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Seite 1 / 32 - Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution

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konstanter Helligkeitskontrast zwischen Fahrzeug <strong>und</strong> Umwelt. Dies ist jedoch nicht möglich, da bei steigender Sonneneinstrahlung die nötige Lichtstärke schnell zur Blendung<br />

anderer Verkehrsteilnehmer führt. Blendung führt bekannter Maßen aber zu Sehleistungsdefiziten <strong>und</strong> muss unter allen Umständen verhindert werden.<br />

Deshalb muss die Lichtstärke von Tagfahrlicht entlang der psychologischen Sicherheit im Blendkurve Motorradhandel gewählt werden. Die ECE-R87 erlaubt eine maximale Lichtstärke von 800 cd für Pkw<br />

<strong>und</strong> führt nicht zur Blendung. Motorisierten Zweirädern bleibt es aufgr<strong>und</strong> fehlender Regelungen verwehrt, Tagfahrlicht zu nutzen. Das obligatorische Abblendlicht kann zwar<br />

auch tagsüber verwendet werden, ist jedoch mit einer Lichtstärke von lediglich 437,5 cd in Richtung anderer Verkehrsteilnehmer deutlich zu schwach. Motorräder müssten<br />

sogar noch eine deutlich höhere Lichtstärke als Pkw verwenden, um den Nachteil der kleineren <strong>und</strong> visuellen Größe <strong>und</strong> der unscharfen Kontur des Zweirades auszugleichen.<br />

Die Literatur empfiehlt hier je nach Land <strong>und</strong> Breitengrad unterschiedliche Maximalwerte.<br />

Um die technischen Möglichkeiten der Verauffälligung von Motorrädern mit Hilfe von Tagfahrlicht einschätzen zu können, wurden in Kooperationen mit der BMW AG <strong>und</strong> der TU<br />

Berlin von Unger (2004) unterschiedliche Tagfahrlichtkonzepte entwickelt <strong>und</strong> experimentell untersucht. Eine technische Bedingung war, dass leuchtende Flächen oder Arrays<br />

Mindestgrößen haben müssen, da die erhöhte Lichtstärke sonst nicht wirksam werden kann. Sie sollen zudem eine geometrische Figur aufspannen, um die natürliche<br />

Sichtbarkeit des Motorrades zu steigern.<br />

Dies wurde durch Positionierung von zwei Tagfahrlichten möglichst weit an den Außenkanten <strong>und</strong> Array Flächen von mindestens 40 cm 2 Größe erreicht. Um optimale<br />

Signalreichweite zu erzielen, wurde weißes Licht eingesetzt. Es benötigt bei gleicher Reichweite nur halb so hohe Lichtstärke wie beispielweise gelbes Licht. Eine weitere<br />

Maßnahme war die adaptive Regelung der Lichtstärke des Tagfahrlichts in Abhängigkeit von der Umgebungshelligkeit, siehe folgende Design-Anordnungen in Abbildung 24:<br />

Abbildung 24: Tagfahrlicht Prototyp BMW<br />

• Abblendlicht in Serienstand<br />

• Adaptiv geregeltes LED-Tagfahrlicht mit einem einzelnen Array in der Mitte<br />

• Adaptiv geregeltes LED-Tagfahrlicht mit drei Arrays in Dreiecksanordnung<br />

• Abblendlicht plus Fernlicht in Serienstand<br />

• Adaptiv geregeltes Blinkendes LED-Tagfahrlicht mit drei Arrays.<br />

Diese Tagfahrlicht Array-Kombinationen wurden konstruktiv realisiert <strong>und</strong> in aufwendigen Fahrversuchen bei Vorbeifahrgeschwindigkeiten zwischen 60 km/h <strong>und</strong> 120 km/h<br />

untersucht. Die entscheidende Messgröße war der Schätzfehler dieser Vorbeifahrgeschwindigkeit des so ausstaffierten Motorrades bei den obigen Tagfahrlicht Bedingungen<br />

durch 23 Versuchspersonen. Als Kontrollsituation wurde das Motorrad ohne jede Maßnahme ebenfalls bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten gefahren. Die Fahrversuche<br />

wurden auf dem BMW Versuchsgelände in Aschheim durchgeführt. Die Ergebnisse waren eindeutig:<br />

• Der Schätzfehler der Vorbeifahrgeschwindigkeit betrug in der Kontrollsituation ohne Maßnahme bis 30 Prozent<br />

