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MMP Übersicht <strong>Das</strong> <strong>Reinigungssystem</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atemwege</strong><br />
<strong>Das</strong> <strong>Reinigungssystem</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atemwege</strong><br />
Physiologie, Pathophysiologie und Wirkungen von Ambroxol<br />
Horst Wun<strong><strong>de</strong>r</strong>er, München, Konrad Morgenroth, Bochum, und Günter Weis, Ingelheim<br />
Unsere <strong>Atemwege</strong> sind mit einer spezialisierten Schleimhaut ausgeklei<strong>de</strong>t, die diese feucht hält und<br />
schützt. Ein wesentlicher Schutzfaktor ist die Schleimschicht, die sich auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimhaut befin<strong>de</strong>t.<br />
Wie auf einer Rolltreppe wer<strong>de</strong>n mithilfe dieses Schleims unablässig Krankheitserreger und<br />
Fremdpartikel aus <strong>de</strong>n <strong>Atemwege</strong>n transportiert. Der Gesun<strong>de</strong> nimmt <strong>de</strong>n Tag und Nacht laufen<strong>de</strong>n<br />
Transport nicht wahr. Bei Infekten mit Husten ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Transport gestört. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie kommt es<br />
nicht darauf an, die Schleimbildung ungezielt zu unterbin<strong>de</strong>n, Ziel ist vielmehr die Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>herstellung<br />
<strong>de</strong>s funktionieren<strong>de</strong>n Transportsystems. Dies erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t eine geeignete Rheologie <strong>de</strong>s Schleims und<br />
ein Gleichgewicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimkomponenten. Ambroxol greift an verschie<strong>de</strong>nen Stellen in dieses<br />
Transportsystem ein.<br />
Pro Tag atmen wir etwa 10 000 Liter Luft ein. Sie kann gewebeschädigen<strong>de</strong><br />
gasförmige o<strong><strong>de</strong>r</strong> partikuläre Substanzen sowie<br />
Kranheitserreger (insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Viren) enthalten. Deshalb<br />
sind in <strong><strong>de</strong>r</strong> Nase und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Luftröhre samt Verzweigungen<br />
intensiv wirksame mechanische und chemische Schutz- und<br />
Abwehrmaßnahmen erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich. Eine <strong><strong>de</strong>r</strong> mechanischen<br />
Komponenten bil<strong>de</strong>t <strong><strong>de</strong>r</strong> primäre Reinigungsmechanismus,<br />
die mukoziliäre Clearance, die ununterbrochen und unbemerkt<br />
gleichsam im Hintergrund abläuft. Bei akuten o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
chronischen Erkrankungen <strong>de</strong>s Respirationstraktes ist dieser<br />
Prozess häufig gestört. Nun sorgt als sekundäre mechanische<br />
Komponente <strong><strong>de</strong>r</strong> Hustenreflex dafür, dass die Luftwege auch<br />
unter belasten<strong>de</strong>n äußeren Bedingungen frei gehalten wer<strong>de</strong>n<br />
können. Medikamentös lassen sich die mechanische Reinigung<br />
wie die chemische Abwehr verbessern – bei<strong>de</strong>s vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />
letztlich <strong>de</strong>n Husten.<br />
<strong>Das</strong> Bronchialepithel reinigt die Atemluft<br />
Abb. 1. Sekret <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atemwege</strong>. Aus <strong>de</strong>n Alveolen (I, Abb. 3)<br />
wird Surfactant ausgespült. In <strong>de</strong>n Clarazellen (II, Abb. 3), in <strong>de</strong>n<br />
Becherzellen (III, Abb. 2) und in <strong>de</strong>n peribronchialen Drüsen<br />
(IV, Abb. 7) wer<strong>de</strong>n weitere Sekretkomponenten gebil<strong>de</strong>t.<br />
[© Boehringer Ingelheim GmbH, Grafik: G.Pucher, Wien]<br />
Der Atemtrakt von <strong><strong>de</strong>r</strong> Nase bis hin zu <strong>de</strong>n Lungenbläschen ist<br />
von einer Schleimhaut be<strong>de</strong>ckt und diese wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um von einer<br />
Schleimschicht, welche die Atemluft reinigt und anfeuchtet.<br />
Im Gebiet <strong><strong>de</strong>r</strong> Bronchioli, kurz vor <strong>de</strong>n Alveolen, wird das<br />
Sekret von <strong>de</strong>n Clara-Zellen gebil<strong>de</strong>t, im Gebiet <strong><strong>de</strong>r</strong> Bronchien<br />
entsteht <strong><strong>de</strong>r</strong> Schleim in <strong>de</strong>n Becherzellen und in <strong>de</strong>n<br />
peribronchialen Drüsen (Abb. 1). Der Schleim besteht außer<br />
in <strong>de</strong>n Alveolen aus zwei streng getrennten Schichten unterschiedlicher<br />
Rheologie, einer dünnflüssigen serösen Solphase<br />
und einer darüber liegen<strong>de</strong>n mukösen, klebrigen Gelphase<br />
(Abb. 4). Die weithin geschlossene muköse Schicht hält<br />
ähnlich einem Fliegenfänger Teilchen einschließlich Mikroorganismen<br />
fest. Gemeinsam mit <strong>de</strong>m Schleim wer<strong>de</strong>n sie<br />
