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Waldbau & Klimawandel BE - Volkswirtschaftsdirektion - Kanton Bern

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Wald und <strong>Klimawandel</strong><br />

Eine waldbauliche Grundlage<br />

für die Beratung der Waldbesitzer/innen<br />

durch den<br />

Forstdienst des <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong><br />

<strong>Volkswirtschaftsdirektion</strong> des <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong><br />

Amt für Wald


Einleitung<br />

Warum dieses Merkblatt?<br />

Das Klima beeinflusst die Entwicklung<br />

des Waldes entscheidend. Es verändert<br />

sich stärker, als wir bisher wahrgenommen<br />

haben. Im <strong>Waldbau</strong> stellen<br />

sich Fragen zur Struktur, zur Mischung<br />

der Baumarten und Herkünfte, zum<br />

Vorrat, zum idealen Erntezeitpunkt<br />

oder zu forstlichen Eingriffen. Für die<br />

wichtigsten Schlüsselsituationen im<br />

Wald sollen die Handlungsmöglichkeiten<br />

sowie die Risiken und Chancen<br />

aufgezeigt werden.<br />

Es braucht keine neuen Konzepte<br />

Der <strong>Klimawandel</strong> erfordert zusätzliche<br />

waldbauliche Überlegungen und<br />

Massnahmen. Beispielsweise ist bei<br />

künftigen Pflanzungen für eine sorgfältige<br />

Dokumentation der Herkünfte zu<br />

sorgen. Es sind jedoch nicht grundlegend<br />

neue Konzepte oder Instrumente<br />

zu entwickeln. Was wir Waldfachleute<br />

bisher gelernt und angewandt haben,<br />

ist auch taugliche Basis für den<br />

Umgang mit dem <strong>Klimawandel</strong>. Dazu<br />

gehören insbesondere der naturnahe<br />

<strong>Waldbau</strong> schweizerischer Prägung<br />

und die Schutzwaldpflege nach der<br />

Konzeption „Nachhaltigkeit und<br />

Erfolgskontrolle im Schutzwald“ (NaiS).<br />

Der Wald ist Betroffener und gleichzeitig<br />

Teil der Lösung<br />

Junge Wälder können das Treibhausgas<br />

Kohlendioxid speichern und so zur<br />

Minderung des <strong>Klimawandel</strong>s beitragen<br />

(Senke). Gesamthaft ist der Beitrag<br />

unseres Waldes zur zusätzlichen Speicherung<br />

von Kohlenstoff aber gering,<br />

weil wir schon hohe Vorräte haben. Viel<br />

wichtiger ist die Verwendung des Rohstoffes<br />

Holz. Als Energieträger ersetzt<br />

er fossile Brennstoffe, als Bau- und<br />

Werkstoff bindet er Kohlenstoff über<br />

Jahrzehnte hinweg. Zudem ersetzt<br />

Konstruktionsholz andere Materialien,<br />

deren Produktion meistens mehr Energie<br />

benötigt und so das Klima stärker<br />

belastet.<br />

Holzproduktion ist und bleibt wichtig<br />

Holzproduktion ist und bleibt ein wichtiger<br />

Pfeiler nachhaltiger Waldwirtschaft.<br />

Bei den forstlichen Massnahmen<br />

gilt es den Grat zu finden zwischen<br />

Anpassung an erwartete klimatische<br />

Veränderungen und dem, was wirtschaftlich<br />

tragbar ist. Beispielsweise<br />

sind bevorzugt Baumarten zu verjüngen,<br />

die aller Wahrscheinlichkeit nach<br />

die nächste Baumgeneration lang vital<br />

sind, einen Beitrag zur Stabilität des<br />

Ökosystems Wald leisten und gleichzeitig<br />

wirtschaftlich nutzbares Holz liefern<br />

werden.<br />

5<br />

5<br />

4<br />

4<br />

3<br />

3<br />

2<br />

2<br />

1<br />

1<br />

0 °C<br />

0 °C<br />

-1<br />

-1<br />

-2<br />

1875 1900 1925 1950 1975 2000 2025 2050 2075<br />

-2<br />

Die langjährigen Reihen der Abweichungen vom Temperaturmittel zeigen einen kontinuierlichen Anstieg der Durchschnittstemperatur in der Schweiz.<br />

