Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe - L&R Sozialforschung
Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe - L&R Sozialforschung Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe - L&R Sozialforschung
zum Ausdruck. Es geht um eine „Hilfe zur Selbsthilfe, Ursachenbekämpfung, nicht (nur) Bekämpfen der Symptome“ (76_BEWO), nicht Problembeseitigung sondern Problemlösung. Häufig kommt der Begriff der „Befähigung“ zur Anwendung: die Betreuung versucht, die KlientInnen „soweit zu befähigen, dass sie in Zukunft eigenständig in einem leistbaren Umfeld (Wohnung) selbstständig leben können“ (69_BEWO), es geht um eine „Befähigung zur Selbsthilfe“ (56_ÜWO) Nachhaltige Arbeitsweisen stellen sich konsequent auf die Bedürfnisse der KlientInnen ein, denn nur so – so der Tenor in den Reflexionen – können diese Veränderungen erreicht werden. Dabei geht es um die Auswahl der für jede/n KlientIn individuell passenden Wohn- und Betreuungsform, um punktgenaue Hilfestellungen und Interventionen (88_BEWO), wobei zweimal auch der Zeitfaktor angesprochen wird: Nachhaltige Arbeit bedeutet also auch, „dass KlientInnen die Zeit bekommen die sie brauchen. Ich halte nichts davon, jemanden wegen Platzmangels oder Fristablauf zu "entlassen", wenn gewisse erworbene, neue Kompetenzen nicht ausreichend gefestigt sind" (11_ÜWO) Auf systemischer Ebene ist eine Nachhaltigkeit der Betreuung nicht nur mit Blick auf die KlientInnen ein wesentliches Ziel, sondern auch aus Kostengründen. Nachhaltige Arbeitsweisen brauchen Ressourcen. Die Nachhaltigkeit der Betreuungsarbeit der WWH ist damit ganz wesentlich auch eine Frage der Nachhaltigkeit der eingesetzten finanziellen Mittel. Hier wird argumentiert, dass nachhaltige Arbeitsweisen zwar vordergründig kostenintensiver erscheinen, sich aber in einer langfristigen Perspektive rechnen: „Lieber einmal länger und richtig in Richtung dauerhafte Stabilisierung unterstützt als aus kurzfristigen finanziellen Blickwinkeln zu früh in die unstabile, vermeintliche Verselbstständigung ohne weitere Möglichkeit der Betreuung entlassen. Jeder Rückschlag macht ein weiteres Aufstehen schwerer (und auch teurer…)“ (56_ÜWO). Bestimmend in vielen Reflexionen der Nachhaltigkeit auf systemischer Ebene ist das Fehlen einer Nachbetreuung. Zwei Argumentationslinien lassen sich hier finden. • Nachbetreuung ist wesentlich für die Nachhaltigkeit der Betreuung. Der Übergang einer (mehr oder weniger) betreuten Wohnform in eine Finalwohnung ist für KlientInnen oftmals ein entscheidender Bruch. Kritisiert wird, dass die WWH ihren KlientInnen hierbei keine weitere Unterstützung anbieten kann und die Nachhaltigkeit der vorangegangenen Betreuungsarbeit aufs Spiel gesetzt wird. Nachhaltigkeit ist erst „dann möglich, wenn Nachbetreuungen in den später eigenen Wohnformen, wie zb Gemeindewohnung, finanziert würden“ (37_ÜWO). Für die Zeit nach dem Einzug in die Finalwohnung werden unterschiedliche weiterführende Unterstützungsstrukturen angesprochen, etwa generell „niedrigschwellige Betreuungsangebote“ (25_NQ), psychologische Hilfsangebote (vor allem für psychisch und suchtkranke Personen, 8_ÜWO) oder eine Delogierungsprävention (78_BEWO). • Gleichzeitig ist eine Nachbetreuung wesentlich zur Beurteilung der Nachhaltigkeit der Betreuung. Viele RespondentInnen stellen kritisch fest, nichts zur Nachhaltigkeit ihrer Betreuungsarbeit sagen zu können, da ihnen die entsprechenden Informationen fehlen. Eine nachgehende Begleitung ehemaliger KlientInnen wäre eine Quelle wesentlicher und wertvoller Informationen für das System der WWH, sie würde die späteren Erfolge und Wirkungen der Betreuungsarbeit beobachten und ins System im Sinne einer Qualitätssicherung zurückspielen. Die Nachhaltigkeit in der sozialen Arbeit „sollte überprüft werden, damit daraus Erkenntnisse auf unsere Interventionen und unsere Arbeitsweise“ (86_ÜWO) abgeleitet werden können. „Nachhaltigkeit ist das Um und auf in der Wohnungslosenhilfe und wird bisher viel zu wenig beachtet, begleitet, beforscht“ (56_ÜWO). 215
