Mitteilungen Nr. 52 - Hans Henny Jahnn
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Zur Bedeutung des harmonikalen Denkens<br />
Die harmonikale Forschung knüpft an die antik-pythagoreische Lehre von der umfangreichen<br />
Geltung musikalischer Gesetze im Kosmos an. Sie zeichnet dadurch ein Weltbild,<br />
das nicht nur dem Verstand zugänglich, sondern auch über das Gehör psychisch<br />
erfahrbar ist, und das die Künste, in erster Hinsicht die Musik, einbezieht. Besonders<br />
wichtig ist, dass dieses harmonikale Weltbild nicht Mensch und Natur einander<br />
gegenüberstellt, wie das häufig in der naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise<br />
geschieht, sondern dass der Mensch in dieses Weltbild integriert ist. Die Einbeziehung<br />
der Sinnesqualität des Hörens als Erkenntniskategorie führt also auch die Naturforschung<br />
einen Schritt weiter.<br />
Durch die Kategorie des Hörens werden die Entsprechungen zwischen den Wissenschaften,<br />
die Analogien zwischen Natur, Mensch und Musik, sichtbar – besser gesagt<br />
«hörbar» –, und es entstehen Verbindungen, die von der einzelnen Wissenschaftsdisziplin<br />
nicht in den Blick kämen. Vergleicht man die Natur mit einem Teppichgewebe,<br />
dann bilden die einzelnen Naturwissenschaften Längsfäden, an denen entlang jedes<br />
Gebiet Wenn/Dann-Forschung betreibt, die Harmonik aber entspricht den Querfäden,<br />
indem sie Analogien aufzeigt, welche die einzelnen Bereiche verknüpfen. Führen die<br />
Naturwissenschaften zu einem Teilweltbild, stellt die harmonikale Perspektive eine<br />
komplementäre, ergänzende Seite dar.<br />
Weil das Weltbild der Naturwissenschaften einseitig ist – was in zunehmendem Mass<br />
von führenden Naturforschern anerkannt wird –, sind auch die philosophischen<br />
Folgerungen aus diesem Teilweltbild einseitig. Die Harmonik führt zu anderen Ergebnissen;<br />
sie lässt erkennen, dass offensichtlich ein Plan hinter der entdeckten Naturgesetzlichkeit<br />
liegt, der alle Gebiete miteinander verbindet. In diesen Plan ist der Mensch nicht<br />
nur durch das rationale Denken einbezogen, sondern auch mit seinen Sinneseindrücken<br />
und den daraus erwachsenden psychischen Qualitäten, seiner Befähigung zu seelischem<br />
Mitschwingen und mit den Grundlagen der von ihm geschaffenen Kunstwerke.<br />
Viele führende Denker, darunter JOHANNES KEPLER und GOTTFRIED WILHELM LEIBNIZ,<br />
glaubten an einen Plan in der Schöpfung und an einen Schöpfer, der ihn «entworfen»<br />
hat. Heute scheint es angebracht, ihrem Beispiel zu folgen. Seitens der Harmonik wird<br />
das von einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen reichhaltig dargebotene Material der<br />
harmonikalen Betrachtung unterworfen, um damit auch einen Wegweiser zu einem<br />
harmonisierenden und sinnerfüllten Weltbild erhalten.<br />
Institut für Harmonik / Internationales Harmonik-Zentrum<br />
Seit 35 Jahren besteht an der Universität Wien (ehemals: Hochschule für Musik und<br />
darstellende Kunst Wien) die Fachrichtung Harmonikale Grundlagenforschung. 1992<br />
wandelte und erweiterte sich dieses Fach zu einem Institut für Musiktheorie und<br />
harmonikale Forschung, in das sowohl die harmonikale Forschung wie auch der<br />
sechssemestrige Vorlesungszyklus integriert sind. 2002 erfolgte die Umbenennung in<br />
Internationales Harmonik-Zentrum. Publikationen harmonikalen Inhalts liegen in<br />
mehreren Sprachen vor und haben weltweit Resonanz gefunden.<br />
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