Klimaszenarien weisen auf eine künftig höhere durchschnittliche Jahrestemperatur hin. Quelle: MeteoSchweiz und CH2011<br />

Insbesondere in den Monaten Juni, Juli und August (JJA) muss künftig mit einem starken Temperaturanstieg gerechnet werden. Quelle: CH2011<br />

1.0 °C<br />

1.5<br />

2.0<br />

2035<br />

2060<br />

2085<br />

2.5<br />

3.0<br />

3.5<br />

4.0<br />

4.5


Der Wald und der <strong>Klimawandel</strong><br />

Es wird deutlich wärmer<br />

Der <strong>Klimawandel</strong> ist ein globales<br />

Thema. Hauptgrund für den <strong>Klimawandel</strong><br />

ist mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

die zunehmende Konzentration<br />

von Treibhausgasen in der Erdatmosphäre.<br />

In der Schweiz hat sich die<br />

mittlere Lufttemperatur seit 1970 um<br />

1,5 °C erhöht. Bis gegen Ende dieses<br />

Jahrhunderts ist aufgrund von mittleren<br />

Klimaprognosen von einer weiteren<br />

Erwärmung um 2,7 bis 4,1 °C auszugehen.<br />

Beim Niederschlag ist die<br />

Entwicklung weniger sicher. Bisher<br />

blieb die Menge der Niederschläge<br />

unverändert. Ab etwa 2050 ist mit vermehrten<br />

und stärker ausgeprägten<br />

sommerlichen Trockenperioden zu<br />

rechnen. Die Niederschläge im<br />

Sommer dürften bis 2100 um rund<br />

20% abnehmen.<br />

Bäume sind langsamer als <strong>Klimawandel</strong><br />

Die Unsicherheiten über die klimatischen<br />

Entwicklungen sind erheblich.<br />

Die Wetterdaten der letzten Jahre<br />

lagen eher über den negativsten Prognosen.<br />

Aus so kurzen Zeitabschnitten<br />

können jedoch keine verlässlichen<br />

Trends abgelesen werden. Es ist aber<br />

zu erwarten, dass die natürliche Entwicklung<br />

der Wälder (z. B. Sukzession<br />

der Baumarten) deutlich langsamer<br />

verläuft, als die Änderung der klimatischen<br />

Rahmenbedingungen.<br />

Möglichst störungsresistente und<br />

anpassungsfähige Wälder<br />

<strong>Waldbau</strong>liche Empfehlungen haben<br />

die grosse Unsicherheit über das, was<br />

tatsächlich eintreffen wird, zu berücksichtigen.<br />

Sie sind darauf auszurichten,<br />

den Wald für unterschiedliche Entwicklungen<br />

fit zu machen und seine<br />

Anpassungs- und Erholungsfähigkeit<br />

(Resilienz) zu stärken. Ziel sind möglichst<br />

störungsresistente und anpassungsfähige<br />

Wälder.<br />

Resilienz beschreibt die Fähigkeit<br />

eines Systems, nach Störungen<br />

wieder in den Bereich des ursprünglichen,<br />

dynamischen Gleichgewichts<br />

zurückzufinden.


