Motorsport Magazin Herrschaft der Silberpfeile (Vorschau)
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FOTO: ADRIVO/SUTTON TITELFOTOS: ADRIVO/SUTTON, MILAGRO, MERCEDES-BENZ, RED BULL RACING
❱<br />
IN DIESER<br />
AUSGABE<br />
FORMEL 1<br />
NEUE FORMEL 1: Gewinner & Verlierer 24<br />
MERCEDES: <strong>Herrschaft</strong> <strong>der</strong> <strong>Silberpfeile</strong> 26<br />
STERNEN-JÄGER: Wer stoppt Mercedes? 34<br />
WILLIAMS: Die Auferstehung 42<br />
INTERVIEW: Monisha Kaltenborn 46<br />
HISTORY: Ayrton Sennas Turbo-Raketen 52<br />
42<br />
Auf<br />
FORMEL 1: WILLIAMS IS BACK<br />
das Desaster folgt <strong>der</strong> Aufschwung: Die Zeit am hinteren Ende<br />
<strong>der</strong> Startaufstellung hat ein Ende. Williams ist auf dem Weg zurück<br />
in den Kreis <strong>der</strong> Topteams. Wie ist das gelungen?<br />
MOTORRAD<br />
MOTOGP: Die Psyche <strong>der</strong> Champions 64<br />
TEAMKOLLEGEN: Auge um Auge, Zahn um Zahn 70<br />
DUCATI: Der Weg zurück ins Glück 78<br />
TECHNIK: Die neuen Dashboards erklärt 82<br />
HISTORY: USA und Australien: Was ist los? 84<br />
INTERVIEW: Jonas Folger 92<br />
PHILIPP ÖTTL: Der Hoffnungsträger 94<br />
TOP-5: Sprücheklopfer 96<br />
WSBK: Aprilia - Die <strong>Silberpfeile</strong> <strong>der</strong> WSBK 100<br />
INTERVIEW: Edgar Torronteras 102<br />
MOTOGP: TEAMKOLLEGEN-VERGLEICH<br />
Der erste Gegner ist stets <strong>der</strong> Teamkollege. So auch für Marquez und<br />
Pedrosa, Rossi und Lorenzo sowie Crutchlow und Dovizioso. Wer hat<br />
die besten Karten im teaminternen Vergleich?<br />
70<br />
MOTORSPORT<br />
WRC: Volkswagen - Feind im eigenen Lager 106<br />
ADAC MOTORSPORT: Splitter 110<br />
SERVICE<br />
INSIDE 04<br />
KOLUMNEN 14<br />
ZIELGERADE 112<br />
IMPRESSUM 114<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MILAGRO<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 3
EDITORIAL<br />
INSIDE<br />
Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein<br />
Stephan: Kerstin, die Heimat hat dich wie<strong>der</strong>:<br />
Zweimal um die Welt und dann direkt rein in<br />
die Heftproduktion!<br />
Kerstin: Mein Zeitgefühl ist komplett im<br />
Eimer! Aber die Menschen in Melbourne<br />
sind so unglaublich überfreundlich. Da<br />
fürchtest du, jemand will dir den Koffer<br />
klauen, dabei will er ihn nur für dich<br />
tragen.<br />
Stephan: In Sepang hättest du dich gefreut,<br />
wenn du ihn selbst hättest tragen<br />
müssen...<br />
Kerstin: Ja, lei<strong>der</strong> war er dem Saisonverlauf<br />
voraus und ist eigenständig nach Abu<br />
Dhabi weiter gereist.<br />
Stephan: Wahrscheinlich dachte er, er<br />
bekommt dann doppelte Punkte o<strong>der</strong> wenigstens<br />
doppelte Flugmeilen!<br />
Kerstin: Immerhin gab es dafür 50 Ringgit<br />
von <strong>der</strong> Airline.<br />
Stephan: Sagenhafte elf Euro!<br />
Christian ruft zur Bürotür herein: Haha,<br />
da hatte ich es in Bahrain besser! Ich<br />
habe an <strong>der</strong> Tankstelle mit einem 50<br />
Euro-Schein bezahlt und umgerechnet 70<br />
Euro zurückbekommen...<br />
Kerstin: Geh wie<strong>der</strong> in die Wüste!<br />
Stephan: Du musst aber zugeben, das ist<br />
äußerst effizient. Du warst bei <strong>der</strong> Pharaonen<br />
Rallye aber schon mal eine Woche in <strong>der</strong><br />
Wüste ohne Koffer... warum reißt <strong>der</strong> immer<br />
vor dir aus?<br />
Kerstin: Ich bin ganz lieb zu ihm, ehrlich.<br />
Stephan: Wenigstens durftest du dann ein<br />
Einkaufszentrum unsicher machen. Es soll<br />
ja Frauen geben, die gerne shoppen gehen...<br />
Kerstin: Lebensmittelmarkt auf dem Land<br />
trifft‘s vielleicht eher. Aber geh mal als Frau<br />
in einem muslimischen Land alleine in<br />
einem Supermarkt ohne Umkleidekabine<br />
Unterwäsche kaufen...<br />
Stephan: Hier wäre das ein Hit! Aber aus<br />
<strong>der</strong>en Sicht hast du den Laden wohl im<br />
wahrsten Sinne des Wortes terrorisiert - und<br />
dann auch noch uncoole, einfarbige Sachen<br />
eingekauft...<br />
Kerstin: Also mit den kunterbunten Gewän<strong>der</strong>n<br />
hätte ich Kai Ebel locker in den Schatten<br />
stellen können. Noch dazu alles nur in<br />
XXL, sodass ich dreimal reingepasst hätte.<br />
Stephan: Klingt nach einem Outfit für Jacques<br />
Villeneuve! Der kommt in dieser Ausgabe<br />
ja auch zu Wort.<br />
Kerstin: Jacques würde ich sofort dorthin<br />
schicken, klar! Aber wenn ich nur an diese<br />
weiten malaysischen Schlabberhosen<br />
denke... Hilfe!<br />
Stephan: Schlabberhosen, Unterwäsche und<br />
alles an<strong>der</strong>e waren sicher auch in allerlei<br />
psychedelischen Farbtönen gehalten, o<strong>der</strong>?<br />
Kerstin: Oh ja! Den armen, geschockten<br />
Einheimischen müssen meine mühevoll<br />
zusammengesuchten schwarzen Tops wie<br />
ein Punkrock-Outfit vorgekommen sein.<br />
Stephan: Du Revoluzzerin! Damit wären wir<br />
wie<strong>der</strong> bei Jacques. Wie stehen dir eigentlich<br />
lila Haare? Stopp, bitte nicht...<br />
<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com führte bei den ersten Saisonrennen<br />
wie gewohnt fleißig Interviews für diese Ausgabe und unsere<br />
Website. Bis Kerstins verschollener Koffer eintraf (s. Editorial),<br />
musste ein malaysisches Ersatz-Outfit herhalten...<br />
VIELEN DANK!<br />
Ein großes Dankeschön an unsere treue Leserschaft:<br />
Unsere Website www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com ist<br />
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4 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
NEUE KOLUMNISTEN<br />
STARS SCHREIBEN BEI<br />
MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />
GLEICH DREI NEUE KOLUMNISTEN BEGRÜSSEN WIR ZUM SAISONSTART AUF UNSERER WEBSITE<br />
MOTORSPORT-MAGAZIN.COM. NEBEN FORMEL-1-STAR NICO ROSBERG BERICHTEN AUCH DIE MOTORRAD-<br />
PILOTEN LUCA GRÜNWALD UND DOMINIQUE AEGERTER EXKLUSIV FÜR UNSERE LESER AUS DER WEITEN<br />
WELT DES MOTORSPORTS. KLEINER AUSZUG GEFÄLLIG?<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MILAGRO, MERCEDES-BENZ<br />
NICO ROSBERG<br />
NÄCHTLICHER BESUCHER<br />
»Im vorletzten Jahr hatte ich in Malaysia ein ganz kurioses<br />
Erlebnis. Als ich am Abend ins Bett ging, legte ich<br />
mein Thomas Sabo Glücksarmband aus schwarzem<br />
Le<strong>der</strong> auf meinen Nachttisch. Als ich aber am nächsten<br />
Morgen, ich glaube sogar, es war vor dem Rennen,<br />
aufwachte, fehlte die Hälfte davon! In <strong>der</strong> Nacht hatte<br />
es sich anscheinend eine Ratte auf meinem Nachttisch<br />
bequem gemacht, und das direkt neben meinem Kopf!<br />
Sie muss vielleicht 15 cm von mir entfernt gesessen<br />
und mein Armband verspeist haben...«<br />
Die Strecken Guides von Nico nachlesen:<br />
www.motorsport-magazin.com/goto/NR6/<br />
LUCA GRÜNWALD<br />
VIVA ESPAÑA!<br />
»In <strong>der</strong> Saisonvorbereitung verbrachte ich ein paar<br />
tolle Tage bei Marcel [Schrötter] und Jonas [Folger]<br />
in Spanien. Dort sind wir unter an<strong>der</strong>em Supermoto<br />
gefahren. Das war cool! Auf <strong>der</strong> Kartbahn um die<br />
Ecke haben wir Taddy Blazusiak, den Endurofahrer,<br />
getroffen. Wir sind mit kleinen 100er Maschinen die<br />
ganze Zeit durch die Gegend gerutscht. Das war echt<br />
<strong>der</strong> Hammer! Taddy ist ein ganz netter Kerl und total<br />
lässig.«<br />
Alle Kolumnen von Luca:<br />
www.motorsport-magazin.com/goto/LG43/<br />
DOMINIQUE AEGERTER<br />
FRISCHER WIND<br />
»Vor Saisonbeginn war ich in Genf im Windkanal. Für<br />
mich war das total interessant. Dort sitzt man auf<br />
dem Motorrad und muss die Position einnehmen, die<br />
man auf <strong>der</strong> Geraden unter <strong>der</strong> Verschalung hat. Wir<br />
haben viele Tests mit meiner Sitzposition gemacht.<br />
Ich konnte sie ein bisschen anpassen - was Kopf,<br />
Füße und Arme angeht - damit ich die beste Sitzposition<br />
und den wenigsten Windwi<strong>der</strong>stand habe.«<br />
Das schreibt Dominique:<br />
www.motorsport-magazin.com/goto/DA77/<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 5
FORMEL 1<br />
INSIDE<br />
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER, MIKE WIEDEL<br />
UMFRAGE<br />
WIE GEFÄLLT IHNEN DER<br />
NEUE F1-SOUND?<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, RENAULT<br />
ERINNERUNGEN AN<br />
ROLAND RATZENBERGER<br />
Wir schreiben das Jahr 1994. Im Alter von 32 Jahren kommt Roland Ratzenberger vor<br />
genau 20 Jahren am Ziel seiner Träume an - er debütiert in <strong>der</strong> Formel 1. Der Österreicher<br />
ist beliebt, die Englän<strong>der</strong> nennen ihn »Roland the Rat«. Beim ersten Rennen scheitert<br />
er an <strong>der</strong> Qualifikationshürde, beim zweiten wird er in einem schwierig zu fahrenden<br />
Simtek Elfter. Dann <strong>der</strong> 30. April. Imola. Ratzenberger fährt mit ca. 300 km/h die Villeneuve-Kurve<br />
an. Sein Frontflügel bricht, das Auto gerät außer Kontrolle und kracht mit<br />
über 250 km/h in eine Mauer. Es wird bis zur Tosa-Kurve geschleu<strong>der</strong>t. Der Österreicher<br />
erleidet einen Genickbruch und schwere innere Verletzungen. Die Formel 1 ist schockiert<br />
und gelähmt. Auch 20 Jahre danach ist Roland Ratzenberger unvergessen.<br />
JACQUES VILLENEUVE<br />
RENNFAHRER GEHEN RISIKEN EIN<br />
Sound? Welcher Sound? 45%<br />
Klingt schlimmer als meine<br />
elektrische Zahnbürste 27%<br />
Ich steh‘ auf den Turbo-Klang! 14%<br />
Ich werde mich schon dran<br />
gewöhnen 8%<br />
Ist mir nicht so wichtig 6%<br />
CHRISTIAN DANNER<br />
SPRICHT KLARTEXT<br />
Christian<br />
Danner nimmt bei<br />
<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />
kein Blatt<br />
vor den Mund<br />
Jacques Villeneuve kannte Roland Ratzenberger persönlich. Mit<br />
dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> erinnert sich <strong>der</strong> Weltmeister von 1997<br />
an die beiden Opfer des schwarzen Wochenendes von Imola 1994.<br />
Ein junger Jacques Villeneuve traf<br />
in Japan auf Roland Ratzenberger<br />
Jacques, was sind deine Erinnerungen an Ayrton Senna?<br />
Er war sicher einer <strong>der</strong> Größten - auf einem Level mit Alain Prost.<br />
Er war superschnell und hatte definitiv etwas Beson<strong>der</strong>es. Außerdem<br />
war er im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Formel 1 wahnsinnig<br />
leidenschaftlich.<br />
Du kanntest Roland Ratzenberger persönlich...<br />
Ja, ich habe Roland getroffen, als ich in Japan Formel 3 gefahren<br />
bin. Er hat dort ein bisschen auf mich aufgepasst. Ich bin ein<br />
bisschen Gruppe C gefahren und er hat mir dabei geholfen. Er<br />
war wirklich ein super Kerl.<br />
Das waren gefährliche Zeiten damals im Rennsport...<br />
Ja, es ist eine lange Zeit her. Als Rennfahrer hat man einen<br />
eigenen Weg, sein Leben zu leben. Man geht einfach Risiken<br />
ein, nicht unbedingt nur auf <strong>der</strong> Rennstrecke, auch allgemein im<br />
Leben. Wenn man dann sein Leben lassen muss, ist es wenigstens<br />
schön, dabei seiner Leidenschaft nachgegangen zu sein.<br />
»Der leidige Sound. Ja, die neuen Power Units sind<br />
nicht mehr so laut, aber sie machen noch genug<br />
Krawall, damit man sich auf <strong>der</strong> Tribüne die Ohren<br />
zuhalten muss. Könnte es lauter sein? Darüber lässt<br />
sich diskutieren. Aber ist das wirklich ein ernsthaftes<br />
Thema? Nein. Die Leute, die das jetzt kennen lernen,<br />
werden in fünf Jahren sagen: Super, so muss es sein.<br />
Es ist nicht immer automatisch alles Alte gut.«<br />
Christian Danner ist exklusiver Formel-1-<br />
Experte von <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com. Auf unserer<br />
Website spricht er zu den Top-Themen <strong>der</strong><br />
Formel-1-Welt Klartext.<br />
Mehr unter: www.motorsport-magazin.com/goto/<br />
6 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
DIE FORMEL 1 DEFINIERT<br />
SICH NICHT ÜBER KRACH<br />
UND LÄRM. DAS IST<br />
ABSURD.<br />
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TOUR 2014<br />
DER<br />
SOUND<br />
IST SHIT!<br />
Los geht‘s:<br />
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mit <strong>der</strong> Autobahn<br />
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Formel 1: Auf diese Rallye hat <strong>der</strong> Fahrer in jedem<br />
Autofahrer gewartet.<br />
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GANZ BESONDERE OSTEREIER AM HOCKENHEIMRING<br />
Formel-1-Fans aufgepasst: Der Osterhase versteckt ein ganz beson<strong>der</strong>es Renn-Ei auf dem<br />
Hockenheimring. Wer ab sofort bis einschließlich 22. April Tickets für den Großen Preis<br />
Santan<strong>der</strong> von Deutschland direkt beim Hockenheimring bestellt, erhält die Chance auf ein<br />
Oster-Upgrade! Die bestellten Tickets werden in <strong>der</strong> nächsthöheren Kategorie ausgegeben,<br />
ohne dass sich <strong>der</strong> Preis erhöht. Bestellungen sind unter <strong>der</strong> Hotline +49 (0)6205 - 950 222<br />
sowie per E-Mail (info@hockenheimring.de) und Fax +49 (0) 6205 950 299 möglich. Die Oster-<br />
Upgrades werden im Aktionszeitraum unter allen Bestellungen mit dem Stichwort „Osterei“<br />
verlost. Weitere Informationen: www.hockenheimring.de<br />
Alle lieben<br />
es: Formel-<br />
1-Feeling bei <strong>der</strong><br />
Autobahn Tour<br />
2014 erleben
MOTORRAD<br />
INSIDE<br />
TEXT: MARKUS ZÖRWEG, MICHAEL HÖLLER<br />
Edgar Torronteras<br />
steht nicht auf<br />
Partys, aber auf<br />
Blondinen<br />
FOTOS: MILAGRO, MONSTER<br />
10<br />
2-Takt<br />
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FRAGEN AN<br />
EDGAR TORRONTERAS<br />
o<strong>der</strong> 4-Takt?<br />
2-Takt.<br />
Blondinen o<strong>der</strong> Brünette?<br />
Blondinen. Wie meine Frau!<br />
Contest o<strong>der</strong> Show?<br />
Show.<br />
Bier o<strong>der</strong> Sangria?<br />
Sangria!<br />
Real Madrid o<strong>der</strong> FC<br />
Barcelona?<br />
Keine Ahnung, ich bin kein<br />
großer Fußballfan.<br />
Marc Marquez o<strong>der</strong><br />
Fernando Alonso?<br />
Marquez.<br />
Strand o<strong>der</strong> Berge?<br />
Berge.<br />
Party o<strong>der</strong><br />
Familienabend?<br />
Definitiv Familienabend.<br />
Playstation o<strong>der</strong> Xbox?<br />
Playstation.<br />
Hässlicher Double-Backflip<br />
o<strong>der</strong> superstylischer<br />
Whip?<br />
Ganz klar, <strong>der</strong> Whip!<br />
EXPLOSIVER<br />
ADRENALINRAUSCH<br />
Schnelle Autos, heiße Frauen und rasante Action: Mit »Highspeed - Leben<br />
am Limit« erwartet Rennfans ein atemberauben<strong>der</strong> Action-Kracher im<br />
Stile von »Fast and Furious« und »Nur noch 60 Sekunden«. Die beiden<br />
Filmhelden Ari und Navas sind Teil <strong>der</strong> illegalen Rennszene und verdienen<br />
sich ihr Geld mit Überfällen. Für ihren neuesten Coup lässt sich Ari auf<br />
eine Affäre mit Mikel ein, einem Ex-Rennfahrer und Verlobten <strong>der</strong> Besit-<br />
zerin eines Juwelierladens. Von ihm erhoffen sie sich Insi<strong>der</strong>wissen und<br />
leichten Zugang zur Beute. Alles verläuft nach Plan, bis sich Ari in Mikel<br />
verliebt... Der Film ist ab sofort auf DVD & Blu-ray erhältlich.
»DIESES BIKE<br />
MUSS MAN<br />
EBEN HINTEN<br />
RANNEHMEN,<br />
ABER WIR HABEN<br />
JA ALLE EINE<br />
EX-FREUNDIN,<br />
DIE DAS AUCH<br />
MOCHTE.«<br />
Colin Edwards<br />
über die Vorlieben <strong>der</strong> Forward Yamaha<br />
Daijiro Kato ist in<br />
<strong>der</strong> MotoGP<br />
unvergessen<br />
NUMMER 74<br />
BLEIBT UNVERGESSEN<br />
Daijiro Katos Todestag jährt sich am 20. April zum elften Mal. Der Japaner verstarb im<br />
Alter von 26 Jahren 13 Tage nach einem schweren Unfall beim Auftaktrennen in Suzuka.<br />
Nach diesem fatalen Crash verschwand Suzuka bis heute aus dem MotoGP-Kalen<strong>der</strong>.<br />
Die Königsklasse ist seither in Motegi beheimatet. Kato hingegen schaffte es, als bislang<br />
einziger Japaner von Dorna und FIM offiziell zur MotoGP-Legende ernannt zu werden.<br />
Er feierte zwischen 1997 und 2001 insgesamt 17 Siege in <strong>der</strong> 250cc-WM und krönte<br />
sich 2001 zum Weltmeister. In <strong>der</strong> MotoGP holte er in seiner ersten Saison eine Pole<br />
Position und zwei zweite Plätze. 2002 wurde er zum Rookie of the Year gewählt. Seine<br />
Startnummer 74 wird in <strong>der</strong> Motorrad-WM nicht mehr vergeben.<br />
ROSSI LEUCHTET<br />
IN DER NACHT<br />
Valentino Rossi brachte in Katar nicht nur die<br />
Augen seiner Fans zum Leuchten. Der neunfache<br />
Weltmeister montierte im Training kurzerhand eine<br />
LED-Leiste an die Hinterseite seines Helms und<br />
sorgte damit für Aufsehen bei den wenigen Zusehern<br />
an <strong>der</strong> Strecke und den vielen vor den Fernsehschirmen.<br />
Für das Rennen untersagte die FIM<br />
Rossi allerdings den Gebrauch dieses Helms. Ob<br />
ihn ausgerechnet das schneller gemacht hat,<br />
konnten wir nicht in Erfahrung bringen.<br />
1. Reihe: (sitzend): Espargaro 1.v.l., Rossi 3.v.l., Lorenzo 4.v.l., Marquez 5.v.l., Pedrosa 6.v.l., Dovizioso<br />
8.v.l., Bradl 9.v.l. 2. Reihe: (stehend): Bautista 4.v.l., Hayden 5.v.l., Aoyama 6.v.l. 3. Reihe: di Meglio 1.v.l.<br />
SO VIELE WELTMEISTER<br />
WIE NOCH NIE<br />
Zum ersten Mal in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Königsklasse stehen elf Fahrer,<br />
die schon einmal einen Titel in <strong>der</strong> Motorrad-WM gewannen, in <strong>der</strong><br />
Startaufstellung. Neben Valentino Rossi (9 Titel), sind das Jorge Lorenzo<br />
(4), Marc Marquez (4), Dani Pedrosa (3), Nicky Hayden, Stefan Bradl,<br />
Pol Espargaro, Hiroshi Aoyama, Andrea Dovizioso, Alvaro Bautista und<br />
Mike di Meglio (je 1).
LEGENDÄRE<br />
BOLIDEN<br />
CITROEN<br />
XSARA<br />
WRC<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />
DER KÖNIGS-<br />
RALLYE-LEGENDE AUF VIER RÄDERN: DER<br />
CITROEN XSARA WRC BEGRÜNDETE DIE<br />
ERFOLGSSERIE DES FRANZOSEN SÉBASTIEN LOEB.<br />
MACHER<br />
TEXT: SAMY ABDEL AAL<br />
10 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Korsika, Oktober 2001. Jesús Puras, bereits siebenmaliger<br />
spanischer Rallye-Meister, krönt<br />
seine Karriere mit dem einzigen Sieg bei einem<br />
Lauf <strong>der</strong> WRC. Was damals niemand weiß: die<br />
Rallye Korsika wird an jenem Wochenende<br />
Geburtsstätte einer wahren Rallye-Legende. Die<br />
Rede ist jedoch nicht von Puras selbst. Mit diesem<br />
Erfolg betrat <strong>der</strong> Citroen Xsara die größte<br />
Rallye-Bühne. Damit begann eine fast einmalige<br />
Erfolgsstory.<br />
Nur wenige Monate nach Puras‘ Erfolg triumphiert<br />
<strong>der</strong> Citroen Xsara WRC beim Saisonauftakt<br />
2002 in Monte Carlo erneut. Am<br />
Steuer: ein gewisser Sébastien Loeb. Zwar wird<br />
Citroen <strong>der</strong> Sieg nach einer Zeitstrafe nachträglich<br />
aberkannt - das Schreckensduo Xsara/Loeb<br />
hatte jedoch Blut geleckt. Insgesamt 28 <strong>der</strong> 32<br />
WRC-Siege des Xsara WRC gehen bis Ende des<br />
Jahres 2006 auf das Konto des Franzosen. Drei<br />
seiner neun aufeinan<strong>der</strong>folgenden WM-Titel<br />
holt Rallye-König Loeb mit Citroens Wun<strong>der</strong>waffe,<br />
ehe diese 2007 durch den nicht min<strong>der</strong><br />
erfolgreichen Citroën C4 WRC ersetzt wird.<br />
Carlos Sainz, Colin McRae, Francois Duval:<br />
Auch an<strong>der</strong>e Größen des Rallye-Sports helfen<br />
dem Citroen Xsara WRC dabei, an seinem<br />
Legendenstatus zu feilen. 2003 und 2004 sichert<br />
sich Altmeister Sainz zwei WM-Siege mit Citroens<br />
Rallye-Regenten. Auch <strong>der</strong> Belgier Duval<br />
jubelte am Steuer des Xsara über den einzigen<br />
Triumph seiner WRC-Karriere.<br />
TECHNISCHE DATEN<br />
Baujahr: 2003<br />
Antrieb: Allrad<br />
Zylin<strong>der</strong>: 4<br />
Hubraum: 1998 ccm<br />
Leistung: 310 PS<br />
Leergewicht: 1.230 kg<br />
Länge: 4.167 mm<br />
Breite: 1.770 mm<br />
Radstand: 2.555 mm<br />
Mit dem Citroen<br />
Xsara WRC begann<br />
die Dominanz des<br />
Sebastien Loeb<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 11
PRO & CONTRA<br />
ZERSTÖRT SICH DIE FORMEL 1 SELBST?<br />
Die guten, alten<br />
V10-Motoren machten<br />
höllischen Lärm<br />
In <strong>der</strong> neuen Ära hört<br />
man sogar quietschende<br />
Reifen<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />
+++ PRO +++<br />
+++ CONTRA +++<br />
»Der Sound ist scheiße« - das sagt Vierfach-Champion und hängeschild Sebastian Vettel. Der Deutsche nimmt in Bezug auf die neuen<br />
Formel-1-Aus-<br />
1.6 Liter V6-Turbomotoren kein Blatt vor den Mund und damit ist er nicht<br />
allein. Die Mehrheit <strong>der</strong> Fans geht angesichts <strong>der</strong> zu leisen Motoren auf die<br />
Barrikaden.<br />
Diese aktuelle Diskussion ist nicht schön, aber für die F1-Verantwortlichen<br />
noch lange kein Grund für schrillende Alarmglocken. Ein Fehler, denn <strong>der</strong><br />
Sport ist auf dem besten Wege, sich selbst zu zerstören. Es geht dabei nicht<br />
um die Motorendiskussion an sich, son<strong>der</strong>n darum, dass die Formel 1 sich<br />
von dem wegbewegt, was sie ausmacht und damit auch von ihren Fans.<br />
Wer Beweise braucht, muss nur die Austragungsorte <strong>der</strong> Rennen auf <strong>der</strong><br />
Landkarte suchen - gefahren wird, wo viel Geld ist.<br />
Ohrenbetäuben<strong>der</strong> Motorenlärm, spannende Zweikämpfe, Rennfahrer, die<br />
sich am Limit bewegen - dafür steht die Formel 1 seit über 60 Jahren. Doch<br />
was ist davon übrig geblieben? Natürlich muss <strong>der</strong> Sport mit <strong>der</strong> Zeit gehen,<br />
doch dabei darf das Königliche, das Spezielle an <strong>der</strong> Rennserie nicht verloren<br />
gehen - und <strong>der</strong> Sound <strong>der</strong> Motoren war ein elementarer Teil dessen.<br />
Dieser fiel nun dem neuen, umweltfreundlichen Gedanken zum Opfer. Doch<br />
was soll an Fahrern, die schon 100 Meter vor einer Kurve bremsen, um<br />
Sprit zu sparen, königlich sein? Und doppelte Punkte ausgerechnet beim<br />
Saisonfinale zu verteilen, weil bei den Verantwortlichen das Geld in Form<br />
von Öl-Bächen fließt, lässt die Formel 1 für mich nicht speziell erscheinen,<br />
son<strong>der</strong>n einfach nur lächerlich.<br />
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />
Der Sound: kläglich! Die Nasen: hässlich! Die Regeln: unverständlich!<br />
Die neue Formel-1-Ära stieß bei vielen Fans auf wenig Gegenliebe.<br />
Berechtigt? Nicht immer und schon gar nicht in dieser Intensität. Wie so<br />
viele Dinge im Leben ist auch in <strong>der</strong> neuen Königsklasse nicht alles<br />
schlecht, was neu ist und automatisch alles gut, was früher einmal war.<br />
Ja, die neuen Hybrid-Turbomotoren klingen an<strong>der</strong>s, sind auch leiser als<br />
ihre Vorgänger. Aber wird dadurch ein Rennen uninteressanter, langweiliger<br />
o<strong>der</strong> gar unansehbar o<strong>der</strong> sagen wir besser unanhörbar? In meinen<br />
Augen und Ohren nicht. Mich interessieren spannende Zweikämpfe und<br />
Rad-an-Rad-Action. Ob die Motoren ein paar Dezibel lauter sind, sorgt<br />
für keinerlei Überholmanöver, die laut einer Fan-Umfrage vor einigen<br />
Jahren ja das Salz in <strong>der</strong> F1-Suppe sind.<br />
Natürlich haben wir uns an das hohe Kreischen <strong>der</strong> V8- und vorher <strong>der</strong><br />
V10-Motoren gewöhnt, aber das wird auch schnell mit <strong>der</strong> Geräuschkulisse<br />
<strong>der</strong> V6-Turbos <strong>der</strong> Fall sein. Wer schon mal an <strong>der</strong> Boxenmauer<br />
gestanden hat, wenn ein V10 mit Vollspeed vorbeibeschleunigt hat, kann<br />
sicher auf die schmerzenden Ohren danach verzichten. Musik war das<br />
ganz bestimmt nicht.<br />
Am Anfang ist es immer leicht, alles zu kritisieren. Auch die schmaleren<br />
Autos sind heutzutage ein völlig normaler Anblick für uns. Wichtig ist,<br />
dass die Action stimmt. Bei den doppelten Punkten gebe ich zu, dass<br />
die Formel 1 definitiv über das Ziel hinausgeschossen ist, aber von<br />
Selbstzerstörung kann keine Rede sein. Gebt <strong>der</strong> neuen F1-Ära eine<br />
Chance!<br />
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />
12 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Spektakuläre<br />
Motocross-Action<br />
mit MXGP<br />
Der Spieler gibt<br />
virtuell Vollgas auf<br />
den besten Pisten<br />
MXGP - MIT VIEL LIEBE ZUM DETAIL<br />
MOTOCROSS-FANS AUFGEPASST! MXGP BRINGT DIE SPEKTAKULÄRE SPORTART DIREKT AUF DEN BILDSCHIRM IHRER<br />
WAHL - VON DER PLAYSTATION3 ÜBER DIE XBOX 360 UND DIE PLAYSTATION VITA BIS ZUM PC.<br />
TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />
Seit 28.03.2014 steht für alle Fans <strong>der</strong> Motocross-Szene<br />
ein wahrer Leckerbissen in den<br />
Regalen: Der renommierte Videospieleentwickler<br />
Milestone hat we<strong>der</strong> Kosten noch Mühen<br />
gescheut, um das offizielle Spiel zur FIM<br />
Motorcross Weltmeisterschaft 2013 zum neuen<br />
Maßstab für Motorradsimulationen zu machen.<br />
In Zusammenarbeit mit Fahrern <strong>der</strong> MX1- und<br />
MX2-Klasse konnten die Entwickler bisher<br />
unerreichten Realismus bei <strong>der</strong> Fahrphysik<br />
umsetzen, <strong>der</strong> auf PlayStation3, Xbox 360,<br />
PlayStation Vita und PC nachempfunden werden<br />
kann. Bei MXGP erwartet die Gamer aber<br />
nicht nur atemberauben<strong>der</strong> Realismus beim<br />
Fahrverhalten <strong>der</strong> Motorrä<strong>der</strong>: Insgesamt stehen<br />
60 Fahrer auf 60 unterschiedlichen Bikes<br />
zur Wahl, mit denen <strong>der</strong> Spieler auf allen 14<br />
offiziellen Strecken <strong>der</strong> Weltmeisterschaft sein<br />
Talent unter Beweis stellen darf. Die Spieler<br />
können dabei selbst wählen, ob sie in <strong>der</strong> MX1<br />
o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> MX2 antreten wollen.<br />
Neben komplett neu vermessenen Strecken<br />
bietet MXGP auch ein vollkommen überarbeitetes<br />
Grafikmodell. Die Austragungsorte werden<br />
damit nicht nur realitätsgetreu ausgeleuchtet<br />
und mit <strong>der</strong> gesamten Umgebung inklusive<br />
<strong>der</strong> Fans in perfekter 3D-Grafik abgebildet,<br />
son<strong>der</strong>n bieten noch mehr: Durch das Terrain<br />
Deformation System bleibt kein Erdklumpen<br />
auf dem an<strong>der</strong>en liegen, wenn Motocross-<br />
Größen wie Antonio Cairoli mit ihren Bikes über<br />
die Strecke jagen.<br />
Um auch die Bewegungsabläufe <strong>der</strong> Fahrer so<br />
echt wie möglich aussehen zu lassen, hat<br />
Milestone das sogenannte Motion Capture<br />
Verfahren benutzt. Mit Sensoren bestückte<br />
Anzüge zeichnen die Bewegungsabläufe <strong>der</strong><br />
echten Stars auf und helfen den Entwicklern<br />
dabei, sie im Videospiel wie<strong>der</strong>zugeben. Die<br />
Ästhetik kommt dabei übrigens nicht zu kurz:<br />
Auch ‚Monster Girl‘ Grace Leslie Rowe räkelte<br />
sich im Spezial-Anzug.<br />
Ein beson<strong>der</strong>es Highlight stellt <strong>der</strong> komplett<br />
neuartige Karriere-Modus dar. Erstmals in <strong>der</strong><br />
Geschichte eines Motocross-Videospiels können<br />
nicht nur einzelne Rennen o<strong>der</strong> Saisons<br />
nachgespielt werden, son<strong>der</strong>n ganze Karrieren.<br />
Im eigenen Büro kann sich <strong>der</strong> Spieler ständig<br />
über den Stand des Karrierefortschritts informieren.<br />
Durch gute Leistungen verdient er sich<br />
eine höhere Reputation und das Interesse <strong>der</strong><br />
Teams an einer Verpflichtung steigt. Auch<br />
Naturtalente müssen sich erst einmal den Weg<br />
an die Spitze bahnen. Wie viel Liebe zum Detail<br />
in MXGP steckt, zeigt auch die Einrichtung des<br />
virtuellen Büros: Die Motocross-Profis waren<br />
mit <strong>der</strong> ursprünglichen Ausstattung nicht<br />
zufrieden. Seitdem stehen Mountainbikes und<br />
Hantelbänke in den Arbeitszimmern.<br />
MXGP ist erhältlich für<br />
PS3, XBOX 360, PC<br />
und PS Vita<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 13
Wayne Rainey holte<br />
1992 den letzten<br />
seiner drei WM-Titel<br />
TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />
KYALAMI 1992<br />
DOOHAN GEHT GEGEN<br />
RAINEY LEER AUS<br />
Das Saisonfinale 1992 in Südafrika stand im Zeichen großer Abschiede. Für<br />
Eddie Lawson, Wayne Gardner und Randy Mamola war es das letzte Rennen<br />
ihrer Karriere. Es ging in Kyalami aber um mehr: An <strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong> WM-Wertung<br />
lag Mick Doohan nur zwei Punkte vor Wayne Rainey. Doohan - damals noch<br />
ohne Titel - hatte die erste Saisonhälfte dominiert, war in Assen aber schwer<br />
gestürzt, hatte vier Rennen versäumt und erst zwei Wochen vor Kyalami sein<br />
Comeback gegeben. Rainey, <strong>der</strong> ebenfalls ein Rennen pausieren musste, hatte<br />
in <strong>der</strong> Zwischenzeit aufgeholt. In Kyalami musste er vor Doohan ins Ziel kommen.<br />
Sein damaliger Teamchef Kenny Roberts soll Rainey gefragt haben, ob<br />
er im Rennen Hilfe von seinem Teamkollegen John Kocinski wolle, doch <strong>der</strong><br />
Kalifornier soll verneint haben. Dennoch wechselte die Führung am Start von<br />
Polesitter Kocinski an Rainey. Das Yamaha-Duo lieferte sich in den Anfangsrunden<br />
mit Doug Chandler einen Dreikampf. Für Doohan sah es hingegen nicht<br />
DENK-<br />
WÜRDIGE<br />
RENNEN<br />
gut aus, denn er fiel rasch auf Rang sechs hinter Kevin Schwantz und Wayne<br />
Gardner zurück. Letzterer legte in <strong>der</strong> zweiten Rennhälfte gehörig zu, kassierte<br />
Chandler und Rainey und kam hinter Kocinski als Zweiter ins Ziel. Rainey<br />
reichte allerdings ein ungefährdeter dritter Rang zum Titelgewinn, da Doohan<br />
mit 30 Sekunden Rückstand nur Sechster wurde. Der neue und alte Weltmeister<br />
musste sich allerdings gegen Vorwürfe wehren, nur aufgrund von Doohans<br />
Unfall den Titel geholt zu haben. »Niemand hat mir diese Meisterschaft<br />
geschenkt«, verteidigte er sich später. Exakt 364 Tage danach sollte Rainey<br />
in Misano jener schwere Rennunfall wi<strong>der</strong>fahren, <strong>der</strong> ihn für immer an den<br />
Rollstuhl fesselte.<br />
DATUM: 6. September 1992<br />
STRECKE:<br />
Kyalami<br />
DISTANZ:<br />
28 Runden = 119.280 Kilometer<br />
STARTER: 31<br />
WETTER:<br />
Sonnig<br />
POLE POSITION:<br />
John Kocinski (1:39.548 Minuten)<br />
SCHNELLSTE RENNRUNDE: Wayne Gardner (1:39.952 Minuten)<br />
FOTOS: MILAGRO<br />
Erst im letzten Rennen<br />
sicherte sich Rainey<br />
den Gesamtsieg<br />
Mick Doohan konnte Rainey<br />
nicht die Stirn bieten<br />
14 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
KOLUMNE | MOTORRAD<br />
DAS PHÄNOMEN<br />
ALEIX ESPARGARO<br />
TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />
WARUM DER SYMPATHISCHE UNDERDOG EINE CHANCE IN EINEM WERKSTEAM VERDIENT HAT.<br />
FOTOS: MILAGRO<br />
L<br />
ange Zeit flog er in <strong>der</strong> Motorrad-WM<br />
unter dem Radar <strong>der</strong> meisten Fans,<br />
quälte sich in den unteren Serien im<br />
Mittelfeld und fuhr eineinhalb Jahre bei Pramac in<br />
