18.04.2014 Aufrufe

Capeller Text Wie die alten Litauer lebten

Capeller Text Wie die alten Litauer lebten

Capeller Text Wie die alten Litauer lebten

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

44.<br />

<strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>alten</strong> <strong>Litauer</strong> <strong>lebten</strong>.<br />

(Übersetzung der Schrift Kaip senèji Lètuvininkai gyvèno. Aufzeichnungen aus dem Kreise<br />

Stallupönen u. hgb. Von der Lit.lit.Ges.Heidelb.1904)*)<br />

*) Nachstehende Übersetzung ist von Herrn stud. phil. H. Gelzer in Jena unter meiner<br />

Anleitung angefertigt worden, der den Versuch gemacht hat, auch den Ton des Orginals,<br />

welches keine gelehrte Abhandlung, sondern <strong>die</strong> schlichte Erzählung eines litauischen<br />

Bauern enthält, möglichst treu wiederzugeben. Die Übertragung der Dainos rührt von mir<br />

selbst her. C. <strong>Capeller</strong><br />

Wohnung<br />

Als ich jung war, sah es in Litauen ganz anders aus. Die Menschen hatten noch nicht solche<br />

Wohnungen, wie sie jetzt sind; es waren solche verfallene Gebäude, daß das Dach oft bis zur<br />

Erde reichte. Ganz arme Leute hatten nur eine Stube. In der Stube gab es keinen Kamin; sie<br />

kochten im Hause auf der Erde; den Topf oder <strong>die</strong> Bratpfanne hängte man am Balken auf. An<br />

demselben Balken räucherte man auch Fleisch. In den Winkeln unter dem Dache waren<br />

Löcher, wo der Rauch sich verziehen konnte. Da kann man sich denken, was für ein Gestank<br />

da war. In den besseren Wohnungen war zuerst, wenn man eintrat, der Hausflur oder „das<br />

Haus“; aus dem Hausflur ging man auf der einen Seite in <strong>die</strong> Stube, auf der andern in <strong>die</strong><br />

Kammer, und hinten in <strong>die</strong> Küche. Die Stube war so breit, wie das ganze Haus. An der<br />

Schornsteinwand stand der Ofen; er war nur halb so hoch, wie unsere Öfen jetzt sind, und<br />

aus kleinen Ofenziegeln gemacht. Diese Ziegel waren umgekehrt, mit dem Boden nach dem<br />

Ofen und mit dem Loche nach der Stube, sodaß es aussah, wie eine Honigwabe, nur viel<br />

größer. Auf einem solchen Ofen lagen auch der Knecht oder <strong>die</strong> Magd. Hinter dem Ofen war<br />

der wärmste und beste Platz in der ganzen Stube; im Winter kroch jeder in den Winkel hinter<br />

dem Ofen, um sich zu wärmen. Die Fenster waren so klein und niedrig, daß man sie mit<br />

unsern Fenstern garnicht vergleichen kann.<br />

Man hatte meist nur ein hölzernes, aus Brettern zusammengeschlagenes Bett. Bei guten<br />

Wirtinnen war das Bett mit einem Laken überdeckt, bei armen war nur Stroh zu sehen, wie<br />

in einem Schweinekoben, und <strong>die</strong> Menschen deckten sich mit ihren Kleidern zu. Neben dem<br />

Bette war <strong>die</strong> Hängewiege; <strong>die</strong> war aus Weidenästen geflochten und an der Decke<br />

aufgehängt. In <strong>die</strong>ser <strong>Wie</strong>ge lag das kleinste Kind; hier schaukelte man es, und wenn einer<br />

vorüber ging und sah, das <strong>die</strong> <strong>Wie</strong>ge stand, setzte er sie in Bewegung, daß sie immer gehen<br />

musste. Außerdem hatte man auch einen Tisch; das waren vier Pfähle, in <strong>die</strong> Erde<br />

eingeschlagen und oben mit einen Brett bedeckt. Um den Tisch war eine hölzerne Bank, auf<br />

<strong>die</strong> Bank setzte man sich, um zu essen. Im Sommer, wenn es warm war, stellte man den<br />

Tisch am Hause unter freien Himmel auf, wo man sich <strong>die</strong> Fliegen abwehren konnte. Von<br />

Stühlen wusste man garnichts, sondern man hatte nur Schemel. Der Schemel war ein Brett,

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!