen 1997<br />

und 2000 stabil. „In der direkten Konkurrenz zueinander scheinen Internet und Fernsehen<br />

unterschiedliche Bedürfnisse zu befriedigen. Internet entwickelt sich zu einem<br />

sehr zielgruppengerichteten Medium, von dem Informationen aus sehr verschiedenen<br />

Bereichen nachgefragt werden. Das Fernsehen bleibt offensichtlich das genreübergreifende<br />

Leitmedium (…)“ (ebd., 346).<br />

Trotz der bisher geringen Substitutionstendenzen analoger <strong>Medien</strong> durch Online-<br />

<strong>Medien</strong> ist die Zeit, die den Menschen im Alltag für die Nutzung von <strong>Medien</strong> zur Verfügung<br />

steht, nicht beliebig erweiterbar. Mit steigender Konsumrivalität vor allem zwischen<br />

den Online-<strong>Medien</strong> und anderen Internetinhalten ist daher zu rechnen.<br />

4. Neue Geschäftsmodelle für Online-<strong>Medien</strong><br />

Verschärfter Wettbewerb, inhalteneutrale Rezeptionsplattformen, verschobene Kostenstrukturen<br />

und verändertes Konsumverhalten bei der Nutzung von Online-<strong>Medien</strong> erzwingen<br />

neue Geschäftsmodelle. Als kennzeichnend für Online-Geschäftsmodelle gelten<br />

der Einsatz von vielschichtigen Ertragsnetzwerken, die Erschließung von neuen Erlösquellen<br />

durch Provisionen und Kommissionen und die Verschmelzung von medialer<br />

und individueller Kommunikation. Mit den neuen Erlösmodellen entstehen neue Abhängigkeiten.<br />

Diese lassen sich am Beispiel der Provisionen verdeutlichen. Leitet ein<br />

Online-Medium Kundschaft an einen Online-Shop weiter und führt diese Weiterleitung<br />

zu einem Kaufvorgang, so erhält das Online-Medium einen vereinbarten Prozentsatz<br />

des Kaufpreises als Provision. Nimmt diese Finanzierungsform spürbare Größenordnungen<br />

an, so hat das Online-Medium alles Interesse daran, die Waren und Dienstleistungen<br />

„seiner“ Online-Shops in der Berichterstattung zu begünstigen. Gegenüber der<br />

herkömmlichen Werbefinanzierung besteht ein qualitativer Unterschied: Während im<br />

Fall der Werbung der erzielbare Werbepreis nach Werbeleistung (Kontakten) bemessen<br />

wird, fließen Provisionen erst bei vollzogener Kaufhandlung. Das Risiko der Werbewirkung<br />

wird also von den Werbungtreibenden zu den <strong>Medien</strong> verschoben.<br />

Direkt finanzierte Online-<strong>Medien</strong> sind große Ausnahmen. Geringe Produktdifferenzierung<br />

und nahezu beliebige Verfügbarkeit von Substitutionsprodukten im Internet erschweren<br />

die Etablierung von Preisen für die Inhaltenutzung im Massengeschäft. Lediglich<br />

in Nischenmärkten, in denen erhöhte Anforderungen an Qualität, Aktualität,<br />

Exklusivität oder Verlässlichkeit gelten, können nutzungsbezogene Beiträge realisiert<br />

werden.<br />

5. Ausprägungen der Ökonomisierung<br />

Wenn als Ökonomisierung der Vorrang nicht-publizistischer Ziele vor publizistischen<br />

Zielen verstanden wird, so erweist sich die Ökonomisierung als das dominierende Gestaltungsprinzip<br />

der Online-<strong>Medien</strong>. Die erste der eingangs formulierten Thesen lässt<br />

234


Trappel · Sicht der Online-<strong>Medien</strong><br />

sich also bestätigen. Weder Start-up Online-<strong>Medien</strong> noch ausgelagerte Online-<strong>Medien</strong><br />

sind einem spezifischen publizistischen Leistungsauftrag verpflichtet. Vielmehr streben<br />

Online-<strong>Medien</strong> sehr pragmatisch nach neuen Funktionalitäten bzw. nach strategischen<br />

Allianzen, in die sie attraktive Inhalte einbringen. Durch die große Affinität von Online-<br />

<strong>Medien</strong> zu den Finanzmärkten entsteht ein Wettbewerbsdruck in Richtung Marktwertsteigerung.<br />

Die Erfolgsbemessungsmaßstäbe von Online-<strong>Medien</strong> sind diejenigen der<br />

„New Economy“ und nicht verlegerische publizistische Ziele. Die bisher beobachteten<br />

journalistischen Leistungen der Online-<strong>Medien</strong> bleiben hinter denjenigen der analogen<br />

<strong>Medien</strong> zurück oder übernehmen deren Resultate, ohne diese nachhaltig aufzuwerten.<br />

Inhaltebündelung und die Herstellung von rezeptionsgetriebenen Versionen erhöhen<br />

Reichweite, Marktanteil und damit den Ökonomisierungsgrad, der Beitrag zur publizistischen<br />

Vielfalt ist aber gering.<br />

Die zweite These, wonach der Kommerzialisierungsgrad der Online-<strong>Medien</strong> denjenigen<br />

der analogen <strong>Medien</strong> mit Ausnahme hochpreisiger Nischenprodukte übersteigt,<br />

erscheint ebenfalls plausibel. Online-<strong>Medien</strong> werden überwiegend über den Vertriebsweg<br />

Internet transportiert. Die virtuelle Nähe der Online-<strong>Medien</strong> zu allen anderen Internet-Inhalten<br />

zwingt ihnen deren Regeln auf. Indirekte Erlöse, die auf Provisionen,<br />

Werbung und Kommissionen beruhen, bilden die Grundlage der einschlägigen Geschäftsmodelle.<br />

In aller Regel folgen Online-<strong>Medien</strong> dem Geschäftsmodell der indirekten<br />

Erlöse und verzichten auf Einnahmen aus dem Verkauf ihrer Dienstleistung. Direkte<br />

Erlöse können nur in Einzelfällen erzielt werden. Dies betrifft Angebote mit erhöhten<br />

Anforderungen an Aktualität, Qualität, Verlässlichkeit und Exklusivität oder aber<br />

die Erfüllung spezieller Wünsche, etwa die Nutzung des Online-Archivs eines Mediums.<br />

Die für kostenpflichtige Informationen und Dienstleistungen verlangten Preise<br />

werden von Online-<strong>Medien</strong> im Verhältnis zu ihrer vermuteten Wertigkeit festgesetzt,<br />

was je nach Exklusivität der Information das Preisniveau steigert.<br />

Auch die dritte These, wonach die Marktmacht führender Marktteilnehmer auch nach<br />

dem Auftreten der Online-<strong>Medien</strong> weiter zunimmt, erscheint plausibel. Im Gegensatz<br />

zu den klassischen analogen <strong>Medien</strong>, die im deutschen Sprachraum in der Regel im Eigentum<br />

von untereinander mehr oder weniger verflochtenen <strong>Medien</strong>häusern stehen,<br />

weisen Start-up Online-<strong>Medien</strong> eine deutlich vielfältigere Eigentümerstruktur auf. Sie<br />

konkurrieren eher untereinander als mit den klassischen <strong>Medien</strong> und legen eher Analysten<br />

gegenüber Rechenschaft ab als einer einzelnen Konzernleitung. Ihr mehrschichtiges<br />

Kerngeschäft (Medium, Interaktionsplattform, Aufmerksamkeitsvermittlung) lässt Online-<strong>Medien</strong><br />

sowohl für <strong>Medien</strong>unternehmen als auch für Unternehmen der Telekommunikations-<br />

und der Informatikbranche als Partner attraktiv erscheinen. Heterogen<br />

zusammengesetzte Joint Ventures großer Konzerne sorgen einerseits für eine großzügige<br />

finanzielle Ausstattung (was sich in intensiver Marktbearbeitung bemerkbar macht),<br />

stellen andererseits aber auch hohe Markteintrittsbarrieren für neue Wettbewerber dar.<br />

Erfolgreiche Online-<strong>Medien</strong> hatten bisher kaum die Chance, aus eigener Kraft zu relevanten<br />

Wettbewerbern heranzuwachsen. Vielmehr wurden solche Start-ups schon in<br />

der Expansionsphase von mehr oder weniger branchenfremden Investoren übernommen.<br />

Diese Entwicklung führt zu einem hoch konzentrierten Wettbewerb unter einer<br />

relativ kleinen Anzahl von Teilnehmern mit überdurchschnittlicher Marktmacht.<br />

6. Fazit<br />

Online-<strong>Medien</strong> treten in heterogener Form in die <strong>Medien</strong>märkte ein, wobei nur ein Teil<br />

von ihnen die klassischen Anforderungen an Massenmedien erfüllt. Den höchsten Pro-<br />

235


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

fessionalitätsgrad weisen diejenigen Online-<strong>Medien</strong> auf, die direkt oder indirekt mit bestehenden<br />

<strong>Medien</strong> verbunden sind. Unabhängige sowie mit branchenfremden Unternehmen<br />

verbundene Start-up Online-<strong>Medien</strong> bilden ein neues Phänomen, dessen spezifische<br />

Merkmale sich noch in der Ausprägungsphase befinden.<br />

Der überwiegende Teil der bisher etablierten Online-<strong>Medien</strong> leistet im Vergleich zu<br />

den bestehenden analogen <strong>Medien</strong> einer mehr oder weniger deutlich ausgeprägten inhaltlichen<br />

Ausdünnung Vorschub. Dies äußert sich entweder in einem reduzierten inhaltlichen<br />

Umfang der Online-Ausgabe gegenüber der analogen Ausgabe oder im Auftreten<br />

von „Scheinjournalismus“, der sich in der kaum redaktionell bearbeiteten Wiedergabe<br />

von anderswo generierten Inhalten erschöpft.<br />

Die Organisationsform der Online-<strong>Medien</strong> als eigenständige Profitcenter bestehender<br />

Unternehmen (medialer oder medienfremder Provenienz) begünstigt die Fokussierung<br />

auf marktliche Ziele. Mit der Nähe zu den Finanzierungsgrundlagen der „New<br />

Economy“ durch Venture Capital nimmt der Druck zur Erwirtschaftung überdurchschnittlicher<br />

Renditen zu.<br />

Ebenso verschärft die gelungene Abwälzung der Vertriebskosten der Online-<strong>Medien</strong><br />

auf die Nutzerinnen und Nutzer den von den analogen <strong>Medien</strong> hinlänglich bekannten<br />

Effekt zur Unternehmenskonzentration, weil in gesättigten Märkten bei hohen Fix- und<br />

geringen variablen Kosten der Monopolist am effizientesten wirtschaftet.<br />

Die Finanzierungsbasis der Online-<strong>Medien</strong> schließlich besteht nahezu zur Gänze aus<br />

indirekten Erlösen. Die direkte Zahlungsbereitschaft von Nutzerinnen und Nutzern<br />

lässt sich bislang nur in kleinen Marktnischen abschöpfen und kommt für die Finanzierung<br />

von Online-<strong>Medien</strong> mit massenmedialem Anspruch nicht in Betracht. Die technisch<br />

ermöglichte Zusatzfinanzierung durch die Erzielung von Provisionen bei vollzogener<br />

Kaufhandlung von weitergeleitetem „Traffic“ verschärft die als Kommerzialisierung<br />

beschriebene Problematik.<br />

Die eingangs aufgeworfene Frage, ob durch die Digitalisierung die Tendenzen der<br />

Ökonomisierung und Kommerzialisierung eine Beschleunigung erfahren, ist im Hinblick<br />

auf die Strukturen der bisher in den <strong>Medien</strong>markt eingetretenen Online-<strong>Medien</strong><br />

zu bejahen.<br />

Literatur<br />

Heinrich, Jürgen (1994): <strong>Medien</strong>ökonomie Band 1: <strong>Medien</strong>system, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt.<br />

Opladen.<br />

Heinrich, Jürgen (1999): <strong>Medien</strong>ökonomie Band 2: Hörfunk und Fernsehen. Opladen.<br />

Neuberger, Christoph (2000): Journalismus im Internet: Auf dem Weg in die Eigenständigkeit? In:<br />

Media Perspektiven H. 7, S. 310 – 318.<br />

Sennwald, Nicola (1998): Massenmedien und Internet. Zur Marktentwicklung in der Pressebranche.<br />

Wiesbaden.<br />

Shapiro, Carl; Varian, Hal (1998): Information Rules. A Strategic Guide to the Network Economy.<br />

Harvard.<br />

Urban, Konstantin (2000): Fremde Welten. Weshalb sich klassische Verlagsunternehmen mit der<br />

Internet-Ökonomie schwertun. In: Handelsblatt Nr. 69 vom 6. April 2000.<br />

van Eimeren, Birgit; Gerhard, Heinz (2000): ARD/ZDF-Online-Studie 2000: Gebrauchswert entscheidet<br />

über Internetnutzung. In: Media Perspektiven H. 8, S. 338 – 349.<br />

Zerdick, Axel; Picot, Arnold; Schrape, Klaus u. a. (1999): Die Internet-Ökonomie. Strategien für<br />

die digitale Wirtschaft. Heidelberg/New York.<br />

Zürn, Matthias (2000): Print- und Onlinezeitungen im Vergleich. In: Media Perspektiven H. 7,<br />

S. 319 – 325.<br />

236


Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>industrie aus<br />

wirtschaftspolitischer Perspektive<br />

Andrea Grisold<br />

Eine Betrachtung der Ökonomisierung der <strong>Medien</strong> aus wirtschaftspolitischer Perspektive<br />

führt <strong>zum</strong> in seiner wechselseitigen Bedingtheit komplexen und widersprüchlichen<br />

Verhältnis von Ökonomisierung und Wirtschaftspolitik: Viele wirtschaftspolitische Maßnahmen<br />

beschleunigen die Ökonomisierung des <strong>Medien</strong>sektors, andererseits verlangt<br />

eine größere Ökonomisierung – die mit erhöhter Marktausrichtung auch zu gesellschaftlich<br />

unerwünschten Ergebnissen führen kann – nach erhöhten (wenngleich anders<br />

ausgerichteten) wirtschaftspolitischen Eingriffen. Dieser Artikel stellt die unterschiedlichen<br />

ökonomischen Zugänge zu Wirtschaftspolitik und deren Ausrichtung dar, gibt eine<br />

Darstellung derjenigen wirtschaftspolitischen Aktivitäten, die der Ökonomisierung förderlich<br />

waren oder sind, und schließt mit einem Katalog an wirtschaftspolitischen Instrumenten,<br />

die als countervailing power zu den negativen Effekten einer verstärkten<br />

Ökonomisierung aus ökonomischer Perspektive heraus wünschenswert und sinnvoll<br />

wären.<br />

Analysegegenstand dieses Artikels ist das Verhältnis zwischen Wirtschaftspolitik und<br />

Ökonomisierung am <strong>Medien</strong>sektor. Dieses Verhältnis stellt, soweit sei die Konklusio<br />

gleich vorweggenommen, kein monokausales, sondern durchaus ein in sich widersprüchliches<br />

dar: Wirtschaftspolitische Maßnahmen sind es, die die Ökonomisierung<br />

des <strong>Medien</strong>sektors durchaus befördern, andererseits verlangt eine größere Ökonomisierung<br />

nach erhöhten (wenngleich auch anders gelagerten) wirtschaftspolitischen Eingriffen.<br />

Ich werde das Thema der Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>industrie aus wirtschaftspolitischer<br />

Perspektive im Folgenden mit einer Begriffsklärung von Wirtschaftspolitik<br />

und Ökonomisierung beginnen, mit einem theoretisch-ökonomischen Diskurs<br />

zu Notwendigkeit und Aufgaben von Wirtschaftspolitik fortführen, und danach auf das<br />

– <strong>zum</strong>indest auf den ersten Blick – widersprüchliche Verhältnis von Wirtschaftspolitik<br />

und Ökonomisierung des <strong>Medien</strong>sektors eingehen.<br />

1. Wirtschaftspolitische Grundlagen: Ziele, Funktionen und Instrumente<br />

In einer ersten Definition kann Wirtschaftspolitik als „Durchführung von Maßnahmen,<br />

mit denen bestimmte ökonomische und soziale Ziele verfolgt werden sollen“ (Altmann<br />

2000, 4) bezeichnet werden. Dies wird in einer grundsätzlich marktwirtschaftlich ausgerichteten<br />

ökonomischen Ordnung dann notwendig, wenn der privatwirtschaftliche<br />

Prozess nicht die gewünschten Resultate erbringt, also etwa bei wirtschaftlichen Instabilitäten<br />

wie Rezessionen, Arbeitslosigkeit, Inflation. Politische Eingriffe können sich<br />

auch aus sozialpolitischen Umverteilungsbestrebungen des Ergebnisses von Marktprozessen<br />

ergeben oder daraus, dass das Ausschlussprinzip der Nutzung von spezifischen<br />

Gütern nicht erwünscht ist. Weiter können auch negative externe Effekte (privates Handeln<br />

verursacht Kosten, die von der Allgemeinheit getragen werden müssen) wirtschaftspolitische<br />

Maßnahmen erforderlich machen.<br />

Als oberstes Ziel einer Theorie der Wirtschaftspolitik wird „gesellschaftliche Wohlfahrt“<br />

definiert (z. B. in Berg/Cassel 1995 oder Nowotny 1997). Wenn diese „gesellschaftliche<br />

Wohlfahrt“ von kritischen Stimmen gleichermaßen zu Recht wie zu Unrecht<br />

237


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

als Leerformel bezeichnet wurde, so will das kurz erläutert werden: Wirtschaftspolitik<br />

bedient sich immer auch idealistischer Zielsetzungen. Selbst wenn diese aufgrund starker<br />

Interessensdominanzen nicht in eine entsprechende Praxis umzusetzen sind, so darf<br />

doch auf diese Zielsetzungen nicht verzichtet werden im Sinne von Leitwerten, an denen<br />

es das Ergebnis von wirtschaftspolitischer Arbeit zu messen gilt.<br />

Im so genannten „Magischen Vieleck“ werden die wirtschaftspolitischen Ziele folgendermaßen<br />

aufgelistet: Stabilität des Preisniveaus, hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches<br />

Gleichgewicht und hohes Wirtschaftswachstum als Hauptziele; weitere<br />

Ziele sind Verteilungsgerechtigkeit, Umweltschutz, etc. Die Politikfelder und Instrumente,<br />

die damit einhergehen, sind vielgestaltig und werden an dieser Stelle nur beispielhaft<br />

angeführt, nicht vollständig aufgezählt: So unterschiedliche Bereiche wie<br />

Fiskalpolitik, Wettbewerbspolitik, Agrarpolitik, Geld- und Währungspolitik, Strukturpolitik<br />

etc. zählen dazu.<br />

Für die hier betrachtete <strong>Medien</strong>wirtschaftspolitik sind vor allem die Ziele Wirtschaftswachstum,<br />

hoher Beschäftigungsstand und Verteilungsgerechtigkeit relevant, wie sich<br />

<strong>zum</strong> anderen auch die Bereitstellung öffentlicher Güter, hoher Konzentrationsgrad bei<br />

<strong>Medien</strong>unternehmen, externe Effekte wie generell Informationsasymmetrien als Gründe<br />

für <strong>Medien</strong>wirtschaftspolitik anführen lassen.<br />

Der Rolle der Wirtschaftspolitik kommt je nach volkswirtschaftlicher Schule unterschiedliche<br />

Funktion zu. Zwei Prototypen ökonomischer Schulen lassen sich unterscheiden<br />

(Rothschild 1996): Die neoklassische und die keynesianische Sichtweise. Ergänzt<br />

werden kann dies noch durch die regulationstheoretische Sichtweise, die Ökonomien<br />

immer als ein Set an unterschiedlichen regulatorischen Maßnahmen begreift, von<br />

denen Wirtschaftspolitik einen Maßnahmenkatalog darstellt, welcher aktiv ins Wirtschaftsgeschehen<br />

eingreifen kann 1 .<br />

Die Neoklassik schreibt alleine dem Markt als Allokationsmechanismus Effizienz zu,<br />

und begründet dies mit den Defizienzen jeglicher anderer denn Marktregulierungsformen.<br />

Der neoklassische Zugang sieht grundsätzlich mit einer Ökonomisierung alle regulatorischen<br />

Erfordernisse erfüllt, denn endlich können sich die – selbstverständlich<br />

positiven – Marktkräfte frei entfalten und über Konsumentensouveränität die Wünsche<br />

der Nachfrager befriedigen. Doch sind auch im neoklassischen Denkgebäude unerwünschte<br />

Wirkungen des Marktes nicht gänzlich ausgeschlossen („Marktversagen“),<br />

der Wirtschaftspolitik kommt dann die Funktion eines Gegengewichtes zu, welches die<br />

negativen Effekte der rein ökonomischen Behandlung gesellschaftlicher Güter auszugleichen<br />

hat.<br />

Eine grundlegend andere Funktion messen die in einer postkeynesianischen Tradition<br />

stehenden VertreterInnen der Politischen Ökonomie der Wirtschaftspolitik bei, für<br />

die öffentliche Institutionen aus mehreren Gründen von zentraler Bedeutung sind<br />

(Arestis/Sawyer 1998, 8): Erstens ist der öffentliche Sektor als Träger von Wirtschaftspolitik<br />

traditionellerweise Bereitsteller wichtiger Dienstleistungen wie Bildung oder<br />

1 Die anderen Sets neben den Formen der Intervention des Staates in das Marktgeschehen sind<br />

das Geld- und Kapitalverhältnis (wie die Klärung gesellschaftlicher Besitzverhältnisse, die<br />

Strukturen des Finanzmarktes, der Horizont der Kapitalverwertung …), das Lohnverhältnis<br />

(Form der Arbeitsorganisation und gesellschaftlicher Arbeitsteilung, Arbeitsplatzsicherheit<br />

und Mobilität, Formen der Lohnbestimmung), das Konkurrenzverhältnis der einzelnen Kapitalteile<br />

(Markt- und Betriebsstrukturen, Formen der Marktregulierung) und das Verhältnis zwischen<br />

nationalem und internationalem Regime (Boyer 1986).<br />

238


Grisold · Wirtschaftspolitische Perspektive<br />

Gesundheit, Infrastruktur oder Zentralbanken, die den Finanzsektor stabilisieren; zweitens<br />

wird dem öffentlichen Sektor eine zentrale Rolle darin zugeschrieben, privatwirtschaftlichen<br />

Institutionen ihre Rahmenbedingungen aufzubereiten. Im Gegensatz zur<br />

Neoklassik werden rechtliche Rahmenbedingungen alleine als nicht ausreichend erachtet,<br />

sondern es bedarf einer umfassenden Palette an Regulierungsaktivitäten. Ein wesentlicher<br />

Unterschied zwischen der Neoklassik und der Politischen Ökonomie manifestiert<br />

sich also darin, welche Rolle dem Markt zugeschrieben wird, und welche<br />

Wichtigkeit demgegenüber der Wirtschaftspolitik zukommt. Wenn der Markt nur im<br />

Ausnahmefall zu produktiver und allokativer Effizienz führt, wenn ein allgemeines<br />

Gleichgewicht nicht herstellbar ist 2 , dann kommt der Wirtschaftspolitik eine elementar<br />

wichtigere Rolle zu als im neoklassischen Denkgebäude (Rothschild 1996, 45f). 3<br />

Während eine keynesianische Wirtschaftspolitik Regulierungen aufgrund von umfassendem<br />

Marktversagen begründete und entsprechende marktregulierende Eingriffe vornahm,<br />

ist die neoliberale Regulierungsdiskussion auf die Beseitigung von Staatsversagen<br />

konzentriert. Ausgangspunkt neoklassischer Regulierungstheorien ist, dass staatliche<br />

Eingriffe zeitlich unexakt, nicht effizient und damit gegenstandslos bis kontraproduktiv<br />

wirken. Von regulierungstheoretischer Seite wird auch oft argumentiert, dass Regulierungen<br />

vorrangig bis ausschließlich großen Lobbying-Gruppen zu Gute kommen 4 .<br />

Die an die neoklassische Tradition anknüpfenden Regulierungstheorien werden üblicherweise<br />

in normative und positive unterteilt. Während normative Regulierungstheorien<br />

darstellen, wann reguliert werden soll, gehen positive von der Fragestellung aus,<br />

wer, wann und wie reguliert; Regulierer agieren im zweiten Fall sicher nicht neutral,<br />

sondern interessengeleitet. Nun ist die Annahme, die Regulierten würden ihre Regulierungsformen<br />

mitbestimmen, keineswegs falsch. Die Schlussfolgerung, gerade aus diesem<br />

Grund den Markt als neutrale Instanz wirken zu lassen, stellt aber ein <strong>zum</strong>indest<br />

ebenso utopisches Konzept dar; nicht auf Grund mangelnder Durchsetzbarkeit auf der<br />

politischen Ebene, sondern weil die idealen Marktbedingungen, die dafür notwendig<br />

wären, nicht vorzufinden und auch nicht erzeugbar sind. Sollen Regulierungsmaßnahmen<br />

festgelegt werden, ist von Verhandlungen und einem Tauziehen verschiedener Interessengruppen<br />

auszugehen. Dabei stellt sich das Problem, welche Gruppen über adäquate<br />

Artikulationsweisen und Durchsetzungsmacht verfügen und welche nicht. Dies<br />

ist der Ausgangspunkt von theoretischen Ansätzen, die Regulierung nicht mehr als Sonderfall<br />

und nicht mehr als dem Funktionieren des ökonomischen Prozesses hinderlich<br />

darstellen.<br />

Wenn das Nichtzutreffen neoklassischer Annahmen nun nicht mehr die Ausnahme<br />

darstellt, wie dies im Falle von „Marktversagen“ bereits im Terminus anklingt, sondern<br />

– wie etwa in der keynesianischen Theorie oder der französischen Regulationstheorie –<br />

als signifikantes Bestimmungsmerkmal des ökonomischen Systems selbst identifiziert<br />

wird, so sind Regulierungsaktivitäten ebenso nicht mehr nur in vielen Ausnahmefällen<br />

notwendig, sondern müssen als wesentliches Moment für das effiziente Funktionieren<br />

unserer kapitalistisch strukturierten Ökonomie angesehen werden.<br />

2 … die Suche danach daher aussichtslos …<br />

3 Für eine Zusammenfassung unterschiedlicher Regulierungstheorien in Bezug auf die <strong>Medien</strong>industrie<br />

siehe Grisold (1996 oder 1998).<br />

4 Siehe dazu an Standardwerken: Stigler (1971) oder Peltzman (1976); als Überblick an aktueller<br />

Literatur: Stigler (1995).<br />

239


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

2. Begriff und Ursachen der Ökonomisierung<br />

Der Begriff der Ökonomisierung kann von unterschiedlichen Seiten her gesehen werden:<br />

Über Individuen betrachtet, versteht man darunter eine stärkere Nutzenorientierung<br />

und individuelle Nutzenmaximierung; produktionsorientiert wird darunter der<br />

optimale Einsatz von Ressourcen verstanden; und als Politikorientierung heißt es ein<br />

verstärktes Vertrauen auf Marktkräfte und die positiven Auswirkungen des Wettbewerbs.<br />

Die Herausbildung individueller Verhaltensweisen ausklammernd 5 kann für eine<br />

wirtschaftspolitische Perspektive der Begriff der Ökonomisierung wie folgt aufgeschlüsselt<br />

werden:<br />

1. Wie Güter und Dienstleistungen bei gegebenen Inputfaktoren am besten produziert<br />

werden, ohne Ressourcen zu vergeuden. Dies ist eine sehr neutrale Definition von<br />

Ökonomie, Ökonomisierung könnte als Weg zu diesem Idealzustand beschrieben<br />

werden. 6<br />

2. Ein verstärktes Rekurrieren auf den „Markt“ als bestes Allokationssystem:<br />

Unternehmensziele wandeln sich zur vorrangigen Profitorientierung (dies wird in<br />

der <strong>Medien</strong>wissenschaft oft auch als „Kommerzialisierung“ bezeichnet), Marktbeziehungen<br />

weisen eine stärkere Wettbewerbsorientierung auf. 7 Wenn der Wandel der<br />

Unternehmensziele aufgrund der Änderungen von öffentlichen zu privatwirtschaftlichen<br />