<strong>der</strong> MotoGP fernab von großem außerspanischem<br />
Medieninteresse. Doch spätestens seit seinen<br />
glanzvollen CRT-Auftritten im Vorjahr ist Aleix<br />
Espargaro <strong>der</strong> breiten Masse <strong>der</strong> Zweirad-Fans ein<br />
Begriff. 2014 legt er gehörig nach und sollte langsam<br />
für die Werksteams ein Thema werden.<br />
Er entspricht allen Klischees des sympathischen<br />
Un<strong>der</strong>dogs, <strong>der</strong> mit geringen Mitteln und stumpfen<br />
Waffen gegen übermächtige Gegner in den Kampf<br />
zieht und am Ende doch immer knapp verliert.<br />
Wobei Verlieren im Falle Espargaros relativ ist, denn<br />
die CRT-interne Gesamtwertung gewann er in den<br />
letzten beiden Jahren eindrucksvoll, in <strong>der</strong> Open-<br />
Kategorie wird das 2014 wohl nicht an<strong>der</strong>s sein,<br />
wie die bisherigen Ergebnisse nahelegen. Doch bei<br />
Espargaro muss man höhere Ansprüche ansetzen,<br />
denn er hat das Potenzial, sich mit den Werksmotorrä<strong>der</strong>n<br />
zu duellieren. Beson<strong>der</strong>s weil ihm unter<br />
dem Open-Reglement auf <strong>der</strong> letztjährigen Werks-<br />
Yamaha, aber vor allem wegen <strong>der</strong> weicheren<br />
Reifen noch mehr zuzutrauen ist als 2012 und<br />
2013. Mit starken Einzelrunden bei den Testfahrten<br />
und Serien-Bestzeiten in den Trainings beim Auftakt<br />
in Katar sorgte er für hochgezogene Augenbrauen<br />
bei Experten und finsteres Stirnrunzeln bei <strong>der</strong><br />
Konkurrenz. Die großen Werke wetterten schon,<br />
wie unfair die Open-Zugeständnisse denn seien.<br />
Die große Revolution in Form einer Pole o<strong>der</strong> eines<br />
Sieges fand dann doch nicht statt, weil Espargaro<br />
im Qualifying patzte. Erstmalig in seiner Karriere<br />
unter Erwartungsdruck, parkte er sein Motorrad<br />
zweimal im Kies und verpasste die erhoffte erste<br />
Startreihe beim Saisonauftakt klar. Dennoch reichte<br />
es im Rennen dank prominenter Ausfälle zu Rang<br />
vier und somit dem besten MotoGP-Ergebnis seiner<br />
Karriere. Espargaro befindet sich seit Februar auf<br />
einem sportlichen Höhenflug. Auch medial<br />
bekommt <strong>der</strong> Spanier immer mehr Aufmerksamkeit,<br />
vor allem da er gemeinsam mit Tech3-Rookie<br />
Pol das erste Brü<strong>der</strong>paar in <strong>der</strong> MotoGP seit langem<br />
bildet. Bisher fieberten sich die Geschwister gegenseitig<br />
zu, feuerten den jeweils an<strong>der</strong>en von <strong>der</strong><br />
Boxenmauer an und schienen sich bei einem Sieg<br />
des Bru<strong>der</strong>s noch mehr zu freuen als bei einem<br />
eigenen. 2014 dürfen sie sich gemeinsam im<br />
Scheinwerferlicht <strong>der</strong> Königsklasse des Motorradsports<br />
sonnen.<br />
Aleix Espargaro als umgänglich zu bezeichnen<br />
wäre die Untertreibung des Jahres. Sein strahlendes<br />
Lächeln scheint noch heller durch das<br />
Fahrerlager als jenes von Marc Marquez o<strong>der</strong><br />
Alvaro Bautista. Nie fällt ein böses Wort o<strong>der</strong><br />
gar eine abfällige Geste, wobei die gute Laune<br />
nicht aufgesetzt, son<strong>der</strong>n stets authentisch<br />
wirkt. Wer schon einmal unter vier Augen ein<br />
Interview mit Espargaro führen durfte, weiß<br />
wovon ich rede. Sunny Boy und Everybody‘s<br />
Darling zugleich: Espargaro ließe sich für jeden<br />
Hersteller gut vermarkten. Seine Karten im<br />
Transferpoker sollten nicht allzu schlecht stehen<br />
und im Alter von 24 Jahren muss <strong>der</strong> Spanier<br />
langsam den nächsten Schritt auf <strong>der</strong><br />
Karriereleiter aktiv anstreben. Sein Erfolg und<br />
sein Wesen geben ihm beste Voraussetzungen<br />
dazu. Und wenn im Laufe <strong>der</strong> Saison vielleicht<br />
auch noch das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Podium o<strong>der</strong><br />
eine Pole Position hinzukommt, sollte er spätestens<br />
dann auf den Listen <strong>der</strong> Headhunter<br />
von Yamaha, Honda, Ducati und Suzuki sehr<br />
weit oben rangieren. Wir geben den Herren Lin<br />
Jarvis, Shuhei Nakamoto, Gigi Dall‘Igna und<br />
Davide Brivio hiermit jedenfalls eine offizielle<br />
Kaufempfehlung ab.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 15
TEXT: MICHAEL HÖLLER, MARIA POHLMANN & MARKUS ZÖRWEG<br />
FOTOS: DUCATI DEBATTE<br />
RECHT UND UNRECHT:<br />
WEM HILFT DAS NEUE REGLEMENT?<br />
DIE DORNA SCHREIBT DIE REGELN FÜR DUCATI NEU, FANS UND FAHRER SIND VERWIRRT. IST DER WETTBEWERB IN DER MOTOGP ÜBERHAUPT NOCH FAIR?<br />
Der <strong>Motorsport</strong><br />
breitet sich in<br />
aller Welt aus<br />
Maria: Zugegeben, was die Übersicht angeht,<br />
sind die neuen Regeln <strong>der</strong> MotoGP 2014 nicht<br />
unbedingt ideal. Grundsätzlich finde ich die<br />
Ideen <strong>der</strong> Dorna aber super. So hat Ducati<br />
wenigstens die Chance, eines Tages wie<strong>der</strong> an<br />
<strong>der</strong> Spitze dabei zu sein.<br />
Michael: Die Zuschauer wollen doch in erster Linie<br />
eine gute Show. Wer welche Reifen aufgezogen,<br />
beziehungsweise wie viele Liter im Tank hat,<br />
bekommt doch niemand mit.<br />
Markus: Wenn‘s nur um die Show gehen würde,<br />
könnten die Fans auch an<strong>der</strong>e Serien verfolgen. Sie<br />
wollen aber ihre Helden gewinnen sehen. Wenn sie<br />
jetzt nicht mehr verstehen, warum ein Fahrer an einer<br />
bestimmten Position liegt, wird‘s kritisch.<br />
Michael: So kritisch hinterfragen die meisten Fans<br />
das nicht... Das sind eher wir Journalisten. Wir brauchen<br />
ja auch eine Daseinsberechtigung.<br />
Maria: Sicherlich hinterfragen die Fans das nicht<br />
so kritisch, aber die Leute, die sich wirklich<br />
dafür interessieren, möchten auch mehr über<br />
die Hintergründe erfahren und sind an den<br />
Regeln interessiert.<br />
Markus: Für die Dorna geht es eben hauptsächlich um<br />
Zuschauer und das damit verbundene Geld. Dafür ist<br />
es wichtig, viele Motorrä<strong>der</strong> und Fahrer an <strong>der</strong> Spitze<br />
zu haben. Ob das sportlich fair ist, ist denen egal. Da<br />
helfen sie lieber Ducati etwas nach.<br />
Michael: Das ist ja auch gut so. Sonst sind die Italiener<br />
plötzlich weg und man steht mit zwei Herstellern<br />
da. Das bringt niemandem etwas.<br />
Markus: Eine Chance hat Ducati aber wohl nur, wenn<br />
Honda und Yamaha aussteigen. Selbst mit den zugestandenen<br />
Vorteilen sind sie von <strong>der</strong> Spitze meilenweit<br />
entfernt. Außer Verwirrung bringt das also gar nichts.<br />
Maria: Ducati hat schon eine Chance und dank<br />
<strong>der</strong> Extras können sie diese auch ausnutzen.<br />
Schließlich plant Gigi Dall‘Igna ein komplett<br />
neues Bike zu bauen und dazu braucht er einfach<br />
die Freiheiten, viele Dinge auszuprobieren.<br />
Ich bin mir sicher, dass sie es wie<strong>der</strong> schaffen<br />
können.<br />
Michael: Da geht‘s eher um die ferne Zukunft mit<br />
verpflichten<strong>der</strong> ECU. Bis die 2016 kommt, wird<br />
Ducati weiterhin im Schatten von Honda und Yamaha<br />
stehen. Und dann wird sowieso alles an<strong>der</strong>s - hofft<br />
zumindest Carmelo Ezpeleta.<br />
Markus: Suzuki kommt nächste Saison eh wie<strong>der</strong><br />
zurück, denen gebe ich bessere Chancen, an <strong>der</strong><br />
Spitze mitzufahren.<br />
Maria: Bis zum nächsten Jahr sollte auch Ducati<br />
es geschafft haben, wie<strong>der</strong> mithalten zu können.<br />
Ideales Szenario wäre doch, wenn die Italiener<br />
und die Japaner vorne mitkämpfen könnten. Ich<br />
finde, dafür kann man auch die Zugeständnisse<br />
für Ducati und Suzuki hinnehmen.<br />
Michael: Meiner Meinung nach ist bis 2016 die<br />
neuen Regeln kommen ohnehin alles nur Flickwerk.<br />
Und an <strong>der</strong> Hackordnung, beziehungsweise <strong>der</strong><br />
Dominanz von Honda und Yamaha wird sich bis<br />
dahin nichts än<strong>der</strong>n.<br />
Markus: Da gebe ich dir Recht. Ich glaube, dass die<br />
Probleme von Ducati einfach tief in ihrer Mentalität<br />
verankert sind. Selbst Rossi hat ja gesagt, dass es viel<br />
einfacher ist, mit Japanern zu arbeiten.<br />
Maria: Es geht dabei ja auch um die Zukunft.<br />
Außerdem: Warum sollte Ducati nicht schon<br />
jetzt bei <strong>der</strong> Musik dabei sein? Aleix Espargaro<br />
auf <strong>der</strong> Open-Maschine schafft es doch auch.<br />
Insgesamt sieht das Feld viel ausgeglichener<br />
aus dieses Jahr.<br />
Markus: Weil Aleix ein super Bike fährt, welches ein<br />
Jahr alt ist. Das ist immer besser, als eine neue<br />
Maschine, die einfach Schrott ist. Die Ducati ist meines<br />
Erachtens übrigens auch Schrott.<br />
Michael: Auf Dauer muss Ducati selbst sehen, dass<br />
sie an die Spitze kommen und nicht auf die Hilfe <strong>der</strong><br />
Dorna hoffen.<br />
Maria: Bis sie dahin kommen, ist etwas Schützenhilfe<br />
aber wirklich angebracht. Die Dorna ist<br />
ja dafür da, die Serie bestmöglich zu vermarkten<br />
und das geht nur, wenn sie etwas nachhelfen.<br />
Ohne Herstellervielfalt gibt es schließlich auch<br />
keine Action für die Fans.<br />
16 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
KOLUMNE | FORMEL 1<br />
ALARMSTUFE ROT -<br />
DOMENICALI THE NEXT WHITMARSH?<br />
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />
DIE BERÜHMTEN GESETZE DES MARKTES GELTEN AUCH IN DER FORMEL 1. WHITMARSH IST WEG, DOMENICALI KÖNNTE FOLGEN.<br />
J<br />
a, Mercedes scheint einen Vorsprung<br />
zu haben. Sie scheinen eine Sekunde<br />
vorne zu liegen. Aber ihr braucht jetzt<br />
nicht mit <strong>der</strong> Schlagzeile zu kommen ‚Ferrari<br />
liegt eine Sekunde zurück‘.« Fernando Alonso ist<br />
in Australien <strong>der</strong> Frust deutlich ins Gesicht<br />
geschrieben. Der siegeshungrige Spanier sieht<br />
in seinem fünften Ferrari-Jahr erneut seine Felle<br />
davonschwimmen. Eine Sekunde Rückstand auf<br />
Mercedes hin o<strong>der</strong> her - Fakt ist, dass Ferrari<br />
mal wie<strong>der</strong> zu Saisonbeginn hinterherhinkt. Mal<br />
wie<strong>der</strong> sind die Roten nicht die Gejagten, son<strong>der</strong>n<br />
die Jäger. Nach vier Jahren Red-Bull-Dominanz<br />
scheint diese Saison eine neue, silberne<br />
Ära anzubrechen. Und Ferrari? Der italienische<br />
Traditionsrennstall sieht wortwörtlich Rot, allen<br />
voran Teamchef Stefano Domenicali. Der Druck,<br />
<strong>der</strong> auf seinen Schultern lastet, ist ihm in Australien<br />
deutlich anzusehen. Noch am Sonntagabend<br />
war er nach den Plätzen vier und sieben<br />
von Alonso und Kimi Räikkönen bemüht, Ferraris<br />
aktuellen Performance-Nachteil gegenüber den<br />
wartenden Journalisten zu erklären. Vergeblich.<br />
Seine gebückte Haltung ließ ihn auf dem schwarzen<br />
Stuhl wie einen kleinen, verängstigten<br />
Schuljungen vor dem Büro des Direktors wirken.<br />
Domenicali weiß, welche Stunde für ihn geschlagen<br />
hat. Ein weiteres Jahr ohne Titelgewinn wird<br />
Präsident Luca di Montezemolo nicht dulden,<br />
Konsequenzen würden auf dem Fuße folgen -<br />
und damit könnte Domenicali das gleiche<br />
Schicksal ereilen wie vor einigen Monaten Martin<br />
Whitmarsh. Der Brite ist in <strong>der</strong> Winterpause von<br />
<strong>der</strong> McLaren-Bildfläche verschwunden, bis heute<br />
warten die Journalisten auf einen Kommentar<br />
von ihm zu seinem »Rauswurf«. Ob Domenicali<br />
auch so schweigsam die Formel-1-Bühne verlassen<br />
würde? Beide verbinden durchaus<br />
Gemeinsamkeiten. Nach den <strong>Herrschaft</strong>sjahren<br />
von Jean Todt und Ron Dennis, die wohl niemals<br />
einen Beliebtheitswettbewerb gewinnen werden,<br />
sollten Stefano Domenicali und Martin Whitmarsh<br />
Ferrari und McLaren einen positiven<br />
Imageschub verschaffen und ihre jeweiligen<br />
Teams in eine neue, erfolgreiche Ära führen.<br />
Doch mit jeweils einem eingefahrenen Titel in<br />
ihrer mehrjährigen Teamchefzeit - 2007 Kimi<br />
Räikkönen/Ferrari; 2008 Lewis Hamilton/<br />
McLaren - gilt ihre Aufgabe endgültig als<br />
gescheitert. Im Fall von Whitmarsh zog Ron Dennis<br />
in <strong>der</strong> Winterpause die Reißleine. Der<br />
McLaren-Oberboss riss die Kontrolle im Team<br />
wie<strong>der</strong> an sich und ersetzte Whitmarsh klangheimlich<br />
durch Neo-Sportdirektor Eric Boullier.<br />
Gewisse Personen seien in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
verwirrt gewesen und hätten den Fokus verloren,<br />
begründete Dennis seine Entscheidung, ohne<br />
Martin Whitmarsh beim Namen zu nennen. Die<br />
Zeit von Whitmarsh ist abgelaufen, wie viel Zeit<br />
bleibt Domenicali? Wie Ron Dennis könnte Luca<br />
di Montezemolo, <strong>der</strong> Anfang des Jahres keinen<br />
Zweifel daran aufkommen ließ, dass alles außer<br />
dem Titelgewinn nicht akzeptabel sei, seinen<br />
Worten Taten folgen lassen. Doch wer könnte im<br />
‚worst case‘ die Rolle von Domenicali übernehmen?<br />
Ein passen<strong>der</strong> Kandidat scheint auf den<br />
ersten Blick nicht in Sicht zu sein, allerdings<br />
gelten Teamchefs in <strong>der</strong> aktuellen Formel 1<br />
sowieso als aussterbende Rasse. Ferrari könnte<br />
in Zukunft durchaus dem Modell von Mercedes<br />
folgen - dort hat sich das junge, frische Blut<br />
längst bewährt. Mercedes sind 2014 die<br />
Gejagten - eine Rolle, die Ferrari so schnell wie<br />
möglich wie<strong>der</strong> einnehmen muss.<br />
Stefano Domenicali<br />
muss 2014 einen<br />
Titel gewinnen<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />
17 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
MARK & KEITH SUTTON<br />
LIFE THROUGH A LENS<br />
Champagner Marsch!<br />
Nico gefällt die neue Ära<br />
Folge Mark Sutton bei<br />
twitter @suttonimages<br />
01<br />
01 EMOTIONALER NICO<br />
Ein großartiges Bild von Nico Rosberg. Ich konnte kaum<br />
glauben, dass er bei all seiner Gelassenheit auf dem<br />
Podium so emotional sein würde. Das war toll zu sehen.<br />
Wenn er gewinnt, brechen die Emotionen nur so aus ihm<br />
heraus. Im letzten Jahr wurden die Dauersiege und Vettel-<br />
Finger schon etwas langweilig. Hier sieht man die pure<br />
Erleichterung und Lust am Sieg: Vom ersten Moment, als<br />
Nico auf das Podium stieg über die Pokalübergabe bis<br />
zum Champagner. Es war nicht sein erster Sieg o<strong>der</strong> sein<br />
erstes Rennen, aber er sieht es als ersten kleinen Schritt<br />
mit Mercedes in diesem Jahr. Es geht nur darum, so viele<br />
Punkte wie möglich zu sammeln.<br />
02 NEUGIERIGER ADRIAN<br />
Sebastian Vettels Red Bull stand in Melbourne nah am<br />
Sauber und so wan<strong>der</strong>te Adrian Newey herüber. Das<br />
macht er bei jedem Rennen, und zwar ganz offensichtlich!<br />
Monisha Kaltenborn ist sogar direkt an ihm vorbei gelaufen<br />
und hat ihn angegrinst. Ein echt lustiger Moment. Adrian<br />
stört so etwas nicht. Er scheint die an<strong>der</strong>en Autos anzuschauen<br />
und sofort zu erkennen, in welche Richtung sie<br />
gehen. Vielleicht sieht er etwas, das funktionieren könnte,<br />
aber letztlich machen alle Teams das gleiche. Ich würde<br />
nicht so weit gehen, es Spionage o<strong>der</strong> Betrug zu nennen.<br />
Newey liebt es einfach, herumzulaufen und zu schauen,<br />
was die an<strong>der</strong>en machen. Einfach faszinierend.<br />
03 LUFTIGER JENSON<br />
Ich habe das Rennen auf einer Großbildleinwand verfolgt<br />
und sah, dass sie Nahaufnahmen von Jenson Buttons<br />
Fahrzeugnase machten. Interessanterweise konnte man<br />
in Melbourne zum ersten Mal den Streckensprecher über<br />
den Motorenlärm hören. Der Turbo-Motor ist immer noch<br />
recht laut, aber wir brauchen keine Ohrstöpsel mehr. So<br />
habe ich gehört, dass seine Nase beschädigt war. Also<br />
dachte ich mir: »Das Foto muss ich haben!« Hier fährt er<br />
mit 210 o<strong>der</strong> 220 km/h durch Kurve zwei. Ich schwenke<br />
also bei seiner Fahrt mit. Es ist unglaublich, dass er damit<br />
noch Dritter geworden ist. Er muss definitiv frische Luft<br />
an den Füßen gefühlt haben!<br />
Genau hinschauen:<br />
Newey behält die<br />
Konkurrenz im Blick<br />
Nasenloch:<br />
Schönheits-OP<br />
mit Wirkung<br />
02 03
KOLUMNE | FORMEL 1<br />
HITCHHIKER‘S GUIDE TO F1<br />
DIE LEHREN DES AUFTAKTS<br />
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />
WAS HABEN WIR NICHT ALLES GELERNT IN DEN ERSTEN SAISONRENNEN... JA, WAS EIGENTLICH?<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, RENAULT, MERCEDES-BENZ, MOTORSPORT-MAGAZIN<br />
Einsam und<br />
verlassen: Nicos<br />
Helm und Pokal<br />
Neues Gesicht: Kevin<br />
Magnussen mischt<br />
die Etablierten auf<br />
LEHRE NUMMER 1: Vom Gejagten zum Jäger<br />
Ihr glaubt also, dass es bei dieser Lehre um Red Bull geht? Ja? Falsch! Jetzt werdet ihr sicher<br />
schmollend einwerfen: Aber da steht doch »Vom Gejagten zum Jäger« - das kann doch nur<br />
Red Bull sein... Nein, immer noch falsch [an dieser Stelle ein markerschütterndes Geräusch<br />
ähnlich dem »Zonk« vorstellen, wer den nicht mehr kennen sollte: das ist auf jeden Fall deutlich<br />
lauter als diese V6-Turbo-Motörchen]. Und was ist jetzt mit <strong>der</strong> Jagd? Die war ausgiebig,<br />
grausam und bis zuletzt offen. Auf <strong>der</strong> Rennstrecke mag Mercedes zum unangefochtenen<br />
Gejagten mutiert sein, in <strong>der</strong> eigenen Fahrerlager-Hospitality entwickelten sie sich in <strong>der</strong><br />
Affenhitze von Sepang jedoch wie<strong>der</strong> zurück zum eiskalten (ja okay, Malaysia, also sagen wir<br />
lieber knallharten) Jäger. Der Kampf gegen eine lästige Fliegen-Plage verlangte eben nach<br />
äußerst effizienten Jagdstrategien.<br />
LEHRE NUMMER 2: Wir lieben ihn, wir hassen ihn...<br />
Ach wie herzallerliebst. Kevin Magnussen strahlte in Australien über das gesamte Gesicht. Die<br />
Formel-1-Welt hat einen neuen Everybody‘s Darling. Ein Podium beim Debüt fühle sich für<br />
ihn wie ein Sieg an, meinte <strong>der</strong> Däne irgendwie putzig, wenn auch arg abgedroschen. Und<br />
was machte sein zurückgekehrter Chef? Er nörgelte: »Wenn wir nicht gewinnen, sind wir nicht<br />
dort, wo wir sein möchten.« Rumms. Ron ist wahrlich zurück. In allerbester, unausstehlicher<br />
Dennis-Manier. Wenn man in <strong>der</strong> Journalistenmeute neben ihm stand, wollte man ihn am<br />
liebsten Erwürgen - und ihn danach dazu beglückwünschen. Irgendwie hat er uns an vor<strong>der</strong>ster<br />
Front einfach gefehlt. In Malaysia waren Kevins Presserunden übrigens komplett überfüllt. Ein<br />
Wun<strong>der</strong>, dass <strong>der</strong> geschäftstüchtige Ron keine Tickets dafür verkaufen wollte.<br />
Völlig entnervt:<br />
Romain Grosjean<br />
verzweifelt am E22<br />
LEHRE NUMMER 3: Diese Franzosen!<br />
Versteh mal einer die Franzosen. O<strong>der</strong> wahrscheinlich eher nicht. Zum Glück gibt es Lotus.<br />
Deren Fabrik war für einige Jahre von französischen Truppen besetzt. Außerdem haben sie<br />
einen französischen Fahrer, <strong>der</strong> genau genommen aber eigentlich Schweizer ist (was wir<br />
allerdings nicht so laut sagen dürfen, sonst springen seine französischen Geldgeber auch noch<br />
ab und dann wird‘s richtig finster in <strong>der</strong> ehemaligen Kolonie). In Sachen Französisch sind sie<br />
also echte Experten. Deshalb verstehen sie Romains Funksprüche besser als je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e.<br />
So zum Beispiel: »Horrible!« Wenn wir <strong>der</strong> Nachhilfestunde Glauben schenken, eine recht<br />
häufig gebrauchte Floskel in F1-Kreisen: »‘orrible ist Französisch. Es bedeutet: ‚Das Auto hat<br />
viel Potential, das wir noch entfalten müssen.‘« Bingo! Das rief übrigens auch <strong>der</strong> Sieger<br />
unseres Redaktions-Tippspiels, ab welcher Runde kein Lotus mehr im Rennen sein würde,<br />
um sein Potential zu entfalten.<br />
Sieger-Quartett:<br />
Lewis, Nico, Paddy &<br />
Toto hatten viel Spaß<br />
LEHRE NUMMER 4: Dieser Sieg ist für euch...<br />
Gewinnen ist nicht alles! Nein, keine Angst. Ron bekommt bei diesem Satz keine grauen Haa...<br />
halt, er hat ja eh kaum mehr welche. Egal. Gewinnen ist Grundvoraussetzung. Schritt 2 ist die<br />
Kür, die kaum zwei Rennfahrer in <strong>der</strong> Geschichte ihrer schier unerschöpflichen Heimrennen<br />
so gut zelebrierten wie Lewis und Nico in Malaysia. Erst brüllte Nico den Namen des Hauptsponsors<br />
vom Podium, dann hielt er das Flaggschiff-Handy eines weiteren Geldgebers bei <strong>der</strong><br />
Pressekonferenz gut sichtbar in die Kamera. »Besser geht es nicht«, wie Niki stets zu sagen<br />
pflegt. »Wir haben vor <strong>der</strong> Saison alle Szenarien mit unseren Fahrern durchgesprochen«,<br />
erklärte Toto in Melbourne. Stallregie? Von wegen! Da sie ohnehin wissen, dass sie gewinnen<br />
werden, tüfteln sie in den Besprechungen nicht an den Rennstrategien, son<strong>der</strong>n an kreativen<br />
Guerilla-Marketingaktionen für die Siegerehrungen. Vielleicht sollte sich Greenpeace ein Beispiel<br />
daran nehmen...<br />
19 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
SLIDESHOW | FORMEL1 | #36 | 2014<br />
❱ DIE<br />
UNGESCHÖNTE<br />
WAHRHEIT<br />
TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />
FOTO: ADRIVO/SUTTON<br />
Die Hinterbänkler machten sich nach den Testfahrten große Hoffnungen:<br />
Auch arrivierte Teams hatten zu kämpfen, Red Bull kam meist nicht<br />
recht viel weiter als aus <strong>der</strong> eigenen Box heraus. Doch von Ausfallorgien<br />
war zu Saisonbeginn nicht viel zu sehen und schnell holte Marussia<br />
und Caterham die bittere Realität ein. Wie<strong>der</strong> waren es die beiden Teams,<br />
die für Startabbrüche und Startunfälle sorgten. Von Punkten waren die<br />
Dauerrivalen um Platz 10 so weit weg wie <strong>der</strong> Caterham von Ästhetik.<br />
Dabei wäre <strong>der</strong> Regelumbruch die große Chance <strong>der</strong> kleinen Teams<br />
gewesen. Je länger die Saison dauert, desto unwahrscheinlicher werden<br />
Überraschungen und damit Erfolge für die Kleinen. Immerhin: Mit Lotus<br />
scheinen sie einen neuen Verbündeten gefunden zu haben.<br />
20 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 21
FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />
Katastrophal<br />
bis desaströs:<br />
Lotus erlebt<br />
einen<br />
Alptraum<br />
22 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
NEUE<br />
1<br />
FORMEL<br />
NEW<br />
WORLD<br />
ORDER<br />
FERRARI, MCLAREN, RED BULL DAS WAR EINMAL IN DER FORMEL 1 IST NICHTS MEHR SO, WIE ES<br />
EINMAL WAR EINE NEUE ZEITRECHNUNG HAT BEGONNEN DAS MOTORSPORT-MAGAZIN NIMMT DAS<br />
AUF DEN KOPF GESTELLTE FORMEL-1-WELTBILD GENAU UNTER DIE LUPE: WER SIND DIE<br />
GLÜCKLICHEN GEWINNER? WER SIND DIE GROSSEN VERLIERER? WER SIND DIE WÜTENDEN JÄGER?<br />
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER, STEPHAN HEUBLEIN & MIKE WIEDEL<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 23
NEUE<br />
1<br />
FORMEL<br />
GEWINNER & VERLIERER<br />
GEWINNER<br />
TOTO WOLFF<br />
‚Smiley-Man‘ hat jetzt<br />
wirklich allen Grund zum<br />
Lachen. Compliance?<br />
Schnee von gestern!<br />
Verlierer<br />
ROMAIN GROSJEAN<br />
Fühlt sich »horrible!« Sein<br />
schrecklicher E22 könnte<br />
ihn fürchterlich viel Geld<br />
beim Therapeuten kosten.<br />
Verlierer<br />
PASTOR MALDONADO<br />
Will sein Geld zurück!<br />
Muss sich für seinen<br />
Lotus-Wechsel in den<br />
venezolanischen Hintern<br />
beißen...<br />
GEWINNER<br />
PAUL HEMBERY<br />
Ist die Meute los! Die<br />
Zeit als Prügelknabe des<br />
Fahrerlagers ist (vorerst)<br />
vorbei.<br />
24 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />
GEWINNER<br />
JUNGE GARDE<br />
Alonso & Co. aufgepasst!<br />
Magnussen, Ricciardo,<br />
Kvyat & Bottas könnten<br />
euch alt aussehen lassen.<br />
Verlierer<br />
RÉMI TAFFIN<br />
Hat die Meute jetzt am<br />
Hals! Sollte Bodyguards<br />
engagieren, bis die Renault<br />
Power Unit funktioniert...<br />
Verlierer<br />
OHRSTÖPSELHERSTELLER<br />
Sollten umsteigen: von<br />
Motorenlärm dämmen auf<br />
Motorengeräusche<br />
verstärken. Die Fans würden<br />
es lieben.<br />
GEWINNER<br />
RON DENNIS<br />
Kann wie<strong>der</strong> das tun, was<br />
er am besten kann - sich<br />
als Herrscher aufspielen.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 25
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER & STEPHAN HEUBLEIN<br />
HERR-<br />
SCHAFT<br />
DER<br />
SILBER-<br />
PFEILE<br />
NEUE<br />
1<br />
FORMEL<br />
AUS EINER DUNKLEN VORAHNUNG WURDE FÜR DIE RIVALEN<br />
BITTERE REALITÄT: MERCEDES DOMINIERT DIE NEUE FORMEL-1-<br />
ÄRA. DER WEG ZUM WELTMEISTERTITEL FÜHRT NUR ÜBER NICO<br />
ROSBERG UND LEWIS HAMILTON. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN<br />
ANALYSIERT DIE NEUE HERRSCHAFT DER SILBERPFEILE.<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES<br />
26 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 27
E<br />
twas einsam und verlassen<br />
liegt er da. Auf Laptops und<br />
Stoffhüllen gebettet. Wenn<br />
er schreien könnte, würde<br />
er lauthals um Aufmerksamkeit<br />
betteln. Hilfe, ich<br />
bin ein Pokal, holt mich hier raus! Nico Rosbergs<br />
Siegerpokal von Melbourne fristet am Sonntagabend<br />
nach <strong>der</strong> glorreichen Triumphfahrt seines<br />
neuen Besitzers ein eher trostloses Dasein auf<br />
einem Holztisch in <strong>der</strong> Ecke <strong>der</strong> Team-Hospitality.<br />
Die ganze Aufmerksamkeit gilt seinem Gewinner,<br />
<strong>der</strong> nur wenige Meter entfernt in höchsten Tönen<br />
von seinem neuen Silberpfeil schwärmt - kein<br />
Wort über die vernachlässigte Trophäe. »Es ist<br />
eine Freude, so ein schnelles Auto zu haben - das<br />
habe ich vorher noch nie erlebt«, gesteht Rosberg<br />
dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> mit einem breiten<br />
Grinsen im Gesicht. »Es ist so cool, zu wissen,<br />
dass das Ding abgeht wie sonst was.« Der erste<br />
Sieger <strong>der</strong> neuen Power-Unit-Generation ist also<br />
ein Silberpfeil. Einen passen<strong>der</strong>en Pokal hätte es<br />
dafür kaum geben können, erinnert die silberne<br />
Schale mit ihren drei Speichen doch stark an den<br />
Mercedes-Stern. Ein wahres Sinnbild für den<br />
Umbruch in <strong>der</strong> Königsklasse: »Wir müssen uns<br />
nicht mehr vor Teams wie Red Bull verstecken,<br />
die bislang die Messlatte waren«, sagt uns Rosberg<br />
voller Überzeugung. »Es ist eine Freude, diesen<br />
Silberpfeil zu fahren.«<br />
Noch am Tag von Rosbergs Auftaktsieg sind im<br />
Fahrerlager Stimmen zu vernehmen, die besagen:<br />
»Wenn einmal beide Autos ins Ziel kommen,<br />
macht Mercedes alle platt.« So sollte es in<br />
Malaysia kommen. Passend zum 80-jährigen<br />
Jubiläum <strong>der</strong> <strong>Silberpfeile</strong> in diesem Jahr ist zum<br />
ersten Mal seit den Jahren 1954 und 1955 wie<strong>der</strong><br />
ein Mercedes-Werksteam die Nummer 1 in <strong>der</strong><br />
Formel 1. »Es ist klar, dass sie gut an<strong>der</strong>thalb<br />
Sekunden Vorsprung auf alle an<strong>der</strong>en haben«,<br />
gibt Ron Dennis nach dem Rennen in Australien<br />
zähneknirschend zu. »Das ist eine Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />
die aber nicht unmöglich zu lösen ist.« Wer<br />
weiß, wie schwer Dennis so eine Aussage fällt,<br />
<strong>der</strong> erkennt, wie überlegen die Mercedes-Vorstellung<br />
tatsächlich gewesen ist. Immerhin gab<br />
Dennis einst selbst zu, dass ihm Nie<strong>der</strong>lagen<br />
körperliche Schmerzen bereiten würden; jene<br />
gegen den scheidenden Motorenlieferanten und<br />
früheren Unternehmenspartner umso mehr.<br />
Kein Wun<strong>der</strong>, dass er die Aufholjagd auf<br />
Mercedes noch vor <strong>der</strong> Freude über Kevin Magnussens<br />
Traumdebüt einreihte.<br />
Voll konzentriert:<br />
Rosbergs größter<br />
Rivale fährt ebenfalls<br />
einen Silberpfeil<br />
Mercedes war vom<br />
ersten Test an schnell<br />
und zuverlässig<br />
Rosberg hat den<br />
Titel im Visier<br />
Mercedes ist nach<br />
dem Saisonbeginn das<br />
Maß <strong>der</strong> Dinge<br />
28 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES<br />
Hamilton greift nach<br />
WM-Titel Nummer 2<br />
Ein entscheiden<strong>der</strong> Baustein des silbernen<br />
Erfolgs sind die neuen Regeln, die neben umfassenden<br />
aerodynamischen Än<strong>der</strong>ungen auch<br />
einen komplett neuen Antriebsstrang mit sich<br />
bringen. Die Weichen in Richtung Formel-<br />
1-Olymp stellte Mercedes auf diesem Gebiet<br />
schon vor einigen Jahren. Die ersten internen<br />
Überlegungen zur neuen Power Unit fanden<br />
bereits Ende des Jahres 2010 statt. Als dann Mitte<br />
2011 die Regeln für die neuen V6-Hybrid-Power-<br />
Units veröffentlicht wurden, schalteten die<br />
Chassis-Abteilung im englischen Brackley und<br />
die Motorenschmiede im nahe gelegenen Brixworth<br />
einen Gang höher. »Es hat sich gelohnt,<br />
dass Mercedes mit <strong>der</strong> Arbeit an dieser Technologie<br />
früher begonnen hat als alle an<strong>der</strong>en«,<br />
betont Allan McNish im Gespräch mit dem<br />
<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Nicht nur für den schottischen<br />
Ex-Formel-1-Fahrer und dreifachen Le-<br />
Mans-Sieger ist <strong>der</strong> Mercedes-Motor das beste<br />
Aggregat im Feld. »Red Bull scheint ein gutes<br />
Chassis zu haben, aber bei den Topspeeds liegen<br />
sie gegenüber Mercedes zurück«, analysiert<br />
McNish. In <strong>der</strong> neuen Formel 1 spielen so viele<br />
Bereiche eine Rolle: Leistung, Zuverlässigkeit,<br />
Verbrauch - Mercedes scheint in allen Gebieten<br />
führend zu sein. »Ich wi<strong>der</strong>spreche aber Leuten,<br />
die behaupten, dass Mercedes mehr Zeit hatte,<br />
um sich auf die Situation einzustellen«, sagt<br />
<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com Experte Christian<br />
Danner. Je<strong>der</strong> habe zur gleichen Zeit erfahren,<br />
wie das neue Reglement aussehen würde. »Alle,<br />
die jetzt schimpfen, waren an <strong>der</strong> Entscheidungsfindung<br />
beteiligt, die Komplexität war allen klar.<br />
Aber nur ein einziger hat die Problematik ernst<br />
genommen und das war Mercedes. Die an<strong>der</strong>en<br />
haben es unterschätzt.«<br />
Die neue Power Unit ist in <strong>der</strong> heutigen Formel<br />
1 ein äußerst wichtiger Baustein. »Rä<strong>der</strong> hat sie<br />
aber trotzdem keine, auch die Chassis-Mannschaft<br />
hat ein sehr konkurrenzfähiges Auto<br />
gebaut«, betont <strong>der</strong> frühere Mercedes-<strong>Motorsport</strong>chef<br />
Norbert Haug. »Die augenblickliche<br />
Dominanz ist kein Geschenk, son<strong>der</strong>n Produkt<br />
harter Arbeit und guter Ideen, die konsequent<br />
umgesetzt worden sind.« Dabei kommt Mercedes<br />
die Erfahrung <strong>der</strong> Wintertestfahrten zugute.<br />
Während vor allem die Renault-Teams mehr an<br />
<strong>der</strong> Box standen, als auf <strong>der</strong> Strecke Daten zu<br />
sammeln, spulten die <strong>Silberpfeile</strong> eine Runde<br />
nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en ab - einige Kin<strong>der</strong>krankheiten,<br />
vor allem gegen Ende des zweiten Bahrain-Tests<br />
einmal außen vorgelassen. »Mercedes hat deshalb<br />
jetzt den Vorteil, dass sie das Auto abstimmen<br />
können und den Reifen verstehen«, erklärt<br />
Danner. Diese Basisarbeit mussten die an<strong>der</strong>en<br />
Teams an den ersten Rennwochenenden nachholen.<br />
»Irgendwann wird <strong>der</strong> Vorsprung durch<br />
den Motor weg sein, aber wenn es ihnen gelingt,<br />
den aktuellen Vorteil für die Fahrzeugabstimmung<br />
zu nutzen, dann bleibt Mercedes auch<br />
danach weiter <strong>der</strong> Gejagte.«<br />
A<br />
ber nicht nur die Technik bereitete<br />
den Weg zur mo<strong>der</strong>nen Silberpfeil-<br />
Ära, auch die umfangreichen<br />
Umstrukturierungen im Hintergrund<br />
brachten das Team auf Kurs. Seit <strong>der</strong><br />
werksseitigen Rückkehr von Mercedes in die<br />
Königsklasse im Jahr 2010 hat <strong>der</strong> Konzern seinen<br />
Rennstall kontinuierlich mit Top-Ingenieuren<br />
wie Paddy Lowe, Bob Bell, Aldo Costa und<br />
Geoffrey Willis verstärkt. »Sie haben eine Gruppe<br />
an Technikern, die sehr gut zusammen arbeitet«,<br />
bestätigt Ex-Weltmeister Damon Hill dem<br />
<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Im Winter kündigte<br />
Mercedes sogar zwei Neuzugänge aus den Reihen<br />
von Red Bull an, womit Adrian Newey wichtige<br />
Säulen in seinem Ingenieursteam verlor. Vor<br />
noch nicht mal zwölf Monaten wurde Mercedes<br />
teils noch für seine hochkarätige Technikerriege<br />
belächelt. Von zu vielen Köchen und Häuptlingen<br />
war die Rede, die den Silberpfeil ver<strong>der</strong>ben<br />
würden. »So lange das Ergebnis stimmt, ist es<br />
jedem selbst überlassen, wie er seine Struktur<br />
aufbaut«, wiegelt Danner spöttische Kritik am<br />
oft zitierten Überschuss an Technischen Direktoren<br />
ab. Die Investitionen in Toppersonal zahlen<br />
sich für das Team in dieser Saison in Ergebnissen<br />
auf <strong>der</strong> Rennstrecke aus: das Chassis und<br />
die Power Unit des Silberpfeils legen die Messlatte<br />
für die Sternenjäger sehr hoch. Dabei spielen<br />
auch die Rückschläge <strong>der</strong> vergangenen vier<br />
Jahre eine wichtige Rolle. »Was Mercedes zugute<br />
kommt, ist sicherlich, dass sie in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
eines auf die Nüsse bekommen haben«,<br />
glaubt Danner. Erst im dritten Aufbaujahr gelang<br />
Nico Rosberg in Shanghai <strong>der</strong> erste Silberpfeilsieg<br />
<strong>der</strong> Neuzeit - ganze 20.671 Tage nach dem<br />
bis dahin letzten Werks-Silberpfeil-Triumph in<br />
Monza 1955. Ein Jahr darauf siegten Rosberg<br />
und Lewis Hamilton immerhin schon bei drei<br />
Grands Prix. Die Aufbauarbeit trug so langsam<br />
erste Früchte, doch <strong>der</strong> massive Reifenhunger<br />
des F1 W04 machte weiteren Erfolgen jäh einen<br />
Strich durch die Rechnung. Der langjährige<br />
<strong>Motorsport</strong>chef Norbert Haug beobachtete →<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 29
Die Silberpfeil-Piloten haben in dieser Saison höchstwahrscheinlich<br />
noch viele Champagner-Duschen vor sich<br />
all dies nach seinem Abgang im Winter 2012 aus<br />
<strong>der</strong> Ferne. Heute ist er mit dem Ergebnis zufrieden:<br />
»Der Aufbau wird konsequent und konstant<br />
fortgesetzt und die Titelchancen sind jetzt gegeben«,<br />
verriet Haug im Interview mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.<br />
Dazu haben unter an<strong>der</strong>em auch<br />
seine Quasi-Nachfolger beigetragen. Denn<br />
neben vielen Technikern kamen auch zwei österreichische<br />
Strippenzieher an Bord. Zum einen<br />
Haugs Nachfolger als <strong>Motorsport</strong>boss Toto<br />
Wolff, zum an<strong>der</strong>en <strong>der</strong> Aufsichtsratsvorsitzende<br />
Niki Lauda. »Leute wie Niki reden nicht um den<br />
heißen Brei herum«, erklärt Danner. »Sie sprechen<br />
mit jedem Beteiligten Klartext.« In Danners<br />
Augen ist die Konstellation mit Wolff und Lauda<br />
optimal, um das Sternen-Schiff erfolgreich durch<br />
die F1-Welt zu steuern.<br />
A<br />
n den Qualitäten <strong>der</strong> beiden Fahrer<br />
gibt es keine Zweifel. »Am Ende des<br />
Jahres werden wir wohl den besten<br />
Zweikampf unter Teamkollegen<br />
erleben, den es je gegeben hat«, prophezeit<br />
McNish. »Es liegen nur Hun<strong>der</strong>tstel zwischen den<br />
beiden. Das gefällt mir.« Auch Norbert Haug<br />
erwartet ein teaminternes Duell in Silber: »Die<br />
WM sieht aktuell nach überlegenen <strong>Silberpfeile</strong>n<br />
und einem Zweikampf Hamilton-Rosberg aus.«<br />
Die Fortschritte bei Red Bull lassen Haug jedoch<br />
glauben, dass die Dominanz seiner Ex-Mannschaft<br />
nicht von Dauer sein wird. »Wobei ich das<br />
Mercedes AMG Team für stark genug halte, sich<br />
weiter kontinuierlich zu steigern und um beide<br />
Titel kämpfen zu können.« Aus Fahrersicht findet<br />
es Johnny Herbert toll, so in die Saison zu starten.<br />
Ein Rennfahrer brauche vor allem ein gut fahrbares<br />
Auto. »Das Team hat sehr hart daran gearbeitet,<br />
um beiden Fahrern das Werkzeug zu geben,<br />
das sie benötigen«, so <strong>der</strong> Ex-Formel-1-Pilot.<br />
Diskussionen um eine mögliche Stallregie schob<br />
Mercedes noch vor dem ersten Rennen einen<br />
Riegel vor. Toto Wolff und beide Fahrer betonten<br />
unisono, man habe sich in ausführlichen Gesprächen<br />
darauf geeinigt,<br />
dass die<br />
Piloten frei fahren<br />
dürfen - so lange sie<br />
dabei stets die Interessen<br />
des Teams im<br />
Hinterkopf behalten<br />
und sich nicht<br />
gegenseitig aus dem<br />
Rennen beför<strong>der</strong>n.<br />
»Es gibt keine Vorgabe, Positionen zu halten«,<br />
bestätigt Rosberg. »Das sind wir den Fans auch<br />
schuldig.« Wie gut das funktionieren wird, wenn<br />
einmal <strong>der</strong> Renninstinkt übernimmt, bleibt abzuwarten.<br />
»Der Zweite ist <strong>der</strong> erste Verlierer - da<br />
habe ich keine Lust drauf«, sagt Rosberg angriffslustig.<br />
Es ist ein schmaler Grat, den er und Lewis<br />
Hamilton beschreiten müssen. Einerseits egoistisch<br />
zu sein und die eigenen Titelchancen zu<br />
wahren, an<strong>der</strong>erseits aber auch immer ans Team<br />
zu denken, das all dies erst ermöglicht und am<br />
Ende das Gehalt bezahlt. Rosberg erklärt seine<br />
zwiespältige Situation so: »Es gibt diese beiden<br />
Zweikämpfe: Ich gegen Lewis und wir als Team<br />
gegen den Rest.«<br />
Beides ist wichtig, aber ihm ist natürlich sein<br />
persönliches Ziel, den WM-Titel zu gewinnen,<br />
wichtiger. Mit einem schelmischen Grinsen im<br />
Gesicht fügt er an: »Mit Blick auf die WM wäre<br />
es besser, wenn mein Teamkollege nicht so<br />
schnell wäre - dann wäre es ein bisschen einfacher.«<br />
Wer die beiden Silberpfeil-Piloten rein<br />
nach den Resultaten beurteilt, muss laut McNish<br />
auf Hamilton setzen, <strong>der</strong> immerhin schon Formel-1-Weltmeister<br />
gewesen ist. »Aber in dieser<br />
neuen Formel 1 gibt es einen klaren Unterschied:<br />
Lewis war schon immer <strong>der</strong> Fahrer, den man im<br />
Qualifying im Auto sitzen haben wollte, den man<br />
in einem Zweikampf Rad-an-Rad haben wollte«,<br />
erklärt <strong>der</strong> Schotte. Nico sei im Gegensatz dazu<br />
ein mitdenken<strong>der</strong> Fahrer. »Ich will damit nicht<br />
sagen, dass Lewis nicht mitdenken würde. Aber<br />
Nico denkt über alles nach.« Das beste Beispiel<br />
dafür sei sein Sieg in Monaco 2013 gewesen: »Er<br />
fuhr auf die Pole Position und ging danach kein<br />
Risiko mehr ein. Er wusste, dass er nicht mit<br />
zehn Sekunden Vorsprung gewinnen musste. Er<br />
musste nur gewinnen. Deshalb fuhr er sein Rennen<br />
und hielt alle auf ausreichend Abstand hinter<br />
sich. Das war ein sehr clever geführtes Rennen.«<br />
In dieser Saison wird sich zeigen, wie kontrolliert<br />
Rosberg und Hamilton an <strong>der</strong> Spitze fahren können,<br />
wenn ihnen <strong>der</strong> Teamkollege mit gleichem<br />
»ES IST AM COOLSTEN, WENN WIR BEIDE MIT VOLLGAS<br />
ATTACKIEREN - DAS WILL MEIN TEAM SEHEN. SIE WOLLEN<br />
SEHEN, DASS WIR UNS VORNE DUELLIEREN, DASS WIR EINE<br />
SHOW BIETEN, DASS WIR MERCEDES-SILBERPFEILE IM KAMPF<br />
SIND - ABER IMMER MIT RESPEKT FÜREINANDER.«<br />
Material im Nacken sitzt. »Es ist am coolsten,<br />
wenn wir beide mit Vollgas attackieren - das will<br />
mein Team sehen«, kündigt Rosberg an. »Sie<br />
wollen sehen, dass wir uns vorne duellieren, dass<br />
wir eine Show bieten, dass wir Mercedes-<strong>Silberpfeile</strong><br />
im Kampf sind - aber immer mit Respekt.«<br />
So o<strong>der</strong> so werden sich während <strong>der</strong> neuen <strong>Herrschaft</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Silberpfeile</strong> wohl noch mehr Pokale<br />
in <strong>der</strong> Ecke langweilen - entwe<strong>der</strong>, weil über<br />
famose Duelle diskutiert wird o<strong>der</strong> weil es fürchterlich<br />
schief ging.<br />
→<br />
30 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES<br />
NICO ROSBERG<br />
STÄRKEN<br />
• Schnelligkeit<br />
• Technisch versiert<br />
• Rennintelligenz<br />
• Kann mit Druck umgehen<br />
• PR-Profi<br />
SCHWÄCHEN<br />
• Auto muss zu seinem Fahrstil passen<br />
• Kein Charaktertyp wie Hamilton<br />
EXPERTENMEINUNG<br />
»Nico denkt über alles nach und geht kein<br />
unnötiges Risiko ein.«<br />
(Allan McNish)<br />
STÄRKEN<br />
• Natürlicher Speed<br />
• Zweikampfstark<br />
• Sehr guter Qualifyer<br />
• Charakterkopf<br />
SCHWÄCHEN<br />
• Schont Auto und Reifen nicht<br />
• Unter Umständen sehr emotional<br />
EXPERTENMEINUNG<br />
»Lewis war schon immer <strong>der</strong> Fahrer, den<br />
man im Qualifying o<strong>der</strong> in einem Zweikampf<br />
Rad-an-Rad im Auto sitzen haben wollte.«<br />
(Allan McNish)<br />
LEWIS HAMILTON
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />
DER LETZTE WELTMEISTER-SILBERPFEIL<br />
ERSTES RENNEN, ERSTER SIEG: DER NEUE F1 W05 WAR NICHT DER ERSTE FORMEL-1-MERCEDES, DER SEIN<br />
GP-DEBÜT GEWANN IN DEN HÄNDEN VON JUAN MANUEL FANGIO GEWANN DER W 196 R NACH DEM DEBÜT-<br />
TRIUMPH ZWEI WELTMEISTERTITEL EINE STEILE VORLAGE FÜR DEN NEUZEITLICHEN COUSIN<br />
SIEGERPFEIL<br />
Der 4. Juli 1954 ging in die Geschichtsbücher ein. An diesem Tag gelang aber nicht nur das<br />
Wun<strong>der</strong> von Bern, das Deutschland den ersten Fußball-Weltmeistertitel schenkte. Am<br />
gleichen Tag gab Mercedes im 530 km entfernten Reims nach 15 Jahren Abstinenz sein<br />
GP-Comeback. Und wie: Wie seine Artverwandten W 25 (1934) und F1 W05 (2014) gewann<br />
<strong>der</strong> W 196 R sein Debütrennen - mit einem Doppelsieg von Juan Manuel Fangio vor Karl<br />
Kling. Seine Erfolgsbilanz: Neun Siege bei zwölf Starts in den Jahren 1954 und 1955.<br />
VERWANDLUNGSKÜNSTLER<br />
Der W 196 R war eine Art Transformer. Beim Debüt auf dem Highspeed-Kurs in Reims<br />
siegte <strong>der</strong> Silberpfeil in <strong>der</strong> zuerst fertig gestellten Stromlinien-Version. Auf dem<br />
Nürburgring debütierte später ein Modell mit freistehenden Rä<strong>der</strong>n, das auf engen<br />
Kursen wie Monaco zum Einsatz kam. Die beiden Versionen waren mit relativ wenigen<br />
Handgriffen gegeneinan<strong>der</strong> austauschbar. Ab 1955 standen auch drei verschiedene<br />
Radstände zur Verfügung, um sich <strong>der</strong> Strecke anzupassen: 2.150 mm, 2.210 mm<br />
und 2.350 mm. Insgesamt wurden 14 Exemplare des W 196 R gebaut.<br />
COCKPIT<br />
Während die heutigen F1-Piloten quasi in ihrem Silberpfeil liegen, saßen die Fahrer in den<br />
50er Jahren wie auf ihrem Sofa hinter dem Lenkrad. Die Beine waren weit gespreizt, um<br />
an die sehr weit auseinan<strong>der</strong>liegenden Pedale zu gelangen, die sich jeweils links (Kupplung)<br />
und rechts (Gas, Bremse) außen befanden. Das Armaturenbrett war stark reduziert: Drehzahlmesser,<br />
Kontrollanzeigen für Wasser und Öl - mehr Informationen bot <strong>der</strong> W 196 R nicht.<br />
LENKUNG<br />
Die Lenkung bestand aus einem kompakten Lenkgetriebe mit einer Daimler-Benz-<br />
Schneckenlenkung. Diese wurde oben am Rahmen montiert. Durch das Fehlen einer<br />
Schubstange fiel die Lenkachse relativ lang aus. Sie war im Verhältnis 12,65:1 übersetzt.<br />
Das Lenkrad besaß vier Speichen sowie einen Aluminiumkern, <strong>der</strong> beidseitig mit Holz<br />
besetzt war.<br />
FOTOS: MERCEDES<br />
32 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
TECHNISCHE DATEN:<br />
MERCEDES-BENZ W 196 R<br />
Motor:<br />
Viertakt-Otto mit Direkteinspritzung<br />
Zylin<strong>der</strong>zahl:<br />
8, Reihenanordnung<br />
Hubraum:<br />
2.496 ccm<br />
Leistung:<br />
256 PS (später bis zu 290 PS)<br />
Topspeed:<br />
mehr als 300 km/h<br />
Länge:<br />
4.025 mm (Stromlinie: 4.360 mm)<br />
Breite:<br />
1.625 mm (Stromlinie: 1.680 mm)<br />
Höhe:<br />
1.040 mm (Stromlinie: 1.020 mm)<br />
Gewicht:<br />
835 kg (Stromlinie: 829 kg)<br />
KAROSSERIE<br />
Der W 196 R besaß einen leichten und stabilen Gitterrohrrahmen, ein Fahrwerk mit Drehstab-<br />
Aufhängung und eine Eingelenk-Pendelachse mit tief gelegtem Drehpunkt. Letzteres gewährleistete<br />
ein besseres Verhalten beim Beschleunigen. Für eine gute Massenverteilung sorgte<br />
eine Gewichtsverlagerung: Wasser- und Ölkühler vorne, Treibstoff- und Öltank hinten. Das<br />
Auto besaß riesige turbogekühlte Duplex-Trommelbremsen, die zunächst innen mittig installiert<br />
waren, ab 1955 aber bei einigen Wagen in den Rä<strong>der</strong>n untergebracht wurden.<br />
MOTOR<br />
Der Reihenachtzylin<strong>der</strong> mit direkter Einspritzung und desmodromisch gesteuerten Ventilen<br />
wurde im Winkel von 53 Grad nach rechts geneigt in das Rahmenfachwerk eingebaut. Dies<br />
sollte den Schwerpunkt absenken und die Stirnfläche verkleinern. Für das Öffnen und Schließen<br />
<strong>der</strong> Ventile waren Nocken und Schlepphebel zuständig, weshalb <strong>der</strong> Motor an<strong>der</strong>s als seine<br />
Vorgänger ohne Fe<strong>der</strong>n auskam. Die Vorzüge waren höhere Drehzahlen, mehr Sicherheit und<br />
mehr Leistung.<br />
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NEUE<br />
1<br />
FORMEL<br />
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER & STEPHAN HEUBLEIN<br />
DIE JAGD-SAISON IST ERÖFFNET. MERCEDES HAT DIE MESSLATTE GELEGT. WELCHEM TEAM GELINGT ES,<br />
NICO ROSBERG UND LEWIS HAMILTON ZU STOPPEN? DAS MOTORSPORT-MAGAZIN UNTERZIEHT<br />
DIE STERNEN-JÄGER VON RED BULL, FERRARI UND MCLAREN EINEM KNALLHARTEN FORMCHECK.<br />
WER BESITZT DAS GRÖSSTE GEFAHRENPOTENTIAL FÜR DIE SILBERPFEILE?<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />
34 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 35
D<br />
as Lächeln ist in sein Gesicht<br />
zurückgekehrt. Den Pokal fest in<br />
<strong>der</strong> Hand, den Daumen in die<br />
Höhe gestreckt - Sebastian Vettel<br />
ist in Kuala Lumpur auf die Erfolgsstraße<br />
zurückgekehrt. Der desaströse Saisonauftakt ist<br />
zumindest zum Teil vergessen. Hinter dem<br />
erfolgsverwöhnten Vierfachchampion liegt eine<br />
für ihn ungewohnt schwierige Zeit. Nach dem<br />
Malaysia GP sieht er aber wie<strong>der</strong> mehr Licht am<br />
Ende des Tunnels. »Schaut nur einmal, wo wir<br />
vor eineinhalb Monaten waren«, verweist er auf<br />
den enttäuschenden Testauftakt. Bei den Tests<br />
in Jerez und Bahrain legte Red Bull nur magere<br />
1.710 Kilometer zurück. Zum Vergleich: Konkurrenten<br />
wie Mercedes und Williams kamen<br />
knapp an die 5.000 Kilometer-Marke heran. An<br />
jene Kritiker, die nach den Testproblemen schon<br />
vom Ende <strong>der</strong> Red-Bull-Ära sprachen, richtet<br />
<strong>der</strong> Deutsche nach seinem dritten Platz deutliche<br />
Worte: »Wir werden versuchen, so schnell wie<br />
möglich dort zu sein, wo Mercedes jetzt ist. Meiner<br />
Meinung nach ist das nur eine Frage <strong>der</strong><br />
Zeit.« Eine ernsthafte Warnung an die silberne<br />
Konkurrenz? Definitiv! Vettel hat die Titelverteidigung<br />
weiterhin fest im Visier. Trotz <strong>der</strong><br />
Schwierigkeiten bei den Wintertestfahrten stand<br />
stets außer Frage, dass Designgenie Adrian<br />
Newey mit dem RB10 wie<strong>der</strong> einmal einen aerodynamisch<br />
einwandfreien Boliden entworfen<br />
hat. Gerade bei <strong>der</strong> Kurvengeschwindigkeit gilt<br />
<strong>der</strong> Red Bull immer noch als das Maß aller Dinge<br />
- und auf dieser guten Basis hat <strong>der</strong> Rennstall<br />
seither aufgebaut. Doch Neweys Genie wird in<br />
dieser Saison abermals von einer externen Komponente<br />
eingebremst: »Der Kurvenspeed scheint<br />
sehr wettbewerbsfähig zu sein, aber dies ist zum<br />
Großteil eine Motoren-Formel, also liegen wir<br />
in den Händen unseres Zulieferers.« Tatsächlich<br />
scheint das größte Problem des RB10 außerhalb<br />
des Einflussbereichs von Red Bull zu liegen - an<br />
<strong>der</strong> Renault Power Unit. Helmut Marko beziffert<br />
das PS-Defizit gegenüber Motorenprimus<br />
Mercedes auf rund 80 PS, aber auch die Software<br />
des französischen Herstellers ist noch nicht ausgereift<br />
und sorgt immer wie<strong>der</strong> für Probleme.<br />
»Jetzt kommt es ganz darauf an, wie schnell die<br />
aktuellen Defizite abgearbeitet werden können«,<br />
sagt <strong>der</strong> frühere Mercedes-<strong>Motorsport</strong>chef Norbert<br />
Haug im Interview mit dem <strong>Motorsport</strong>-<br />
<strong>Magazin</strong>. »Von außen betrachtet sieht es <strong>der</strong>zeit<br />
nicht danach aus, als seien sich Mercedes- und<br />
Renault-Triebwerk in Bezug auf Leistung, Fahrbarkeit<br />
und Verbrauch - und vielleicht auch nicht<br />
beim Gewicht - ebenbürtig.« Trotzdem sind die<br />
Fortschritte in Dunkelblau nicht zu übersehen.<br />
»Seit den Testfahrten hat Red Bull seine Pace<br />
weiterentwickelt«, berichtet Johnny Herbert im<br />
Gespräch mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Das<br />
Auto sah mit Blick auf den Speed schon bei den<br />
Tests gut aus, wurde dort jedoch jäh von den<br />
Renault-Problemen eingebremst. Es sah die Box<br />
mehr als die Strecke. Doch das Weltmeisterteam<br />
hat den Kampf gegen Silber angenommen. Die<br />
Entwicklungsgeschwindigkeit, die das Team aus<br />
Milton Keynes seit dem letzten Wintertest an<br />
den Tag legt, lässt daran keine Zweifel aufkommen.<br />
»Es kommen stetig neue Kisten an <strong>der</strong><br />
Strecke an. Das ist typisch Red Bull. Sie haben<br />
immer mehr neue Teile als alle an<strong>der</strong>en. So werden<br />
Newey und sein Team weitermachen«, kündigt<br />
Herbert an. Die Botschaft ist beim aktuellen<br />
Klassenprimus Mercedes durchaus angekommen.<br />
»Wir dürfen nicht selbstgefällig werden<br />
o<strong>der</strong> gar nachlassen«, betonte Mercedes-Motor-<br />
36 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Problemkind<br />
im Heck:<br />
Der RB10 hat<br />
noch viel<br />
Potential<br />
sportchef Toto Wolff. »Unser Mitbewerber ist in<br />
Malaysia mit 60 Kisten an neuen Teilen angereist.<br />
Die Konkurrenz sitzt uns im Nacken.« In <strong>der</strong><br />
Formel 1 bedeutet Stillstand schon seit jeher<br />
Rückschritt. Allerdings lässt sich das diesjährige<br />
Entwicklungsrennen nicht mit jenen aus den<br />
vergangenen Jahren vergleichen. »Alles ist neu.<br />
Es geht nicht nur um die Pace, son<strong>der</strong>n auch um<br />
die Zuverlässigkeit«, meint Herbert. Für die Serienweltmeister<br />
<strong>der</strong> vergangenen Jahre kamen<br />
zudem einige Nebenkriegsschauplätze hinzu, die<br />
ihnen das Leben in <strong>der</strong> neuen F1-Ära definitiv<br />
mehr als nur erschwerten. Neben dem Renault-<br />
Testdebakel betrifft dies vor allem den Fuel-<br />
Flow-Krieg mit <strong>der</strong> FIA. All dies bündelt Zeit,<br />
Ressourcen und Energien, die das Team nicht<br />
auf die Silberpfeil-Jagd verwenden kann. Sind<br />
diese Ablenkungsmanöver erst einmal ausgeräumt,<br />
wird es für Mercedes deutlich schwieriger,<br />
<strong>der</strong>artig dominante Siege wie zu Saisonbeginn<br />
einzufahren.<br />
→<br />
GEFAHRENPOTENZIAL: ✪ ✪ ✪ ✪ ✪<br />
Sebastian<br />
Vettel behält<br />
den WM-Titel<br />
weiterhin im<br />
Auge<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, RED BULL<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 37
I<br />
mmer wie<strong>der</strong> wischt sich<br />
Fernando Alonso den Schweiß<br />
von <strong>der</strong> Stirn. Die 56 Runden auf<br />
dem Sepang International Circuit<br />
haben sichtlich an seinen Kräften gezehrt. »Wir<br />
sind 35 Sekunden hinter den Mercedes ins Ziel<br />
gekommen - das ist nicht gut«, gibt <strong>der</strong> Spanier<br />
enttäuscht zu Protokoll. Als einziger Trost<br />
bleibt ihm <strong>der</strong> dritte Platz in <strong>der</strong> Fahrerwertung<br />
- damit ist Alonso zu diesem Zeitpunkt <strong>der</strong><br />
härteste Verfolger <strong>der</strong> beiden Mercedes-Piloten,<br />
noch vor Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel.<br />
»Ich glaube schon, dass Ferrari schnell ist«, sagt<br />
Allan McNish bei seiner Teamanalyse gemeinsam<br />
mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Doch<br />
an<strong>der</strong>s als <strong>der</strong> F1 W05 ist die rote Göttin nur<br />
unter bestimmen Bedingungen schnell. Bisher<br />
konnte <strong>der</strong> F14T zwar im Trockenen und im<br />
Qualifying mit einer guten Performance auf<br />
sich aufmerksam machen, blieb in den Rennen<br />
und im Nassen allerdings hinter den Erwartungen<br />
zurück. Alonso fuhr konstant gute, aber<br />
eben keine sehr guten Ergebnisse ein. Genau<br />
die for<strong>der</strong>t <strong>der</strong> oberste Ferrari-Boss aber. »Ihre<br />
Performance war bislang okay, aber nur ordentliche<br />
Leistungen reichen für die Italiener nicht<br />
aus«, kritisiert Ex-Formel-1-Fahrer Johnny<br />
Herbert. Auch im malaysischen Regen taten<br />
sich die Fahrer schwer. »Um aber heutzutage<br />
eine Weltmeisterschaft zu gewinnen, musst du<br />
immer und überall schnell sein«, zeigt McNish<br />
die Problematik auf. »So wie es jetzt ist, wird es<br />
für Ferrari schwierig, eine Weltmeisterschaft zu<br />
gewinnen.« Vor wenigen Monaten drehten sich<br />
fast alle Spekulationen in Maranello um das<br />
weltmeisterliche Fahrerduo Alonso und Kimi<br />
Räikkönen. Je<strong>der</strong> wollte wissen, ob es zwischen<br />
dem Iceman und dem Spanier krachen würde.<br />
Doch schon damals mahnte Rubens Barrichello<br />
im <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>: »Wenn Ferrari ein<br />
schlechtes Auto baut und die beiden auf Platz<br />
acht o<strong>der</strong> neun herumfahren, dann wird von<br />
irgendwelchen Kämpfen kaum jemand etwas<br />
mitbekommen.« Diese Situation scheint nun<br />
eingetreten zu sein. Nicht ein potentielles<br />
Scharmützel zwischen den beiden Starfahrern<br />
steht im Mittelpunkt, son<strong>der</strong>n die abermals<br />
mangelnde Performance <strong>der</strong> »roten Staubsaugervertreterin«.<br />
Die Schwachstellen sind schnell<br />
gefunden - we<strong>der</strong> <strong>der</strong> Motor, noch das Chassis<br />
sind so stark und effizient wie bei Mercedes.<br />
Um die Defizite des Autos zu minimieren und<br />
die Lücke zu den Silbernen zu schließen, wird<br />
in Maranello Tag und Nacht gearbeitet. »Das<br />
Problem ist, dass die Power Unit jetzt homologiert<br />
ist. Auf diesem Gebiet kann sich also nicht<br />
mehr viel tun. Je<strong>der</strong> hat nur noch ein einge-<br />
Die neue rote<br />
Göttin ist<br />
bislang noch<br />
nicht göttlich<br />
genug<br />
38 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
schränktes Gebiet, auf dem er arbeiten und sich<br />
weiter entwickeln kann«, erklärt Damon Hill<br />
dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Doch Ferrari im<br />
WM-Kampf abzuschreiben, wäre ein schwerwiegen<strong>der</strong><br />
Fehler. Mit Pat Fry und James Allison<br />
hat die Scu<strong>der</strong>ia die richtigen Ingenieure<br />
an Bord, um diese schwierige Aufgabe zu meistern.<br />
Johnny Herbert lässt im Gespräch mit<br />
dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> keinen Zweifel<br />
daran, dass Ferrari die Aufholjagd gelingen<br />
kann. »Es gibt keinen Grund, warum Ferrari<br />
das mit seinen Leuten nicht können sollte. Sie<br />
können ein Auto schneller machen.« Allerdings<br />
haben sie in den Augen von Herbert eine größere<br />
Lücke zu schließen als an<strong>der</strong>e Teams, etwa<br />
Red Bull o<strong>der</strong> auch McLaren und Williams, die<br />
teilweise stark auftrumpften. Bei allem Glauben<br />
an Ferrari warnt McNish: »Es braucht Zeit, bis<br />
sich die Arbeit von Allison und Fry auszahlt.<br />
Es ist ein bisschen wie bei Williams. Schlüsselpersonen<br />
in ein Team zu integrieren, dauert<br />
sehr lange. Auch kommt es auf mehr als nur<br />
zwei Leute an. Es geht um ein Team.« Besagtes<br />
Team wartet seit sieben Jahren auf einen weiteren<br />
Titelgewinn, <strong>der</strong> letzte stammt aus dem<br />
Jahr 2007. »Bei Ferrari braucht je<strong>der</strong> den Titel.<br />
Luca di Montezemolo braucht den Titel, Domenicali<br />
genauso. Aber auch Alonso braucht den<br />
Titel. Es ist lange her, seit er seine beiden WM-<br />
Titel gewonnen hat. Ihm bleibt nicht mehr viel<br />
Zeit in seiner Formel-1-Karriere, um noch einmal<br />
Weltmeister zu werden«, sagt McNish. Es<br />
lastet ein immenser Druck auf den Schultern<br />
<strong>der</strong> Fahrer und Verantwortlichen. Gerade dieser<br />
Erfolgsdruck macht Ferrari zu einem brandgefährlichen<br />
Jäger. Angeschlagene Wildkatzen<br />
sind bekanntlich die gefährlichsten. Es liegt nun<br />
an <strong>der</strong> Scu<strong>der</strong>ia, zu beweisen, dass dies auch<br />
für ausgehungerte und mehr hinkende denn<br />
springende Pferde gilt.<br />
→<br />
GEFAHRENPOTENZIAL: ✪ ✪ ✪<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, FERRARI<br />
Der Iceman<br />
wurde mit<br />
dem Ferrari<br />
nicht auf<br />
Anhieb warm<br />
Erfolgsdruck:<br />
Ferrari muss<br />
2014 Siege<br />
und Titel<br />
einfahren<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 39
N<br />
ur <strong>der</strong> Sieg zählt. Kein Team und<br />
kein Teamchef verkörpern diese<br />
Maxime besser als McLaren und<br />
Ron Dennis. Schon die Aufschrift<br />
auf den Schuhsohlen <strong>der</strong> Teammitglie<strong>der</strong> besagt:<br />
Ein Schritt mehr in Richtung Sieg. Kaum war<br />
McLaren beim Auftakt in Melbourne aus dem<br />
größten Tief <strong>der</strong> Teamgeschichte wie<strong>der</strong> aufgetaucht,<br />
kaum hatte Rookie Kein Magnussen das<br />
schier Unmögliche möglich gemacht und bei<br />
seinem Formel-1-Debüt in Hamilton-Manier<br />
einen Podestplatz eingefahren, teilte Mr. Dennis<br />
<strong>der</strong> versammelten Presseschar mit: »Wir wollen<br />
so schnell wie möglich wie<strong>der</strong> ein Siegerteam<br />
werden. Wenn wir nicht gewinnen, sind wir nicht<br />
dort, wo wir sein möchten.« Dennis ist zurück<br />
und mit ihm erste Ansätze des früheren Glanzes.<br />
McLaren auf Platz 1 <strong>der</strong> Konstrukteurswertung<br />
- wer auf dieses Ergebnis nach dem ersten Saisonrennen<br />
gewettet hätte, hätte eine Menge Geld<br />
verdienen können. Vorerst war es nur eine<br />
Momentaufnahme. Die Platzierung sollte schon<br />
nach dem zweiten Saisonlauf in Malaysia nicht<br />
mehr Bestand haben, doch das Aufatmen bei<br />
sämtlichen Teammitglie<strong>der</strong>n des britischen Traditionsrennstalls<br />
war nach den Top-Resultaten in<br />
Australien deutlich spürbar. »Hinter dem Team<br />
liegt eine harte Zeit. Sie waren nicht ansatzweise<br />
dort, wo sie sein wollten, aber sie haben extrem<br />
hart gearbeitet, um die Probleme zu lösen«, sagt<br />
Kevin Magnussens Vater Jan, <strong>der</strong> selbst für<br />
McLaren fuhr. Auch wenn Mercedes im Moment<br />
die Nase vorne hat, so mischt McLaren erstmals<br />
seit sechs Jahren - und 16 Jahre nach dem Gewinn<br />
des letzten Konstrukteurstitels - wie<strong>der</strong> vorne mit.<br />
Dieser lange Zeitraum erklärt auch, warum sich<br />
Magnussens Podiumsplatz für alle - bis auf Dennis<br />
- wie ein Sieg anfühlte. Doch bei McLaren ist man<br />
vorgewarnt. »Das Team hat eine immense Leistung<br />
gezeigt, aber die Arbeit ist noch nicht getan.<br />
McLaren gibt alles, um das Auto weiter zu verbessern<br />
und auch im Entwicklungsrennen bis zum<br />
Schluss mithalten zu können«, betont Magnussen<br />
Senior im Gespräch mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.<br />
Ron Dennis wird mit Argusaugen darauf<br />
achten, dass <strong>der</strong> britische Traditionsrennstall nicht<br />
wie<strong>der</strong> in alte Muster zurückfällt. »Es ist gut, dass<br />
er zurück ist. Denn er tritt uns auf die Füße, wenn<br />
es nötig ist«, sagt Jenson Button. Zu Beginn des<br />
Jahres hat <strong>der</strong> frühere Teamboss das Ru<strong>der</strong> bei<br />
McLaren wie<strong>der</strong> an sich gerissen. Als Folge musste<br />
Teamchef Martin Whitmarsh seinen Posten räumen<br />
und Eric Boullier wurde als neuer Sportdirektor<br />
eingesetzt. Der absolut richtige Schritt, wie<br />
<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com-Experte Christian<br />
Danner meint. »Es braucht eine feste Hand, um<br />
McLaren wie<strong>der</strong> nach vorne zu bringen«, erklärt<br />
Danner. Die Präsenz von Dennis verleihe dem<br />
Team eine gewisse Würze. »Er ist <strong>der</strong> Ruler, <strong>der</strong><br />
König, <strong>der</strong> Kaiser«, so Danner. »Ron ist einer, <strong>der</strong><br />
den Finger immer in die Wunde legt.« Den Franzosen<br />
Boullier sieht Danner aber dennoch nicht<br />
als ferngesteuert an. Er sei <strong>der</strong> richtige Mann, um<br />
McLaren wie<strong>der</strong> an die Spitze <strong>der</strong> Königsklasse<br />
zu bringen. »Er ist die perfekte Wahl. Man darf<br />
nicht vergessen, was er bei Lotus vorgefunden hat<br />
und wieviel er dort umstrukturieren musste. Am<br />
Ende hatte das Team sogar Chancen auf den zweiten<br />
Platz in <strong>der</strong> Konstrukteurswertung. Die Kombination<br />
Dennis und Boullier sehe ich als sehr<br />
stark an«, glaubt Danner. Neben <strong>der</strong> neuen Struktur<br />
hat McLaren auch den Pluspunkt Motor auf<br />
seiner Seite, denn im Heck des MP4-29 schnurrt<br />
<strong>der</strong> 1,6 Liter Hybrid-Turbomotor von Mercedes<br />
- die wohl stärkste Power Unit im aktuellen Formel-1-Feld.<br />
»Sie haben den starken Mercedes-<br />
Motor und sie haben gezeigt, dass sie ein Auto<br />
weiterentwickeln können. Ich erwarte McLaren<br />
dieses Jahr definitiv stark«, prophezeit Danner.<br />
Die große Frage ist, ob McLaren auch bei <strong>der</strong> Weiterentwicklung<br />
des noch hauptsponsorlosen MP4-<br />
29 an alte Tugenden anknüpfen kann. In <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