16.7 Soziale Integration Der Begriff der sozialen Integration ist schließlich ein Schlüsselbegriff, um den sich die anderen bereits diskutierten Begriffe herumgruppieren. Vom Verständnis her lassen sich aus den Reflexionen zunächst zwei Definitionszugänge differenzieren: zum einen nähern sich RespondentInnen von Seiten eines Statuskonzepts und definieren soziale Integration als einen „Platz“ in einer Gruppe oder der Gesellschaft generell, den eine Person hat oder haben kann oder soll. Begrifflich wird hier von „Zugehörigkeit“ gesprochen, von einem „Eingebunden- Sein“ in einen sozialen Verbund, von einem „Dazugehören“. Ein Teil davon ist die entsprechende perzeptive Wahrnehmung, also dass man sich „zugehörig“ oder „angenommen“ fühlt. Zum anderen wird soziale Integration auf einer Handlungsebene gesehen. Hier geht es darum, was Personen oder Gruppen tun, wie sie sich verhalten, um als sozial integriert zu gelten. Wesentlich ist weiters, dass soziale Integration mehrere Bezugssysteme beinhaltet. In Bezug worauf wird über Integration gesprochen, worin ist eine Person integriert? Eine Respondentin meint dazu etwa: „Soziale Integration ist für mich nicht so klar. […] Ein Punk z.B. ist in seiner Gruppe sehr wohl integriert, bei vielen anderen aber nicht“ (28_SOBEWO). Der Bezugsraum sozialer Integration wird auf drei Ebenen reflektiert. • In der täglichen Arbeit ist soziale Integration zunächst auf Ebene der Einrichtung zu verorten. Ein soziales Gefüge im Wohnhaus, in dem die BewohnerInnen soziale Integration erleben können, ist für alle Beteiligten wertvoll. Die Beschränkung sozialer Kontakte auf innerhalb des Hauses wird aber kritisch gesehen: Der Ausbau der Angebotsstruktur der WWH baut gewissermaßen an „Parallelstrukturen“ (40_ka), was der eigentlich gewünschten sozialen Integration von KlientInnen entgegen wirkt, denn diese sollte über den Kontakt zu „sozialen HelferInnen (SozialarbeiterInnen, ÄrztInnen, PsychologInnen, BetreuerInnen,..), Personen aus dem Feld der WWH oder der "Szene"“ (4_ÜWO) hinausgehen. • Das erweiterte soziale Umfeld bezieht sich auf Familie, Freunde, Bekannte und ein weites Feld gemeinschaftlicher Systeme wie Vereine, Kirchen, Mütterrunden, Sportgruppen, Nachbarschaft, etc. • Auf einer abstrakteren Ebene bezieht sich soziale Integration auf eine übergeordnete Gesellschaft. Integration kann hier in Bezug auf verschiedene Teilbereiche gedacht werden, etwa auf Arbeit/Erwerbsleben, Gesundheitssystem, Kultur, etc. Wie verhält sich nun ein sozial integrierter Mensch, oder was zeichnet ihn aus? Welche sind die inhaltlichen Bestimmungsfaktoren sozialer Integration? Auf den beiden unmittelbaren Bezugsebenen (Einrichtung, Freundeskreis) geht es um die direkte soziale Interaktion. In der Definition dessen, was ein sozial integriertes Individuum auszeichnet, stehen hier die interaktiven, kooperativen Momente im Zentrum. Soziale Integration beruht in diesem Sinn auf dem Aufbau und der Pflege von Kontakten, sozialen Banden, Netzwerken und Gemeinschaftsgefügen, einem „Miteinander“ (76_BEWO) das durch „Rücksicht“ (5_ÜWO) und einen „respektvollen Umgang“ (14_SOBEWO) gekennzeichnet ist. Wesentlich ist dabei das interaktive Moment, die gegenseitige Beziehung: „Sich sozial zu integrieren bedeutet sich nicht von seinem Umfeld zu isolieren, sondern mit diesem in Kontakt zu treten und Beziehungen herzustellen, die u.a. durch Wechselseitigkeit gekennzeichnet sind“ (48_BEWO). Mangelnde soziale Integration hat auf dieser Ebene die Isolation der Einzelpersonen, „Einsamkeit, schlechte Laune oder depressive Verstimmung“ (11_ÜWO) zur Folge. Im Bereich des SOBEWO hat die Frage des Verhältnisses von Kontakten im und Kontakte außer Haus mitunter eine eigene Dynamik. Da das Leben der KlientInnen perspektivisch oft 216
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zum Ausdruck. Es geht um eine „Hilfe zur Selbsthilfe, Ursachenbekämpfung, nicht (nur) Bekämpfen<br />
der Symptome“ (76_BEWO), nicht Problembeseitigung sondern Problemlösung.<br />
