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Mitteilungen Nr. 52 - Hans Henny Jahnn

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an der grossen Musikakademie in Wien als Lehrer wirken möchte, begleitete seine<br />

Freude darüber eine bittere Resignation: ‘Es ist zu spät, ich bin zu alt dafür – sie hätten<br />

früher kommen sollen.’ Doch er freute sich, für diese Arbeit Rudolf Haase empfehlen<br />

zu können, der nun als Professor in Wien in seinem Sinne wirkt und dem wir eine<br />

bei Benno Schwabe (Basel-Stuttgart 1968) herausgegebene Biographie Kaysers verdanken.<br />

Einmal klagte Kayser, unwillig auf einen eben erhaltenen Brief hinweisend: ‘Da<br />

schreibt wieder einer, der Antwort haben will auf Dinge, die ich längst beantwortet<br />

habe. Ich müsste solchen Leuten jeweils ganze Bücher schreiben. Sie sollen doch<br />

lesen, was seit Jahren vorliegt. Ich bin froh, dass es mir vergönnt war, auch meine<br />

‘Harmonikale Symbolik‘ fertig zu stellen. Nun soll man mich in Ruhe lassen und von<br />

dem Kenntnis nehmen, was ich geben konnte.’<br />

Nach später Heimkehr erreichte mich am Abend des 13. April 1964 der Anruf von Frau<br />

Dr. Kayser, ihr Mann liege krank im Tiefenauspital und würde sich über meinen Besuch<br />

freuen. Ich versprach das für den Abend des folgenden Tages, da meine Zeit bis dahin<br />

belegt sei. Doch von trüber Ahnung erfüllt, beschloss ich, statt von Bern über Mittag<br />

heimzufahren, in der Stadt zu essen und ihn dann zu besuchen. Als ich kurz nach ein<br />

Uhr in der Tiefenau ankam, vernahm ich, dass mein Freund wenig vorher gestorben<br />

war. Ich ging in sein Sterbezimmer, wo die Leiche auf weissen Linnen lag. Die Schwester<br />

hatte Frühlingsblumen auf sein Kissen gelegt. Selten habe ich ein schöneres und<br />

friedvolleres Antlitz eines Toten gesehen. In der kurzen Zeit, da ich allein bei ihm weilte,<br />

ging mir ein von ihm häufig zitiertes Wort aus der Spätzeit Hölderlins durch den<br />

Sinn:<br />

«Als wie ein Ruhetag, so ist des Jahres Ende,<br />

wie einer Frage Ton, ob dieser sich vollende.»<br />

Aber auch das andere Wort des von ihm tief verehrten Dichters, das seinem Streben<br />

nach Harmonie Richtung und Ausdruck gab:<br />

«Und die Vollkommenheit ist ohne Klang.»<br />

In meiner Abdankungsrede für Dr. <strong>Hans</strong> Kayser erinnerte ich an jenen Kaufmann im<br />

Evangelium (Matthäus 13,45.46), der alles, was er besass, einsetzte für die eine köstliche<br />

Perle.»<br />

HANS KAYSER – Aus meinem Leben<br />

Schriften über Harmonik <strong>Nr</strong>. 26<br />

200 S., 28 Abb., br., Bern 2000, Fr. 24.–<br />

Die rückhaltlose Offenheit in den beiden autobiographischen Fragmenten, die Ergänzungen<br />

durch seine Frau und verschiedene Briefwechsel mit Mäzenen und Freunden machen<br />

das Buch zu einer Fundgrube über den Menschen <strong>Hans</strong> Kayser. Im Gesuch an den Nationalfonds<br />

und auch andernorts wird sodann seine Harmonik auf engstem Raum zusammengefasst.<br />

Gottfried Bergmann<br />

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