konnte das Team des Öfteren nach<br />
einem Fehlstart in die Saison das Blatt noch wenden.<br />
In diesem Jahr ist die Basis gut, um Mercedes<br />
zu gefährden, muss sie jedoch noch viel besser<br />
werden. Die Fortschritte bei den Tests und ersten<br />
Rennen stimmen Dennis optimistisch, immer<br />
wie<strong>der</strong> ein paar Zehntel nachlegen zu können.<br />
»Das wird noch nicht ausreichen, aber es wird die<br />
Teams vor uns weiter unter Druck setzen.« Der<br />
McLaren-Häuptling hat wie<strong>der</strong> Blut geleckt.<br />
GEFAHRENPOTENZIAL: ✪ ✪ ✪<br />
Langer Weg:<br />
McLaren<br />
muss weiter<br />
Boden gut<br />
machen<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MCLAREN<br />
40 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Der MP4-29<br />
glänzt nur<br />
silbern, nicht<br />
mit vielen<br />
Logos<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 41
NEUE<br />
1<br />
FORMEL<br />
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />
AUFERSTEHUNG<br />
42 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
FOTOS: WILLIAMS<br />
WILLIAMS FEIERT SEINE WIEDERAUFERSTEHUNG. NACH JAHREN IM SCHATTEN HAT DER BRITISCHE<br />
TRADITIONSRENNSTALL ALLE WERKZEUGE IN DER HAND, UM AN DIE SPITZE DER KÖNIGSKLASSE<br />
ZURÜCKZUKEHREN. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN ERFORSCHT DIE GRÜNDE FÜR DEN AUFSCHWUNG.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 43
Lotus<br />
bestreitet<br />
Meldungen<br />
über Finanzprobleme<br />
in ungeduldiger Blick auf die Uhr.<br />
Ein fragen<strong>der</strong> Blick in Richtung<br />
<strong>der</strong> Kollegen, die sich um den<br />
schwarzen Tisch in <strong>der</strong> Ecke <strong>der</strong><br />
Williams-Hospitality versammelt<br />
haben. Plötzlich geht die Tür auf.<br />
Mit einem breiten Grinsen schreitet<br />
Felipe Massa <strong>der</strong> Medienmeute entgegen, er<br />
genießt sichtlich das immense Interesse an seiner<br />
Person. Erstmals in seiner Karriere scheint <strong>der</strong><br />
Brasilianer zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu<br />
sein. 1997 bescherten Jacques Villeneuve und<br />
Heinz-Harald Frentzen dem Team von Sir Frank<br />
Williams die bis dato letzten beiden WM-Titel. 16<br />
Jahre nach diesem letzten großen Siegesrausch<br />
feiert Williams seine Wie<strong>der</strong>auferstehung. Der<br />
englische Riese ist 2014 zu neuem Leben erwacht.<br />
Bereits bei den Wintertestfahrten überzeugte <strong>der</strong><br />
FW36 mit Speed und Konstanz, doch nach Jahren<br />
<strong>der</strong> Mittelmäßigkeit blieben Zweifel bestehen. War<br />
alles nur ein Bluff? Die Mannschaft habe nie<br />
geblufft, stellte Williams Cheftestingenieur Rod<br />
Nelson klar. Williams, einer <strong>der</strong> legendärsten und<br />
erfolgreichsten Rennställe in <strong>der</strong> Formel-1-Geschichte,<br />
habe lediglich seine Hausaufgaben<br />
gemacht. »Das mussten wir auch, davor war es für<br />
mich unmöglich, ruhig zu schlafen. Wir waren<br />
absolut entschlossen, ein gutes, solides, haltbares<br />
Auto zu haben«, betont Nelson. Diesen Entschluss<br />
hat die Mannschaft in Grove mit Bravour umgesetzt.<br />
In Australien belegte Valtteri Bottas im Rennen<br />
den fünften Platz, in Malaysia punkteten beide<br />
Autos. Zuletzt gelang Williams dieses Kunststück<br />
in Austin 2012. Nach zwei Rennen hat <strong>der</strong> britische<br />
Traditionsrennstall bereits mehr Konstrukteurspunkte<br />
eingefahren als in <strong>der</strong> Saison 2013 insgesamt.<br />
Diese positiven Schlagzeilen lassen auch die<br />
Querelen um Massas Missachtung <strong>der</strong> Teamor<strong>der</strong><br />
in Malaysia schnell vergessen. Zwei Kampfhähne<br />
im Team, die beide nur ein Ziel haben, und zwar<br />
vorne mitzufahren - da kann sich ein echter Racer<br />
wie Sir Frank Williams Schlimmeres vorstellen.<br />
»Wir sind sehr glücklich mit unseren Fahrern. Wir<br />
haben mit Felipe einen sehr erfahrenen Piloten und<br />
mit Valtteri ein vielversprechendes Talent«, gibt<br />
Franks Tochter Claire zu Protokoll.<br />
Die Konkurrenz hat das Team längst auf dem<br />
Schirm. »Williams befindet sich ganz klar in den<br />
Top-4, Top-5«, meint Johnny Herbert gegenüber<br />
dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Für so manchen Formel-1-Experten<br />
und Ex-Williams-Fahrer gilt <strong>der</strong><br />
Traditionsrennstall diese Saison sogar als Geheimfavorit,<br />
nicht zuletzt wegen des geringen Spritverbrauchs<br />
des FW36. »Wir scheinen tatsächlich<br />
besser mit dem Sprit hauszuhalten als die Konkurrenz«,<br />
bestätigt Bottas. Nichtsdestotrotz wird die<br />
Erwartungshaltung von außen innerhalb des<br />
Teams als extrem gefährlich angesehen. »Da sollte<br />
man sehr vorsichtig sein. Ich denke, es wäre ein<br />
Fehler - vor allem nach dem letzten Jahr - mit<br />
immensen Erwartungen in die Saison zu gehen«,<br />
tritt Claire Williams auf die Euphoriebremse. »Wir<br />
haben sehr lange, sehr hart gearbeitet. Die Jungs<br />
in <strong>der</strong> Fabrik haben unglaublich viele Arbeitsstunden<br />
in den FW36 gesteckt und das Auto ist wirklich<br />
fantastisch geworden. Ich hoffe einfach, dass wir<br />
das, was wir an Arbeit hineingesteckt haben, an<br />
Erfolg wie<strong>der</strong> herausbekommen.« Die zurückhaltende<br />
Reaktion <strong>der</strong> Britin ist verständlich, denn<br />
hinter Williams liegt eine desaströse Zeit, die ihren<br />
negativen Höhepunkt im Vorjahr fand. 2013 blieb<br />
das Team weit hinter den eigenen Erwartungen<br />
zurück. In 19 Rennen gelang es den Fahrern Valtteri<br />
Bottas und Pastor Maldonado nur magere zwei<br />
Zähler einzufahren, am Ende <strong>der</strong> Saison stand ein<br />
neunter Gesamtrang in <strong>der</strong> Konstrukteurswertung<br />
zu Buche. Die Gegner hießen auf dem Papier auf<br />
einmal Marussia und Caterham; früher waren es<br />
Ferrari und McLaren. Es war das schlechteste<br />
Ergebnis des Rennstalls in seiner 37-jährigen Teamgeschichte.<br />
»Das letzte Jahr war für jeden im Team<br />
ein Alptraum«, räumt Claire Williams ein. »Es<br />
mussten Verän<strong>der</strong>ungen geschehen und wir haben<br />
44 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
FOTOS: WILLIAMS, ADRIVO/SUTTON<br />
»DAS VERGANGENE JAHR WAR FÜR JEDEN IM TEAM EIN ALPTRAUM«,<br />
RÄUMT CLAIRE WILLIAMS EIN »ES MUSSTEN VERÄNDERUNGEN<br />
GESCHEHEN UND WIR HABEN IN DEN VERGANGENEN NEUN<br />
MONATEN UNGLAUBLICH HART DARAN GEARBEITET«<br />
in den vergangenen neun Monaten unglaublich<br />
hart daran gearbeitet.« Im ersten Schritt nahm<br />
Williams immense Umstrukturierungen beim<br />
technischen Personal vor. Der wohl wichtigste<br />
Schachzug war die Verpflichtung von Pat Symonds<br />
im vergangenen Jahr. Trotz seiner Verwicklung in<br />
den Crashgate-Skandal 2008 eilt Symonds <strong>der</strong> Ruf<br />
eines genialen Ingenieurs voraus. »Die Revolution,<br />
die <strong>der</strong>zeit bei Williams vonstatten geht, ist sicherlich<br />
seiner Herangehensweise geschuldet«, sagt<br />
Felipe Massa. »Pat ist definitiv eine <strong>der</strong> wichtigsten<br />
Personen im Team. Er ist unglaublich erfahren und<br />
ist ein großartiger Lea<strong>der</strong> innerhalb des Teams. Er<br />
macht einen großartigen Job, wenn man bedenkt,<br />
von woher Williams gekommen ist.«<br />
Mit Symonds nahm die in den vergangenen Jahren<br />
führerlos scheinende Technikabteilung wie<strong>der</strong><br />
Erfolgsform an. Innerhalb weniger Monate stießen<br />
Jakob Andreasen von Force India, Craig Wilson<br />
von Mercedes, Rod Nelson und Dave Wheater von<br />
Lotus sowie Shaun Whitehead von Red Bull zum<br />
Traditionsrennstall. »Ein Team aufzubauen ist<br />
keine einfache Aufgabe. Das geht über einen sehr<br />
langen Zeitraum. So hat Pat schon im vergangenen<br />
Jahr damit angefangen, neue Leute zu rekrutieren«,<br />
erzählt Alan McNish im Gespräch mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.<br />
»Einige Leute werden sogar noch<br />
zum Team dazu stoßen. So sollen einige Ingenieure<br />
von Ferrari zu Williams wechseln.« Einer davon ist<br />
Rob Smedley, <strong>der</strong> mit Felipe Massa 2008 nur um<br />
ein Haar den Fahrertitel verpasst hat. Er zählt seit<br />
dem Bahrain Grand Prix zum Williams-Inventar.<br />
»Rob wird die Gruppe von Senior Ingenieuren<br />
leiten und sich um die beiden Renningenieure<br />
kümmern, die wir aus <strong>der</strong> vergangenen Saison<br />
übernehmen«, erklärt Claire Williams die neue<br />
Struktur. »Rod [Nelson] wird vor Ort an <strong>der</strong> Rennstrecke<br />
agieren, Jakob [Andreasen] bleibt im Werk<br />
- er ist gewissermaßen das Verbindungsglied zwischen<br />
<strong>der</strong> Aerodynamik-Abteilung und dem, was<br />
an <strong>der</strong> Strecke vor sich geht. Sowohl Rob als auch →<br />
Williams hat<br />
sich mit harter<br />
Arbeit wie<strong>der</strong><br />
zurückgekämpft<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 45
Rod unterstehen Pat und werden ihm Bericht<br />
erstatten.« Bei Außenstehenden wie dem ehemaligen<br />
Formel-1-Fahrer Johnny Herbert stößt die<br />
Neuaufstellung <strong>der</strong> Mannen aus Grove auf viel<br />
Gegenliebe. »Pat Symonds ist schon sehr lange im<br />
Formel-1-Geschäft. Er ist sehr gut darin, eine<br />
Gruppe zusammenzuschweißen. Wichtig war es<br />
auch, Felipe Massa ins Team zu holen. Er ist erfahren,<br />
hat sich gegen Saisonende 2013 gesteigert, war<br />
schneller als sein Teamkollege Fernando Alonso.<br />
Rob Smedley ist auch neu dabei. Er und Felipe sind<br />
gut befreundet. Alles in allem hat Williams sehr<br />
gutes, neues Personal«, betont Herbert. Dem kann<br />
sich die Co-Teamchefin nur anschließen. Allerdings<br />
sind die Neuzugänge nur ein Teil <strong>der</strong><br />
Umstrukturierung des ehemaligen Weltmeisterrennstalls.<br />
»Die technische Struktur war einer <strong>der</strong><br />
wichtigsten Bereiche, an denen wir gearbeitet<br />
haben«, verrät Williams. So wurde hinter den<br />
Kulissen die IT-Infrastruktur ausgebaut, an den<br />
Simulator-Kapazitäten gearbeitet sowie die interne<br />
Kommunikation verbessert. »Das Team hat eine<br />
große Umstrukturierung hinter sich. Alles kommt<br />
jetzt zusammen, wobei es erst <strong>der</strong> Anfang des Aufschwungs<br />
bei Williams ist«, ist Herbert überzeugt.<br />
Schließlich hat Williams im Vorjahr einen weiteren<br />
entscheidenden Deal an Land gezogen. Anstelle<br />
von Renault hat <strong>der</strong> Traditionsrennstall sich mit<br />
Mercedes verbündet und verfügt damit über den<br />
vermeintlich stärksten V6-Turbo-Motor im Formel-1-Feld.<br />
»Das neue Motorenreglement hat uns<br />
dazu gezwungen, darüber nachzudenken, welcher<br />
Motorenhersteller für uns zukünftig <strong>der</strong> beste Partner<br />
sein könnte. Wir haben hinter den Kulissen<br />
Gespräche mit Renault und Mercedes geführt,<br />
doch es stellte sich schnell heraus, dass Mercedes<br />
<strong>der</strong> bessere Partner für uns ist. Es war sicherlich<br />
von Vorteil, dass wir mit Toto [Wolff], <strong>der</strong> immer<br />
noch Aktienanteile an Williams hält, einen Vertrauten<br />
als Gesprächspartner hatten«, verrät Claire<br />
Williams. Der Motoren-Coup sollte allerdings<br />
nicht <strong>der</strong> letzte für diese Saison bleiben.<br />
Schon länger pfiffen es die Spatzen vom Dach, am<br />
6. März machte es Williams schließlich offiziell und<br />
präsentierte Martini als neuen Hauptsponsor. Beide<br />
Unternehmen verbindet eine langjährige <strong>Motorsport</strong>geschichte.<br />
1972 trat <strong>der</strong> Spirituosen-Hersteller<br />
erstmals in <strong>der</strong> Formel 1 in Erscheinung, als<br />
Sponsor von Tecno. Mit Unterbrechungen war die<br />
Marke bis 1979 in <strong>der</strong> Königsklasse vertreten,<br />
zuletzt trat Martini 2006 als Nebensponsor bei<br />
Ferrari in Erscheinung. 2014 gehen nun Massa und<br />
Bottas in den weißen Boliden mit den ikonischen<br />
rot-blauen Rennstreifen an den Start - eine optische<br />
Verdeutlichung <strong>der</strong> neuen Ära, die beim britischen<br />
Traditionsteam angebrochen ist. »Wir haben über<br />
den Winter kommerziell einen fantastischen Job<br />
gemacht. Wir haben drei neue Sponsoren und<br />
einen neuen Hauptsponsor gewonnen, damit können<br />
wir mehr als zufrieden sein«, sagt Claire Williams<br />
und wirft ein: »Allerdings kann man in <strong>der</strong><br />
Formel 1 nie genug Geld haben, wobei ich persönlich<br />
<strong>der</strong> Meinung bin, dass es nicht Unmengen an<br />
Geld braucht, um Rennen zu gewinnen und ich<br />
würde das mit Williams gern 2014 unter Beweis<br />
stellen.« Die Tochter von F1-Urgestein Frank Williams<br />
ist ein weiteres wichtiges Puzzle-Teil in <strong>der</strong><br />
Wie<strong>der</strong>auferstehungsgeschichte des Teams. Am 27.<br />
März 2013 wurde sie als neue stellvertretende<br />
Teamchefin vorgestellt. »Dass ich in diese Rolle<br />
geschlüpft bin, gab mir die Gelegenheit, endlich<br />
das zu tun, was getan werden musste. Ich fühlte<br />
einfach, dass Williams Än<strong>der</strong>ungen benötigte«,<br />
gibt die Britin voller Selbstvertrauen zu Protokoll.<br />
Felipe Massa<br />
ist einer <strong>der</strong><br />
vielen<br />
Bausteine des<br />
neuen Teams<br />
46 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
»ICH BIN SEINE TOCHTER UND WEISS, IHN UM DEN FINGER ZU WICKELN<br />
NEIN, IM ERNST, WIR SIND EIN SEHR GUTES TEAM MEINE VERBINDUNG ZU<br />
MEINEM VATER WAR IMMER SEHR STARK UND ES HILFT, DASS WIR DAS<br />
GLEICHE ZIEL HABEN - WILLIAMS AN DIE SPITZE ZURÜCK ZU BRINGEN«<br />
Die Zusammenarbeit mit ihrem Vater Frank verlaufe<br />
sehr gut. »Ich bin seine Tochter und weiß, ihn<br />
um den Finger zu wickeln«, scherzt die Britin.<br />
»Nein, im Ernst, wir sind ein sehr gutes Team.<br />
Gerade wenn Familienmitglie<strong>der</strong> miteinan<strong>der</strong><br />
arbeiten, kann es zu Reibereien kommen. Doch<br />
meine Verbindung zu meinem Vater war immer<br />
sehr stark und es hilft, dass wir das gleiche Ziel<br />
haben - Williams an die Spitze zurück zu bringen.<br />
Hierbei müssen Egos zurückgesteckt werden, denn<br />
es geht nur darum, die richtigen Entscheidungen<br />
für das Team zu treffen.«<br />
Der erste Schritt ist dem Team gelungen. Sie sind<br />
mit einem konkurrenzfähigen Auto in die Saison<br />
gestartet und haben für einige hochgezogene<br />
Augenbrauen im Fahrerlager gesorgt. Nun gilt es,<br />
den Beweis zu erbringen, dass die aktuelle Performance<br />
mehr als nur ein Aufflackern ist. Johnny<br />
Herbert hat allerdings Bedenken, dass <strong>der</strong> Rennstall<br />
den aktuellen Erfolgslevel langfristig halten<br />
kann. »Sie haben zwar mehr Partner an Bord, ich<br />
weiß aber nicht, ob es genug ist«, äußert er seine<br />
Zweifel. Und auch Claire Williams ist sich <strong>der</strong><br />
Herausfor<strong>der</strong>ung bewusst, die mit dem Entwicklungsrennen<br />
2014 einhergeht. »Aktuell sind wir<br />
absolut in einer konkurrenzfähigen Situation, doch<br />
wir sind ein unabhängiges Team und somit wird<br />
das Budget für uns immer mit Sorgen verbunden<br />
sein. Es gilt einfach, weiter hart zu arbeiten, um<br />
langfristig konkurrenzfähig zu bleiben«, betont die<br />
Britin. Für die stellvertretende Williams-Teamchefin<br />
wäre es ein Horrorszenario, einen möglichen<br />
WM-Kampf aufgrund mangeln<strong>der</strong> Finanzen zu<br />
verlieren. »Es wäre grausam, wenn wir feststellen<br />
müssten, dass uns das Geld ausgeht. Wir arbeiten<br />
im Moment hart daran, dass für den Fall, dass wir<br />
dieses Jahr vorne mitfahren, ein Budget vorhanden<br />
ist, um das Auto bis zum Schluss weiterentwickeln<br />
zu können«, verrät Claire Williams. »Wir befinden<br />
uns an einem völlig neuen Punkt und hoffen jetzt,<br />
dass all die Än<strong>der</strong>ungen den erhofften Erfolg bringen.«<br />
Ein starkes Technikerteam, <strong>der</strong> beste Motor<br />
und ein finanzstarker, neuer Partner. Dies könnte<br />
tatsächlich den Beginn einer neuen, erfolgreichen<br />
Ära für Williams bedeuten.<br />
Blick in die<br />
Zukunft:<br />
Wohin führt<br />
<strong>der</strong> Weg des<br />
Teams?<br />
FOTOS: WILLIAMS, ADRIVO/SUTTON<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 47
FOTOS: SAUBER<br />
48 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
ABSCHRECKUNG<br />
MUSS<br />
NEUE TECHNOLOGIE, NEUER SOUND - SAUBER-<br />
TEAMCHEFIN MONISHA KALTENBORN ERKLÄRT IM<br />
EXKLUSIV-INTERVIEW MIT DEM MOTORSPORT-<br />
MAGAZIN, WARUM DIE TECHNISCHEN VERÄNDE-<br />
RUNGEN IN DER KÖNIGSKLASSE DES MOTORSPORTS<br />
NOTWENDIG WAREN UND WESHALB MANCHE THEMEN<br />
NICHT UNNÖTIG AUFGEBAUSCHT WERDEN SOLLTEN.<br />
SEIN<br />
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 49
MSM: ERS, MGU-H, KERS und MGU-K - kaum ein<br />
Fan blickt da durch, wie schwer tun Sie sich mit all<br />
den technischen Feinheiten?<br />
MONISHA KALTENBORN: Mittlerweile habe ich<br />
den Durchblick und vor allem den Überblick, was<br />
in meiner Position sehr wichtig ist. Natürlich sieht<br />
man, dass es noch sehr viel zu lernen gibt. Manche<br />
sind da weiter, manche haben noch Nachholbedarf.<br />
Die Lernkurve <strong>der</strong> Teams ist immer noch sehr steil<br />
und es wird noch einige Rennen brauchen, bis wir<br />
alles im Griff haben. Aber ich finde das spannend.<br />
Es tut <strong>der</strong> Formel 1 gut. Der Sport sieht sich vor eine<br />
sehr große Herausfor<strong>der</strong>ung gestellt. Das neue<br />
Motorenreglement, das bereits vor längerer Zeit<br />
beschlossen wurde, wurde vor allem von den großen<br />
Herstellern begrüßt. Als Privatteam ist unser Blickwinkel<br />
natürlich ein an<strong>der</strong>er, denn das Reglement<br />
hat für sehr große Kosten gesorgt. Ohne diese Kosten<br />
wäre uns das Reglement sicherlich lieber gewesen.<br />
[schmunzelt] Aber natürlich muss die Formel 1 mit<br />
<strong>der</strong> Zeit mitgehen. Fakt ist, dass eine neue Ära angebrochen<br />
ist. Wir haben einen neuen Motor, ein sehr<br />
effizientes und weitentwickeltes Hybridsystem und<br />
das sind genau die Themen, die wir auf höchster<br />
technologischer Ebene transportieren wollen.<br />
Das heißt, Sie finden den eingeschlagenen Weg<br />
genau richtig?<br />
Ja, <strong>der</strong> Weg ist genau richtig. Natürlich gibt es<br />
Schwierigkeiten. Vielleicht wäre es besser gewesen,<br />
die Entscheidungen früher herbeizuführen, dann<br />
hätte man mehr Zeit gehabt. Aber im Nachhinein<br />
ist es immer leicht zu sagen, was man hätte es besser<br />
lösen können. All die negativen Stimmen, die vor<br />
allem aus <strong>der</strong> Formel 1 herauskommen, finde ich<br />
nicht gut. Wir befinden uns in einer neuen Situation<br />
und sollten uns auf das Positive konzentrieren.<br />
Sie sprachen gerade die negativen Stimmen an.<br />
Generell könnte man kritisieren, dass die Formel 1<br />
zwar dem weltweiten Markt in Richtung Hybrid und<br />
Umweltfreundlichkeit folgt, aber kaum bis gar nicht<br />
auf die Fans eingeht.<br />
Es wird immer Fans geben, denen es gefällt und<br />
denen es nicht gefällt. Das ist wie in <strong>der</strong> Musik, je<strong>der</strong><br />
hat einen an<strong>der</strong>en Musikgeschmack. Daran werden<br />
sie nichts än<strong>der</strong>n können. Deshalb muss es unsere<br />
Aufgabe sein, die Fans besser abzuholen.<br />
Vor allem <strong>der</strong> neue Sound <strong>der</strong> Formel 1 stößt bei<br />
den Fans auf sehr viel Kritik. Wie kann man diesen<br />
Fans beibringen, dass eine neue Ära begonnen hat<br />
und <strong>der</strong> Sound dazugehört?<br />
Genau das ist <strong>der</strong> springende Punkt. Wir befinden<br />
uns mitten in dieser neuen Ära. Ich kann es nicht<br />
oft genug wie<strong>der</strong>holen, dass wir ein Hybridsystem<br />
fahren, das am Automarkt ein riesengroßes Thema<br />
ist und in <strong>der</strong> Formel 1 geht es ja darum, die relevanten<br />
Technologie-Themen auf höchster Ebene<br />
darzustellen. Und genau das tun wir im Moment<br />
und was die Fans angeht, liegt es an uns, sie besser<br />
abzuholen und ihnen das neue System besser zu<br />
Monisha Kaltenborn<br />
beim Interview mit<br />
dem <strong>Motorsport</strong>-<br />
<strong>Magazin</strong><br />
»IM MOMENT IST DER<br />
WETTBEWERB NICHT GE-<br />
SUND. ES BRINGT NICHTS,<br />
NACH EINEM SCHUL-<br />
DIGEN ZU SUCHEN. ES<br />
GIBT DURCHAUS GROSSE<br />
TEAMS, DIE EBENFALLS<br />
DER MEINUNG SIND, DASS<br />
DIE KOSTEN REDUZIERT<br />
WERDEN MÜSSEN. DENN<br />
SELBST DIE GROSSEN<br />
TEAMS HABEN NICHT UN-<br />
ENDLICH VIEL GELD, AUCH<br />
SIE MÜSSEN VERANTWORT-<br />
LICH HANDELN.«<br />
erklären. Es gilt, ihnen zu erklären, was wir gemacht<br />
haben und dass <strong>der</strong> neue Sound eine Folge davon<br />
ist. Es gab immer Leute, die die Formel 1 kritisiert<br />
haben und die wird es auch weiterhin geben. Damit<br />
müssen wir leben. Ich finde einfach, dass im Moment<br />
einzelne Punkte zu sehr aufgebauscht werden und<br />
wir eine Diskussion führen, die am Ende des Tages<br />
dem Produkt ‚Formel 1‘ schadet.<br />
Die neuen Regeln sind nicht nur kontrovers, son<strong>der</strong>n<br />
unglaublich kostspielig. Vor allem als Privatteam<br />
sind diese bestimmt nicht leicht zu stemmen<br />
gewesen.<br />
Tatsächlich ist es eine ganz schwierige Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />
Wir haben diese Herausfor<strong>der</strong>ung aber lange<br />
vorher kommen sehen und haben daher versucht,<br />
neue Partner zu finden. Es ist wichtig, die Formel 1<br />
attraktiv zu machen und durch diese Än<strong>der</strong>ungen<br />
ist <strong>der</strong> Sport für viele attraktiv geworden, für die er<br />
es vorher nicht mehr war. Wir haben etwas Neues<br />
geschaffen, das für viele Märkte und Partner die<br />
Formel 1 wie<strong>der</strong> spannend gemacht hat. Effizienz,<br />
weniger Verbrauch - das alles sind Themen, die in<br />
<strong>der</strong> Autoindustrie extrem wichtig sind.<br />
Sie gelten seit langem als große Verfechterin einer<br />
Budgetgrenze. Was stand dem Ganzen bisher im<br />
Weg, sind es wirklich nur die Top-Teams?<br />
Im Moment ist <strong>der</strong> Wettbewerb nicht gesund. Es<br />
bringt nichts, nach einem Schuldigen zu suchen. Es<br />
gibt durchaus große Teams, die ebenfalls <strong>der</strong> Meinung<br />
sind, dass die Kosten reduziert werden müssen.<br />
Denn selbst die großen Teams haben nicht unendlich<br />
viel Geld, immerhin stehen hinter diesen große Konzerne,<br />
die genauso verantwortlich handeln müssen.<br />
Es ist uns schon ein großer Schritt in die richtige<br />
Richtung gelungen. Unser Verband hat sich öffentlich<br />
zu einer Kosteneindämmung bekannt und<br />
möchte dementsprechende Regeln nächstes Jahr<br />
einführen. Entscheidend ist, dass eine Grenze gesetzt<br />
wird, auch wenn diese vielleicht für kleinere Teams<br />
anfangs noch sehr hoch erscheint.<br />
Wo würden Sie die Budgetgrenze ansetzen und was<br />
sollte Ihrer Meinung nach alles darin beinhaltet sein<br />
- auch die Fahrergehälter?<br />
Ich möchte öffentlich keine Zahlen nennen, da wir<br />
uns gerade mitten in den Gesprächen befinden. Ich<br />
denke, dass wir da eine richtige Lösung finden werden.<br />
Es ist klar, dass in diese Budgetgrenze nicht alles<br />
miteinbezogen werden kann. Die einzelnen Ausnahmen<br />
sind <strong>der</strong>zeit genauso ein Thema unserer<br />
Gespräche. Wichtig ist, dass wir einen glaubhaften<br />
und - ich betone das noch einmal - einen verantwortungsvollen<br />
Schritt setzen.<br />
Die Frage ist, wie lässt sich solch eine Regelung überwachen.<br />
Gegner <strong>der</strong> Budgetgrenze behaupten, dass<br />
das gar nicht möglich ist, da die großen Autohersteller<br />
ihre Entwicklungen auf an<strong>der</strong>e Teile des<br />
Unternehmens auslagern könnten?<br />
Dieser Meinung bin ich nicht, denn jedes Team hat<br />
50 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Sauber erlebte<br />
einen holprigen<br />
Saisonstart<br />
seine Bücher und wenn ein Team etwas in den<br />
Büchern nicht angeben will, dann weiß es um<br />
die Konsequenzen. Ich denke auch nicht, dass<br />
man da so vieles verstecken kann, was am Ende<br />
dann über einen WM-Titel entscheidet. Gerade<br />
die großen Unternehmen müssen aufgrund<br />
ihrer Exponiertheit achtgeben, dass solche<br />
Dinge eben nicht vorkommen. Aber gerade<br />
mit einem großen Namen hat man sehr viel zu<br />
verlieren. In punkto Überwachung des Systems<br />
ist es wichtig, dass wir klare Regeln haben und<br />
noch wichtiger sind klare Strafen. Es muss eine<br />
Abschreckung bestehen. Das ist wie im Straßenverkehr<br />
- wenn die Strafe für zu schnell<br />
fahren, nur ein paar Euros ausmacht, dann<br />
wird man es riskieren. Wenn die Strafe aber<br />
einige Nullen mehr enthält, plus den Verlust<br />
des Führerscheins, dann wird sich ein je<strong>der</strong><br />
zwei Mal überlegen, ob er zu schnell fährt. So<br />
eine Abschreckung braucht auch unser System.<br />
Natürlich ist kein System davor gefeit, dass es<br />
darin Leute gibt, die sich nicht daran halten,<br />
aber genau hier kommt das Strafausmaß ins<br />
Spiel.<br />
Die Schweizer<br />
haben noch viel<br />
Arbeit in dieser<br />
Saison vor sich<br />
Eine Budgetgrenze<br />
würde<br />
Sauber sehr<br />
entgegenkommen<br />
FOTOS: SAUBER, ADRIVO/SUTTON<br />
Wobei in <strong>der</strong> Formel 1 <strong>der</strong> Schein trügen soll.<br />
Ein Insi<strong>der</strong> erzählte mir, dass Teams in<br />
5-Sterne-Hotels wohnen, obwohl sie es sich<br />
nicht leisten können - nur um die finanzielle<br />
Situation nach außen hin zu vertuschen.<br />
Genauso sollen kleinere Teams auf dem Personalmarkt<br />
extrem viel Geld ausgeben.<br />
Modellbauer sollen mit 45.000 Euro von<br />
Teams abgeworben worden sein, obwohl sie<br />
zuvor nur 36.000 bis 38.000 Euro verdient<br />
haben.<br />
Ich kann nur sagen, dass unser Team nach<br />
außen hin nichts vortäuscht. Ich kann natürlich<br />
nur für uns sprechen. Es ist kein Geheimnis,<br />
dass wir eine schwierige Zeit durchgemacht<br />
haben. Das haben wir offen kommuniziert.<br />
Momentan sind wir dabei, uns aus dieser Situation<br />
zu befreien und uns Schritt für Schritt zu<br />
verbessern. Es bringt nichts, über seine Verhältnisse<br />
zu leben, aber wie gesagt, ich weiß<br />
nicht wie es bei an<strong>der</strong>en Teams aussieht. Die<br />
Diskussion allein zeigt mir aber, dass es zu<br />
einer Budgetgrenze kommen muss. Jedes Team<br />
kann innerhalb <strong>der</strong> Grenze seine Prioritäten<br />
setzen. Einige werden mehr Geld in CFD und<br />
Simulations-Tools hineinstecken, an<strong>der</strong>e in<br />
den Windkanal, wobei sich das aufgrund <strong>der</strong><br />
Beschränkungen relativiert hat. Wir haben<br />
immer gesagt, dass je mehr man über den<br />
Windkanal einschränkt, desto mehr Geld wird<br />
in die Windkanalmodelle fließen. Folge dessen<br />
werde diese immer besser - das kann wie<strong>der</strong>um<br />
dazu führen, dass Bereiche, in die man früher<br />
nicht sehr viel Geld gesteckt hat, an Bedeutung<br />
gewinnen. Wenn es eine Budgetgrenze gibt,<br />
dann ist es jedem Team freigestellt, für welchen<br />
Bereich es sein Geld ausgibt.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 51
SENNAS<br />
TURBO-<br />
RAKETEN<br />
TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />
AYRTON SENNA. EINER DER BESTEN RENNFAHRER DER<br />
FORMEL-1-GESCHICHTE. ZU SEINEM 20. TODESTAG BELEUCHTET<br />
DAS MOTORSPORT-MAGAZIN DREI WEGBEGLEITER DER BRASILIA-<br />
NISCHEN LEGENDE - SEINE TURBO-RAKETEN VON TOLEMAN,<br />
LOTUS UND MCLAREN.<br />
52 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />
Der Brasilianer Ayrton<br />
Senna ist ebenso<br />
legendär wie seine<br />
Formel-1-Fahrzeuge<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 53
Ayrton Senna debütierte<br />
mit dem Toleman bei<br />
seinem Heimrennen in<br />
Brasilien<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />
TECHNISCHE DATEN:<br />
Chassis: Karbon-Monocoque<br />
Fahrwerk: Doppel-Querlenker mit Pullrod-Aufhängung vorne und Pushrod-Aufhängung hinten<br />
Motor: Hart 415T, 1459 ccm Reihenvierzylin<strong>der</strong> mit Turboaufladung, längs eingebaut<br />
Getriebe: Manuelles 5-Gang-Getriebe von Hewland<br />
Reifen: Michelin<br />
Benzin: Agip<br />
ERFOLGE:<br />
Alle 3 Podestplätze des Teams<br />
14 Punkte<br />
1 Schnellste Rennrunde<br />
Platz 7 in <strong>der</strong> Konstrukteurswertung<br />
54 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
TOLEMAN<br />
TG184<br />
Ayrton Senna gab sein Formel-1-Debüt 1984 im Toleman<br />
TG183B. Vier Rennen lang musste <strong>der</strong> Brasilianer mit dem<br />
wenig erfolgreichen Interims-Modell bestreiten, ehe <strong>der</strong> TG184<br />
beim Großen Preis von Frankreich Abhilfe schaffen sollte. Designt wurde<br />
<strong>der</strong> erfolgreichste Bolide <strong>der</strong> Rennstallgeschichte von Pat Symonds und<br />
Rory Byrne.<br />
Der TG184 unterschied sich in einigen Merkmalen von seinem Vorgänger:<br />
Der Frontflügel war wie<strong>der</strong> konventionell gestaltet, die Kühler<br />
wan<strong>der</strong>ten komplett zurück in die Seitenkästen. Das Fahrwerk wurde<br />
speziell auf den Wechsel von Pirelli zu Michelin-Reifen angepasst, das<br />
Konzept blieb aber mit Pullrods an <strong>der</strong> Vor<strong>der</strong>- und Pushrods an <strong>der</strong><br />
Hinterachse gleich. Ein beson<strong>der</strong>es Merkmal, das schon seinen Vorgänger<br />
auszeichnete, blieb jedoch: <strong>der</strong> spektakuläre<br />
Doppel-Heckflügel.<br />
Beim T184 war <strong>der</strong> erste Flügel allerdings nicht mehr an den Seitenkästen<br />
befestigt, son<strong>der</strong>n direkt auf dem Unterboden angebracht. Wie<br />
schon im Jahr zuvor war die Flügel-Konstellation aber ähnlich: Während<br />
<strong>der</strong> eigentliche Heckflügel in <strong>der</strong> Breite reglementiert war, wuchs<br />
<strong>der</strong> Zusatzflügel noch über die Radinnenseiten hinaus. Das Flügelblatt<br />
war so hoch platziert, damit <strong>der</strong> eigentliche Hauptflügel selbst noch<br />
ausreichend im Wind stand und Abtrieb produzieren konnte. Die<br />
geschickte Konstruktion wurde allerdings später durch einen großen<br />
Heckflügel mit Zusatzelementen an den Endplatten ersetzt.<br />
Schwachpunkt des Autos blieb <strong>der</strong> Reihenvierzylin<strong>der</strong> von Hart. Der<br />
1,5-Liter Turbomotor konnte mit <strong>der</strong> Konkurrenz von TAG, Ferrari,<br />
Renault, Honda und BMW nicht mithalten. Obwohl die kleine britische<br />
Motorenschmiede mit kleinem Budget ein achtbares Aggregat lieferte, mit<br />
den Motoren <strong>der</strong> Konkurrenz konnte sie nicht konkurrieren. Mit geschätzt<br />
600 PS sollen auf den legendären TAG V6-Turbo etwa 150 Pferdestärken<br />
gefehlt haben. Wenig verwun<strong>der</strong>lich, dass <strong>der</strong> TG184 ausgerechnet beim<br />