Eigentumsverhältnissen bedingt wurde, so war damit immer eine wirtschaftspolitische<br />

Entscheidung verknüpft. Ob <strong>Medien</strong>produkte über ein marktliches Instrumentarium<br />

am besten bereitgestellt werden können, wird im Folgenden zu diskutieren<br />

sein. Die Veränderung der Marktsituation auf gesamtgesellschaftlichem Niveau<br />

wird durch Wirtschaftspolitik <strong>zum</strong>indest begleitet, wenn nicht geleitet. 8<br />

Eine verstärkte Marktorientierung und damit Profitorientierung ist als positiv einzustufen,<br />

wenn über erhöhten Effizienzdruck Kostensenkungen erreicht und diese auch<br />

auf die Preise überwälzt werden. Sie ist dann als negativ anzusehen, wenn der Markt als<br />

unvollkommener dazu führt, dass Produkte, für die es eine Nachfrage gäbe, nicht angeboten<br />

werden bzw. nur zu überhöhten Preisen, ebenso dann, wenn der Markt zu Unternehmenskonzentration<br />

führt und dazu, dass gesellschaftliche Funktionen von Gütern<br />

und Dienstleistungen vernachlässigt werden.<br />

Dies vorausgesetzt, wird die verstärkte Ausrichtung auf den Markt als bestes Allokationssystem,<br />

verbunden mit erhöhter Profitorientierung, Einfluss der Werbewirtschaft<br />

und dem Bemühen um Effizienzsteigerung im Folgenden als Ökonomisierung bezeichnet.<br />

Im Rundfunksektor kann Ökonomisierung im Sinne einer zunehmenden Dominanz<br />

der über den Markt angebotenen Rundfunkprodukte als Folge von Privatisierungen<br />

verstanden werden. Da sich die Ursachen der Ökonomisierung für die unterschiedlichen<br />

<strong>Medien</strong>branchen durchaus unterschiedlich darstellen, möchte ich an dieser Stelle<br />

5 Siehe dazu z. B. Pirker (1999), wie auch den Artikel von Heinrich in diesem Band.<br />

6 Wobei diese Handlungsanleitung in der Praxis so eindeutig nicht ist: Wer definiert, welche<br />

Inputfaktoren das „beste“ Ergebnis bringen? So ist das Billigste nicht immer auch mit dem Besten<br />

gleichzusetzen, oder, anders ausgedrückt, stellen z. B. Kreativität und Effizienz zwei widerstrebende<br />

Zielkriterien dar.<br />

7 Welcher dieser beiden Faktoren zuerst initiierend den anderen bedingte, muss an dieser Stelle<br />

unbeantwortet bleiben.<br />

8 Über den Abbau von Handelshemmnissen, über vorrangige Wettbewerbsförderung, über fehlende<br />

flankierende Maßnahmen zur sozialen Verträglichkeit etc.<br />

240


Grisold · Wirtschaftspolitische Perspektive<br />

den Rundfunksektor als Beispiel heranziehen, um aus wirtschaftspolitischer Perspektive<br />

die Ökonomisierungsursachen darzustellen: 9<br />

• Politikausrichtung: Zunehmende Wirkungsmächtigkeit neoliberaler Politik, besonders<br />

auch innerhalb der Europäischen Union, wie dies im Katalog der vier Grundfreiheiten<br />

des Binnenmarktes (freier Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen<br />

und Kapital) bereits formuliert ist.<br />

• Ausrichtung der Wirtschaftspolitik: Über eine Verschiebung des Problembewusstseins<br />

von Marktversagen hin zu Staatsversagen ergab sich eine Auffassungsänderung<br />

über Rolle, Funktion und Gestaltung von Wirtschaftspolitik. 10<br />

• Marktveränderungen über Gewinnerwartungen: Rundfunk wurde, über eine Erhöhung<br />

der gesamtwirtschaftlichen Werbeaufwendungen, als profitabler Wirtschaftszweig<br />

erkannt; die Einführung privatwirtschaftlicher Unternehmen führte zu<br />

neuen Marktverhältnissen.<br />

• Entwicklung am Technologiesektor: Neue Technologien ermöglichten die vermehrte<br />

Einrichtung neuer Rundfunkstationen: Mehr Frequenzen stehen zur Verfügung,<br />

Kabel und Satelliten-Verteilsysteme, gekoppelt mit der Entwicklung im Telekommunikationsbereich,<br />

führen zu effizienterer Übertragungstechnik: Dies galt noch vor<br />

der Einführung der Digitalisierung bereits für die Breitband-Technologie.<br />

• Soziale Bewegungen als neue politische Größe: Die politische und kulturelle Aufbruchstimmung<br />

der späten 60er Jahre markierte den Beginn der Ära der „Liberalisierung“<br />

des Rundfunks in Österreich: Neue soziale Bewegungen gründeten nichtkommerzielle<br />

Stationen als Gegenbewegung zu staatlicher Dominanz (speziell im<br />

Radiobereich). Wenn dies auch keineswegs aus ökonomischen Gründen geschah, so<br />

trug es dennoch in der Folge zur Ökonomisierung bei, da sich die Stationen aus betriebswirtschaftlichem<br />

Kalkül bald zusammenschlossen, zu ihrer Finanzierung auf<br />

Werbung nicht verzichten wollten oder konnten und so – indirekt und unintendiert<br />

– die Ökonomisierung des Rundfunksektors beförderten. 11<br />

Für die Betrachtung von Ökonomisierung aus wirtschaftspolitischer Perspektive stellt<br />

sich somit erstens die Frage, wie über Wirtschaftspolitik die Ökonomisierung am <strong>Medien</strong>sektor<br />

konkret befördert wurde und wird, sowie zweitens, wie die zu beobachtenden<br />

negativen Auswirkungen der Ökonomisierung – wenn marktliche Bereitstellung<br />

der <strong>Medien</strong>güter nicht zu optimalen Ergebnissen führt – am <strong>Medien</strong>sektor durch wirtschaftspolitische<br />

Instrumente zu verringern wären.<br />

3. Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>branche durch Wirtschaftspolitik<br />

Jenes Verständnis von Ökonomisierung, das dem Markt vorrangige Gestaltungskompetenz<br />

zuweist, hat seinen Niederschlag nicht zuletzt auch im wirtschaftspolitischen Bereich<br />

gefunden: Erstens theoretisch im Sinne einer Beschränkung von Wirtschaftspolitik<br />

auf Wettbewerbspolitik, welche sich in der Praxis <strong>zum</strong>eist aber als Ermöglichung<br />

großer Unternehmenseinheiten darstellt. So ist eine reduzierte Rolle von Wirtschaftspolitik<br />

als gesellschaftlich gestalterisches Element auf die Etablierung funktionierender<br />

9 Ich stütze mich dabei auf Collins/Garnham/Locksey (1988), McQuail (1998), und Altvater<br />

(1997).<br />

10 Siehe dazu detaillierter: Kapitel 3 und 4.<br />

11 Dieser Punkt wurde angeführt, um auch ein Beispiel für indirekte Ökonomisierung aufzuzeigen.<br />

241


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Unternehmenseinheiten am Beispiel des österreichischen Privatradiogesetzes ohne<br />

Schwierigkeiten nachzuweisen (Götschl 1998). Zweitens fand und findet unter den so<br />

geschaffenen veränderten Rahmenbedingungen eine Verschiebung der Eigentumsstrukturen<br />

im Rundfunk zugunsten vermehrt privatwirtschaftlich geführter Unternehmen<br />

statt. Drittens schließlich ist ein Abrücken der Wirtschaftspolitik von der Überzeugung,<br />

Massenmedienprodukte seien als öffentliche bzw. meritorische Güter zu behandeln,<br />

festzustellen 12 . Damit verbunden ist, dass das Problem des öffentlichen Interesses an diesen<br />

Produkten von Seiten der Wirtschaftspolitik nur mehr nachrangig behandelt wird.<br />

Da Wirtschaftspolitik immer auch Interessenpolitik darstellt, wirft sich die Frage auf,<br />

wie solche Interessen vertreten werden können, die weder in Kaufkraft noch in politischem<br />

Lobbying <strong>zum</strong> Ausdruck kommen. 13 Massenmedien schreiben sich selbst gerne<br />

die Funktion einer „countervailing power“ (Gegenmacht) zu, die sie, wenn überhaupt,<br />

am nachdrücklichsten gegenüber der Politik einsetzen. Sind ökonomische Interessen respektive<br />

Interessensgruppen angesprochen, treten <strong>Medien</strong> hingegen viel weniger deutlich<br />

in Erscheinung (z. B. in unternehmenskritischer Berichterstattung 14 ).<br />

Welche wirtschaftspolitischen Instrumente werden nun im Sinne der Beförderung einer<br />

Ökonomisierung am <strong>Medien</strong>sektor eingesetzt? Im Folgenden soll anhand von unterschiedlichen<br />

wirtschaftpolitischen Instrumenten am Beispiel des audiovisuellen Sektors<br />

die Problematik dargestellt werden.<br />

Derzeit reduziert sich Wirtschaftspolitik oftmals auf Wettbewerbspolitik, mit dem als<br />

Ideal formulierten Ziel, eine Vielzahl von kleinen, nicht marktmächtigen Unternehmen<br />

am Markt operieren zu haben. Kann dieser Idealzustand hergestellt werden, so sorgen<br />

die positiven Kräfte des Wettbewerbs für ein reibungsloses Funktionieren des Marktes.<br />

Aufgrund der Kostenstrukturen und spezifischen Gütereigenschaften ist diese Wettbewerbsform<br />

allerdings am <strong>Medien</strong>sektor ökonomisch oft ineffizient bzw. nicht zu erreichen,<br />

die vorrangige Ausrichtung der Wirtschaftspolitik auf Wettbewerbspolitik daher<br />

wenig sinnvoll.<br />

Realiter wird unter dem Terminus Wettbewerbspolitik oft Standortpolitik betrieben<br />

(besonders für einen Wirtschaftssektor wie etwa den der elektronischen <strong>Medien</strong>, der<br />

12 Kiefer (1997) nennt dies „Entmeritorisierung“ von <strong>Medien</strong>leistungen: ein Zurückdrängen der<br />

gesellschaftlich erwünschten meritorischen Güter zu Gunsten der auf Märkten verkäuflichen,<br />

wirtschaftlich rentablen Angebote.<br />

13 Wobei ich hier annehme, dass Massenmedien sich um alle kaufkräftigen Schichten kümmern,<br />

was sehr wohl auch in Frage gestellt werden kann. Peterson (1982) tut das im „Production of<br />

Culture“-Ansatz, der Produktionsbedingungen in den Kulturindustrien als angebotsdeterminiert<br />

sieht; Brown (1996, 8) spricht von Minoritäten, welche für die Befriedigung ihrer Bedürfnisse<br />

zwar eine hohe Zahlungsbereitschaft hätten, diese aber nicht adäquat kommunizieren können.<br />

Wenn in mittlerem Alter stehende kaufkräftige Mittelschichten z. B. am Radiosektor so gar<br />

nicht bedient werden (nicht nur in Österreich, sondern auch z. B. in Irland oder in weiten Teilen<br />

Großbritanniens), weil sie entweder nicht als Zielgruppe definiert werden oder andere Werbeträger<br />

als adäquater für die zu bewerbenden Produkte angesehen werden, so kann das in einer<br />

weiteren Auslegung des Wortes als Marktversagen gesehen werden.<br />

14 So ist z. B. in Zeitungen der Politikteil auch moralisch-kritisch gegenüber ebendieser Politik,<br />

von der berichtet wird, ausgerichtet, wohingegen der Wirtschaftsteil derselben Zeitungen sehr<br />

wenig wirtschaftskritisch in Erscheinung tritt. Dies ist über Interessen leicht erklärbar: Der Politikteil<br />

wird nicht vorrangig für Politiker geschrieben, der Wirtschaftsteil dient aber hauptsächlich<br />

– <strong>zum</strong>indest im Selbstverständnis der Zeitungen – der Information für Aktionäre bzw.<br />

Wirtschaftstreibende.<br />

242


Grisold · Wirtschaftspolitische Perspektive<br />

derzeit als Wachstumsbranche schlechthin dargestellt wird). Diese Standortpolitik erfolgt<br />

aufgrund von regionalem Wettbewerb. Da der <strong>Medien</strong>bereich als Zukunftsbranche<br />

gehandelt wird, bemühen sich die Regionen verstärkt darum, Unternehmen aus dieser<br />

Branche anzusiedeln. Mittels Subventionen werden die Kosten der Unternehmen der<br />

Massenmedienindustrien verringert, über Multiplikatorwirkungen weitere Wachstumsund<br />

Beschäftigungseffekte zu erreichen gesucht.<br />

Der Dynamik unserer Wirtschaftsform immanent ist die Bildung unternehmerischer<br />

Konzentrationsformen. Kartellrechtliche Regelungen als Teil der Wettbewerbspolitik<br />

sollen derlei negative Machtkonzentrationen nach Möglichkeit hintanhalten. Ihre Möglichkeiten<br />

sind jedoch klar limitiert: Unmittelbare wirtschaftliche Interessen nicht nur<br />

der betroffenen Unternehmen, sondern auch der Region, der Nation im Wettbewerb mit<br />

anderen Regionen respektive Nationen werden einer strikten Auslegung von Anti-Trust-<br />

Regelungen immer entgegenstehen. Damit fallen kartellrechtliche Regelungen üblicherweise<br />

unter den Oberbegriff „Kosmetik“ und werden nur in den seltensten Fällen auch<br />

exekutiert 15 . Auf EU-Ebene stellt das Verbot des Zusammenschlusses von Bertelsmann,<br />

Kirch und Deutscher Telekom für den Pay-TV-Sektor im Mai 1998 eine der wenigen<br />

Ausnahmen dar. Im Gegensatz dazu wurde z. B. die Beteiligung von Murdochs BSkyB<br />

an KirchPayTV nicht untersagt. 16 Auf nationaler Ebene sind die in Österreich geplanten<br />

Veränderungen im Regionalradiogesetz ein Beispiel für die Lockerung kartellrechtlicher<br />

Maßnahmen: Nicht nur von Regierungsseite wird eine Aufhebung der Eigentumsbeschränkungen<br />

geplant, auch die Opposition hat dagegen nichts einzuwenden 17 .<br />

Wenn Massenmedienprodukte öffentliche Güter 18 darstellen, und als Ziel definiert ist,<br />

die Inhalte von Massenmedien pluralistisch zu produzieren, so sind dafür Eigentumsrechte<br />

von zentraler Bedeutung. Sie sichern den Zugriff auf Produktion und Verteilung<br />

von Inhalten: Eigentumsrechte an den Distributionskanälen auf der einen, an den potenziellen<br />

Inhalten der Massenmedien auf der anderen Seite. Bei öffentlichen Gütern<br />

stellt sich die Frage, ob sie öffentlich produziert werden sollen oder privatwirtschaftlich,<br />

dann aber unter öffentlicher Kontrolle. Privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen<br />

haben spezifische Interessenlagen, die über private Massenmedien verstärkt transportiert<br />

werden, die Generierung von Shareholder-Value steht pluralistischer Kommunikation<br />

entgegen. Eine wirtschaftspolitische Ausrichtung, die den Anteil der privatwirtschaftlichen<br />

TV-Stationen erhöht und eine Konzentration darin nicht verhindert, wird<br />

zur Folge haben, dass nicht Gewinn bringend absetzbare Inhalte nicht mehr produziert<br />

und gesendet werden.<br />

Fiskalpolitik als Einnahmen- und Ausgabenpolitik staatlicher Bürokratien beinhaltet<br />

die Erhebung von Steuern und Abgaben ebenso wie die Vergabe von Subventionen. Förderungen<br />

können unterteilt werden in allgemeine, generell der Branche zugute kommende,<br />

und solche mit explizit normativen wirtschaftspolitischen Zielsetzungen. Sind<br />

15 Bagdikian (1997) oder Herman/McChesney (1997) bringen eine Fülle an Beispielen für den USamerikanischen<br />

Raum.<br />

16 Für eine genaue Begründung siehe KEG (2000).<br />

17 Derzeit bestehende Einschränkungen des Crossownerships von marktbeherrschenden Zeitungen<br />

und Radiounternehmen in einer Region werden ebenso fallen wie Beschränkungen der Eigentumskonzentration<br />

am kommerziellen Radiosektor generell.<br />

18 Öffentliche Güter werden über das Nicht-Ausschlussprinizip vom Konsum und über die<br />

Nicht-Rivalität im Konsum definiert; aus beiden Gründen ist eine direkte, eindeutig zuordenbare<br />

Bepreisung dieser Güter nicht möglich.<br />

243


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

zu zweiteren die Regelungen öffentlich-rechtlicher Rundfunkunternehmen zu zählen,<br />

haben branchenfördernde finanzpolitische Maßnahmen (wie ein geringerer Mehrwertsteuersatz,<br />

geringere Postgebühren beim Versand für den Pressesektor etc.) höhere Förderungswirkung<br />

bei großen, marktbeherrschenden Unternehmen der <strong>Medien</strong>industrie.<br />

4. Wirtschaftspolitik als Folge der Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>branche<br />

Die Folgewirkungen des Prozesses der Ökonomisierung sind kaum mehr reversibel:<br />

Massenmedienprodukte werden nach rein ökonomischen Profiterfordernissen ausgerichtet,<br />

und über die Entwicklung des Marktes betrifft dies auch öffentliche Unternehmen.<br />

Dies sei am Beispiel der catch-22-Situation für öffentlich-rechtlichen Rundfunk<br />

durch die „Liberalisierung“ erläutert: Die einfachste Möglichkeit, konkurrieren zu können,<br />

ist die, gleichsam selbst zur kommerziellen Station zu mutieren (eine Strategie, die<br />

von den meisten öffentlich-rechtlichen Rundfunkstationen auch verfolgt zu werden<br />

scheint, siehe Blumler 1992, Achille/Miege 1994, Burgelmann 1997). Damit verlieren sie<br />

aber ihre Legitimation für den Bezug von Rundfunkgebühren („Wieso für etwas zahlen,<br />

das man umsonst von Privaten kriegen kann?“). Zugleich aber verlieren sie diese Legitimation<br />

auch dann, wenn sie ein Programm anbieten, das keine großen Zuseherzahlen<br />

anzieht; wobei die Argumentation dann in die Richtung geht, dass solche Programme<br />

eben nicht gewünscht würden.<br />

Der Nobelpreisträger Ronald Coase hat bereits in den 60er Jahren in seiner Einschätzung<br />

von werbefinanzierten Rundfunkprogrammen eine einfache ökonomische Realität<br />

dargelegt: „With commercial broadcasting, the person who pays for the broadcast of a<br />

program is the advertiser. It follows that the programs broadcast are those which maximise<br />

the profits to be derived from broadcasting“ (Coase 1966, 446). Der Chicago-Ökonom<br />

schlägt als Gegenmaßnahme die Entfaltung des Marktmechanismus schlechthin<br />

vor: Die Einführung von Pay-per-View, und damit die Ermöglichung des Wirkens des<br />

Preismechanismus, um Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht zu bringen und so<br />

Konsumentensouveränität herzustellen. Wenn allerdings nicht von derart idealistischen<br />

Annahmen bezüglich der Verteilungsgerechtigkeit ausgegangen wird, sondern von sozialer<br />

Hierarchisierung, unterschiedlichen Einkommens- und Bildungsniveaus, von Informationsasymmetrien<br />

etc., so wird eine aktive und gestaltende Wirtschaftspolitik als<br />

Regulativ notwendig.<br />

Damit stellt sich die Frage, welche Aufgaben von wirtschaftspolitischer Seite am <strong>Medien</strong>sektor<br />

vorrangig zu übernehmen wären im Sinne ökonomischer und sozialer Ziele,<br />

wenn in einer grundsätzlich marktwirtschaftlich ausgerichteten ökonomischen Ordnung<br />

der privatwirtschaftliche Prozess nicht die gewünschten Resultate erbringt. Allgemein<br />

formuliert sind das ein freier Zugang zu Information, ein Ausgleich für die zunehmende<br />

Privatisierung öffentlicher Güter und ein Gegengewicht zur Standardisierung<br />

der Inhalte:<br />

• Infrastrukturmaßnahmen: Wirtschaftspolitik gegenüber Massenmedien soll sicherstellen,<br />

dass ein universeller Zugang zu Massenmedienprodukten ermöglicht wird.<br />

Solch eine Infrastrukturmaßnahme kann sich nicht an marktwirtschaftlichen Kriterien<br />

orientieren.<br />

• Wirtschaftspolitische Maßnahmen am Massenmediensektor haben sich auf die Inhalte<br />

der Massenmedien zu richten, d. h. den symbolischen Gehalt ebendieser Produkte<br />

in Rechnung zu stellen. So müsste, um eine funktionierende Gegenmacht der<br />

Massenmedien zu gewährleisten, Wirtschaftspolitik, mit Kulturpolitik gekoppelt,<br />

eine Diversifizierung der Inhalte anstreben.<br />

244


Grisold · Wirtschaftspolitische Perspektive<br />

• Die Preise für solche Güter festzulegen, deren Bepreisung über den Markt nicht möglich<br />

ist, ist eine weitere Aufgabe der Wirtschaftspolitik. Preispolitik als fiskalische<br />

wirtschaftspolitische Maßnahme ist im audiovisuellen Bereich auf die Gebührenordnung<br />

für öffentlichen Rundfunk wie auch indirekt auf die Regulierung der Werbezeiten<br />

beschränkt. Auf der Gebührenseite wären aus effizienztheoretischer ökonomischer<br />

Perspektive Steuereinnahmen 19 den derzeit vorherrschenden Gebührensystemen<br />

<strong>zum</strong>indest nicht unterlegen. Für eine Bereitstellung von öffentlichen Gütern<br />

ist es nicht von Bedeutung, ob die Gelder dafür aus Gebühren oder Steuereinnahmen<br />

kommen: Es kann sogar argumentiert werden, dass Steuereinnahmen effizienter sind,<br />

da keine zusätzlichen Kosten der Erhebung anfallen. Von nicht-ökonomischer Seite<br />

wird die Erhebung über Steuern kritisiert, da erstens eine direkte politische Beeinflussung<br />

möglich würde und sie zweitens kein direktes Zurechnungssystem zwischen<br />

NutzerInnen und Anbietenden bedeute (was bei einer Dichte an Rundfunkgeräten<br />

in Haushalten von an die 100% kaum mehr ins Gewicht fällt; auch Gebührenfinanzierung<br />

stellt nur eine Annäherung dar: wer konsumieren könnte, wird zur Gebührenabgabe<br />

verpflichtet, eine Kontrolle ist nur schwer möglich).<br />

• Bei privatwirtschaftlicher Organisation von Rundfunkunternehmen hätte sich Fiskalpolitik<br />

als diskretionäre Förderung bewusst auf Maßnahmen zu konzentrieren,<br />

die Vielfalt fördern. 20 Dabei muss aber in Rechnung gestellt werden, dass dies aufgrund<br />

der Kostensituation zu Lasten der technischen Effizienz des Sektors geschehen<br />

kann; dies gilt dann, wenn große Unternehmen kostengünstiger produzieren<br />

könnten als mehrere kleine.<br />

Eine Diversifizierung der Inhalte von Massenmedien ist aber mit wirtschaftspolitischen<br />

Maßnahmen alleine nicht zu erreichen. Für das Beispiel des Fernsehsektors sind die Eigentumsrechte<br />

an bestehendem Programmmaterial privatwirtschaftlich hochkonzentriert;<br />

daher steigen mit zunehmender Nachfrage durch mehr TV-Stationen auch die<br />

Preise für Programme, die Finanzierungserfordernisse der einzelnen TV-Stationen erhöhen<br />

sich dementsprechend, während als Alternative nur die Verbilligung anderer Programmteile<br />

verbleibt.<br />

Wenn Wirtschaftspolitik als oberstes Ziel „gesellschaftliche Wohlfahrt“ hat, dann<br />

reicht der Markt als Allokationsmechanismus nicht aus, jene Vielfalt der <strong>Medien</strong>inhalte<br />

zu garantieren, die Grundlage sowohl für eine funktionierende Demokratie als auch zur<br />

Zielerreichung der Wirtschaftspolitik notwendig ist, insbesondere auf der Ebene der inhaltlichen<br />

Gestaltung der Produkte. Meiner Einschätzung nach stellt das immer wieder<br />

propagierte Gegenkonzept der Zivilgesellschaft, auf so hochkomplexe Bereiche wie die<br />

<strong>Medien</strong>industrie angewandt 21 , keinen praktikablen Lösungsansatz dar, sondern eine sowohl<br />

zeitliche wie auch inhaltliche Überforderung der diese Zivilgesellschaft tragenden<br />

citoyen. Wirtschaftspolitik als nur die Ökonomisierung befördernd abzuqualifizieren<br />

hieße andererseits, sich eines gesellschaftlichen Instrumentariums zu berauben, das nicht<br />

19 Wie derzeit z. B. in den Niederlanden öffentlich-rechtlicher Rundfunk finanziert wird.<br />

20 In Großbritannien oder Irland wird dies durch einen Anteil der Fremdproduktion von Fernsehstationen,<br />

der an unabhängige Produzenten vergeben werden muss, zu erreichen versucht.<br />

Dass dies weder zu verbesserten Arbeitsbedingungen, noch zu geringeren Abhängigkeiten zwischen<br />

Produzenten und Rundfunkstationen, noch zu diversifizierteren Inhalten geführt hat,<br />

zeigen Saundry/ Nolan (1998) für Großbritannien.<br />

21 Wie auch gleichermaßen als Beispiel die Regulierung von Finanzmärkten angeführt werden<br />

könnte.<br />

245


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

nur durch ein anderes keineswegs adäquat ersetzt werden kann, sondern dessen differenzierter<br />

und kalkulierter Einsatz eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Formation<br />

(und das Funktionieren) solcher Zivilgesellschaften bildet.<br />

5. Konklusio<br />

Die verstärkte Ausrichtung auf den Markt als bestes Allokationssystem, verbunden mit<br />

erhöhter Profitorientierung, Einfluss der Werbewirtschaft und dem Bemühen um Effizienzsteigerung<br />

wurde als Ökonomisierung bezeichnet. Dies wird nicht zuletzt durch<br />

die neoliberale Ausrichtung der Wirtschaftspolitik als Ermöglicher von Marktbedingungen<br />

erreicht. Somit reduziert sich Wirtschaftspolitik oftmals (auf die positiven Kräfte<br />

des Wettbewerbs vertrauend) darauf, ein reibungsloses Funktionieren des Marktes sicherzustellen.<br />

Noch stärker als in anderen Industrien ist am Massenmediensektor, aufgrund<br />

der Kostenstrukturen und spezifischen Gütereigenschaften (Kiefer 2001, Heinrich<br />

1999), diese Wettbewerbsform allerdings ökonomisch nicht zu erreichen (bzw. sind<br />

Konzentrationen weitaus effizienter, gibt es hohe Marktmacht der Anbieterseite, ein<br />

Fehlen von Konsumentensouveränität und daher eine eingeschränkte Produktpalette).<br />

Damit ist die vorrangige Ausrichtung der Wirtschaftspolitik auf Wettbewerbspolitik<br />

wenig sinnvoll. Die Verschiebung der Eigentumsstrukturen im Rundfunk zugunsten<br />

privatwirtschaftlich geführter Unternehmen wie auch ein Abrücken der Wirtschaftspolitik<br />

von der Überzeugung, Massenmedienprodukte seien als öffentliche bzw. meritorische<br />

Güter zu behandeln, führt dazu, dass ein öffentliches Interesse an diesen Produkten<br />

von Seiten der Wirtschaftspolitik nur mehr nachrangig behandelt wird.<br />

Wenn die „Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>“ in ihrer Bedeutungszuschreibung aus obigen<br />

