Individuell und selbstgesteuert lesen und schreiben lernen mit

Der Einsatz der Anlauttabelle an der Schule für Geistigbehinderte
Schülertexten zum Teil ein Wort in verschiedenen Schreibungen
vorkommt.
Der Schriftspracherwerb kann analog zum primären Spracherwerb
als ein aktiver Umgang mit dem Lerngegenstand verstanden
werden, der nach und nach zu eigenaktiver Regelbildung führt und
sich im Laufe der Zeit systematisch qualitativ verändert. „Die Idee
qualitativer Veränderungen während des Schriftspracherwerbs lässt
Fehler zu, betrachtet sie sogar als entwicklungsspezifische
Notwendigkeit“ (SCHEERER-NEUMANN 1996, 1154). Konsequenterweise
ergibt sich daraus auch eine andere Sicht auf das kindliche
Lernen, die nicht mehr in erster Linie ergebnisorientiert, sondern
vielmehr prozessorientiert ist (vgl. KLUGE 1998, 195ff.). Nicht
mehr das Ziel der Fehlerlosigkeit, sondern der Lernprozess selbst
und das vom Kind schon Erreichte werden in den Mittelpunkt
gestellt (vgl. SCHEERER-NEUMANN 1996, 1154). Die Art und
Weise, wie ein Kind schreibt, ist Ausdruck des Entwicklungsniveaus,
auf dem es sich zurzeit befindet. Die ‚Schreibfehler’ der Schüler
haben damit „diagnostischen Wert und geben Aufschluss über den
Stand der Theoriebildung des einzelnen Kindes“ (SPITTA 2001,
9f.).
Eine wichtige Aufgabe der Lehrperson ist es, die dargestellte
Sichtweise den Eltern nahe zu bringen und Verständnis für die
‚Fehler’ ihrer Schüler zu erwecken und ihnen zu zeigen, welche
enormen Leistungen sie bereits vollbringen.
Die Anlauttabelle bietet den Schülern die Möglichkeit, sich
individuell an den Lerngegenstand anzunähern und den Lernprozess
in sehr hohem Maße selbst aktiv zu gestalten. Nicht die ganze
Klasse wird im Gleichschritt unterrichtet - wobei sich die einen
langweilen und die anderen überfordert sind - sondern die Schüler
können in ihrem je eigenen Lerntempo arbeiten. Leistungsstarke
Schüler haben die Möglichkeit zügig voranzuschreiten und den
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Heilpädagogik online 04/ 04