Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe - L&R Sozialforschung

Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe - L&R Sozialforschung Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe - L&R Sozialforschung

lrsocialresearch.at
von lrsocialresearch.at Mehr von diesem Publisher
22.04.2014 Aufrufe

Das Ende einer Partnerschaft bildet für etwa jede fünfte Frau und jeden sechsten Mann den persönlichen Rahmen für die Beendigung einer gesicherten Wohnsituation, mitunter geht es dabei um Scheidungen, aber auch der Tod des Partners/der Partnerin werden hier genannt. Eigene gesundheitliche Schwierigkeiten können zum Verlust des Wohnraums mit beitragen, etwa wenn aufgrund von Depressionen die Mietkosten nicht mehr verfolgt werden oder wenn es aufgrund körperlicher Erkrankungen wie etwa eines Herzinfarkts zu Verdienstentgang oder Arbeitsverlust und damit finanziellen Schwierigkeiten kommt. Jede/r Fünfte gibt schließlich noch andere als die genannten Umstände für die Beendigung der Wohnsituation an. Hierbei geht es zum Teil um weitere Gründe für einen eher freiwilligen Auszug, so haben einige einen Wohnortwechsel nach Wien geplant, etwa weil der Arbeitsvertrag andernorts zu Ende war (beispielsweise in Tunesien, Int.Nr. 22) oder aus anderen Gründen eine Rückkehr nach Österreich geplant wurde (beispielsweise aus Spanien, Int.Nr. 50). Auch innerhalb Österreichs gab es derartige vereinzelte Migrationen. Eine weitere Reihe von Antworten in der Kategorie der „Sonstigen Umstände“ verweist auf Fehler anderer Personen, die zum Wohnungsverlust führten. Einige Personen berichten, dass sich andere Personen in der Wohnung so unangemessen verhalten haben und es daher zu einer Räumung kam (etwa durch Lärm Int.Nr. 118, oder Alkoholmissbrauch, Int.Nr. 146). Auch dass Mietzahlungen durch Personen, die über die Wohnung verfügten, nicht durchgeführt wurden (etwa durch den Bruder – Int.Nr. 156, oder den Vater – Int.Nr. 150) und es daher ohne dem Wissen der Betroffenen zu einem Verlust des Wohnraums kam, wurde berichtet –- wie das auch das folgende Zitat veranschaulicht: „Ich habe in der Wohnung einer Freundin gewohnt, habe dieser immer meinen Teil der Miete bezahlt, diese hat es aber dem Inhaber nicht weiter gezahlt, so wurden wir beide aus der Wohnung delogiert, ohne dass ich etwas noch machen konnte, und nicht mal etwas darüber im Vorhinein wusste.“ (Int.Nr. 34) Das konkrete Spektrum der individuellen Geschichten ist letztlich sehr breit. Das Beispiel von zwei Frauen sei zur Veranschaulichung dieser Breite noch angeführt: Die eine schreibt ihren Wohnungsverlust einem Betrug ihres Ehemanns zu, der sie im wahrsten Sinn des Wortes sitzen ließ und in sein Heimatland (ehem. Jugoslawien) zurückgekehrt ist, während die Wohnung auf ihn lautete und nicht mehr bezahlt wurde (Int.Nr. 143). Die andere erlebte eine offene Ablehnung von Seiten des Vermieters als sie schwanger wurde: Der Vermieter wollte keine kleinen Kinder und hat sie ohne weitere Angaben gekündigt (Int.Nr. 1). 7 Nutzung von Angeboten der WWH 7.1 Erstkontakt und bisherige Verbleibsdauer im System der WWH Über welchen Angebotstyp erfolgte der erste Kontakt der späteren KlientInnen mit der WWH? Diese Frage ist wesentlich, wenn man die Zugangswege und die Erreichung der KlientInnen thematisieren will. Erwartungsgemäß spielen hierbei die Beratungsangebote eine zentrale Rolle (vgl. Abbildung 13). Über 60% aller befragten KlientInnen kamen zunächst einmal mit einer Beratungsstelle der WWH in Kontakt. Der Wortlaut der Einrichtung wurde im Rahmen der Befragung nicht erfasst, anzunehmen ist aber, dass es sich in den meisten Fäl- 49

