Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe - L&R Sozialforschung

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Jahre) zurückliegt. Hintergrund dafür ist ein relativ hoher Anteil von PensionsbezieherInnen in dieser Gruppe (30% vs. 8% gesamt), welche somit über ein regelmäßiges und langfristig gesichertes Einkommen verfügen. Art der Verbesserungen Worin bestehen die angesprochenen Verbesserungen der Einkommenssituation seit dem Kontakt mit der WWH? Bei etwa 40% ist die Verbesserung auf einnahmenseitige Faktoren, d.h. eine Erhöhung des verfügbaren Einkommens durch Sozialleistungen oder Erwerbseinkommen, zurückzuführen. Sofern in den Gesprächen nähere Erläuterungen hierzu erfolgen, kristallisieren sich drei wesentliche Einkommensquellen heraus. • Verbesserung des Einkommens durch die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS): Für mehrere GesprächspartnerInnen (n=12) hat sich die finanzielle Situation durch einen erstmaligen Bezug der BMS verbessert. Der Kontakt mit der WWH war hier insofern wesentlich für die verbesserte Einkommenssituation, als dass mehrere Befragte explizit darauf hinweisen, dass sie zuvor „keine Informationen über Unterstützungen“ (Int.Nr. 187) hatten. Im Rahmen der WWH wurden mögliche Ansprüche abgeklärt und Anträge auf eine BMS gestellt. • Verbesserung der finanziellen Situation durch Pensionseintritt: Für einen weiteren Teil der Befragten (n=8) ist die verbesserte Situation durch den Bezug einer Pension zu erklären. Dabei ergibt sich die Verbesserung nicht nur aus der Einkommenshöhe, mehrere InterviewpartnerInnen betonen, dass sie jetzt ein „regelmäßiges Einkommen“ haben und „keine Anträge mehr beim Sozialamt stellen“ (Int.Nr. 189) müssen. Der Bezug einer unbefristeten Pension verschafft somit Sicherheit und eröffnet eine finanzielle (Planungs- )perspektive. • Erwerbseinkommen: Neben Sozialleistungen hat sich für einige Personen (n=12) die finanzielle Situation auch durch eine Erwerbstätigkeit verbessert, d.h. sie konnten seit Eintritt in die WWH eine Arbeitsstelle finden. Dabei handelt es sich vorwiegend um vollzeitige Stellen, in Einzelfällen um geringfügige Tätigkeiten oder unregelmäßige Jobs, welche einen Zuverdienst zu einem Sozialleistungsbezug ermöglichen. Ausgabenseitige Aspekte werden von etwa der Hälfte der GesprächspartnerInnen thematisiert und sind somit etwas stärker für die Verbesserung der Einkommenssituation verantwortlich als die Einnahmenseite. Es geht hierbei um den Umgang mit dem vorhandenen Einkommen, aber auch um Veränderungen der Lebenssituation seit dem Erstkontakt mit der WWH und damit einhergehende veränderte Ausgabenspielräume. • Umgang mit Geld: Der sorgsame Umgang mit Geld ist ein wesentlicher Aspekt. Mehrere GesprächspartnerInnen (n=12) erzählen, dass sie diesen Umgang (wieder) lernen mussten. Exemplarisch eine Bewohnerin einer Startwohnung: „Ich habe einen besseren Überblick über meine Ausgaben, komme besser mit dem Geld zurecht, habe gelernt damit hauszuhalten.“ (Int.Nr. 86). Sich Ausgaben einzuteilen, Ausgabeprioritäten festzulegen, einen Überblick über die Ausgaben und Einnahmen zu behalten, etc. sind also Herangehensweisen, mittels derer Befragte versuchen, ein besseres Auskommen mit ihrem Einkommen zu erreichen. • Unterstützung der MitarbeiterInnen der WWH: Bei „Geldeinteilung und -management“ (Int.Nr. 26) wird mehrfach positiv die Hilfe der SozialarbeiterInnen oder BetreuerInnen im Haus hervorgehoben (n=16). Sie unterstützen dabei, sich überhaupt einen Überblick über die eigene finanzielle Situation zu verschaffen, es geht um die Ein- 95

