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Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe - L&R Sozialforschung

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Weiters wird auch Beziehungsarbeit als wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches<br />

Betreuungsergebnis angeführt. Explizite Erwähnung findet die Beziehungsarbeit im Kontext<br />

des Übergangswohnens junger Erwachsener und Menschen mit psychischen Problemen<br />

bzw. Krankheiten. Im Fall des Übergangswohnens für Junge Erwachsene, aber auch anderer<br />

Angebotsformen, in denen junge Erwachsene Teil des Zielgruppenspektrums sind, wird –<br />

so die Erläuterungen - auf die Bedürfnisse der Zielgruppe insofern spezifisch reagiert, als<br />

hier der Beziehungsarbeit ein überdurchschnittlich großer Raum gegeben wird. Teilweise<br />

wurde die Erfahrung gemacht, dass man den jungen Erwachsenen eine Reibefläche bieten<br />

müsse, in Ansätzen auch durchaus mit der Rolle eines Elternersatzes umgehen müsse.<br />

Insbesondere im Zusammenhang mit jungen Erwachsenen wird auch ausgeführt, dass das<br />

Wissen um pädagogische Ansätze hier einen wertvollen Beitrag leisten kann. Eher nebenbei<br />

findet Beziehungsarbeit auch eine Erwähnung, wenn es um Hausverbote und Grenzverletzungen<br />

geht. Eine Fachkraft aus einem mittelgroßen ÜWO-Angebot beschreibt dies mit folgenden<br />

Worten: „Grenzverletzungen und Hausverbote gibt es bei uns ganz selten. Der<br />

Grund ist, dass wir hier sehr viel Beziehungsarbeit machen. Deswegen gibt es auch kaum<br />

Gewalt, im letzten Jahr waren es ein bis zwei Personen. Eher schon gibt es bei uns Hausverbote<br />

gegenüber Besuchern.“ (Interviews Fachkräfte WWH ÜWO).<br />

Interessanterweise taucht im Umfeld des Betreuten Wohnens der Begriff des Erziehens<br />

oder der pädagogischen Arbeit am häufigsten auf. Eine Fachkraft formuliert dies folgendermaßen:<br />

„Hier gibt es eine dreimonatige Ankommenszeit mit dem alleinigen Ziel der Überprüfung<br />

der Wohnfähigkeit. Und dabei werden die Mankos geklärt. Denn vom Einkaufen bis zum<br />

Kochen – das kann man ja alles erziehen!“ (Interviews Fachkräfte WWH BEWO). Ein anderer<br />

Interviewpartner aus dem BEWO-Bereich kommt zu folgendem Befund: „Wir haben hier<br />

schon ein sehr pädagogisches Konzept – fordern und fördern! [...] Dass Wohnungslosigkeit<br />

originär mit Erziehung zu tun hat, ist klar. Der größte Teil der Probleme ist auf defizitäre Sozialisation<br />

zurückzuführen. Aber ich sehe hier ein hohes Potenzial. Die meisten können hier<br />

Lernfortschritte machen, trotz ihrer hohen Defizite. (Interviews Fachkräfte WWH BEWO).<br />

Am Beginn der sozialarbeiterischen Interventionen steht i.d.R eine Anamnese zum Aufspüren<br />

von Bedarfslagen, Stärken und Schwächen, welche in der Frage gipfelt, welche Angebotsform<br />

in der derzeitigen Lage der KlientInnen empfehlenswert ist. Daran schließt sich bei<br />

stärker belasteten Personen häufig eine Phase des „zur Ruhe Kommens“ an. Die Dauer<br />

dieser Phase wird sehr individuell angesetzt und wird den Fachkräften der WWH zufolge<br />

typischerweise mit einigen Wochen bzw. einem Monat bis maximal drei Monaten beziffert.<br />

Diese Strategie des langsamen Aufbauens wird insbesondere bei Personen angewendet, die<br />

länger auf der Straße gelebt haben. Diese standen der Erfahrung der Fachkräfte zufolge<br />

stark unter Stress und haben in dieser unsteten Phase ein hohes Maß an Lebenskraft eingebüßt.<br />

Dementsprechend leiden - so die Wahrnehmung der Fachkräfte - viele der ehemaligen<br />

Obdachlosen unter körperlichen und psychischen Erkrankungen und werden auch als „eine<br />

sehr gehetzte Zielgruppe“ beschrieben. In dieser Phase des „zur Ruhe Kommens“ erfolgt die<br />

Abklärung von Problematiken und der „Wohnfähigkeit“. Der Fokus wird in dieser Phase somit<br />

vor allem auf Stabilisierung gelegt. Diesen Schritt eines hierarchischen Konzeptes formuliert<br />

eine Fachkraft so: „Manche Leute müssen zuerst mal stabilisiert werden, müssen lernen,<br />

sich die Hose gescheit anzuziehen“, im Anschluss daran werden die weiteren Themen angesprochen.“<br />

(Interviews Fachkräfte WWH ÜWO). Der spezifische Geltungsbereich des „zur<br />

Ruhe Kommens“ für ehemals Obdachlose wird von anderer Seite so beschrieben: „Leute,<br />

die länger auf der Straße sind, muss man langsam aufbauen. Die haben viel an Energie verloren,<br />

haben psychische Erkrankungen. Die lassen sich sonst einfach fallen, so nach der Art<br />

– ist eh alles wurscht.“ (Interviews Fachkräfte WWH ÜWO). Eine andere Fachkraft aus dem<br />

Bereich des Übergangswohnens beschreibt das Thema folgendermaßen: „Am Anfang lassen<br />

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