Auswirkungen auf den Wald<br />

Der Wald wird sich verändern,<br />

dynamisch und überraschend<br />

Der <strong>Klimawandel</strong> wirkt sich vielfältig<br />

auf den Wald aus. Die heutigen<br />

Höhenstufen werden sich nach oben<br />

verschieben. Zudem trifft der <strong>Klimawandel</strong><br />

auf einen Wald mit Vorgeschichte.<br />

So haben Luftschadstoffe in<br />

den vergangenen Jahrzehnten die<br />

Vitalität der Bäume beeinflusst und<br />

die Waldböden verändert. Solche<br />

Kombinationen können zu unerwarteten<br />

Entwicklungen und überraschender<br />

Dynamik führen. Beispielsweise<br />

kann Stickstoffeintrag das<br />

Risiko für Trockenschäden erhöhen.<br />

Störungen werden tendenziell<br />

zunehmen<br />

Der <strong>Klimawandel</strong> wird Intensität und<br />

Häufigkeit von Störungen beeinflussen.<br />

Treten die Störungen in Kombination<br />

auf, können sie sich besonders<br />

stark auswirken. Konkrete Störungsereignisse<br />

können sein:<br />

• Stürme, Starkniederschläge,<br />

Hagel, Nassschnee<br />

• Hangmuren, Rutschungen,<br />

Hochwasser<br />

• Trockenheit, insbesondere häufigere,<br />

intensivere und länger<br />

andauernde sommerliche Hitzewellen<br />

und Trockenperioden,<br />

Sonnenbrand<br />

• Waldbrände bzw. erhöhte Waldbrandgefahr<br />

• Vermehrtes Auftreten von<br />

bekannten Schädlingen. Bei<br />

bekannten Schädlingen kann<br />

sich die Widerstandskraft der<br />

Wirtspflanzen und die Aggressivität<br />

der Schädlinge ändern oder<br />

das Verbreitungsareal ausweiten<br />

(z. B. Buchdrucker bei Fichte<br />

oder Pinienprozessionsspinner<br />

bei Föhren).<br />

• Auftauchen von neu eingeschleppten<br />

Tieren und Pflanzen<br />

(Neobiota). Dazu zählen beispielsweise<br />

der Japanische Staudenknöterich<br />

(Neophyt) oder der<br />

Asiatische Laubholzbockkäfer<br />

(Neozoon). Letzterer wird durch<br />

den globalisierten Handel mit Verpackungsholz<br />

eingeschleppt, er<br />

kann sich aber dank wärmerem<br />

Klima rascher entwickeln.<br />

Vorräte werden abnehmen<br />

Die Auswirkungen auf die Waldleistungen<br />

hängen stark von der Art und<br />

Häufigkeit der Störungsereignisse ab.<br />

Es ist zu erwarten, dass die meisten<br />

Störungen zu Vitalitätsverlust und<br />

allenfalls zum Absterben von Einzelbäumen,<br />

Baumgruppen oder ganzen<br />

Beständen und damit zu einer<br />

Abnahme der Vorräte führen werden.<br />

Bisher hat der Zuwachs solche<br />

Reduktionen rasch wieder ausgeglichen.<br />

Bei intensiveren und häufigeren<br />

Störungen wird der Vorrat deutlich<br />

abnehmen.<br />

Der <strong>Klimawandel</strong> bietet auch Chancen<br />

Es wird erwartet, dass beispielsweise<br />

die Waldgrenze ansteigt, der Zuwachs<br />

in höheren Lagen grösser wird und<br />

sich die Vegetationszeit verlängert.<br />

Der erhöhte Stickstoffeintrag im Boden kann<br />

das Risiko für Trockenschäden erhöhen.