durch Transport in <strong>de</strong>n Rachen entfernt, angetrieben von <strong>de</strong>n<br />
Flimmerzellen, die <strong>de</strong>n Hauptanteil <strong>de</strong>s <strong>Atemwege</strong>pithels bil<strong>de</strong>n.<br />
Sie tragen jeweils etwa 200 Fortsätze von 5 µm Länge<br />
und 0,3 µm Durchmesser. Diese sogenannten Zilien – einige<br />
100 Millionen pro cm 2 – bil<strong>de</strong>n einen dichten Teppich, liegen<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Solphase und ragen mit ihren Spitzen in die Gelphase<br />
hinein (Abb. 2 und 4). Ihr gerichteter Schlag transportiert<br />
<strong>de</strong>n mukösen Schleim oralwärts.<br />
Priv.-Doz. Dr. Horst Wun<strong><strong>de</strong>r</strong>er, Apotheker, Hippmannstraße 6, 80639 München,<br />
Prof. Dr. med. Konrad Morgenroth, Obernbaakstraße 17, 44797 Bochum,<br />
Dr. med. Günter Weis, Medizinische Wissenschaft Selbstmedikation, Boehringer<br />
Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, Binger Str. 173, 55216 Ingelheim<br />
42<br />
MMP 32. Jahrgang 2/2009
<strong>Das</strong> <strong>Reinigungssystem</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atemwege</strong> Übersicht<br />
MMP<br />
Abb. 2. Darstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sekretbildung und -ausscheidung in <strong>de</strong>n<br />
Becherzellen <strong>de</strong>s Oberflächenepithels <strong><strong>de</strong>r</strong> Bronchialschleimhaut.<br />
Die klebrige Sekretmasse (gelbe Pfeile) ist auf <strong>de</strong>m Epithel in Höhe <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Zilienspitzen in Plaques angeordnet und wird durch die in einer wässrigen<br />
Solphase gerichtet schlagen<strong>de</strong>n Zilien verschoben. Zwischen<br />
<strong>de</strong>n Zilien in <strong><strong>de</strong>r</strong> Solphase befin<strong>de</strong>t sich Surfactant-Schaum, auf <strong>de</strong>m<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> klebrige Schleim <strong><strong>de</strong>r</strong> Gelphase gleitet (rote Pfeile). [© Boehringer<br />
Ingelheim GmbH, Grafik: G.Pucher, Wien]<br />
<strong>Das</strong> Bronchialsekret – Bildung und<br />
Eigenschaften<br />
Etwa 20 % <strong>de</strong>s mukösen Bronchialsekrets entstehen in <strong>de</strong>n<br />
Becherzellen <strong>de</strong>s Bronchialepithels (Abb. 2) in Form blasiger,<br />
von Membranen umgebenen Transportvesikeln. Nach<br />
einem intrazellulären Reifungsprozess öffnet sich die Zellmembran<br />
und entleert das Sekret auf die Zelloberfläche, also<br />
in das Bronchiallumen.<br />
80 % <strong>de</strong>s mukösen Bronchialsekrets stammen aus <strong>de</strong>n peribronchialen<br />
Drüsen, die unterhalb <strong>de</strong>s Oberflächenepithels<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Bronchien und zum Teil zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bronchialmuskulatur<br />
liegen (Abb. 1, auch Abb. 7) [13, 25]. Sie sind mit<br />
„serösen“ und „mukösen“ Epithelzellen ausgeklei<strong>de</strong>t, die<br />
unterschiedliche Stadien <strong><strong>de</strong>r</strong> Sekretreifung darstellen. Der<br />
Reifegrad bestimmt wesentlich die viskoelastischen Eigenschaften<br />
<strong>de</strong>s Schleims und damit die Fließfähigkeit und die<br />
Fähigkeit zum Transport auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimhautoberfläche [17].<br />
Die peribronchialen Drüsen sind über Gänge mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Epitheloberfläche<br />
verbun<strong>de</strong>n, auf <strong><strong>de</strong>r</strong> sie ihr Sekret ausschei<strong>de</strong>n.<br />
Diesem Sekret wer<strong>de</strong>n während seiner Reifung Enzymkomplexe<br />
zugefügt, die in <strong>de</strong>n Epithelzellen gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n und<br />
als Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> chemischen Abwehr toxisch wirken<strong><strong>de</strong>r</strong> Substanzen<br />
aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Atemluft eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Be<strong>de</strong>utung haben.<br />
In <strong>de</strong>n Endabschnitten <strong>de</strong>s Bronchialsystems entsteht außer<strong>de</strong>m<br />
in <strong>de</strong>n Pneumozyten Typ II <strong><strong>de</strong>r</strong> Alveolen ein oberflächenaktives<br />
Substanzgemisch, das Surfactant [14], eine<br />
Emulsion aus Phospholipi<strong>de</strong>n, Polysacchari<strong>de</strong>n und Proteinen<br />
(Abb. 3). Es dient primär bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Atmung dazu, die in <strong>de</strong>n<br />
Alveolen bestehen<strong>de</strong> Oberflächenspannung zwischen Luft<br />
und Gewebe herabzusetzen und so die Entfaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Alveolen<br />
bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Einatmung zu ermöglichen [27]. Eine geringe<br />
Menge Surfactant wird bei je<strong>de</strong>m Atemzug in das Bronchialsystem<br />
verschoben, wo es eine schaumige Struktur annimmt.<br />
Es breitet sich auf einer dünnen, wasserreichen Flüssigkeitsschicht<br />