Gründen nicht in eindeutig positiver Konnotation verortet ist, so sind wirtschaftspolitische<br />

Maßnahmen notwendig und – auf die öffentliche Aufgabe und öffentliche<br />

Guteigenschaften fokussiert – auch von Nutzen. Wirtschaftspolitik wird gebraucht, um<br />

den Marktgesetzen – die durch Ökonomisierung stärker in die <strong>Medien</strong>industrie eingreifen<br />

– andere ökonomische oder soziale Ziele entgegenzuhalten. Hier darf die Wirtschaftspolitik<br />

nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden.<br />

Die neoklassische Theorie geht davon aus, dass der Markt, sich selbst überlassen, die<br />

beste Allokationsform der Ökonomie darstellt. Dies wird von sowohl keynesianischen<br />

Ansätzen wie auch der französischen Regulationstheorie widerlegt, vor allem aber von<br />

empirischen Befunden: Regulierungsaktivitäten (wie Wirtschaftpolitik) sind daher für<br />

das effiziente Funktionieren unserer kapitalistisch strukturierten Ökonomie notwendig.<br />

Selbstredend ist Politik (und daher auch Wirtschaftspolitik) nicht unabhängig, sie<br />

braucht vielmehr wieder Kontrolle und klare (in unserem Falle: wirtschaftspolitische)<br />

Zielvorgaben, kann aber als Gegengewicht <strong>zum</strong> Markt fungieren und somit die negativen<br />

Auswirkungen des Marktes regeln. Dass die Politik wieder von Massenmedien abhängig<br />

ist, wie <strong>Medien</strong> von Profitinteressen abhängig sind, darf ebenso wenig außer Acht<br />

gelassen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Massenmedien sowohl Objekte als<br />

auch Träger von Wirtschaftspolitik 22 sind; zweiteres, indem sie Präferenzen zwar keineswegs<br />

ausschließlich bilden, so doch über die zur Verfügung gestellten Informationen<br />

beeinflussen. Den Massenmedien kommt ihre ökonomische Bedeutung innerhalb der<br />

Gesamtwirtschaft nicht aufgrund ihrer herausragenden Wirtschaftskraft zu (gemessen<br />

22 Ewald Nowotny (1997, 27f.) nennt <strong>Medien</strong> als Träger von Wirtschaftspolitik neben den politischen<br />

Parteien, Interessensgruppen und der staatlichen Bürokratie.<br />

246


Grisold · Wirtschaftspolitische Perspektive<br />

am Anteil des Bruttoinlandsproduktes, der mit einigen wenigen Prozent für die gesamte<br />

<strong>Medien</strong>industrie wenn schon nicht marginal, so doch wenig bedeutend ist), sondern<br />

vielmehr aufgrund ihres symbolischen Gehalts, ihrer Gestaltungskraft. Wirtschaftspolitik<br />

müsste den Spagat schaffen, auf Rahmenbedingungen zur Inhaltsproduktion regulierend<br />

einzugreifen, ohne inhaltlich zu regulieren. Wie dies ablauftechnisch zu bewerkstelligen<br />

wäre, ist damit noch keineswegs beantwortet. Ein intensiverer wissenschaftlicher<br />

Diskurs wäre allenfalls notwendig, um die Frage, wie dies gewährleistet<br />

werden könnte, hinlänglich beleuchten zu können. Die Schwierigkeit besteht darin, dass<br />

ökonomische Entwicklungen einer anderen Eigenlogik folgen und eine andere Dynamik<br />

nehmen, als gesellschaftspolitische Anforderungen an die <strong>Medien</strong>branche dies tun.<br />

Hier die notwendigen Kongruenzen herzustellen, ist gleichermaßen eine Herausforderung<br />

für die Politik und für die Wissenschaft.<br />

Literatur<br />

Achille, Y./Miège, B. (1994): The limits to the adaptation strategies of European public service television.<br />

In: Media, Culture and Society, vol. 16, No. 1, S. 31 – 46.<br />

Altmann, Jörn (2000): Wirtschaftspolitik, Stuttgart.<br />

Altvater, Elmar (1997): Die Zukunft des Marktes, Münster.<br />

Arestis, Philip/Sawyer, Malcolm (Hrsg.) (1998): The Political Economy of Economic Policies.<br />

Houndsmills u. a.<br />

Bagdikian, Ben H. (1997): The Media Monopoly. 5. Aufl., Boston, Mass.<br />

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in Western Europe: A critical Analysis. In: Corner, John/Schlesinger, Philip/Silverstone, Rodger<br />

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Review 2/1966, S. 440 – 447.<br />

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UK Case, London.<br />

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Nowotny, Ewald (1997): Grundlagen und Institutionen der Wirtschaftspolitik. In: Nowotny,<br />

247


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Ewald/Winckler, Georg (Hrsg.): Grundzüge der Wirtschaftspolitik Österreichs, Wien, S. 11 –<br />

48.<br />

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Stigler, George (1971): The Theory of Economic Regulation. In: Bell Journal of Economics, Vol. 2,<br />

S. 3 – 21.<br />

Stigler, George (Hg. 1995): Chicago studies in political economy, Chicago.<br />

248


LITERATUR<br />

Besprechungen<br />

Hubert Eichmann<br />

<strong>Medien</strong>lebensstile zwischen Informationselite<br />

und Unterhaltungsproletariat<br />

Frankfurt: Lang. 2000. – 397 S.<br />

(Reihe Koinon: Sozialwissenschaftliche interdisziplinäre<br />

Studien; 5)<br />

ISBN 3-631-35243-3<br />

Die an der Universität Wien im Fach Soziologie<br />

eingereichte, aber interdisziplinär angelegte<br />

Dissertation versucht <strong>zum</strong> einen, den<br />

Strukturwandel zur Informationsgesellschaft<br />

unter dem Aspekt „Struktur der sozialen Ungleichheit“<br />

analytisch wie empirisch in den<br />

Griff zu bekommen, und <strong>zum</strong> anderen die sich<br />

daraus ergebenden Konsequenzen bezüglich<br />

der differenziellen Nutzung der klassischen<br />

<strong>Medien</strong> – Printmedien und Fernsehen –, aber<br />

auch der neuen <strong>Medien</strong> – Computer und Online-<strong>Medien</strong><br />

– zu bestimmen. Weil es sich dabei,<br />

wie der Autor selbst konstatiert (13), um<br />

ein noch weitgehend unstrukturiertes Forschungsfeld<br />

handelt, werden unterschiedlichste<br />

Theoriebausteine bzw. nebeneinander verlaufende<br />

Diskurse aufgegriffen und zu einem<br />

Gesamtbild zusammengefügt, das leider der<br />

Rezeption der Studie nicht <strong>zum</strong> Vorteil gereicht,<br />

fehlen doch bspw. klar strukturierte<br />

Synthesen am Ende der jeweiligen Kapitel.<br />

Demgegenüber muss die nur zehn Seiten umfassende<br />

Zusammenfassung am Ende des Buches<br />

als unterkomplex bezeichnet werden,<br />

werden doch die unzähligen Einzelbefunde<br />

und Einsichten in gerade mal sechs fast banale<br />

Thesen verdichtet, wie bspw. „Politische Partizipation<br />

setzt die Befähigung zur Mitwirkung<br />

voraus“ (367).<br />

Im ersten Kapitel werden Basiskonzepte wie<br />

Information, Kommunikation, Wissen und Informationsvermittlung<br />

über <strong>Medien</strong> diskutiert<br />

und in einen Zusammenhang mit Informatisierung<br />

und Mediatisierung als reflexive Modernisierung<br />

gebracht, wobei vor dem Hintergrund<br />

von Ausführungen zur Wirklichkeitskonstruktion<br />

durch die <strong>Medien</strong> die These formuliert<br />

wird, dass „<strong>Medien</strong>kompetenz immer äußerst<br />

ungleich verteilt war und ist, und dass nur wenige<br />

Anzeichen für Veränderungen erkennbar<br />

sind.“ (58) Unterschiedliche mediale Kompetenzen<br />

spielen aber nach Ansicht von Eichmann<br />

eine immer größere Rolle in Bezug auf<br />

die Position der Individuen im Gefüge sozialer<br />

Ungleichheit.<br />

Im zweiten Kapitel (59ff.) liegt der Fokus auf<br />

der Sozialstruktur moderner Gesellschaften.<br />

Thematisiert wird die Reproduktion der gegenwärtigen<br />

Ungleichheitsstruktur, wobei unterschiedliche<br />

soziologische Modelle der sozialen<br />

Ungleichheit – Egalisierungsthese vs. Persistenzthese<br />

vs. Disparitätsthese – einander gegenübergestellt<br />

werden und mit empirischen<br />

Befunden aus österreichischen, deutschen und<br />

OECD-Studien zu Kerndimensionen sozialer<br />

Ungleichheit konfrontiert werden. Die Analyse<br />

der vertikal-hierarchischen Ungleichheitsmuster<br />

wird sodann in einem zweiten Schritt<br />

ergänzt (109ff.) durch Konfrontation mit Befunden<br />

zur Entkoppelung von sozialen Lagen<br />

und subjektiven Mentalitäten bzw. Lebensstilen,<br />

wobei hier weitgehend auf der doch recht<br />

schmalen Basis der Studie von Gerhard Schulze<br />

zur Erlebnisgesellschaft argumentiert wird.<br />

Als Fazit wird festgehalten, dass bei den am<br />

häufigsten rezipierten Autoren – Beck, Bourdieu,<br />

Schulze – der Weiterbestand strukturierter<br />

sozialer Ungleichheiten eine unbestrittene<br />

Größe sei. Nach Eichmann muss darum die in<br />

Lebensstilanalysen formulierte Verabschiedung<br />

strukturierter sozialer Ungleichheit in<br />

westlichen Industrienationen „gelinde gesagt<br />

als voreilige Einschätzung“ (118) bezeichnet<br />

werden. Die zentrale Bedeutung von Bildung<br />

als Humankapital, d.h. als Ressource im Arbeitsmarkt<br />

und als generalisierte Kompetenz<br />

im Alltagsleben – Kulturfähigkeit –, scheint<br />

nach wie vor gegeben zu sein. Unter einer verkürzten<br />

kulturalistischen Perspektive bestehe<br />

darum „die Gefahr, gewissermaßen das Kind<br />

mit dem Bade auszuschütten.“ (119) Lebensstile<br />

stehen zusammenfassend also nach wie vor in<br />

bedeutsamer und im Vergleich zu früher sogar<br />

in verschärfter Weise in Verbindung mit der<br />

sozialen Lage eines Individuums. Stichwort:<br />

„Modernisierungsverlierer“. Obwohl der beschleunigte<br />

soziale Wandel zu offeneren Gesellschaften<br />

führt, verschärfen sich die Benachteiligungen<br />

der bereits Minderprivilegierten,<br />

und es wächst gleichzeitig das Risiko des sozialen<br />

Absturzes.<br />

Das dritte Kapitel leitet über zur Nutzung<br />

von Printmedien und Fernsehen, wobei anhand<br />

von zugänglichen empirischen Datenquellen –<br />

bspw. der Langzeitstudie Massenkommunikation<br />

für Deutschland und Fessel+GfK Life Style<br />

für Österreich – gezeigt wird, dass einerseits<br />

249


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

die Nutzung der Printmedien zurückgegangen<br />

ist, andererseits vielfältige empirische Belege<br />

für eine bildungsabhängige Segmentierung der<br />

Bevölkerung sowohl in eine Informationselite<br />

als auch in ein Unterhaltungsproletariat (149)<br />

vorhanden sind. Allerdings, und darauf weist<br />

Eichmann auch hin, lässt sich daraus noch nicht<br />

unmittelbar auf eine Verschärfung von Wissensunterschieden<br />

schließen (153). Um hier<br />

doch noch argumentieren zu können, folgt ein<br />

leider nicht sehr differenzierter Abstecher<br />

in die <strong>Medien</strong>wirkungsforschung – Stichwort<br />

Theorie der Wissenskluft –, ergänzt durch Ergebnisse<br />

aus der empirischen Leseforschung<br />

einerseits und der genreorientierten Fernsehnutzungsforschung<br />

andererseits.<br />

Kapitel vier bringt analog <strong>zum</strong> dritten Kapitel<br />

sekundäranalytische Befunde zur differenziellen<br />

Nutzung von Computern und Online-<br />

<strong>Medien</strong>, wobei aufgrund von österreichischen<br />

Studien (262ff.) nicht überraschend dargelegt<br />

wird, dass sich bspw. die Unterschiede im Informationsinteresse<br />

für EDV-Software und<br />

Hardware zwischen den verschiedenen Bildungsgruppen<br />

zwischen 1994 und 1997 nicht<br />

abgebaut, sondern sogar noch verstärkt haben.<br />

Auch hier kann dieser Befund differenztheoretisch<br />

erklärt werden, indem EDV-Interesse<br />

und EDV-Wissen vermutlich in der Irrelevanz<br />

dieses Themas für den täglichen Lebensvollzug<br />

bestimmter sozialer Segmente begründet sind.<br />

Konkret: Älteren Personen, die außerdem<br />

schon in Pension sind, erwachsen vermutlich<br />

durch ihre EDV-Abstinenz keine gesellschaftlichen<br />

Nachteile (265). Die Befunde <strong>zum</strong> Bereich<br />

EDV werden sodann ergänzt durch Daten<br />

zur Internet-Nutzung in Österreich, wobei<br />

auch hier signifikante Disparitäten bezüglich<br />

Geschlecht, Alter, Bildung und beruflicher<br />

Stellung zu konstatieren sind.<br />

Das letzte, fünfte Kapitel (293ff.) steht unter<br />

der Frage bezüglich Heterogenisierung und<br />

Fragmentierung in der wettbewerbsorientierten<br />

Kontrollgesellschaft. Hinterfragt werden<br />

dabei u. a. die versprochenen „Freiheitszugewinne<br />

im Cyberspace“, aber auch die Partizipationspotenziale<br />

von virtuellen Gemeinschaften<br />

und Teledemokratie, wobei freilich kaum<br />

noch auf empirischer Basis.<br />

Zusammenfassend erweist sich die Stärke<br />

dieser Arbeit gleichzeitig auch als deren Schwäche.<br />

Weil der bearbeitete Forschungsbereich<br />

sehr breit bzw. zu breit angelegt ist, leidet die<br />

Systematik der Argumentation. Der Leser ertrinkt<br />

in der Fülle des Materials, das zu wenig<br />

stringent miteinander verbunden wird und dessen<br />

Relevanz vielfach unklar bleibt. Es erstaunt<br />

darum nicht, dass vieles additiv und fragmentarisch<br />

bleibt und ein eigener tragender theoretischer<br />

Unterbau fehlt. In empirischer Hinsicht<br />

hat die Breite zur Folge, dass gerade aus der<br />

Perspektive der Publizistikwissenschaft viele<br />

Studien nicht zur Kenntnis genommen werden.<br />

Insbesondere ist ärgerlich, dass praktisch keine<br />

Studien aus dem angelsächsischen Bereich rezipiert<br />

werden, was gerade bezüglich der differenziellen<br />

Nutzung von PC und Internet etwas<br />

provinziell anmutet. Schließlich wird sich der<br />

<strong>Medien</strong>praktiker oder <strong>Medien</strong>politiker darüber<br />

