Seite 1 / 32 - Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution
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wird der Schätzfehler sogar Null.<br />
Sicherheit im Motorradhandel<br />
Abbildung 31: Mittelwerte der Schätzfehler bei 4 Versuchsbedingungen<br />
Diese Ergebnisse waren erfolgversprechend <strong>und</strong> zeigten weitere Maßnahmen an. Es wurde beschlossen, die untersuchte Signaljacke einem Pilotversuch hinsichtlich<br />
Akzeptanz <strong>und</strong> Trageeigenschaften zu unterziehen. Sie wurde ausgewählten Betrieben zur Verfügung gestellt <strong>und</strong> dort in der Saison 2005 insgesamt knapp 800 mal getragen.<br />
Zum Vergleich wurde anderen Betrieben eine handelsübliche, ähnlich gestaltete Signalweste zur Verfügung gestellt <strong>und</strong> ebenso häufig getragen.<br />
Die durchgeführte Befragung zeigte, dass die Wahrnehmbarkeit von Weste <strong>und</strong> Jacke gleich eingeschätzt wurde. Natürlich war die Weste einfacher anzuziehen, bei Weste <strong>und</strong><br />
Jacke wurden Material <strong>und</strong> Verschlüsse als verbesserungsfähig bezeichnet.<br />
4. Implementierung & Untersuchung der Präventionsmaßnahme Signaljacke<br />
Zur Annäherung an das Ziel Prävention wurden die vier untersuchten Maßnahmen in dieser Reihenfolge verglichen <strong>und</strong> evaluiert:<br />
1. Tagfahrlicht<br />
2. Signalfarben Motorräder<br />
3. Signaljacke/Weste<br />
4. Motorrad-Sicherheitstrainings<br />
<strong>und</strong> nach Abwägung aller Vor- <strong>und</strong> Nachteile <strong>und</strong> ihrer Kosten entschied sich die <strong>Berufsgenossenschaft</strong> 2006 für die flächendeckende Einführung einer Präventionsmaßnahme<br />
in die versicherten Zweiradbetriebe.<br />
4.1 Auswahl <strong>und</strong> Vorgehen<br />
Tagfahrlichtkonzepte schieden nach den mageren Ergebnissen, die zusammen mit der BMW AG erzielt wurden, aus. Die Positionslampen an den Lenkerenden erschienen<br />
allein nicht geeignet, die gewünschte Prävention zu erzielen, zudem erschien der technische <strong>und</strong> finanzielle Aufwand für die Betriebe zu hoch. Ähnlich verhielt es sich mit der<br />
Maßnahme Signalfarben, die erheblichen technischen <strong>und</strong> Genehmigungsaufwand sowie hohe Kosten erfordert, aber allein keine wirksame Präventionsmaßnahme sicher<br />
stellt. Das Motorrad-Sicherheitstraining war von vornherein nur als begleitende Maßnahme verstanden worden.<br />
So verblieb die Maßnahme Signaljacke/Weste. Aufgr<strong>und</strong> der guten Studienergebnisse mit der Signaljacke in den Untersuchungen der TU Berlin fiel die Entscheidung zu ihren<br />
Gunsten auch, weil sie aufgr<strong>und</strong> der neongrünen Ärmel <strong>und</strong> der mit ihrer Hilfe aufgespannten Fläche nach einhelliger Meinung deutlich auffälliger sei als eine vergleichbare<br />
Weste.<br />
Die Bemühungen galten einem potenten Partner aus dem Motorrad-Bekleidungsbereich, der sich an Entwicklung, Kosten, Marketing <strong>und</strong> Distribution beteiligen würde. Dies<br />
gelang aus unterschiedlichen Gründen jedoch nicht. Entsprechende Hersteller verwiesen darauf, dass Sicherheit nicht ihr primäres Geschäftsfeld sei. Dies sei für<br />
Motorradfahrer überhaupt kein Thema, erkenntlich daran, dass Motorradbekleidung in Signalfarben ein Ladenhüter sei. Solche Bekleidung wurde gar während der laufenden<br />
Verhandlungen gänzlich aus einem Programm genommen. Die Haltung der angefragten Hersteller kann als fre<strong>und</strong>liche Ablehnung zusammengefasst werden.<br />
So sah sich die <strong>Berufsgenossenschaft</strong> gezwungen, die Maßnahme in Eigenregie durchzuführen. Dies hatte genau den Vorteil, dass sie durch die Abgrenzung von Herstellern<br />