über <strong>de</strong>n Epithelzellen aus, vermischt sich mit <strong>de</strong>n<br />
Sekreten <strong><strong>de</strong>r</strong> serösen peribronchialen Drüsenzellen und liegt<br />
Abb. 3. Übergang von <strong><strong>de</strong>r</strong> Alveole, in <strong><strong>de</strong>r</strong> die Gasdiffusion durch<br />
das Epithel in das Blut in <strong>de</strong>n Alveolarkapillaren stattfin<strong>de</strong>t, zum<br />
Bronchialsystem. Über <strong>de</strong>n Alveolargang besteht die Verbindung<br />
zum Bronchiolus terminalis mit <strong><strong>de</strong>r</strong> typischen Epithelstruktur. <strong>Das</strong> in<br />
<strong>de</strong>n Pneumozyten Typ II (weiße Pfeile) gebil<strong>de</strong>te Surfactant wird in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Übergangszone bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Ventilation in die Bronchioli verschoben und<br />
in einen schaumartigen Teppich umgewan<strong>de</strong>lt (roter Pfeil), auf <strong>de</strong>m<br />
das Sekret in <strong>de</strong>n Bronchien gleitet. [© Boehringer Ingelheim GmbH,<br />
Grafik: G.Pucher, Wien]<br />
dann direkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Bronchialschleimhaut auf. Dieser solförmige<br />
Surfactantschaum bil<strong>de</strong>t eine Gleitschiene für <strong>de</strong>n darüber<br />
angeordneten zähen mukösen Schleim (Abb. 5) [12, 16, 18].<br />
Der Sekrettransport – eine „Rolltreppe“<br />
Der kontinuierliche Abtransport <strong><strong>de</strong>r</strong> mukösen Schleimschicht<br />
erfolgt durch die in Richtung Rachen gerichtete Bewegung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Zilien auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Epitheloberfläche. Sie schlagen peitschenförmig<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Surfactantschicht etwa 750-mal pro Minute und<br />
verschieben dabei die aufliegen<strong>de</strong> Schleimschicht. Die streng<br />
synchronisiert ablaufen<strong>de</strong> Bewegung gewährleistet einen<br />
kontinuierlichen Transportmechanismus, <strong><strong>de</strong>r</strong> an eine Rolltreppe<br />
erinnert. Die Geschwindigkeit nimmt in Richtung Rachen<br />
zu und erreicht bis zu 14 mm pro Minute. Die Solphase<br />
<strong>de</strong>s Schleims bleibt dabei weitestgehend stationär.<br />
Der gesamte Transportmechanismus kann nur funktionieren,<br />
wenn die Schichthöhe <strong><strong>de</strong>r</strong> Solphase etwas geringer als die Zilienlänge<br />
ist. Nur so können sich die Zilien frei bewegen und<br />
mit ihren Spitzen die muköse Sekretschicht von unten erreichen.<br />
Dafür sorgt das Surfactant als eine Art Abstandshalter<br />
durch seine blasige Anordnung. Hierzu muss das Surfactant<br />
in ausreichen<strong><strong>de</strong>r</strong> Menge zur Verfügung stehen, damit we<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
die muköse Sekretphase zwischen die Zilien absinkt und sie<br />
blockiert, noch eine zu hohe Solschicht die Zilien entkoppelt<br />
und ins Leere schlagen lässt.<br />
Die Effektivität <strong>de</strong>s komplexen Transportablaufs ist also<br />
daran gebun<strong>de</strong>n, dass sich folgen<strong>de</strong> Komponenten in einem<br />
ausgewogenen Gleichgewicht befin<strong>de</strong>n:<br />
● die Zusammensetzung und Menge <strong><strong>de</strong>r</strong> gebil<strong>de</strong>ten Sekrete,<br />
● ihre viskoelastischen Eigenschaften,<br />
● die Höhe <strong><strong>de</strong>r</strong> dünnflüssigen Sekretphase auf <strong>de</strong>m Epithel<br />
sowie<br />
● die Anwesenheit oberflächenaktiver Substanzen an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Unterseite <strong><strong>de</strong>r</strong> eigentlichen Sekretschicht und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Solphase.<br />
MMP 32. Jahrgang 2/2009 43
MMP Übersicht <strong>Das</strong> <strong>Reinigungssystem</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atemwege</strong><br />
Abb. 4. Sekretschichten auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Bronchialschleimhaut.<br />
In Höhe <strong><strong>de</strong>r</strong> Zilienspitzen <strong>de</strong>s Bronchialepithels ist die Gelphase angeordnet<br />
(blau). Am unteren Bildrand Öffnung eines Drüsengangs auf<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimhautoberfläche (Pfeil). (Rasterelektronenmikroskopische<br />
Aufnahme. Vergrößerung: 4 000x) [© K. Morgenroth]<br />
Die Funktion <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen an diesem Prozess beteiligten<br />
Komponenten ist dabei eng miteinan<strong><strong>de</strong>r</strong> verknüpft, so dass<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Prozess aus <strong>de</strong>m Gleichgewicht geraten kann, wenn auch<br />
nur eine von ihnen eine Störung zeigt.<br />
Regulation von Sekretion und Transport<br />
Abb. 5. Durch die Zilien angetrieben gleitet die klebrige<br />
Gelschicht über die wässrige Solschicht, die im elektronenmikroskopischen<br />
Bild (Abb. 4) nicht zur Darstellung kommt. Surfactant<br />
verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t das Verkleben <strong><strong>de</strong>r</strong> Zilienspitzen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gelschicht.<br />
Zwischen <strong>de</strong>n Zilien sind die Mikrovilli (schwarze Pfeile) sichtbar.<br />
[© K. Morgenroth]<br />
Die Abstimmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Komponenten erfolgt durch eine hoch<br />
differenzierte Regulation auf zwei Ebenen. Die Steuerung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Sekretion und <strong><strong>de</strong>r</strong> Zilienbewegung funktioniert autonom [13].<br />
Bronchialepithelzellen nehmen über schmale Zellfortsätze<br />
mit antennenartiger Funktion (Mikrovilli) Informationen aus<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Umgebung auf und geben sie weiter (Abb. 5). Über Kontaktzonen<br />
mit benachbarten Zellen können sich dann Steuerimpulse<br />
innerhalb <strong>de</strong>s Epithels ausbreiten [19, 20].<br />
Die zweite Ebene bil<strong>de</strong>t die nervale Regulation (Abb. 6). In<br />
allen Abschnitten <strong>de</strong>s Bronchialsystems besteht ein dichtes<br />
Nervengeflecht von afferenten und efferenten Fasern.<br />
Marklose Endfasern spalten sich von ihm ab und verlaufen<br />
in <strong>de</strong>m Spaltensystem, das zwischen <strong>de</strong>n Zellen besteht, bis<br />
unmittelbar an die Oberfläche <strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimhaut [13]. Sie sind<br />
vor allem <strong>de</strong>n C-Fasern zuzuordnen, die <strong>de</strong>n Nozizeptoren,<br />
<strong>de</strong>n Schmerzrezeptoren <strong>de</strong>s somatischen Nervensystems entsprechen<br />
und als Chemorezeptoren bezeichnet wer<strong>de</strong>n, da sie<br />
vor allem auf chemische Reize ansprechen. Außer<strong>de</strong>m fin<strong>de</strong>n<br />
sich in <strong>de</strong>n Interzellularspalten <strong>de</strong>s Bronchialepithels Druckund<br />
Dehnungsrezeptoren, die <strong>de</strong>nen in an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Organsystemen<br />
ähnlich sind. Wahrscheinlich ist über diese Rezeptoren<br />
eine direkte Modifikation <strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimhautfunktionen möglich,<br />
beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s bei akut auftreten<strong>de</strong>n ungünstigen Umweltbedingungen.<br />
Insgesamt ergibt sich aus <strong>de</strong>n geschil<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Komponenten<br />
ein System <strong><strong>de</strong>r</strong> bronchialen Reinigung, die sogenannte mukoziliäre<br />
Clearance. Zwar ist diese in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage sich stark<br />
wechseln<strong>de</strong>n Umweltbedingungen anzupassen, doch kann es<br />
durch unterschiedliche Einflüsse zu einer Aktivierung o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
einer Blocka<strong>de</strong> einzelner Komponenten <strong>de</strong>s an sich effektiv<br />
zusammenwirken<strong>de</strong>n Systems kommen, was dann unter Umstän<strong>de</strong>n<br />
eine ausgeprägte Einschränkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lungenfunktion<br />
zur Folge hat [15].<br />
Akute Infekte – Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> bronchialen<br />
Reinigung<br />
Bei Entzündungen treten solche Funktionsstörungen <strong>de</strong>s Systems<br />
regelmäßig auf und bestimmen <strong>de</strong>n klinischen Verlauf<br />
(Abb. 7). Meist entspringen sie einer Kombination von viraler<br />
und bakterieller Infektion mit einer Ausbreitung aus <strong>de</strong>m<br />
Nasen-Rachenraum in die tieferen Abschnitte <strong><strong>de</strong>r</strong> Luftwege.<br />
Am Beginn steht oft <strong><strong>de</strong>r</strong> Infekt durch Rhinoviren, Influenzaviren<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>m „Respiratory Syncytial-Virus“ (RSV) [21,<br />
24]. Nach Anheftung an die Wirtszelle schleusen sie ihre genetische<br />
Information ein und stellen so <strong>de</strong>n Stoffwechsel <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
befallenen Zellen auf Reduplikation <strong><strong>de</strong>r</strong> Viren um [3]. Die ursprünglichen<br />
Zellfunktionen wer<strong>de</strong>n dadurch eingeschränkt<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> vollständig unterbun<strong>de</strong>n und die Schleimsekretion ist in<br />
<strong>de</strong>n ersten zwei Tagen <strong>de</strong>utlich vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Trockener Husten<br />
tritt auf – eine Folge <strong><strong>de</strong>r</strong> Reizung von Rezeptoren, vor allem<br />
von Chemorezeptoren (C-Faser-Endigungen) durch Mediatoren<br />
aus Entzündungsvorgängen. Danach kommt es zu einer<br />
Zerstörung <strong><strong>de</strong>r</strong> intrazellulären Strukturen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Lösung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Zellkontakte, was eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> autonomen Regulation<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Zellfunktionen zur Folge hat. Es resultiert eine starke<br />
Aktivierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Becherzellen und <strong><strong>de</strong>r</strong> peribronchialen Drüsen,<br />
wobei beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s zähflüssiges (Dyskrinie) muköses Se-<br />
44<br />
MMP 32. Jahrgang 2/2009
<strong>Das</strong> <strong>Reinigungssystem</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atemwege</strong> Übersicht<br />
MMP<br />
Abb. 6. Nervale<br />
Regulation in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Bronchialschleimhaut.<br />
Aus <strong>de</strong>m<br />
unter <strong>de</strong>m<br />
Oberflächenepithel<br />
angeordneten<br />
Nervengeflecht<br />
zweigen Endfasern<br />
ab, die in <strong>de</strong>n<br />
Interzellularspalten<br />
bis in die oberflächlichen<br />
Abschnitte<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimhaut reichen<br />
und <strong>de</strong>n C-<br />
Fasern zuzuordnen<br />
sind (schwarze<br />
Pfeile). Außer<strong>de</strong>m<br />
fin<strong>de</strong>n sich in <strong>de</strong>n<br />
Interzellularspalten<br />
<strong>de</strong>s Bronchialepithels<br />
Druck- und<br />
Dehnungsrezeptoren (roter Pfeil). Sekretschicht auf <strong>de</strong>m<br />
Surfactantschaum (gelber Pfeil). Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberfläche <strong><strong>de</strong>r</strong> Epithelzellen<br />
zwischen <strong>de</strong>n Zilien Mikrovilli. [© Boehringer Ingelheim GmbH, Grafik:<br />
G.Pucher, Wien]<br />
kret im Überschuss (Hyperkrinie) gebil<strong>de</strong>t und ausgeschie<strong>de</strong>n<br />
wird. Die Funktion <strong>de</strong>s ziliären Sekrettransports ist nun stark<br />
reduziert, weil in <strong>de</strong>n Zellen nicht ausreichend Energie für<br />
die Ausführung <strong>de</strong>s Zilienschlags und die Aufrechterhaltung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Zilienstruktur bereitgestellt wer<strong>de</strong>n kann. Der Schlag ist<br />
bei sinken<strong><strong>de</strong>r</strong> Frequenz unregelmäßig, die Synchronisation<br />
aufgehoben. Bei vermehrtem gelförmigem Sekret verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />
sich auch die Höhe <strong><strong>de</strong>r</strong> Solphase und Surfactant aggregiert<br />
unter Verlust <strong><strong>de</strong>r</strong> gleichmäßigen Anordnung <strong>de</strong>s Surfactant-<br />
Schaums auf <strong>de</strong>m Epithel.<br />
Die Solphase kann in ihrer Höhe so weit abnehmen, dass die<br />
Zilien gefesselt sind, o<strong><strong>de</strong>r</strong> sie kann durch Zustrom von Wasser<br />
aus <strong>de</strong>n erweiterten Interzellularspalten unter Entkopplung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Zilien von <strong><strong>de</strong>r</strong> mukösen Schicht stark zunehmen. Unter<br />
diesen Bedingungen wird <strong><strong>de</strong>r</strong> zähe überschüssige Schleim<br />
nicht mehr ausreichend abtransportiert. Er ballt sich zusammen,<br />
sammelt sich in <strong>de</strong>n Bronchiallichtungen an und ist nun<br />
nur noch über <strong>de</strong>n sekundären Reinigungsmechanismus, <strong>de</strong>n<br />
Hustenreflex, nach außen freizusetzen – <strong><strong>de</strong>r</strong> Husten ist produktiv<br />
gewor<strong>de</strong>n.<br />
Anhalten<strong><strong>de</strong>r</strong> Husten nach Infekten<br />
Üblicherweise entwickelt sich nach Virusinfekten auch eine<br />
Überempfindlichkeit (Hyperreagibilität) <strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimhaut,<br />
die sich in einem verstärkten Ansprechen auf Hustenreize äußert.<br />
Diese kann auch nach Abklingen <strong><strong>de</strong>r</strong> akuten klinischen<br />
Symptomatik als trockener Husten noch mehrere Wochen anhalten.<br />
Hyperreagibilität ist ebenfalls die Folge einer entzündungsbedingten<br />
Öffnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontakte zwischen <strong>de</strong>n Epithelzellen.<br />
Die normalerweise sehr schmalen Spalten zwischen<br />
<strong>de</strong>n Zellen wer<strong>de</strong>n stark erweitert (Abb. 7) und die in ihnen<br />
verlaufen<strong>de</strong>n Nervenendigungen und Druckrezeptoren freigelegt.<br />
Dadurch können Entzündungsmediatoren o<strong><strong>de</strong>r</strong> irritative<br />
Faktoren aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Atemluft direkt auf sie einwirken.<br />
Abb. 7. Dyskrinie und<br />
Hyperkrinie<br />
Entzündungen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Bronchialschleimhaut<br />
lösen eine Fehlsteuerung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Sekretbildung aus,<br />
die zur vermehrten<br />
Bildung von dickflüssigem,<br />
zähem Schleim in <strong>de</strong>n<br />
Becherzellen und in <strong>de</strong>n<br />
peribronchialen Drüsen<br />
(grüner Pfeil) führt. Es<br />
entwickelt sich eine ausgeprägte<br />
Erweiterung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Spalten zwischen<br />
<strong>de</strong>n Epithelzellen (weiße<br />