Risikoverteilung und Handlungsfreiheit<br />

Risikoverteilung ist ein Grundprinzip<br />

Die tatsächlichen Entwicklungen sind<br />

aus heutiger Warte unsicher. Um das<br />

Ziel von möglichst anpassungsfähigen,<br />

störungsresistenten Wäldern<br />

zu erreichen, sind breite Strategien<br />

mit verteilten Risiken zu bevorzugen<br />

(z. B. breites Baumartenspektrum,<br />

gute Altersverteilung).<br />

Handlungsfreiheit möglichst gross<br />

halten<br />

Die aktuell getroffenen Massnahmen<br />

sollen die künftige Handlungsfreiheit<br />

möglichst gross halten. In einem zur<br />

Verjüngung anstehenden Bestand<br />

sollten beispielsweise Samenbäume<br />

von möglichst vielen Baumarten<br />

belassen werden.<br />

Biologische Rationalisierung bedeutet,<br />

dass die natürlichen Abläufe<br />

soweit als möglich für die waldbaulichen<br />

Zielsetzungen genutzt werden<br />

(z. B. Auslese der vitalsten Jungbäume).<br />

Risikoverteilung durch Vielfalt<br />

Biodiversität hilft über Zusammenhänge,<br />

Wechselwirkungen, Gegenspieler,<br />

Vernetzung etc. das gesamte<br />

Ökosystem Wald zu stabilisieren. Die<br />

Vielfalt kann sich beispielsweise in<br />

Bezug auf<br />

• die Baumarten und Herkünfte,<br />

• die horizontale und vertikale<br />

Struktur,<br />

• die Arten von <strong>Waldbau</strong> und ihre<br />

konkrete Umsetzung<br />

äussern.<br />

Der Natur überlassen, was sie<br />

selbst machen kann<br />

Aus ökonomischer Sicht können die<br />

meisten waldbaulichen Eingriffe als<br />

Investition in einen Bestand betrachtet<br />

werden. Optimal ist, wenn der<br />

gewünschte Zielzustand mit möglichst<br />

geringen und möglichst späten<br />

Investitionen erreicht wird. Daher sind<br />

die Möglichkeiten der biologischen<br />

Rationalisierung auszuschöpfen und<br />

waldbauliche Massnahmen kritisch<br />

zu prüfen. Wenn überhaupt eingegriffen<br />

werden soll, sind minimale Massnahmen<br />

zu bevorzugen.<br />

Trotzdem nichts verpassen<br />

Diese Zurückhaltung darf aber nicht<br />

dazu führen, dass Schlüsselsituationen<br />

verpasst werden, in denen mit<br />

geringem Aufwand eine grosse Wirkung<br />

erzielt werden kann (z. B. Massnahmen<br />

für eine grössere Baumartenvielfalt<br />

bei Verjüngung und<br />

Jungwaldpflege).<br />

Gesellschaftliche<br />

prägen stark<br />

Entwicklungen<br />

Von der Frage, welche Bedürfnisse<br />

und Ansprüche künftige Generationen<br />

an den Wald haben werden,<br />

geht ebenfalls eine grosse Unsicherheit<br />

aus. Die Erfahrungen der vergangenen<br />

hundert Jahre zeigen, dass die<br />

Waldbewirtschaftung nicht nur durch<br />

Naturereignisse, sondern auch stark<br />

durch gesellschaftliche Entwicklungen<br />

geprägt wurde.<br />

Biodiversität im Wald hilft, die Risiken des<br />

<strong>Klimawandel</strong>s zu verteilen und so die Auswirkungen<br />

abzuschwächen.