ärgern, dass bei einem Umfang von fast<br />

400 Seiten die Hauptbefunde der Untersuchung<br />

nicht in Syntheseform rasch zugreifbar<br />

sind, sondern an vielen Orten mehr oder weniger<br />

mühsam zusammengesucht werden müssen.<br />

Heinz Bonfadelli<br />

Tanja Eisenblätter<br />

Regulierung in der Telekommunikation<br />

Zum Begriff der Regulierung im TKG unter<br />

besonderer Berücksichtigung der Regulierung<br />

durch Independent Agencies in den USA<br />

Frankfurt a. M.: Peter Lang, 2000. – 321 S.<br />

ISBN 3-631-36834-8<br />

Die von H. P. Bull und K. H. Ladeur betreute<br />

Hamburger Dissertation will „das Phänomen<br />

,Regulierung‘ anhand des konkreten Beispiels<br />

der Telekommunikation erforschen und die<br />

Frage ,Was heißt ›Regulierung‹ im deutschen<br />

TKG?‘ beantworten“ (S. 15).<br />

In einem ersten Teil „Grundlagen“ bemüht<br />

sich die Autorin zunächst (§ 1) um eine „theoretische<br />

Annäherung an das Rechtsinstitut“,<br />

nicht zuletzt um eine (im Vergleich zu § 3<br />

Nr. 13 TKG) „genaue(re) Definition der Regulierung“,<br />

die sie in Anlehnung an Müller/<br />

Vogelsang (1979) als „staatliche dauerhafte<br />

Verhaltensbeeinflussung von Unternehmen in<br />

einem begrenzten Wirtschaftsbereich zur<br />

Durchsetzung nicht nur allgemeiner Regeln“<br />

(S. 28) begreift. Diese konstitutiere sich aus vier<br />

Merkmalen: Sektorspezifik, regulierungstypische<br />

Instrumente, Existenz einer Regulierungsbehörde<br />

und schließlich eines Regulierungsgesetzes.<br />

Hierauf aufsetzend stellt Eisenblätter in<br />

250


Besprechungen<br />

§2 zwei ökonomische Regulierungstheorien –<br />

die „normative“ und die „positive“ – dar; beide<br />

ließen sich „– wenn auch nur begrenzt – auf die<br />

Entstehung und den Ausbau des Postmonopols<br />

übertragen“ (S. 48). Bei der Errichtung in<br />

Deutschland hätten jedoch „ebenso fiskalische,<br />

macht- und sicherheitspolitische wie auch militärische<br />

Gründe eine Rolle“ gespielt (S. 49),<br />

die Theorien bestätigten sich hier kaum. Sodann<br />

grenzt die Autorin (in § 3) De-Regulierung<br />

und Privatisierung ein und gegeneinander<br />

ab; es sei „sowohl eine Privatisierung, die nicht<br />

dereguliert, als auch eine Deregulierung ohne<br />

Privatisierung denkbar. Dazwischen existiert<br />

eine Schnittmenge“ (S. 58). Im Anschluss<br />

hieran (§ 4) fragt sie (etwas unvermittelt), ob<br />

die (deutsche) Verfassung solche Deregulierung(en)<br />

deckt, sie fordert oder ihr vielmehr<br />

Schranken zieht. Konstatiert wird letztlich eine<br />

gewandelte Verantwortlichkeit des Gemeinwesens,<br />

eine aus Sozialstaatlichkeit und als Privatisierungsfolge<br />

erwachsende „Regulierungsverantwortung“<br />

gerade im Telekommunikationssektor,<br />

bei der der Staat die „ausreichende<br />

Versorgung durch private Anbieter“ gewährleistet<br />

und „lediglich die Auffangnetze bereit“<br />

stellt (S. 88). Zum Abschluss des ersten Teils arbeitet<br />

Eisenblätter die Notwendigkeit einer<br />

(„Theorie“ der) Re-Regulierung beim „Übergang<br />

in den Wettbewerb“ heraus und skizziert<br />

(zunächst ohne juristische Untermauerung) deren<br />

optimale „instrumentelle Umsetzung“ in<br />

der Telekommunikation, in Form von Marktstruktur-,<br />

Marktverhaltens- und (sehr kurz)<br />

Produktregulierung.<br />

Der 2. Teil des Buches behandelt die „Regulierung<br />

durch das TKG“. Hier steht nunmehr<br />

die konkrete Ausgestaltung der (Re-)Regulierungsinstrumente<br />

in diesem Regulierungsgesetz<br />

vom Sommer 1996 (BGBl. I, 1120) am Anfang<br />

(§ 6), wobei die Autorin in ihrer Skizze<br />

(ohne weitere Begründung) Probleme der<br />

Nummerierung, der Frequenzordnung, des<br />

Zulassungswesens und der Wegerechte nicht<br />

weiter anspricht. Sodann werden die beiden<br />

anderen begriffstypischen Kriterien – spezifische<br />

Behörde (§ 7) und Verhältnis der TKG-<br />

Regelung zur allgemeinen Wettbewerbsaufsicht<br />

(§ 8) – näher, wenn auch nicht bis in alle<br />

Details beleuchtet. Vom Aufbau her wäre es<br />

wohl besser gewesen, vor der deutschen zunächst<br />

die US-Entwicklung als Quelle von Regulierungstheorien<br />

und –regelungen darzustellen;<br />

dies unternimmt Eisenblätter jedoch erst in<br />

Teil 3. Bereits in der Überschrift hierzu – auch<br />

von einem der beiden Kapitel (§ 10) – wird die<br />

herausragende Rolle der „Independent Agencies“<br />

deutlich. Lesenswert ist nicht nur die differenzierte<br />

Analyse von deren Eigenarten, sondern<br />

auch (zuvor, in § 9) die entwicklungsgeschichtlich<br />

verdeutlichte Unterscheidung mehrerer<br />

Regulierungstypen, deren Schicksale<br />

dann in der Deregulierungsphase der 80er Jahre<br />

durchaus verschieden verliefen (S. 172 ff.).<br />

Vergleichsweise knapp ausgefallen ist der für<br />

eine Einschätzung von Stand und Perspektiven<br />

der deutschen TK-Regulierung wichtigste,<br />

vierte Teil: Ein „Strukturvergleich“, in dem die<br />

Autorin „eingehend betrachte(n)“ wollte, „inwieweit<br />

Beeinflussungen oder Übernahmen ins<br />

deutsche Recht möglich sind“ (S. 18). Eisenblätter<br />

hält zu Beginn ihres Vergleichs dafür, in<br />

Deutschland werde sich Regulierung „auf die<br />

Bereiche begrenzen, in denen eine spezifische<br />

Verantwortung des Staates dahingehend vorhanden<br />

ist, daß er aus sozialstaatlichen Gründen<br />

eine erhöhte Verantwortlichkeit für das<br />

Funktionieren des Bereiches trägt“; dies seien<br />

„die klassischen Price-and-Entry-Bereiche“<br />

(S. 256), also Marktzutritts- und Preiskontrollen.<br />

Zu folgen ist der Autorin sicherlich darin,<br />

dass zentrale Verfassungsbestimmungen (wie<br />

Art. 80 I 2 GG, das Rechtsstaatsprinzip, ein von<br />

den USA abweichendes Verständnis von Funktionenteilung<br />

wie von parlamentarischer Demokratie)<br />

es schwerlich erlauben, (etwa) die<br />

Regulierungsbehörde für Telekommunikation<br />

und Post (RegTP) nach dem Vorbild der<br />

Federal Communications Commission zu modellieren,<br />

auch und gerade wenn die bisherige<br />

Regulierungspraxis durchaus Affinitäten im<br />

prozeduralen Bereich zeigt (z.B. Anhörungen<br />

beteiligter Kreise, Publikation von Entscheidungsentwürfen<br />

und vorläufigen Auslegungen<br />

einzelner TK-Bestimmungen seitens der Behörde;<br />

s. Gramlich CR 1999, S. 489 ff. und<br />

2000, S. 509 ff.). Plausibel sind auch die Überlegungen<br />

zu einem (letztlich wohl nicht vorhandenen,<br />

auch von ihrer Leitung stets in Abrede<br />

gestellten) Beurteilungsspielraum der<br />

RegTP sowie dem (tunlichst nicht zu aktualisierenden)<br />

ministeriellen Weisungsrecht (S.<br />

275 ff., 280). Deshalb ist der letzte Satz der<br />

„Konklusion“ (§ 12) durchaus missverständlich,<br />

in dem es heißt, dass von einem deutschen<br />

Modell Regulierung durch Regulierungsbehörden<br />

deshalb noch nicht gesprochen werden<br />

könne, weil die Praxis der Regulierung genau<br />

251


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

wie in den USA „erst in ihrer Anwendung ihrer<br />

Ausprägung finden“ werde (S. 288) – einer allzu<br />

engen Anlehnung an das Muster aus Übersee<br />

sind (vielmehr) einfach-gesetzliche, verfassungs-<br />

und wohl auch, was Eisenblätter leider<br />

kaum erörtert, europarechtliche Schranken gesetzt.<br />

Die Untersuchung ist durchweg anregend<br />

und informativ, auch wenn das Verhältnis von<br />

Ökonomie und Recht zuweilen eher additiv<br />

und nicht optimal wechselseitig verknüpft erscheint.<br />

Ein inhaltliches Manko mag man darin<br />

sehen, dass Eisenblätter den föderalen Aspekt<br />

allenfalls streift, obgleich auch hier – in puncto<br />

Regulierungsbehörde und -gesetz – der Blick<br />

auf Parallelen und Unterschiede zwischen zwei<br />

Bundesstaaten aufschlussreich hätte sein können.<br />

Gewichtiger erscheint der Einwand, dass<br />

sie offenbar das vom Regulierer verfolgte „öffentliche<br />

Interesse“ („public interest“) des Öfteren<br />

in einen Gegensatz <strong>zum</strong> – hier wie dort<br />

demokratischen! – politischen Prozess bringt<br />

und (damit) Unabhängigkeit als bloßen Sachverstand<br />

(miss-)versteht, ohne das Problem der<br />

Akzeptanz und der Legitimität aufzuwerfen.<br />

Zudem spart die Autorin die (<strong>zum</strong>indest partielle)<br />

Verwandtschaft der deutschen Regulierung<br />

im TK- und im Postsektor zu speziellen<br />

Instrumentarien der Wirtschaftsaufsicht (insbesondere<br />

über Finanzmärkte) fast durchweg<br />

aus. Speziell die Lizenzierungsvorschriften<br />

(§§ 6 ff. TKG) können jedoch ihre Herkunft<br />

aus dem Gewerbe(polizei)recht nicht verleugnen,<br />

selbst wenn sie auch einen gleitenden<br />

Übergang der früheren (Netz- und Telefondienst-)Monopole<br />

in künftige schiere Überwachung<br />

(mit einem staatlichen Eingreifen allein<br />

ex post) intendier(t)en. Endlich sollte sich eine<br />

Arbeit über Regulierung in der „Telekommunikation“<br />

auch etwas eingehender mit – im<br />

TKG (§§ 85 ff.) durchaus ausführlich behandelten<br />

– Spezifika des Mediums, nämlich der<br />

(gebotenen) Vertraulichkeit der Kommunikation<br />

(einschließlich des Schutzes der informationellen<br />

Selbstbestimmung) befassen; spätestens<br />

im Blick auf Art. 10 GG zeigt sich, dass der Telekommunikations-<br />

eben kein x-beliebiger<br />

Markt ist. Die immer wieder erhobenen Forderungen<br />

nach Abbau der (asymmetrischen) Regulierung<br />

dürften daher nicht allein sozialstaatliche<br />

Belange gering schätzen, sondern auch<br />

spezifische grundrechtliche Schutzpflichten<br />

verkennen, wenn sie denn nicht allein auf die<br />

(in der Tat schon rein praktisch höchst diffizile)<br />

Preisregulierung abzielen. Da hiervon allein<br />

marktbeherrschende Unternehmen betroffen<br />

sind, scheint sich die Debatte ohnehin zunehmend<br />

auf die Frage der richtigen Abgrenzung<br />

der sachlich und/oder räumlich relevanten<br />

Märkte zu verlagern. Auch dies belegt, dass –<br />

anders als dies wohl Eisenblätter sieht – Regulierung<br />

in der Telekommunikation (wie im<br />

Postsektor) in Deutschland ein Amalgam aus<br />

Gewerbe-, Kartell- und Privatisierungsfolgenrecht<br />

bildet, wobei nur der letzte Bestandteil<br />

temporärer Art sein dürfte.<br />

Nur schade, dass die Arbeit über kein Sach-<br />

/Personenverzeichnis verfügt, das ihren Ertrag<br />

besser erschließt.<br />

Ludwig Gramlich<br />

Jens Wolling<br />

Politikverdrossenheit durch Massenmedien?<br />

Der Einfluss der <strong>Medien</strong> auf die Einstellungen<br />

der Bürger zur Politik<br />

Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, 1999. – 287<br />

S.<br />

ISBN 3-531-13404-3<br />

Politikverdrossenheit ist der populäre Begriff<br />

für ein Syndrom verschiedener Einstellungen<br />

der Bürgerinnen und Bürger <strong>zum</strong> politischen<br />

System, seinen Strukturen und dem Handeln<br />

der politischen Akteure. In der Politikwissenschaft<br />

erlebt das Thema seit einigen Jahren eine<br />

gewisse Konjunktur. Da wird über Begrifflichkeit,<br />

Messung und Messbarkeit, über Ursachen<br />

und Folgen diskutiert. Wenn nach den Ursachen<br />

gefragt wird, beweist die Politikwissenschaft<br />

indessen einmal mehr einen ihrer blinden<br />

Flecken. Zum einen verschließt sie sich der Tatsache,<br />

dass die Bevölkerung Politik überwiegend<br />

in der Vermittlung der Massenmedien<br />

wahrnimmt und diese daher bei der Suche nach<br />

den Auslösern von Politikverdrossenheit oder<br />

als intervenierende Variable unbedingt zu<br />

berücksichtigen sind. Daraus folgt dann <strong>zum</strong><br />

anderen, dass der diesbezügliche Forschungsstand,<br />

den es in der Kommunikationswissenschaft<br />

gibt, ebenfalls kaum herangezogen wird.<br />

Im Zentrum der Studie von Jens Wolling,<br />

und das sagt ja auch der Titel des Buches (was<br />

übrigens immer weniger selbstverständlich ist),<br />

steht eben die Frage nach dem Einfluss der <strong>Medien</strong><br />

auf Politikverdrossenheit. So weit wie<br />

252


Besprechungen<br />

möglich repliziert er damit eine Untersuchung<br />

der Rezensentin, die – damals inspiriert durch<br />

die weit umfangreichere, aber gewiss nicht<br />

übertragbare US-amerikanische Forschung zu<br />

diesem Thema – Ende der achtziger Jahre<br />

durchgeführt wurde. Nach mehreren kleineren<br />

Studien, die alle auf Sekundäranalysen beruhen,<br />

ist Wollings Arbeit die erste größere Untersuchung,<br />

die das duale Rundfunksystem berücksichtigt.<br />

Das ist vor allem deshalb wichtig, weil<br />

durch die Veränderungen <strong>zum</strong>al der politischen<br />

Angebote im dualen System – negative –<br />

Auswirkungen auf die Einstellungen der Bevölkerung<br />

zur Politik erwartet wurden.<br />

Wolling leitet sein Buch ein mit einer Diskussion<br />

verschiedener Dimensionen von Politikverdrossenheit.<br />

Dafür sichtet er zunächst die<br />

vorliegenden, überwiegend aus den USA stammenden<br />

theoretischen Konzepte und empirische<br />

Indikatoren. Später systematisiert er diese,<br />

indem er sie den drei Dimensionen der Politik<br />

(policy, polity, politics) zuordnet. Obwohl,<br />

wie Wolling selber schreibt, diese Unterteilung<br />

nicht ganz trennscharf ist, gelingt die danach<br />

vorgenommene Systematisierung recht gut und<br />

kann im Übrigen auch dazu dienen, nach der<br />

Sichtung des Forschungsstandes Forschungslücken<br />

zu identifizieren.<br />

Das Fazit nach der Auseinandersetzung mit<br />

deutschen Untersuchungen, die dem Zusammenhang<br />

zwischen <strong>Medien</strong>nutzung und Einstellungen<br />

zur Politik nachgegangen sind, muss<br />

kritisch ausfallen. Die wenigen Studien, die zu<br />

diesem Thema vorliegen, sind heterogen in ihrer<br />

Vorgehensweise, die Variablen, die verwendet<br />

werden, wechseln und sind oft nicht genügend<br />

differenziert; schließlich werden Analysen<br />

vorgelegt, die auf den Einsatz multivariabler<br />

Verfahren verzichten, obwohl das bei<br />

einem so komplexen Beziehungsgeflecht relevanter<br />

Faktoren unerlässlich ist.<br />

Wollings eigene Untersuchung, die im zweiten<br />

Teil des Buches präsentiert wird, basiert<br />

im Wesentlichen auf einer Bevölkerungsbefragung<br />

in Dresden (1996) sowie einer Inhaltsanalyse<br />

von Fernsehnachrichtensendungen<br />

und Tageszeitungen (1996). Ergänzend wurde<br />

eine Sekundäranalyse von drei repräsentativen<br />

Bevölkerungsbefragungen (1995, 1996) vorgenommen.<br />

Indem Wolling Umfrage und Inhaltsanalyse<br />

verbindet, also nicht nur Variablen<br />

der <strong>Medien</strong>nutzung mit Einstellungen<br />

zur Politik zusammenführt, trägt er einem<br />

weiteren Kritikpunkt Rechnung, der sich auf<br />

die bisherige Forschung richtet. Vermutungen<br />

über einen Einfluss der <strong>Medien</strong> auf politische<br />

Einstellungen betreffen eigentlich immer die<br />

Angebote, die genutzt werden, kaum eine Untersuchung<br />

hat aber bisher tatsächlich diese<br />

Angebote analysiert, sondern lediglich mit<br />

Nutzungsvariablen – mehr oder weniger plausible<br />

– Vermutungen über die genutzten Inhalte<br />

verbunden.<br />

Aus der Vielzahl der Detailergebnisse seien<br />

hier nur ein paar herausgegriffen. Erstens: Für<br />

die Videomalaise-Hypothese, die in den siebziger<br />

Jahren aus den USA kam und die dem Fernsehen,<br />

und zwar spezifisch der Nutzung informierender<br />

Angebote, einen negativen Effekt<br />

zuschreibt, gibt es hier keine Unterstützung.<br />

Zweitens: Wie schon in früheren Untersuchungen,<br />

zeigen sich Zusammenhänge zwischen der<br />

Nutzung von unterhaltenden <strong>Medien</strong>angeboten<br />

und politischen Einstellungen. Aber: Hier<br />

geht intensiver Konsum unterhaltender <strong>Medien</strong><br />

und Inhalte mit einem positiveren Politikbild<br />

einher. Nur bezüglich der eigenen Einflussüberzeugung<br />

gibt es einen negativen<br />

Zusammenhang zur Nutzung unterhaltender<br />

Zeitungsinhalte. Drittens: Die persönlichen Erfahrungen<br />

der Rezipienten spielen eine wichtige<br />

Rolle für die Einstellungen zur Politik. Diese<br />

sollten also mit berücksichtigt werden, wenn<br />

wir Politikverdrossenheit untersuchen. Allerdings<br />

gibt es dabei aber wohl auch zu bedenken,<br />

dass sich das, was als unmittelbare Erfahrung<br />

bezeichnet wird – nämlich, wie in dieser<br />

Studie, Beurteilung der Wirtschaft oder Defizite<br />

der Politik – mit Eindrücken und Bewertungen<br />

vermischt, die aus den <strong>Medien</strong> übernommen<br />

werden. Das zeigt sich wohl auch darin –<br />

und damit wird ein vierter Befund herausgegriffen<br />

–, dass gerade die Wirtschaftsberichterstattung<br />

in den <strong>Medien</strong> Zusammenhänge zu<br />

den politischen Einstellungen aufweist.<br />

Insbesondere mit seinen konzeptionellen<br />

Überlegungen hat Wolling neue Perspektiven<br />

für die weitere Forschung in diesem Bereich<br />

eröffnet, und methodisch hat er mit seinem<br />

konsequent (und notwendigerweise) multivariaten<br />

Vorgehen Maßstäbe gesetzt. Wenn es an<br />

der Studie etwas zu kritisieren gibt, ist es ihre<br />

Beschränkung auf eine ostdeutsche Großstadt.<br />

Wir wissen, dass das <strong>Medien</strong>nutzungsverhalten<br />

ebenso wie die hier untersuchten Einstellungen<br />

zur Politik in den ostdeutschen Bundesländern<br />

<strong>zum</strong> Teil deutlich anders sind als im Westen.<br />

Die vorliegenden Befunde zu verallgemeinern,<br />

253


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

ist also problematisch; Wolling selbst scheint<br />

das gelegentlich zu vergessen.<br />

Christina Holtz-Bacha<br />

Bart Pattyn (Ed.)<br />

Media ethics<br />

Opening social dialogue<br />

Leuven: Peeters, 2000. – 422 S.<br />

ISBN 90-42909-02-1<br />

Der Band resultiert aus dem „Core Materials<br />

Project“ zur Entwicklung von Basismaterial<br />

für die berufsethische Ausbildung, das vom<br />

„European Ethics Network“ betrieben und<br />

von der Europäischen Kommission finanziell<br />

unterstützt wird. Johan Verstraeten formuliert<br />

im Vorwort die Prämissen des Projekts zur<br />

Berufsethik im Allgemeinen: Sie setze das<br />

Verständnis der Aufgabe und des sozialen<br />

Kontextes des jeweiligen Berufes voraus; es<br />

gebe keine neutrale Berufsethik, sie sei stets<br />

von spezifischen Kulturtraditionen beeinflusst;<br />

berufsethische Bildung bedeute vor allem<br />

ein Training in gesellschaftlicher Verantwortung,<br />

ein Bewusstmachen der sozialen<br />

Folgen des beruflichen Handelns; und berufsethische<br />

Bildung müsse mit der Entwicklung<br />

zur mündigen Person einhergehen. Zusammengefasst<br />

sei berufsethische Bildung ein globales<br />

pädagogisches Vorhaben, in dem es nicht<br />

nur um die Vermittlung von ethischen Kenntnissen<br />

durch Spezialisten, sondern auch um<br />

deren praxisnahes Erproben in einem sozialen<br />

Zusammenhang gehe, in dem Berufsethos vorgelebt<br />

wird. Entsprechend wenden sich die aus<br />

dem Projekt hervorgehenden Materialien zugleich<br />

an Ethiker und an Praktiker auf verschiedenen<br />

Gebieten, in diesem Fall an die<br />

Professionellen der <strong>Medien</strong> und auch an deren<br />

Nutzer.<br />

Über die allgemeinen Prämissen hinaus erläutert<br />

Herausgeber Bart Pattyn in der Einleitung<br />

medienspezifische Aspekte, die den Texten<br />

des Bandes gemeinsam sind. Dass die normative<br />

Basis der <strong>Medien</strong>ethik mit der Idee des<br />

demokratischen Dialogs, des offenen gesellschaftlichen<br />

Gesprächs innerhalb von Kulturen<br />

oder zwischen ihnen korrespondiert, lassen<br />

tatsächlich alle Beiträge erkennen. Besonders<br />

wichtig erscheint Pattyns Hinweis, dass für die<br />

Beurteilung von <strong>Medien</strong> weniger wichtig ist,<br />

was sie ans Licht bringen, als was sie verbergen.<br />

Daraus kann man eine professionelle Grundpflicht<br />

<strong>zum</strong> Publizieren ableiten.<br />

Entsprechend dem in Vorwort und Einleitung<br />

formulierten Programm ist der Band in<br />

vier Abschnitte gegliedert: Mit Geschichte und<br />

philosophischen Grundlagen der <strong>Medien</strong>ethik<br />

befassen sich Clifford G. Christians, Robert A.<br />

White, Kaarle Nordenstreng, Michele Nicoletti<br />

und Cees J. Hamelink. Den kulturellen und<br />

ökonomischen Kontext fassen Luc Van<br />

Poecke, Walter Lesch, Bart Pattyn und Hilde<br />

Van den Bulck ins Auge. Es folgt der Abschnitt,<br />

der dem Praxisanspruch am meisten gerecht<br />

wird, nämlich die Ethik der professionell<br />

in den <strong>Medien</strong> Tätigen. In diesem zentralen Teil<br />

schreibt Barbara Thomaß über das journalistische<br />

Berufsethos; Huub Evers problematisiert<br />

medienethische Kodizes und diskutiert deren<br />

Vor- und Nachteile; Robert A. White stellt<br />

Thesen darüber auf, woran ein ethisch einwandfrei<br />

handelnder öffentlicher Kommunikator<br />

zu erkennen ist, und erinnert in diesem Zusammenhang<br />

an die Qualität der demokratischen<br />

Kommunikation; Cees J. Hamelink<br />

bringt die <strong>Medien</strong>ethik mit dem Problem der<br />

moralischen Wahlfreiheit in Zusammenhang;<br />

Grundzüge einer Ethik des Umgangs mit<br />

Computern skizziert Porfirio Barroso; mit den<br />

Mischformen der Marketing-Kommunikation<br />

und dem Verschwinden der Grenze zwischen<br />

Information und Geschäft befassen sich Aagje<br />

Geerardyn und Guido Fauconnier; Marcel<br />

Becker problematisiert den Vormarsch des Privaten<br />

in der Öffentlichkeit und fragt, was er mit<br />

der journalistischen Freiheit zu tun hat; und<br />

Barbara Thomaß schließlich vergleicht in ihrem<br />

zweiten Beitrag, mit welchen Inhalten und<br />

nach welchen Methoden journalistische Berufsethik<br />

in den drei Ländern Deutschland,<br />

Frankreich und Großbritannien gelehrt wird,<br />

wobei sie auf eine mehr oder weniger repräsentative<br />

Umfrage an Journalistenschulen zurückgreift.<br />

Im vierten großen Abschnitt befassen<br />

sich Cees J. Hamelink und Rüdiger Funiok mit<br />

einem relativ selten behandelten Thema, nämlich<br />

der Ethik der <strong>Medien</strong>nutzung.<br />

Stärken und Schwächen des Bandes sind angesichts<br />

der internationalen Autorenschaft erwartbar,<br />

wobei ich nicht auf Einzelheiten eingehen<br />

kann. Ein großer Gewinn für den Leser<br />

liegt darin, dass er über den engen Horizont der<br />

medienethischen Debatte im eigenen Land hinauszuschauen<br />

lernt. Kaarle Nordenstrengs Beitrag<br />

beispielsweise listet Basisinformationen<br />

254


Besprechungen<br />

über Presseräte und berufsethische Kodizes<br />

in 35 europäischen Ländern auf, was einen<br />

Überblick vermittelt, der die üblichen Vergleichsstudien<br />

zwischen einigen Ländern aufwertet.<br />

Zu den Schwächen gehört, dass die Aufsätze<br />

durchweg abstrakt bleiben und wenig Bezug<br />

zur <strong>Medien</strong>praxis haben. Angesichts der Unterschiedlichkeit<br />

der <strong>Medien</strong>kulturen, auf die<br />

sie Bezug nehmen könnten, ist das kaum anders<br />

zu erwarten. Dass das Projekt nur „Core Materials“,<br />

Kernmaterialien, für die Entwicklung<br />

von berufsethischen Kursen bereitstellen will,<br />

wird durch seinen interkulturellen Charakter<br />

erzwungen.<br />

Wer nach einer praktischen, für Journalisten,<br />

Öffentlichkeitsarbeiter oder Werbeleute akzeptablen<br />

Berufsethik sucht, wird außerdem<br />

mehr Verständnis dafür vermissen, dass das<br />

Bemühen, mit dem Medium bei einem möglichst<br />

zahlreichen Publikum anzukommen,<br />

nicht nur vom kommerziellen Kalkül, sondern<br />

auch vom publizistischen Ethos nahegelegt<br />

wird. Neugier und Sensationsbedürfnis der Rezipienten<br />

können ja wertvolle Hilfen bei der<br />

Aufgabe sein, Öffentlichkeit herzustellen,<br />

wenn die <strong>Medien</strong> sie als Vehikel für die Informationsverbreitung<br />

zu nutzen verstehen. Und<br />

er wird vielleicht, hier wie in vielen anderen<br />

medienethischen Texten, auch mehr Verständnis<br />

dafür vermissen, dass die Entscheidung darüber,<br />

was im öffentlichen Interesse liegt,<br />

schwerlich vom einzelnen Journalisten, sondern<br />

nur von der Öffentlichkeit selbst getroffen<br />

werden kann. Auch diesem Band hätte es gut<br />

getan, wenn neben Theologen, Philosophen<br />

und Sozialwissenschaftlern mehr Autoren aus<br />

der <strong>Medien</strong>praxis beteiligt worden wären.<br />

Ob überhaupt welche dabei sind, lässt sich<br />

schwer sagen, weil die Autoren entgegen einem<br />

mittlerweile Standard gewordenen Usus nicht<br />

vorgestellt werden. Das wäre angesichts der<br />

kulturellen Vielfalt der Autorenschaft gerade<br />

hier wichtig. Leider fehlt auch ein Register, und<br />

in den Literaturverzeichnissen der Aufsätze<br />

finden sich Lücken und Fehler. Lassen die europäischen<br />

Mittel nicht mehr editorische Sorgfalt<br />

zu?<br />

Horst Pöttker<br />

Matthias Knothe<br />

Die neuen Institutionen des Rundfunkstaatsvertrages<br />

zwischen Rechtsaufsicht<br />

und Staatsfreiheit<br />

Bargstedt: Brand, 2000. – 307 S.<br />

Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 2000<br />

ISBN 3-925106-14-6<br />

Mit dem am 01.01.1997 in Kraft getretenen 3.<br />

Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde die<br />

bundesweite Rundfunkordnung einer grundlegenden<br />

Reform unterzogen. Kernpunkte bildeten<br />

<strong>zum</strong> einen die Neuregelung des Verfahrens<br />

der Gebührenfestsetzung für den öffentlichrechtlichen<br />

Rundfunk, mit der die Länder die<br />

Vorgaben des Gebührenurteils des BVerfG<br />

umsetzten; <strong>zum</strong> anderen die Umstellung der<br />

rundfunkspezifischen Konzentrationskontrolle<br />

vom Modell der Begrenzung von Unternehmensbeteiligungen<br />

zu dem der Marktanteilsbegrenzung.<br />

In beiden Bereichen gingen die Änderungen<br />

der materiellen Rechtsvorschriften<br />

einher mit tief greifenden institutionellen<br />

Änderungen: Die Kommission zur Überprüfung<br />

und Ermittlung des Finanzbedarfs der<br />

Rundfunkanstalten (KEF) wurde „entstaatlicht“.<br />

Für die Konzentrationskontrolle wurden<br />

zwei neue Organe, die Kommission zur<br />

Ermittlung der Konzentration im <strong>Medien</strong>bereich<br />

(KEK) und die Konferenz der Direktoren<br />

der Landesmedienanstalten (KDLM) geschaffen,<br />

die innerhalb des von der jeweils zuständigen<br />

Landesmedienanstalt verantworteten Lizenzierungsverfahrens<br />

die spezifisch konzentrationsrechtlichen<br />

Prüf- und Entscheidungsbefugnisse<br />

wahrnehmen.<br />

Die vorliegende, als rechtswissenschaftliche<br />

Dissertation verfasste Arbeit hat diese neuen<br />

bzw. reformierten Institutionen <strong>zum</strong> Gegenstand.<br />

Dem Autor kommt dabei zustatten, dass<br />

er als Rundfunkreferent des Landes Schleswig-<br />

Holstein selbst an diesem Gesetzgebungsprozess<br />

mitgewirkt hat und die rechtswissenschaftliche<br />

Betrachtung daher durch interessante<br />

Einblicke in die Entstehungsgeschichte<br />

und ihre politischen Hintergründe ergänzen<br />

kann.<br />

In den Mittelpunkt seiner Untersuchung<br />

stellt Knothe die Frage, inwieweit die Ausgestaltung<br />

der neuen Institutionen den Grundsätzen<br />

der Rundfunkfreiheit, insbesondere dem<br />

Gebot der Staatsunabhängigkeit, entspricht<br />

und welche Funktion dabei der staatlichen<br />

255


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Rechtsaufsicht zukommt. In detaillierten, gelegentlich<br />

