Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe - L&R Sozialforschung
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15.1 Housing First aus der Perspektive der KlientInnen<br />
Die Akzeptanz eines solch neuen Ansatzes durch die KlientInnen spielt bei der Implementierung<br />
eine wichtige Rolle. Im Rahmen der Befragung wollten wir daher auch erheben, welche<br />
Teilgruppen im Moment ihres Einzugs in ein Übergangswohnangebot der WWH eigentlich<br />
eine eigene Wohnung bevorzugt hätten. Wie groß ist also die Gruppe, die bereit (gewesen)<br />
wäre, anstelle eines Wohnplatzes in einem Übergangswohnhaus (ÜWO, ÜWOZG/MUKI und<br />
BEWO) eine eigene Wohnung zu übernehmen beziehungsweise die sich selbiges selbst<br />
zugetraut hätte?<br />
Die InterviewpartnerInnen aus diesen drei Angebotsformen wurden daher gefragt, ob – wenn<br />
sie an den Zeitpunkt ihres Einzugs in diese Übergangswohnform zurückdenken – dieses<br />
Angebot das Richtige für sie war oder ob eine ganz eigene – für sie finanziell leistbare –<br />
Wohnung besser gewesen wäre. Es ist vorweg darauf hinzuweisen, dass derartige „waswäre-wenn“-Fragen<br />
ziemlich abstrakt und die Ergebnisse daher mit einer gewissen Vorsicht<br />
zu interpretieren sind. Die Beurteilung eines vergangenen Zeitpunkts erfolgt dabei aus heutiger<br />
Sicht, sodass sie nicht unbedingt der Bewertung zum damaligen Zeitpunkt entsprechen<br />
muss. Schwierig ist in diesem Fall auch, dass das Konzept einer von der <strong>Wohnungslosenhilfe</strong><br />
unterstützten, langfristig aber eigenen Wohneinheit bislang unbekannt und möglicherweise<br />
auch schwer vorstellbar ist. Darauf deutet einerseits der hohe Anteil von Personen, die die<br />
Option einer eigenen Wohnung aus finanziellen Gründen ablehnen, obwohl in der Frage explizit<br />
von einer „für Sie leistbaren Wohnung“ gesprochen worden war: Für viele ist die Vorstellung<br />
einer eigenen Wohnung untrennbar mit (zu) hohen Kosten verbunden. Andererseits<br />
ist auch das Spektrum vorstellbarer externer Unterstützungen beim Wohnen in der eigenen<br />
Wohnung eingeschränkt, nur wenige machen hier Angaben zu ihren Vorstellungen.<br />
Trotz der Unschärfe hätte etwas mehr als ein Drittel eine eigene Wohnung bevorzugt, etwas<br />
mehr als die Hälfte ist der Ansicht, dass das Übergangsangebot in dem Moment das Passende<br />
war und der Rest ist unsicher (siehe Tabelle 116ff). Diese Anteile sind interessanterweise<br />
relativ stabil und zeigen keine signifikanten Abhängigkeiten – weder von der aktuell<br />
genutzten Angebotsform, noch vom Geschlecht, vom Alter, von der Dauer der Betreuung im<br />
Rahmen der WWH (seit Zeitpunkt des Erstkontakts), und auch nicht in Abhängigkeit der persönlich<br />
dominierenden Belastungssituation. Die Thesen, dass die Bevorzugung einer eigenständigen<br />
Wohnung bei einer Dominanz des Wohnthemas in der persönlichen Belastungshierarchie<br />
stärker wäre oder im Fall einer dominierenden Gesundheitsthematik geringer,<br />
müssen auf Basis der Befragungsergebnisse (wenngleich mit Einschränkungen aufgrund<br />
teilweise geringer Fallzahlen) tendenziell aber ebenso abgelehnt werden wie jene, dass die<br />
Bereitschaft zu einer eigenen Wohnung in einem Zusammenhang mit der Dauer der Systemintegration<br />
bei der WWH steht.<br />
Jene, die eine eigene Wohnung bevorzugt hätten, hätten diese weit überwiegend in ihre<br />
alleinige Verantwortung übernommen. Nur fünf RespondentInnen wählen hier die Option<br />
einer (anfänglichen) Unterstützung durch eine/n BetreuerIn. Diese Unterstützung wäre im<br />
Bereich von Behördengängen und bürokratischen Abläufen gewünscht, bei der Betreuung<br />
der Finanzen (Haushaltsführung), der Schuldenklärung oder im Fall eines Vaters auch weil<br />
Auflagen des Jugendamtes eine Betreuung vorschreiben.<br />
Was hätte bei denjenigen, die ihren Einzug in die Übergangswohnform als passend für ihre<br />
Situation erlebten, gegen eine eigene Wohnung gesprochen? Bei diesen Argumenten lassen<br />
sich dabei im Wesentlichen drei Bereiche identifizieren (siehe Tabelle 122). Bei einem<br />
großen Teil sind es – wie schon angesprochen – finanzielle Schwierigkeiten: ein zu geringes<br />
Vermögen, ein ungenügendes Einkommen, zu geringe finanzielle Spielräume sind die Argumente,<br />
die viele der Befragten die Option einer eigenen Wohnung anstelle des Übergangs-<br />
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