teilung und Planung der Ausgaben sowie um die ‚Kontrolle‘ durch die MitarbeiterInnen. Diese ‚Kontrolle‘ wird mitunter als hilfreich, weil disziplinierend erlebt – „Ich stehe hier quasi unter sozialer Kontrolle, ich kann nicht mehr tun und lassen was ich will mit meinem Geld ohne dass es den BetreuerInnen auffällt.“ (Int.Nr. 7). • Schuldenbearbeitung: Viele Befragte sind, wie zuvor in Kapitel 8.2.1 dargestellt, mit Schulden konfrontiert. Eine Verbesserung der Einkommenssituation geht daher auch mit einer Bearbeitung dieser Schulden einher. Gut jede/r Zehnte, welche/r eine Verbesserung der finanziellen Lage angibt, begründet dies mit einem erreichten Abbau der Schulden. Hier sind es wiederum die MitarbeiterInnen der WWH, welche teils explizit als hilfreich angesprochen werden, weil gemeinsam ein Überblick zur Verschuldungssituation hergestellt oder eine Weitervermittlung an die Schuldnerberatung initiiert wurde. • Eigenständige Kontrolle über die Finanzen: Für einzelne Frauen (n=4) besteht die Verbesserung ihrer Einkommenssituation darin, dass sie erstmals die Kontrolle über ihre finanzielle Situation besitzen. Sie haben ein eigenes Einkommen, für das sie auch selbst verantwortlich sind und auf das nur sie selbst zugreifen können. Ihre finanziellen Probleme rühren mitunter aus vergangenen Partnerschaften, wie beispielsweise eine 30-jährige Interviewpartnerin erzählt: „Es bleibt mehr Geld im Börserl, weil ich die einzige bin, die darauf zugreift. Früher hat sich der Lebensgefährte immer etwas aus dem Geldbörserl genommen und es verspielt, es blieb kein Geld übrig und wir hatten hohe Schulden, weil er alles verspielt hat.“ (Int.Nr. 59). • Veränderte Lebensumstände: Für etwa jede/n Vierten, welche/r eine Verbesserung der finanziellen Situation wahrnimmt, ist auch die Veränderung der Lebenssituation ein maßgeblicher Beitrag dazu. Die Möglichkeit, im Rahmen der WWH zu wohnen, bedeutet nicht nur einen sicheren Wohnplatz zu haben, sondern oftmals auch eine finanzielle Entlastung auf Grund geringer Wohnkosten. Mehrfach werden hohe Mietkosten vor Eintritt in die WWH angesprochen, welche nun entfallen und größere finanzielle Spielräume schaffen. Aber auch im Vergleich zum Leben auf der Straße bedeutet die Wohnmöglichkeit in der WWH eine finanzielle Entlastung, „das Geld war auf der Straße eher weg“ meint ein Interviewpartner (Int.Nr. 141). Angesprochen wird damit, dass – vor allem in der kalten Jahreszeit – keine ‚konsumationsfreien‘ Räume zur Verfügung stehen oder keine Möglichkeit der Selbstversorgung besteht: „Wenn man auf der Straße lebt, dann kostet das Leben mehr, ich kann jetzt im Supermarkt einkaufen und die Lebensmittel im Kühlschrank aufbewahren, ich muss mir nicht immer etwas Fertiges zum Essen kaufen, das kostet mehr, als wenn ich selber koche. (Int.Nr. 60) Veränderte Lebensumstände inkludieren aber auch die Beendigung eines Suchtverhaltens. Mehrfach begründet sich der größere finanzielle Spielraum auf der Beendigung des Rauchens und Trinkens oder des Konsums sonstiger Suchtmittel. Beitrag WWH zur Verbesserung der finanziellen Situation Es wurde zuvor schon angesprochen, dass mehrere InterviewpartnerInnen ihre verbesserte finanzielle Situation (auch) auf die Unterstützung durch die MitarbeiterInnen der WWH zurückführen. Auf die explizite Frage danach geben insgesamt 55% an, dass bei der Verbesserung der Situation die WWH einen maßgeblichen Beitrag leistete, für weitere 12% wurde zum Teil ein Beitrag geleistet. Frauen sehen etwas häufiger einen Beitrag gegeben als Männer (siehe Tabelle 222). Nach Angebotsformen differenziert zeigt sich, dass – unter Bedachtnahme der zugrundeliegenden Fallzahlen – BewohnerInnen in BEWO zu einem überdurchschnittlich hohen Anteil einen maßgeblichen Beitrag der WWH sehen (siehe Tabelle 8). Begründet wird dies mit der kostengünstigen Wohnung an sich, aber auch mit der Beratung und Betreuung in finanziellen 96