Pfeile). Dabei wer<strong>de</strong>n<br />
die Nervenendigungen<br />
im Epithel freigelegt und<br />
für irritative Faktoren<br />
aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Atemluft leicht<br />
zugänglich. Die zähen<br />
Schleimmassen können nicht ausreichend transportiert wer<strong>de</strong>n und<br />
sammeln sich in <strong>de</strong>n Bronchuslichtungen (schwarzer Pfeil). Surfactant<br />
aggregiert unregelmäßig auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Epitheloberfläche (roter Pfeil).<br />
[© Boehringer Ingelheim GmbH, Grafik: G.Pucher, Wien]<br />
Die Einschränkungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Reinigungsmechanismen und die<br />
durch Virusinfektionen hervorgerufenen Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen bereiten<br />
auch <strong>de</strong>n Weg für eine häufig auftreten<strong>de</strong> bakterielle<br />
Superinfektion [20]. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Atemluft in die Bronchiallichtung<br />
gelangte Bakterien haften an <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberfläche <strong><strong>de</strong>r</strong> geschädigten<br />
Epithelzellen, beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> geöffneten<br />
Interzellularspalten und entfalten ihre pathogenen Eigenschaften.<br />
<strong>Das</strong> geht oft mit einer Zerstörung <strong>de</strong>s Oberflächenepithels<br />
einher. Diese kann aber im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Abheilung<br />
aus verbliebenen basalen Zellen <strong>de</strong>s Epithels wie<strong><strong>de</strong>r</strong> rückgängig<br />
gemacht wer<strong>de</strong>n, so dass auch die Reinigungsfunktion<br />
wie<strong><strong>de</strong>r</strong> in Gang kommt.<br />
Irreversible Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen bei chronischen<br />
Entzündungen<br />
Bei fortschreiten<strong>de</strong>n chronischen Entzündungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Luftwege<br />
(chronische Bronchitis, Asthma bronchiale, COPD)<br />
entwickelt sich dagegen ein Umbau <strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimhaut, <strong><strong>de</strong>r</strong> zu<br />
einer zunehmen<strong>de</strong>n und nicht mehr rückbildungsfähigen Einschränkung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> bronchialen Reinigung führt. Speziell bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
chronischen Bronchitis ballt sich Sekret aus <strong>de</strong>n Becherzellen<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n peribronchialen Drüsen zusammen, kann sich<br />
nicht ausbreiten und verteilen. Zilien wer<strong>de</strong>n fragmentiert,<br />
die Differenzierung <strong>de</strong>s Bronchialepithels in Becherzellen<br />
und Zilien geht verloren. Weite Areale <strong><strong>de</strong>r</strong> Bronchialschleimhaut<br />
wer<strong>de</strong>n nahezu schleimfrei, da auch die peribronchialen<br />
Drüsen atrophieren. Darauf soll hier nicht weiter eingegangen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Die akute Erkältung – Husten vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
mit Ambroxol<br />
Bei einem akuten viralen Infekt <strong><strong>de</strong>r</strong> oberen Luftwege, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
so genannten Erkältung, erklärt sich <strong><strong>de</strong>r</strong> begleiten<strong>de</strong> Husten<br />
wie beschrieben vor allem durch Entzündungsvorgänge:<br />
MMP 32. Jahrgang 2/2009 45
MMP Übersicht <strong>Das</strong> <strong>Reinigungssystem</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atemwege</strong><br />
Nach einer eher „trockenen Phase“ mit Reizung von Hustenrezeptoren<br />
im Rachen und <strong>de</strong>n Bronchien kommt es zur<br />
Schädigung <strong>de</strong>s Bronchialepithels. Nun liefern die schleimproduzieren<strong>de</strong>n<br />
Zellen einen zu zähen, haften<strong>de</strong>n mukösen<br />
Schleim, die Gleitschiene Surfactant kann die Höhe <strong><strong>de</strong>r</strong> Solphase<br />
nicht mehr stabilisieren und die „Zilien-Rolltreppe“<br />
wird je nach Höhe <strong><strong>de</strong>r</strong> Solphase entkoppelt o<strong><strong>de</strong>r</strong> gefesselt.<br />
<strong>Das</strong> Ziel einer Behandlung sind <strong>de</strong>mnach die Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Entzündung und die Normalisierung von Sekretbildung<br />
und -transport. Denn mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>herstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> mukoziliären<br />
Clearance entfällt <strong><strong>de</strong>r</strong> Auslöser für einen produktiven<br />
Husten.<br />
Ambroxol greift auf verschie<strong>de</strong>nen Wegen in diese Vorgänge<br />
ein und kann so die Beschwer<strong>de</strong>n bessern.<br />
Hustenreiz lin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
Der trockene Husten zu Beginn eines viralen Infekts geht<br />
hauptsächlich auf die Reizung von Rezeptoren im Rachenraum<br />
zurück, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Empfindlichkeit durch Entzündungsvorgänge<br />