ins Akribische gehenden Untersuchungsschritten<br />

handelt er diese Fragestellung<br />

im Blick auf die Zusammensetzung und das Berufungsverfahren<br />

der jeweiligen Institution,<br />

ihre Finanzierung sowie die Verfahrensabläufe<br />

ab. Entscheidendes inhaltliches Kriterium ist<br />

nach seinem Verständnis die Programmrelevanz<br />

des jeweiligen Organhandelns bzw. die<br />

Sicherung der Programmgestaltungsfreiheit gegenüber<br />

auch nur mittelbarem staatlichem Einfluss.<br />

Knothe legt dabei relativ strenge Maßstäbe<br />

an und kommt daher im Einzelfall zu durchaus<br />

kritischen Befunden: Problematisch erscheint<br />

ihm insbesondere das Verfahren der Berufung<br />

der KEF-Mitglieder durch die Ministerpräsidenten.<br />

Auch wenn er nicht <strong>zum</strong> Verdikt der<br />

Verfassungswidrigkeit kommt, rät er zu einer<br />

Modifikation dahingehend, die Berufung an<br />

ein Vorschlagsrecht gesellschaftlicher Gruppen<br />

zu binden und zur Vermeidung von „Domestifizierungseffekten“<br />

eine Wiederwahl auszuschließen,<br />

bei gleichzeitiger Verlängerung der<br />

Amtszeit. Als problematisch für die Unabhängigkeit<br />

der KEF sieht er auch ihre organisatorische<br />

und finanzielle Anbindung an die Staatskanzlei<br />

Rheinland-Pfalz.<br />

Schwer nachvollziehbar allerdings ist, dass<br />

im Fall der KEK das Berufungsverfahren durch<br />

die Ministerpräsidenten frei von verfassungsrechtlichen<br />

Bedenken sein soll, weil hier die<br />

Expertenfunktion im Vordergrund stehe. Und<br />

während Knothe bei der Berufung der Mitglieder<br />

der KEK für strikte Unabhängigkeit von<br />

den Landesmedienanstalten eintritt (wie er die<br />

KEK überhaupt lieber als ein von den Landesmedienanstalten<br />

rechtlich unabhängiges Organ<br />

gesehen hätte) hat er bezüglich ihrer finanziellen<br />

Abhängigkeit von den <strong>Medien</strong>anstalten<br />

keine Bedenken. Problematisiert wird von ihm<br />

auch die Zusammensetzung der KDLM, da<br />

die doppelte Organstellung der Direktoren als<br />

Mitglieder der KDLM und als Exekutivorgane<br />

der <strong>Medien</strong>anstalten zu Rollenkonflikten<br />

führen könne.<br />

Eingehend befasst sich Knothe mit der Frage<br />

nach Inhalt und Grenzen der staatlichen<br />

Rechtsaufsicht, die er als Gegengewicht zur<br />

Autonomie der Rundfunkinstitutionen in jedem<br />

Fall für notwendig erachtet. Mangels normativer<br />

Ausgestaltung der Rechtsaufsicht über<br />

KEF, KEK und KDLM im Rundfunkstaatsvertrag<br />

müsse insoweit auf allgemeine Rechtsgrundsätze<br />

zurückgegriffen werden, die <strong>zum</strong>indest<br />

rechtsaufsichtliche Informations- und<br />

Hinweisbefugnisse als zulässig erscheinen lassen.<br />

Weiter gehende Eingriffsbefugnisse bedürften<br />

jedoch einer Konkretisierung im<br />

Rundfunkstaatsvertrag. Den Rückgriff auf allgemeine<br />

kommunalrechtliche Regelungen hält<br />

der Autor insoweit für unzulässig.<br />

Die Reformvorschläge Knothes dürften jedoch<br />

schon heute in vielen Punkten von der<br />

Entwicklung der juristischen und politischen<br />

Diskussion überholt sein, die sich nicht mehr<br />

auf eine Reform der bestehenden Institutionen<br />

beschränkt, sondern das bestehende Regulierungsmodell<br />

als <strong>Ganzes</strong> kritisch in Frage stellt.<br />

Hierauf geht der Autor am Ende seiner Arbeit<br />

selbst, wenn auch nur sehr kursorisch, ein,<br />

wenn er sich mit neuen Modellen staatlicher<br />

Rundfunkregulierung befasst, wobei er sich<br />

insbesondere auf das von Hoffmann-Riem entwickelte<br />

Konzept der „regulierten Selbstregulierung“<br />

bezieht.<br />

Die äußerst kenntnis- und materialreiche<br />

Darstellung der Institutionen des Rundfunkstaatsvertrags<br />

und ihrer politischen Hintergründe,<br />

verbunden mit einer detaillierten Auffächerung<br />

der rechtlichen Probleme im Spannungsverhältnis<br />

zwischen den Prinzipien der<br />

Staatsunabhängigkeit einerseits, der staatlichen<br />

Ausgestaltungs- bzw. Funktionsgewährleistungspflicht<br />

andererseits, verspricht auch dem<br />

sachkundigen Leser manchen zusätzlichen Erkenntnisgewinn.<br />

Es spricht für die wissenschaftliche<br />

Unabhängigkeit des Autors, dass er<br />

mit kritischen Bemerkungen zu manchen Regelungen<br />

des Rundfunkstaatsvertrags nicht<br />

spart – auch wenn er sie im Ganzen, gemessen<br />

an der Latte des Verfassungsrechts, an keinem<br />

Punkt für unzulässig erachtet.<br />

Dieter Stammler<br />

Adelheid von Saldern / Inge Marßolek<br />

Radiozeiten<br />

Herrschaft, Alltag, Gesellschaft 1924 – 1960<br />

Potsdam: Verlag für Berlin-Brandenburg, 1999.<br />

– 275 S.<br />

(Veröffentlichungen des Deutschen Rundfunkarchivs;<br />

25)<br />

ISBN 3-932981-44-8<br />

Sammelwerke haben es heute schwer. Es erscheint<br />

jede Woche ein neuer Band, jede Ta-<br />

256


Besprechungen<br />

gung ist erst eine gelungene Tagung, wenn sie<br />

sich in einer Publikation niedergeschlagen hat.<br />

Zum vorliegenden Sammelband wurde 1997 in<br />

Bad Homburg über das Thema „Massenmedien<br />

im Kontext von Herrschaft, Alltag und Gesellschaft.<br />

Eine Herausforderung an die Geschichtsschreibung“<br />

getagt. Die Herausgeberinnen<br />

sind Professorinnen in Bremen und<br />

Hannover und haben ein Forschungsprojekt<br />

<strong>zum</strong> Verhältnis von Rundfunk und Geschlechterordnung<br />

bearbeitet. Beide Herausgeberinnen<br />

sind sich sicher: „Bis vor wenigen Jahren<br />

bildete <strong>Medien</strong>geschichte einen weißen Fleck<br />

auf der Landkarte historiographischer Forschung:<br />

Erst allmählich scheint sich auch in<br />

der deutschen Geschichtswissenschaft die Erkenntnis<br />

durchzusetzen, daß insbesondere für<br />

das 20. Jahrhundert die <strong>Medien</strong> einen größeren<br />

Platz in der sozial- und alltagsgeschichtlichen<br />

Forschung einnehmen sollten.“ (S. 11) Diese<br />

Einschätzung ist selbst dann falsch, wenn mit<br />

den Herausgeberinnen nur die klassische Geschichtsforschung<br />

fähig erscheint, <strong>Medien</strong>- und<br />

Kommunikationsgeschichtsschreibung zu betreiben.<br />

Damit werden alle bisherigen Ergebnisse<br />

der <strong>Medien</strong>- und speziell der Rundfunkgeschichtsschreibung<br />

ignoriert. Arbeiten von<br />

Hans Bausch, Ansgar Diller, Arnulf Kutsch<br />

und vielen anderen scheinen in ihren Augen<br />

nichts zu gelten. An dem hohen Anspruch<br />

muss sich der Sammelband messen lassen.<br />

Um es vorweg zu nehmen. Der Band wird<br />

der vollmundigen Einleitung nicht gerecht. Das<br />

wäre von knapp 300 Seiten auch zu viel verlangt.<br />

Der Sammelband ist in sechs Abschnitte<br />

eingeteilt. Zwei Einleitungen, von den Herausgebern<br />

und eine zweite instruktive von Konrad<br />

Dussel, geben den Auftakt. Der zweite Abschnitt<br />

widmet sich „Herrschaft, Politik und<br />

Gesellschaft“, der dritte „Inszenierung, Präsentation<br />

und Vermittlung“, der vierte den<br />

„Publika“, der fünfte der „Zielgruppe Jugend“<br />

– wenn die Jugend nicht <strong>zum</strong> Publikum gehört,<br />

wie kann sie dann Zielgruppe sein? Der letzte<br />

Abschnitt „Quellen“ wird von Joachim-Felix<br />

Leonhard allein bestritten.<br />

Der Band enthält einige interessante Beiträge,<br />

andere sind belanglos. Leider gilt das insbesondere<br />

für einen Beitrag, der vom Titel besonders<br />

interessant zu werden versprach. Inge<br />

Marßoleks im dritten Abschnitt platzierter Beitrag<br />

„Aus dem Volke für das Volk. Die Inszenierung<br />

der Volksgemeinschaft um und durch<br />

das Radio“ (S. 121–135) ist allenfalls impressionistisch.<br />

Etwas ausführlicher wird der 1. Mai<br />

1933, sehr knapp die Olympiade von 1936 und<br />

die Weihnachtsringkonferenz von 1942 behandelt.<br />

Der Beitrag Adelheid von Salderns<br />

„Rundfunkpolitik, Nationalidee und Volkskultur<br />

(1926–1932)“ (Abschnitt 2) ist da erheblich<br />

konzentrierter. Allerdings muss man<br />

sich fragen, warum ausgerechnet im Beitrag<br />

einer Historikerin aus zweiter Hand zitiert<br />

wird: Tucholskys Beitrag zur Rundfunkzensur<br />

ist sicherlich einschlägig, aber muss er sechsmal<br />

Erwähnung finden? Der Hinweis sei gestattet:<br />

Veröffentlicht wurde der Artikel in der<br />

Weltbühne am 17.4.1928 (24. Jg., Nr. 16,<br />

S. 590–593).<br />

Lesenswert ist der Beitrag von Daniela Münkel<br />

zur „Herrschaftspraxis im Rundfunk der<br />

SBZ/DDR“ (S. 83–100) (Abschnitt 2), in dem<br />

sie sich einer Quelle, die heikel ist, den Stasi-<br />

Unterlagen, annimmt. Man hätte sich aber in<br />

anderen Beiträgen die weiten Bestände von Gestapo<br />

und SD, <strong>zum</strong>al sie vorzüglich ediert sind,<br />

analog zur NS-Zeit ausgewertet gewünscht.<br />

Daniela Münkel untersucht vornehmlich die<br />

Personalpolitik, weniger die Programmpolitik.<br />

Auch der anschließende Beitrag von Monika<br />

Pater „Chiffre für geordnete Verhältnisse“ ist<br />

aus den Quellen gearbeitet (S. 101–117). In<br />

Abschnitt 3 betrachten Uta C. Schmidt den<br />

„Volksempfänger“ (S. 136–159) und Lu Seegers<br />

die „HörZu!“ (S. 160–180). Der Beitrag<br />

zur „HörZu!“ ist sauber geschrieben, wichtigste<br />

Quelle ist die Programmzeitschrift selbst,<br />

wenngleich auch Akten im Unternehmensarchiv<br />

des Axel-Springer-Verlags eingesehen<br />

wurden. Allerdings bleibt Eduard Rheins Rolle<br />

merkwürdig blass. Unorthodoxer und mit<br />

breiterem Blick behandelt Uta C. Schmidt den<br />

Volksempfänger.<br />

In Abschnitt 4 beschreibt Elisabeth Klaus<br />

„Macht und Ohnmacht des Publikums“<br />

(S. 183–205), Carsten Lenk den „Rundfunk in<br />

der Weimarer Republik“ unter der Fragestellung<br />

des Zusammenhangs von Freizeit- und<br />

Konsumverhaltens (S. 206–217) und Kate Lacey<br />

den Weimarer Rundfunk als Medium der<br />

Zerstreuung (S. 218–230). Der Beitrag von Elisabeth<br />

Klaus wurde in leicht anderer Fassung<br />

schon in Rundfunk und Fernsehen veröffentlicht,<br />

der Beitrag von Carsten Lenk ist ein Auszug<br />

aus seiner Dissertation. So gut beide Artikel<br />

sind, sie machen das Dilemma etlicher<br />

Sammelbände deutlich, Foren für Mehrfachverwertungen<br />

zu sein.<br />

257


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Abschnitt 5 befasst sich mit dem interessanten<br />

Zusammenhang von Radio- und Jugendkultur.<br />

Angela Dinghaus hat den Nachlass von<br />

Carola Hersel im DRA ausgewertet und beschreibt<br />

das Programm der „Jungmädchenstunde“<br />

bis 1933 (S. 233–250). Sie stellt fest,<br />

dass die Publikumsorientierung der Sendung<br />

im Weimarer Rundfunk einzig dastand. Axel<br />

Schildt untersucht den Radiokonsum des jugendlichen<br />

Publikums zwischen den 1920er<br />

und den 1960er Jahren (S. 251–266). Der Artikel<br />

enthält etliche Angaben zu Reichweite<br />

und Geräteausstattung. Nebenbei wird deutlich,<br />

dass so simple Veränderungen wie die Einführung<br />

des Transistors in den 1950ern auf<br />

Programm und Programmkonsum einschneidende<br />

Auswirkungen hatte: Das Kofferradio<br />

wurde ubiquitär nutzbar, die Zweit- und Drittausstattung<br />

mit kleinen Geräten entzog dem<br />

Pater Familias die Aufsicht über den Radiokonsum,<br />

und das blieb nicht ohne Rückwirkung<br />

auf das Programm, das sich seit den späten<br />

1950er Jahren verstärkt der Wünsche des<br />

jugendlichen Publikums annahm.<br />

In Abschnitt 6 erfahren wir schließlich von<br />

Joachim-Felix Leonhard, dass Neil Postman<br />

die Sentenz, das Medium sei die Botschaft, formuliert<br />

habe und dass die Vinylscheibe die<br />

Vorläuferin der Schellackplatte war. So enthält<br />

der Band Licht und Schatten. Er ist erheblich<br />

besser, als der erste Satz befürchten ließ, ein<br />

Aufbruch zu neuen Ufern der Rundfunkgeschichte<br />

ist er nicht.<br />

Rudolf Stöber<br />

Julia Morgenthaler<br />

Facts oder Fiction?<br />

Kommunikatorstudie zu den Determinanten<br />

für Fakes in Fernsehboulevardmagazinen<br />

Bochumer Universitätsverlag 2000. – 237 S.<br />

(Kommunikatorstudie Aktuell; 1)<br />

ISBN 3-934453<br />

Als Michael Born in Folge der gefälschten<br />

Fernsehbeiträge, die er an mehrere renommierte<br />

Magazine verkauft hatte, verurteilt wurde, da<br />

wurde – insbesondere in der Kritik an dem Urteil<br />

– deutlich, dass dieser Skandal nicht nur der<br />

Schuld eines einzigen Mannes zuzuschreiben,<br />

sondern den Fehlern und Versäumnissen Vieler<br />

innerhalb der komplexen Redaktionsstrukturen<br />

geschuldet war. Dieser Gedanke, dass ein<br />

ganzes Bedingungsgefüge innerhalb der <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

und die Herausforderungen<br />

des <strong>Medien</strong>systems, die in einem harten Konkurrenzkampf<br />

um Einschaltquoten münden, so<br />

genannte Fakes ermöglichen bzw. befördern,<br />

hat Julia Morgenthaler ihrer Magisterarbeit zugrunde<br />

gelegt: „Facts oder Fiction?“ stellt sie<br />

als Frage über ihre „Kommunikatorstudie zu<br />

den Determinanten für Fakes in Fernsehboulevardmagazinen“.<br />

Dies ist eine klare Abgrenzung<br />

des Untersuchungsgegenstandes, die sie<br />

durch sorgfältige Bestimmungen der zentralen<br />

Begriffe fundiert.<br />

Dabei wird nicht ein Einzelphänomen isoliert<br />

herausgegriffen, sondern deutlich gemacht,<br />

dass der „Fake“, also eine vorsätzliche<br />

Fälschung eines Sachverhaltes durch Journalisten,<br />

nur das Ende einer Skala von Erscheinungen<br />

ist, die im Rahmen der Konstruktion von<br />

Wirklichkeit im Journalismus Realitätsveränderungen<br />

bewirken. Allerdings – und dies<br />

macht den Fake dann doch zu einer besonderen<br />

Gattung – wird hier der Rubikon zur beabsichtigten<br />

Fehlinformation der Rezipienten überschritten.<br />

Und die Tatsache, dass TV-Boulevardmagazine,<br />

ein Genre, das zu einem wesentlichen<br />

Mittel im Kampf um die Einschaltquoten<br />

geworden ist, besonders anfällig für Fakes<br />

sind, weist Morgenthaler durch die Analyse des<br />

Formats nach, die sie mit normativen Anforderungen<br />

an den Wahrheitsgehalt journalistischer<br />

Berichterstattung konfrontiert. Die theoretische<br />

Ableitung der Determinanten für Fakes in<br />

den Fernseh-Boulevardmagazinen runden den<br />

ausführlichen theoretischen Teil der Arbeit ab.<br />

Morgenthalter sieht sie – in Anlehnung an Modelle<br />

von Donsbach und Weischenberg, die die<br />

Einflussfaktoren zwischen Journalisten und<br />

<strong>Medien</strong>inhalten bzw. die Kontexte des Journalismus<br />

beschreiben – in der Ökonomie, den<br />

medialen Möglichkeiten, den organisatorischen<br />

Zwängen und Abhängigkeiten sowie dem journalistischen<br />

Rollenselbstverständnis.<br />

Die sich anschließende empirische Untersuchung<br />

dient dem Ziel, die Hypothese zu überprüfen,<br />

dass es vor allem die ökonomischen<br />

Faktoren und der Druck, sensationelle Bilder zu<br />

liefern, sind, die sich handlungsleitend auf die<br />

Produktion von Boulevardbeiträgen auswirken<br />

und somit zu den wichtigsten Einflussfaktoren<br />

für Fakes werden. Interessante Erweiterung ist,<br />

dass Morgenthaler dabei auch der Frage nachgeht,<br />

ob diese Determinanten bei Journalisten<br />

verschiedener Hierarchieebenen variieren.<br />

258


Besprechungen<br />

Die empirische Basis ist – angesichts der aufwändigen<br />

Vorgehensweise und dem begrenzten<br />

Rahmen, der einer Magisterarbeit zur Verfügung<br />

steht – eher schmal: Drei verantwortliche<br />

Redakteure von Boulevardmagazinen wurden<br />

mit Leitfadengesprächen befragt, denen<br />

Interviews mit drei Journalisten freier Produktionsfirmen,<br />

die unter anderem für diese Magazine<br />

tätig sind, gegenübergestellt werden.<br />

Die Auswertung der Untersuchungsergebnisse<br />

folgt den Fragekomplexen des Interviewleitfadens<br />

und schließt viele Originalzitate ein.<br />

Diese Darstellung bietet eine atmosphärische<br />

Dichte und Illustration, die manchmal eine<br />

gewisse (unfreiwillige?) Komik annimmt – so,<br />

wenn ein verantwortlicher Redakteur den Boulevardjournalismus<br />

beschreibt: „Darunter stelle<br />

ich mir bildlich gesehen eine große breite<br />

Straße vor, auf der alles passiert, was das<br />

menschliche Leben zu bieten hat. Dort werden<br />

politische Entscheidungen gefällt, dort passieren<br />

Skandale, dort werden Leute vergewaltigt,<br />

dort werden Leute ermordet, dort tauchen Promis<br />

auf, (…) dort ist Geld, dort ist Schicksal,<br />

dort sind Kinder, dort sind Tiere (…)“ (S. 139).<br />

Morgenthaler behält ihre Distanz zu derartigen<br />

Äußerungen und analysiert sie nüchtern und<br />

präzise gemäß ihren gewählten Kategorien.<br />

In der Bewertung ihrer Ergebnisse zieht sie<br />

auch Konsequenzen für mögliche berufspraktische<br />

Forderungen. Weil – so das allerdings<br />

nicht ganz überraschende Ergebnis – die fortschreitende<br />

Ökonomisierung des Fernsehmarktes<br />

die Qualität der journalistischen Arbeit<br />

in den TV-Boulevardmagazinen deutlich<br />

negativ beeinflusst, sind die professionellen<br />

Anforderungen an die Boulevardredaktionen,<br />

die die freien Produzenten stärker kontrollieren<br />

müssten, wesentlich höher zu schrauben.<br />

Dafür – so die Vorschläge der Autorin – seien<br />

nicht nur Einrichtungen von Kontrollinstanzen<br />

zur selektiven Überprüfung von Filmbeiträgen<br />

sinnvoll. Weil der in Deutschland<br />

freie Berufszugang gerade in diesem <strong>Medien</strong>sektor<br />

zunehmend Journalisten hervorgebracht<br />

habe, die mit unzureichender Ausbildung nicht<br />

über das notwendige Wissen professioneller<br />

und ethischer Standards verfügen, fordert sie,<br />

dass nur fachlich ausgebildete Journalisten diesen<br />

Beruf ausüben dürften. Die Auseinandersetzung<br />

um diese Forderung in Deutschland<br />

hat schon eine lange Geschichte und ihre Umsetzung<br />

ist aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken<br />

höchst problematisch; dies wäre eine<br />

Erwähnung wert gewesen.<br />

Dass die Arbeit als eine Magisterarbeit entstanden<br />

ist, stellt keine Einschränkung dar,<br />

sondern im Gegenteil einen Vorteil, denn die<br />

Sorgfalt, mit der Morgenthaler ihr Vorgehen<br />

dokumentiert, kann beispielhaft und anregend<br />

für ähnliche Arbeiten wirken, <strong>zum</strong>al sie mit ihrer<br />

qualitativen Untersuchungsmethode ein<br />

Vorgehen gewählt hat, das besondere Anforderungen<br />

an Methodensensibilität und Kreativität<br />

stellt. Die Einzelschritte der Untersuchung<br />

und auch die Grenzen, die ihr gestellt<br />

sind, werden einsichtig und nachvollziehbar<br />

dargestellt. Schade nur, dass der Interviewleitfaden<br />

(obwohl im Text auf einen Anhang verwiesen<br />

wurde) in der veröffentlichten Buchfassung<br />

nicht zu finden ist – er hätte diesen Wert<br />

der Transparenz der Untersuchung wesentlich<br />

erhöht. Zur Vollständigkeit hätten Angaben<br />

zur Dauer der Interviews gehört. Auch das<br />

Problem, dass eine verdeckte Befragung gewählt<br />

wurde, die das Forschungsinteresse nicht<br />

erkennen lassen sollte, um unvorbelastete Antworten<br />

der Interviewpartner zu generieren,<br />

hätte anhand des Leifadens besser dokumentiert<br />

und verteidigt werden können – ein Vorgehen,<br />

das im Rahmen einer Arbeit, in der es<br />

um normative Standards geht, durchaus problematisiert<br />

werden kann. Schließlich lassen<br />

sich auch für die Forschungsmethodik ethische<br />

Anforderungen formulieren, die durchaus mit<br />

dem Forschungsinteresse in Konflikt stehen<br />

können.<br />

Insgesamt hat Morgenthaler mit dieser Fallstudie<br />

eine innovative Arbeit vorgelegt, die die<br />

Leistungsfähigkeit operationalisierbarer qualitativer<br />

Methoden zeigt und die Diskussion um<br />

Standards im Journalismus bereichert.<br />

Barbara Thomaß<br />

259


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Zeitschriftenlese<br />

AfP<br />

Jg 32 (2001) Nr 1<br />

von Gerlach, Jürgen: Persönlichkeitsschutz<br />

und öffentliches Informationsinteresse im internationalen<br />

Vergleich. – S. 1 – 8<br />

Der Verfasser setzt aus Anlass zweier Entscheidungen<br />

des Bundesgerichtshofes, in denen es um ein länderübergreifendes<br />

Agieren der Presse ging und in denen<br />

beachtliche Unterschiede in der Handhabung der Persönlichkeitsrechte<br />

zu Tage treten mit den Divergenzen<br />

in der Handhabung der Persönlichkeitsrechte in<br />

Europa und den USA auseinander. Näher betrachtet<br />

wird dabei insbesondere das von der Presse wahrgenommene<br />

Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit.<br />

Schließlich wird dargelegt, inwieweit in Europa für<br />

den Persönlichkeitsschutz Harmonisierungsbedarf<br />

besteht.<br />

Hoeren, Thomas: AGB-rechtliche Fragen <strong>zum</strong><br />

Wahrnehmungsvertrag der VG Wort. – S. 8 –<br />

13<br />

Osthaus, Wolf: Die Renaissance des Privatrechts<br />

im Cyberspace: Hilft das international<br />

koordinierte Privatrecht gegen Regulierungsdefizite<br />

im Internet?. – S. 13 – 23<br />

„Der Staat stößt bei der Verhaltensregulierung im Internet<br />

mit den Mitteln des öffentlichen Rechts zunehmend<br />

– im wahrsten Sinne des Wortes – an seine<br />

Grenzen. Da die Regulierungsgewalt der einzelnen<br />

Staaten grundsätzlich auf ihr Staatsgebiet beschränkt<br />

ist, das Internet aber einen ‚virtuellen Raum von globaler<br />

Ubiquität‘ darstellt, in dem Staatsgrenzen keine<br />

Rolle mehr spielen, erodiert folgegemäß die Grundlage<br />

des bisherigen Systems staatlicher Regulierung.<br />

Der Beitrag schildert differenziert, wo das Privatrecht<br />

ein alternatives Mittel zur Regulierung im Cyberspace<br />

sein kann und wo auch nicht. Als Resümee wird festgehalten,<br />

das zukünftig die Privatrechtsordnung nicht<br />

allein, aber neben Selbstregulierung und direkter<br />

staatlicher Regulierung im Mix als ein wichtiger<br />

Rechtsbetandteil dazu beitragen wird, den neuen Herausforderungen<br />

wirksam zu begegnen.“<br />

Libertus, Michael: Rechtsschutz gegen die<br />

staatsvertragliche Rundfunkgebührenfestsetzung.<br />

– S. 23 – 28<br />

Der Beitrag setzt sich mit der Frage des möglichen<br />

Rechtsschutzes der öffentlich-rechtlichen Anstalten<br />

sowie von Rundfunkteilnehmern gegen die staatsvertragliche<br />

Festsetzung der Höhe der Rundfunkgebühren<br />

auseinander. Der Verfasser kommt zu dem<br />

Ergebnis, dass zwar die Anstalten, nicht aber die Teilnehmer<br />

beschwerdebefugt für eine Verfassungsbeschwerde<br />

sind. Unter engen Voraussetzungen könnten<br />

die Teilnehmer in Ausnahmefällen eine Beschwerde<br />

auf die Informationsfreiheit gründen.<br />

Communication Research<br />

Jg 28 (2001) Nr 1<br />

Kellermann, Kathy; Park, Hee Sun: Situational<br />

Urgency and Conversational Retreat: When<br />

Politeness and Efficiency Matter. – S. 3 – 47<br />

Eveland, William P.; Dunwoody, Sharon: User<br />

Control and Structural Isomorphism or Disorientation<br />

and Cognitive Load?: Learning<br />

From the Web Versus Print. – S. 48 – 78<br />

Canary, Daniel J.; Cupach, William R.; Serpe,<br />

Richard T.: A Competence-Based Approach to<br />

Examining Interpersonal Conflict: Test of a<br />

Longitudinal Model. – S. 79 – 104<br />

Walther, Joseph B.; Slovacek, Celeste L.; Tidwell,<br />

Lisa C.: Is a Picture Worth a Thousand<br />

Words?: Photographic Images in Long-Term<br />

and Short-Term Computer-Mediated Communication.<br />

– S. 105 – 134<br />

Es geht um die Frage, ob sich Internetkooperationen<br />

verbessern, wenn sich die Teilnehmer von Angesicht<br />

zu Angesicht kennen, oder verschlechtern. Die Autoren<br />

machen dazu ein Feldexperiment unter Teilnehmern<br />

virtueller internationaler Arbeitsgruppen, die<br />

<strong>zum</strong> Teil erst kurz, <strong>zum</strong> Teil schon lange zusammenarbeiten.<br />

