Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe - L&R Sozialforschung
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strukturiertes Übergangsmanagement soll der Stand der Diskussion ausgelotet werden und<br />
allfällige Potenziale zur Weiterentwicklung aufgezeigt werden. Als Quelle für den Katalog an<br />
Argumenten dienten vor allem die Interviews mit den Fachkräften der WWH.<br />
Argumente gegen eine strukturierte datengestützte Fallübergabe<br />
Argumente gegen eine strukturierte und datengestützte Fallübergabe zwischen den einzelnen<br />
Einrichtungen mit ihren Wohnangeboten inklusive des Case-Managements setzen zum<br />
Beispiel an Gedanken zur Autonomie der einzelnen Einrichtungen an, argumentieren mit<br />
dem „Gläsernen Menschen“ und Fragen des Datenschutzes, sehen in Informationen zur KlientInnenkarriere<br />
auch die Gefahr einer Vorverurteilung gegeben, legen die Problematik der<br />
verkürzenden Kategorisierung auf Grund von strukturierter Vorinformation dar, und befürchten<br />
eine weitere und belastende Ausweitung der Dokumentationspflichten.<br />
Zur besseren Nachvollziehbarkeit der Argumente seien diese in den folgenden Absätzen<br />
ohne Kommentierung bzw. Wertung stichwortartig und tabellarisch zusammengefasst, freilich<br />
aus Gründen des Datenschutzes ohne Nennung der Person/Einrichtung, welche als<br />
IdeengeberIn fungiert hat.<br />
• Bei jedem Klienten/jeder Klientin könne es sein, dass es in bestimmten Lebensphasen<br />
eine Weiterentwicklung gibt, Muster würden durchbrochen, in Angeboten, die ehemals<br />
als wenig passend eingeschätzt wurden, könne plötzlich ein persönlicher Durchbruch erzielt<br />
werden. Eine strukturierte Vorinformation wäre bei diesen nicht zu steuernden Prozessen<br />
eher hinderlich.<br />
• Strukturierte datengestützte Fallübergaben würden die Gefahr des „Gläsernen Menschen“<br />
beinhalten und stoßen somit an ethische Grenzen. Wer garantiere dafür, dass die<br />
Daten gelöscht werden, dass ein Mensch nach einer erfolgreichen Rückkehr in die Gesellschaft<br />
nicht nach Jahren mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird? Was passiert,<br />
wenn die Exekutive die Herausgabe von Falldaten verlangt?<br />
• Fragen des Datenschutzes argumentieren in eine ähnliche Richtung, sind allerdings teilweise<br />
eher pragmatischer Natur. Problematisiert wird hier tw. die Frage, wie sicher Daten<br />
sind, wenn sie die Einrichtungsgrenzen verlassen.<br />
• Menschen würden durch jede strukturierte Fallübergabe kategorisiert und unzulässig<br />
reduziert. Zudem besteht der Eindruck, dass Fallübergaben in der Regel defizitorientiert<br />
sind und nicht lösungsorientiert. Andere Argumente sehen wiederum zu sehr die Gefahr,<br />
dass Tagesbefindlichkeiten in die strukturierte Fallübergabe einfließen könnten. Weiters<br />
wird das Problem gesehen, dass einmal auf Basis der Erstanamnese definierte Ziele nur<br />
mit größter Mühe neu verhandelbar sein könnten.<br />
• Strukturierte Fallübergaben würden einen unzulässigen Eingriff in die Autonomie der Arbeitsweisen<br />
der Einrichtungen darstellen. Dementsprechend besteht die Auffassung,<br />
dass allfällige Probleme und Bedarfe der KlientInnen auch ohne strukturierte Fallübergabe<br />
nach kurzer Zeit sichtbar werden.<br />
• Strukturierte Fallübergaben würden einen zusätzlichen Arbeitsaufwand für die Verschriftlichung<br />
der Situation nach sich ziehen. In diesem Sinne entsprechen sie einem allgemein<br />
üblichen Trend zur Dokumentierung jedes Lebensbereiches. Dieser zusätzliche Arbeitsaufwand<br />
würde – so die Befürchtung - auch nicht durch Zurverfügungstellung zusätzlicher<br />
Mittel abgegolten, sondern würde eher dazu führen, dass für die eigentliche Arbeit<br />
mit den KlientInnen noch weniger Zeitressourcen zur Verfügung stünden.<br />
• Jede Vorinformation der Fachkräfte in der Einrichtung beinhalte stets auch die Gefahr<br />
einer Be- und Verurteilung von KlientInnen; Die Chance eines echten Neuanfangs für je-<br />
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