Jahre) zurückliegt. Hintergrund dafür ist ein relativ hoher Anteil von PensionsbezieherInnen<br />

in dieser Gruppe (30% vs. 8% gesamt), welche somit über ein regelmäßiges und langfristig<br />

gesichertes Einkommen verfügen.<br />

Art der Verbesserungen<br />

Worin bestehen die angesprochenen Verbesserungen der Einkommenssituation seit dem<br />

Kontakt mit der WWH? Bei etwa 40% ist die Verbesserung auf einnahmenseitige Faktoren,<br />

d.h. eine Erhöhung des verfügbaren Einkommens durch Sozialleistungen oder Erwerbseinkommen,<br />

zurückzuführen. Sofern in den Gesprächen nähere Erläuterungen hierzu erfolgen,<br />

kristallisieren sich drei wesentliche Einkommensquellen heraus.<br />

• Verbesserung des Einkommens durch die Bedarfsorientierte Mindestsicherung<br />

(BMS): Für mehrere GesprächspartnerInnen (n=12) hat sich die finanzielle Situation<br />

durch einen erstmaligen Bezug der BMS verbessert. Der Kontakt mit der WWH war hier<br />

insofern wesentlich für die verbesserte Einkommenssituation, als dass mehrere Befragte<br />

explizit darauf hinweisen, dass sie zuvor „keine Informationen über Unterstützungen“<br />

(Int.Nr. 187) hatten. Im Rahmen der WWH wurden mögliche Ansprüche abgeklärt und<br />

Anträge auf eine BMS gestellt.<br />

• Verbesserung der finanziellen Situation durch Pensionseintritt: Für einen weiteren<br />

Teil der Befragten (n=8) ist die verbesserte Situation durch den Bezug einer Pension zu<br />

erklären. Dabei ergibt sich die Verbesserung nicht nur aus der Einkommenshöhe, mehrere<br />

InterviewpartnerInnen betonen, dass sie jetzt ein „regelmäßiges Einkommen“ haben<br />

und „keine Anträge mehr beim Sozialamt stellen“ (Int.Nr. 189) müssen. Der Bezug einer<br />

unbefristeten Pension verschafft somit Sicherheit und eröffnet eine finanzielle (Planungs-<br />

)perspektive.<br />

• Erwerbseinkommen: Neben Sozialleistungen hat sich für einige Personen (n=12) die<br />

finanzielle Situation auch durch eine Erwerbstätigkeit verbessert, d.h. sie konnten seit<br />

Eintritt in die WWH eine Arbeitsstelle finden. Dabei handelt es sich vorwiegend um vollzeitige<br />

Stellen, in Einzelfällen um geringfügige Tätigkeiten oder unregelmäßige Jobs,<br />

welche einen Zuverdienst zu einem Sozialleistungsbezug ermöglichen.<br />

Ausgabenseitige Aspekte werden von etwa der Hälfte der GesprächspartnerInnen thematisiert<br />

und sind somit etwas stärker für die Verbesserung der Einkommenssituation verantwortlich<br />

als die Einnahmenseite. Es geht hierbei um den Umgang mit dem vorhandenen Einkommen,<br />

aber auch um Veränderungen der Lebenssituation seit dem Erstkontakt mit der<br />

WWH und damit einhergehende veränderte Ausgabenspielräume.<br />

• Umgang mit Geld: Der sorgsame Umgang mit Geld ist ein wesentlicher Aspekt. Mehrere<br />

GesprächspartnerInnen (n=12) erzählen, dass sie diesen Umgang (wieder) lernen<br />

mussten. Exemplarisch eine Bewohnerin einer Startwohnung: „Ich habe einen besseren<br />

Überblick über meine Ausgaben, komme besser mit dem Geld zurecht, habe gelernt damit<br />

hauszuhalten.“ (Int.Nr. 86). Sich Ausgaben einzuteilen, Ausgabeprioritäten festzulegen,<br />

einen Überblick über die Ausgaben und Einnahmen zu behalten, etc. sind also<br />

Herangehensweisen, mittels derer Befragte versuchen, ein besseres Auskommen mit ihrem<br />

Einkommen zu erreichen.<br />

• Unterstützung der MitarbeiterInnen der WWH: Bei „Geldeinteilung und<br />

-management“ (Int.Nr. 26) wird mehrfach positiv die Hilfe der SozialarbeiterInnen oder<br />

BetreuerInnen im Haus hervorgehoben (n=16). Sie unterstützen dabei, sich überhaupt<br />

einen Überblick über die eigene finanzielle Situation zu verschaffen, es geht um die Ein-<br />

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