len um bzWO oder P7 handelt, seltener eine Gesundheitsberatungsstelle oder eine Stelle zur Beratung von MigrantInnen (siehe hierzu Kapitel 3.1). Der Anteil an Kontakten über Beratungsangebote nimmt im Zeitverlauf zu, was sich an Unterschieden in Abhängigkeit von der Verweildauer im System der WWH zeigt: Liegt der Erstkontakt länger als drei Jahre zurück, erfolgte ‚nur‘ bei rund 40% der Zugang über Beratungsangebote – bei KlientInnen mit einer kürzeren Verweildauer liegt dieser Anteil bei knapp 70% (vgl. Tabelle 85). Hierin – so eine mögliche Interpretation - spiegelt sich eine Formalisierung des Zugangs zu Leistungen der WWH. KlientInnen, die schon länger als drei Jahre Angebote der WWH in Anspruch nehmen, nahmen den ersten Kontakt mit der WWH verstärkt auch über Tageszentren auf (40% derer, die zwischen drei und sechs Jahren die WWH nutzen), und auch der direkte Zugang in Wohnangebote, respektive in Übergangswohnhäuser, war früher eine vergleichsweise häufige Form des Erstkontakts (19% derer, die länger als sechs Jahre die WWH nutzen). Tageszentren können als der zweite wesentliche Zugangsweg gelten. Insgesamt 17% der befragten KlientInnen gelangten so in Kontakt mit der WWH. Gerade Tageszentren werden oftmals auch schon genutzt, bevor die vorhergehende Wohnsituation beendet wird/werden muss. Die Gruppe von KlientInnen, die ihre vorherige Wohnmöglichkeit zum Zeitpunkt des Erstkontakts mit der WWH weiterhin behalten hat, ist nicht sehr groß ist – vielmehr haben 88% der KlientInnen beim Erstkontakt ihre vorherige Wohnmöglichkeit aufgegeben oder verloren (vgl. Tabelle 86f). Für diese andere kleine Gruppe aber spielen Tageszentren häufig die Rolle der ersten genutzten Einrichtungen, denn 39% von ihnen nennen Tageszentren als ihren ersten Kontakt mit der WWH. Insgesamt sind Tageszentren für Männer häufiger die erste Anlaufstelle als für Frauen, von ihnen geben nur 10% ein Tageszentrum als ersten Kontakt mit der WWH an. Dies unterstützt die These der Dominanz männlicher Klienten in diesen Einrichtungen, die auch in den ExpertInnen-Interviews thematisiert wurde (vgl. Kapitel 14.2). 50

len um bzWO oder P7 handelt, seltener eine Gesundheitsberatungsstelle oder eine Stelle<br />

zur Beratung von MigrantInnen (siehe hierzu Kapitel 3.1).<br />

Der Anteil an Kontakten über Beratungsangebote nimmt im Zeitverlauf zu, was sich an Unterschieden<br />

in Abhängigkeit von der Verweildauer im System der WWH zeigt: Liegt der Erstkontakt<br />

länger als drei Jahre zurück, erfolgte ‚nur‘ bei rund 40% der Zugang über Beratungsangebote<br />

– bei KlientInnen mit einer kürzeren Verweildauer liegt dieser Anteil bei knapp 70%<br />

(vgl. Tabelle 85). Hierin – so eine mögliche Interpretation - spiegelt sich eine Formalisierung<br />

des Zugangs zu Leistungen der WWH.<br />

KlientInnen, die schon länger als drei Jahre Angebote der WWH in Anspruch nehmen, nahmen<br />

den ersten Kontakt mit der WWH verstärkt auch über Tageszentren auf (40% derer, die<br />

zwischen drei und sechs Jahren die WWH nutzen), und auch der direkte Zugang in Wohnangebote,<br />

respektive in Übergangswohnhäuser, war früher eine vergleichsweise häufige<br />

Form des Erstkontakts (19% derer, die länger als sechs Jahre die WWH nutzen).<br />

Tageszentren können als der zweite wesentliche Zugangsweg gelten. Insgesamt 17% der<br />

befragten KlientInnen gelangten so in Kontakt mit der WWH. Gerade Tageszentren werden<br />

oftmals auch schon genutzt, bevor die vorhergehende Wohnsituation beendet wird/werden<br />

muss. Die Gruppe von KlientInnen, die ihre vorherige Wohnmöglichkeit zum Zeitpunkt des<br />

Erstkontakts mit der WWH weiterhin behalten hat, ist nicht sehr groß ist – vielmehr haben<br />

88% der KlientInnen beim Erstkontakt ihre vorherige Wohnmöglichkeit aufgegeben oder verloren<br />

(vgl. Tabelle 86f). Für diese andere kleine Gruppe aber spielen Tageszentren häufig<br />

die Rolle der ersten genutzten Einrichtungen, denn 39% von ihnen nennen Tageszentren als<br />

ihren ersten Kontakt mit der WWH. Insgesamt sind Tageszentren für Männer häufiger die<br />

erste Anlaufstelle als für Frauen, von ihnen geben nur 10% ein Tageszentrum als ersten<br />

Kontakt mit der WWH an. Dies unterstützt die These der Dominanz männlicher Klienten in<br />

diesen Einrichtungen, die auch in den ExpertInnen-Interviews thematisiert wurde (vgl. Kapitel<br />

14.2).<br />

50

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!