22.04.2014 Aufrufe

Mitteilungen Nr. 52 - Hans Henny Jahnn

Mitteilungen Nr. 52 - Hans Henny Jahnn

Mitteilungen Nr. 52 - Hans Henny Jahnn

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

logien zwischen verschiedenen Gebieten aufzuzeigen, Querverbindungen zu schaffen,<br />

die von den einzelnen Spezialwissenschaften nicht bemerkt werden können, die aber<br />

in der Natur offenbar eine erhebliche Rolle spielen. Ausserdem sind die Gesetzmässigkeiten<br />

auch im menschlichen Gehör veranlagt, worüber nun zu sprechen ist.<br />

Gehördisposition und Intervallwahrnehmung<br />

Schon in der griechischen Antike wurde behauptet, dass eine Harmonie von Leib und<br />

Seele besteht, und dass diese Harmonie auf die harmoniai der Musik, auf die<br />

«Fügung» der Töne in den Skalen abgestimmt ist. KEPLER, der grosse Platoniker der<br />

Barockzeit, vertrat eine ähnliche Ansicht: In der Seele befinden sich die Urbilder<br />

solcher Harmonien.<br />

Für die harmonikale Forschung war es eine wichtige Aufgabe, der Frage nach einer<br />

solchen «Abgestimmtheit» nachzugehen und dabei aktuelle Forschungsergebnisse<br />

einzubeziehen. Dabei konnte an empirische Untersuchungen des Gehörs durch HEIN-<br />

RICH HUSMANN angeknüpft werden. HUSMANN hat festgestellt, dass die Anatomie des<br />

Ohres (Nichtlinearität) den am Trommelfell ankommenden Tönen weitere, im Ohr entstehende<br />

Klänge hinzufügt, und zwar von jedem Einzelton wiederum dessen Oberton-<br />

«Säule» (Ohr- oder subjektive Obertöne); bei zwei Tönen treten ausserdem, eine<br />

Mindestlautstärke der Primärtöne vorausgesetzt, Kombinationstöne auf (Summationstöne,<br />

Differenztöne). Durch diese komplexen Ober- und Kombinationstonmuster<br />

ergeben sich für jedes Intervall typische Charakteristika, insbesondere eindeutig abgestufte<br />

Sonanzgrade. (In Wahrheit ist der Weg vom physikalischen Reiz über die physiologische<br />

Sinneserregung bis zur psychischen Hörleistung und zur bewusstseinsmässigen<br />

Klassifizierung und Sinn-Gebung weitaus komplexer und nur zum allergeringsten<br />

Teil mathematisch fassbar.) Es zeigt sich: Die auf ganzzahligen Proportionen<br />

beruhenden Intervalle werden vom Ohr bevorzugt.<br />

Sie werden wie in einem Glissando, bei<br />

Liegenlassen des ersten Intervalltons und bei<br />

kontinuierlichem Anstieg des zweiten, vom Hörbewusstsein<br />

wie «herausleuchtende Punkte»<br />

wahrgenommen. Dass die Intervallproportionen<br />

seit Antike verwendet werden, hat folglich nicht<br />

nur einen mathematischen Grund. Auch Phänomene<br />

wie die Diatonik, die Chromatik oder<br />

die Dur-Skala erhalten also bereits durch den<br />

Bau des Ohres und den Übertragungsweg vom<br />

(physischen) Reiz über die (physiologische) Erregung<br />

und (psychische) Wahrnehnung bis hin<br />

zur (bewusstseinsmässigen) Klassifizierung ihre<br />

Prägung.<br />

Die psychische Gehörsdisposition liegt vor allem<br />

Pythagoras<br />

in der Ermöglichung der Abweichung von den<br />

18

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!