verregneten Monaco Grand Prix seine Sternstunde erlebte, als Ayrton Senna<br />
sein erstes Podium einfuhr.<br />
→<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 55
LOTUS<br />
98T<br />
Kaum ein Formel-1-Bolide hat so einen Legendenstatus erreicht<br />
wie <strong>der</strong> Lotus 98T. Beson<strong>der</strong>s die Lackierung im John Player<br />
Special Design bleibt Zeugen <strong>der</strong> Zeit bis heute im Gedächtnis.<br />
Dabei hat die Konstruktion von Gérard Ducarouge und Martin Ogilvie<br />
aus dem Jahr 1986 weit mehr zu bieten, als nur eine auffällige Lackierung,<br />
an die sich auch die heutigen Lotus-Boliden anlehnen.<br />
Der 98T erinnert an seinen Vorgänger, den 97T, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um auf<br />
dem Lotus 96T basierte, dem letzten Indycar aus dem Hause Lotus.<br />
Mindestens so legendär wie die schwarz-goldene Lackierung war<br />
das Herzstück des 98T - <strong>der</strong> Motor. Es war das letzte Jahr, in dem<br />
Lotus auf Renault-Turbo-Power vertraute, ehe Honda-Motoren im<br />
Heck verbaut wurden. Und es war überhaupt das letzte Jahr, in dem<br />
<strong>der</strong> 1,5-Liter V6-Turbo von Renault, <strong>der</strong> einst 1977 die Turbo-Ära<br />
einleitete, zum Einsatz kam.<br />
Für die Abschiedstournee hatten die französischen Ingenieure<br />
noch etwas zu bieten. In <strong>der</strong> leistungsstärksten Formel-1-Saison<br />
<strong>der</strong> Geschichte generierte <strong>der</strong> EF15B zwischen 1.200 und 1.300<br />
Pferdestärken, die Ayrton Senna regelmäßig auf die Pole Position<br />
katapultierten. Erstmals kam im Bi-Turbo-Aggregat auch eine<br />
pneumatische Ventilsteuerung zum Einsatz, die höhere Drehzahlen<br />
ermöglichte.<br />
Nicht nur <strong>der</strong> Motor musste für die Saison 1986 signifikant angepasst<br />
werden. Weil die maximale Benzinmenge von 220 auf 195 Liter<br />
herabgesetzt wurde, wurde das Chassis ein ganzes Stück flacher konstruiert,<br />
um so eine kleinere Stirnfläche zu bieten. Auch am Getriebe<br />
legten die Ingenieure Hand an. Sennas Teamkollege Johnny Dumfries<br />
startete mit einem neuen 6-Gang-Getriebe, während <strong>der</strong> Brasilianer<br />
auf die alte Lösung mit lediglich fünf Gängen vertraute. Der 98T verfügte<br />
erstmals über eine Urform des verstellbaren Fahrwerks. Über ein<br />
Hydrauliksystem konnte die Fahrzeughöhe während <strong>der</strong> Fahrt verän<strong>der</strong>t<br />
werden. Hinter vorgehaltener Hand sprach die Konkurrenz oftmals von<br />
einem illegalen Fahrzeug, Protest wurde allerdings nie offiziell<br />
eingelegt.<br />
→<br />
56 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
TECHNISCHE DATEN:<br />
Chassis: Karbon-Monocoque<br />
Fahrwerk: Doppel-Querlenker mit Pullrod-Aufhängung vorne und hinten<br />
Motor: Renault EF15B, 1492 ccm 90-Grad-V6-Bi-Turbo, längs eingebaut<br />
Getriebe: Manuelles 5- und 6-Gang-Getriebe von Hewland und eigenem Gehäuse<br />
Reifen: Goodyear<br />
Benzin: Elf<br />
ERFOLGE:<br />
8 Pole Positions<br />
2 Siege<br />
8 Podiumsplatzierungen<br />
Platz 3 in <strong>der</strong> Konstrukteurswertung<br />
Platz 4 in <strong>der</strong> Fahrerweltmeisterschaft<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />
Eine Legende in Gold und<br />
Schwarz: Sennas Lotus<br />
aus dem Jahr 1986<br />
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Der McLaren MP4/4<br />
dominierte die Formel<br />
1 nach Belieben<br />
TECHNISCHE DATEN:<br />
Chassis: Karbon-Monocoque<br />
Fahrwerk: Doppel-Querlenker mit Pullrod-Aufhängung vorne und Pushrod-Aufhängung hinten<br />
Motor: Honda RA168-E, 1494 ccm, 80-Grad-V6-Turbo, längs eingebaut<br />
Getriebe: Manuelles 6-Gang-Getriebe von Weismann/McLaren<br />
Reifen: Goodyear<br />
Benzin: Shell<br />
ERFOLGE:<br />
25 Podiumsplatzierungen<br />
15 Siege<br />
15 Pole Positions<br />
12 Mal reine McLaren-Startreihe eins<br />
9 Doppelsiege<br />
Platz 1 in <strong>der</strong> Konstrukteurswertung<br />
Platz 1 und 2 in <strong>der</strong> Fahrerweltmeisterschaft<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />
58 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
MCLAREN<br />
MP4/4<br />
K<br />
ein Auto hat in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Formel 1 mehr gewonnen<br />
als <strong>der</strong> McLaren MP4/4. 16 Rennen umfasste die Formel-<br />
1-Saison 1988 - 15 davon gewannen Ayrton Senna o<strong>der</strong> Alain<br />
Prost im vermutlich dominantesten Auto <strong>der</strong> Historie.<br />
Für das vorerst letzte Jahr <strong>der</strong> Turbo-Ära hatten sich die Regelhüter<br />
wie<strong>der</strong> neue Beschränkungen ausgedacht. Statt 195 Liter durften die<br />
Fahrzeuge für die gesamte Renndistanz nur noch 150 Liter Benzin<br />
verbrauchen. Zusätzlich wurde <strong>der</strong> maximale Ladedruck des Turbos<br />
auf 2,5 Bar beschränkt. Alles Umstände, die McLaren in die Karten<br />
spielten. Denn <strong>der</strong> britische Traditionsrennstall wechselte für das letzte<br />
Turbo-Jahr den Motorenlieferant. Die TAG-Motoren hatten ausgedient,<br />
stattdessen wurden Honda-Aggregate im Heck verbaut.<br />
Der Wechsel entpuppte sich als wahrer Glücksgriff: Honda war <strong>der</strong><br />
einzige Hersteller, <strong>der</strong> für die letzte Saison unter Turbo-Reglement<br />
einen komplett neuen Motor - speziell auf das neue Reglement zugeschnitten<br />
- konstruierte. Außerdem hatte <strong>der</strong> Honda-Motor eine<br />
weitere Eigenschaft, die sich als wahrer Trumpf erwies: Im Vorjahr<br />
setzte Honda noch auf einen Zylin<strong>der</strong>winkel von 60 Grad, 1988<br />
wechselten die Japaner auf 80 Grad.<br />
Somit saß <strong>der</strong> Schwerpunkt tiefer und die Bauform war im Vergleich<br />
zum Reihenvierzylin<strong>der</strong> von BMW flacher. Das ermöglichte den Designern<br />
Steve Nichols und Gordon Murray eine beson<strong>der</strong>s flache Bauweise,<br />
die sich gleich doppelt auszahlen sollte. Die Chassishöhe konnte<br />
um rund 30 Prozent abgesenkt werden, was sich in erster Linie positiv<br />
auf den Benzinverbrauch auswirkte. Zusätzlich wurde <strong>der</strong> Heckflügel<br />
besser angeströmt und konnte so mehr Abtrieb generieren. Murray versuchte<br />
dieses Prinzip schon 1986 bei Brabham, scheiterte jedoch - wegen<br />
des BMW-Motors. Gerüchten zufolge sollte McLaren noch während <strong>der</strong><br />
Saison 1988 auf 3,5-Liter V8-Motoren umsteigen. Das jedoch geschah nie.<br />
Stattdessen wurde <strong>der</strong> MP4/4 bis zum letzten Rennen <strong>der</strong> Saison - und<br />
damit auch des Reglements - konsequent weiterentwickelt. Wäre Senna<br />
nicht in Monza beim Überrunden gestrauchelt, hätte McLaren jedes einzelne<br />
Rennen <strong>der</strong> Saison gewonnen.<br />
→<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 59
Ayrton Senna sagte<br />
stets offen und ehrlich<br />
seine Meinung<br />
60 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
SENNA UNCUT<br />
»DIE FORMEL 1 IST EIN GROSSES<br />
GESCHÄFT UND GROSSE VERANT-<br />
WORTUNG - DAS NIMMT EINIGES<br />
VOM SPASS.«<br />
»Wenn ich nur noch mitfahre,<br />
könnte ich meinen<br />
Job als Rennfahrer nicht<br />
mehr vor mir selbst<br />
vertreten.«<br />
»REICHE MENSCHEN KÖNNEN NICHT AUF EINER INSEL<br />
UMGEBEN VON ARMUT LEBEN. WIR ATMEN ALLE DIE<br />
GLEICHE LUFT. WIR MÜSSEN JEDEM EINE CHANCE GEBEN,<br />
ZUMINDEST EINE KLEINE.«<br />
»Die Befriedigung, die<br />
Gefühle, die ich aus<br />
Siegen ziehe, das ist es,<br />
was mich antreibt.«<br />
»Zwölf Stunden am Tag<br />
beschäftige ich mich mit<br />
meinem Auto, die restlichen<br />
zwölf Stunden denke<br />
ich darüber nach.«<br />
»Prost ist ein Feigling. Er ist<br />
wie ein 100-Meter-Läufer,<br />
<strong>der</strong> als einziger mit Spikes<br />
antreten will, während alle<br />
an<strong>der</strong>en mit Bleischuhen<br />
laufen müssen.«<br />
»ICH FUHR WIE IN EINEM TUNNEL.<br />
ICH HATTE SO EIN HOHES LEVEL<br />
AN KONZENTRATION, DASS DAS<br />
AUTO UND ICH EINS WURDEN.«<br />
»Beten hilft mir, das Vertrauen in<br />
mich selbst und in meine Fähigkeiten<br />
zu finden - aber ich bete nicht<br />
darum, zu gewinnen.«<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 61
SLIDESHOW | MOTORRAD | #36 | 2014<br />
❱<br />
TIEFSTAPELN<br />
TEXT: MARIA POHLMANN<br />
Nicht nur auf <strong>der</strong> Honda, son<strong>der</strong>n auch im Untertreiben ist Marc Marquez<br />
ein wahrer Weltmeister. Nur vier Wochen vor dem Start in das Jahr<br />
seiner möglichen Titelverteidigung, brach sich <strong>der</strong> Spanier das Wadenbein<br />
und musste zwei <strong>der</strong> offiziellen Vorsaisontests auslassen. Erst fünf<br />
Tage vor dem Saisonstart konnte Marquez wie<strong>der</strong> gehen. In den Trainings<br />
beklagte er Schmerzen und auch nach <strong>der</strong> Pole war sich <strong>der</strong><br />
Weltmeister nicht sicher, ob er das ganze Rennen durchhält. Pustekuchen!<br />
Der 21-Jährige fuhr die 22 Runden nicht nur bis zum Ende, son<strong>der</strong>n<br />
bot dem Altmeister auch noch die Stirn und schlug ihn in einem<br />
packenden Duell. Wenn Marquez erst wie<strong>der</strong> richtig fit ist, können die<br />
Konkurrenten einpacken.<br />
FOTO: MILAGRO<br />
62 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 63
FOTOS: MILAGRO, YAMAHA, HONDA<br />
TEXT: MARIA POHLMANN<br />
DIE EINEN MACHEN AM WOCHENENDE EINEN AUSFLUG INS GRÜNE, ANDERE<br />
FAHREN ZUR RENNSTRECKE. FÜR DIE TOPSTARS DER MOTOGP WAR DIE KIND-<br />
HEIT WIE EIN PICKNICK MIT MOTOREN. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN UNTER-<br />
SUCHT, WIE DIE STARS AUFWUCHSEN UND WELCHEN EINFLUSS IHRE FAMILIEN<br />
HATTEN UND NOCH IMMER HABEN.<br />
64 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
DIE WELT DES<br />
MARCO SIMONCELLI<br />
FOTOS: MILAGRO, HONDA<br />
E<br />
in Familienausflug am Wochenende:<br />
aus grünen Wiesen strömt<br />
sommerlicher Duft, wärmende<br />
Sonnenstrahlen erhellen den Tag,<br />
Vögel zwitschern verschiedenste Melodien, blühende<br />
Blumen leuchten in ihrer vollen Farbpracht,<br />
eine Decke, auf <strong>der</strong> Eltern und Kin<strong>der</strong> Platz nehmen,<br />
naschen und lachen. So o<strong>der</strong> so ähnlich mag<br />
für viele die Wunschvorstellung eines Picknicks<br />
im Grünen aussehen. Bei den Simoncellis sah ein<br />
Familienausflug etwas an<strong>der</strong>s aus: Sie fuhren zur<br />
Rennstrecke, fieberten mit, genossen den Sound<br />
<strong>der</strong> Motoren und trafen sich nach Trainings, Qualifyings<br />
und Rennen zum gemeinsamen Essen und<br />
Kartenspiel.<br />
»Für uns war dieser Sport wie ein Spiel zwischen<br />
Freunden, ein Wochenende zusammen, wie ein<br />
Picknick, nur mit Motoren. Ein Landausflug zu<br />
den Rennstrecken, wo <strong>der</strong> Wettbewerb weiter<br />
wuchs, weil Gewinnen das Ziel war, denn Gewinnen<br />
brachte Adrenalinstöße und eine unglaubliche<br />
Befriedigung«, schil<strong>der</strong>t Luca Pasini, Mattia Pasinis<br />
Vater und Grün<strong>der</strong> des Pasini Mini Project<br />
Teams, in dem Marco Simoncellis Karriere<br />
begann. Der Italiener wuchs mit dem Rennsport<br />
auf. Spielerisch vermittelte ihm sein Vater die Leidenschaft,<br />
die er lebte, liebte und mit <strong>der</strong> er später<br />
Grand-Prix-Siege und Titel einfuhr.<br />
Paolo Simoncelli genoss es, seinen Sohn auf dem<br />
Motorrad zu sehen, sprach ihm Mut zu, verbrachte<br />
ganze Tage auf Rennstrecken und war stolz auf<br />
ihn. Er erinnert sich: »Zunächst lief alles gut, aber<br />
dann wollte Marco sein Knie auf den Boden bringen:<br />
Es schien einfach, aber sein Knie in einer<br />
Kurve nach unten zu bekommen, war für Marco<br />
eine große Leistung. Wir waren auf <strong>der</strong> Strecke in<br />
Miramare, als er es zum ersten Mal tat. Er hielt an<br />
und war überglücklich. Ich kann mich heute noch<br />
daran erinnern. Er war so aufgeregt: ‚Dad, ich habe<br />
mein Knie auf dem Boden schleifen lassen!‘ Für<br />
ihn war es fundamental, noch wichtiger, als schnell<br />
zu fahren und sobald er es gelernt hatte, wollte er<br />
es auch auf <strong>der</strong> Geraden versuchen. Er lehnte sich<br />
zur Seite, obwohl er es gar nicht musste.<br />
Wun<strong>der</strong>bar!«<br />
Valentino Rossi dazu: »Sic hatte eine wun<strong>der</strong>volle<br />
Beziehung zu seinem Vater, die meiner Meinung<br />
nach bei einem 24-Jährigen sehr selten ist.« Beim<br />
neunfacheb Weltmeister sah es etwas an<strong>der</strong>s aus.<br />
»Ich habe zwar eine großartige Beziehung zu<br />
meinem Dad, aber manchmal bin ich lieber mit<br />
meinen Freunden zusammen. Ich denke, das ist<br />
normal. Aber in seinem Fall, scheiße, vielleicht<br />
war sein Vater ja sein bester Freund. Das ist etwas<br />
Beson<strong>der</strong>es. Denn normalerweise rückt man erst<br />
nach ein paar Jahren wie<strong>der</strong> so eng zu seinem<br />
Vater, will mit 20 Jahren einfach sein eigenes Ding<br />
durchziehen.«<br />
»Mein Dad und ich haben eine wun<strong>der</strong>volle<br />
Beziehung«, sagte Simoncelli einst. »Er ist <strong>der</strong><br />
Einzige, <strong>der</strong> alle meine Rennen gesehen hat, vom<br />
allerersten Mal auf dem Minibike bis heute. Wenn<br />
wir bei den Rennen sind, handeln wir automatisch.<br />
Er weiß, was ich brauche und wir müssen<br />
nicht einmal miteinan<strong>der</strong> reden, wir verstehen<br />
uns blind. Er ist ein Vater und ein Freund...<br />
manchmal auch ein etwas angepisster Freund!«<br />
Das wun<strong>der</strong>same Vater-Sohn-Verhältnis<br />
nahmen nicht nur Paolo und Marco<br />
selbst wahr. Auch Freunde<br />
bewun<strong>der</strong>ten die Familie,<br />
während die Gegner<br />
an<strong>der</strong>er Meinung<br />
waren. »Wenn<br />
man eine Person<br />
als Rivalen<br />
ansieht, dann<br />
sieht man<br />
nichts Positives.<br />
Je mehr<br />
die Leute mir gegenüber<br />
gut von Marco sprachen,<br />
desto weniger verstand<br />
ich, was sie meinten. Ich fand<br />
ihn seltsam und ich fand auch seine Familie<br />
seltsam«, gab Andrea Dovizioso zu.<br />
Die beiden Italiener waren ähnlich aufgewachsen,<br />
fuhren in sämtlichen Meisterschaften<br />
gegeneinan<strong>der</strong> und entwickelten schon früh<br />
ein starkes Konkurrenzverhältnis. Als Simoncelli<br />
starb, begann Dovizioso seine Meinungen<br />
zu überdenken. »Nun muss ich zugeben, dass<br />
man seine Familie nur bewun<strong>der</strong>n kann. Das<br />
sind wun<strong>der</strong>volle Leute und die einzige Familie,<br />
die bei jedem Rennen dabei ist - egal, ob<br />
in Italien o<strong>der</strong> irgendwo an<strong>der</strong>s auf <strong>der</strong> Welt.<br />
Eine echte Familie, wie die in den Filmen, die<br />
auf unsere Welt trifft.« Der heutige Ducati-<br />
Pilot ist überzeugt, dass <strong>der</strong>artige Familienbeziehungen<br />
im Fahrerlager sonst nicht zu<br />
finden sind. »Aber das ist eine Familie, die<br />
immer wie eine wirkliche Familie leben wollte.<br />
Es ist beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> heutigen Grand-Prix-<br />
Welt wun<strong>der</strong>voll, sowas zu sehen; wie aus einer<br />
an<strong>der</strong>en Ära.«<br />
Marco<br />
Simoncelli ließ<br />
lei<strong>der</strong> viel zu<br />
früh sein<br />
Leben<br />
66 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
DIE WELT DES<br />
MARC MARQUEZ<br />
W<br />
ie eine wahre Familie leben auch<br />
Julia, Alex, Marc Marquez und<br />
Roser Alenta - allerdings nur zu<br />
Hause. »Wenn ich zu Hause bin,<br />
verbringe ich all meine Zeit mit Alex. Was er tut,<br />
mache ich auch und was ich tue, macht er auch.<br />
Darum bleiben wir uns an den Rennstrecken lieber<br />
fern«, sagt Marc Marquez über seinen Bru<strong>der</strong>,<br />
mit dem er zu Hause Tag für Tag trainiert. »Es ist<br />
ein großer Vorteil für uns beide, dass wir mit<br />
<strong>Motorsport</strong> zu tun haben. Wir denken einfach<br />
gleich. Wir denken immer über dieselben Dinge<br />
nach und du weißt, dass du nie alleine trainieren<br />
musst.« Das Teamwork funktioniert auch im<br />
Haushalt. »Ich decke den Tisch immer vor dem<br />
Abendessen und Alex muss abräumen. Das war<br />
schon immer so«, lacht <strong>der</strong> Champion.<br />
»Die beiden waren immer gute Freunde. Vielleicht<br />
weil sie beide jung sind und schon immer die gleiche<br />
Leidenschaft hatten. Jetzt, wo sie beide<br />
erwachsen sind, helfen sie sich gegenseitig«,<br />
beschreibt Roser Alenta. Papa Julia Marquez<br />
ergänzt: »Wenn ich meine Jungs sehe, sind sie<br />
immer am zanken - wie das bei Jungs eben so ist.<br />
Aber du siehst sie streiten und zwei Minuten später<br />
lachen sie schon wie<strong>der</strong>, vertragen sich und<br />
wollen dieses o<strong>der</strong> jenes gemeinsam tun. Als<br />
Eltern sind wir stolz darauf, dass wir zu Hause so<br />
eine tolle Atmosphäre geschaffen haben.« Von<br />
dieser Atmosphäre profitiert heute beson<strong>der</strong>s<br />
das Team des Weltmeisters. »Seine<br />
Familie hat ihn perfekt auf alles vorbereitet.<br />
Er hat einen klaren Kopf<br />
und ist sehr ehrlich. Wenn er<br />
vor einem Mikrofon steht,<br />
sagt er die Dinge so, wie sie<br />
sind, ohne jemandem<br />
auf die Füße zu treten.<br />
Der Junge weiß, wo<br />
er hin will und was<br />
er sagen kann und<br />
was nicht«, bestätigt<br />
Pepe Aznar, <strong>der</strong> bei<br />
Repsol für Presse und<br />
PR zuständig ist.<br />
Marquez strahlt in gewohnter<br />
Weise: »Wir waren schon immer eine<br />
tolle Familie und da ist es umso wichtiger,<br />
das an <strong>der</strong> Rennstrecke zu trennen. Es ist gut,<br />
eine ruhige und stabile Familie und Umgebung<br />
zu haben. Das ist mir überall wichtig.« An den<br />
Rennwochenenden ist seine Crew für den 21-Jährigen<br />
die Familie. Er ist immer bei seinem Team,<br />
beobachtet jeden Handgriff, lacht und sitzt auch<br />
am Abend gemeinsam mit seinen Leuten am<br />
Tisch. »Ich mag es familiär. Wenn man auch privat<br />
gut zurechtkommt und damit eine eingeschworene<br />
Gruppe ist.« Marquez zeigt beson<strong>der</strong>s an <strong>der</strong><br />
Technik großes Interesse, da er als Kind zunächst<br />
selbst Mechaniker werden wollte. Aber alles kam<br />
an<strong>der</strong>s.<br />
Mit vier Jahren saß Marquez zum ersten Mal auf<br />
einem Bike. »Meine Eltern waren freiwillige Helfer<br />
in einem Motocross-Club. Meine Mutter war dort<br />
an <strong>der</strong> Bar und machte die Sandwiches. Mein<br />
Vater saß im Ticket-Büro und war <strong>der</strong> Abwinker.<br />
Ich verbrachte die Tage an <strong>der</strong> Strecke, saß<br />
herum und beobachtete die Motorrä<strong>der</strong>. Das<br />
konnte ich ewig tun. Irgendwann<br />
bekam ich ein Bike und wartete<br />
dann immer ganz ungeduldig, bis<br />
die Rennen <strong>der</strong> Älteren vorbei<br />
waren. Danach durfte ich auf<br />
die Strecke und konnte üben«,<br />
erinnert er sich. Da seine<br />
Eltern viel arbeiteten, verbrachte<br />
Marquez viel Zeit bei seinem<br />
Großvater. »Marc ist als das Kind<br />
aufgewachsen, welches er ist und war. Er<br />
war immer ein sehr gutes Kind. Du musstest<br />
dich nie über ihn ärgern. Er<br />
war immer ein guter Junge.<br />
Locker drauf, würde ich<br />
sagen«, schwelgt Opa<br />
Ramon Marquez in<br />
Erinnerungen.<br />
Nach einem Grand<br />
Prix wertet Marquez<br />
das Rennen<br />
immer mit seinem<br />
Großvater aus. »Er<br />
sieht alles mit seinen<br />
eigenen Augen<br />
und natürlich ist<br />
sein Enkel <strong>der</strong> Favorit.<br />
Wenn er für seinen<br />
Enkel töten müsste,<br />
würde er das<br />
tun. Es ist<br />
toll, so ein →<br />
Marc Marquez<br />
hat die<br />
MotoGP<br />
<strong>der</strong>zeit fest im<br />
Griff<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 67
DIE WELT DES<br />
JORGE LORENZO<br />
gutes Verhältnis zu haben. Das gibt dir auch einmal<br />
einen an<strong>der</strong>en Blick auf die Rennen. Alles, was <strong>der</strong><br />
Enkel macht, ist richtig und was <strong>der</strong> Rest tut, ist<br />
falsch«, lacht <strong>der</strong> Honda-Pilot. Papa Julia weiß, wie<br />
wichtig <strong>der</strong> Großvater für seinen Sohn ist. »Manchmal<br />
sehe ich sie intensiv diskutieren und denke mir<br />
‚diese Jungs!‘ Als Marc klein war, hatten sie noch ihre<br />
Geheimnisse und die haben sie immer noch.«<br />
Großvater Ramon verpasst kein einziges Rennen.<br />
»Wenn wir in Japan, Malaysia o<strong>der</strong> Australien<br />
sind, steht er selbst für die Freien Trainings mitten<br />
in <strong>der</strong> Nacht auf und verpasst nichts«, so<br />
Marquez. Papa Julia ergänzt: »Er sitzt da mit <strong>der</strong><br />
Fernbedienung und wenn ein Rennen zu Ende<br />
ist und es etwas zu feiern gibt, geht er raus und<br />
zündet Feuerwerkskörper. Ich sage<br />
dann immer: ‚Du bist jetzt zu alt für<br />
so laute Knaller!‘«<br />
J<br />
orge Lorenzo hat keine <strong>der</strong>artige<br />
Bezugsperson, aber immer ein sehr<br />
gutes Verhältnis zu seiner Mutter,<br />
Maria Guerrero. »Meine Mutter ist<br />
sehr natürlich und bescheiden und ein sehr liebevoller<br />
Mensch. Sie hat mir sehr viel Liebe mitgegeben<br />
und sie hat mir oft Dinge erlaubt, die mir mein Vater<br />
niemals erlaubt hätte«, erinnert er sich. Seine Mutter<br />
gab ihm einen wichtigen Rat mit auf den Weg: »Ich<br />
habe ihm immer gesagt, er soll einfach er selbst bleiben.<br />
Das ist das Beste, was du als Sportler - aber auch<br />
privat - tun kannst.« Seinen Weg zum Weltmeister<br />
konnten beide aber nicht wirklich zusammen gehen.<br />
»Als meine Eltern sich scheiden<br />
ließen, musste ich mich<br />
zwischen Vater und<br />
Mutter entscheiden. Am<br />
Ende ging ich zu meinem<br />
Vater. Ich glaube, ich habe<br />
mich damals für ihn entschieden,<br />
weil das besser für meine<br />
Karriere war. Eigentlich<br />
wäre ich wohl lieber<br />
bei meiner Mutter<br />
geblieben. Bei ihr habe<br />
ich mich immer wohler<br />
gefühlt. Mit meinem Vater<br />
gab es oft Streit. Aber<br />
wenn ich bei meiner Mutter<br />
geblieben wäre, hätte<br />
ich nicht weiter Rennen<br />
fahren können.« Also<br />
wuchs <strong>der</strong> Mallorquiner<br />
bei seinem<br />
Vater auf, wodurch<br />
er sich schon früh<br />
zu einem eher in sich<br />
gekehrten Mensch<br />
entwickelte. »Ich war immer eher etwas schüchtern<br />
und wenn du zurückhaltend bist, wird<br />
einem das schnell als Arroganz unterstellt.<br />
Aber ich hatte eigentlich nur Angst, zu viel<br />
von mir preiszugeben.«<br />
Sein Vater sei ein sehr kalter Mensch,<br />
grüße die Menschen kaum. »Er war<br />
immer so und alles was ich hatte, war er<br />
als mein Vorbild. Aber beim Rennsport<br />
habe ich ihm alles zu verdanken. Er hat<br />
viel für mich getan. Er ist eben mein Vater.<br />
Auch nachdem mein Vater und ich uns<br />
zerstritten hatten, blieben wir immer weiter<br />
in Kontakt. Wir hatten immer eine Hass-<br />
Liebe zueinan<strong>der</strong>. Er ist halt manchmal schwer<br />
zu verstehen, aber wir reden zumindest darüber und<br />
können auch manchmal darüber Witze machen.«<br />
Scherze kann Lorenzo auch heute in seinem Team<br />
machen. Der Yamaha-Fahrer fasst schwer Vertrauen,<br />
nachdem er bisher nicht nur von seinem Manager<br />
übers Ohr gezogen wurde. Vertraut Lorenzo einmal,<br />
hat er seine Verbündeten gern um sich.<br />
Umso besser ist die Stimmung im Team. »Ich glaube,<br />
seine Stärke liegt in seiner Faszination<br />
zum Lernen. Er ist extrem<br />
interessiert, die Dinge zu<br />
verstehen. Er fragt<br />
immer ‚Warum?‘<br />
Aber nicht unverschämt<br />
o<strong>der</strong> arrogant, son<strong>der</strong>n weil er<br />
einfach verstehen will, um<br />
die Situation dann besser<br />
einzuschätzen. Ich würde es<br />
eine ausgeprägte Neugier<br />
nennen, guter Junge, ehrliche<br />
Haut«, schätzt sein Boss Lin<br />
Jarvis ein. Lorenzo arbeitet hart,<br />
hat ein gutes Gefühl für das<br />
Motorrad, lacht aber auch gern<br />
mit seiner Crew.<br />
Dabei hatte <strong>der</strong> 26-Jährige nicht<br />
immer Grund zum Lachen. »Mein<br />
Vater ist früher in Galizien Motocross-Rennen<br />
gefahren. Erst als er<br />
68 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
nach Mallorca zog, hat er mit dem Straßenrennsport<br />
begonnen. Als ich drei war, hat er mir mein erstes<br />
Motorrad gebaut - aus ein paar Eisenteilen und<br />
einem 50ccm Motor. Also begann ich mit drei Jahren<br />
zu fahren.« Sein Vater, Chico Lorenzo, bezeichnete<br />
die ersten Runden als Spiel. »Ein Spiel zwischen Vater<br />
und Sohn, die das gleiche Hobby haben.« Für<br />
Lorenzo war es auf <strong>der</strong> einen Seite ebenso nur Spaß.<br />
»Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite war es oft auch ganz schön<br />
hart. Mein Vater konnte sehr streng sein und stand<br />
immer mit seiner Stoppuhr an <strong>der</strong> Strecke. Er versuchte,<br />
mir Dinge zu erklären, die ich anfangs gar<br />
nicht verstand. Aber da gab es kein Wenn und Aber.«<br />
Sein Vater hatte viel Zeit und Geld investiert und<br />
wollte Ergebnisse sehen. »Manchmal musste ich ihn<br />
schon ein wenig antreiben. Aber es gab auch Tage,<br />
an denen ich sagen musste ‚Lass uns aufhören. Für<br />
heute reicht‘s‘.« Seine Mutter erinnerte sich an einen<br />
bestimmten Tag. »Als sie einmal trainierten, sagte<br />
sein Vater: ‚Was war das denn jetzt für eine Runde?‘<br />
Und Jorge schrie nur und war außer sich. Dann<br />
nahm er sein Bike und fuhr voller Wut weiter. Chico<br />
stand mit seiner Stoppuhr da und sagte: ‚Hast du das<br />
gesehen? Er braucht den Druck. Je härter ich ihn<br />
antreibe, desto besser wird er.‘« Maria Guerrero hatte<br />
beobachtet, dass ihr Sohn immer gleich sagte, was<br />
er dachte o<strong>der</strong> wütend wurde. »Wenn wir ihn<br />
bestraften, hieß es immer nur ‚Warum? Warum?‘ Er<br />
hat immer nur protestiert. Gleichzeitig war er aber<br />
immer sehr liebevoll, halt wie ein Kind, verspielt.«<br />
So verschieden die Champions auch aufwuchsen:<br />
Das Motorradfahren begleitet sie bis heute und<br />
bedeutet nicht nur Leidenschaft, son<strong>der</strong>n ihr ganzes<br />
Leben. Luca Pasini erklärt das so: »Die Kin<strong>der</strong> sahen<br />
die Rennen als Spiel an und so sollte es sein. Dann<br />
wurde es nach und nach zu einem Beruf, aber tief<br />
im Inneren sollte es immer eine Freude bleiben, eine<br />
Sache, die man genießt. Das ist wichtig für Kin<strong>der</strong>:<br />
Wenn sie lernen, nie aufzugeben, dann werden sie<br />
im Leben gut zurechtkommen und dabei spielt es<br />
keine Rolle, was sie tun, ob sie Motorrad fahren o<strong>der</strong><br />
nicht - das ist <strong>der</strong> Charakter, den sie für immer in<br />
sich tragen.«<br />
Jorge Lorenzo<br />
verfügt über<br />
ein unglaubliches<br />
Kämpferherz<br />
FOTOS: MILAGRO, HONDA<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 69
MARC MARQUEZ<br />
CAL CRUTCHLOW<br />
ANDREA DOVIZIOSO<br />
VALENTINO ROSSI<br />
JORGE LORENZO<br />
DANI PEDROSA<br />
FOTOS: MILAGRO<br />
70 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
TEAMKOLLEGEN, GEGNER, TITELANWÄRTER: DAS FEUER<br />
IM KAMPF UM DIE MOTOGP-KRONE 2014 IST ENTFACHT.<br />
DAS MOTORSPORT-MAGAZIN NIMMT DIE SECHS WERKS-<br />
FAHRER AUF IHRER TITELJAGD GENAU UNTER DIE LUPE.<br />
TEXT: MARIA POHLMANN<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 71
MARC MARQUEZ<br />
Marc Marquez setzte<br />
neue Maßstäbe in <strong>der</strong><br />
Königsklasse des<br />
Motorradrennsports<br />
FOTOS: MILAGRO, HONDA<br />
Jung, wild, verrückt, schnell und absolut genial: Marc Marquez ist Titelkandidat<br />
Nummer 1 in dieser Saison. Der junge Spanier überraschte in<br />
seiner Debüt-Saison mit Siegen, Rekorden und schlussendlich dem Titel.<br />
Es scheint, als müsste er sich lediglich auf seine Honda setzen, Gas geben<br />
und schon fallen die Rekorde - ob im Training, Qualifying, Rennen o<strong>der</strong> nur<br />
beim Test. Ein Naturtalent par excellence. Schon bei seinem allerersten<br />
MotoGP-Test in Valencia 2012 war <strong>der</strong> Pilot aus Cervera schnell und konnte<br />
diese Leistung sukzessive steigern, um nicht nur mit <strong>der</strong> Weltelite mitzuhalten,<br />
son<strong>der</strong>n sie zu schlagen.<br />
Trotz aller Überraschungen und einem riesigen Hype um den 21-jährigen<br />
Rekordbrecher blieb <strong>der</strong> Spanier auf dem Boden. Abseits <strong>der</strong> Strecke<br />
besticht Marquez mit einem dauerhaften Lächeln und natürlicher Freundlichkeit,<br />
während er sich auf <strong>der</strong> Strecke mit starkem Ehrgeiz und Aggressivität<br />
durchzusetzen weiß. Schon in seiner ersten Saison war <strong>der</strong> Honda-<br />
Werkspilot abgesehen von zwei kleineren Ausrutschern in jedem Rennen<br />
unter den Top-3 zu finden. So konnte ihm in Sachen Konstanz - zumindest<br />
im letzten Jahr - keiner das Wasser reichen.<br />
Teils sind seine Triumphe aber auch mit viel Glück verbunden. Während<br />
sich die Konkurrenten ‚Hals und Beine‘ brachen, blieb Marquez 2013 trotz<br />
einiger heftiger Abflüge so gut wie unverletzt. Der Verletzungsteufel suchte<br />
ihn dafür zu Beginn des neuen Jahres heim. Mit einem gebrochenen Wadenbein<br />
musste <strong>der</strong> Überflieger zwei von drei Vorsaisontests auslassen. Alle<br />
waren sich einig, dass ihn die Verletzung kaum ausbremsen würde und<br />
behielten Recht. Sobald Marquez auf seiner RC214V saß, gab er Gas und<br />
gewann. Dennoch ging er mit einem gewissen Trainingsrückstand in die<br />
Saison.<br />
Ein weiteres Manko ist seine mangelnde Erfahrung in <strong>der</strong> Königsklasse.<br />
Marquez musste sich vor über einem Jahr von <strong>der</strong> Moto2- auf die MotoGP-<br />
Maschine umstellen, was ihm scheinbar mit Leichtigkeit gelang. Der Champion<br />
machte sich nicht viel aus <strong>der</strong> neuen Größe, den neuen Reifen und<br />
<strong>der</strong> komplett neuen Elektronik, setzte sich einfach auf die Honda und gab<br />
Vollgas. Dabei verän<strong>der</strong>t Marquez seinen Fahrstil kaum und ist noch heute<br />
oft eher ungestüm auf <strong>der</strong> 1000er Honda unterwegs. Er fährt das GP-Bike<br />
wie das Motorrad aus <strong>der</strong> mittleren Kategorie, sorgt damit zwar für Spektakel,<br />
überschritt das Limit allerdings auch schon das ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Mal.<br />
Fitness<br />
Talent<br />
Konstanz<br />
Technisches Verständnis<br />
Präzision<br />
Gesamt<br />
✪ ✪ ✪ ✪<br />
✪ ✪ ✪ ✪ ✪<br />
✪ ✪ ✪ ✪ ✪<br />
✪ ✪ ✪ ✪<br />
✪ ✪ ✪ ✪ ✪<br />
20 ✪<br />
72 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
DANI PEDROSA<br />
Wie oft konnte Dani Pedrosa von sich behaupten, körperlich fit in eine Saison<br />
zu gehen? Schon vor Beginn des letzten Jahres stand es um den Spanier, <strong>der</strong><br />
für seine zahlreichen Verletzungen bekannt ist, recht gut. Dafür kegelte er sich<br />
auf dem Sachsenring ins Aus. Mit besten Voraussetzungen startet Pedrosa nun<br />
den neunten Versuch, nach <strong>der</strong> MotoGP-Krone zu greifen. Neben <strong>der</strong> langjährigen<br />