Verjüngung und Baumartenwahl<br />

Verjüngung ist entscheidend<br />

Die Verjüngung ist jene waldbauliche<br />

Massnahme mit den weitreichendsten<br />

Folgen.<br />

Baumartenwahl ist zentral<br />

Für die Baumartenwahl gelten folgende<br />

Empfehlungen:<br />

• Standortgerechte Mischungen mit<br />

gutem Entwicklungspotenzial bei<br />

künftigem Klima bevorzugen. Eine<br />

Beschränkung auf „standortheimisch“<br />

wäre zu eng.<br />

• Breites Baumartenspektrum zur<br />

Risikoverteilung anstreben, inklusive<br />

Gastbaumarten und Exoten<br />

in massvoller Mischung.<br />

• Mit anderen Herkünften (Provenienzen)<br />

experimentieren, beispielsweise<br />

eher eine Herkunft wählen,<br />

die etwas tiefer wächst, was meistens<br />

einem wärmeren und etwas<br />

trockeneren Klima entspricht. Gut<br />

dokumentieren, was wo gemacht<br />

wurde und eine systematische<br />

Erfolgskontrolle führen, damit spätere<br />

Generationen die Erfahrungen<br />

nutzen können.<br />

• Generell gilt, dass Experimente zu<br />

fördern sind, da daraus laufend<br />

praktisches Wissen gewonnen<br />

werden kann, sofern Dokumentation<br />

und Erfolgskontrolle sichergestellt<br />

sind.<br />

Natürliche Verjüngung bevorzugt,<br />

aber ...<br />

Vorverjüngung (Verjüngung in Wartestellung)<br />

erleichtert die Wiederbewaldung<br />

bei flächigen Störungen<br />

wesentlich.<br />

Natürliche Verjüngung ist aus praktischen<br />

und wirtschaftlichen Gründen<br />

vorzuziehen. Allerdings können wir<br />

nicht davon ausgehen, dass die<br />

natürliche Ausbreitung von Baumarten<br />

mit dem <strong>Klimawandel</strong> Schritt<br />

halten kann. Änderungen beim<br />

Bestockungsziel erfordern ebenfalls<br />

Pflanzungen, ausser es sind einzelne<br />

Samenbäume der gewünschten<br />

Arten und Herkünfte vorhanden.<br />

Konkurrenzschwache Baumarten<br />

mit Potenzial fördern<br />

Bei der Verjüngung und der Jungwaldpflege<br />

sind die Möglichkeiten<br />

der biologischen Rationalisierung<br />

auszuschöpfen. Dabei gilt es, das<br />

breite Baumartenspektrum zu erhalten.<br />

Heute noch konkurrenzschwache<br />

Baumarten, denen künftig Potenzial<br />

beigemessen wird, sind in<br />

angemessenen Anteilen zu fördern.<br />

Exoten sind Baumarten, die von ausserhalb<br />

Europas stammen (z. B. Douglasie,<br />

Roteiche).<br />

Gastbaumarten sind europäische<br />

Baumarten, die natürlicherweise nicht<br />

auf einem Standort vorkommen (z. B.<br />

Lärche im Mittelland).<br />

Exoten und Gastbaumarten kommen<br />

in massvoller Mischung an zahlreichen<br />

Standorten in Frage. Sie dürfen den<br />

Standort jedoch nicht verschlechtern.<br />

Vorverjüngter Wald erholt sich nach einer Störung<br />

schneller und kann so seine Leistungen<br />

rascher wieder erbringen.


