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Was leistet die Diskursanalyse in der Sonderpädagogik? Jan Weisser Was leistet die Diskursanalyse in der Sonderpädagogik? 283. Denn wie kann das Kind an dem gleich zweifeln, was man ihm beibringt? Das könnte nur bedeuten, dass es gewisse Sprachspiele nicht erlernen könnte Ludwig WITTGENSTEIN, Über Gewissheit, 1949-1951 Diskursanalyse ist weit mehr ein Forschungsprogramm denn eine bloße -methode. Sie gehört in den Kontext qualitativer Sozialforschung und operiert im Anschluss an Erkenntnisfragen der Wissenssoziologie. Die Leitfrage, die sie stellt, lautet: Wie bringen wir das symbolisch hervor, was wir behandeln? Die Produktivität diskursanalytischer Forschung wird theoretisch und methodisch an sonderpädagogischen Beispielen dargestellt. Die spezifische Leistung der Diskursanalyse in der Sonderpädagogik liegt im systematischen Hervorbringen von Reflexivität zweiter Ordnung. Das ist deshalb von herausragender Bedeutung, weil in der Sonderpädagogik gesellschaftliche Kontroversen ausgetragen werden, die die Versorgung des Bereichs mit Wissen und Können prekär machen, obwohl oder weil genau dies ständig folgenreich geschieht. Einleitung: Diskursanalyse und qualitative Sozialforschung Die Geschichte qualitativen Forschens ist - je nach Kontinent und Fachbereich zwischen dreißig und hundert Jahre alt. Die Qualitative Sozialforschung hat sich aus einer Kritik an quantitativen Methoden und standardisierten Forschungsverfahren einerseits, aus einer Kritik an textorientierten und methodisch unzureichend entwickelten Verfahren der Geisteswissenschaften andererseits entwickelt - 23 - Heilpädagogik online 04/ 04
Was leistet die Diskursanalyse in der Sonderpädagogik? (MAYRING 2002). Ihr Ziel ist es, das Soziale zu erforschen und die dazu nötigen Strategien theoretisch reflektiert zu entwickeln: „Qualitative Forschung hat den Anspruch, Lebenswelten ‚von innen heraus’ aus der Sicht der handelnden Menschen zu beschreiben. Damit will sie zu einem besseren Verständnis sozialer Wirklichkeit(en) beitragen und auf Abläufe, Deutungsmuster und Strukturmerkmale aufmerksam machen. (...). Mit ihren genauen und ‚dichten’ Beschreibungen bildet qualitative Forschung weder Wirklichkeit einfach ab, noch pflegt sie einen Exotismus um seiner selbst willen. Vielmehr nutzt sie das Fremde oder von der Norm Abweichende und das Unerwartete als Erkenntnisquelle und Spiegel, der in seiner Reflexion das Unbekannte im Bekannten und Bekanntes im Unbekannten als Differenz wahrnehmbar macht und damit erweiterte Möglichkeiten von (Selbst-) Erkenntnis eröffnet“ (FLICK/VON KARDORFF/STEINKE 2000, 14). Die doppelte Frontstellung zwischen quantitativen und geisteswissenschaftlichen Ansätzen prägt die Methoden- und Theoriediskussionen qualitativer Forschung, die ihr Neues gegen zwei Traditionen behauptet und dabei ambivalenten Gefühlen ausgesetzt ist: Was kann sie soviel besser als die anderen, und was kann sie nicht? Bezeichnend ist für die jüngste Geschichte der qualitativen Sozialforschung, dass sie ein vielstimmiges Repertoire an Methoden und Designs hervorgebracht hat, das sich seiner Pluralität in zustimmendem Sinne zunehmend bewusst wird. Qualitative Forschung ist multimethodisch (DENZIN/LINCOLN 1994, S. 2), sie richtet sich nach der Fragestellung und verwendet gegenstandsadäquate Methoden (STRAUSS/CORBIN 1996). Darin unterscheidet sie sich allerdings nicht von quantitativen und auch nicht von geisteswissenschaftlichen Verfahren: Sie hat an den Fragen, die sie - 24 - Heilpädagogik online 04/ 04
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Was leistet die Diskursanalyse in der Sonderpädagogik?<br />
(MAYRING 2002). Ihr Ziel ist es, das Soziale zu erforschen <strong>und</strong> die<br />
dazu nötigen Strategien theoretisch reflektiert zu entwickeln:<br />
„Qualitative Forschung hat den Anspruch, Lebenswelten ‚von<br />
innen heraus’ aus der Sicht der handelnden Menschen zu be<strong>schreiben</strong>.<br />
Da<strong>mit</strong> will sie zu einem besseren Verständnis sozialer<br />
Wirklichkeit(en) beitragen <strong>und</strong> auf Abläufe, Deutungsmuster <strong>und</strong><br />
Strukturmerkmale aufmerksam machen. (...). Mit ihren genauen<br />
<strong>und</strong> ‚dichten’ Beschreibungen bildet qualitative Forschung weder<br />
Wirklichkeit einfach ab, noch pflegt sie einen Exotismus um<br />
seiner selbst willen. Vielmehr nutzt sie das Fremde oder von der<br />
Norm Abweichende <strong>und</strong> das Unerwartete als Erkenntnisquelle<br />
<strong>und</strong> Spiegel, der in seiner Reflexion das Unbekannte im Bekannten<br />
<strong>und</strong> Bekanntes im Unbekannten als Differenz wahrnehmbar<br />
macht <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> erweiterte Möglichkeiten von (Selbst-) Erkenntnis<br />
eröffnet“ (FLICK/VON KARDORFF/STEINKE 2000, 14).<br />
Die doppelte Frontstellung zwischen quantitativen <strong>und</strong> geisteswissenschaftlichen<br />
Ansätzen prägt die Methoden- <strong>und</strong> Theoriediskussionen<br />
qualitativer Forschung, die ihr Neues gegen zwei Traditionen<br />
behauptet <strong>und</strong> dabei ambivalenten Gefühlen ausgesetzt ist: Was<br />
kann sie soviel besser als die anderen, <strong>und</strong> was kann sie nicht?<br />
Bezeichnend ist für die jüngste Geschichte der qualitativen<br />
Sozialforschung, dass sie ein vielstimmiges Repertoire an Methoden<br />
<strong>und</strong> Designs hervorgebracht hat, das sich seiner Pluralität in<br />
zustimmendem Sinne zunehmend bewusst wird. Qualitative<br />
Forschung ist multimethodisch (DENZIN/LINCOLN 1994, S. 2), sie<br />
richtet sich nach der Fragestellung <strong>und</strong> verwendet gegenstandsadäquate<br />
Methoden (STRAUSS/CORBIN 1996). Darin unterscheidet<br />
sie sich allerdings nicht von quantitativen <strong>und</strong> auch nicht von<br />
geisteswissenschaftlichen Verfahren: Sie hat an den Fragen, die sie<br />
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