Häufig kommt der Begriff der „Befähigung“ zur Anwendung: die Betreuung versucht, die KlientInnen<br />
„soweit zu befähigen, dass sie in Zukunft eigenständig in einem leistbaren Umfeld<br />
(Wohnung) selbstständig leben können“ (69_BEWO), es geht um eine „Befähigung zur<br />
Selbsthilfe“ (56_ÜWO)<br />
Nachhaltige Arbeitsweisen stellen sich konsequent auf die Bedürfnisse der KlientInnen ein,<br />
denn nur so – so der Tenor in den Reflexionen – können diese Veränderungen erreicht werden.<br />
Dabei geht es um die Auswahl der für jede/n KlientIn individuell passenden Wohn- und<br />
Betreuungsform, um punktgenaue Hilfestellungen und Interventionen (88_BEWO), wobei<br />
zweimal auch der Zeitfaktor angesprochen wird: Nachhaltige Arbeit bedeutet also auch,<br />
„dass KlientInnen die Zeit bekommen die sie brauchen. Ich halte nichts davon, jemanden<br />
wegen Platzmangels oder Fristablauf zu "entlassen", wenn gewisse erworbene, neue Kompetenzen<br />
nicht ausreichend gefestigt sind" (11_ÜWO)<br />
Auf systemischer Ebene ist eine Nachhaltigkeit der Betreuung nicht nur mit Blick auf die<br />
KlientInnen ein wesentliches Ziel, sondern auch aus Kostengründen. Nachhaltige Arbeitsweisen<br />
brauchen Ressourcen. Die Nachhaltigkeit der Betreuungsarbeit der WWH ist damit<br />
ganz wesentlich auch eine Frage der Nachhaltigkeit der eingesetzten finanziellen Mittel. Hier<br />
wird argumentiert, dass nachhaltige Arbeitsweisen zwar vordergründig kostenintensiver erscheinen,<br />
sich aber in einer langfristigen Perspektive rechnen: „Lieber einmal länger und<br />
richtig in Richtung dauerhafte Stabilisierung unterstützt als aus kurzfristigen finanziellen<br />
Blickwinkeln zu früh in die unstabile, vermeintliche Verselbstständigung ohne weitere Möglichkeit<br />
der Betreuung entlassen. Jeder Rückschlag macht ein weiteres Aufstehen schwerer<br />
(und auch teurer…)“ (56_ÜWO).<br />
Bestimmend in vielen Reflexionen der Nachhaltigkeit auf systemischer Ebene ist das Fehlen<br />
einer Nachbetreuung. Zwei Argumentationslinien lassen sich hier finden.<br />
• Nachbetreuung ist wesentlich für die Nachhaltigkeit der Betreuung. Der Übergang einer<br />
(mehr oder weniger) betreuten Wohnform in eine Finalwohnung ist für KlientInnen oftmals<br />
ein entscheidender Bruch. Kritisiert wird, dass die WWH ihren KlientInnen hierbei<br />
keine weitere Unterstützung anbieten kann und die Nachhaltigkeit der vorangegangenen<br />
Betreuungsarbeit aufs Spiel gesetzt wird. Nachhaltigkeit ist erst „dann möglich, wenn<br />
Nachbetreuungen in den später eigenen Wohnformen, wie zb Gemeindewohnung, finanziert<br />
würden“ (37_ÜWO). Für die Zeit nach dem Einzug in die Finalwohnung werden unterschiedliche<br />
weiterführende Unterstützungsstrukturen angesprochen, etwa generell<br />
„niedrigschwellige Betreuungsangebote“ (25_NQ), psychologische Hilfsangebote (vor allem<br />
für psychisch und suchtkranke Personen, 8_ÜWO) oder eine Delogierungsprävention<br />
(78_BEWO).<br />
• Gleichzeitig ist eine Nachbetreuung wesentlich zur Beurteilung der Nachhaltigkeit der<br />
Betreuung. Viele RespondentInnen stellen kritisch fest, nichts zur Nachhaltigkeit ihrer Betreuungsarbeit<br />
sagen zu können, da ihnen die entsprechenden Informationen fehlen. Eine<br />
nachgehende Begleitung ehemaliger KlientInnen wäre eine Quelle wesentlicher und<br />
wertvoller Informationen für das System der WWH, sie würde die späteren Erfolge und<br />
Wirkungen der Betreuungsarbeit beobachten und ins System im Sinne einer Qualitätssicherung<br />
zurückspielen. Die Nachhaltigkeit in der sozialen Arbeit „sollte überprüft werden,<br />
damit daraus Erkenntnisse auf unsere Interventionen und unsere Arbeitsweise“<br />
(86_ÜWO) abgeleitet werden können. „Nachhaltigkeit ist das Um und auf in der <strong>Wohnungslosenhilfe</strong><br />
und wird bisher viel zu wenig beachtet, begleitet, beforscht“ (56_ÜWO).<br />
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