gesteigert ist. Zentrale und periphere Antitussiva wirken<br />
hier nur unbefriedigend, selbst Co<strong>de</strong>in muss einem Plazebo<br />
nicht überlegen sein [4, 5]. Lokalanästhetika gelten als eine<br />
wirksame Alternative. Sie lin<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>n Hustenreiz durch eine<br />
Dämpfung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rezeptoren. Aufgrund seiner ausgeprägten lokalanästhetischen<br />
Eigenschaften setzt Ambroxol – wie für Lidocain<br />
nachgewiesen [10, 11] – die Hustenschwelle hinauf,<br />
wenn es lange genug im Rachenraum einwirken kann. Vorteilhaft<br />
ist also eine Verabreichung als Saft o<strong><strong>de</strong>r</strong> Lutschtablette.<br />
Diese Anwendung führt außer<strong>de</strong>m zusätzlich zu einem lin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Demulzenz-Effekt.<br />
Schleim normalisieren<br />
Ambroxol wirkt normalisierend sowohl auf <strong>de</strong>n serösen wie<br />
<strong>de</strong>n mukösen Schleim. 120 mg Ambroxol pro Tag senken<br />
die Viskosität <strong><strong>de</strong>r</strong> mukösen Schleimschicht und erleichtern<br />
das Abhusten durch eine Stimulation <strong><strong>de</strong>r</strong> Sekretbildung [6].<br />
Wahrscheinlich wird hier aus <strong>de</strong>n peribronchialen Drüsen<br />
ein Schleim von geringerem Reifegrad und geringerer Vernetzung<br />
sezerniert. Eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Eigenschaften <strong>de</strong>s<br />
bereits ausgeschie<strong>de</strong>nen Schleims durch Ambroxol ist nicht<br />
zu erwarten. Ohnehin ist es prinzipiell umstritten, ob es überhaupt<br />
möglich ist, einen bereits sezernierten Schleim direkt<br />
zu hydratisieren o<strong><strong>de</strong>r</strong> zu „entklumpen“ [22].<br />
Ambroxol normalisiert die Schichtdicke <strong><strong>de</strong>r</strong> solförmigen<br />
Sekretphase und vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>t so das Anhaften <strong>de</strong>s mukösen<br />
Schleims an <strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimhaut (unsticking). Die apikale (zum<br />
Lumen hin gelegene) Membran <strong>de</strong>s Epithels von Trachea und<br />
Bronchien weist gegen die basolaterale (zur Unterseite <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Mukosa gelegene) Seite eine Potenzialdifferenz von 2 bis<br />
20 mV auf, wobei die apikale Membran durch Chloridionen<br />
negativ gela<strong>de</strong>n ist. Natriumionen wer<strong>de</strong>n zur basolateralen<br />
Seite transportiert. Eine Hemmung <strong>de</strong>s Natriumtransports<br />
steigert die Produktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Solphase <strong><strong>de</strong>r</strong> Sekretschichten.<br />
Bei Entzündungen kommt es zur Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ionenströme,<br />
die Höhe <strong><strong>de</strong>r</strong> Solschicht nimmt zu. Über die entzündungsbedingt<br />
verbreiterten Interzellularspalten <strong>de</strong>s Epithels<br />
(Abb. 7) kann durch eine gesteigerte o<strong><strong>de</strong>r</strong> vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>te Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
von Wasser die Solphase zusätzlich vermehrt o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
auch verringert und <strong><strong>de</strong>r</strong> ziliäre Transport insgesamt geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> behin<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n. Ambroxol normalisiert die transepithelialen<br />
Ionenströme durch Einwirkung auf <strong>de</strong>n Natriumtransport.<br />
Im Sinne eines partiellen Agonisten vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>t es<br />
einen gesteigerten Ionenfluss o<strong><strong>de</strong>r</strong> steigert ihn bei einer pathologischen<br />
Beeinträchtigung [26]. Auf diese Weise normalisiert<br />
Ambroxol die Höhe <strong><strong>de</strong>r</strong> Solschicht und schafft die Voraussetzungen<br />
für einen effektiven Zilienschlag.<br />
Surfactant bereitstellen<br />
Schon in <strong>de</strong>n 70er Jahren wur<strong>de</strong> Ambroxol als eine Surfactant<br />
stimulieren<strong>de</strong> Substanz erkannt. Der komplexe Mechanismus<br />
ist nicht abschließend geklärt. Er könnte auf einer<br />
Hemmung <strong>de</strong>s Surfactant-Recycling und auf einer Hemmung<br />
<strong>de</strong>s Enzyms Phospholipase A 2<br />
beruhen, das am Abbau <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Surfactant-Phospholipi<strong>de</strong> maßgeblich beteiligt ist. Je<strong>de</strong>nfalls<br />
beobachtete man eine Vermehrung <strong><strong>de</strong>r</strong> intrazellulären Surfactant-Speicherformen<br />
(lamellar bodies), eine Anreicherung<br />
<strong>de</strong>s Surfactant-spezifischen Proteins SP-B [23] und eine Steigerung<br />
<strong>de</strong>s Gehalts an Phospholipi<strong>de</strong>n im Lungengewebe.<br />
Eine vermehrte Surfactantsynthese und -sekretion durch Typ-<br />