Stabilität und Struktur<br />

Strukturvielfalt erhöht Stabilität nur<br />

beschränkt<br />

Stabile Wälder sind störungsresistenter.<br />

Durch Strukturvielfalt kann die<br />

Stabilität erhöht werden, allerdings nur<br />

in beschränktem Ausmass. Die Strukturvielfalt<br />

bietet jedoch ökologische<br />

Nischen und hat den Vorteil, dass die<br />

Vorverjüngung bereits vorhanden ist.<br />

Im Störfall kann dadurch schneller<br />

wieder Wald aufkommen.<br />

Ein stabiler und störungsresistenter Wald<br />

bedingt meistens eine kontinuierliche Waldbewirtschaftung.<br />

Besonderheiten<br />

Gleichgewicht Wald – Wild<br />

Die Tanne und die Lärche sind für die<br />

Anpassung an den <strong>Klimawandel</strong> wichtige<br />

Baumarten, sie stehen heute jedoch<br />

unter starkem Wilddruck. Das Gleichgewicht<br />

von Wald und Wild wird mit zunehmendem<br />

<strong>Klimawandel</strong> wichtiger. Einerseits<br />

weil der <strong>Klimawandel</strong> ein<br />

Stressfaktor für den Wald ist und dabei<br />

jedes zusätzliche Element (wie beispielsweise<br />

der Wildeinfluss) den Ausschlag<br />

über Erfolg oder Misserfolg geben kann.<br />

Andererseits weil durch Änderungen<br />

des Bestockungszieles vermehrt Pflanzungen<br />

erforderlich werden, die grundsätzlich<br />

anfälliger auf Wildverbiss sind als<br />

Naturverjüngung. Die Fragen rund um<br />

Pionierbaumarten sind eine Bereicherung<br />

Zur Nischenvielfalt gehören auch grössere<br />

Lücken ( ≥ 0.5 Hektaren), in denen<br />

Pionierbaumarten Fuss fassen können.<br />

Lücken müssen kaum aktiv angelegt<br />

werden, da sie in nächster Zeit durch<br />

Störungen geschaffen werden dürften.<br />

Die meist leichtsamigen Pionierbaumarten<br />

können bei einer Wiederbewaldung<br />

wertvolle Dienste leisten.<br />

Beim Dauerwald lassen sich die<br />

Unterformen Plenterwald, Gruppenplenter-<br />

und Gebirgsplenterwald<br />

unterscheiden.<br />

bessere Lebensräume, intensivere Bejagung<br />

und Grossraubtiere gewinnen an<br />

Bedeutung.<br />

Förderbeiträge<br />

Bisher sind keine speziellen Förderbeiträge<br />

für die Anpassung an den <strong>Klimawandel</strong><br />

vorgesehen. Die bisherigen Beiträge,<br />

wie beispielsweise im Schutzwald<br />

oder für die Jungwaldpflege, können<br />

selbstverständlich zielgerichtet beansprucht<br />

werden.<br />

Schutzwald<br />

Im Schutzwald ist NaiS weiterhin tauglich<br />

und gültig.<br />

Femelschlag- oder Dauerwald?<br />

Beide haben ihre Vor- und Nachteile:<br />

• Dauerwald begünstigt Schattenund<br />

Halbschattenbaumarten, die<br />

Verjüngung steht oft schon in Wartestellung<br />

(Vorverjüngung), grossflächige<br />

Störungen führen dank<br />

Vorverjüngung kaum zu grossen<br />

kahlen Flächen. Nachteil: empfindlicher<br />

auf Wilddruck.<br />

• Der Femelschlagbetrieb fördert ein<br />

breiteres Baumartenspektrum, der<br />

Wechsel des Bestockungsziels ist<br />

einfacher möglich, die waldbauliche<br />

Freiheit generell grösser.<br />

Nachteil: höhere Pflegekosten,<br />

aufwändigere Planung.<br />

Vorräte etappenweise reduzieren<br />

Im Durchschnitt weisen die Wälder im<br />

<strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> einen Holzvorrat auf, der<br />

europaweit zu den höchsten zählt.<br />

Hohe Vorräte sind oft mit grossen<br />

Baumhöhen und hohem Fichtenanteil<br />

verbunden, was die Sturmgefährdung<br />

anhebt. Hohe Vorräte stehen oft auch<br />

einer Vorverjüngung vor dem Licht.<br />

Nach einem Schadenereignis ist das<br />

Holz meistens entwertet, bei grösseren<br />

regionalen oder gar nationalen Ereignissen<br />

fallen die Holzpreise jeweils<br />

markant. Aus ökonomischer Sicht und<br />

aus Gründen der Risikominderung<br />

sind hohe Vorräte gezielt und in mehreren<br />

Schritten zu reduzieren. Dabei ist<br />

nicht zu vermeiden, dass die Stabilität<br />

kurzfristig vermindert wird.<br />

Umtriebszeiten verkürzen<br />

Kürzere Umtriebszeiten führen zu<br />

geringeren Baumhöhen und reduzieren<br />

so die Risiken für Sturmschäden<br />

wesentlich. Sie ermöglichen auch eine<br />

raschere Anpassung der Baumartenmischung.<br />

Fichten auch durch andere Nadelbäume<br />

ersetzen<br />

Bestände mit hohem Fichtenanteil in<br />

tieferen Lagen sind anfälliger für Windwurf,<br />

Trockenheit und Schadinsekten.<br />

Eine Überführung in robustere Wälder<br />

mit höheren Anteilen anpassungsfähiger<br />

Baumarten ist zu empfehlen;<br />

dazu tragen Laubbäume und – je nach<br />

Standort – auch Nadelbäume wie Lärchen,<br />

Föhren oder Douglasien bei.


Zusammenfassung: Welche waldbaulichen Massnahmen können ergriffen werden?<br />

Die aufgeführten waldbaulichen Empfehlungen sollen den Wald für unterschiedliche Entwicklungen fit machen und seine<br />

Resilienz stärken. Das Ziel sind möglichst anpassungsfähige und störungsresistente Wälder. Was bisher gelernt und angewandt<br />

wurde, ist im Grundsatz weiterhin tauglich für den Umgang mit dem <strong>Klimawandel</strong>. Dazu gehören insbesondere der<br />

naturnahe <strong>Waldbau</strong> schweizerischer Prägung sowie die Schutzwaldpflege.<br />

