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Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe - L&R Sozialforschung

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In mehreren (Wohn-)Biografien insbesondere mit vorhergehenden prekären Wohnkonstellationen<br />

ist die Beschreibung für den Zeitpunkt des Erstkontakts mit der WWH mitunter ein<br />

schwieriges Unterfangen. Teilweise entsteht hier der Eindruck, der persönlichen Geschichte<br />

mit der Reduktion auf einen einzigen Zeitpunkt nicht gerecht werden zu können. Zum Teil<br />

handelt es sich bei den Wohnverläufen um nicht-lineare, stark fragmentierte, diskontinuierliche<br />

Verläufe, was durch das folgende Zitat veranschaulicht wird; Der/die InterviewerIn hat<br />

hier aufgrund der ungenügenden Zuordnung zu einer Form alle erzählten, vorherigen Stationen<br />

der Wohnungslosigkeit dokumentiert: „Die Interviewperson hat folgende Stationen der<br />

Obdach-/Wohnungslosigkeit durchgemacht: hat 2009 seine eigene Wohnung in Salzburg<br />

wegen Haft verloren - 14 Monate Haft - 2 Monate obdachlos in Salzburg - entscheidet sich<br />

nach Wien zu gehen weil dort die Sozialeinrichtungen viel besser seien - geht in die Gruft -<br />

dann zu Tabeno - dann Hermes - Gruft - 6 Wochen obdachlos in Wien - dann wieder Tabeno<br />

- und letztendlich R3“ (Int.Nr. 198)<br />

Wie lange bestand die prekäre Wohnsituation vor Erstkontakt mit WWH?<br />

In der Hälfte der Fälle dauerte diese Wohnsituation bis zu einem halben Jahr (vgl. Tabelle<br />

82): über 80% der Frauen und knapp 40% der Männer geben einen Zeitraum von bis zu<br />

sechs Monaten an, wobei das Minimum einige wenige Tage beträgt, der Großteil verteilt sich<br />

gleichmäßig auf Zeitspannen von 1 bis 6 Monaten. Ein weiteres Drittel lebte bis zu drei Jahren<br />

in ungesicherten Wohnsituationen. Vor allem bei Männern treten auch langfristige ungesicherte<br />

Wohnsituationen auf, in Einzelfällen wurden hier Angaben von bis zu 35 Jahren gemacht<br />

14 .<br />

Gesicherte Wohnsituationen<br />

Zu den Wohnformen des ‚gesicherten Wohnens‘ zählt in zwei von drei Fällen die eigene<br />

Wohnung/Haus/Zimmer. Dazu wurde die Haupt- oder Untermiete in einer Miet- oder Gemeindewohnung,<br />

sowie auch Eigentums-, Genossenschafts- oder Dienstwohnungen gezählt.<br />

Bei einem Viertel handelte es sich um eine Wohneinheit bei PartnerIn, FreundInnen oder<br />

Bekannten, bei 10% um die Wohnmöglichkeit bei den Eltern oder in einer Wohneinheit,<br />

die ihren Eltern gehörte.<br />

In allen drei Antwortkategorien wurde auf das genaue miet- bzw. eigentumsrechtliche Verhältnis<br />

jedoch nicht näher eingegangen – die Zuordnung erfolgte durch die InterviewpartnerInnen<br />

auf Basis ihrer Wahrnehmung, ob es sich dabei um „ihre eigene“ Wohnung handelte,<br />

oder mehr um die ihres Partners/ihrer Partnerin oder die ihrer Eltern. Eine Frau beispielsweise,<br />

die gemeinsam mit ihrem Ehemann lebte, ordnete sich also eher der ersten Kategorie zu,<br />

wenn sie es als ihre eigene oder ihre gemeinsame Wohnung erlebte (beispielsweise wenn<br />

sie Teile der Mietkosten trug) oder auch der zweiten Kategorie, wenn die Wohnung auf den<br />

Ehemann lief und sie es als seine Wohnung wahrnahm – beides unabhängig von den vertraglichen<br />

oder rechtlichen Situation. Das gewählte Fallbeispiel verweist bereits auf die dabei<br />

bestehenden geschlechtsspezifischen Differenzen (siehe Abbildung 10): Frauen verfügten –<br />

in ihrer eigenen Wahrnehmung – seltener über eigenen Wohnraum als Männer und lebten<br />

häufiger in „Mitwohnsituationen“ beim Partner oder auch FreundInnen, Bekannten und Verwandten.<br />

Diese Problematik einer versteckten Wohnungslosigkeit von Frauen, die mit dem<br />

Akzeptieren schlechter Wohn- und Lebensbedingungen und insbesondere auch von Gewalt<br />

und Machtausübung verbunden sein kann, findet sich auch in der Reflexion der MitarbeiterInnen<br />

der WWH (vgl. Kapitel 16).<br />

14<br />

Für einen Vergleich der mittleren Verweildauern zwischen den einzelnen Wohnformen liegen zu wenige Fälle<br />

für die einzelnen Wohnformen vor. Einzig für den Fall der Obdachlosigkeit mit n=28 lässt sich eine mittlere<br />

Dauer von 6 Monaten errechnen (Median).<br />

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