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Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe - L&R Sozialforschung

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Menschen zu betreuen, wird das Bestehen von Betreuungsbedarf gleichsam vorausgesetzt:<br />

„Prinzipiell kann beim Klientel der <strong>Wohnungslosenhilfe</strong> davon ausgegangen werden,<br />

dass ein Bedarf besteht, nur die Intensität kann variieren“ (79_SOBEWO). Der Bedarf<br />

wird dabei jedenfalls in „objektiver“ Weise verstanden, auch wenn das „subjektiven<br />

Empfinden“ der KlientInnen davon abweichen mag (bspw. 26_SOBEWO). Zu seiner Ermittlung<br />

nehmen die MitarbeiterInnen – in ihrer Funktion als ProfessionistInnen und VertreterInnen<br />

der Einrichtung – eine diesbezügliche „Einschätzung des zu Betreuenden<br />

Menschen [vor], z.B. Selbständigkeit/ Unselbständigkeit, Erkrankungen, eventuelle Pflegestufe,<br />

Substanzkonsum, Sachwalter Ja oder Nein.“ (9_ÜWO). Die Problemwahrnehmung<br />

hängt dabei freilich auch vom Blickwinkel der ProfessionistInnen ab, wie eine Respondentin<br />

meint, denn “es stellt sich auch immer die Frage, auf welche Themen die Sozialarbeiterin<br />

sensibel ist und deshalb wahrnimmt“ (86_ÜWO).<br />

• Ein anderer, als stark klientInnenorientiert zu beschreibender Zugang lässt sich jenen<br />

acht Personen zuschreiben, die in ihrer Definition von Betreuungsbedarf konsequent<br />

den/die KlientIn in den Mittelpunkt stellen. In ihren Beschreibungen ist primär ausschlaggebend,<br />

welche Wünsche die KlientInnen haben. Betreuungsbedarf besteht demnach<br />

dann, „wenn eine Person um Hilfe bittet“ (8_ÜWO), etwa weil ihre Lebenssituation unerträglich<br />

geworden ist. Schwierig mag dabei die Kommunikation sein, denn wohl nur „im<br />

Idealfall kann der Betroffene formulieren, welche Hilfe und Unterstützung er benötigt“<br />

(78_BEWO). Zentral ist bei diesem Verständnis von Betreuungsbedarf jedenfalls die Erwähnung<br />

der Notwendigkeit, dass der/die KlientIn bereit ist, Hilfsangebote anzunehmen<br />

und Unterstützung zuzulassen.<br />

• In sechs Rückmeldungen wird die Ermittlung des Betreuungsbedarfs als gemeinsamer,<br />

diskursiver Aushandlungsprozess der Beteiligten beschrieben. Ein solcher kooperativer<br />

Zugang versteht die Definition eines Betreuungsbedarfs als einen gemeinsamen Konstruktionsprozess.<br />

Betreuungsbedarf besteht nicht an sich sondern wird „ausgehandelt“<br />

(2_ÜWO) und nimmt in der Auseinandersetzung der Situation der KlientInnen, den Rahmenbedingungen<br />

und den Zielen der Betreuungseinrichtung Form an. Es ist dies ein<br />

„Konzept einer prozessbezogenen Erarbeitung einer gemeinsamen Sicht auf Probleme<br />

und Ressourcen mit <strong>Evaluierung</strong> und Möglichkeiten der Anpassung im Betreuungsverlauf“<br />

(74_SOBEWO). Dafür muss es notwendigerweise einen Diskurs und die Kooperation<br />

von BetreuerIn und KlientIn geben (42_SOBEWO)<br />

• Als vierter Zugang kann schließlich ein technokratisches, systemorientiertes Herangehen<br />

von sechs Personen bezeichnet werden. Betreuungsbedarf kann aus Sicht der<br />

Einrichtung auch als der „zeitliche und personelle Aufwand [verstanden werden], den ein<br />

Fall innerhalb einer Einrichtung/ eines Teams in Anspruch nimmt, um das Ziel der Einrichtung/<br />

der AuftraggeberInnen/ der FördergeberInnen zu erreichen. z.B Wie viele Stunden<br />

benötigt eine SozialarbeiterIn, um eine/n Klienten wieder in den Leistungsbezug des<br />

AMS einzugliedern“ (29_BERA). Es geht dabei um die Zeit, Intensität und Methodenvielfalt,<br />

die „aufgewendet werden muss, um einem/r BewohnerIn das Wohnen in unserer<br />

Einrichtung zu ermöglichen“ (60_SOBEWO). Als alternativer Begriff in dieser systemischen<br />

Lesart wird auch „Betreuungsumfang“ vorgeschlagen (38_ka).<br />

Die diversen genannten Unschärfen in Bezug auf die mit Betreuung verstandene Interventionsform<br />

(von Beratung über Unterstützung bis Betreuung) und die konstruktivistischen Dimensionen<br />

(„objektiver und subjektiver Bedarf“, „Aushandlungsprozess zwischen den Beteiligten“)<br />

machen den Begriff des Betreuungsbedarfs in Summe für viele RespondentInnen<br />

relativ unklar. Insgesamt sind es nur sieben RespondentInnen, die explizit meinen, der Begriff<br />

ist für sie in ihrer Arbeit klar und präzise. Rund jede/r Sechste bringt dem gegenüber<br />

explizit zum Ausdruck, dass der Begriff in der Praxis unklar ist. Die Personen mit einem kli-<br />

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