Verjüngung des Waldes fördern<br />

• Bestockungsziel bewusst wählen<br />

und dabei den <strong>Klimawandel</strong><br />

berücksichtigen;<br />

• standortgerechte Baumartenmischungen<br />

anstreben, allenfalls<br />

Gastbaumarten und Exoten einbeziehen;<br />

• ein breites Baumartenspektrum<br />

wählen,<br />

• gut abwägen, was mit Naturverjüngung<br />

möglich ist und wo<br />

(Ergänzungs-)Pflanzungen sinnvoll<br />

sind;<br />

• bei Pflanzungen die Herkunft<br />

beachten und dokumentieren,<br />

• so vorgehen, dass möglichst<br />

anpassungsfähige und störungsresistente<br />

Bestände entstehen,<br />

welche späteren Generationen<br />

grossen Handlungsspielraum<br />

bieten.<br />

Vorratsreiche, dunkle und wenig<br />

strukturierte Wälder auflichten<br />

• Holzvorrat optimieren,<br />

• Vorverjüngung anstreben,<br />

• Verjüngung – allenfalls vorzeitig –<br />

einleiten,<br />

• im Schutzwald NaiS beachten<br />

und die Waldabteilung beiziehen,<br />

• konsequente Käferbekämpfung<br />

in und um den Schutzwald.<br />

Risiken in fichtenreichen Beständen<br />

abbauen<br />

• Chancen und Risiken bezüglich<br />

Sturm- und Borkenkäfergefährdung<br />

gut abwägen;<br />

• gezielte, allenfalls vorzeitige Nutzung,<br />

um Schäden zuvorzukommen;<br />

• Umwandlung des Bestandes nur<br />

im Einzelfall.<br />

Wälder auf klimasensiblen Standorten<br />

speziell behandeln<br />

• Auf klimasensiblen Standorten<br />

geraten Bäume unter Trockenstress.<br />

An solchen Standorten<br />

muss auch mit viel dürrem Holz in<br />

brandgefährdetem Klima gerechnet<br />

werden.<br />

• In gefährdeten Lagen, beispielsweise<br />

in Siedlungsnähe oder in<br />

wichtigen Schutzwäldern Brandgut<br />

entfernen (dürres Material<br />

oder tote Bäume).<br />

Biodiversität fördern<br />

Vielfalt hilft, das Ökosystem Wald stabiler<br />

zu machen. Sie wirkt risikoausgleichend<br />

und damit vergleichbar<br />

einer Versicherung.


Projekt<br />

<strong>Waldbau</strong> & <strong>Klimawandel</strong> <strong>BE</strong><br />

Amt für Wald des <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong>, 2012/13<br />

Kernteam<br />

• Adrian Lukas Meier-Glaser (Projektleiter)<br />

• Walter Marti<br />

• Martin Staedeli<br />

• Christian von Grünigen<br />

• Simon Vogelsanger<br />

Begleitgruppe<br />

• Renaud Baumgartner<br />

• Peter Brang, WSL<br />

• Thomas Gut<br />

• Pascal Junod, Fachstelle <strong>Waldbau</strong><br />

• Christian Küchli, BAFU<br />

• Philipp Mösch<br />

• Beat Zurbuchen<br />

Quellen<br />

• Brang, P.; Born, J.; Augustin, S.;<br />

Küchli, C.; Pauli, B.; Thürig, E.; Wermelinger,<br />

B.; Wohlgemuth, T.; Zimmermann,<br />

N. E., 2011. Forschungsprogramm<br />

Wald und <strong>Klimawandel</strong>.<br />

Synthese der ersten Programmphase<br />

2009 - 2011. Birmensdorf, Eidg.<br />

Forschungsanstalt für Wald, Schnee<br />

und Landschaft WSL; <strong>Bern</strong>, Bundesamt<br />

für Umwelt. 51 S.<br />

• Bundesamt für Umwelt (BAFU), 2012.<br />

Anpassung an den <strong>Klimawandel</strong> in der<br />

Schweiz, Ziele, Herausforderungen und<br />

Handlungsfelder, Erster Teil der Strategie<br />

des Bundesrates vom 2. März<br />

2012, <strong>Bern</strong>. 64 S.<br />

• CH2011, 2011. Swiss Climate Change<br />

Scenarios CH2011, published by<br />

C2SM, MeteoSwiss, ETH, NCCR Climate<br />

and OcCC, Zürich, Schweiz.<br />

88 S.<br />

• Frehner, M.; Wasser, B.; Schwitter, R.,<br />

2005. Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle<br />

im Schutzwald, Vollzug Umwelt,<br />

BUWAL, <strong>Bern</strong>, Schweiz. 564 S.<br />

• Lars Muller Publishers and ETH Zurich,<br />

2011. Mensch Klima! Wer bestimmt die<br />

Zukunft?, Zürich, Schweiz. 576 S.<br />

• Wermelinger, B.; Eidg. Forschungsanstalt<br />

für Wald, Schnee und Landschaft<br />

WSL, Oktober 2012. Auskünfte auf<br />

Mailanfragen


Impressum<br />

Text<br />

Amt für Wald des <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong> (KAWA)<br />

Bilder<br />

Karten Klimaszenarien (CH2011)<br />

Hochwasser <strong>Bern</strong> 2005 (Schweizer Luftwaffe)<br />

Weitere Grafiken und Bilder (KAWA)<br />

<strong>Bern</strong>, April 2013<br />

Weitere Informationen finden Sie unter<br />

www.be.ch/wald-klimawandel<br />

SC2013040308

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