Es stellt sich als Ergebnis heraus, dass es bei<br />

neu zusammen arbeitenden Gruppen Gefühle und soziale<br />

Anziehung auslöst, wenn Fotographien der anderen<br />

Teilnehmer verteilt werden. Bei schon lange zusammen<br />

operierenden Gruppen wird dadurch allerdings<br />

die Beteiligung geringer.<br />

Communication Theory<br />

Jg 11 (2001) Nr 1<br />

Cronen, Vernon E.: Practical Theory, Practical<br />

Art, and the Pragmatic-Systemic Account of<br />

Inquiry. – S. 14 – 35<br />

McComas, Katherine A.: Theory and Practice<br />

of Public Meetings. – S. 36 – 55<br />

Foot, Kirsten A.: Cultural-Historical Activity<br />

Theory as Practice Theory: Illuminating the<br />

Development of a Conflict-Monitoring Network.<br />

– S. 56 – 83<br />

Tracy, Karen; Muller, Heidi: Diagnosing a<br />

School Board’s Interactional Trouble: Theorizing<br />

Problem Formulating. – S. 84 – 104<br />

Pearce, Kimberly A.; Pearce, W. Barnett: The<br />

Public Dialog Consortium’s School-Wide Dialogue<br />

Process: A Communication Approach to<br />

Develop Citizenship Skills and Enhance School<br />

Climate. – S. 105 – 123<br />

260


Zeitschriftenlese<br />

Computer und Recht<br />

Jg 17 (2001) Nr 2<br />

Röhrborn, Jens; Sinhart, Michael: Application<br />

Service Providing: juristische Einordnung und<br />

Vertragsgestaltung. – S. 69 – 77<br />

Lünenbürger, Simone: Rückwirkende Entgeltgenehmigungen<br />

im Telekommunikationsrecht.<br />

– S. 84 – 91<br />

Sester, Peter: Vertragsabschluss bei Internet-<br />

Auktionen. – S. 98-108<br />

Satzger, Helmut: Strafrechtliche Verantwortlichkeit<br />

von Zugangsvermittlern: Eine Untersuchung<br />

der Verantwortlichkeit für rechtswidrige<br />

Inhalte im Internet vor dem Hintergrund<br />

der neuen E-Commerce-Richtlinie der EG. –<br />

S. 109 – 117<br />

Jg 17 (2001) Nr 3<br />

Schmitt, Hansjörg: „Intangible Goods“ in Online-Kaufverträgen<br />

und der Anwendungsbereich<br />

der CISG. – S. 145-155<br />

Zimmer, Anja; Büchner, Wolfgang: Konvergenz<br />

der Netze – Konvergenz des Rechts?: Das<br />

Nebeneinander von rundfunkstaatsvertraglichen,<br />

telekommunikations- und kartellrechtlichen<br />

Regelungen beim Zugang <strong>zum</strong> Breitbandkabel.<br />

– S. 164 – 174<br />

Bosak, Jan Michael: Urheberrechtliche Zulässigkeit<br />

privaten <strong>Download</strong>ings von Musikdateien.<br />

– S. 176 – 181<br />

Lindhorst, Hermann: Bald Realität – Amtliche<br />

Online-Handelsregister. – S. 198 – 200<br />

Computer und Recht international<br />

Jg 2 (2001) Nr 1<br />

Dreyfuss, Rochelle Cooper: Examining State<br />

Street Bank: Developments in Business Method<br />

Patenting. – S. 1 – 5<br />

Dumortier, Jos; Rinderle, Regina: Umsetzung<br />

der Signaturrichtlinie in den europäischen Mitgliedstaaten.<br />

– S. 5 – 10<br />

Blume, Peter: Data protection issues with respect<br />

to e-commerce. – S. 11 – 17<br />

Cultural studies<br />

Jg 15 (2001) Nr 1<br />

Lloyd, David: Regarding Ireland in a post-colonial<br />

frame. – S. 12 – 32<br />

Wills, Clair: Women, domesticity and the family:<br />

Recent feminist work in Irish cultural studies.<br />

– S. 33 – 57<br />

Graham, Colin: ‘Blame it on Maureen O’Hara’:<br />

Ireland and the trope of authenticity. – S. 58-75<br />

Negra, Diane: Consuming Ireland: Lucky<br />

charms cereal, Irish spring soap and 1-800-<br />

Shamrock. – S. 76 – 97<br />

Kane, Katie: ‘Will come forth in tongues and<br />

fury’: Relocating Irish cultural studies. – S. 98 –<br />

123<br />

Conrad, Kathryn: Queer treasons: homosexuality<br />

and Irish national identity. – S. 124 – 137<br />

Steele, Karen: Biography as promotional discourse:<br />

The case of Maude Gonne. – S. 138 –<br />

160<br />

Hale, Anthony: Nanny/Mammy: Comparing<br />

Lady Gregory and Jessie Fauset. – S. 161 – 172<br />

Backus, Margot Gayle; Doan, James: Riverine<br />

crossings: Gender, identity and the reconstruction<br />

of national mythic narrative in THE CRY-<br />

ING GAME. – S. 173 – 191<br />

European Journal of Communication<br />

Jg 16 (2001) Nr 1<br />

Kepplinger, Mathias; Knirsch, Kerstin: The Relevance<br />

of Weberian Ethics for Contemporary<br />

Journalism. – S. 5 – 23<br />

„Max Weber’s distinction between expedient and value<br />

rationality and an ethic of responsibility and of ultimate<br />

ends is regarded as a theoretical tool to analyse<br />

the relationship between the mass media and politics<br />

in democracies. Weber considers journalists as an example<br />

of the combination of value-based rationality<br />

and adherence to an ethic of ultimate ends. In contrast,<br />

he considers politicians as an example of the combination<br />

of expedient action and ethics of responsibility.<br />

Intending to test one part of Weber’s theory – his assumptions<br />

about journalists – the authors examined<br />

two aspects of journalistic predispositions – general<br />

views on journalistic rules of conduct and specific<br />

judgements on behaviour in concrete situations. In an<br />

experimental design six groups of newspaper editiors<br />

were confronted with different options. Their reactions<br />

indicate that journalists generally and in concrete<br />

situations make value-based decisions when deciding<br />

whether to print a story or not. In contrast, journalists<br />

generally claim to adhere to an ethic of responsibility<br />

261


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

although they base their arguments on an ethic of<br />

ultimate ends in concrete situations. The consequences<br />

of this contradiction are discussed.“<br />

Deacon, David; Monk, Wendy: Quangos and<br />

the ‘Communications Dependent Society’: Part<br />

of the Process or Exceptions to the Rule?. –<br />

S. 25 – 49<br />

de Bens, Els; de Smaele, Hedwig: The Inflow of<br />

American Television Fiction on European<br />

Broadcasting Channels Revisited. – S. 51 – 76<br />

„The results of our programme analysis from 1997, in<br />

which the origin of films and series on 36 public and<br />

commercial channels from six European countries was<br />

traced, confirmed (1) the importance of fiction on European<br />

television, (2) the dominant position of American<br />

fiction and (3) the limited distribution of European<br />

fiction in Europe. This is not self-evident considering<br />

the efforts of the European Union since the end<br />

of the 1980s to counter these tendencies (quota for European<br />

productions, support measures for the audiovisual<br />

industry). Our findings also clearly confirm<br />

the distinction between public and commercial channels,<br />

according to which public channels broadcast a<br />

wider range of national, non-national European and<br />

American fiction. American series cannot touch the<br />

popularity of domestic series, which oust the American<br />

series in prime-time on both public and commercial<br />

channels. The American movie, however, is predominant<br />

also in prime-time. US fiction succeeds in<br />

breaking through all cultural barriers in Europe,<br />

whereas in the distribution of European fiction, language<br />

and cultural proximity continues to play a decisive<br />

role.“<br />

Hourigan, Niamh: New Social Movement<br />

Theory and Minority Language Television<br />

Campaigns. – S. 77 – 100<br />

Human Communication Research<br />

Jg 27 (2001) Nr 1<br />

White, Cindy H.; Burgoon, Judee K.: Adaption<br />

and Communicative Design: Patterns of Interaction<br />

in Truthful and Deceptive Conversations.<br />

– S. 9 – 37<br />

Dillard, James Proce; Peck, Eugenia: Persuasion<br />

and the Structure of Affect: Dual Systems<br />

and Discrete Emotions as Complementary<br />

Models. – S. 38 – 68<br />

Flanagin, Andrew J.; Monge, Peter; Fulk, Janet:<br />

The Value of Formative Investment in Organizational<br />

Federations. – S. 69 – 93<br />

Shrum, L. J.: Processing Strategy Moderates the<br />

Cultivation Effect. – S. 94 – 120<br />

Der Text stellt ein Experiment zur Cultivation Theory<br />

vor. 122 Studenten mussten unter verschiedenen<br />

Bedingungen Verbrechensraten etc. schätzen. Dabei<br />

musste eine Gruppe heuristisch im Sinne von nicht<br />

weiter elaboriert vorgehen, eine zweite wurde zu einem<br />

systematischen Vorgehen und zu einer Begründung<br />

ihrer Vermutungen angehalten, eine Kontrollgruppe<br />

erhielt keine weiteren Anweisungen. Kultivierungseffekte<br />

traten nicht in der systematischen, sondern<br />

nur in den beiden anderen Gruppen auf. Es wird<br />

daraus geschlossen, dass der Cultivation effect vor allem<br />

dann wirksam wird, wenn die Quelle nicht systematisch<br />

berücksichtigt wird.<br />

Mulac, Anthony; Bradac, James J.; Gibbons,<br />

Pamela: Empirical Support for the Gender-as-<br />

Culture Hypothesis: An Intercultural Analysis<br />

of Male/Female Language Differences. – S. 121<br />

– 152<br />

Die Autoren beschäftigen sich mit der Frage, inwieweit<br />

Unterschiede in der Verwendung von Sprache<br />

zwischen Männern und Frauen als Hinweis darauf<br />

verstanden werden können, dass die Zugehörigkeit zu<br />

einem sozialen Geschlecht ähnlich der Zugehörigkeit<br />

zu einer Kultur ist. Auf der Basis früherer Studien, in<br />

denen sie 16 Unterschiede der Sprachverwendung<br />

identifiziert haben, führen Sie mehrere Detailuntersuchungen<br />

durch. Ihre Ergebnisse stützen ihre Ausgangshypothese.<br />

Flanagin, Andrew J.; Metzger, Miriam J.: Internet<br />

Use in the Contemporary Media Environment.<br />

– S. 153 – 181<br />

Die Autoren fragen danach, wie sich die Nutzung spezifischer<br />

Internet-Funktionen (Information retrieval,<br />

information giving und conversation capabilities) in<br />

die traditionellen <strong>Medien</strong>umgebungen der Menschen<br />

einfügen. Auf der Basis einer Untersuchung von 684<br />

Individuen gelangen sie zu dem Schluss, dass das Internet<br />

als multidimensionale Technologie verstanden<br />

werden muss, die in einer Weise genutzt wird, die ähnlich<br />

ist wie die Nutzung der „alten“ <strong>Medien</strong>.<br />

Kommunikation & Recht<br />

Jg 4 (2001) Nr 2<br />

Zahrt, Michael: Cyberbusiness, Urheber- und<br />

Wettbewerbsrecht: Bestandsaufnahme und<br />

Praxisüberblick. – S. 65 – 74<br />

Schmechel-Gaumé, Adrian: § 31 Abs.4 UrhG<br />

und der Arbeitnehmerurheber – ein Spannungsfeld:<br />

Im Blickpunkt: Ist die Einräumung<br />

von Nutzungsrechten für unbekannte Nutzungsarten<br />

in Arbeitsverhältnissen zulässig?. –<br />

S. 74 – 82<br />

Lütcke, Jens; Bähr, Martina: Outsourcing-Verträge<br />

und Service Level Agreements in der IT-<br />

Branche: Gestaltungsvarianten für die Praxis. –<br />

S. 82 – 87<br />

Koch, Robert: Einbeziehung und Abwehr von<br />

Verkaufs-AGB im b2b-commerce. – S. 87 – 91<br />

Okonek, Andreas: Factory Outlet Center: Eine<br />

neue Chance durch E-Commerce?. – S. 91 – 96<br />

262


Zeitschriftenlese<br />

Lubitz, Markus: Electronic Contracts: A view<br />

across the Channel: The English Perspective. –<br />

S. 96-103<br />

Jg 4 (2001) Nr 3<br />

Habersack, Mathias: Die besondere Missbrauchsaufsicht<br />

gemäß § 32 PostG – Teil I. –<br />

S. 121 – 131<br />

„§ 32 PostG sieht eine sektorspezifische Aufsicht über<br />

das Verhalten marktbeherrschender Postdienstunternehmen<br />

vor. Der vorliegende Teil I des Beitrags führt<br />

zunächst in Regelungshintergrund, Konzeption und<br />

Zielsetzung des PostG ein, stellt sodann die einzelnen<br />

Regulierungsinstrumentarien des PostG dar, um<br />

schließlich den Anwendungsbereich des § 32 PostG<br />

zu bestimmen. Tatbestand und Rechtsfolgen des § 32<br />

PostG sowie einzelne Missbrauchstatbestände sind<br />

Gegenstand von Teil II des Beitrags, der in einem der<br />

nächsten <strong>Heft</strong>e erscheinen wird.“<br />

Schmidt, Kurt: Flatrate für die Internet-Zuführung.<br />

– S. 131 – 139<br />

„Auf dem Gebiet der neuen elektronischen <strong>Medien</strong><br />

hat in den vergangenen zwölf Monaten ein aufstrebender<br />

Geschäftszweig kaum mehr Bekanntheit<br />

erlangt und Aufmerksamkeit angezogen als das Internet.<br />

Bei der Frage, was diese zukunftsweisende<br />

Dienstleistung kostet, stößt man regelmäßig auf den<br />

Begriff des Pauschalpreises bzw. der Flatrate. Von ihm<br />

verspricht man sich wahre Wunderdinge. Zu einer gewissen<br />

Ernüchterung, Versachlichung und fachlichen<br />

Aufklärung soll die nachfolgende Veröffentlichung<br />

dienen. Nach einer allgemeinen Einführung in die<br />

Thematik wird die Flatrate aus preistheoretischer und<br />

kommunikationsrechtlicher Sicht charakterisiert sowie<br />

deren mögliche wirtschaftliche Folgen beschrieben.<br />

Darauf folgend werden die Entstehung, der Hintergrund<br />

und erste Reaktionen auf die Kammerentscheidung<br />

der Regulierungsbehörde geschildert um<br />

die Flatrate-Entscheidung vom 15.11.2000 schließlich<br />

in einen Zusammenhang mit anderen Untersuchungsgegenständen<br />

der Behörde zu stellen, die ebenfalls den<br />

Internetbereich betreffen.“<br />

Nolte, Norbert; Junghanns, Volker: Flatrate<br />

für alle?: Anmerkungen zu RegTP, Beschluss<br />

vom 15.11.2000, K&R 2001, 176 Ls. – S. 139 –<br />

144<br />

„Die Flatrate-Entscheidung der RegTP vom 15.11.<br />

2000 ist allgemein als Schritt in die richtige Richtung<br />

begrüßt worden. Die Einführung einer Wholesale-<br />

Flatrate, mit der Internet-Service-Providern der Einkauf<br />

von Internetzugangsdienstleistungen des marktbeherrschenden<br />

Unternehmens zu nutzungsunabhängigen<br />

Entgelten ermöglicht werden soll, wird<br />

allgemein als Voraussetzung für effektiven Wettbewerb<br />

auf dem Markt der Internet-Zugänge für Endkunden<br />

angesehen. Allerdings hat die RegTP die<br />

Höhe der Flatrate offen gelassen, so dass weiterer<br />

Streit vorprogrammiert sein dürfte. Die Autoren erläutern<br />

nachfolgend die wesentlichen Aussagen der<br />

Flatrate-Entscheidung der RegTP und wagen eine<br />

erste Einschätzung, inwieweit der Weg <strong>zum</strong> ,Internet<br />

für alle’ durch die Entscheidung der RegTP geebnet<br />

worden ist.“<br />

Mass Communication & Society<br />

Jg 4 (2001) Nr 1<br />

Ball-Rokeach, Sandra J.: The Politics of Studying<br />

Media Violence: Reflections 30 Years After<br />

The Violence Commission. – S. 3 – 18<br />

In einem persönlichen Rückblick auf dreißig Jahre<br />

<strong>Medien</strong>gewaltforschung reflektiert die Verfasserin, in<br />

welcher Weise politische Interessen in verschiedenen<br />

Phasen Einfluss auf die betreffende Forschung genommen<br />

haben.<br />

Lin, Carolyn A.: Audience Attributes, Media<br />

Supplementation, and Likely Online Service<br />

Adoption. – S. 19 – 38<br />

„Trotz des erheblichen Wachstumspotenzials für Einnahmen<br />

aus dem Internet, dokumentieren wissenschaftliche<br />

Untersuchungen, dass die Werbeindustrie<br />

hinsichtlich der Frage, wie sie die Konsumenten über<br />

dieses neue Medium erreichen soll, noch sehr unsicher<br />

ist. Auf der Basis einer synoptischen Literaturstudie,<br />

die sich auf Theorien zur Diffusion, Motivation und<br />

zur Verdrängung alter durch neue <strong>Medien</strong> bezieht,<br />

werden potenzielle Prädiktoren für die Akzeptanz<br />

verschiedener Online-Dienstleistungen erkundet.<br />

Kognitive und affektive Gratifikationen erweisen sich<br />

als stärkste Prädiktoren für die Nutzung von Online-<br />

Dienstleistungen. Demgegenüber spielen Personenmerkmale<br />

nur eine mäßige, Merkmale der <strong>Medien</strong>nutzung<br />

und der bisherigen Adoption von technischen<br />

Diensten nur eine sehr geringe Rolle bei der Vorhersage<br />

der Adoption von Online-Dienstleistungen.“<br />

Lauzen, Martha M.; Dozier, David M.; Hicks,<br />

Manda V.: Prime-Time Players and Powerful<br />

Prose: The Role of Women in the 1997-1998<br />

Television Season. – S. 39 – 59<br />

„Mit einem theoretischen Ansatz, der sowohl Markteinflüsse<br />

als auch das wahrgenommene Einflusspotenzial<br />

kreativer <strong>Medien</strong>schaffender berücksichtigt, geht<br />

diese Studie dem Zusammenhang zwischen Frauen<br />

in den Produktionsbetrieben und der Darstellung von<br />

Frauen auf dem Bildschirm nach. Empirische Grundlage<br />

stellen die 64 in den USA erfolgreichsten<br />

Prime-Time-Serien der ersten zwölf Wochen der<br />

Fernsehsaison 1997/98 dar. Konkret gilt die Fragestellung<br />

dem Zusammenhang zwischen der Präsenz von<br />

Frauen als Produzentinnen oder Drehbuchautorinnen<br />

und der Verwendung „machtvoller Sprache“ durch<br />

die weiblichen Charaktere – als Kennzeichen für<br />

machtvolle Sprache wurden Imperative, Unterbrechungen<br />

sowie das erste und das letzte Wort in einem<br />

Gespräch definiert. Die Mitarbeit sowohl von Produzentinnen<br />

als auch von Autorinnen ging den<br />

Ergebnissen zufolge mit einer höheren Zahl weiblicher<br />

Charaktere einher; auch für die Verwendung<br />

machtvoller Sprache zeigte sich ein entsprechender<br />

Zusammenhang.“<br />

Hofstetter, C. Richard; Zuniga, Stephen; Dozier,<br />

David M.: Media Self-Efficacy: Validation<br />

of a New Concept. – S. 61 – 76<br />

„Die Studie bietet Evidenz für die Konstruktvalidität<br />

für Maße zur Bestimmung der Selbst-Wirksamkeit<br />

(self-efficacy) bei der Nutzung von Fernsehen, Zei-<br />

263


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

tungen und interpersonaler Kommunikation zur Information<br />

über Politik. Die Daten basieren auf einer<br />

Befragung unter Studierenden (n=576). Self-efficacy<br />

ist eine Moderator-Variable in der sozialen Lerntheorie,<br />

sie bezieht sich auf die Überzeugung, dass man<br />

Aufgaben bewältigen kann und dass eine erfolgreiche<br />

Ausführung dieser Aufgaben erwünschte Folgen hat.<br />

Die verschiedenen Subskalen eines Messinstruments<br />

wurden mit Merkmalen der <strong>Medien</strong>nutzung, gesuchten<br />

Gratifikationen, intellektueller Stimulation,<br />

Glaubwürdigkeit, politischer Wirksamkeit und Partizipation<br />

korreliert; die Befunde stützen die Konstruktvalidität<br />

des verwendeten Instruments.“<br />

Warren, Ron: Do As I Say, Not As I Do: Video<br />

Stores and Parental Mediation of Children’s<br />

Video Consumption. – S. 77 – 101<br />

„In den letzten vier Jahrzehnten wurde das elterliche<br />

Erziehungsverhalten im Hinblick auf die Fernsehnutzung<br />

von Kindern intensiv untersucht. Vertreter der<br />

Cultural Studies haben dabei dafür plädiert, <strong>Medien</strong>nutzung<br />

als integralen Bestandteil des Familiensystems<br />

zu untersuchen. Ein Verständnis von <strong>Medien</strong>nutzung<br />

als Prozess häuslichen Konsums wirft interessante<br />

Fragen hinsichtlich des potenziellen Einflusses<br />

von <strong>Medien</strong>organisationen auf das elterliche Erziehungsverhalten<br />

auf. In dieser Studie werden zwei<br />

Wege der Zugangsregulierung analysiert, wie sie in<br />

Videotheken zu beobachten sind. Die entsprechenden<br />

Maßnahmen werden als strukturelle Bedingungen für<br />

die inhaltsbezogene Diskussionen zwischen Eltern<br />

und Kindern aufgefasst. Obwohl viele Eltern diese<br />

Vorgaben akzeptieren, zeigen sich erhebliche Unterschiede<br />

nach sozialem Milieu im Hinblick auf das Bewusstsein<br />

von den betreffenden Regeln und auf die<br />

spezifische Art, sich diese anzueignen oder sie abzulehnen.“<br />

Perry, Stephen D.: Commercial Humor Enhancement<br />

of Program Enjoyment: Gender<br />

and Program Appeal As Mitigaiting Factors. –<br />

S. 103 – 116<br />

Media, Culture & Society<br />

Jg 23 (2001) Nr 1<br />

Tettey, Wisdom J.: The media and democratization<br />

in Africa: contributions, constraints<br />

and concerns of the private press. – S. 5 – 31<br />

Sawhney, Harmeet: Dynamics of infrastructure<br />

development: The rule of metaphors, political<br />

will and sunk investment. – S. 33 – 51<br />

van den Bulck, Hilde: Public service television<br />

and national identity as a project of modernity:<br />

the example of Flemish television. – S. 53 – 69<br />

Der Artikel untersucht die Art und Weise wie der flämische<br />

Public Service Fernsehsender versuchte, eine<br />

nationale Identität zu kreieren und zu erhalten, indem<br />

eine uniforme Hochkultur als Vehikel benutzt wurde,<br />

um das Publikum dazu zu „erziehen“, „Bürger“ einer<br />

Gemeinschaft zu sein. Die Hypothese ist, dass die kulturelle<br />

Elite des flämischen Public Service Fernsehens<br />

lange Zeit versuchte, die Bekanntheit und die Entwicklung<br />

flämischer Identität und Kultur zu fördern,<br />

indem eine uniforme flämische Kultur präsentiert<br />

wurde. Dafür wird das Programm dieses Senders von<br />

1953 bis 1960 analysiert.<br />

Cooper, Jon; Harrison, Daniel M.: The social<br />

organization of audio piracy on the Internet. –<br />

S. 71 – 89<br />

Im Artikel wird die Entwicklung einer Audiopiraterie-Subkultur<br />

(MP3) im Internet beschrieben und analysiert<br />

– eine „virtuelle Gemeinschaft“, die die Produktion<br />

populärer Musik revolutioniert. Dabei wird<br />

sowohl die interne soziale Struktur der MP3-Gemeinschaft<br />

betrachtet als auch mögliche Auswirkungen auf<br />

das globale Netzwerk der Musik-Produktion und<br />

-Distribution. Es werden die Rollenstrukturen der<br />

Subkultur untersucht sowie Fragen sozialer Konflikte<br />

und Lösungen.<br />

Kim, Young-han: The broadcasting audience<br />

movement in Korea. – S. 91 – 107<br />

Preston, Paschal; Kerr, Aphra: Digital media,<br />

nation-states and local cultures: the case of<br />

multimedia ‘content’ production. – S. 109 – 131<br />

Der Artikel befasst sich mit der Rolle von Nationalstaat<br />

und kulturellen Faktoren bei der Globalisierung<br />

insbesondere bei Multimediainhalten. Multimedia-<br />

Anwendungen werden als neues Feld der <strong>Medien</strong>industrie<br />

und als neue kulturelle Formen betrachtet, die<br />

potenziell einen neuen öffentlichen Raum zur Aushandlung<br />

kultureller Werte und Formen der Identität<br />

anbieten. Mittels einer Analyse der Situation der IT-<br />

Branche in Irland und der Fallstudie eines multinationalen<br />

Softwareunternehmens, das dazu überging auch<br />

Online-Inhalte weltweit anzubieten, wird gezeigt,<br />

dass erstens eine Homogenisierung der Kulturen aufgrund<br />

einer Globalisierung nicht abzusehen ist. Zweitens<br />

erscheint es auf Grundlage der Analyse angeraten<br />

in der Globalisierungsdiskussion Technologie und Inhalte<br />

gesondert zu betrachten.<br />

Jg 23 (2001) Nr 2<br />

Johnson, Kirk: Media and social change: the<br />

modernizing influences of television in rural<br />

India. – S. 147 – 169<br />

Törrönen, Jukka: Between public good and the<br />

freedom of the consumer: negotiating the space,<br />

orientation and position of US in the reception<br />

of alcohol policy editorials. – S. 171 – 193<br />

Freedman, Des: What use is a public inquiry?:<br />

Labour and the 1977 Annan Committee on the<br />

Future of Broadcasting. – S. 195 – 211<br />

Hampton, Mark: ‘Understanding media’: theories<br />

of the press in Britain, 1850-1914. – S. 213-<br />

231<br />

Hibberd, Matthew: The reform of public service<br />

broadcasting in Italy. – S. 233 – 252<br />

264


Zeitschriftenlese<br />

Media Lex<br />

(2001) Nr 1<br />

Canevascini, Matthieu: „Big Brother“: triomphe<br />

de la liberté ou esclavage moderne?. – S. 5 –<br />

6<br />

Lindenberg, Katrin: Neue Entwicklungen im<br />

schwedischen <strong>Medien</strong>recht. – S. 8 – 9<br />

de Werra, Jacques: Droit d’auteur et Internet:<br />

une question de „business models“?. – S. 10 –<br />

11<br />

Born, Christoph: Wann haften <strong>Medien</strong>schaffende<br />

für die Wiedergabe widerrechtlicher Äußerungen<br />

Dritter?. – S. 13 – 20<br />

Moreillon, Laurent: Nouveaux délits informatiques<br />

sur Internet. – S. 21-26<br />

Zulauf, Rena: Informationsqualität – ausservertragliche<br />

Qualitätsregeln. – S. 27 – 34<br />

Media Perspektiven<br />

(2001) Nr 2<br />

Teletext – das unterschätzte Medium: Ergebnisse<br />

einer quantitativen und qualitativen Nutzerstudie<br />

zu Rezeption und Zukunft von Teletext.<br />

– S. 54 – 64<br />

Die repräsentative Studie der ARD-<strong>Medien</strong>kommission<br />

untersucht das Zukunftspotential von Teletext<br />

(früher Videotext). Nach den Ergebnissen der Untersuchung<br />

werde Teletext auf längere Sicht nicht allein<br />

im analogen Fernsehen einen breiten Markt haben:<br />

Als direkt mit der Programmnutzung verknüpftes Informationsmedium<br />

habe es auch im digitalen Markt<br />

gute Weiterentwicklungschancen. Hierfür spreche<br />

ebenfalls das beim Teletext im Vergleich <strong>zum</strong> Fernsehen<br />

deutlich jüngere Publikum.<br />

Gerhards, Maria; Klingler, Walter: Jugend und<br />

<strong>Medien</strong>: Fernsehen bleibt dominierend: Nutzung<br />

und Bedeutung des Fernsehens für Jugendliche<br />

im Jahr 2000. – S. 65 – 74<br />

Die Autoren analysieren GfK-Daten und gelangen zu<br />

dem Ergebnis, dass für Jugendliche das Fernsehen<br />

auch im Jahr 2000 das wichtigste Medium sei. Im<br />

Durchschnitt verbrächten Zwölf- bis 19-Jährige täglich<br />

knapp zwei Stunden vor dem Bildschirm. Die Studie<br />

vergleicht die Nutzung verschiedener <strong>Medien</strong>, differenziert<br />

das Nutzungsverhalten verschiedener Altersgruppen<br />

innerhalb der jugendlichen Fernsehzuschauer<br />

und betrachtet die am meisten genutzten<br />

Programmkategorien.<br />

Eggert, Susanne: Fernsehen als Informationsmedium<br />

Jugendlicher: Präferenzen und Barrieren:<br />

Ergebnisse einer qualitativen Untersuchung<br />

bei Zwölf- bis 17-Jährigen. – S. 75 – 83<br />

Der Forschungsbeitrag von Susanne Eggert thematisiert<br />

die familiäre Prägung von Jugendlichen in Bezug<br />

auf deren <strong>Medien</strong>umgang. Beeinflusst von Faktoren<br />

wie Bildung und Sozialstatus der Eltern, Weltbild und<br />

Peer-Group unterscheidet die Autorin zwei Gruppen<br />

von Jugendlichen: Diejenigen, die für die Allgemeinheit<br />

relevante Informationen klar von Einzelpersonen<br />

betreffenden Schicksalen zu unterscheiden vermögen,<br />

und diejenigen, die diese Fähigkeit nicht besitzen.<br />

Diese Kluft müsse Politik, Pädagogik und die <strong>Medien</strong><br />

<strong>zum</strong> Handeln auffordern.<br />

Barthelmes, Jürgen: Funktionen von <strong>Medien</strong><br />

im Prozess des Heranwachsens: Ergebnisse einer<br />

Längsschnittuntersuchung bei 13- bis 20-<br />

Jährigen. – S. 84 – 89<br />

Der Beitrag wertet eine Längsschnittuntersuchung<br />

aus, in deren Mittelpunkt die Frage nach den genutzten<br />

<strong>Medien</strong>inhalten Jugendlicher steht. Aus dieser<br />

Studie gehe hervor, dass ein deutlicher Zusammenhang<br />

zwischen den Lebensthemen der Jugendlichen<br />

und den genutzten Inhalten bestehe. Dieser These zufolge<br />

sei es möglich, die Lieblingsfilme der 13- bis 20-<br />

Jährigen als Schlüssel zur persönlichen Situation der<br />

Befragten zu begreifen. Für Jugendliche seien <strong>Medien</strong>inhalte<br />

ein Vehikel, eigene Probleme zu kommunizieren,<br />

für die Eltern eine Möglichkeit, Zugang zu<br />

den Fragen ihrer Kinder zu finden.<br />

Franzmann, Bodo: Lesezapping und Portionslektüre:<br />

Veränderung des Leseverhaltens, besonders<br />

bei Jugendlichen. – S. 90 – 98<br />

Media psychology<br />

Jg 3 (2001) Nr 1<br />

Sotirovic, Mira: Effects of media use on complexity<br />

and extremity of attitudes toward the<br />

death penalty and prisoners’ rehabilitation. –<br />

S. 1 – 24<br />

Rubin, Alan M.; West, Daniel V.; Mitchell,<br />

Wendy S.: Differences in aggression, attitudes<br />

toward women, and distrust as reflected in popular<br />

music preferences. – S. 25 – 42<br />

Busselle, Rick W.: Television exposure, perceived<br />

realism, and exemplar accessibility in the<br />

social judgment process. – S. 43 – 68<br />

Cupchik, Gerald C.: Aesthetics and emotion in<br />

entertainment media. – S. 69 – 89<br />

Multimedia und Recht, Beilage<br />

Jg 4 (2001) Nr 2<br />

Rhein, Tilman: Das Breitbandkabelnetz der<br />

Zukunft: Der Business Case. – S. 3 – 12<br />

Ausgehend vom derzeitigen Stand des Verkaufsprozesses<br />

der Breitbandkabelnetze werden die Aufgaben<br />

265


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

der Investoren wie die Aufrüstung der Netze, die<br />

Überwindung der Trennung zwischen der Netzebene<br />

3 und der Netzebene 4, die Umkehrung des Transportmodells<br />

bei der Einspeisung von Rundfunkprogrammen,<br />

die Einführung des digitalen Fernsehens<br />

und die Einführung breitbandigen Internetzugangs<br />

beschrieben. Der Verfasser kommt zu dem Schluss,<br />

dass sich der Business-Plan der Regionalgesellschaften<br />

nur rechnen wird, wenn es ihnen gelingt, das komplette<br />

Bündel aus Fernseh-, Internet- und Telefonangeboten<br />

anzubieten, bevor sich das „window of opportunity“<br />

schließt. Als Handicap könnte sich dabei<br />

seiner Ansicht nach die verbleibende Sperrminorität<br />

der Telekom erweisen.<br />

Möschel, Wernhard: Die Öffnung der Breitbandkabelnetze<br />

für den Wettbewerb: Die Sicht<br />

der Monopolkommission. – S. 13 – 19<br />

Der Verfasser legt aus wettbewerbspolitischer Sicht<br />

dar, inwieweit Regulierungsbedarf zur Entwicklung<br />

eines Infrastrukturwettbewerbs zwischen Telefonund<br />

Breitbandkabelnetzen besteht. Die Notwendigkeit<br />

des umfangreichen Ausbaus des Kabels erfordert<br />

nach seiner Einschätzung eine wettbewerbsfördernde<br />

Eigentums- und Marktstruktur, damit Infrastrukturwettbewerb<br />

ermöglicht wird.<br />

Schütz, Raimund: Nutzung von Breitbandkabelnetzen<br />

im Spannungsfeld von Netzbetreiberfreiheit,<br />

offenem Netzzugang und hoheitlicher<br />

Kabelallokation. – S. 20 – 27<br />

„Der derzeitige kommunikationsrechtliche Ordnungsrahmen<br />

für die Breitbandkommunikation ordnet<br />

nicht, sondern schafft Rechtsunsicherheit. [...] Der<br />

Beitrag unternimmt mit sechs Thesen den Versuch,<br />

einen Weg durch das Spannungsfeld von Netzbetreiberfreiheit,<br />

offenem Netzzugang und medienrechtlicher<br />

Kabelallokation aufzuzeigen.“<br />

Wagner, Christoph: Wettbewerb in der Kabelkommunikation<br />

zwischen Transport- und Vermarktungsmodell.<br />

– S. 28 – 33<br />

Für die Gewährleistung von Netzzugang und chancengleicher<br />

Kapazitätsverteilung ist neben dem „Ob“<br />

auch das „Wie“ des Zugangs entscheidend. Der Verfasser<br />

stellt die möglichen Vertragsbedingungen und<br />

Vermarktungsmodelle vor und prüft sie insbesondere<br />

im Hinblick auf die Entgelte auf ihre rechtliche Zulässigkeit.<br />

Hillig, Hans-Peter: Urheberrechtliche Fragen<br />

des Netzzugangs in der Kabelkommunikation.<br />

– S. 34 – 40<br />

Der Beitrag untersucht die für die Einspeisung terrestrischer<br />

und satellitengestützter Fernseh- und Hörfunkprogramme<br />

in Kabelnetze erforderlichen Urheber-<br />

und Leistungsschutzrechte und die derzeitigen<br />

vertraglichen Vereinbarungen zwischen Verwertungsgesellschaften<br />

bzw. Sendeunternehmen und Kabelunternehmen.<br />

Die urheberrechtlichen Bedingungen<br />

der Verträge der DTAG mit den Rundfunkveranstaltern<br />

über die Kabeleinspeisung ihrer Satellitenprogramme<br />

stehen nach Auffassung des Verfassers nicht<br />

im Einklang mit dem 4. UrhÄndG.<br />

Multimedia und Recht<br />

Jg 4 (2001) Nr 2<br />

Bröhl, Georg M.: EGG – Gesetz über rechtliche<br />

Rahmenbedingungen des elektronischen<br />

Geschäftsverkehrs: Erläuterungen <strong>zum</strong> Referentenentwurf.<br />

– S. 67 – 71<br />

„Die Bundesregierung hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt,<br />

