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Capeller Text Wie die alten Litauer lebten

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durch <strong>die</strong> Dörfer, um zu sehen, ob er nicht irgendwo eine Schaukel erblickte. Da hörten sie<br />

dann später mit <strong>die</strong>sen Schaukeln überhaupt auf.<br />

Der Bußtag war wie ein Sonntag, niemand arbeitete und viele Menschen gingen in <strong>die</strong><br />

Kirche.<br />

Himmelfahrt war ein viel größeres Fest; da gingen alle zur Beichte und zum Heiligen<br />

Abendmahl.<br />

Pfingsten hielten sie so: Am Tage vor dem Feste hieben sie Zweige von den Bäumen, von<br />

Birken, Ahorn und Linden, um <strong>die</strong> Stuben auszuschmücken. Am ersten Morgen wurde früh<br />

alles ausgejagd. Zu Frühstück trieben wir <strong>die</strong> Kühe wieder nach Hause, und jeder Hirtsjunge<br />

hatte schon Kränze mit. Da fingen wir <strong>die</strong> Kühe, umwanden ihnen <strong>die</strong> Hörner und trieben sie<br />

auf <strong>die</strong> Straße. Hierhin kamen alle Dienstmädchen, um ihre Kühe auf dem Hof zu treiben. Oft<br />

holte auch <strong>die</strong> Wirtin selbst <strong>die</strong> Kühe von der Straße ab. Dann scherzte sie: „Jungen, meine<br />

Kühe haben den schönsten Kranz; ich will euch auch gern geben, um was ihr bittet.“ Am<br />

anderen Tage war das Rühreifest. Schon gegen Mittag gingen alle Hirtsjungen zu den<br />

Wirtinnen nach Eiern und Speck; einer hatte eine Lischke („Lischke“ ist ein ostpreußischer<br />

Ausdruck für eine Basttasche) für <strong>die</strong> Eier, ein anderer ein Säckchen für den Speck, ein<br />

anderer hatte einen Becher für das Salz und wieder einer einen Sack für das Holz. Der Hirt<br />

und seine Frau waren auf dem Felde; hier hatten sie einen Dreifuß, eine Bratpfanne,<br />

Schüsseln und alles, was zur Küche gehört. Dann gingen wir aufs Feld und gaben alles der<br />

Frau des Hirten. Jetzt zerschlug sie <strong>die</strong> Eier und begann zu backen. Das Geld, das sie im Dorfe<br />

gegeben hatten, das legten wir zusammen, um Branntwein und Bier aus der nächsten<br />

Schenke zu holen. Dann gab es einen großen Schmaus, wie aßen und tranken, bis alle genug<br />

hatten. Mancher erbrach sich auch, manchen mussten wir auf einem Karren nach Hause<br />

karren.<br />

Trinitatis hielten <strong>die</strong> <strong>Litauer</strong> für einen sehr heiligen Tag. Alle gingen zum Pfarrer in <strong>die</strong> Kirche.<br />

Da war keine Musik in der Schenke, ebensowenig wie zu Himmelfahrt.<br />

Das Erntefest.<br />

Jetzt waren alle größeren Feste vorbei, nun kamen <strong>die</strong> schweren Feldarbeiten, das<br />

Grashauen und <strong>die</strong> Roggenernte. Wenn der Roggen abgehauen war, so war das Erntefest. Da<br />

hatte der erste Schnitter einen Grans an der Sense, den er von Hause mitgebracht und an<br />

dem seine Binderin eine Handvoll Roggenähren angebunden hatte. So zogen sie singend auf<br />

dem Hof. Dort legten sie alles nieder, Sense, Wetzstein und Schluckerfaß; dann gingen sie ins<br />

Haus hinein. Der erste Schnitter mit dem Kranze und seine Binderin mußten vorangehen.<br />

Und hinter der Türe hielt <strong>die</strong> Wirtin schon einen Eimer mit Wasser und einen kleinen<br />

Milchstüppel bereit. Wenn <strong>die</strong> beiden in das Haus kamen, goß sie ihnen geradezu ins Gesicht<br />

und lief in <strong>die</strong> Stube. Und der ergriff den Eimer mit Wasser, holte <strong>die</strong> Wirtin ein und goß ihr<br />

den ganzen Eimer über den Kopf.

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