Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe - L&R Sozialforschung

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tInnen korrekterweise daher als „ehemals Wohnungslose“ bezeichnet werden), bei zweiterem weil zwar kein richtiger Mietvertrag, aber doch eine Wohnung gegeben ist (56_ÜWO). Die klare Abgrenzung dieser beiden Begriffe wird jedoch dennoch nicht von allen RespondentInnen vorgenommen. Abgesehen von rund jenem Viertel der Antworten, in denen keine explizite Unterscheidung vorgenommen sondern eine allgemeine, zumeist sehr knappe allgemeine Erklärung gegeben wird 51 , wird doch bei rund jedem zehnten Reflexionsbogen deutlich, dass die Begriffe definitiv nicht unterschieden werden 52 . Vor dem Hintergrund der obigen Anmerkung zu den Unschärfen der Begriffe bezüglich des Sozial Betreuten Wohnens und des Betreuten Wohnens in Wohnungen verwundert es daher nicht, dass die Klarheit tendenziell gerade in diesen Betreuungsform etwas weniger gegeben ist. 53 Innerhalb des Systems der WWH sind die beiden Begriffe also weitgehend geläufig und auch sehr wesentlich, weil sich unterschiedliche Bewertungen und andere Ziele für die Betreuung der KlientInnen daran anschließen. So leisten die beiden Begriffe gute Arbeit zur Klassifizierung der faktischen Konstellationen der Wohnversorgung von Menschen. Will man Wohnungslosigkeit jedoch als sozialpolitisches Thema diskutieren, erachten einige MitarbeiterInnen die Berücksichtigung dessen, was durch die beiden Begriffe umfasst wird, als nicht ausreichend, und fragen in der Folge nach den weiter gehenden Aufgaben der WWH. Für die Gruppe der „prekär Wohnversorgten“ besteht schon jetzt eine „ständige Problematik der Unklarheiten der Zugehörigkeit und Verantwortung, die wahrscheinlich nicht zu lösen sind“ (41_ka). So sollte bspw. auch das Problem der verdeckten Wohnungslosigkeit v.a. bei Frauen mehr in den Fokus der WWH gerückt werden (70_SOBEWO, vgl. auch Kapitel 12). Insbesondere geht es dabei aber auch um die Gruppe der von Wohnungslosigkeit Bedrohten: so überlegt etwa eine Respondentin die Notwendigkeit eines „zusätzlichen Begriffs für Menschen, die sich Wohnraum trotz Einkommens (Arbeit, AMS, BMS) nicht leisten können“ (69_BEWO). Ein anderer Respondent begreift die Klientel der WWH als „Nomaden zwischen verschiedenen Wohnformen“, also zwischen den Stati wohnungslos, obdachlos und anderem, und denkt dabei explizit auch an die (größer werdende) Gruppe Gefährdeter – die WWH sollte daher über ein Modell eines Case Managements nachdenken, das die Übergänge zwischen diesen Stati und Begriffen begleitet (44_ÜWO). Die aktuellen Ansätze gehen in Richtung einer nachgehenden Betreuung ehemaliger KlientInnen – in weiterer Folge wäre hier auch zu überlegen, wie bereits in präventiver Weise einer (bevorstehenden) Wohnungslosigkeit mit Methoden des Case Managements begegnet werden könnte (vgl. Kapitel 13). Eine Bearbeitung von Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit als einem strukturellen, gesellschaftspolitisch bedeutenden Problem vermissen mehrere MitarbeiterInnen aber vor allem außerhalb der WWH, im öffentlichen und politischen Diskurs. Die Zunahme von betroffenen Personen macht politisches Handeln nötig. Die WWH kann in dem Sinn ‚nur’ „nachbetreuen, für die Prävention ist die Politik gefordert“ (44_ÜWO). 16.2 Wohnkompetenz Als sozusagen ‚kleinster gemeinsamer Nenner’ der inhaltlichen Definitionen von Wohnkompetenz kann diese als die Fähigkeit gelten, den Pflichten aus einem Miet- 51 52 53 bspw: „kein eigener adäquater Wohnraum zur Verfügung.“ (19_ÜWO) bspw: „sind verschiedene Begriffe für dieselbe Personengruppe.“ (55_SOBEWO) explizit keine Unterscheidung insgesamt bei 11%, in BEWO 23%, SBW 12%, ÜWO 5% 203