Erfahrung, die <strong>der</strong> Pilot aus Sabadell mitbringt, blickt er auf eine anständige<br />
Statistik zurück: In allen acht Jahren, die er in <strong>der</strong> Königsklasse verbrachte,<br />
landete er nie außerhalb <strong>der</strong> Top-5.<br />
Pedrosa fährt seit 2001 auf Honda und kennt seine Maschine wie kein an<strong>der</strong>er.<br />
Der 28-Jährige bemerkt kleinste Än<strong>der</strong>ungen, reagiert auf Probleme, beschwert<br />
sich aber auch einmal, wenn beispielsweise ein Reifen nicht seinen Erwartungen<br />
entspricht. Er arbeitet sauber, geradlinig, konstant und zielgerichtet.<br />
Dazu scheint sich etwas angestaute Aggression gegen seinen Teamkollegen<br />
positiv auszuwirken. Das machte sich beson<strong>der</strong>s nach dem Unglück in Aragon<br />
2013 bemerkbar - in Sepang gab Pedrosa alles, um Rookie Marquez zu schlagen<br />
und ihm damit zu zeigen, wer das Sagen hat. Mit Erfolg: Beim Malaysia<br />
GP holte er seinen dritten Saisonsieg.<br />
Gleichzeitig ist Pedrosa aber auch als Glasknochenmann bekannt und das<br />
nicht ohne Grund. Wir sprechen hier<br />
von Brust- und<br />
Genickverletzungen, Schlüsselbein-<br />
brüchen<br />
rechts und links, Knochenabsplitte-<br />
rungen,<br />
einem gebrochenen Mittelhandknochen, Brüche im Oberschenkel, Frakturen<br />
von Zehen, Hautabschürfungen, tiefen Schnitten, Bän<strong>der</strong>zerrungen, Oberarmfrakturen,<br />
Entzündungen, Prellungen, Verschobene Knochen, den Bruch einer<br />
Speiche, Stauchungen, Frakturen von Sprungbein und Knöchel sowie posttraumatische<br />
Gelenkentzündungen - um nur Einiges aufzuzählen.<br />
In puncto Konstanz gibt es beim Glasknochenmann also verschiedene<br />
Ansätze und Meinungen: Zum einen hielt er sich in <strong>der</strong> Endabrechnung zwar<br />
nie außerhalb <strong>der</strong> besten Fünf auf, an<strong>der</strong>erseits fiel Pedrosa des Öfteren bei<br />
Testfahrten und an Rennwochenenden aus o<strong>der</strong> fuhr nur mit eher eingeschränkten<br />
Möglichkeiten. Außer Frage steht, dass <strong>der</strong> 125ccm- und<br />
250ccm-Champion mit Talent gesegnet ist. Allerdings muss sich Pedrosa<br />
seine Erfolge im Vergleich zu einigen Konkurrenten hart erarbeiten. Mit seiner<br />
Willensstärke macht er immer größere Fortschritte. In den letzten Jahren soll<br />
er sogar oftmals beim Lachen erwischt worden sein.<br />
→<br />
Fitness<br />
Talent<br />
Konstanz<br />
Technisches Verständnis<br />
Präzision<br />
Gesamt<br />
✪ ✪ ✪ ✪<br />
✪ ✪ ✪<br />
✪ ✪ ✪ ✪<br />
✪ ✪ ✪ ✪<br />
✪ ✪ ✪<br />
18 ✪<br />
Dani Pedrosa<br />
überstand kaum eine<br />
Saison ohne<br />
Verletzung<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 73
JORGE LORENZO<br />
Bremst die Technik<br />
Jorge Lorenzo aus?<br />
FOTOS: MILAGRO, YAMAHA<br />
Vier WM-Titel sprechen für sich. Jorge Lorenzo ist ein außergewöhnlicher<br />
Fahrer. 2014 bestreitet er sein siebtes Jahr in <strong>der</strong> Königsklasse und gleichzeitig<br />
seine siebte Saison auf <strong>der</strong> YZR-M1. Zweifelsohne hat <strong>der</strong> Mallorquiner<br />
Talent - was er schon seit langer Zeit auf <strong>der</strong> Weltbühne mit über 50 Siegen<br />
beweist. Harte Arbeit und ein starker Wille machen den 26-Jährigen zu dem,<br />
was er ist. Sein Crash in Assen, die Übernacht-OP, seine blitzartige Rückkehr<br />
auf die Strecke und ein unter Schmerzen erkämpfter fünfter Platz sind wohl<br />
das beste Beispiel dafür. Beißen konnte Lorenzo schon immer.<br />
Hat <strong>der</strong> Pilot aus Palma de Mallorca einen klaren Kopf, gibt es fast nichts,<br />
was ihn stoppen kann. Nach privaten und geschäftlichen Auseinan<strong>der</strong>setzungen,<br />
schafft er sich immer wie<strong>der</strong> von neuem die nötige geistige Anspannung.<br />
Lorenzo gilt als <strong>der</strong> perfekte Fahrer. Er fährt präzise Linien wie kein<br />
an<strong>der</strong>er und wie<strong>der</strong>holt Sektoren- und Rundenzeiten wie ein Roboter. Jede<br />
Runde ist beim zweifachen MotoGP-Weltmeister wie die an<strong>der</strong>e. Kein Zentimeter<br />
verän<strong>der</strong>t sich, nichts wackelt, nichts ist unregelmäßig. Diese Präzision<br />
erreicht Lorenzo mit einer unvergleichlich starken Konzentration.<br />
Auf <strong>der</strong> Kehrseite weist <strong>der</strong> Yamaha-Pilot aber auch deutliche Schwächen<br />
auf, wenn seine mentale Stärke gestört ist. So war Lorenzo nach einem<br />
Rookie-Jahr auf Platz vier in <strong>der</strong> MotoGP durchgehend Champion o<strong>der</strong><br />
Vizeweltmeister. Dennoch fällt auf, dass er arg zu kämpfen hat, wenn etwas<br />
in seinem Umfeld nicht stimmt o<strong>der</strong> sein Bike nicht genau das macht, was<br />
es soll. Lorenzo ist schnell sauer: Sei es auf Yamaha, Marc Marquez o<strong>der</strong><br />
die Reifen. Dann nimmt er auch kein Blatt vor den Mund. Seine Devise<br />
‚aufregen, durchatmen, weitermachen‘ scheint aber bestens zu<br />
funktionieren.<br />
Sein großes Manko ist das technische Verständnis. Schon vor Jahren gab<br />
Lorenzo zu, dass er von Technik nicht viel wisse, doch scheint sein Knowhow<br />
über den hochentwickelten Prototypen auszureichen, um das korrekte<br />
Gefühl und die richtige Richtung an seine Mechaniker weiterzugeben.<br />
Solange das für Titel in <strong>der</strong> Königsklasse reicht, sollte es um sein Wissen<br />
nicht allzu schlecht bestellt sein. Allerdings ging Lorenzo mit einem Fitness-<br />
Rückstand in die Saison. Wie er selbst zugab, waren seine Vorbereitungen<br />
nach drei kleineren Eingriffen während <strong>der</strong> Winterpause extrem eingeschränkt.<br />
Es ist allerdings zu bezweifeln, dass diese Tatsache Lorenzo vom<br />
Siegen abhalten wird.<br />
Fitness<br />
Talent<br />
Konstanz<br />
Technisches Verständnis<br />
Präzision<br />
Gesamt<br />
✪ ✪ ✪<br />
✪ ✪ ✪ ✪ ✪<br />
✪ ✪ ✪ ✪<br />
✪ ✪ ✪<br />
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20 ✪<br />
74 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
VALENTINO ROSSI<br />
Zu den positiven Seiten von Valentino Rossi bleibt im Grunde nicht viel zu sagen.<br />
Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> auch nur den Hauch einer Ahnung von Motorradrennen hat, kennt<br />
seinen Namen und seine gelbe 46. Diese Bekanntheit erreicht er nicht nur mit<br />
rekordverdächtigen neun WM-Titeln, son<strong>der</strong>n beson<strong>der</strong>s mit vielen Sympathien.<br />
Die Fangemeinde des Italieners ist mehrere Millionen stark. Rossis Charakter<br />
und sein Siegeswille eilen ihm wie sein Ruf voraus - <strong>der</strong> Ruf, einer <strong>der</strong> besten<br />
Motorradfahrer <strong>der</strong> Welt zu sein. Schon in frühen Jahren zeigte er sein Talent.<br />
Im zweiten 125ccm-Jahr holte <strong>der</strong> Doktor seinen ersten WM-Titel, dem schnell<br />
weitere folgten.<br />
Rossi versteht es nicht nur, mit den Medien und seinen Fans umzugehen, er<br />
weiß auch genau, wie ein Fahrer in <strong>der</strong> MotoGP gewinnt. Seinen Speed hat er<br />
keinesfalls verloren, wie sein Sieg in Assen letztes Jahr und <strong>der</strong> Saisonauftakt<br />
2014 zeigten. In diesem Jahr bestreitet Rossi seine 19. WM-Saison. An Erfahrung<br />
mangelt es dem 35-Jährigen demnach definitiv nicht. Schon lange gilt er als<br />
Entwicklungsfahrer, was ihn unter an<strong>der</strong>em zu Ducati führte. Der Glaube, ein<br />
einzelner richtig guter Pilot könne die Desmosedici wie<strong>der</strong> zu einem fahrbaren<br />
Motorrad machen, geriet aber schnell ins Wanken und mit ihm <strong>der</strong> neunfache<br />
Weltmeister.<br />
Der Zwei-Jahres-Vertrag bei<br />
Traum-Ehe eine Kataso<br />
schnell wie mög-<br />
Ducati bescherte Rossi anstatt <strong>der</strong><br />
strophenbeziehung, aus <strong>der</strong> er<br />
lich ausbrechen wollte. Auch<br />
auf seine starke Ergebnis-Bilanz wirkte sich <strong>der</strong> Versuch auf Rot negativ aus.<br />
Abgesehen von seinem Debüt-Jahr in <strong>der</strong> 125er, fuhr Rossi auf Ducati die<br />
schlechtesten Ergebnisse seiner Karriere ein, was ihm auch mental zu schaffen<br />
machte und zurückwarf. Für seinen langjährigen Crewchief Jeremy Burgess<br />
hatte dies den Rauswurf zur Folge.<br />
Zurück bei Yamaha fehlte ihm lange das richtige Gefühl für seine alte Maschine,<br />
die sich Lorenzo mittlerweile zu eigen gemacht hatte. Dazu ist Rossi mit 35<br />
Jahren zweitältester Fahrer im Feld und muss kräftig beißen, um mit den jungen<br />
Wilden mitzuhalten und dabei seine Knochen heil zu lassen. Seine verbesserte<br />
Pace bei den Testfahrten vor <strong>der</strong> Saison und sein harter Fight gehen Marquez<br />
beim Auftakt machen aber Hoffnung, dass <strong>der</strong> Doktor seinen Helm doch nicht<br />
gleich an den Nagel hängt, neues Vertrauen zu seiner M1 fasst und noch ein,<br />
zwei o<strong>der</strong> sogar drei Angriffe auf den Titel wagt.<br />
Fitness<br />
Talent<br />
Konstanz<br />
Technisches Verständnis<br />
Präzision<br />
Gesamt<br />
✪ ✪ ✪<br />
✪ ✪ ✪ ✪<br />
✪ ✪ ✪ ✪<br />
✪ ✪ ✪ ✪ ✪<br />
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18 ✪<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 75
ANDREA DOVIZIOSO<br />
Andrea Dovizioso<br />
konnte erst ein<br />
MotoGP-Rennen<br />
gewinnen<br />
FOTOS: MILAGRO, DUCATI<br />
Nicht ohne jeden Grund schuf Shuhei Nakamoto 2010 einen dritten Platz<br />
im Honda-Werksteam: Andrea Dovizioso fällt vielleicht nicht so auf wie<br />
viele <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Piloten, wenn er gutes Material bekommt, ist mit dem<br />
Italiener aber immer zu rechnen. Aus unerfindlichem Grund stand er speziell<br />
bei Repsol Honda enorm im Hintergrund, was Dovizioso zum Wechsel zu<br />
Tech 3 und später zu Ducati bewegte. Trotz seiner scheinbaren Zurückhaltung<br />
weiß <strong>der</strong> 28-Jährige genau, wie man WM-Titel feiert o<strong>der</strong> um diese<br />
kämpft.<br />
Schließlich holte sich Dovizioso 2004 die 125ccm-Krone, schrammte in<br />
<strong>der</strong> 250er-Klasse mehrfach nur knapp am Titel vorbei und war immerhin<br />
schon Dritter in <strong>der</strong> Königsklasse. In seinen sechs Jahren in <strong>der</strong> MotoGP<br />
war <strong>der</strong> Pilot aus Forlimpopoli selten verletzt und stets körperlich und<br />
mental fit. Mit taktisch klugem Verhalten schlug Dovizioso bisher alle. Er<br />
stürzt selten und will nicht wie viele an<strong>der</strong>e alles auf einmal mit Gewalt<br />
erzwingen. Teils ist sein eher defensives Fahren auch <strong>der</strong> langen Erfahrung<br />
auf Top-Niveau zuzuschreiben.<br />
Eine zu starke Zurückhaltung kann man Dovizioso nicht vorwerfen. Schließlich<br />
hält er schon dagegen, wenn es drauf ankommt. Erinnern wir uns nur<br />
an die harten Zweikämpfe gegen Teamkollegen Nicky Hayden aus dem<br />
letzten Jahr zurück. Doch we<strong>der</strong> Aggressivität noch beson<strong>der</strong>e Vorsicht<br />
brachten die gewünschten Resultate auf dem roten Biest. Nach seinem<br />
Wechsel zu Ducati fuhr er - genau wie Rossi - abgesehen von seinem<br />
Debüt-Jahr das schlechteste Ergebnis seiner Karriere ein. Auch harte Arbeit,<br />
eine Menge Erfahrung und eine hohe anfängliche Motivation halfen ihm<br />
nicht, die GP13 so zu verän<strong>der</strong>n, dass die Spitze in greifbare Nähe rückte.<br />
Ähnlich wie Pedrosa hat Dovizioso viel Talent, muss aber auch enorm hart<br />
arbeiten, um das zu erreichen, was er bisher geschafft hat. Trotz harter<br />
Arbeit scheint ihm das gewisse Etwas zu fehlen, das Rossi, Lorenzo,<br />
Pedrosa und Marquez zu Siegfahrern macht. Dovi konnte in seinen sechs<br />
Jahren nur einen Sieg in <strong>der</strong> Königsklasse feiern und das dank ungewöhnlicher<br />
Umstände in Großbritannien 2009. Trotz etlicher Enttäuschungen ist<br />
Doviziosos Leidenschaft aber ungebrochen. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich<br />
zuletzt.<br />
Fitness<br />
Talent<br />
Konstanz<br />
Technisches Verständnis<br />
Präzision<br />
Gesamt<br />
✪ ✪ ✪ ✪<br />
✪ ✪<br />
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16 ✪<br />
76 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
CAL CRUTCHLOW<br />
Furchtlos und doch mit gewissem Respekt: Cal Crutchlow scheint den Bogen<br />
raus zu haben. Zumindest was seinen Ansatz und seine Fahrweise angeht. Er<br />
ist fit, siegeshungrig und endlich im heiß ersehnten Werksteam. Da Ducati 2014<br />
nach langem Hin- und Herüberlegen nun nicht in <strong>der</strong> Open-Kategorie antritt,<br />
aber zusätzliche Vorteile eingeräumt bekommt, findet Crutchlow bei den Italienern<br />
die Unterstützung, die er sich schon lange gewünscht hatte. Wenn das<br />
mal keinen Mut macht. An Mut mangelt es dem 28-Jährigen grundsätzlich nicht,<br />
was er schon in <strong>der</strong> Supersport- und Superbike-WM bewies.<br />
Aus diesen Serien brachte Crutchlow einen sehr eigenen Fahrstil mit in die<br />
MotoGP. Der Fahrer, <strong>der</strong> mittlerweile auf <strong>der</strong> Isle of Man lebt, zeigt an jedem<br />
Rennwochenende eine beeindruckende Entschlossenheit. Crutchlow ist ein<br />
Naturtalent - auch in Interviews. Im Rahmen des Erlaubten sagt <strong>der</strong> Brite oft,<br />
was er denkt. Wer sich dadurch auf den Schlips getreten fühlt, hat das Nachsehen.<br />
Dabei sorgt er nicht nur für gute Sprüche, son<strong>der</strong>n auch für ernstzunehmende<br />
Kritik. Er ist schlichtweg ehrlich.<br />
nicht jenseits <strong>der</strong> Top-6 einpegeln.<br />
Grundsätzlich zeigte sich <strong>der</strong> neue Werkspilot vor <strong>der</strong> neuen Saison zwar optimistisch,<br />
aber bereits sein Gesichtsausdruck nach dem ersten Ducati-Test in<br />
Valencia sprach Bände. Crutchlow hatte sich persönlich sicherlich auf eine<br />
schwierige Fahrt eingestellt, aber wohl nicht mit dem Schlimmsten gerechnet.<br />
Gigi Dall‘Igna brachte Hoffnung und erste Verbesserungen. Doch sollten die<br />
nicht ausreichen, wird auch <strong>der</strong> ambitionierte Brite bald die Nase gestrichen voll<br />
haben. Er wäre nicht <strong>der</strong> Erste, <strong>der</strong> beim Bändigen des roten Biests scheitern<br />
würde.<br />
Dafür hapert es beim ehemaligen Supersport-Weltmeister an <strong>der</strong> Konstanz. Im<br />
vergangenen Jahr zeigte Crutchlow oft überraschend gute Leistungen, allerdings<br />
nur in <strong>der</strong> ersten Saisonhälfte. Nach dem Deutschland GP auf dem Sachsenring<br />
war Schluss. In Sachen Konstanz könnte <strong>der</strong> neue Ducati-Werksfahrer also<br />
definitiv noch einen Zahn zulegen. Angesichts <strong>der</strong> Tatsache, dass er 2014 die<br />
Desmosedici pilotiert, bleibt nur zu hoffen, dass sich seine konstanten Leistungen<br />
Fitness<br />
Talent<br />
Konstanz<br />
Technisches Verständnis<br />
Präzision<br />
Gesamt<br />
✪ ✪ ✪ ✪ ✪<br />
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16 ✪<br />
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DUCATIS<br />
WEG ZUM GLÜCK<br />
DUCATI BLEIBT 2014 EIN WERKSTEAM, GENIESST ABER DIE VORTEILE<br />
DER OPEN-KLASSE. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN BEGIBT SICH AUF DIE SUCHE<br />
NACH DEM HINTERTÜRCHEN, DURCH DAS DIE ITALIENER ZU DIESEM PRIVILEG<br />
KAMEN.<br />
TEXT: MARIA POHLMANN<br />
78 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Kann Ducati<br />
unter neuem<br />
Reglement<br />
endlich<br />
siegen?<br />
FOTOS: DUCATI<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 79
Cal Crutchlow<br />
sitzt endlich<br />
auf einem<br />
Werks-Bike<br />
»Ich kann die Dorna schon verstehen, aber für die<br />
Fans ist es sicherlich etwas seltsam, wenn die<br />
Regeln zwei o<strong>der</strong> drei Mal verän<strong>der</strong>t werden.<br />
Anfangs sagten sie, dass wir zwei Kategorien haben<br />
werden. Nun gibt es eine weitere... obwohl, ich weiß<br />
auch nicht genau, was wir aktuell haben.«<br />
N<br />
icht nur Weltmeister Marc Marquez<br />
war vor dem Saisonstart verwirrt.<br />
Open, Factory, Factory 2, Einheits-<br />
ECU, Upgrade, das später abgelehnt<br />
wurde, keine Factory 2 mehr, aber Vorteile für<br />
Ducati: Bei diesem Durcheinan<strong>der</strong> konnte ja keiner<br />
mehr durchblicken. Fangen wir also ganz vorne an:<br />
Die Regeln für die Saison 2014 waren an sich klar.<br />
Die CRT-Klasse sollte abgeschafft werden, stattdessen<br />
wurde die Open-Kategorie eingeführt. Diese<br />
bestand ursprünglich aus Yamaha-Paketen, Production<br />
Racern von Honda und den übrigen CR-<br />
Teams, die sich keines von beiden leisten können.<br />
All diese Motorrä<strong>der</strong> müssen eine einheitliche, von<br />
Dorna und IRTA vorgeschriebene ECU (Electronic<br />
Control Unit) benutzen, die <strong>der</strong> italienische Hersteller<br />
Magneti Marelli liefert.<br />
Da diese Fahrer auf einem scheinbar unterlegenen<br />
Paket starten würden, bekamen sie mit 24 Litern<br />
Spritvolumen, zwölf Motoren und einem extra weichen<br />
Reifen von Bridgestone Vorteile zugesprochen.<br />
Die Werks- und Satellitenfahrer müssen hingegen<br />
mit 20 Litern Sprit, den herkömmlichen Reifen und<br />
fünf Motoren auskommen, die allesamt vor <strong>der</strong><br />
Saison eingefroren wurden, damit im Laufe des<br />
Jahres keiner weiter daran entwickeln kann. Dafür<br />
dürfen die Werks- und Satellitenfahrer aber ihre<br />
eigene Software benutzen. In einigen Jahren sollten<br />
alle auf Magneti Marelli wechseln und damit eine<br />
einheitliche Klasse schaffen.<br />
Nun entschied Ducati aber beim zweiten Vorsaison-<br />
Test in Malaysia, dass auch sie komplett in die<br />
Open-Klasse wechseln wollen. Damit akzeptierten<br />
die Italiener die Einheits-ECU und freuten sich<br />
bereits auf die Vorteile: Beson<strong>der</strong>s die Entwicklung<br />
<strong>der</strong> Motoren liegt Gigi Dall‘Igna dabei am Herzen.<br />
»Dieses Jahr müssen wir unsere Bikes im Laufe <strong>der</strong><br />
Saison weiterentwickeln, um unsere Konkurrenzfähigkeit<br />
zu verbessern und die Werksoption<br />
scheint für unsere Bedürfnisse zu eingeschränkt.<br />
Wir sind zuversichtlich, dass das Elektronik-Paket<br />
von Magneti Marelli und Dorna sehr gute Qualität<br />
hat«, begründete <strong>der</strong> Hauptgeschäftsführer von<br />
Ducati Corse die Entscheidung Ende Februar.<br />
Doch schon zu diesem Zeitpunkt hatte Magneti<br />
Marelli ein Update auf Lager, das von <strong>der</strong> Dorna<br />
abgenommen war und für alle Open-Teams zur<br />
Verfügung stehen sollte. »Nach den aktuellen<br />
Regeln haben wir die Möglichkeit, die Software<br />
während <strong>der</strong> Saison zu verbessern. Die einzige Einschränkung<br />
dabei ist: Wenn wir um etwas bitten,<br />
dann können das auch alle an<strong>der</strong>en Fahrer in <strong>der</strong><br />
DIESES JAHR MÜSSEN WIR UNSERE BIKES IM LAUFE<br />
DER SAISON WEITERENTWICKELN, UM UNSERE KON-<br />
KURRENZFÄHIGKEIT ZU VERBESSERN.<br />
MotoGP nutzen. Momentan erlauben uns die<br />
Regeln grundsätzlich aber noch, die Software im<br />
Laufe <strong>der</strong> Saison weiterzuentwickeln«, so Dall‘Igna.<br />
Vieles deutete allerdings darauf hin, dass Ducati<br />
nicht nur maßgeblich an <strong>der</strong> Entwicklung des<br />
Updates beteiligt war, son<strong>der</strong>n sogar seine komplette<br />
Firmware eingespielt und irgendwie beim<br />
Hauptvermarkter durchgeboxt hatte.<br />
Der Ducati-Chef stritt dies ab: »Nein, man kann<br />
nach Modifikationen fragen und die Dorna modifiziert<br />
die Software dann in diese Richtung.« Gleichzeitig<br />
gab er aber zu, um ein Upgrade gebeten zu<br />
haben, das »alle Modifikationen und Verbesserungen<br />
enthält, die auf <strong>der</strong> Erfahrung von Ducati<br />
basieren.« Das neue System lieferte Andrea Dovizioso<br />
und Cal Crutchlow beim Test auf Phillip<br />
Island eine so stark verbesserte Traktions- und<br />
Anti-Wheelie-Kontrolle, dass die Konkurrenten<br />
misstrauisch wurden und sich beschwerten, allen<br />
voran HRC-Boss Shuhei Nakamoto.<br />
Also schlug die Dorna kurzerhand eine neue, dritte<br />
Kategorie innerhalb einer Klasse vor: Die Factory<br />
2. Die angedachten Regeln besagten, dass Ducati<br />
mit einem Sieg, zwei zweiten Plätzen o<strong>der</strong> drei dritten<br />
in den Open-Vorteilen eingeschränkt würde.<br />
In diesem Fall könnten die Piloten nur noch mit<br />
22,5 Litern Sprit antreten und dürften lediglich<br />
neun Motoren verbraten. Das bedeutete gleichzeitig<br />
auch, dass die Saison mit einer Klasse beginnen<br />
würde, die zwar aus drei Kategorien besteht, in einer<br />
Kategorie zunächst aber gar keine Fahrer starten.<br />
Viel verwirren<strong>der</strong> geht es kaum. Auch die Grand-<br />
Prix-Kommission wollte sich nicht so recht überzeugen<br />
lassen.<br />
Aber nicht nur die Werke waren mit dem neuen<br />
Vorhaben <strong>der</strong> Italiener ganz und gar nicht einverstanden.<br />
Denn die verbliebenen Open Teams konnten<br />
mit dem Upgrade von Magneti Marelli nichts<br />
anfangen. Die Software war so komplex, dass die<br />
budgetarmen Teams zusätzliche zehn Ingenieure<br />
hätten einstellen müssen, die sie betreuen und programmieren,<br />
um einen wirklichen Nutzen daraus<br />
ziehen zu können. »Wenn sie mit dieser Software<br />
arbeiten, dann können sie lernen, was sie tun müssen,<br />
um das Bike mit dieser Software zu verbessern.<br />
Es ist ziemlich leicht. Je<strong>der</strong> könnte viel über die<br />
Software lernen. So kann man die Mainwall lesen<br />
und so. Aber am Ende muss man damit üben, das<br />
ist alles«, erklärte Dall‘Igna auf Nachfrage des<br />
<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>s.<br />
Lei<strong>der</strong> ist genau das eben nicht ganz so leicht, wenn<br />
ein Team kein großes Werk zur Rückendeckung<br />
hat. Der Vorteil des neuen Systems lag einzig und<br />
allein bei Ducati. Also beschwerten sich die Vertreter<br />
<strong>der</strong> Open Teams beim Test in Katar und das<br />
Upgrade wurde zurückgenommen. Doch Dovizioso<br />
und Crutchlow fuhren beim Saisonauftakt<br />
trotzdem damit. Warum? Eine Son<strong>der</strong>regelung. Die<br />
GP-Kommission hatte die Einführung <strong>der</strong> Factory<br />
2 Klasse noch nicht bestätigt und beriet wenige Tage<br />
vor Saisonstart erneut. Heraus kam eine neue Regel,<br />
die wenig unauffällig auf Ducati und teils auch auf<br />
Suzuki zugeschnitten war.<br />
Alle Hersteller, die im Vorjahr bei Rennen unter<br />
trockenen Bedingungen keinen Sieg einfahren<br />
konnten o<strong>der</strong> neu in die MotoGP einsteigen, dürfen<br />
von den Vorteilen <strong>der</strong> Open Klasse profitieren.<br />
Demnach bleibt Ducati zwar Werksteam, darf aber<br />
80 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
von 24 Liter Sprit, zwölf Motoren und den extra<br />
weichen Reifen Gebrauch machen, aber mit <strong>der</strong><br />
hauseigenen Software weiterfahren. Damit die Konkurrenten<br />
nicht direkt wie<strong>der</strong> aufschreien, wurde<br />
eine Linie gezogen, die saisonübergreifend auch für<br />
2015 zählt: Sollte Ducati einen ersten, zwei zweite<br />
o<strong>der</strong> drei dritte Plätze im Trockenen einfahren, wird<br />
das Spritvolumen auf 22 Liter reduziert. Wenn<br />
ihnen sogar drei Siege gelingen sollten, müssen sie<br />
zudem auf den Vorteil <strong>der</strong> extra weichen Reifen<br />
verzichten, von denen Crutchlow allerdings nach<br />
eigener Aussage so o<strong>der</strong> so kaum Gebrauch machen<br />
kann. Keine Factory 2, aber eine ähnliche Idee.<br />
E<br />
ine weitere wichtige Idee wurde bei<br />
<strong>der</strong> Sitzung <strong>der</strong> GP-Kommission<br />
ebenso zur beschlossenen Sache: Ab<br />
2016 sollen alle Hersteller mit <strong>der</strong><br />
Einheits-ECU fahren und damit den Kreis aus CRT<br />
und Open wie<strong>der</strong> zu einer einheitlichen MotoGP-<br />
Klasse schließen. Genau das war es, was Dorna-<br />
Boss Carmelo Ezpeleta im Sinn hatte, als er 2012<br />
zunächst die Claiming Rule Teams einführte und<br />
zwei Jahre später zur Open Class wechselte. Weitere<br />
zwei Jahre danach soll die MotoGP wie<strong>der</strong> einheitlich,<br />
kostengünstig und damit attraktiv für die Hersteller<br />
sein und den Fans gleichzeitig bestes Spektakel<br />
bieten. Obwohl jede Regelän<strong>der</strong>ung eine<br />
Menge Kritik mit sich zog, funktionierte das System<br />
des Spaniers bisher recht gut. Warum sollte auch<br />
seine Vision von <strong>der</strong> bezahlbaren Königsklasse 2016<br />
nicht Wirklichkeit werden?<br />
Gigi Dall‘Igna<br />
(l.) ist <strong>der</strong><br />
neue starke<br />
Mann bei<br />
Ducati<br />
Beim Auftakt<br />
in Katar lief es<br />
für Ducati<br />
nicht optimal<br />
FOTOS: MIALGRO, DUCATI<br />
Dall‘Igna glaubt fest, dass die Open-Klasse die<br />
Zukunft <strong>der</strong> MotoGP sein wird. Gleichzeitig feilt<br />
er nach Ducatis jahrelangem Dahinvegetieren an<br />
seinen eigenen Visionen. »Ich würde für die<br />
Zukunft gern ein komplett neues Bike entwerfen.<br />
Früher o<strong>der</strong> später muss ich das auch tun.« Zuvor<br />
will <strong>der</strong> neue Ducati-Boss alle notwendigen Informationen<br />
sammeln, die er braucht, um ein gänzlich<br />
neues Konzept zu entwerfen. »In meinem Leben<br />
hatte ich bisher nur ein Mal die Möglichkeit, etwas<br />
ganz Neues zu machen. Normalerweise entwickelt<br />
man immer die alten Varianten weiter. Ich würde<br />
das Bike gern richtig gut verstehen und ich denke,<br />
dass wir mindestens zwei bis drei weitere Monate<br />
dazu brauchen. Danach werde ich auf jeden Fall<br />
mit dem Design des neuen Motors, des neuen Bikes<br />
beginnen.« Eine schlagfertige Ducati und klare<br />
Regeln: Der MotoGP steht eine blühende Zukunft<br />
bevor.<br />
Zwei Ducatisti<br />
im Formations-Flug:<br />
2014 auf dem<br />
Podium?<br />
Andrea<br />
Dovizioso fährt<br />
seine zweite<br />
Saison in Rot<br />
DUCATIS SIEGE IN DER MOTOGP<br />
Casey Stoner:<br />
23 Siege<br />
Loris Capirossi:<br />
7 Siege<br />
Troy Bayliss:<br />
1 Sieg<br />
DUCATI AUF DEM PODIUM<br />
2003: 9 Podestplätze (1 Sieg)<br />
2004: 2 Podestplätze<br />
2005: 4 Podestplätze (2 Siege)<br />
2006: 9 Podestplätze (4 Siege)<br />
2007: 18 Podestplätze (11 Siege)<br />
2008: 11 Podestplätze (6 Siege)<br />
2009: 9 Podestplätze (4 Siege)<br />
2010: 10 Podestplätze (3 Siege)<br />
2011: 2 Podestplätze<br />
2012: 2 Podestplätze<br />
2013: 0 Podestplätze<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 81
LICHT AUS,<br />
!<br />
SPOT AN<br />
ROTE FLAGGEN, DISQUALIFIKATIONEN UND STRAFEN HABEN EINES GEMEINSAM: KAUM<br />
AUSGESPROCHEN, BLINKEN DIE DASHBOARDS MUNTER AUF. WAS HAT ES MIT DEN NEUEN<br />
WARNSIGNALEN AUF SICH? DAS MOTORSPORT-MAGAZIN LÖST DAS RÄTSEL AUF.<br />
M<br />
otoGP-Auftakt in Katar: Der Losail<br />
International Circuit erstrahlt im gleißenden<br />
Schein von 3.600 Lichtquellen,<br />
die rund um den 5,380 Kilometer<br />
langen Kurs errichtet wurden. Flutlicht, Boxenampel,<br />
Startampel: leuchtende Signale spielen seit dieser<br />
MotoGP-Saison aber eine noch größere Rolle, als es<br />
auf den ersten Blick den Anschein zu haben scheint.<br />
Blicken die Fahrer im Laufe des Rennens auf ihr<br />
Display, entdecken sie dort seit den Testfahrten in<br />
Malaysia noch weitere blinkende Signale.<br />
»Bei jedem Überfahren einer Zeitschleife - also bei<br />
Start-Ziel und bei den Sektionszeiten - kann an die<br />
Motorrä<strong>der</strong> individuell eine Nachricht beziehungsweise<br />
Information gesendet werden«, erklärt Dirk<br />
Debus, Geschäftsführer <strong>der</strong> 2D Debus & Diebold<br />
Meßsysteme GmbH (2D). Seine Firma stattet alle<br />
Werksfahrer in <strong>der</strong> MotoGP, das komplette Moto2-<br />
Feld und etwa die Hälfte <strong>der</strong> Moto3-Fahrer mit<br />
Systemen zur Datenerfassung, Aufzeichnung und<br />
Auswertung aus. Dazu gehören auch jene Neuerungen<br />
an den Dashboards, die 2014 in allen drei<br />
GP-Klassen von <strong>der</strong> Dorna eingeführt wurden.<br />
Das Dashboard zeigt dem Fahrer Informationen<br />
über Motordrehzahlen, Gang, aktuelle Leistungseinstellung,<br />
Rundenzeit und Sektionszeit an. Dazu<br />
besitzt es einen kompletten Textbereich, auf dem je<br />
nach Team verschiedene Informationen dargestellt<br />
werden können. »In diesem Bereich wird alles<br />
an<strong>der</strong>e ausgeblendet - also zum Beispiel keine Wasser-<br />
und keine Öltemperatur mehr angezeigt. Dann<br />
steht dort nur noch die Warnung: ‚Achtung!<br />
Schwarze Flagge‘ o<strong>der</strong> ‚Achtung! Rote Flagge‘ o<strong>der</strong><br />
‚Achtung! Fünf Positionen zurück‘.« Die Informationen,<br />
die mittels Leuchtsignalen auf dem Armaturenbrett<br />
angezeigt werden, sind vielfältig: So kann<br />
neben einem Flaggensignal auch ein bis zu 16 Zeichen<br />
langer Text wie<strong>der</strong>gegeben werden.<br />
»Flaggensignale sind bisher nur rote Flagge,<br />
schwarze Flagge, schwarze Flagge mit orangener<br />
Scheibe o<strong>der</strong> eine Strafe, dass dieser Fahrer um ein,<br />
zwei, drei, vier o<strong>der</strong> fünf Positionen zurückgehen<br />
muss«, erläutert Debus. 2D liefert eine LED-Einheit,<br />
die dementsprechend aufleuchtet und die Signale<br />
anzeigt. »Bei unseren Dashboards wird <strong>der</strong> Text<br />
auch auf dem Display dargestellt, das heißt, <strong>der</strong><br />
Fahrer sieht, dass es blinkt und kann dann auf dem<br />
Display lesen, welche Meldung angekommen ist.<br />
Zum Beispiel: Ihm wird die schwarze Flagge gezeigt,<br />
weil sein Motorrad qualmt und Öl verliert und er<br />
deshalb abbrechen muss.«<br />
Das Signal wird kabellos auf das Motorrad übertragen<br />
- nicht über Funkfrequenz, son<strong>der</strong>n über<br />
Induktion. Das Prinzip vergleicht <strong>der</strong> Geschäftsführer<br />
von 2D mit mobilem Internet. »Das kann<br />
man sich wie beim W-Lan auf dem Handy vorstellen.<br />
Wenn man in ein Hotel kommt und dort<br />
schon mal eingeloggt war. Die Schleife ist nicht<br />
so lang, das geht relativ zügig. Die Datenmengen<br />
sind aber auch gering, das sind nur ein paar<br />
Bytes, die sich ganz schnell übertragen lassen.<br />
Schließlich ist das keine komplette SMS, E-Mail<br />
o<strong>der</strong> ein Bild, das übertragen wird, son<strong>der</strong>n wirklich<br />
nur ein paar Zustände wie rote Flagge +<br />
Fahrer 18 und dazu ein paar Textzeichen.«<br />
Schon beim ersten Test in Malaysia probierten die<br />
Fahrer das neue System. »Die 2D-Anzeigen können<br />
die Fahrer gut erkennen. Allerdings hatten sie noch<br />
ein paar Probleme, die Farben <strong>der</strong> Flaggen zu erkennen.«<br />
Die Signale an sich konnten die Piloten schon<br />
beim ersten Testlauf gut erkennen. »Wir haben eine<br />
zehnfache LED-Zeile, ein kleines Modul, das etwas<br />
größer als eine Streichholzschachtel ist. Die Leuchtdioden<br />
sind richtig hell und beginnen zu flackern.<br />
Das bemerken die Fahrer sogar aus dem Augenwinkel<br />
heraus«, so Debus.<br />
Ziel ist es, die Sicherheit <strong>der</strong> Fahrer auf <strong>der</strong> Strecke<br />
zu erhöhen. »Bei einer schwarzen Flagge ist <strong>der</strong><br />
