Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe - L&R Sozialforschung
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Am relativ bedeutsamsten ist hier das Essen zu sehen. Mit Ausnahme der NachtquartiersklientInnen<br />
– die zumeist die Möglichkeit eines Abendessens und Frühstücks haben und von<br />
denen nur jede/r Vierte das Essen als sehr wichtigen Aspekt des Nachtquartiers erachtet –<br />
legen die Hälfte bis zu zwei Drittel der KlientInnen großen Wert auf die Essensmöglichkeit im<br />
Rahmen der WWH. Der Kontakt mit anderen Personen in ähnlicher Situation ist ebenfalls im<br />
NQ von klar untergeordneter Wichtigkeit, nur 14% erleben dies als wichtigen Aspekt, in den<br />
anderen Angebotsformen sind es ein Drittel bis knapp der Hälfte der Befragten. Die Dauer<br />
des Aufenthalts in der aktuellen Einrichtung hat dabei etwas Einfluss: KlientInnen, die erst<br />
sehr kurz (max. 2 Monate) im aktuellen Wohnhaus/NQ wohnen, sind hier vorsichtiger und<br />
halten diese Kontakte vorwiegend nur für „eher wichtig“ (35%, sehr wichtig: 17%). Mit der<br />
Aufenthaltsdauer gewinnen diese Kontakte an Bedeutung, nach einem halben Jahr halten<br />
über 40% diesen Aspekt für sehr wichtig und weitere 14%-25% für eher wichtig (siehe Tabelle<br />
136). Zur ersten ‚Orientierung‘ bzw. bei einem eher kurzen Aufenthalt in einem Nachtquartier<br />
erscheinen diese Kontaktmöglichkeiten also eher nachrangig, in längerfristiger Perspektive<br />
(und damit in Übergangs- und Dauerwohnformen) gewinnen sie etwas an Bedeutung.<br />
Gemeinschaftsräume, Freizeitangebote sowie die Möglichkeit der Partizipation sind die vergleichsweise<br />
‚unwichtigsten‘ Elemente. Vor allem im SOBEWO-Bereich sind sie nur rund<br />
einem Viertel bis einem Drittel der KlientInnen sehr wichtig. Im zielgruppenspezifischen<br />
Übergangswohnen hingegen haben insbesondere die Mitgestaltungsmöglichkeiten sowie die<br />
Freizeitangebote einen vergleichsweise höheren Stellenwert.<br />
7.3.2 Subjektive Bewertung der Angebotselemente<br />
In einem zweiten Schritt wurden alle genannten Items auf ihre Umsetzung in der aktuell genutzten<br />
Einrichtung hin beleuchtet und die RespondentInnen um eine Benotung mittels<br />
Schulnotensystems ersucht. Die folgende Abbildung 18 gibt einen Überblick über die durchschnittlichen<br />
Benotungen (vgl. auch Tabelle 144ff).. 29 Dabei fällt auf, dass durchwegs und in<br />
allen Angebotsformen überwiegend gute Noten gegeben werden und sich hohe Mittelwerte<br />
zwischen ‚sehr gut‘ und ‚gut‘ errechnen. Es erscheint wesentlich, als Hintergrund dieser positiven<br />
Bewertungen die lebensbiographische ‚Notsituation‘ der Wohnungslosigkeit zu thematisieren.<br />
Die KlientInnen stehen in einer gewissen Abhängigkeit von den Angeboten der WWH<br />
– in den meisten Fällen geht der Nutzung der WWH ein Scheitern am privaten Wohnungsmarkt<br />
voraus, und es würde das Verlassen der Einrichtung (oder der institutionellen Hilfe im<br />
weiteren Sinn) zum aktuellen Zeitpunkt nicht unwahrscheinlich zu einem Leben auf der Straße<br />
führen – was weder für die Betroffenen persönlich erstrebenswert ist, noch sozial als<br />
wünschenswert gilt. Die KlientInnen sind im Moment des Interviews von der grundlegenden<br />
Versorgungsfunktion der WWH abhängig, die die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen<br />
ermöglicht. Daher ist es fraglich, wie kritisch in dieser Situation die Gegebenheiten gesehen<br />
werden (können) und wie kritisch man sich einer außenstehenden Person gegenüber äußert.<br />
KlientInnen nehmen vermutlich zum Teil auch an, der/die InterviewerIn (beziehungsweise die<br />
Gesellschaft im Allgemeinen) erwarte von ihnen eine gewisse Dankbarkeit und in der Folge<br />
eine positive Bewertung der erhaltenen Leistungen (im Sinne eines sozial erwünschten Antwortverhaltens,<br />
s. methodologische Grundlagen, beispielsweise Berger/Luckmann 1966). Es<br />
soll damit aber nicht gesagt sein, dass die Bewertungen der KlientInnen falsch oder anzu-<br />
29<br />
Berechnung des Mittelwerts auf Basis des 5-stufigen Schulnotensystems (1=sehr gut, 2=eher gut,<br />
3=befriedigend, 4=genügend, 5=nicht genügend). Es wird ein identer Abstand zwischen den Ausprägungen<br />
angenommen, sodass wie auf Intervallniveau ein Mittelwert gebildet werden kann. Je niedriger der Mittelwert<br />
für ein Element, d.h. je näher beim Wert 1, desto positiver die Benotung.<br />
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