Nutzungsvertrag nachzukommen und so Wohnraum langfristig zu halten. Wohnkompetenz umfasst damit jene Fähigkeiten die nötig sind, um zu verhindern, dass Wohnraum verloren geht. Im Detail ist das Verständnis dieser ‚notwendigen Fähigkeiten’ jedoch äußerst vielfältig. Die folgende ist eine umfassende Aufzählung sämtlicher genannter Elemente, wobei die unter den ersten drei genannten Punkten gelisteten Elemente das größte quantitative Gewicht haben und in der großen Mehrheit der Antworten vorkommen. • Finanzielles und Rechtliches (Aufbringen der finanziellen Mittel, um den Verpflichtungen aus einem Miet-/Nutzungsvertrag nachkommen zu können, (regelmäßige und korrekte) Bezahlung von Wohnkosten wie Miete und Energie (Vertragsfähigkeit), Halten an die Vorgaben des Mietrechts; Erledigung von Behördenwegen, Einhalten von Terminen, keine neuen Schulden/Mietrückstände anhäufen; allgemein: mit Geld umgehen können, Priorität der Bezahlung von Wohnkosten erkennen und den Einsatz von Geldmitteln planen). • Sauberkeit (Wohnung in bewohnbarem Zustand zu halten, Halten von Hygienemindeststandards bzw. einem üblichen Sauberkeitsniveau, keine Gesundheitsgefährdung (beispielsweise durch Schimmel, Vermüllung) aufkommen lassen; Wäsche waschen, sich waschen, korrekte Müllentsorgung; keine Beeinträchtigung der Umgebung im Sinn von Verschmutzung, kein sanitärer Übelstand). • Soziale Kompetenzen (Verhalten gegenüber Nachbaren bzw. BetreuerInnen, sachliche Behandlung strittiger Themen, Problemlösungskompetenz; Anpassung an bestehende soziale Gefüge; Einhalten von Hausordnungen, angemessene Lautstärke, zweckgerechte Nutzung von Gemeinschaftsräumen; keine Ruhestörung/Lärm- oder sonstige Belästigung von Nachbarn, kein unleidiges Verhalten). • Verantwortungsvoller Umgang mit Menschen (bei Elternschaft die Verantwortung für Kinder wahrnehmen, für Kindeswohl sorgen; Verantwortung für Tiere wahrnehmen (das heißt sauber halten, Tiere so halten, dass sich die Nachbarn nicht fürchten, artgerechte Haltung); keine Gewalt, keine Selbst- und/oder Fremdgefährdung). • Verantwortungsvoller Umgang mit Wohnraum (Instandhaltung der Einrichtung und der Wohnung, allfällige organisatorische Angelegenheiten regeln, allfällige Adaptierungsarbeiten im Haushalt durchführen/Mängel beheben (lassen); Haushalt führen, ökologisch bedachtsam mit Wohnraum umgehen/Energiesparen, richtiges Nutzungsverhalten bezüglich heizen, lüften, putzen; sicherer Umgang mit Elektrogeräten; Wohnraum gestalten; Verantwortung für Schlüssel). • Verantwortungsvoller Umgang mit sich selbst, Gesundheit (psychische Gesundheit soll bestehen oder medikamentös/therapeutisch stabil behandelt werden, sich selbst versorgen können, sich ernähren. • Orientierung (Entscheidungen bezüglich der genannten Aspekte adäquat treffen und umsetzen; den Überblick nicht verlieren, selbstständig sein; Erkennen von Schwächen und Annehmen von Unterstützung, im Notfall wissen an wen man sich wendet; Wohnung als Rückzugs-, Schutz- und Lebensraum gestalten und nutzen; Einlass von Personen kontrollieren; Alltag gestalten, Tagesstruktur. Ein inhaltliches Element fällt besonders auf, weil es in seinen beiden gegenteiligen Ausprägungen genannt wird und in der obigen Liste unter dem Punkt ‚Orientierung‘ aufscheint –der Zusammenhang von Wohnkompetenz mit Betreuungsbedarf. Auf der einen Seite wird mehrfach explizit die mögliche Parallelität von Wohnkompetenz und Betreuungsbedarf angesprochen. Demnach beinhaltet Wohnkompetenz (auch) „das Erkennen von Schwächen und das Annehmen von Unterstützungsleistungen“ (48_BEWO) oder das „rechtzeitige Holen von Hilfe wenn die Wohnung gefährdet ist“ (29_Sonst). Als Unterstützungsleistungen werden exter- 204

Nutzungsvertrag nachzukommen und so Wohnraum langfristig zu halten. Wohnkompetenz<br />

umfasst damit jene Fähigkeiten die nötig sind, um zu verhindern, dass Wohnraum verloren<br />

geht. Im Detail ist das Verständnis dieser ‚notwendigen Fähigkeiten’ jedoch äußerst vielfältig.<br />