Vorteil, dass <strong>der</strong> Pilot das schon auf <strong>der</strong> Runde<br />
und nicht erst bei Start-Ziel sehen kann. In Verbindung<br />
mit unserer blinkenden LED-Anzeige<br />
und dem Textdisplay kann man einen Fahrer, <strong>der</strong><br />
Öl auf <strong>der</strong> Strecke verliert, früher zum Anhalten<br />
zwingen«, begründet Debus die Neuerung. Hauptvorteil<br />
ist es aber, einem Piloten zu sagen, dass er<br />
sich um einige Positionen zurückfallen lassen soll.<br />
»Das war bisher nicht möglich. Bis jetzt mussten<br />
die Fahrer nach einem Frühstart eine Durchfahrtsstrafe<br />
antreten und ihr Rennen war damit im<br />
Grunde komplett erledigt. Jetzt könnte sich die<br />
Rennleitung überlegen, dass <strong>der</strong> Frühstart möglicherweise<br />
gar nicht so schlimm war, <strong>der</strong> Fahrer<br />
zwei Plätze gutgemacht hat und sich zur Strafe vier<br />
Positionen zurückfallen lassen muss. Somit ist<br />
dieser Fahrer nicht ganz so arg bestraft. Das<br />
könnte ein großer Vorteil sein.«<br />
82 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
FOTOS: YAMAHA
FOTO: MILAGRO<br />
IM SCHATTEN DER TEXT: MICHAEL HÖLLER & MARKUS ZÖRWEG<br />
VERGANGENHEIT<br />
84 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
EINST VON ALLEN GEFÜRCHTET, HEUTE NUR NOCH EINE FUSSNOTE IN DEN<br />
ERGEBNISLISTEN: WIE DIE GROSSEN MOTORRADNATIONEN USA UND AUSTRALIEN<br />
DERZEIT GEGEN EINE FAHRERFLAUTE UND SPORTLICHE ERFOLGLOSIGKEIT<br />
KÄMPFEN.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 85
USA<br />
Wayne Rainey<br />
gewann<br />
insgesamt<br />
dreimal die<br />
500cc-WM<br />
Eddie Lawson:<br />
Der einzige<br />
US-Amerikaner<br />
mit vier<br />
Gesamtsiegen<br />
Kevin<br />
Schwantz<br />
gewann 1993<br />
seinen<br />
einzigen Titel<br />
Die USA und Motorrä<strong>der</strong>:<br />
Zweirad-Fans<br />
assoziieren damit<br />
unvermeidlich kraftvolle<br />
Maschinen und<br />
die schier unendliche<br />
Weite amerikanischer<br />
Highways.<br />
Aber auch im Rennsport<br />
waren diese<br />
beiden Begriffe nur<br />
allzu lange eng miteinan<strong>der</strong> verbunden und vor<br />
allem eines - erfolgreich. Ältere Semester werden<br />
sich an die für die Vereinigten Staaten glorreichen<br />
Achtzigerjahre <strong>der</strong> Motorrad-WM zurückerinnern,<br />
als etwa zwischen 5. September 1982 und 5.<br />
Mai 1985 über zweieinhalb Jahre lang und 28<br />
Rennen in Folge das oberste Treppchen bei den<br />
Siegerehrungen <strong>der</strong> 500cc-Klasse stets Fahrern<br />
aus den USA vorbehalten war. Mit 154 Siegen in<br />
<strong>der</strong> Königsklasse belegen die Amerikaner hinter<br />
Italien Rang zwei <strong>der</strong> ewigen Bestenliste, 15 WM-<br />
Titel durch sieben verschiedene Fahrer bedeuten<br />
Rang drei hinter Italien und Großbritannien unter<br />
den erfolgreichsten Motorrad-Nationen.<br />
Die USA und die WM - das war keine Liebe auf<br />
den ersten Blick. In den 50er und 60er Jahren war<br />
<strong>der</strong> Erfolg noch in weiter Ferne. Pat Hennen<br />
machte in den 70ern den Auftakt - er war <strong>der</strong> erste<br />
US-Boy, <strong>der</strong> den europäischen Rivalen ernsthaft<br />
die Stirn bieten konnte. Im August 1976 holte<br />
Hennen im finnischen Imatra den ersten GP-Sieg<br />
für die USA in <strong>der</strong> Königsklasse. Zwei weitere<br />
Siege in <strong>der</strong> WM folgten, ehe er nach einer Rekordrunde<br />
auf <strong>der</strong> Isle of Man stürzte, gegen einen<br />
Randstein prallte und seine Karriere schwer verletzt<br />
im Alter von nur 25 Jahren beenden musste.<br />
Der sportliche Aufstieg seiner Nation hatte aber<br />
eben erst begonnen. Denn im Jahr von Hennens<br />
Unfall hatte ein um zwei Jahre älterer Kalifornier<br />
den Sprung über den Atlantik gewagt und war<br />
gerade drauf und dran, die erfolgsverwöhnten<br />
Briten und Italiener vorzuführen: Kenny Roberts.<br />
Mit markigen Sprüchen in <strong>der</strong> WM vorstellig<br />
geworden, ließ er seinen Kampfansagen auf <strong>der</strong><br />
Strecke Taten folgen. Nach vier Saisonsiegen entthronte<br />
er in seiner Rookie-Saison den amtierenden<br />
britischen Doppelweltmeister Barry<br />
Sheene. Weltmeister im Debütjahr - ein Kunststück,<br />
das erst Marc Marquez im vergangenen Jahr<br />
wie<strong>der</strong>holen konnte. In den beiden Folgejahren<br />
verteidigte Roberts seinen Titel und fuhr bis zu<br />
seinem WM-Aus 1983 satte 22 Erfolge ein.<br />
Das war die endgültige Initialzündung für die<br />
goldene Generation. 1982 stieg Freddie Spencer<br />
in den WM-Zirkus ein und gewann in Spa-Francorchamps<br />
im Alter von nur 21 Jahren als bis<br />
dahin jüngster Pilot ein 500cc-Rennen - ein<br />
Rekord, <strong>der</strong> 2013 erst von Marquez geknackt werden<br />
konnte. 1983 folgte Eddie Lawson Spencer in<br />
die WM, ein Jahr später Wayne Rainey und 1985<br />
<strong>der</strong> charismatische Texaner Kevin Schwantz.<br />
Diese vier Fahrer sollten zwischen 1983 und 1993<br />
nur einen WM-Titel verpassen. Gemeinsam mit<br />
dem vierfachen Vizeweltmeister Randy Mamola,<br />
dem vierfachen GP-Sieger John Kocinski und<br />
Doug Chandler hatte die US-Fraktion die Königsklasse<br />
<strong>der</strong> Motorrad-WM über ein Jahrzehnt lang<br />
fest im Griff. Neben <strong>der</strong> eingangs erwähnten Siegesserie<br />
von 28 Rennen in Folge fallen nicht weniger<br />
als 47 Doppel-, 21 Dreifach-, zwei Vierfachund<br />
<strong>der</strong> bislang letzte Fünffachsieg einer Nation<br />
(beim Ungarn GP 1992) in diese Dominanzphase<br />
gegen die sogar <strong>der</strong> aktuelle Erfolgslauf <strong>der</strong> Spanier<br />
wie ein Intermezzo wirkt. Anfang <strong>der</strong> 90er<br />
Jahre verabschiedete sich aber ein Star nach dem<br />
an<strong>der</strong>en aus <strong>der</strong> 500cc-Klasse. Spencer o<strong>der</strong> Lawson<br />
gingen nach längeren Serien ohne Siege freiwillig,<br />
Rainey wurde durch seinen schlimmen<br />
Unfall in Misano aus seinen WM-Träumen gerissen<br />
und an den Rollstuhl gefesselt und Schwantz<br />
verlor trotz Erfolgen die Motivation. 1995 mussten<br />
die USA die erste Saison ohne Sieg seit fast zwei<br />
Jahrzehnten hinnehmen.<br />
DIE USA UND DIE WM - DAS WAR<br />
KEINE LIEBE AUF DEN ERSTEN<br />
BLICK. IN DEN 1950ER UND<br />
1960ER JAHREN WAR DER<br />
ERFOLG FÜR BEIDE LÄNDER<br />
NOCH IN WEITER FERNE.<br />
Doch es sollte noch einmal bergauf gehen. Angetrieben<br />
von den Erfolgen seines Vaters wagte sich<br />
Kenny Roberts junior ab 1995 als Stammfahrer<br />
in die 500cc-Klasse. 1999 bereits Vizeweltmeister,<br />
setzte er sich ein Jahr später die Krone auf. Bis<br />
heute ist die Familie Roberts die einzige, in <strong>der</strong><br />
Vater und Sohn Weltmeister wurden. Seinem<br />
Titelgewinn konnte Roberts allerdings keinen<br />
einzigen Sieg mehr folgen lassen und so lag es an<br />
Nicky Hayden, den 15. und bislang letzten WM-<br />
Gewinn für die USA im Jahr 2006 einzufahren.<br />
Für den letzten GP-Sieg <strong>der</strong> USA sorgte 2011 in<br />
Assen Ben Spies. Mit Hayden und dem zweimaligen<br />
Superbike-Weltmeister Colin Edwards stellen<br />
die USA 2014 nur noch zwei Fahrer in <strong>der</strong><br />
MotoGP.<br />
→<br />
86 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Freddie<br />
Spencers<br />
Altersrekorde<br />
brach erst<br />
Marc Marquez<br />
Kenny Roberts<br />
war <strong>der</strong> erste<br />
Weltmeister<br />
aus den USA<br />
USA und<br />
Australien<br />
gaben fast 20<br />
Jahre den Ton<br />
an<br />
FOTO: MILAGRO<br />
Rainey<br />
fesselte ein<br />
Rennunfall an<br />
den Rollstuhl
AUSTRALIEN<br />
Casey Stoner<br />
ist <strong>der</strong> einzige<br />
Weltmeister<br />
auf Ducati<br />
Wayne Gardner<br />
war 1987<br />
Australiens erster<br />
Champion<br />
Mick Doohan<br />
holte alle fünf<br />
Titel auf<br />
Honda<br />
Doohans<br />
Karriere stand<br />
mehrmals vor<br />
dem Aus<br />
FOTO: MILAGRO
FOTO: MILAGRO<br />
Die australische Motorradgemeinde<br />
musste<br />
noch länger auf den<br />
ersten Titel in <strong>der</strong><br />
Königsklasse <strong>der</strong><br />
Weltmeisterschaft<br />
warten als ihr USamerikanisches<br />
Pendant.<br />
1987, also erst<br />
im 48. Jahr <strong>der</strong><br />
500ccm-Klasse,<br />
sicherte sich Wayne Gardner als erster Australier<br />
den Sieg in <strong>der</strong> Gesamtwertung. Mitten in <strong>der</strong><br />
dominantesten Phase <strong>der</strong> US-Boys fuhr er den<br />
Amerikanern nur so um die Ohren und holte sich<br />
mit sieben Erfolgen in 15 Grands Prix den Titel.<br />
Für Gardner blieb es <strong>der</strong> einzige Titel, dennoch<br />
wird ihm im australischen Motorradsport eine<br />
ähnlich entscheidende Position zu Teil wie das für<br />
Kenny Roberts in den USA gilt. Er löste Down<br />
Un<strong>der</strong> den ersten großen Hype um die Weltmeisterschaft<br />
aus und ebnete so den Weg für alle australischen<br />
Piloten nach ihm, <strong>der</strong> Legendenstatus<br />
in seiner Heimat sowie die Aufnahme in die Hall<br />
of Fame <strong>der</strong> MotoGP sprechen Bände.<br />
Zwei seiner Landsmänner schafften es, in seine<br />
Fußstapfen zu treten. Der erste war Mick Doohan.<br />
Bereits in den Saisons 1991 und 1992 schrammte<br />
er nur ganz knapp am großen Coup vorbei und<br />
musste sich jeweils mit dem Vizeweltmeistertitel<br />
begnügen. Doch 1994 schlug seine große Stunde.<br />
Mit neun Saisonsiegen, davon sechs in Serie, fuhr<br />
er die Konkurrenz in Grund und Boden und landete<br />
in jedem einzelnen Rennen auf dem Podium.<br />
Dieser Weltmeistertitel sollte aber erst <strong>der</strong> Beginn<br />
einer Erfolgsserie sein, wie sie außer Doohan bisher<br />
nur Giacomo Agostini und Valentino Rossi gelang.<br />
Auf Honda gewann er fünf Mal in Folge die Weltmeisterschaft<br />
und ließ die Rekorde nur so purzeln.<br />
Doohans Karriere sollte allerdings 1999 ein jähes<br />
Ende nehmen. Beim Training zum Grand Prix von<br />
Spanien in Jerez stürzte er in Kurve vier bei mehr<br />
als 200 km/h schwer und brach sich sein ohnehin<br />
bereits lädiertes rechtes Bein. Zwei Platten und<br />
zwölf Schrauben mussten ihm eingesetzt werden,<br />
an einen Renneinsatz war nicht mehr zu denken.<br />
Doohan zog sich vom Profisport zurück.<br />
Es sollte neun Jahre dauern, bis es für die Motorradfans<br />
in Australien wie<strong>der</strong> Grund zum Jubeln<br />
gab. Im Jahr 2006 wagte ein schmächtig wirken<strong>der</strong><br />
Bursche namens Casey Stoner als 250ccm-Vizeweltmeister<br />
den Sprung in die MotoGP. Nach<br />
einem Lehrjahr im Honda-Kundenteam von Lucio<br />
Cecchinello, in dem er bereits einige Male sein<br />
Talent unter Beweis stellte, wechselte Stoner 2007<br />
zu Ducati. Die Leistungen, die <strong>der</strong> Mann mit <strong>der</strong><br />
Nummer 27 dort ablieferte, versetzten die gesamte<br />
Fachwelt und insbeson<strong>der</strong>e seine Konkurrenten in<br />
Staunen. Auf <strong>der</strong> Desmosedici, mit <strong>der</strong> in den vier<br />
Saisons zuvor nur sieben Rennen gewonnen werden<br />
konnten, fuhr Stoner zehn Mal als Erster<br />
durchs Ziel und sicherte sich souverän den Titel.<br />
Nach drei weiteren Jahren mit den Italienern und<br />
einem Vizeweltmeistertitel sowie zwei vierten Plätzen<br />
in <strong>der</strong> Gesamtwertung ging die erfolgreiche<br />
Partnerschaft zwischen Stoner und Ducati mit<br />
Ende <strong>der</strong> Saison 2010 in die Brüche. Honda sagte<br />
artig ‚Danke‘, sicherte sich für die folgende Saison<br />
die Dienste des Ausnahmetalents und wurde keineswegs<br />
enttäuscht. Stoner wie<strong>der</strong>holte sein Kunststück<br />
von 2007, feierte erneut zehn GP-Erfolge in<br />
einem Jahr und ließ <strong>der</strong> Konkurrenz nicht den<br />
Hauch einer Chance. Stoner war zu diesem Zeitpunkt<br />
erst 26, zahlreiche weitere Titel hätten noch<br />
folgen können. Doch 2012 beschloss <strong>der</strong> durchaus<br />
als exzentrisch geltende Mann aus New South<br />
Wales, dass die MotoGP in dieser Form keinen Reiz<br />
mehr auf ihn ausübte und beendete seine aktive<br />
Karriere.<br />
IM JAHR 2006 WAGTE EIN<br />
SCHMÄCHTIG WIRKENDER<br />
BURSCHE NAMENS CASEY<br />
STONER ALS 250CCM-VIZEWELT-<br />
MEISTER DEN SPRUNG IN DIE<br />
KÖNIGSKLASSE DES<br />
MOTORRADRENNSPORTS.<br />
Plötzlich stand die Motorradgroßmacht Australien,<br />
die seit dem ersten Titelgewinn durch Wayne Gardner<br />
neben den USA mit je acht Titeln die erfolgreichste<br />
Nation darstellt, für 2013 ohne einen einzigen<br />
Piloten in <strong>der</strong> Königsklasse da. Schließlich<br />
schaffte mit Bryan Staring zwar noch ein Australier<br />
den Sprung in die MotoGP, von den Erfolgen Casey<br />
Stoners hätte er aber nicht weiter entfernt sein können.<br />
Nach einer Saison kam für ihn wenig verwun<strong>der</strong>lich<br />
das Aus. 2014 hält Broc Parkes die australischen<br />
Fahnen hoch, große Sprünge sind aber auch<br />
von ihm nicht zu erwarten. Der 32-jährige Rookie<br />
muss sich sogar Vorwürfe gefallen lassen, er habe<br />
den MotoGP-Platz lediglich seiner Herkunft zu<br />
verdanken, da die Dorna dem australischen Publikum<br />
unbedingt irgendeine Identifikationsfigur<br />
bieten möchte. Ein mehr als deutliches Anzeichen<br />
für die aktuelle Krise des australischen<br />
Motorradsports.<br />
→<br />
Australier<br />
holten 7 ihrer<br />
8 Titel auf<br />
Honda<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 89<br />
Casey Stoner<br />
war beim<br />
Rücktritt erst<br />
27 Jahre alt
DIE ZUKUNFT<br />
USA 2. Australien 1. Das<br />
ist kein Fußballergebnis,<br />
son<strong>der</strong>n die aktuelle<br />
Fahrerstärke <strong>der</strong><br />
einst so gefürchteten<br />
Motorradnationen in<br />
<strong>der</strong> diesjährigen Startaufstellung<br />
<strong>der</strong><br />
MotoGP. Nicky<br />
Hayden und Colin<br />
Edwards bzw. Broc<br />
Parkes sind die letzten Relikte einer erfolgreichen<br />
Vergangenheit. Podiumsplätze o<strong>der</strong> Siege? Für diese<br />
drei Piloten in <strong>der</strong> aktuellen Saison unwahrscheinlich<br />
bis unmöglich. Doch ist Besserung in Sicht?<br />
In absehbarer Zeit kommt für einen australischen<br />
Erfolg in <strong>der</strong> MotoGP eigentlich nur eine Person in<br />
Frage. Dummerweise hat diese keine Lust mehr auf<br />
die Königsklasse. Gemeint ist natürlich Casey Stoner,<br />
<strong>der</strong> die Zeit seit dem MotoGP-Ausstieg in seiner<br />
Heimat genießt. »Ich habe einfach die Liebe zu diesem<br />
Sport verloren. Es fehlte an Respekt von vielen<br />
Leuten und mir hat die Richtung, die es genommen<br />
hat, nicht gefallen«, erläuterte er nach dem Rücktritt<br />
2012 seine Beweggründe. Das bedeutet aber auch,<br />
dass ein Comeback Stoners nicht vollkommen ausgeschlossen<br />
ist, wie er selbst bestätigt: »Wenn ich<br />
sehe, dass sich <strong>der</strong> Sport dramatisch än<strong>der</strong>t und für<br />
mich wie<strong>der</strong> interessant wird, gibt es eine Chance.«<br />
Sollte <strong>der</strong> zweifache Champion aber nie mehr in die<br />
MotoGP zurückkehren, lasten die Hoffnungen wohl<br />
auf Jack Miller. Nach starken Leistungen in Diensten<br />
des Racing Team Germany wechselte er zur neuen<br />
Saison in das KTM-Werksteam von Aki Ajo. Dort<br />
zählt Miller 2014 definitiv zu den Titelfavoriten und<br />
könnte im kommenden Jahr als Weltmeister in die<br />
Moto2 aufsteigen, ein Vorvertrag mit dem Spitzenteam<br />
von Marc VDS ist bereits unterschrieben.<br />
Vielleicht liegt es aber auch wie<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Familie<br />
Gardner, die australische Ehre zu retten. Waynes<br />
Sohn Remy, <strong>der</strong> im Februar erst seinen 16. Geburtstag<br />
feierte, könnte bereits in diesem Jahr sein Debüt<br />
in <strong>der</strong> Moto3-Weltmeisterschaft geben. In den<br />
letzten zwei Jahren fuhr er bereits in <strong>der</strong> spanischen<br />
CEV-Meisterschaft und lieferte dort einige Talentproben<br />
ab. Nun soll <strong>der</strong> nächste Schritt folgen. »Ich<br />
würde ihm gerne etwa vier Wildcard-Einsätze in<br />
<strong>der</strong> Moto3-WM ermöglichen«, verrät Gardner<br />
Senior. Läuft alles nach Plan, könnte es Remy seinem<br />
Vater gleichtun und eine lange australische<br />
Durststrecke beenden.<br />
Schlechter als in Australien sind die Aussichten für<br />
die USA. In den beiden unteren Klassen findet sich<br />
mit dem 23-jährigen Kalifornier Josh Herrin<br />
(Moto2 für Caterham) 2014 nur ein US-Fahrer.<br />
Auch Veteran Colin Edwards zeichnet eine eher<br />
düstere Zukunft: »Es gibt ein paar Talente, spontan<br />
fällt mir da jetzt Cameron Beaubier o<strong>der</strong> Joe<br />
Roberts ein. In den nächsten zwei Jahren sehe ich<br />
zwar keinen, <strong>der</strong> es in die MotoGP schaffen könnte,<br />
aber es gibt ein paar Leute, die es in ein paar Jahren<br />
packen können.« Eines eint Australier und US-<br />
Amerikaner: die Entfernung zu Europa, dem Kernkontinent<br />
<strong>der</strong> MotoGP, wo beinahe alle Teams<br />
stationiert sind, die wichtigsten Nachwuchsserien<br />
stattfinden und ein Großteil <strong>der</strong> Rennen im WM-<br />
Kalen<strong>der</strong>. Strebt man eine Karriere über Europa<br />
an, heißt das für die jungen Talente <strong>der</strong> Heimat<br />
früh den Rücken zu kehren. Das ist nicht nur eine<br />
Einstellungsfrage, son<strong>der</strong>n auch eine <strong>der</strong> finanziellen<br />
Mittel. Edwards will <strong>der</strong>artige Ausreden aber<br />
nicht gelten lassen. »Es ist definitiv ein kleiner<br />
Nachteil, aber in erster Linie geht es um die richtige<br />
Einstellung. Wenn du schon so ankommst und mit<br />
eingezogenen Schultern kleinlaut meinst: ‚Ich<br />
werde versuchen, das Rennen zu gewinnen‘, kannst<br />
du es gleich lassen«, so Edwards. Genau diese<br />
nötige Mentalität machte ihn - obwohl er nie ein<br />
MotoGP-Rennen gewann - berühmt und mit genau<br />
dieser Einstellung läutete Kenny Roberts einst das<br />
glorreiche Zeitalter <strong>der</strong> US-Boys ein.<br />
STREBT MAN EINE KARRIERE<br />
ÜBER EUROPA AN, HEISST DAS<br />
FÜR DIE JUNGEN TALENTE,<br />
DER HEIMAT FRÜH DEN<br />
RÜCKEN ZU KEHREN<br />
DIE AUSSIE-CHAMPIONS<br />
FAHRER MOTORRAD WM-TITEL<br />
Wayne Gardner Honda 1 (1987)<br />
Mick Doohan Honda 5 (1994-1998)<br />
Casey Stoner Ducati/Honda 2 (2007/2011)<br />
DIE US-CHAMPIONS<br />
FAHRER MOTORRAD WM-TITEL<br />
Kenny Roberts Yamaha 3 (1978-1980)<br />
Freddie Spencer Honda 2 (1983/1985)<br />
Eddie Lawson Yamaha/Honda 4<br />
(1984/1986/1988/1989)<br />
Wayne Rainey Yamaha 3 (1990-1992)<br />
Kevin Schwantz Suzuki 1 (1993)<br />
Kenny Roberts Jr. Suzuki 1 (2000)<br />
Nicky Hayden Honda 1 (2006)<br />
FOTO: MILAGRO
Freddie<br />
Spencer war<br />
einst jüngster<br />
Weltmeister<br />
Mick Doohan<br />
holte fünf<br />
WM-Titel in<br />
Folge<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 91
HINDERNISSE<br />
TEXT: MARIA POHLMANN<br />
GIBT ES IMMER<br />
DEBÜT IN DER MOTO2-KLASSE: JONAS FOLGER IST ANGEKOMMEN. IM INTERVIEW MIT DEM MOTORSPORT-<br />
MAGAZIN VERRÄT DER 20-JÄHRIGE, WAS IHN BEIM ERSTEN RENNEN IN DER MITTLEREN KATEGORIE AM<br />
MEISTEN ÜBERRASCHTE.<br />
MSM: Warst du beim ersten Moto2-Start aufgeregt<br />
und damit nervöser als in <strong>der</strong> Moto3?<br />
JONAS FOLGER: Ja, sehr! Ich war schon sehr<br />
nervös, aber ich glaube, das ist ganz normal. Als<br />
es dann losging, ist das aber schnell vergangen.<br />
Ja, ich muss zugeben, dass ich nervöser war, als<br />
in <strong>der</strong> Moto3 vor einem Jahr. Das Schwierigste<br />
an meinem Debütwochenende in Katar war das<br />
Rennen, weil ich wirklich nicht wusste, dass es<br />
in <strong>der</strong> Moto2 in den ersten Runden so hart ist<br />
und so zur Sache geht. Trotzdem habe ich es im<br />
Rennen noch einigermaßen hinbekommen und<br />
konnte bis zum Ende <strong>der</strong> 20 Runden relativ weit<br />
nach vorne fahren.<br />
Wie ist es dir gelungen, dich so schnell an das<br />
neue Motorrad anzupassen?<br />
Ich habe natürlich einige Tests gebraucht, bis ich<br />
mich einigermaßen auf die Moto2-Maschine<br />
eingestellt hatte - und ich lerne noch immer dazu,<br />
beziehungsweise bin noch immer am Umlernen.<br />
Ich glaube, dass die ganze Saison für mich ein<br />
Lehrjahr wird. Das größere Motorrad kam mir<br />
aber ehrlich gesagt ein bisschen entgegen. Zuletzt<br />
hatte ich mit <strong>der</strong> Moto3 einige Probleme und <strong>der</strong><br />
Wechsel war in erster Linie sehr positiv für mich.<br />
Mein Fahrstil in <strong>der</strong> Moto3 war schon eher für<br />
die Moto2 geeignet. In <strong>der</strong> mittleren Kategorie<br />
bremst man ziemlich spät und ich habe schon in<br />
<strong>der</strong> kleineren Klasse immer sehr spät gebremst.<br />
Das war in <strong>der</strong> Moto2 dann ein Vorteil und<br />
führte für mich zu einer schnelleren<br />
Anpassung.<br />
Wo siehst du den Hauptunterschied zwischen<br />
Moto2 und Moto3?<br />
Der Hauptunterschied ist die Leistung. Die<br />
Moto2 hat natürlich viel mehr Leistung, das<br />
Motorrad ist schwerer. Dazu sind die Reifen breiter,<br />
was dazu führt, dass man auf <strong>der</strong> Strecke eine<br />
ganz an<strong>der</strong>e Linie fährt und man natürlich einen<br />
an<strong>der</strong>en Fahrstil braucht. Man muss auf dem<br />
Motorrad mehr arbeiten, sich mehr bewegen und<br />
zum Ende des Rennens reifenschonen<strong>der</strong> fahren<br />
können.<br />
»ICH KONNTE DREI ODER<br />
VIER KILOGRAMM MUS-<br />
KELMASSE AUFBAUEN UND<br />
DADURCH HABE ICH MEHR<br />
KRAFT UND MEHR AUSDAU-<br />
ER ALS VORHER.«<br />
Hast du dich im Winter mit Hinblick auf die<br />
Moto2 an<strong>der</strong>s auf die neue Saison vorbereitet<br />
als in den Jahren zuvor?<br />
Ja, natürlich habe ich einiges geän<strong>der</strong>t. Ich habe<br />
etwas zugenommen. Ich konnte jetzt drei o<strong>der</strong><br />
vier Kilogramm Muskelmasse aufbauen und<br />
dadurch habe ich mehr Kraft und mehr Ausdauer.<br />
Ich denke, dass die Moto2 körperlich<br />
anstrengen<strong>der</strong> ist als die Moto3. Zum einen, weil<br />
das Motorrad schwerer ist, aber auch weil man<br />
mehr Leistung hat, mehr Runden fährt und<br />
die Klasse an sich auch noch etwas härter ist.<br />
Womit hast du noch am meisten zu<br />
kämpfen?<br />
In Katar war unser Schwachpunkt, dass<br />
wir uns mit dem Setting ein bisschen<br />
verlaufen haben. Wir haben Informationen<br />
von an<strong>der</strong>en bekommen und<br />
daraufhin verschiedene Dinge ausprobiert.<br />
Das hat uns am Ende viel<br />
Zeit gekostet und nicht funktioniert.<br />
Aber ich denke schon, dass<br />
man gewisse Dinge ausprobieren<br />
sollte. Es<br />
92 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
war natürlich Pech, dass das bei mir nicht funktioniert<br />
hat. Jetzt wissen wir es aber besser und<br />
werden in Zukunft bei <strong>der</strong> Abstimmung des<br />
Motorrads unseren eigenen Weg gehen.<br />
Dein Freund und Mitbewohner Marcel Schrötter<br />
fährt schon etwas länger in <strong>der</strong> Moto2. Hat er<br />
dir vorher Tipps gegeben?<br />
[lacht] Viele Tipps kann man da nicht geben.<br />
Eigentlich ist es in <strong>der</strong> Moto2 wie in jedem an<strong>der</strong>en<br />
Rennen, ich habe nur ein an<strong>der</strong>es Motorrad<br />
und fahre eben in einer an<strong>der</strong>er Klasse. Ich<br />
glaube, man muss einfach seine eigenen Erfahrungen<br />
machen und dadurch dazulernen.<br />
Kannst du dir von den Fahrern mit viel Moto2-<br />
Erfahrung, wie Tom Lüthi o<strong>der</strong> Mika Kallio,<br />
etwas abschauen?<br />
Natürlich kann ich von ihnen etwas lernen. Ich<br />
schaue mir die an<strong>der</strong>en in jedem Training und<br />
jedem Rennen an und versuche, dabei etwas für<br />
mich herauszufiltern. Sicherlich versuche ich am<br />
Rennwochenende, also beson<strong>der</strong>s in den Trainings,<br />
auch den ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Fahrer zu erwischen<br />
und mir ein bisschen was abzuschauen.<br />
Das ist mir in Katar allerdings nicht son<strong>der</strong>lich<br />
gut gelungen, aber ich versuche das auch bei den<br />
weiteren Rennen.<br />
Was wird im Laufe <strong>der</strong> Saison dein größtes Hin<strong>der</strong>nis<br />
sein?<br />
Ich glaube, mein größtes Hin<strong>der</strong>nis sind meine<br />
Gegner, aber ich versuche natürlich, mich zu<br />
steigern. Ich denke, Hin<strong>der</strong>nisse gibt es immer<br />
und überall. Man muss nur wissen, wie man<br />
damit umgeht.<br />
Denkst du, es könnte dir gelingen, schon im<br />
Debüt-Jahr aufs Podium zu fahren?<br />
Das kann ich jetzt lei<strong>der</strong> noch nicht sagen. Natürlich<br />
ist alles möglich, aber ich glaube, das Wichtige<br />
ist, dass wir uns auf an<strong>der</strong>e Sachen konzentrieren.<br />
Vieles ist möglich. Wir sollten so<br />
weitermachen wie bisher und dann kommen die<br />
Ergebnisse von ganz alleine. Unter die ersten<br />
Zehn zu kommen ist meiner Meinung nach realistisch<br />
und machbar.<br />
Jonas Folger sollten<br />
die Moto2-Bikes<br />
wegen seiner Größe<br />
besser liegen<br />
FOTOS: MILAGRO, FOLGER<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 93
TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />
DER<br />
HOFFNUNGS-<br />
TRÄGER<br />
DIE LATTE FÜR DEUTSCHE PILOTEN IN DER MOTO3 LIEGT NACH<br />
DEN VIELEN SIEGEN UND PODIUMSPLÄTZEN DER VERGANGENEN<br />
JAHRE HOCH. PHILIPP ÖTTL STELLT SICH DIESER HERAUSFORDERUNG<br />
SELBSTBEWUSST.<br />
FOTOS: MILAGRO, KTM<br />
I<br />
n <strong>der</strong> Moto3 hatten die deutschen<br />
Fans in den letzten beiden Jahren viel<br />
Grund zur Freude. Mit Sandro Cortese<br />
und Jonas Folger durfte man zwei Siegfahrer<br />
bejubeln, durch Cortese gab es 2012 sogar<br />
Deutschlands bislang letzten Titel in <strong>der</strong> Motorrad-WM.<br />
Beide Fahrer sind mittlerweile in <strong>der</strong><br />
Moto2 unterwegs, weshalb die Hoffnungen <strong>der</strong><br />
erfolgsverwöhnten deutschen Fans 2014 in erster<br />
Linie auf den Schultern von Philipp Öttl ruhen.<br />
Der 17-jährige Bayer muss in dieser Saison<br />
gemeinsam mit Rookie Luca Grünwald die Fahnen<br />
in <strong>der</strong> kleinsten Klasse hoch halten. Hohe<br />
Erwartungen haben aber nicht nur die Fans,<br />
son<strong>der</strong>n auch Öttl selbst. »Wir würden am Ende<br />
des Jahres gerne in den Top-10 <strong>der</strong> Gesamtwertung<br />
landen. Ein leichtes Unterfangen wird das<br />
freilich nicht, das haben wir schon beim Auftaktrennen<br />
in Katar gesehen«, erklärte er im<br />
Gespräch mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Der<br />
Konkurrenzkampf in <strong>der</strong> Moto3 ist über den<br />
Winter härter geworden. Mahindra und vor<br />
allem Honda rüsteten im Kampf gegen den bisherigen<br />
Moto3-Dominator KTM gehörig auf.<br />
Ob Öttl mit seinem Motorrad <strong>der</strong> wesentlich<br />
kleineren deutschen Kalex-Schmiede auf <strong>der</strong><br />
Strecke bleiben könnte? »Wir haben den gleichen<br />
Motor wie die KTM-Werksbikes und<br />
fahren auch die gleiche Fe<strong>der</strong>ung. Die Kalex ist<br />
ein gutes Motorrad, die KTM und Honda in<br />
keinerlei Hinsicht nachhinkt. Ich fahre sie ja<br />
schon seit 2012. Sie ist sicher nicht leicht abzustimmen,<br />
aber wenn du den Dreh raus hast, ist<br />
sie ein konkurrenzfähiges Motorrad«, ist Öttl<br />
von <strong>der</strong> Qualität seines Bikes überzeugt. Die<br />
mäßigen Ergebnisse des Motorrads beim Auftakt<br />
in Katar hätten einen an<strong>der</strong>en Grund:<br />
»Heuer fehlt mit Jonas Folger <strong>der</strong> absolute Kalex-<br />
Topfahrer <strong>der</strong> letzten Saison.«<br />
Da wären wir auch schon wie<strong>der</strong> beim<br />
anspruchsvollen Erbe, das Öttl 2014 antreten<br />
muss. »Das zweite Jahr in <strong>der</strong> WM ist sicher<br />
nicht leichter als das erste«, ist <strong>der</strong> 17-Jährige<br />
überzeugt. Von diesem Umstand konnte er sich<br />
schon in Katar ein Bild machen, wo er als 20. die<br />
Punkteränge deutlich verpasste und eines seiner<br />
schlechtesten Ergebnisse in <strong>der</strong> WM einfuhr.<br />
»Das war schlecht, da brauchen wir auch nicht<br />
um den heißen Brei herumreden. Der Durchbruch<br />
hat das ganze Wochenende auf sich warten<br />
lassen. Aber ich weiß in etwa, woran es<br />
gelegen hat, nachdem ich mit meinem Trainer<br />
gesprochen habe«, spricht Öttl Klartext. »Wenn<br />
es zu Beginn einer Saison Mal nicht so läuft, ist<br />
das normal und noch kein Grund zur Sorge.<br />
Den einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Durchhänger hat je<strong>der</strong><br />
Fahrer einmal.« Die Ausgangsposition sei dennoch<br />
besser als im Vorjahr: »Mein Training ist<br />
intensiver geworden, vor allem über den Winter.<br />
Ich kenne alle Strecken, was sicherlich ein Vorteil<br />
ist. Ich brauche mich heuer auf nichts Neues<br />
mehr einstellen.« Schon in seiner Rookie-Saison<br />
zeigte Öttls Formkurve stetig bergauf. Vor allem<br />
im letzten Saisondrittel kam Öttl richtig in Fahrt,<br />
fuhr in den letzten sechs Rennen fünf Mal in die<br />
Punkte. In Aragon holte er mit Rang sechs das<br />
beste WM-Resultat seiner Karriere und erzielte<br />
seine erste schnellste Rennrunde. An diese Leistungen<br />
möchte er 2014 anknüpfen. »Fahrerisch<br />
bin ich mittlerweile besser und ich denke, dass<br />
ich die schwierige zweite Saison so meistern<br />
kann. Klar ist mehr Druck da als im ersten Jahr,<br />
aber damit kann ich umgehen. Ich bin konstant<br />
ein bisschen schneller geworden und war schon<br />
im Vorjahr jemand, <strong>der</strong> seine Stärken eher in<br />
den Rennen als im Qualifying ausspielen konnte.<br />
In diesem Jahr sind wir aber auch auf eine<br />
schnelle Runde schon viel näher dran.«<br />
Philipp Öttl geht<br />
in seine zweite<br />
Moto3-Saison<br />
Am Ende des Jahres wird es für Öttl auch um<br />
den Verbleib in <strong>der</strong> WM gehen, denn sein im<br />
Vorjahr unterzeichneter Vertrag mit dem<br />
Schweizer Interwetten-Team hatte eine Laufzeit<br />
über zwei Jahre. Über die aktuelle Vertragssituation<br />
macht sich <strong>der</strong> 17-Jährige allerdings noch<br />
keine Gedanken. »Darum kümmert sich mein<br />
Vater [Peter Öttl, fünffacher GP-Sieger] und ich<br />
habe vollstes Vertrauen zu ihm.« Seit seinem<br />
Schulabschluss im letzten Sommer kann sich<br />
Öttl voll und ganz auf seine WM-Einsätze konzentrieren.<br />
Neben seinem Training lernt er aktuell<br />
Spanisch, die wichtigste Sprache in <strong>der</strong><br />
MotoGP. »Damit ich weiß, was die spanischen<br />
Fahrer so über mich reden«, scherzt Öttl. Vielleicht<br />
bringt sich <strong>der</strong> 17-jährige Bayer so ja auch<br />
beim ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en spanischen Teamchef ins<br />
Gespräch.<br />
94 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Starker Racer:<br />
Öttl legt im<br />