II-Pneumozyten ist mehrfach nachgewiesen, konnte jedoch in<br />
einer neueren Untersuchung nicht bestätigt wer<strong>de</strong>n [28]. Im<br />
Übrigen kann mit Ambroxol beim ungeborenen Kind ein erhöhter<br />
Surfactantgehalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Lunge über eine Infusionstherapie<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Mutter erreicht wer<strong>de</strong>n.<br />
Zilien aktivieren<br />
Ambroxol steigert im Tierversuch die Schlagfrequenz <strong><strong>de</strong>r</strong> Zilien<br />
[2]. <strong>Das</strong> lässt eine För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> mukoziliären Clearance<br />
erwarten.<br />
Entzündung hemmen und antioxidative Wirkung<br />
Eine Entzündung ist die Antwort <strong>de</strong>s Immunsystems auf Infektionen<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> schädliche Reize. Bei einer Entzündung stellen<br />
Zytokine wie beispielsweise Interleukin 8 (IL-8) und<br />
Lipidmediatoren (z. B. Leukotriene) die wichtigsten Entzündungsvermittler<br />
dar. Leukotrien B4 (LT B4) ist auch bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) für einen<br />
Großteil <strong><strong>de</strong>r</strong> inflammatorischen Prozesse verantwortlich.<br />
Ambroxol reduziert in verschie<strong>de</strong>nen Mo<strong>de</strong>llen für akute<br />
Entzündungen die Ausschüttung von LT B4 [1].<br />
Ambroxol verringert auch die Ausschüttung von IL-8 und<br />
weiterer Interleukine sowie <strong>de</strong>s Tumornekrosefaktors alpha<br />
(TNF-alpha) und es verringert die Produktion von Superoxid,<br />
Wasserstoffperoxid, hypochloriger Säure (HOCl) und Stickstoffmonoxid<br />
(NO) in IL-1-aktivierten Phagozyten sowie die<br />
Freisetzung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS). Dies bedingt<br />
die Hemmung <strong>de</strong>s Hyaluronsäure-Abbaus durch Hydroxyradikale,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Lipidperoxidation durch Hydroperoxid und<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Oxidation durch Peroxinitrit (ONOO – ) und hypochlorige<br />
Säure.<br />
Ambroxol min<strong><strong>de</strong>r</strong>t also ähnlich wie Acetylcystein <strong>de</strong>n oxidativen<br />
Stress in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lunge und seine Folgen [7–9]. Bestätigt<br />
wird das durch klinische Studien, die <strong>de</strong>n antientzündlichen<br />
Effekt von Ambroxol in vivo bei <strong>de</strong>n entzündlichen Atem-<br />
46<br />
MMP 32. Jahrgang 2/2009
<strong>Das</strong> <strong>Reinigungssystem</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atemwege</strong> Übersicht<br />
MMP<br />
wegserkrankungen Asthma bronchiale, chronische Bronchitis<br />
und COPD zeigen.<br />
Zusammenfassung<br />
Erkältungen wer<strong>de</strong>n im Allgemeinen durch virale Infekte verursacht.<br />
Sie erfassen primär vor allem <strong>de</strong>n oberen Atemtrakt<br />
und lösen Entzündungsvorgänge aus. Zu Beginn überwiegt<br />
ein Reizhusten, <strong><strong>de</strong>r</strong> zwar meist in einen produktiven Husten<br />
übergeht, aber auch nach Abklingen <strong>de</strong>s Infekts wochenlang<br />
weiterbestehen kann. Die Bildung und <strong><strong>de</strong>r</strong> Transport <strong>de</strong>s<br />
Bronchialschleims als Faktor <strong><strong>de</strong>r</strong> Abwehr und <strong><strong>de</strong>r</strong> Reinigung<br />
wer<strong>de</strong>n beeinträchtigt. Am Beispiel von Ambroxol wird gezeigt,<br />
wie eine Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>herstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> normalen Funktionen<br />
unterstützt wer<strong>de</strong>n kann. Die Normalisierung <strong>de</strong>s Sekrets<br />
führt zur Erleichterung <strong>de</strong>s Abhustens und macht im I<strong>de</strong>alfall<br />
<strong>de</strong>n Husten als bronchiales Reinigungsinstrument vollkommen<br />
überflüssig. Die Neubildung von Schleimplaques,<br />
die abgehustet wer<strong>de</strong>n müssen, wird vermie<strong>de</strong>n.<br />
The cleaning system of the airways: physiology, pathophysiology<br />
and effects of ambroxol<br />
The human airways are faced by a mucous membrane that keeps the airways<br />
humid and protects them. One of the main factors of this protection system<br />
is the secretion that covers the surface of the membrane. Like an escalator,<br />
secretion is moved steadily, day and night in or<strong><strong>de</strong>r</strong> to eliminate germs<br />
and pollutants from the airways. Healthy people normally do not notice this<br />
transport. Infection of the airways accompanied by cough disturbs the transport.<br />
The aim of the therapy should be the reconstitution of the transport, not<br />
the unsighted suppression of mucus production. Therefore a<strong>de</strong>quate rheological<br />
properties of the secretion are nee<strong>de</strong>d as well as the balance of its components.<br />
Ambroxol affects this system at several sites.<br />
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