Mitteilungen Nr. 52 - Hans Henny Jahnn
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liebenswürdige Spielerei leitete seinen Verkehr mit dem Komponisten Paul Hindemith<br />
ein, der – von gleicher Schwäche befallen – auf Dr. Kayser als Fachmann im Eisenbahnbau<br />
hingewiesen worden war und sich, in solcher Sache Rat suchend, an ihn<br />
gewendet hatte. Irgendwie kommen eben Menschen, die einander aus tiefern Gründen<br />
finden müssen, zusammen.<br />
Auf Stumpenlänge<br />
Meine Beziehungen mit <strong>Hans</strong> Kayser vertieften sich, als er 1953 nach Bolligen umzog.<br />
Sein Haus steht nahe bei der Kirche, so dass wir einander leicht und nach Lust und<br />
Laune besuchen konnten. Er stand vor unserer Türe: ‘Ich wollte mal grüssen und fragen,<br />
ob Sie einen Augenblick für mich Zeit haben.’ Oder ich wurde von der Frau Doktor<br />
in sein Studierzimmer gewiesen – aber da stand er schon oben auf der Treppe zum<br />
obern Stock. In seinem mit Büchern angefüllten Zimmer sassen wir an seinem grossen<br />
Doppelpult einander gegenüber, ‘auf eines Stumpens Länge’. War diese Zeit vorüber,<br />
konnte er wohl fragen: ‘Wollen wir unsere Sitzung nicht um einen Stumpen verlängern?’<br />
Beharrlich bot er mir seine schwarzen Toscani an, und ebenso beharrlich<br />
blieb ich bei meinen ‘Wuhrmann’, von denen mir ein Theologe gestanden hat, sie<br />
seien das Einzige, was er von den liberalen Theologen übernommen habe. So wurde<br />
es für uns beide ein Bedürfnis, einander in Abständen von zwei, drei Wochen zu<br />
sehen, nicht selten häufiger. Wie oft vermisse ich seither den ernsten Mann, in dem<br />
auch das Kind und der Jüngling nicht zugeschüttet waren. Mein ‘kayserlicher’ Freund<br />
sprach oft vom heimatlichen Sigmaringen, wo er in der Apotheke seines Vaters aufgewachsen<br />
war. Mit Stolz erzählte er, er sei der zweite seines Geschlechts, der die Emigration<br />
gewählt habe. Denn einer seiner Ahnen gehörte zu den glaubensstarken Salzburger-Emigranten<br />
aus der Zeit von 1731. 1891 geboren, war er der Älteste von vier<br />
Kindern des die Musik und alles Schöne liebenden Apothekers August Kayser und<br />
dessen Gattin Maria geborene Göbel. Dankbar erinnerte er daran, dass ihn der Vater<br />
gemäss seinen Neigungen nach dem Abiturium in Sigmaringen Kunstgeschichte,<br />
Musik und Philosophie in Berlin und Erlangen studieren liess. Bei Professor Preuss<br />
schloss er früh ab mit einer Dissertation über Fra Angelico und den heiligen Antonius.<br />
Aber nach einigem Schwanken zwischen Malerei und Musik bildete er sich als Cellist<br />
und Klavierspieler bei Engelbert Humperdinck und Max von Schilling aus. Schon vor<br />
dem Ausbruch des ersten Weltkrieges fand er in der Sängerin Clara Ruda seine Ehegefährtin,<br />
die Mutter des früh verstorbenen Söhnleins und ihrer beiden Töchter.<br />
Lastende Kriegsjahre<br />
Der 1914 zum Frontdienst Eingezogene musste wegen einer Herzerweiterung entlassen<br />
werden. Die stets schwerer lastenden Kriegsjahre führten den jungen Gelehrten<br />
immer tiefer zur Einsicht, dass sein Vaterland einer innern Erneuerung bedürfe. Im<br />
Herbst 1918, im darniederliegenden Verlagswesen tätig, begrüsste er den Sturz der<br />
Monarchie und den Umschlag zur Weimarer Republik. Er erzählte mir, wie er in den<br />
kritischen Tagen mitbeteiligt war bei der Abfassung und beim Druck eines revolutionären<br />
Flugblattes, dessen Verbreitung allerdings wegen der sich überstürzenden<br />
Ereignisse dann unterblieb. Doch sah er deutlich seine Lebensaufgabe vor sich in der<br />
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