eindeutig als Sicherheitsmaßnahme vermarktet werden konnte. Zusätzlich konnte eine kontrollierte Evaluierung des Nutzens der Jacke <strong>und</strong> ihrer Akzeptanz durchgeführt werden<br />
<strong>und</strong> wurde eingeplant. Nach dem Selbstverständnis der <strong>Berufsgenossenschaft</strong> musste die Maßnahme für Zweiradbetriebe kostenfrei sein.<br />
Im Pilotversuch war die Jacke aus Abbildung 27 hinsichtlich ihrer Verschlüsse kritisiert worden. Ein namhafter Hersteller aus dem Bereich Freizeitkleidung wurde damit<br />
beauftragt, die Signaljacke hinsichtlich Verschlüssen, Konfektionsgrößen <strong>und</strong> maschinelle Fertigung zu überarbeiten. Die maximale Fahrgeschwindigkeit wurde auf 100 km/h<br />
festgelegt. Im Auftrage der <strong>Berufsgenossenschaft</strong> wurden 2000 Stück in den drei Größen 1 (männliche Kleidergrößen 46, 48 <strong>und</strong> 50), 2 (52 <strong>und</strong> 54) <strong>und</strong> 3 (56, 58 <strong>und</strong> 60)<br />
produziert.<br />
Alle Signaljacken wurden im Frühjahr 2007 zur Nutzung während der Saison 2007 kostenlos von den zuständigen Außendienstmitarbeitern der Präventionsabteilung an 900<br />
Zweiradmonteure in Deutschland verteilt.<br />
Eine Anleitung <strong>und</strong> ein Fragebogen zur Bewertung folgender Aspekte am Ende der Saison befanden sich anbei, siehe Anhang<br />
• Tragehäufigkeit<br />
• Erlebte Gefahrensituationen<br />
• Alter<br />
• Frauenanteil.<br />
Dazu wurden Einschätzungen zu folgenden Aspekten des Tragens der Signaljacke erfragt<br />
• Bequemlichkeit<br />
• Einfluss auf Sicherheit<br />
• Auftreten von Gefahrensituationen<br />
• Auffälligkeit.<br />
Die Anleitung erklärte den Zweck der Maßnahme <strong>und</strong> besagte, dass die Jacke bei Probe- <strong>und</strong> Testfahrten bis zu Geschwindigkeiten von 100 km/h zu nutzen sei. Der<br />
Fragebogen galt statistischen Daten, wie dem Alter oder der Tragehäufigkeit <strong>und</strong> Einschätzungen von Bequemlichkeit, Auffälligkeit, Sicherheit <strong>und</strong> Gefahrensituationen mit der<br />
Signaljacke. Die Antworten wurden auf der bekannten 9-Punkte Skala von 0 bis 8 mit den Graduierungen nicht, wenig, etwas, halbwegs, ziemlich, überwiegend, sehr gegeben.<br />
Die Fragebögen waren nach Saisonende 2007 ausgefüllt an die <strong>Berufsgenossenschaft</strong> zurück zu senden, um eine komplette Fahrsaison abzudecken.<br />
Der Rücklauf der Fragebögen war jedoch bis Ende Januar 2008 mit 90 Stück, etwa 10 Prozent, spärlich. Sie waren verlegt oder schlicht vergessen worden, wie Nachfragen<br />
ergaben. Einige Betriebe – insgesamt 20 – waren in Konkurs gegangen oder aus anderen Gründen geschlossen worden. Um dennoch eine aussagekräftige Evaluierung zu<br />
ermöglichen, wurden Käppler & Partner damit beauftragt, Antworten <strong>und</strong> Einschätzungen des Fragebogens im Rahmen einer telefonischen Befragung einzuholen. Dabei diente<br />
der Fragebogen als Vorlage <strong>und</strong> Dokumentation. Diese Aktion wurde von zwei Mitarbeiterinnen zwischen Februar <strong>und</strong> Ende April 2008 durchgeführt. Damit wurde ein Rücklauf<br />
von 400 Antworten erzielt, eine gute Quote von 46 Prozent. 45 Fragebögen wurden auf Wunsch der Betriebe nochmals per Fax übersandt, leider kamen nur 3 davon beantwortet<br />
zurück! Auf den mehrfach gewünschten nochmaligen Postversand wurde aus Kostengründen verzichtet. Diese 400 Fragebögen sind Basis der nachfolgenden Ergebnisse.<br />
Ausgehend von einer konservativen Schätzung von 2000 Betrieben in Deutschland hat die Maßnahme eine gute Durchdringung von 20 Prozent.<br />
<strong>Berufsgenossenschaft</strong> <strong>Handel</strong> <strong>und</strong> <strong>Warendistribution</strong> www.bghw.de <strong>Seite</strong> 19 / <strong>32</strong>