Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe - L&R Sozialforschung
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9.1 Thema „Unklarheiten und Ermessenspielräume im<br />
Zusammenhang mit Zugangskriterien“<br />
Ein „heißes“ Thema in der Kooperationsarbeit zwischen den Einrichtungen und dem Fördergeber<br />
FSW stellt auch noch Jahre nach der Implementation von bzWO die Frage der Zugangskriterien<br />
dar. Welche Zugangshürden bestehen derzeit, welche Zugangshürden sind<br />
seit der Einführung der BMS gefallen, wie sind einzelne Fälle zu interpretieren, so lauten die<br />
wichtigsten ungelösten Fragen. Im Grunde genommen kommen viele im System der WWH<br />
tätigen Fachkräfte zu dem Befund: „Ich weiß eigentlich nicht, was jetzt so die Kriterien sind“<br />
Hier besteht der Eindruck, dass die diesbezüglichen Unklarheiten die Qualität der Arbeit eher<br />
negativ beeinflussen und wertvolle Ressourcen verschwendet werden. Ein Bedarf an Informationen<br />
zu den Zugangskriterien ist seitens der Einrichtungen gegeben, denn im derzeitigen<br />
System der WWH sollten nicht nur das P7, JOSI und die Gruft, sondern auch andere<br />
Einrichtungen im Rahmen von Erstkontakten in der Lage sein, eine (erste) Einschätzung zur<br />
Förderbarkeit treffen zu können. Den empirischen Befunden zufolge ist es – obwohl seltener<br />
als früher - noch immer der Fall, dass die Einrichtungen, welche Wohnangebote zur Verfügung<br />
stellen, auch mit Erstkontakten zu tun haben und daher auch als erste Auskunftspersonen<br />
angesprochen werden (diese These wird durch die Ergebnisse aus Kapitel 7.1 untermauert).<br />
Augenscheinlich ist, dass die Materie äußerst komplex ist und dass im FSW und bzWO sehr<br />
intensive Diskussionen hierzu laufen. Das Stichwort hierzu lautet „regelmäßige Fallbesprechungen“.<br />
Die Auskunft seitens des bzWO, „es können keine Regeln erstellt werden, weil es<br />
so viele Ausnahmen wie Regeln gäbe“, ist vor diesem Hintergrund zwar nachvollziehbar,<br />
allerdings aber auch als wenig zufriedenstellend zu bewerten. Denn auf der anderen Seite<br />
besteht auch die Bereitschaft, die Förderentscheidung zu jedem einzelnen strittigen Fall konkret<br />
zu begründen.<br />
Offene Fragen wären beispielsweise:<br />
• Wie sehen die finanziellen Grenzen der Förderbarkeit von KlientInnen aus?<br />
• Obergrenze: In welchen Fällen sind Personen aus finanziellen Gründen abzulehnen?<br />
• Welche Untergrenze besteht?<br />
• Muss das Einkommen in jedem Fall geklärt sein, um ohne Umweg über ein Notquartier<br />
Zugang zu einem Wohnangebot zu erhalten?<br />
• Was ist unter „Betreuungsbedarf“ genau zu verstehen und in welchem Umfang muss ein<br />
Betreuungsbedarf gegeben sein?<br />
• Unter welchen Voraussetzungen gelten welche Meldefristen für das Bundesland Wien?<br />
• Gibt es Möglichkeiten, bei Fehlen einzelner Dokumente dennoch ohne Umweg über ein<br />
Notquartier Zugang zu einem Wohnangebot zu erhalten (Stichwort: Mobile Begutachtung)?<br />
• Welche Motive des Wohnortwechsels sind „förderbar“?<br />
• Wie flexibel kann das Thema „Zugangskriterien“ bei kurzfristig drohender Wohnungslosigkeit<br />
(zB. Delogierung angekündigt) und bei kurzfristig sich verändernden Rahmenbedingungen<br />
(zB. Einkommen bald dem Zielkatalog entsprechend) gehandhabt werden?<br />
Den in die qualitative Teilstudie eingebundenen Fachkräften zufolge sind in einzelnen<br />
Fällen solche Härtefälle, denen (zunächst) eine Förderfähigkeit nicht zugestanden wurde,<br />
gegeben. Hier taucht somit die Frage auf, was bedeutet „Wohnungslosigkeit“, schließt<br />
dieses Kriterium auch „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmittelbar dro-<br />
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