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Was leistet die Diskursanalyse in der Sonderpädagogik? on“ zielt auf die Analyse eines Diskurses, der die Einheit von Feld (Menschen und Dingen) und Wissen (Bedeutungen) formuliert. Der Korpus wird nach sachlichen (alle Dokumente, die das Thema behandeln), zeitlichen (alle Dokumente aus der Zeitperiode X) und sozialen (alle Dokumente einer sozialen Gruppe oder eines Mediums) Kriterien zusammen gestellt. Der Korpus muss all das bereit stellen, was die Forschenden benötigen, um ihre Frage zu bearbeiten. Seine Reichweite definiert wesentlich den Geltungsbereich (KELLER 2004, 75ff.) des anvisierten Forschungsberichts (z.B. gilt nur für Lehrpersonen an Schulen für Körperbehinderte, gilt nur für den Monat Mai des Jahres 1998, gilt für die politische Debatte der 90er Jahre etc.). Der Korpus beinhaltet primär Texte aus dem Feld (vorliegende oder transkribierte), aber da „das Welterzeugen weit über Theorien und Beschreibungen, über Aussagen, über Sprache, ja selbst über die Denotation hinausreicht und Versionen und Sichtweisen einschließt, die sowohl metaphorisch als auch wörtlich, sowohl bildlich und musikalisch als auch sprachlich, sowohl exemplifizierend und ausdrückend als auch beschreibend und abbildend sind“ (GOOD- MAN 1990, 134), sind auch andere Quellen zulässig, sofern sie die Fragestellung bedienen und kontrollierte Auswertung möglich ist. Speziell zu erwähnen sind an dieser Stelle Bildanalysen (BOHN- SACK 2003, 155ff.) und Gruppendiskussionsverfahren (LAMNEK 1998). Überall dort, wo nicht auf bereits vorliegende Texte zurückgegriffen wird, stellen sich zusätzliche Ressourcenfragen, da der Prozess der Wissensgewinnung erheblich komplexer wird. Korpusdefinition und Fragestellung interagieren, das Mögliche (Machbare) und das Interessante (Wünschbare) kommen sich in einem kontrollierten Prozess näher. Dieses Stadium der Forschung findet nicht nur, ja vielleicht nur zu einem kleinen Teil im Kopf und - 33 - Heilpädagogik online 04/ 04

Was leistet die Diskursanalyse in der Sonderpädagogik? am Schreibtisch statt: Präzisierung der Fragestellung und Materialsuche bringen erst die nötigen Feldkenntnisse und führen zur Definition des Interessanten des Interessanten. Der Prozess der Wissensgewinnung ist abgeschlossen, wenn die Fragestellung präzisiert und der Korpus fest gelegt ist, d. h. gegenseitige Passung wohl begründet erreicht ist (ausführlich JÄGER 1999, 188ff.). Wissen verarbeiten Im Unterschied zu anderen Vorschlägen (JUNG 2001, KELLER 2001, JÄGER 2001) habe ich nicht zunächst ein begriffliches System der Diskursanalyse festgelegt, um danach erst Aspekte der Forschungspraxis einzuführen. Das hat damit zu tun, dass verschiedene Autorinnen und Autoren verschiedene Begrifflichkeiten vorschlagen, was offensichtlich heißt, dass man im Rahmen desselben (Diskursanalyse) Verschiedenes tun kann. Das Gemeinsame wird durch das Eintrittsbillett (siehe oben) definiert; das Verschiedene hat mit Bedingungen der Forschung selbst zu tun. Wichtig ist, dass man sparsam und präzise jene Begriffe einführt, die für die Bearbeitung der Fragestellung bedeutsam sind. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass das Wuchern der Diskurse sich in der Diskursanalyse fortsetzt. Wer schon diskursanalytisch gearbeitet hat, weiß, wie schnell man mit der Notwendigkeit konfrontiert wird, Differenzierungen in die Analyse einzubauen. Man beginnt beispielsweise von Diskursfragmenten und -strängen, von Arenen oder Deutungsmustern zu sprechen. Dabei droht stets die Gefahr, dass ein Kategoriensystem eingeführt wird, das der diskursanalytischen Theorie der Beobachtung von der Einheit des Unterschiedenen zuwider läuft. In der Diskursanalyse gilt: jeder Begriff ist Anleitung zur Beobachtung. Es wird für die Phase der Wissensverarbeitung also eine allgemeine Theorie der Diskursbeo- - 34 - Heilpädagogik online 04/ 04

Was leistet die Diskursanalyse in der Sonderpädagogik?<br />

am Schreibtisch statt: Präzisierung der Fragestellung <strong>und</strong> Materialsuche<br />

bringen erst die nötigen Feldkenntnisse <strong>und</strong> führen zur<br />

Definition des Interessanten des Interessanten. Der Prozess der<br />

Wissensgewinnung ist abgeschlossen, wenn die Fragestellung<br />

präzisiert <strong>und</strong> der Korpus fest gelegt ist, d. h. gegenseitige Passung<br />

wohl begründet erreicht ist (ausführlich JÄGER 1999, 188ff.).<br />

Wissen verarbeiten<br />

Im Unterschied zu anderen Vorschlägen (JUNG 2001, KELLER<br />

2001, JÄGER 2001) habe ich nicht zunächst ein begriffliches<br />

System der Diskursanalyse festgelegt, um danach erst Aspekte der<br />

Forschungspraxis einzuführen. Das hat da<strong>mit</strong> zu tun, dass<br />

verschiedene Autorinnen <strong>und</strong> Autoren verschiedene Begrifflichkeiten<br />

vorschlagen, was offensichtlich heißt, dass man im Rahmen<br />

desselben (Diskursanalyse) Verschiedenes tun kann. Das Gemeinsame<br />

wird durch das Eintrittsbillett (siehe oben) definiert; das<br />

Verschiedene hat <strong>mit</strong> Bedingungen der Forschung selbst zu tun.<br />

Wichtig ist, dass man sparsam <strong>und</strong> präzise jene Begriffe einführt,<br />

die für die Bearbeitung der Fragestellung bedeutsam sind.<br />

Ansonsten ist die Gefahr groß, dass das Wuchern der Diskurse sich<br />

in der Diskursanalyse fortsetzt. Wer schon diskursanalytisch<br />

gearbeitet hat, weiß, wie schnell man <strong>mit</strong> der Notwendigkeit<br />

konfrontiert wird, Differenzierungen in die Analyse einzubauen.<br />

Man beginnt beispielsweise von Diskursfragmenten <strong>und</strong> -strängen,<br />

von Arenen oder Deutungsmustern zu sprechen. Dabei droht stets<br />

die Gefahr, dass ein Kategoriensystem eingeführt wird, das der<br />

diskursanalytischen Theorie der Beobachtung von der Einheit des<br />

Unterschiedenen zuwider läuft. In der Diskursanalyse gilt: jeder<br />

Begriff ist Anleitung zur Beobachtung. Es wird für die Phase der<br />

Wissensverarbeitung also eine allgemeine Theorie der Diskursbeo-<br />

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Heilpädagogik online 04/ 04

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