• Alle Tagfahrlichtfunktionen verringerten Schätzfehler nur geringfügig<br />

• Fernlicht dagegen verringerte Schätzfehler deutlich.<br />

Die Ergebnisse zeigten auch, dass die Lichtstärke von Tagfahrlicht bei Motorrädern mindestens 2000 cd betragen muss. Dies übersteigt den Wert von Pkw nach ECE-R87<br />

deutlich. Allerdings ist nur so ein Ausgleich der schmalen Motorrad Silhouette zu erreichen. Eine deutliche Verbesserung wurde durch die adaptive Regelung der Lichtstärke<br />

des Tagfahrlichts erzielt. Damit kann die Lichtstärke bis zu 5000 cd betragen.<br />

Für die Einführung von Tagfahrlicht für Motorräder muss allerdings zunächst ein gesetzlicher Rahmen geschaffen werden. Auch ist bislang nicht eindeutig, wie groß die<br />

leuchtende Fläche in Abhängigkeit von der Lichtstärke mindestens sein muss. Zu kleine Flächen sind zwar unzweckmäßig, aber vom Design favorisiert. Zur Abhängigkeit von<br />

Flächengröße <strong>und</strong> Helligkeit müssen vor gesetzgeberischen Aktivitäten weitere Untersuchungen erfolgen. Zu untersuchen sind auch technische Lösungen für die Erzeugung<br />

hoher Lichtstärken, die zudem wenig Bauraum <strong>und</strong> Energie benötigen, noch ein weites Feld für weitere Arbeiten.<br />

Insgesamt waren die Ergebnisse dieser Studie bei sehr hohen Kosten <strong>und</strong> unklaren technischen Lösungen <strong>und</strong> gesetzlichen Zulassungsbedingungen enttäuschend, so dass<br />

auch die BMW AG diese Bemühungen um Tagfahrlicht vorläufig einstellte.<br />

3.4 Bekleidung in Signalfarben<br />

In Zusammenarbeit mit der TU Berlin wurde die Möglichkeit untersucht, die Fahrer von Motorrädern im Straßenverkehr auffälliger zu gestalten. Diese Präventionsmaßnahme<br />

galt der Bekleidung von Motorradfahrern, siehe Unger (2004). Die vorliegende Studie galt hier zunächst der Form- <strong>und</strong> Farbgestaltung einer entsprechenden Signaljacke.<br />

Das Übersehen eines beim Linksabbiegen entgegenkommenden oder auf einer vorfahrtberechtigten Straße querenden Motorrades geht den häufigsten Unfallszenarien<br />

voraus.<br />

Die Gründe sind unter anderem, dass motorisierte Zweiräder <strong>und</strong> ihre Fahrer infolge der schmalen <strong>und</strong> gebrochenen Gesamtsilhouette sowieso schlecht erkennbar <strong>und</strong> oft zu<br />

schnell unterwegs sind, Autofahrer aber klare, große Autokonturen zu erwarten scheinen, siehe die Erörterungen in Kapitel 2. Die Folgen sind Fehleinschätzungen der<br />

Entfernung <strong>und</strong> der Fahrgeschwindigkeit.<br />

Die genaue Untersuchung dieser Unfallszenarien fördert eine interessante Erkenntnis zu Tage. In beiden Situationen, sowohl bei Gegen- als auch bei Querverkehr, entsteht<br />

aus Sicht des Wartpflichtigen nämlich eine longitudinale Annäherung. Sowohl das entgegenkommende als auch das querende Fahrzeug werden von vorn wahrgenommen,<br />

Gr<strong>und</strong> ist die Kopfdrehung, siehe Abbildung 25. Die wartepflichtige Autofahrerin steht mit geringem Abstand vor der prognostizierten Fahrspur des sich annähernden Pkw. Die<br />

haltende Fahrerin muss deshalb vor der Vorbeifahrt ihren Kopf um 90° nach links drehen <strong>und</strong> nimmt die Annäherung des querenden Pkw als longitudinale Bewegung wahr, wie<br />

Abbildung 25 illustriert.<br />

<strong>Berufsgenossenschaft</strong> <strong>Handel</strong> <strong>und</strong> <strong>Warendistribution</strong> www.bghw.de <strong>Seite</strong> 16 / <strong>32</strong>

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