Die folgende ist eine umfassende Aufzählung sämtlicher genannter Elemente, wobei die unter<br />

den ersten drei genannten Punkten gelisteten Elemente das größte quantitative Gewicht<br />

haben und in der großen Mehrheit der Antworten vorkommen.<br />

• Finanzielles und Rechtliches (Aufbringen der finanziellen Mittel, um den Verpflichtungen<br />

aus einem Miet-/Nutzungsvertrag nachkommen zu können, (regelmäßige und korrekte)<br />

Bezahlung von Wohnkosten wie Miete und Energie (Vertragsfähigkeit), Halten an die<br />

Vorgaben des Mietrechts; Erledigung von Behördenwegen, Einhalten von Terminen, keine<br />

neuen Schulden/Mietrückstände anhäufen; allgemein: mit Geld umgehen können,<br />

Priorität der Bezahlung von Wohnkosten erkennen und den Einsatz von Geldmitteln planen).<br />

• Sauberkeit (Wohnung in bewohnbarem Zustand zu halten, Halten von Hygienemindeststandards<br />

bzw. einem üblichen Sauberkeitsniveau, keine Gesundheitsgefährdung<br />

(beispielsweise durch Schimmel, Vermüllung) aufkommen lassen; Wäsche waschen, sich<br />

waschen, korrekte Müllentsorgung; keine Beeinträchtigung der Umgebung im Sinn von<br />

Verschmutzung, kein sanitärer Übelstand).<br />

• Soziale Kompetenzen (Verhalten gegenüber Nachbaren bzw. BetreuerInnen, sachliche<br />

Behandlung strittiger Themen, Problemlösungskompetenz; Anpassung an bestehende<br />

soziale Gefüge; Einhalten von Hausordnungen, angemessene Lautstärke, zweckgerechte<br />

Nutzung von Gemeinschaftsräumen; keine Ruhestörung/Lärm- oder sonstige Belästigung<br />

von Nachbarn, kein unleidiges Verhalten).<br />

• Verantwortungsvoller Umgang mit Menschen (bei Elternschaft die Verantwortung für Kinder<br />

wahrnehmen, für Kindeswohl sorgen; Verantwortung für Tiere wahrnehmen (das<br />

heißt sauber halten, Tiere so halten, dass sich die Nachbarn nicht fürchten, artgerechte<br />

Haltung); keine Gewalt, keine Selbst- und/oder Fremdgefährdung).<br />

• Verantwortungsvoller Umgang mit Wohnraum (Instandhaltung der Einrichtung und der<br />

Wohnung, allfällige organisatorische Angelegenheiten regeln, allfällige Adaptierungsarbeiten<br />

im Haushalt durchführen/Mängel beheben (lassen); Haushalt führen, ökologisch<br />

bedachtsam mit Wohnraum umgehen/Energiesparen, richtiges Nutzungsverhalten bezüglich<br />

heizen, lüften, putzen; sicherer Umgang mit Elektrogeräten; Wohnraum gestalten;<br />

Verantwortung für Schlüssel).<br />

• Verantwortungsvoller Umgang mit sich selbst, Gesundheit (psychische Gesundheit soll<br />

bestehen oder medikamentös/therapeutisch stabil behandelt werden, sich selbst versorgen<br />

können, sich ernähren.<br />

• Orientierung (Entscheidungen bezüglich der genannten Aspekte adäquat treffen und umsetzen;<br />

den Überblick nicht verlieren, selbstständig sein; Erkennen von Schwächen und<br />

Annehmen von Unterstützung, im Notfall wissen an wen man sich wendet; Wohnung als<br />

Rückzugs-, Schutz- und Lebensraum gestalten und nutzen; Einlass von Personen kontrollieren;<br />

Alltag gestalten, Tagesstruktur.<br />

Ein inhaltliches Element fällt besonders auf, weil es in seinen beiden gegenteiligen Ausprägungen<br />

genannt wird und in der obigen Liste unter dem Punkt ‚Orientierung‘ aufscheint –der<br />

Zusammenhang von Wohnkompetenz mit Betreuungsbedarf. Auf der einen Seite wird mehrfach<br />

explizit die mögliche Parallelität von Wohnkompetenz und Betreuungsbedarf angesprochen.<br />

Demnach beinhaltet Wohnkompetenz (auch) „das Erkennen von Schwächen und das<br />

Annehmen von Unterstützungsleistungen“ (48_BEWO) oder das „rechtzeitige Holen von Hilfe<br />

wenn die Wohnung gefährdet ist“ (29_Sonst). Als Unterstützungsleistungen werden exter-<br />

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