die EG-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr<br />

bis <strong>zum</strong> Sommer 2001 in deutsches<br />

Recht umzusetzen. Von besonderer Bedeutung ist dabei<br />

das in der Richtlinie geregelte Herkunftslandprinzip<br />

mit der Folge der gegenseitigen Anerkennung der<br />

Rechtsordnungen in den einzelnen Mitgliedstaaten.<br />

Der konkrete Zeitpunkt für das In-Kraft-Treten des<br />

Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen des<br />

elektronischen Geschäftsverkehrs (EGG) ist noch offen<br />

und hängt vom Verlauf der Beratungen in Bundesrat<br />

und Bundestag ab. Der Beitrag gibt einen<br />

Überblick über die Struktur und wesentliche Regelungen<br />

des zurzeit von der Bundesregierung vorbereiteten<br />

Gesetzentwurfs.“<br />

Bickerstaff, Steve: Telecommunications and<br />

Internet Law: Recent Developments in the<br />

United States. – S. 72 – 80<br />

Der Beitrag beschreibt die jüngsten Entwicklungen<br />

des Telekommunikations- und Internetrechts in den<br />

USA mit Blick auf mögliche internationale Auswirkungen.<br />

Schwerpunkte legt der Verfasser dabei auf<br />

den Fall Microsoft, die Entwicklung der Rundfunkverbreitung<br />

und interaktiver Dienste, den Zugang zu<br />

Kabelnetzen, die Probleme des Digital Divide sowie<br />

die Auswirkungen des Internet auf das Urheberrecht.<br />

Die Regelungen des 1996 Telecommunications Act<br />

und 1998 Digital Millennium Copyright Act belegen<br />

seiner Ansicht nach die Öffnung der elektronischen<br />

Kommunikationsmärkte für den Wettbewerb und für<br />

marktnahe Lösungen von Konflikten.<br />

Koenig, Christian; Kühling, Jürgen: Reformansätze<br />

des deutschen Telekommunikationsrechts<br />

in rechtsvergleichender Perspektive. –<br />

S. 80 – 86<br />

„Die vollständige Liberalisierung der Telekommunikations(TK)-Märkte<br />

vom 1.1.1998 liegt nunmehr drei<br />

Jahre zurück, und immer häufiger wird die Frage nach<br />

Korrekturen am deutschen TK-Recht aufgeworfen.<br />

Zudem hat die EG-Kommission mit ihrem Review<br />

1999 und den folgenden Richtlinien- und Verordnungsvorschlägen<br />

die Diskussion um die Neugestaltung<br />

des TK-Rechts auch auf nationaler Ebene neu<br />

entfacht. [...] Der Beitrag versucht [...] , einige der diskutierten<br />

Reformansätze in rechtsvergleichender Perspektive<br />

daraufhin zu untersuchen, ob ausländische<br />

Erfahrungen für ihre Verwirklichung sprechen. Ausgangspunkt<br />

sind die institutionellen Reformbedürfnisse.<br />

Aber auch die damit verknüpften materiellrechtlichen<br />

Probleme werden erörtert. Parallel ist stets<br />

der Blick auf die gemeinschaftsrechtlichen Entwicklungen<br />

zu richten, in deren Vorgaben sich das deutsche<br />

TK-Recht einzufügen hat.“<br />

266


Zeitschriftenlese<br />

Krajewski, Markus F.: Werbung über das Handy:<br />

Zur Zulässigkeit kommerzieller SMS-<br />

Nachrichten. – S. 86 – 89<br />

„Der [...] Beitrag beleuchtet die wirtschaftlichen und<br />

rechtlichen Aspekte der Werbung per Short Message<br />

Service (SMS). [...] Bei der Verwendung dieses neuen<br />

Kommunikationsmittels ergeben sich wettbewerbsrechtliche<br />

Fragen, deren Beantwortung aus einem kritischen<br />

Vergleich mit der Rechtslage, die für die Werbung<br />

mit anderen neuen Kommunikationsmitteln<br />

entwickelt worden ist, versucht werden soll. Auch die<br />

EU-Fernabsatzrichtlinie ist in diesem Zusammenhang<br />

zu erwähnen.“<br />

Grünwald, Andreas: Analoger Switch-Off: Auf<br />

dem Weg zur Digitalisierung des terrestrischen<br />

Fernsehens. – S. 89 – 94<br />

„Die Digitalisierung des Fernsehens macht auch vor<br />

seiner terrestrischen Übertragung nicht halt und wird<br />

mittelfristig <strong>zum</strong> sog. analogen Switch-Off führen.<br />

Dies erfordert <strong>zum</strong> einen den vollständigen Austausch<br />

der Endgeräte, <strong>zum</strong> anderen stellen digitale Kompressionsverfahren<br />

die Verwaltung von Rundfunkfrequenzen<br />

vor neue Herausforderungen. Es gilt daher,<br />

die Übergangsphase aktiv auszugestalten und regulatorisch<br />

zu begleiten. Der Beitrag analysiert die hierzu<br />

in der Bundesrepublik jüngst vorgelegten Regelungsvorschläge<br />

und vergleicht sie mit den entsprechenden<br />

US-amerikanischen Konzepten.“<br />

Moritz, Hans-Werner: Vervielfältigungsstück<br />

eines Programms und seine berechtigte Verwendung:<br />

§ 69d UrhG und die neueste BGH-<br />

Rechtsprechung. – S. 94 – 97<br />

Jg 4 (2001) Nr 3<br />

Welzel, Stephan: Zwangsvollstreckung in Internet-Domains.<br />

– S. 131 – 139<br />

Gassner, Ulrich M.: Internet-Handelsplattformen<br />

im Spiegel des Kartellrechts. – S. 140-144<br />

„Eine der wichtigsten Erscheinungsformen des E-<br />

Commerce, die in jüngster Zeit auch in Europa große<br />

wirtschaftliche Bedeutung erlangt hat, ist der Online-<br />

Handel zwischen Unternehmen (Business to Business,<br />

kurz: B2B) auf virtuellen Marktplätzen. [...] Kartellrechtliche<br />

Probleme entstehen [...] vor allem dann,<br />

wenn die Nachfragen mehrerer Unternehmen gebündelt<br />

werden, die Markttransparenz sich nur für eine<br />

Marktseite erhöht oder bestimmten Unternehmen der<br />

Zugang verweigert wird. Die bisher ergangenen Entscheidungen<br />

der Kartellbehörden zu Internet-Handelsplattformen<br />

fielen – im Ergebnis zu Recht – positiv<br />

aus. Damit ist elektronischen Marktplätzen aber<br />

keine generelle kartellrechtliche Absolution erteilt<br />

worden. Vielmehr müssen auch im B2B-E-Commerce<br />

die traditionellen Grenzen des Kartellrechts beachtet<br />

werden.“<br />

Herwig, Volker: Zugang und Zustellung in<br />

elektronischen <strong>Medien</strong>. – S. 145 – 149<br />

„Die Abgabe elektronischer Willenserklärungen und<br />

hier vor allem ihr Zugang und die Beweisbarkeit dieses<br />

Zugangs durch den Sendenden sind zentrale Fragen<br />

bei Handlungen im Internet. Im Rahmen dieses<br />

Beitrags werden ausgehend von der Rechtsprechung<br />

<strong>zum</strong> Telefax diese Fragen im Hinblick auf privatrechtlich<br />

abgegebene Willenserklärungen und Willenserklärungen<br />

öffentlicher Verwaltungen behandelt.<br />

Dabei wird deutlich, dass sich durch die Rückkopplungsmechanismen<br />

des Internet erstmals Möglichkeiten<br />

des Beweises für den Zugang von Willenserklärungen<br />

in elektronischen <strong>Medien</strong> ergeben. Diese<br />

Möglichkeiten werden vor allem in technischer Hinsicht<br />

dargestellt und bewertet. Hier erweist sich insbesondere<br />

der Einsatz spezieller Programme, die den<br />

Zugang einer E-Mail durch verschlüsselt und digital<br />

signierte Bestätigungsnachrichten dokumentieren, als<br />

geeignet. [...]“<br />

Schmitz, Peter: Inhalt und Gestaltung von Telekommunikationsverträgen.<br />

– S. 150 – 158<br />

Political Communication<br />

Jg 17 (2000) Nr 4<br />

Das <strong>Heft</strong> 4/2000 enthält zahlreiche Aufsätze <strong>zum</strong><br />

Thema sozialer Wandel. Untersucht wird der Einfluss<br />

der <strong>Medien</strong> und der Kommunikation auf gesellschaftliche<br />

Wandlungsprozesse und auf die Selbstbeschreibungen<br />

der in ihr lebenden Menschen.<br />

Bennett, W. Lance: Introduction; Communication<br />

and Civic Engagement in Comparative<br />

Perspective. – S. 307 – 312<br />

Chomsky, Daniel: Advance agent of the Truman<br />

doctrine: the United States, The New<br />

York Times, and the Greek Civil War. – S. 415<br />

– 432<br />

Bloch, Linda-Renée: Setting the public sphere<br />

in motion: the rhetoric of political bumper<br />

stickers in Israel. – S. 433 – 456<br />

Smith, Craig Allen; Smith, Kathy B.: A rhetorical<br />

perspective on the 1997 British Party Manifestos.<br />

– S. 457 – 473<br />

Jg 18 (2001) Nr 1<br />

Sigelman, Lee: The Presentation of Self in Presidential<br />

Life: Onstage and Backstage With<br />

Johnson and Nixon. – S. 1 – 22<br />

„This is a dual case study of the strategic use of presidential<br />

rhetoric, drawing on sociological and socialpsychological<br />

treatments of self-presentation and impression<br />

management. Comparison of the „onstage“<br />

and „backstage“ language of Lyndon Johnson and<br />

Richard Nixon provides an unprecedented opportunity<br />

to analyze presidential impression management<br />

strategies. The primary question posed here is the extent<br />

which the tendency to engage in impression management<br />

is observable in the two presidents’ major<br />

public appearances. The secondary questions are<br />

wether the two presidents pursued different self-presentation<br />

strategies, projecting positive but distinctive<br />

267


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

personas, or converged toward a common presidential<br />

profile and the extent to which their distinctive personalities<br />

came through in their private conversations.<br />

On the three dimensions examined heere, the onstage<br />

Johnson and Nixon projected more „presidential“<br />

personas than their backstage counterparts. Backstage,<br />

their personas differed considerable. Onstage,<br />

they appeared very similar.“<br />

Brown, Clyde; Waltzer, Herbert; Waltzer, Miriam<br />

B.: Daring to Be Heard: Avertorials by<br />

Organized Interests on the Op-Ed Page of The<br />

New York Times, 1985-1998. – S. 23 – 50<br />

Galasinsiki, Dariusz; Skowronek, Katarzyna:<br />

Naming the Nation: A Critical Analysis of Names<br />

in Polish Political Discourse. – S. 51 – 66<br />

Kruse, Corwin R.: The Movement and the Media:<br />

Framing the Debate Over Animal Experimentation.<br />

– S. 67 – 87<br />

Hasian, Marouf: Vernacular Legal Discourse:<br />

Revisiting the Public Acceptance of the „Right<br />

to Privacy“ in the 1960s. – S. 89 – 105<br />

Public Opinion Quarterly<br />

Jg 64 (2000) Nr 3<br />

Chanley, Virginia A.; Rudolph, Thomas J.;<br />

Rahn, Wendy M.: The origins and consequences<br />

of public trust in government: A time analysis.<br />

– S. 239 – 256<br />

Box-Steffensmeier, Janet; Jacobson, Gary C.;<br />

Grant, J. Tobin: Question wording and the<br />

house vote choice: some experimental evidence.<br />

– S. 257 – 270<br />

McCarty, John A.; Shrum, L. J.: The measurement<br />

of personal values in survey research: A<br />

test of alternative rating procedures. – S. 271 –<br />

298<br />

Zeitschrift für Urheber- und <strong>Medien</strong>recht<br />

Jg 45 (2001) Nr 2<br />

Renck-Laufke, Martha: Das bayerische <strong>Medien</strong>modell<br />

und Bundesrecht. – S. 89 – 94<br />

Kreile, Johannes; Breistroff, Guy: Filmförderung<br />

in Luxemburg unter steuerlichen, arbeitsrechtlichen<br />

und urheberrechtlichen Gesichtspunkten.<br />

– S. 94 – 104<br />

Renck, Ludwig: Das gesetzliche Drittsendungsrecht<br />

der Bekenntnisgemeinschaften. – S.<br />

104 – 116<br />

Schippan, Martin: Harmonisierung oder Wahrung<br />

der nationalen Kulturhoheit?: Die wundersame<br />

Vermehrung der Schrankenbestimmungen<br />

in Art.5 der „Multimedia-Richtlinie“.<br />

– S. 116 – 128<br />

Nordemann, Axel; Heise, Friedrich Nicolaus:<br />

Urheberrechtlicher Schutz für Designleistungen<br />

in Deutschland und auf europäischer Ebene.<br />

– S. 128 – 146<br />

Mohr, Karin; Scherer, Frank: Business TV:<br />

Moderne Unternehmenskommunikation und<br />

<strong>Medien</strong>recht. – S. 147 – 154<br />

Die Autoren untersuchen in Bezug auf unterschiedliche<br />

Formen des Business-TV (Business TV im originären<br />

Sinne, Infomercials, Kunden-TV, Verlags TV,<br />

Firmen TV, Zielgruppen TV), inwieweit diese rechtlich<br />

als zulassungs- und anmeldefreier <strong>Medien</strong>dienst<br />

oder als zulassungsbedürftiger Rundfunkdienst einzuordnen<br />

sind. Bei den Formen, die sie als Rundfunk<br />

einordnen, gehen sie ferner der Frage nach, ob die<br />

Vorschriften zur Werbung, <strong>zum</strong> Sponsoring und zu<br />

Eigenwerbekanälen anwendbar sind.<br />

Jg 45 (2001) Nr 3<br />

Mestmäcker, Ernst-Joachim: Unternehmenskonzentration<br />

und Urheberrechte in der alten<br />

und „neuen“ Musikwirtschaft. – S. 185 – 194<br />

Ory, Stephan: Rechtspolitische Anmerkungen<br />

<strong>zum</strong> Urhebervertragsrecht. – S. 195 – 199<br />

Sieber, Stefanie; Nöding, Toralf: Die Reform<br />

der elektronischen Unterschrift. – S. 199 – 210<br />

In Umsetzung europäischer Richtlinien (E-Commerce-Richtlinie,<br />

Signatur-Richtlinie) wird das deutsche<br />

Signaturgesetz reformiert und es wird das Gesetz zur<br />

Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts an<br />

den modernen Geschäftsverkehr erlassen. Die Autoren<br />

geben einen Überblick über die Gesetzesentwürfe.<br />

Grunert, Eike Wilhelm: Götterdämmerung,<br />

Iphigenie und die amputierte Csárdásfürstin:<br />

Urteile <strong>zum</strong> Urheberrecht des Theaterregisseurs<br />

und die Folgen für die Verwertung seiner<br />

Leistung. – S. 210 – 218<br />

268


Literaturverzeichnis<br />

Literaturverzeichnis<br />

11 Bibliographien. Lexika<br />

12 Jahrbücher. Geschäftsberichte<br />

21 Kommunikationswissenschaft und -forschung<br />

22 Journalismus. <strong>Medien</strong>berufe<br />

23 Publizistische Persönlichkeiten<br />

24 <strong>Medien</strong>institute<br />

31 Kommunikation<br />

32 Kommunikationspolitik<br />

33 Lokalkommunikation. Bundesländer<br />

41 Massenkommunikation Politik<br />

42 Massenkommunikation Gesellschaft<br />

43 Massenkommunikation Kultur<br />

12 Jahrbücher. Geschäftsberichte<br />

Haushaltsplan 2001/ Hessischer Rundfunk<br />

(Hrsg.). – Frankfurt: HR, 2001. – getr. S.<br />

Jahres- und Geschäftsbericht 99/ Saarländischer<br />

Rundfunk, SR (Hrsg.). – Saarbrücken:<br />

SR, 2001. – 82 S.<br />

Jahresbericht 1999/2000/ Gemeinsame Stelle<br />

Werbung der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten,<br />

ALM (Hrsg.). – Dresden:<br />

ALM, 2001. – 98 S.<br />

Wirtschaftsplan 2001/ Radio Bremen, RB<br />

(Hrsg.). – Bremen: RB, 2001. – getr. S.<br />

21 Kommunikationswissenschaft und -forschung<br />

Eberlein, Klaus D.: Möglichkeiten und Grenzen<br />

der Meinungsforschung: kritische Betrachtungen<br />

zu Geschichte, Methoden und Interpretationsweisen.<br />

– Berlin: Frieling, 2001. – 406 S.<br />

51 Telekommunikation. Informationsgesellschaft<br />

52 Neue Technologien. Multimedia<br />

61 Internationale Kommunikation<br />

62 Europa Kommunikation<br />

71 Massenmedien, allgemein<br />

72 <strong>Medien</strong> Bildung<br />

73 <strong>Medien</strong> Ökonomie<br />

74 <strong>Medien</strong> Recht<br />

75 Rundfunk<br />

76 Werbung<br />

81 Publikum. <strong>Medien</strong>nutzung<br />

82 Rezeptionsforschung<br />

83 Kinder Jugendliche <strong>Medien</strong><br />

91 Literatur zu einzelnen Ländern<br />

22 Journalismus. <strong>Medien</strong>berufe<br />

Giesler, Stephan: dmmv-Gehaltsspiegel 2001:<br />

die Gehaltsstruktur der Internet- und Multimedia-Branche.<br />

– München: Hightext Verlag,<br />

2001. – 42 S.<br />

Gysin, Nicole: Der direkte Draht zur Welt: eine<br />

Untersuchung über Auslandskorrespondentinnen<br />

und -korrespondenten Deutschschweizer<br />

Printmedien. – Bern: Institut für <strong>Medien</strong>wissenschaft,<br />

2000. – 124 S. (Berner Texte zur<br />

<strong>Medien</strong>wissenschaft; 5)<br />

Hickethier, Knut: <strong>Medien</strong>kultur und <strong>Medien</strong>wissenschaft,<br />

das Hamburger Modell: Vorgeschichte,<br />

Entstehung, Konzept. – Hamburg:<br />

Zentrum für <strong>Medien</strong> und <strong>Medien</strong>kultur, 2001.<br />

– 93 S. (Hamburger <strong>Heft</strong>e zur <strong>Medien</strong>kultur; 1)<br />

Informatik und Multimedia: Studieren in<br />

Hamburg. – Hamburg: Freie und Hansestadt<br />

Hamburg; Behörde für Wissenschaft und Forschung,<br />

2000. – 61 S.<br />

online-Journalismus: Perspektiven für Wissenschaft<br />

und Praxis/ Altmeppen, Klaus-Dieter;<br />

Bucher, Hans-Jürgen; Löffelholz, Martin<br />

(Hrsg.). – Opladen: Westdeutscher, 2001. –<br />

374 S.<br />

Straßner, Erich: Journalistische Texte. – Tübingen:<br />

Niemeyer, 2000. – 105 S. (Grundlagen der<br />

<strong>Medien</strong>kommunikation; 10)<br />

24 <strong>Medien</strong>institute<br />

Ästhetik, Pragmatik und Geschichte der Bildschirmmedien:<br />

Abschlußbericht des Sonderforschungsbereichs<br />

240 und Arbeits- und Ergebnisbericht<br />

für den fünften Bewilligungsabschnitt<br />

1997 bis 2000 (Kurzfassung). – Siegen:<br />

Universität-GH, 2000. – 303 S. (Arbeitshefte<br />

Bildschirmmedien; 79)<br />

Informationswissenschaft an der Freien Universität<br />

Berlin: ein Fazit über 30 Jahre/ Schuck-<br />

Wersig, Petra (Hrsg.). – Aachen: Shaker, 2000.<br />

– 97 S.<br />

31 Kommunikation<br />

Farrell, Thomas J.: Walter Ong’s contribution<br />

to cultural studies: the phenomenology of the<br />

word and I-Thou communication. – Cresskill:<br />

Hampton Press, 2000. – 309 S.<br />

269


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

33 Lokalkommunikation. Bundesländer<br />

Die Anstaltsversammlung der ULR: dritte<br />

Amtszeit 1995-2000. – Kiel: ULR, 2000. –<br />

105 S. (ULR-Schriftenreihe; 15)<br />

Kranen, Marion; Schoor, Irene: Expertise „Interkulturelle<br />

Jugendmedienarbeit in NRW“. –<br />

Düsseldorf: Ministerium für Frauen, Jugend,<br />

Familie und Gesundheit des Landes NRW,<br />

2000. – 112 S.<br />

Meißner, Bettina; Ruhrmann, Georg: Das Ausländerbild<br />

in den Thüringer Tageszeitungen<br />

1995-1999: eine quantitative und qualitative Inhaltsanalyse.<br />

– Jena: Universität Jena, 2000. –<br />

88 S.<br />

Reichert, Steffen: Transformationsprozesse:<br />

der Umbau der LVZ. – Münster: Lit, 2000. –<br />

295 S. (<strong>Medien</strong>wandel in Ostdeutschland; 1)<br />

41 Massenkommunikation Politik<br />

Schmitt-Beck, Rüdiger: Politische Kommunikation<br />

und Wählerverhalten: ein internationaler<br />

Vergleich. – Opladen: Westdeutscher, 2000.<br />

– 448 S.<br />

42 Massenkommunikation Gesellschaft<br />

<strong>Medien</strong>, Migration, Integration: elektronische<br />

Massenmedien und die Grenzen kultureller<br />

Identität. – Berlin: Vistas, 2001. – 169 S. (HAM-<br />

Schriftenreihe; 19)<br />

43 Massenkommunikation Kultur<br />

Lull, James: Media, communication, culture: a<br />

global approach. – London: Polity Press, 2000.<br />

– 207 S.<br />

Prix Europa: Yearbook 2000. – Berlin: Prix Europa,<br />

2000. – getr. S.<br />

51 Telekommunikation. Informationsgesellschaft<br />

Campbell, Penny; Dries, Josephine; Gilligan,<br />

Rosemarie: The older generation and the European<br />

information society: access to the information<br />

society: final project report. – Düsseldorf:<br />

The European Institute for the media,<br />

1999. – 28 S.<br />

Hillebrand, Annette: Zwischen Rundfunk und<br />

Telekommunikation: Entwicklungsperspektiven<br />

und regulatorische Implikationen von<br />

Webcasting. – Bad Honnef: WIK, 2000. – 75 S.<br />

(Diskussionsbeiträge; 211)<br />

Internationaler Vergleich der TK-Märkte in<br />

ausgewählten Ländern: ein Liberalisierungs-,<br />

Wettbewerbs- und Wachstumsindex. – Bad<br />

Honnef: WIK, 2001. – 62 S. (Diskussionsbeiträge;<br />

216)<br />

Public communication and the new media/<br />

Losseff-Tillmanns, Gisela; Kops, Manfred<br />

(Hrsg). – Köln: Institut für Rundfunkökonomie,<br />

2000. – 94 S. (Arbeitspapiere des Instituts<br />

für Rundfunkökonomie an der Universität zu<br />

Köln; 131)<br />

Slevin, James: The Internet and society. – Cambridge:<br />

Polity, 2001. – 266 S.<br />

Vogelsang, Ingo: Die räumliche Preisdifferenzierung<br />

im Sprachtelefondienst: wettbewerbsund<br />

regulierungspolitische Implikationen. –<br />

Bad Honnef: WIK, 2001. – 52 S. (Diskussionsbeiträge;<br />

217)<br />

52 neue Technologien. Multimedia<br />

Bertelsmann Briefe; Management des Wandels.<br />

– Gütersloh: Bertelsmann, 2001. – 75 S. (Bertelsmann<br />

Briefe; 144)<br />

Große Holtforth, Dominik: Öffentlicher<br />

Rundfunk im digitalen Zeitalter. – Köln: Institut<br />

für Rundfunkökonomie, 2000. – 21 S. (Arbeitspapiere<br />

des Instituts für Rundfunkökonomie<br />

an der Universität zu Köln; 135)<br />

A guide to digital television. – Stockholm: Swedish<br />

Radio and Television Authority, 2000. –<br />

95 S.<br />

Schössler, Julia: Die Digitalisierung von Fernsehprogrammen:<br />

Perspektiven für private Veranstalter.<br />

– Wiesbaden: DUV, 2001. – 398 S.<br />

71 Massenmedien, allgemein<br />

Deutsche Publizistik im Exil 1933 bis 1945: Personen,<br />

Positionen, Perspektiven; Festschrift für<br />

Ursula E. Koch/ Behmer, Markus (Hrsg.). –<br />

Münster: Lit, 2000. – 433 S. (Kommunikationsgeschichte;<br />

11)<br />

Sahner, Heinz: Zehn Jahre nach der Wiedervereinigung:<br />

über Diskrepanzen: Unterschiede<br />

zwischen dem was ist, und dem, was darüber<br />

berichtet wird. – Halle: Institut für Soziologie,<br />

2000. – 20 S. (Der Hallesche Graureiher;<br />

3/2000)<br />

270


Literaturverzeichnis<br />

72 <strong>Medien</strong> Bildung<br />

Fichtner, Jörg; Günnel, Traudel; Weber, Sigrid:<br />

Handlungsorientierte <strong>Medien</strong>pädagogik im<br />

Bürgerradio: Forschungsergebnisse eines Modellprojekts<br />

mit ArbeitnehmerInnen und dessen<br />

Implikationen für die medienpädagogische<br />

Diskussion. – München: Kopäd, 2001. – 237 S.<br />

Internet in Entwicklungsländern: Chance oder<br />

Chimäre?. – Hamburg: Deutsches Übersee-Institut,<br />

2000. – getr. S. (Nord-Süd aktuell; 3)<br />

Vollbrecht, Ralf: Einführung in die <strong>Medien</strong>pädagogik.<br />

– Weinheim: Beltz, 2001. – 236 S.<br />

73 <strong>Medien</strong> Ökonomie<br />

BVV-Business-Report 2000/2001: der deutsche<br />

VHS- und DVD-Markt. – Hamburg: Vereinigung<br />

der Video-Programmanbieter Deutschlands,<br />

2001. – 21 S.<br />

Filmförderung in Deutschland und der EU. –<br />

Amsterdam: KPMG, 2001. – 157 S.<br />

Wirtz, Bernd W.: <strong>Medien</strong>- und Internetmanagement.<br />

– Wiesbaden: Gabler, 2001. – 274 S.<br />

74 <strong>Medien</strong> Recht<br />

Aschenbrenner, Andreas: Deregulierungszwang<br />

im Fernsehkabelnetz?: zu den rundfunkrechtlichen<br />

Auswirkungen des Privatisierungsgebots<br />

nach Art. 87 f Abs.2 Satz 1 GG. –<br />

Baden-Baden: Nomos, 2000. – 230 S. (Materialien<br />

zur interdisziplinären <strong>Medien</strong>forschung;<br />

38)<br />

Bericht 2000. – Hamburg: Datenschutzbeauftragter,<br />

2001. – 40 S. (Hamburgische Datenschutzrechte)<br />

Fernsehen und neue <strong>Medien</strong> in Europa: Regulierung,<br />

Liberalisierung, Selbstkontrolle. –<br />

München: Jehle Rehm, 2001. – 145 S. (Schriftenreihe<br />

des Instituts für europäisches <strong>Medien</strong>recht;<br />

22)<br />

Gersdorf, Hubertus: Kabeleinspeisung von<br />

Programmbouquets: Zugang digitaler Programmbouquets<br />

des öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunks <strong>zum</strong> breitbandigen Kommunikationsnetz;<br />

Rechtsgutachten im Auftrag von<br />

ARD und ZDF. – Berlin: Vistas, 2000. – 258 S.<br />

(Vistascript; 15)<br />

Hamburgisches Datenschutzrecht. – Hamburg:<br />

Hamburgischer Datenschutzbeauftragter,<br />

2001. – 110 S. (Hamburgische Datenschutzrechte)<br />

Holznagel, Bernd; Grünwald, Andreas: Meinungsvielfalt<br />

im kommerziellen Fernsehen:<br />

medienspezifische Konzentrationskontrolle in<br />

Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien,<br />

den USA und auf der Ebene von Europarat<br />

und Europäischer Gemeinschaft; Studie im<br />

Auftrag der DLM und der KEK. – Berlin:<br />

Vistas, 2001. – 169 S. (Schriftenreihe der Landesmedienanstalten;<br />

19)<br />

Kops, Manfred: Ist der Markt ein geeignetes<br />

Verfahren zur Bestimmung der Einkommen<br />

von Fußballspielern?. – Köln: Institut für<br />

Rundfunkökonomie, 2000. – 15 S. (Arbeitspapiere<br />

des Instituts für Rundfunkökonomie an<br />

der Universität zu Köln; 140)<br />

Rundfunk und Fernsehen im digitalen Zeitalter:<br />

die Sicherung von <strong>Medien</strong>freiheit und <strong>Medien</strong>vielfalt<br />

im deutschen und europäischen<br />

Recht/ Schwarze, Jürgen; Hesse, Albrecht<br />

(Hrsg.). – Baden-Baden: Nomos, 2001. – 167 S.<br />

(Schriftenreihe Europäisches Recht, Politik<br />

und Wirtschaft; 242)<br />

Treyde, Tanja: Kabelfernsehen in Deutschland<br />

im Licht des Europäischen Gemeinschaftsrechts.<br />

– Osnabrück: Rasch, 2000. – 242 S.<br />

(Schriften <strong>zum</strong> Europäischen und Internationalen<br />

Recht; 6)<br />

Wegmann, Winfried: Regulierte Marktöffnung<br />

in der Telekommunikation: die Steuerungsinstrumente<br />

des Telekommunikationsgesetzes<br />

(TKG) im Lichte „regulierter Selbstregulierung“.<br />

– Baden-Baden: Nomos, 2001. – 417 S.<br />

(Law and economics of international telecommunications;<br />

45)<br />

75 Rundfunk<br />

Hoff, Dieter: Aktuelle und zukünftige rundfunktechnische<br />

Entwicklungen. – Köln: Institut<br />

für Rundfunkökonomie, 2000. – 8 S. (Arbeitspapiere<br />

des Instituts für Rundfunkökonomie<br />

an der Universität zu Köln; 141)<br />

Information, Emotion, Sensation: wenn im<br />

Fernsehen die Grenzen zerfließen/ Paus-Haase,<br />

Ingrid; Schnatmeyer, Dorothee; Wegener,<br />

Claudia (Hrsg.). – Bielefeld: GMK, 2000. – 260<br />

S. (Schriften zur <strong>Medien</strong>pädagogik; 30)<br />

Leistungspläne für Fernsehen und Hörfunk<br />

2001. – Frankfurt: HR, 2001. – 18 S., 25 S.<br />

Löcher, Uta; Rosenstein, Doris: Zur Geschichte<br />

der Fernsehserie in der DDR. – Siegen: Universität-GH,<br />

2001. – 93 S. (Arbeitshefte Bildschirmmedien;<br />

78)<br />

271


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Television news research: recent European approaches<br />

and findings/ Renckstorf, Karsten;<br />

McQuail, Denis; Jankowski, Nicholas (Hrsg).<br />

– Berlin: Quintessenz, 2001. – 406 S. (The<br />

Communications; 2)<br />

76 Werbung<br />

Schrape, Klaus; Hürst, Daniel; Braun, Ulrike:<br />

Werbemarkt 2010: wie e-commerce die Werbeindustrie<br />

verändert: eine Langfristprognose zur<br />

Entwicklung der Werbeträger in Deutschland.<br />

– Unterföhring: SevenOne Media, 2000. – 87 S.<br />

82 Rezeptionsforschung<br />

Perse, Elizabeth M.: Media effects and society.<br />

– Mahwah: Erlbaum, 2001. – 331 S.<br />

Röser, Jutta: Fernsehgewalt im gesellschaftlichen<br />

Kontext: eine cultural studies-Analyse<br />

über <strong>Medien</strong>aneignung in Dominanzverhältnissen.<br />

– Opladen: Westdeutscher, 2000. –<br />

362 S.<br />

Wicks, Robert H.: Understanding audiences:<br />

learning to use the media constructively. –<br />

Mahwah: Erlbaum, 2001. – 241 S.<br />

83 Kinder Jugendliche <strong>Medien</strong><br />

Buckingham, David: After the death of childhood:<br />

growing up in the age of electronic media.<br />

– Cambridge: Polity, 2001. – 245 S.<br />

91 Literatur zu einzelnen Ländern<br />

Berger, Arthur Asa: Ads, fads, and consumer<br />

culture: advertising’s impact on American character<br />

and society. – Oxford: Rowan & Littlefield,<br />

2000. – 166 S.<br />

Goss, Brian Michael: „All our Kids get better<br />

jobs tomorrow“: the North American Free<br />

Trade Agreement in „The New York Times“. –<br />

Columbia: AEJMC, 2001. – 45 S. (Journalism<br />

& Communication Monographs; 2001/1)<br />

Helvetisches Stiefkind: schweizerische Außenpolitik<br />

als Gegenstand der <strong>Medien</strong>vermittlung/<br />

Bonfadelli, Heinz; Nyffeler, Bettina; Blum,<br />

Roger (Hrsg). – Zürich: IPMZ, 2000. – 264 S.<br />

(Reihe Diskussionspunkt; 38)<br />

Holman, JoAnne; McGregor, Michael A.:<br />

„Thank you for taking the time to read this“:<br />

public participation via new communication<br />

technologies at the FCC. – Columbia: AEJMC,<br />

2001. – 202 S. (Journalism & Communication<br />

Monographs; 2001/4)<br />

Imholz, Kathleen; Koci, Elina; Rittler, Robert:<br />

The law of broadcasting enterprises in Albania.<br />

– Wien: Institute for Central and Eastern European<br />

Business Law, 2001. – 143 S. (Country reports<br />

on the Law of Broadcasting enterprises)<br />

Radio and television systems in Europe:<br />

2000/2001. – Straßburg: European Audiovisual<br />

Observatory, 2000. – 365 S.<br />

Reuter, Christoph; Seebold, Irmtraud: <strong>Medien</strong><br />

und Meinungsfreiheit in Palästina. – Hamburg:<br />

Deutsches Orient-Institut, 2000. – 155 S.<br />

(Hamburger Beiträge, <strong>Medien</strong> und politische<br />

Kommunikation; 1)<br />

Smit, Hilke: Regulierung und Wettbewerbsentwicklung<br />

auf dem neuseeländischen Postmarkt.<br />

– Bad Honnef: WIK, 2001. – 152 S. (Diskussionsbeiträge;<br />

212)<br />

272


English Abstracts<br />

Werner A. Meier / Otfried Jarren: Economicisation and commercialisation of the<br />

media and the media system. Introductory observations on a (necessary) debate<br />

(Ökonomisierung und Kommerzialisierung von <strong>Medien</strong> und <strong>Medien</strong>system. Einleitende<br />

Bemerkungen zu einer (notwendigen) Debatte), pp. 145 – 158<br />

Current media developments must be viewed against the background of overall societal<br />

processes. A great deal indicates that the trend towards a commercial society also manifests<br />

itself primarily in central structural features of traditional and new media. The article<br />

sets out to systematically identify the causes, forms and consequences of processes<br />

of economicisation and commercialisation. A ‘commercialisation debate’ has been<br />

launched against the background of deficits in scientific disciplines and media policy.<br />

Whereas journalistic and communication research recognised and discussed the conflictladen<br />

relationship between private-enterprise institutionalisation and the self-contradictory<br />

societal tasks of current, journalistic media at an early stage the economics perspective<br />

concentrates on ways and means of enhancing the allocative and productive efficiency<br />

of media enterprises. The dominance of the systems theory with its focus on<br />

functional differentiation and autopoesis, however, has led to a situation in which the<br />

structural power conflicts between journalism, industry and democracy increasingly<br />

moved out of the focus of theory and research. This observation is in contrast to the actually<br />

emerging effects of commercialisation on the performance potential of journalism<br />

and public communication.<br />

Jürgen Heinrich: Economicisation from an economics perspective (Ökonomisierung<br />

aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive), pp. 159 – 166<br />

From an economics perspective, economicisation is interpreted as the increase in monetary<br />

and egotistical elements in the utility function of economic transactors. The cause<br />

of economicisation is the change in the model of economic and policies and the growing<br />

competition. Economicisation can be observed at the level of the individual, the enterprise,<br />

the market and politics. The main consequence is the increase in the allocative<br />

and productive efficiency of the media industry.<br />

Gabriele Siegert: Economicisation of the media from a systems theory perspective<br />

(Ökonomisierung der <strong>Medien</strong> aus systemtheoretischer Perspektive), pp. 167 – 176<br />

From a systems theory perspective an analysis of the economicisation of the media is<br />

based on the systems rationalities ‘publicity’ and ‘money’. Falling back on the differentiation<br />

between operative self- and context-management, an economicisation can be explained<br />

with the special suitability of money as the medium of context management. At<br />

the level of media organisations, the assertive power of the two rationalities can be discussed<br />

through the combination with the theory of rational action. Interactions and conversion<br />

processes between the two systems not only confirm their intensive interrelationships,<br />

but are also a basis for interpenetration. Interpenetration zones are those areas<br />

in which the mutual adaptation to the respectively other operational logic becomes<br />

apparent. They occur at the content level through PR and advertising, in the functional<br />

logic of the online economy, and in the immense development of organisational and cor-<br />

273


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

porate communication. Both an economicisation of the media and a mediatisation of the<br />

economy, therefore, can be confirmed.<br />

Manfred Knoche: Capitalisation of the media industry from a political economy<br />

perspective (Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie aus politökonomischer Perspektive),<br />

pp. 177 – 194<br />

Formulations of criticism of the political economy of societal communication rank<br />

among the ‘forgotten theories’ in journalistic and communication sciences. However, in<br />

view of the apparent structural change of a media industry that has been ‘unshackled’<br />

through deregulation, privatisation, digitalisation, concentration, globalisation, etc., it<br />

does seem scientifically necessary to analyse the development of the media industry in<br />

the close interrelationship with the equally apparent general development of an ‘unshackled’<br />

capitalism. This article, therefore, shows that the analysis of the development<br />

processes of capitalism, as the indisputably prevalent economic and societal system<br />

worldwide, from a political economy perspective enables an appropriate scientific analysis,<br />

explanation, and, to a certain extent, forecasting of the process of economicisation<br />

and/or commercialisation in the media industry with respect to its causes, forms, effects,<br />

and further development. Further developments of a current analysis and criticism of<br />

capitalism as an historical-materialist analysis of society – based on the Marxian criticism<br />

of the political economy – offer theoretical explanatory approaches for this purpose.<br />

The fundamental long-term characteristics, functional features and ‘laws’ of the<br />

capitalist mode of production and societal formations are analysed in conjunction with<br />

the specific characteristics of the current process of capitalisation in the media industry.<br />

Klaus-Dieter Altmeppen: Economicisation from an organisation sociology perspective.<br />

The contribution of media enterprises to economicisation (Ökonomisierung<br />

aus organisationssoziologischer Perspektive. Der Beitrag der <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

zur Ökonomisierung), pp. 195 – 205<br />

The article focuses on an analysis of economicisation at the level of media enterprises.<br />

As organisations, media enterprises are above all characterised by goals and structures,<br />

pursuing publicity-orientated goals alongside the profit principle and subject to the need<br />

to bring both goals into accord. As the goals represent decision-making premises of the<br />

media an economicisation at an organisational level can be confirmed if economic goals<br />

increasingly dominate publicistic decisions. With reference to five theses the article examines<br />

whether the economicisation of the media system can also be confirmed at the<br />

organisational level. The economicisation of decision-making premises and thus of the<br />

strategies of media enterprises, the economicisation of planning and production processes,<br />

and, finally, the economicisation of what is offered are singled out as central themes.<br />

In the final analysis, it is fair to refer to a spiral of economicisation (‘economicisation of<br />

economicisation’). Due to recursive regulation and structuring the media enterprises are<br />

actively fostering economicisation via powerful means.<br />

274


Carsten Winter / Matthias Karmasin: Economicisation from a corporate strategy<br />

perspective. Causes, forms and effects of the global commercialisation of media value<br />

creation processes (Ökonomisierung aus unternehmensstrategischer Perspektive.<br />

Ursachen, Formen und Folgen der globalen Kommerzialisierung medialer Wertschöpfungsprozesse),<br />

pp. 206 – 217<br />

The article seeks to close a gap between the rather general statements on the role of media<br />

enterprises in communications sciences and the more specific statements in the<br />

frame of business management and management instruction. This makes it necessary to<br />

differentiate between economicisation as a general societal process and commercialisation<br />

as an increasingly global process that is fostered by media enterprises. This differentiation<br />

is introduced by an historical-systematic presentation of economicisation.<br />

The causes for the commercialisation of media communication intensified by corporate<br />

strategy are then outlined as well as the forms they take in the context of media value<br />

creation processes. The article ends with a conclusion that puts the effects of the global<br />

commercialisation of the media culture in the context of economicisation and globalisation<br />

and which describes the newly emerging challenges for communications research.<br />

Lucy Küng: The Internet’s impact on incumbent media firms: a management perspective,<br />

pp. 218 – 226<br />

This article explores the impact of the Internet on incumbent media firms from the perspective<br />

of management theory. It examines how with the arrival of the Internet media<br />

firms have become exposed to a strategically demanding environment characterised by<br />

high levels of uncertainty, not least surrounding the fundamental operating model for<br />

online media. One result has been a shift in organisational priorities within media firms,<br />

specifically in favour of business and commercial issues at the expense of cultural and intellectual<br />

concerns, a development this article terms ‘commercialisation’. The article<br />

finds that this process can be observed at firm and at product level. The article concludes<br />

by suggesting that the emergence of the Internet has served to reinforce commercialisation<br />

processes that were already present in the media industry. It predicts that while the<br />

pace of development in the online field may have slowed, the uncertainties intrinsic to<br />

its strategic context and the challenges associated with its management mean that commercialisation<br />

pressures are likely to persist.<br />

Josef Trappel: Economicisation as viewed by the online media (Ökonomisierung aus<br />

der Sicht der Online-<strong>Medien</strong>), pp. 227 – 236<br />

Online media have become a media genre in their own right, which not only reveals the<br />

classic features of mass media, but extends beyond this characterisation. Multimediality<br />

and direct interaction extend the activity spectrum of online media in comparison with<br />

traditional media. The article turns to the question of which forms of economicisation<br />

and commercialisation can be observed in this new media genre. It begins with a conceptual<br />

differentiation. The analysis of the relevant value creation chain shows that the<br />

operators of online media are forced by the recipient-side diversity of platforms to adapt<br />

their contents. The digitalisation of content enables the production of terminal-dependent<br />

‘versions’, but also encourages the multiple use of contents without enhancing the<br />

publicistic value. The article comes to the conclusion that the manifestations of online<br />

275


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

media observed so far reveal a high level of commercialisation and accelerate the tendency<br />

towards economicisation.<br />

Andrea Grisold: Economicisation of the media industry from an economic policy<br />

perspective (Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>industrie aus wirtschaftspolitischer Perspektive),<br />

pp. 237 – 248<br />

A look at the economicisation of the media from an economic policy perspective reveals<br />

a relationship between economicisation and economic policy which is complex and contradictory<br />

in its mutual dependence: many economic policy measures accelerate the economicisation<br />

of the media sector; on the other hand, a greater economicisation – which<br />

can also lead to undesirable results from society as a whole on account of the greater<br />

market orientation – in accordance with increased (albeit with a different orientation)<br />

economic policy intervention. This article presents the various economic accesses to economic<br />

policy and their orientation, outlines those economic policy activities which were<br />

or are conducive to economicisation, and concludes with a list of economic policy instruments<br />

which would be desirable and meaningful from an economic perspective as a<br />

countervailing power to the adverse effects of growing economicisation.<br />

276


Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses <strong>Heft</strong>es<br />

Dr. Klaus-Dieter Altmeppen, Institut für <strong>Medien</strong>- und Kommunikationswissenschaft,<br />

TU Ilmenau · Prof. Dr. Heinz Bonfadelli, Institut für Publizistikwissenschaft<br />

und <strong>Medien</strong>forschung der Universität Zürich · Prof. Dr. Ludwig Gramlich, Öffentliches<br />

Recht und öffentliches Wirtschaftsrecht, TU Chemnitz · Dr. Andrea Grisold, Institut<br />

für Volkswirtschaftstheorie und -politik, Wirtschaftsuniversität Wien · Prof. Dr.<br />

Jürgen Heinrich, Institut für Journalistik, Universität Dortmund · Prof. Dr. Christina<br />

Holtz-Bacha, Institut für Publizistik, Johannes Gutenberg-Universität Mainz ·<br />

Prof. Dr. Otfried Jarren, Institut für Publizistikwissenschaft und <strong>Medien</strong>forschung der<br />

Universität Zürich · Prof. Dr. Dr. Matthias Karmasin, Institut für <strong>Medien</strong>- und Kommunikationswissenschaft,<br />

Universität Klagenfurt · Prof. Dr. Manfred Knoche, Institut<br />

für Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg · Dr. Lucy Küng, mcm Institut<br />

für <strong>Medien</strong>- und Kommunikationsmanagement, Universität St. Gallen · Dr. Werner<br />

A. Meier, Institut für Publizistikwissenschaft und <strong>Medien</strong>forschung der Universität<br />

Zürich · Prof. Dr. Horst Pöttker, Institut für Journalistik, Universität Dortmund<br />

· Dr. Gabriele Siegert, Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg<br />

· Dr. Dieter Stammler, Datenschutzbeauftragter DeutschlandRadio, Köln · PD<br />

Dr. Rudolf Stöber, Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, FU<br />

Berlin · Dr. Barbara Thomaß, Arbeitsstelle <strong>Medien</strong> und Politik, Universität Hamburg<br />

· Dr. Josef Trappel, Prognos, <strong>Medien</strong> und Kommunikation, Basel · Carsten Winter,<br />

M.A., Institut für <strong>Medien</strong>- und Kommunikationswissenschaft, Universität Klagenfurt ·<br />

277


M&K 49. Jahrgang 2/2001<br />

Hinweise für Autorinnen und Autoren<br />

Die wissenschaftliche Vierteljahreszeitschrift „<strong>Medien</strong> & Kommunikationswissenschaft“<br />

(bis Ende 1999 „Rundfunk und Fernsehen – Zeitschrift für <strong>Medien</strong>- und Kommunikationswissenschaft“)<br />

wird seit 1953 vom Hans-Bredow-Institut herausgegeben<br />

und redaktionell betreut. Die Zeitschrift ist ein interdisziplinäres Forum für theoretische<br />

und empirische Beiträge aus der gesamten <strong>Medien</strong>- und Kommunikationswissenschaft.<br />

Für die Publikation in „<strong>Medien</strong> & Kommunikationswissenschaft“ kommen folgende<br />

Textsorten in Betracht:<br />

• Aufsätze sollen ein Moment originärer theoretischer Leistung beinhalten bzw. einen<br />

theoretisch weiterführenden Argumentationsgang bieten;<br />

• Berichte sollen Befunde zu einem ausgewiesenen Problem von theoretischer oder<br />

medienpraktischer Relevanz darstellen;<br />

• Unter der Rubrik Diskussion sollen Beiträge erscheinen, die innerhalb eines wissenschaftlichen<br />

Diskurses Position beziehen und die Diskussion voranbringen können.<br />

Dabei können auch spekulative Betrachtungen fruchtbar sein.<br />

• Literaturberichte/-aufsätze sollen Literatur bzw. ausgewählte Literatur zu bestimmten<br />

Problemstellungen systematisch und vergleichend zusammenfassen und<br />

eine Übersicht über den Stand der Theorie und/oder Empirie geben.<br />

Die Redaktion bietet außerdem die Möglichkeit zur Stellungnahme und Erwiderung zu<br />

publizierten Beiträgen der oben genannten Kategorien. Stellungnahmen und Erwiderungen,<br />

die den in „<strong>Medien</strong> & Kommunikationswissenschaft“ üblichen inhaltlichen und<br />

formalen Standards entsprechen und geeignet sind, die wissenschaftliche Diskussion zu<br />

fördern, werden im nächstmöglichen <strong>Heft</strong> publiziert. Die Redaktion räumt dabei dem<br />

Autor bzw. der Autorin des Beitrages, auf den sich die Stellungnahme bezieht, die Möglichkeit<br />

einer Erwiderung ein.<br />

Manuskripte, die zur Publikation in „<strong>Medien</strong> & Kommunikationswissenschaft“ eingereicht<br />

werden, dürfen nicht anderweitig veröffentlicht sein und bis Abschluss des Begutachtungsverfahrens<br />

nicht anderen Stellen zur Veröffentlichung angeboten werden.<br />

Im Sinne der Förderung des wissenschaftlichen Diskurses und der kumulativen Forschung<br />

sowie der Qualitätssicherung legt die Redaktion bei der Begutachtung von Beiträgen<br />

besonderen Wert darauf, dass größtmögliche Transparenz hinsichtlich der verwendeten<br />

Daten hergestellt wird. Autorinnen und Autoren empirischer Beiträge verpflichten<br />

sich mit der Einreichung des Manuskripts, dass sie die Art und Weise der Datenerhebung<br />

bzw. den Zugang zu Datenbeständen, die von Dritten (z. B. Datenbanken) zur<br />

Verfügung gestellt worden sind, ausreichend dokumentieren, um so die Voraussetzungen<br />

für Sekundäranalysen und Replikationen zu schaffen. Zugleich erklären sie sich bereit,<br />

die verwendeten Daten bei wissenschaftlich begründeten Anfragen im Rahmen der jeweils<br />

gegebenen Möglichkeiten für weitere Analysen zur Verfügung zu stellen.<br />

Formalien:<br />

• Manuskripte sind der Redaktion in dreifacher Ausfertigung zuzuschicken.<br />

• Da die eingereichten Manuskripte anonymisiert begutachtet werden, sind zwei Titelblätter<br />

erforderlich: eines mit Angabe des Titels und der Namen und Anschriften<br />

der Autorinnen und Autoren, eines ohne Anführung der Namen und Adressen. Das<br />

Manuskript selbst darf keine Hinweise auf die Autorinnen und Autoren enthalten.<br />

278


Matzen / Herzog · Chronik der <strong>Medien</strong>entwicklung 2000<br />

• Beizufügen ist eine kurze Zusammenfassung des Beitrags (max. 15 Zeilen), die dem<br />

Leser als selbständiger Text einen hinreichenden Eindruck vom Inhalt des jeweiligen<br />

Beitrags vermittelt.<br />

• Der Umfang der Beiträge soll 20 Manuskriptseiten (55.000 Zeichen) nicht überschreiten.<br />

• Die Manuskriptseiten müssen im DIN A4-Format (einseitig), anderthalbzeilig beschrieben<br />

und mit ausreichendem Rand versehen sein.<br />

• Gliederung des Textes: Jedes Kapitel und Unterkapitel sollte mit einer Überschrift<br />

(in Dezimalzählung) versehen sein.<br />

• Hervorhebungen im Text sind kursiv oder fett zu kennzeichnen.<br />

• Für Hinweise und Literaturbelege bestehen wahlweise zwei Möglichkeiten:<br />

a) durch Angabe von Autor, Erscheinungsjahr und Seitenziffer im fortlaufenden<br />

Text – z. B.: . . . (Müller, 1990: 37 – 40) . . . –, wobei der vollständige bibliographische<br />

Nachweis über ein Literaturverzeichnis im Anschluss an den Beitrag erfolgt;<br />

b) über durchnumerierte Anmerkungsziffern, wobei der Text der Anmerkung auf<br />

der entsprechenden Seite aufgeführt wird.<br />

Über eine Annahme des Manuskripts und den Zeitpunkt der Veröffentlichung entscheidet<br />

die Redaktion auf der Grundlage redaktionsinterner und externer Gutachten.<br />

Dem/der Autor/in wird die Redaktionsentscheidung schriftlich mitgeteilt. Im Falle einer<br />

Entscheidung für Überarbeitung, Neueinreichung oder Ablehnung legt die Redaktion<br />

die Gründe für ihre Entscheidung offen. Dazu werden die anonymisierten Gutachten,<br />

evtl. auch nur in Auszügen, zugesandt. Das Begutachtungsverfahren ist in der<br />

Regel sechs Wochen nach Eingang des Manuskripts abgeschlossen; falls die Begutachtung<br />

längere Zeit erfordert, werden die Autor/inn/en benachrichtigt.<br />

Von jedem Originalbeitrag werden 20 Sonderdrucke kostenlos zur Verfügung gestellt.<br />

Weitere Sonderdrucke können bei Rückgabe der Fahnenkorrektur an die Redaktion<br />

schriftlich gegen Rechnung bestellt werden.<br />

Verlag und Redaktion haften nicht für Manuskripte, die unverlangt eingereicht werden.<br />

Mit der Annahme eines Manuskripts erwirbt der Verlag von den Autorinnen und Autoren<br />

alle Rechte, insbesondere auch das Recht der weiteren Vervielfältigung zu gewerblichen<br />

Zwecken im Wege des fotomechanischen oder eines anderen Verfahrens.<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

Hans-Bredow-Institut<br />

Heimhuder Straße 21, 20148 Hamburg (Tel. 0 40/45 02 17-41)<br />

<strong>Medien</strong> & Kommunikationswissenschaft<br />

Herausgegeben vom Hans-Bredow-Institut für <strong>Medien</strong>forschung an der Universität Hamburg<br />

ISSN 1615-634X<br />

Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung,<br />

die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des<br />

Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und<br />

die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.<br />

Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 2001. Printed in Germany.<br />

Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift erscheint vierteljährlich (4 <strong>Heft</strong>e jährlich), Jahresabonnement 98,– DM, Jahresabonnement<br />

für Studenten 50,– DM (gegen Nachweis), Einzelheft 29,– DM, jeweils zuzügl. Versandkosten<br />

(inkl. MwSt); Bestellungen nehmen der Buchhandel und der Verlag entgegen; Abbestellungen vierteljährlich <strong>zum</strong><br />

Jahresende. Zahlung jeweils im Voraus an Nomos Verlagsgesellschaft, Postscheckk. Karlsruhe 736 36-751 und<br />

Stadtsparkasse Baden-Baden, Konto 5-002 266.<br />

Verlag und Anzeigenannahme: Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, 76520 Baden-Baden,<br />

Telefon: (0 72 21) 21 04-0, Telefax: 21 04 27.<br />

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M&K 2001/2 <strong>Medien</strong> & Kommunikationswissenschaft

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