Rennen fast<br />
immer zu<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 95
Max Biaggis<br />
Klappe gehörte<br />
zu den ganz<br />
großen im<br />
Paddock<br />
TOP<br />
SPRÜCHEKLOPFER<br />
TEXT: MARIA POHLMANN<br />
FRECH, FRIVOL UND FEUCHTFRÖHLICH<br />
WARUM SOLLTE MAX BIAGGI FÜR TASCHENTÜCHER WERBEN, VALENTINO ROSSI<br />
MEHR NACHDENKEN UND COLIN EDWARDS NIE AUFHÖREN? WIR HABEN DIE ANT-<br />
WORTEN MIT DEN LEGENDÄRSTEN SPRÜCHEN AUS DEM MOTOGP-FAHRERLAGER.<br />
5. KLEENEX - LASS ES RAUS<br />
Obwohl sie nur zwei Jahre in <strong>der</strong> 500ccm-Klasse<br />
gegeneinan<strong>der</strong> fuhren, gerieten Mick Doohan und Max<br />
Biaggi vor <strong>der</strong> Jahrtausendwende regelmäßig aneinan<strong>der</strong>.<br />
1998 waren beide sogar Teamkollegen bei Honda.<br />
Alles lief bestens, bis <strong>der</strong> Australier und <strong>der</strong> Italiener<br />
beim britischen Grand Prix plötzlich bemerkten, dass<br />
je<strong>der</strong> von ihnen Chancen auf den Titel hatte, was in<br />
einem unerbittlichen Kampf endete. »Max ist egoistisch!<br />
Er denkt so oft über seine Erscheinung nach, dass er<br />
immer versucht, Entschuldigungen zu finden, wenn er<br />
nicht gewinnt. Er heult so sehr rum, dass er von Kleenex<br />
gesponsert werden sollte.« Eine Aussage, mit <strong>der</strong> Doohan<br />
in die Geschichte einging. Selbst im Ruhestand<br />
gaben die Streithähne keine Ruhe. »Ich weiß nicht,<br />
woher er seine Ausreden nimmt, aber ich wünsche mir,<br />
dass ich sowas gehabt hätte, als ich noch fuhr«, setzte<br />
Doohan 2003 noch eins drauf, obwohl er seinen Helm<br />
zu dieser Zeit schon längst an den Nagel gehängt hatte.<br />
96 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
FOTOS: MILAGRO<br />
4. VON EHRGEIZ UND TALENT<br />
Vom Rolling-Stoner zum Weltmeister und Quertreiber. Casey Stoner entwickelte<br />
sich auf <strong>der</strong> Weltbühne zum einzigen Fahrer, <strong>der</strong> das rote Biest zähmen konnte<br />
und seine Konkurrenten auch auf Honda noch blass aussehen ließ. Dazu war<br />
<strong>der</strong> Australier schon lange dafür bekannt, sich we<strong>der</strong> etwas vorschreiben zu<br />
lassen, noch seine Gedanken zurückzuhalten. 2011 legte er sich in Jerez mit<br />
Valentino Rossi an. Nachdem Stoner von <strong>der</strong> Pole gestartet war, lag er bei<br />
schwierigen Bedingungen an zweiter Position vor Rossi. Der Italiener versuchte,<br />
in einem misslungenen Manöver innen am Honda-Piloten vorbeizugehen. Mit<br />
etwas zu viel Speed rutschte Rossi weg und riss Stoner mit ins Aus. Direkt<br />
nach dem Vorfall rannte <strong>der</strong> neunfache Weltmeister zur Box des Konkurrenten,<br />
um sich zu entschuldigen. Mit seiner Reaktion ging Stoner in die MotoGP-<br />
Geschichte ein: »Offensichtlich ist dein Ehrgeiz größer als dein Talent.« Und als<br />
wäre das noch nicht genug, stupste<br />
3. LANGSCHLÄFER<br />
Dabei dürfte sich Rossi kaum beschweren, schließlich kann auch er sich in<br />
hitzigen Situationen nur schwer zurückhalten. Dazu sorgt er mit witzigen Kommentaren<br />
und amüsanten Meinungsäußerungen des Öfteren für etwas Unterhaltung.<br />
»Mein normales Leben ist wie Urlaub. Nach 2:00 Uhr morgens habe<br />
ich viel Energie. Ich schlafe morgens gern lang. Ich habe einige Probleme am<br />
Tagesanfang.« Das ist nur eine <strong>der</strong> bekanntesten Aussagen des Italieners, <strong>der</strong><br />
es jahrelang nicht nur auf <strong>der</strong> Strecke ordentlich krachen ließ. »Ich hätte auch<br />
Autos klauen können - das hätte mir den gleichen Adrenalin-Kick gegeben wie<br />
<strong>der</strong> Rennsport.« Neben diesen persönlichen Anekdoten fand Rossi auch oft die<br />
richtigen Worte, um Rivalen wie Biaggi, Sete Gibernau, Stoner und Jorge Lorenzo<br />
in aller Öffentlichkeit zu blamieren. Am meisten amüsierte sich <strong>der</strong> Doktor<br />
allerdings über Gerüchte. 2014 ist schließlich nicht das erste Jahr, in dem über<br />
gewisse Wechsel o<strong>der</strong> ein mögliches Karriereende diskutiert wird. Nach einem<br />
Formel-1-Test im Ferrari wurde Rossi bereits dem Vierradsport verschrieben.<br />
Sein Konter: »Wie soll Ferrari wissen, was ich nächstes Jahr mache, wenn ich<br />
selbst nicht weiß, was ich nächste Woche tue?«<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 97
FOTOS: MILAGRO<br />
2. DER HONEY BADGER<br />
»Ich hole mir jetzt einen Kaffee...« - Cal Crutchlow hat ein durchaus starkes<br />
Mitteilungsbedürfnis. Zur Freude seiner zahlreichen Fans lebt er dieses aber<br />
nicht nur in geschlossenen Medien- o<strong>der</strong> Teamrunden, son<strong>der</strong>n auch und beson<strong>der</strong>s<br />
auf seinem persönlichen Twitter-Account aus. Der Brite ist eine einzigartige<br />
Persönlichkeit und macht sich an Rennwochenenden und in seiner Freizeit über<br />
Gott und die Welt lustig. »Motorrad-Medien, Websites, Zeitungen... Ihr seid im<br />
Winter sehr langweilig, das steht mal fest! Kann ich euch etwas Gutes geben,<br />
98 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />
worüber ihr schreiben könnt? Ich habe entschieden, dass ich beim Test in Sepang<br />
an<strong>der</strong>srum auf die Strecke fahre.« Britischer Humor wird bei Crutchlow ganz<br />
groß geschrieben, womit er oft stichelt, aber auch erheitert. Für einen speziellen<br />
Spruch mag man sich bei einem <strong>der</strong>artigen Entertainer gar nicht entscheiden.<br />
Crutchlow hat für jede Situation den passenden Scherz auf Lager. Mit einem<br />
komplett roten Bild sorgte er wenige Tage vor <strong>der</strong> offiziellen Ducati-Präsentation<br />
für weiteren Spaß. »Das ist ein erster Ausblick auf unsere Lackierung 2014...«<br />
FOTOS: HONDA
1. VATER, EHEMANN UND WAFFENEXPERTE<br />
Ob Superbike-WM o<strong>der</strong> MotoGP: Unbestrittene Nummer<br />
eins <strong>der</strong> Sprücheklopfer ist und bleibt Colin Edwards.<br />
»Morgen werde ich also 40. Mein Nacken und mein<br />
rechtes Knie fühlen sich wie 40 an. Gehirn... 18, vielleicht<br />
19.« Und genauso wie sich <strong>der</strong> Texas Tornado fühlt,<br />
benimmt er sich oftmals auch. Bei <strong>der</strong> Dorna erntete er<br />
mit Colin‘s Corner bereits den Preis als Mitarbeiter des<br />
Jahres 2012. Zu Hause ist Edwards liebevoller Vater,<br />
Ehemann und Waffenexperte. In Interviews spricht <strong>der</strong><br />
Frechdachs <strong>der</strong> MotoGP fast ausschließlich über seine<br />
Lieblingsthemen: Frauen, Motorrä<strong>der</strong> und an<strong>der</strong>e Kampfgeräte.<br />
»Auf dem an<strong>der</strong>en Motorrad fühlte ich mich wie<br />
ein Affe, <strong>der</strong> einen Football vögelt. Ich hatte nie ein Gefühl<br />
und saß einfach nur drauf«, lautete einer seiner anschaulichen<br />
Kult-Kommentare. <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> fragte<br />
Edwards einst, wie ein Film heißen müsste, <strong>der</strong> sein Leben<br />
wi<strong>der</strong>spiegelt. Nach langem überlegen meinte er: »Da<br />
fällt mir jetzt nichts ein. Wollen wir das nicht lieber nach<br />
einem Drink besprechen?« Klar, Colin, wir stoßen auf dich<br />
an und hoffen, noch viele weitere Jahre über deine direkte<br />
Art lachen zu können.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 99
Klappt es für Melandri<br />
2014 endlich mit dem<br />
Weltmeister-Titel?<br />
DIE SILBERPFEILE DER<br />
TEXT: MARIA POHLMANN<br />
SUPERBIKE-WM<br />
EIN NEULING, EIN VERLETZTER UND EIN GENIE WENIGER IM TEAM: APRILIA WURDE 2014 NICHT ALLZU VIEL ZU-<br />
GETRAUT. DOCH SCHON BEIM AUFTAKT BEWIESEN MARCO MELANDRI UND SYLVAIN GUINTOLI DAS GEGENTEIL.<br />
S<br />
ommer in Australien: Die Ozean-<br />
Wellen schlagen auf Felsen, die<br />
Sonne erwärmt die Fans rund<br />
um den Phillip Island Circuit und<br />
die Motoren <strong>der</strong> Superbikes heulen zum<br />
ersten Mal in diesem Jahr wie<strong>der</strong> laut auf.<br />
Die erste Überraschung des Auftaktwochenendes<br />
taucht ganz vorne auf: Pole-Mann<br />
Sylvain Guintoli. Der neue silberne Lack <strong>der</strong><br />
Aprilia RSV4 Factory glänzt unter den australischen<br />
Sonnenstrahlen. Die roten Lichter<br />
<strong>der</strong> Ampel gehen aus und Guintoli biegt als<br />
Erster in die nach Mick Doohan benannte<br />
erste Kurve ein.<br />
Hinter dem Franzosen und dem gesamten<br />
Aprilia-Werksteam liegt eine schwierige Zeit.<br />
Gegen Ende <strong>der</strong> letzten Saison verletzte sich<br />
Guintoli beim Fahrrad-Training an <strong>der</strong> Schulter.<br />
Danach hatte er, trotz mehrerer Operationen,<br />
lange enorme Schmerzen und Probleme.<br />
Vor dem Saisonstart konnte er kaum<br />
testen. Seine Befürchtungen, beim Auftaktrennen<br />
noch nicht völlig fit zu sein, bestätigten<br />
sich unglücklicherweise für ihn. »Das<br />
Problem ist: Bei meiner Verletzung handelt<br />
es sich nicht um einen Bruch. Sie betrifft das<br />
Gelenk und das ist sehr problematisch, wenn<br />
man ein Motorrad fährt. Es ist schwierig, die<br />
Stabilität wie<strong>der</strong>herzustellen«, erklärt er.<br />
Eugene Laverty ging, Marco Melandri kam<br />
und auch <strong>der</strong> Italiener legte sich im Winter<br />
nach einer Knöchelverletzung unters Messer.<br />
Das italienische Team verlor Gigi Dall‘Igna an<br />
Ducati Corse und geriet beson<strong>der</strong>s bei den<br />
Lieferungen an die MotoGP-Teams in Verzug.<br />
Glücklicherweise lief in <strong>der</strong> World Superbike<br />
scheinbar alles nach Plan. Melandri war<br />
schon kurz vor dem ersten Rennwochenende<br />
in Australien sicher, dass ein Sieg im Bereich<br />
des Möglichen liegen könnte. »Phillip Island<br />
gehört zu den erfolgreichsten Strecken meiner<br />
Karriere. Ich gewann dort in <strong>der</strong> 125er,<br />
in <strong>der</strong> 250er und in <strong>der</strong> MotoGP. Lediglich in<br />
<strong>der</strong> Superbike habe ich es noch nicht<br />
geschafft - da wurde ich 2012 nur Zweiter.<br />
Ich freue mich also darauf, dort ein großartiges<br />
Ergebnis auf <strong>der</strong> Aprilia zu holen«,<br />
posaunte er vor dem Auftakt. Lei<strong>der</strong> sollte es<br />
für den 31-Jährigen auch in dieser Saison<br />
nicht ganz klappen.<br />
Trotz aller Hin<strong>der</strong>nisse konnte sich das<br />
Resultat des Aprilia-Duos auf Phillip Island<br />
durchaus sehen lassen. Um nicht nur an <strong>der</strong><br />
Spitze mitzuhalten, son<strong>der</strong>n die Konkurrenz<br />
100 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Guintoli und Melandri<br />
sind erstmalig<br />
Teamkollegen<br />
Guintoli stand auf<br />
Phillip Island zwei Mal<br />
auf dem Podium<br />
auch zu schlagen, war beson<strong>der</strong>s für<br />
Melandri viel Testarbeit nötig. Der Aprilia-<br />
Neuling arbeitete vor dem Saisonstart hart,<br />
um sich an sein neues Gefährt zu gewöhnen<br />
und die Strategie <strong>der</strong> Motorleistung zu verbessern.<br />
Zunächst schockte <strong>der</strong> Hersteller<br />
aus Noale aber mit <strong>der</strong> Abschaffung des<br />
typisch schwarz-roten Designs. »Die<br />
Maschine ist gleichzeitig elegant und aggressiv<br />
und obwohl ich mich als Fahrer natürlich<br />
nur auf Performance und Geschwindigkeit<br />
konzentriere, kann ein <strong>der</strong>art sensationeller<br />
Look natürlich nicht schaden«, meint<br />
Melandri.<br />
Guintoli schickte noch vor vollständiger<br />
Genesung eine Kampfansage an die Rivalen:<br />
»Wenn unser neues Motorrad so schnell ist,<br />
wie es schön ist, wird die Konkurrenz nicht<br />
den Hauch einer Chance haben. Die ganze<br />
Optik <strong>der</strong> RSV4 schreit nach Geschwindigkeit<br />
und wir sind nach den guten Testfahrten<br />
zuversichtlich, dass die Maschine rundum<br />
funktioniert und Leistungen am Maximum<br />
ermöglicht.« Dabei musste <strong>der</strong> Franzose, <strong>der</strong><br />
seine Heimat mittlerweile in Großbritannien<br />
gefunden hat, zunächst auf viele Daten seines<br />
neuen Teamkollegen zurückgreifen.<br />
Schließlich testete er selbst nur zwei Mal vor<br />
dem Auftaktrennen in Australien.<br />
Aprilia RSV4 Factory:<br />
Das beste Superbike?<br />
GEGEN ENDE DER LETZTEN<br />
SAISON VERLETZTE SICH<br />
GUINTOLI BEIM TRAINING<br />
AN DER SCHULTER. DANACH<br />
HATTE ER, TROTZ MEHRE-<br />
RER OPERATIONEN, LANGE<br />
ENORME SCHMERZEN UND<br />
PROBLEME.<br />
Dort schüchterte Aprilia die Konkurrenten<br />
nicht nur mit dem silbernen Design ein: Guintoli<br />
fuhr am Samstag überraschend auf die<br />
Pole Position und lieferte mit einem Podestplatz<br />
und einem Sieg einen nahezu perfekten<br />
Saisonbeginn ab. Dank kluger Taktik war <strong>der</strong><br />
31-Jährige bis zum Ende mental und physisch<br />
stark. »Wenn ich über alles nachdenke,<br />
was im Winter so geschehen ist, freue ich<br />
mich über das Wochenende. Ich bin zurück<br />
auf <strong>der</strong> obersten Stufe des Treppchens.«<br />
Melandri landete beim Aprilia-Debüt direkt<br />
auf dem Treppchen. Nach einem Fehler im<br />
zweiten Lauf konnte er seine Leistung nicht<br />
wie<strong>der</strong>holen. »Ich bin mir sicher, dass ich<br />
noch mehr Erfahrung brauche, um zu verstehen,<br />
wie das Bike reagiert.«<br />
Diese Zeit wird Melandri bekommen. Schließlich<br />
steht ihm eine komplette Saison im<br />
Aprilia-Werksteam bevor. Auch Guintoli wird<br />
schon bald wie<strong>der</strong> 100 Prozent geben können.<br />
Dank <strong>der</strong> neuen RSV4 dürften beide<br />
Piloten kaum zu bremsen sein. Die silbern<br />
glänzende Lackierung tut ihr Übriges. Sollten<br />
Guintoli und Melandri bis zum Saisonende<br />
konstante Leistungen abliefern, könnte einer<br />
von ihnen den heiß begehrten WM-Pokal<br />
vielleicht schon unter <strong>der</strong> glänzenden Sonne<br />
Südafrikas hoch in die Luft strecken.<br />
FOTOS: APRILIA<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 101
FOTOS: HIISHII PHOTOGRAPHERS<br />
Nach außen hin verkörpert Edgar Torronteras das Image des FMX-Bad-Boys, doch dahinter verbirgt sich wesentlich mehr<br />
102 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
E.T.<br />
DER AUSSERIRDISCHE<br />
TEXT: MARKUS ZÖRWEG<br />
EDGAR »E.T.« TORRONTERAS IST EINER DER PIONIERE DES FREESTYLE-<br />
MOTOCROSS IN EUROPA. EIN GESPRÄCH MIT EINEM BEATBOXENDEN,<br />
TÄTOWIERTEN UND GEPIERCTEN FAMILIENVATER UND GLÄUBIGEN, DER<br />
ZUR ENTSPANNUNG GERNE AUS FLUGZEUGEN SPRINGT.<br />
Ja, natürlich. Es kommt schon manchmal vor, dass ich mir bei Shows o<strong>der</strong><br />
Events denke: ‚Ich will nicht mehr springen. Ich möchte nach Hause, zu meiner<br />
Frau und meiner Tochter. Aber das ist nun mal mein Job, ich muss ja auch für<br />
die Beiden sorgen.<br />
Lässt sich Freestyle-Motocross überhaupt mit einer Familie<br />
verbinden?<br />
Viele Leute glauben, dass es leichtsinnig ist, als Familienvater so einen Sport<br />
auszuüben. Aber wir trainieren viel dafür und können das Risiko auch genau<br />
einschätzen. Für mich ist das normal und kein großer Unterschied zu an<strong>der</strong>en<br />
Sportarten. Wir sind nicht verrückt, wir tun einfach nur das, was wir lieben.<br />
Was würdest du als den besten Moment in deiner Karriere bezeichnen?<br />
Das war bei den X-Games, als ich meine Medaille geholt habe. Meine Goldmedaille!<br />
Damals ist ein Traum wahr geworden für mich.<br />
Gibt es noch irgendetwas, das du als Profi erreichen möchtest?<br />
Nicht wirklich. Ich bin mit meiner Karriere sehr zufrieden und absolut glücklich<br />
so wie es ist.<br />
Hast du jemals Angst beim Fahren?<br />
Ja, natürlich. Dann bete ich. Das ist alles, was ich brauche - ein Gespräch mit<br />
Gott.<br />
Wie trainierst du am liebsten für Events?<br />
Am meisten Spaß macht es, wenn ich einfach zuhause bin, ein paar Freunde<br />
einlade und wir in meinem Park fahren. Wir fahren einfach zum Spaß und<br />
trainieren dabei. Es wird gegrillt und wir chillen. Das sind verdammt noch mal<br />
die besten Momente in diesem Sport.<br />
MSM: Du bist eine wahre Legende im Freestyle-Motocross und seit<br />
mehr als 20 Jahren dabei. Was hat sich im FMX seit deiner Anfangszeit<br />
verän<strong>der</strong>t?<br />
EDGAR TORRONTERAS: Der Sport ist ein vollkommen an<strong>der</strong>er geworden. Als<br />
ich begonnen habe, musste man nur ganz normale Tricks machen und die<br />
Menschen sind vollkommen ausgerastet. Jetzt ist ein völlig neues Zeitalter<br />
angebrochen. Es gibt so viele Piloten, die unglaublich harte Tricks machen.<br />
Dadurch ist das Risiko viel höher. Das ist wohl <strong>der</strong> größte Unterschied im Vergleich<br />
zu früher.<br />
Bist du froh, damals mit dem Sport begonnen zu haben o<strong>der</strong> wärst du<br />
lieber jetzt ein junger Ri<strong>der</strong> auf dem Weg nach oben?<br />
Heute sind die Möglichkeiten für den Nachwuchs sicher viel besser. Man muss<br />
aber wie gesagt auch viel mehr riskieren, kann schwer stürzen und sich übel<br />
verletzen. Das ist <strong>der</strong> einzige Nachteil.<br />
Wie wird sich deiner Meinung nach FMX in den nächsten Jahren<br />
entwickeln?<br />
Das ist wirklich schwer zu sagen. Ich glaube, dass <strong>der</strong> Fortschritt nicht mehr<br />
so schnell und groß sein wird wie in den letzten Jahren. Es kann aber auch<br />
sein, dass ich mich täusche. Auf jeden Fall freue ich mich darauf, zu sehen, was<br />
abgeht wenn die ganzen jetzigen Youngsters an <strong>der</strong> Spitze sind.<br />
Gibt es Tage, an denen du keine Lust hast zu fahren?<br />
Ja, wenn ich wegen meiner Tochter zu wenig Schlaf bekommen habe! [lacht]<br />
Dann bin ich wahnsinnig müde und kann unmöglich trainieren. An solchen Tagen<br />
bleibe ich am liebsten zuhause, spiele mit meinen ferngesteuerten Autos o<strong>der</strong><br />
Hubschraubern und verbringe Zeit mit meiner Frau und meiner Tochter. Manchmal<br />
gehe ich auch gerne mit Freunden Fallschirmspringen.<br />
Was würdest du sagen, wenn deine Tochter o<strong>der</strong> dein Sohn, falls du<br />
einmal einen hast, Freestyle-Motocross-Profi werden möchte?<br />
Das ist eine gute Frage. Darüber habe ich ehrlich gesagt noch gar nicht nachgedacht.<br />
Ich habe den Sport lange beobachtet und kenne die Szene sehr gut.<br />
Wenn eines meiner Kin<strong>der</strong> das einmal wollen sollte, werde ich es sicher unterstützen,<br />
mit ihm trainieren und Kontakte mit Sponsoren knüpfen. Es ist aber<br />
egal was sie tun wollen, sie würden meinen Support auch dann haben, wenn<br />
sie Fußball spielen.<br />
Würdest du in deiner Karriere etwas an<strong>der</strong>s machen, wenn du noch<br />
einmal die Chance dazu hättest?<br />
Nein. Das war schon ganz okay. [lacht]<br />
Du bist jetzt 36. Wie sieht dein Plan für die nächsten Jahre aus?<br />
Ich glaube, ich werde noch drei bis vier Jahre als Profi weiterfahren. Dann<br />
möchte ich mich voll auf meine FMX-Schule in Spanien konzentrieren. Das ist<br />
ein sehr großes Projekt, das mir wirklich viel Spaß macht.<br />
Du bist vor kurzem Vater geworden. Hat das für dich als Fahrer etwas<br />
verän<strong>der</strong>t?<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 103
SLIDESHOW | MOTORSPORT | #36 | 2014<br />
❱ BRUTALES NEUES<br />
CHASE-FORMAT<br />
STEPHAN VORNBÄUMEN<br />
FOTO: NASCAR<br />
Zu Saisonbeginn wurde das Chase-Format erneut völlig umgekrempelt<br />
und es gleicht einer Revolution. Wer NASCAR-Champion werden will,<br />
muss in den ersten 26 Saisonrennen einen Sieg holen, damit er sich<br />
überhaupt für den Chase qualifiziert. In den folgenden entscheidenden<br />
zehn Rennen geht es im Knock-Out-System weiter, bis die verbliebenen<br />
vier besten Piloten beim Saisonfinale den Champion ausfahren.<br />
Das System verspricht Hochspannung bis zur letzten Runde. Es wird<br />
brutal auf den Ovalen zugehen, denn Punktesammeln ist kein Rezept<br />
mehr für einen Titelgewinn. Das Ergebnis: Die Kaltverformungen nahmen<br />
in den ersten Rennen bereits gewaltig zu.<br />
104 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 105
DER FEIND IM<br />
EIGENEN LAGER<br />
TEXT: MARION ROTT<br />
NUR WENIGE RALLYES SIND 2014 BESTRITTEN UND DOCH IST KLAR: DER WEG ZUM TITEL FÜHRT ERNEUT NUR ÜBER<br />
SEBASTIEN OGIER. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN TRAF DEN WELTMEISTER UND SEINEN SCHÄRFSTEN HERAUSFOR-<br />
DERER JARI-MATTI LATVALA UND SPRACH ÜBER ERWARTUNGSHALTUNGEN, ZIELE UND DRUCK.<br />
Ab durch den Dreck<br />
- Jari-Matti Latvala<br />
kämpft um seinen<br />
ersten Titel<br />
106 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Genauer Blick auf<br />
alle Details. Latvala<br />
will mit Perfektion<br />
punkten<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 107<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, VW MOTORSPORT
E<br />
s ist <strong>der</strong> 16. Januar 2014 in Monaco. Eine neue Zeitrechnung<br />
beginnt. Der Morgen zeigt sich neblig und diesig rund um<br />
Gap, wo jeden Moment die Piloten in die Berge aufbrechen.<br />
Ein Sebastien wartet fokussiert auf seinen Start. Eigentlich<br />
hat sich nichts verän<strong>der</strong>t und doch ist alles an<strong>der</strong>s. Es ist nicht<br />
Sebastien Loeb, <strong>der</strong> von den Fans frenetisch gefeiert wird, es ist Volkswagen-<br />
Pilot Sebastien Ogier. Am En<strong>der</strong>gebnis <strong>der</strong> Rallye ist dieser Unterschied aber<br />
kaum zu erkennen. Obwohl <strong>der</strong> Weltmeister die Rallye mit <strong>der</strong> falschen Reifenwahl<br />
beginnt und viel Zeit verliert, steht er am Ende ganz oben.<br />
Wie von vielen Experten erwartet, knüpft Ogier nahtlos an die Erfolge des<br />
neunfachen Champions Loeb an. Er gewinnt Rallyes mit großem Vorsprung<br />
und aus fast aussichtslosen Situationen. Kaum jemand könnte einen Grund<br />
nennen, warum <strong>der</strong> Franzose nicht Titel um Titel gewinnen sollte - am<br />
wenigsten er selbst. »Ich fühle keinen zusätzlichen Druck, denn wir haben<br />
unseren Traum verwirklicht und damit unser Ziel erreicht«, sagte Ogier vor<br />
dem Saisonstart und schickte eine Kampfansage an die Konkurrenz hinterher.<br />
»Das bedeutet aber nicht, dass wir es nun ruhig angehen lassen und nicht<br />
mehr 100 Prozent geben. Wir wollen genauso weitermachen.« Gejagter statt<br />
Jäger, doch Ogier hat im zweiten Jahr mit Volkswagen die Ruhe weg. »Ich<br />
kann sehr viel entspannter starten, denn ich kenne die Fähigkeiten des Teams<br />
und des Autos und wir wissen alle, dass wir die richtigen Werkzeuge besitzen,<br />
um es erneut zu schaffen.«<br />
Die Konkurrenz steht vor unendlichen Fragezeichen. Wie soll verhin<strong>der</strong>t<br />
werden, dass ein neuer Sebastien zum Dominator <strong>der</strong> WRC wird? Ist erneut<br />
die einzige Unbekannte, wann und nicht ob er den Titel gewinnt? Ogier selbst<br />
weiß, vor wem er sich in Acht nehmen muss: Teamkollege Jari-Matti Latvala.<br />
»Der Hauptkonkurrent ist direkt hier und ich erwarte, dass er mein schärfster<br />
Rivale wird.«<br />
Der Finne verfügt über gleiches Material und den unbändigen Willen, sich<br />
endlich zum Champion zu krönen. »Es ist gut, den Weltmeister im Team zu<br />
haben. Wir haben das beste Auto und ich kann von ihm lernen«, erklärte<br />
Latvala. »Es hält die Motivation hoch, ihn zu schlagen.« Und nie standen die<br />
Chancen besser als 2014. Latvala fühlt sich pudelwohl im Polo R WRC und<br />
hat seine Fehler <strong>der</strong> Vergangenheit erkannt. »Ich habe versucht, die im Ford<br />
Fiesta erlernten Dinge auf den Polo zu übertragen, aber das funktioniert<br />
nicht«, erinnerte sich <strong>der</strong> ehemalige Ford-Pilot. »Als ich das akzeptiert hatte,<br />
musste ich einen an<strong>der</strong>en Weg einschlagen.« Seit <strong>der</strong> Rallye Finnland 2013<br />
erkennt Latvala nun kontinuierlich Fortschritte und entwickelt sich zum ersten<br />
Herausfor<strong>der</strong>er des Weltmeisters.<br />
Neben <strong>der</strong> fahrerischen Komponente hat <strong>der</strong> Vizeweltmeister von 2010 auch<br />
seine mentale Einstellung im Blick. »Mein Problem ist, dass ich nicht gelassen<br />
bleibe. Ich bin nervös und angespannt und mache dadurch Fehler«, gestand<br />
<strong>der</strong> Volkswagen-Pilot. Den Finnen begleitet <strong>der</strong> Spitzname ‚Crash-Pilot‘ und<br />
viele warten förmlich darauf, bis eine Rallye vorzeitig endet. Neben den eigenen<br />
Vorwürfen kommen die Kommentare von außen, die nicht spurlos an<br />
Latvala vorbeigehen. »Ich kenne mich selbst und ich will das än<strong>der</strong>n. Am<br />
Ende des vorigen Jahres ging es in die richtige Richtung und ich möchte alles<br />
nun in diese Bahn lenken und alles besser machen.«<br />
Deshalb geht <strong>der</strong> 29-Jährige nun mit einem Mentaltrainer seinen Problemen<br />
an den Kragen. Die eigentliche Idee stammte von Volkswagen. Als das Team<br />
bei <strong>der</strong> Heimrallye des Finnen 2013 erkannte, wie er unter Stress reagierte und<br />
bereits auf <strong>der</strong> zweiten Prüfung einen schwerwiegenden Fehler machte, musste<br />
gehandelt werden. Der Kontakt zu Mentaltrainer Christoph Treier wurde hergestellt.<br />
Der Schweizer ist kein Unbekannter in <strong>der</strong> Szene. Ab 1998 arbeitete er<br />
beispielsweise mit Marcus Grönholm zusammen. Der Finne feierte in den<br />
Jahren 2000 und 2002 den Weltmeistertitel in <strong>der</strong> WRC.<br />
Das erste Zusammentreffen zwischen Latvala und seinem neuen Coach fand<br />
2013 während <strong>der</strong> Rallye Wales statt. Der Mentaltrainer beobachtete die Abläufe<br />
des Finnen und wie er in speziellen Situationen reagierte. Über den Winter<br />
arbeitete <strong>der</strong> Schweizer ein spezielles Training für Latvala aus, das aus einer<br />
Mischung aus Entspannungs- und Konzentrationstraining besteht. Nun versucht<br />
Treier, Latvala mit verschiedensten Übungen perfekt auf Drucksituationen<br />
während Rallyes vorzubereiten. »Beispielsweise muss ich wie in einer App die<br />
Zahlen von 1 bis 20 sortieren, die durcheinan<strong>der</strong> sind. In dieser Zeit redet er<br />
permanent, stellt mir Fragen - auf teilweise sehr aggressive Weise«, schil<strong>der</strong>te<br />
<strong>der</strong> Finne. Damit soll die Konzentration auf das Wesentliche verbessert werden.<br />
Zudem arbeitet Latvala sehr viel an Entspannung, um ruhig schlafen zu können.<br />
Seit Monte Carlo ist Treier bei je<strong>der</strong> Rallye ab dem Recce vor Ort und arbeitet<br />
gemeinsam mit Latvala während des gesamten Events zusammen.<br />
Die Arbeit trägt erste Früchte: In Schweden übernahm Latvala durch seinen<br />
Sieg zum ersten Mal in seiner Karriere die Führung in <strong>der</strong> Weltmeisterschaft.<br />
Diesen Sprung hat er nicht zuletzt dem stetigen Glauben seines Teams zu<br />
verdanken. »Jari-Matti ist ein Weltklassefahrer und auf keinen Fall die Nummer<br />
zwei in unserem Team«, lobte Teamchef Jost Capito. Immer wie<strong>der</strong> ist<br />
davon die Rede, dass Ogier bereits 2012 Zeit hatte, um sich an den neuen Polo<br />
R WRC zu gewöhnen, während Latvala ins kalte Wasser geworfen wurde.<br />
Wichtige Worte für den kritikgebeutelten Finnen: »Ich erhalte viel Unterstützung<br />
von Jost - das ist großartig. Das gesamte Team ist fantastisch und bietet<br />
uns allen die gleiche Chance.«<br />
Tatsächlich gibt es bei Volkswagen keinen Weltmeisterbonus. Die Richtlinie<br />
ist klar: Der Schnellere gewinnt. »Das Team gibt uns alle Möglichkeiten und<br />
macht keine Unterschiede, ob in Sachen Material, Testtagen o<strong>der</strong> Man-Power.<br />
Es gibt - abgesehen von den Startnummern - keinen Nummer-1- und o<strong>der</strong><br />
Nummer-2-Fahrer«, zeigte sich Latvala voll des Lobes. Allerdings ist klar:<br />
Ogier ist in <strong>der</strong> besseren Situation. Er ist bereits Weltmeister und kann ohne<br />
Druck fahren. »Es ist einfach wie in den letzten Jahren bei Sebastien Loeb.<br />
Wenn du ein wirklich guter Fahrer bist und die Dinge gut machst, dann hast<br />
du das Glück auf deiner Seite«, erklärte Latvala das Geheimnis hinter dem<br />
Erfolg <strong>der</strong> ganz Großen. Dabei erkennt er gleichzeitig das Problem: »Du musst<br />
aber erst einmal so gut werden, dass das Glück auch zu dir kommt.«<br />
Genau dieses besagte Glück macht offenbar seit Jahren einen weiten Bogen<br />
um den 29-Jährigen. Immer wie<strong>der</strong> startete er mit hohen Ambitionen in die<br />
Saison und wurde aufs Neue bitter enttäuscht. Zwar holte Rekordweltmeister<br />
Loeb seinen neunten und finalen Titel erst mit 38 Jahren, dennoch hört Latvala<br />
seine Karriere-Uhr immer lauter ticken. Hin und wie<strong>der</strong> wird <strong>der</strong> Gedanke<br />
im Hinterkopf laut, vielleicht eines Tages ohne die Weltmeisterschaft seine<br />
Karriere beenden zu müssen. »Sicherlich ist <strong>der</strong> Titel <strong>der</strong> Traum für viele<br />
Fahrer und natürlich sind einige jahrelang gefahren und haben es nie<br />
geschafft«, musste Latvala eingestehen. Er ist sich dieser Situation wohl<br />
bewusst, dennoch will er seine positive Einstellung niemals verlieren. »Ich<br />
möchte weiterhin daran glauben, dass ich den Titel gewinnen kann. Wenn<br />
du fest an etwas glaubst und hart dafür arbeitest, dann wirst du es bekommen.<br />
Hörst du aber auf, daran zu glauben, dann schaffst du es niemals.« Vielleicht<br />
ist es am Ende Latvalas unbändiger Wille und Glaube, <strong>der</strong> ihn seinen schier<br />
übermächtigen Teamkollegen Ogier schlagen lässt. Und wie sagte einst <strong>der</strong><br />
Automobil-Industrielle Henry Ford? »Ob du denkst, du kannst es, o<strong>der</strong> du<br />
kannst es nicht - in beiden Fällen hast du Recht.«<br />
»SICHERLICH IST DER TITEL DER TRAUM FÜR VIELE<br />
FAHRER UND NATÜRLICH SIND EINIGE JAHRELANG<br />
GEFAHREN UND HABEN ES NIE GESCHAFFT. ICH<br />
MÖCHTE WEITERHIN DARAN GLAUBEN, DASS ICH DEN<br />
TITEL GEWINNEN KANN.«<br />
108 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, VW MOTORSPORT<br />
Auf Schotter fühlt<br />
sich Jari-Matti<br />
Latvala wohl<br />
In Schweden feierte<br />
Jari-Matti Latvala<br />
seinen ersten<br />
Saisonsieg<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 109
Nico Menzel tritt<br />
in die Fußstapfen<br />
seines Vaters<br />
Christian<br />
TALENT - NICO MENZEL<br />
FORMEL 1 ODER NICHTS? BLÖDSINN!<br />
TEXT: ROBERT SEIWERT<br />
ADAC FORMEL MASTERS-ROOKIE NICO MENZEL GEHT SEINE RENNSPORTKARRIERE MIT EINER GESUN-<br />
DEN PORTION REALISMUS AN. DER 16-JÄHRIGE SOHN DES RENNFAHRERS CHRISTIAN MENZEL UNTER-<br />
HÄLT SICH MIT DEM MOTORSPORT-MAGAZIN ÜBER SEINE ZIELE AUF UND ABSEITS DER STRECKE.<br />
DIE ANFÄNGE:<br />
Ich war gerade ein paar Wochen auf <strong>der</strong> Welt, da nahm<br />
mich mein Vater schon mit an die Rennstrecke - von<br />
Beginn an quasi mittendrin. Wirklich erinnern kann<br />
ich mich daran, wie ich als Vierjähriger an <strong>der</strong> Strecke<br />
stand und zugeschaut habe, als mein Dad im Carrera<br />
Cup fuhr. Im Alter von acht Jahren habe ich den <strong>Motorsport</strong><br />
für mich selbst entdeckt und fuhr einige Saisons<br />
im Bambini-Kart. Mein Vater war zu Beginn Teamchef,<br />
Chefmechaniker und Ingenieur in einer Person.<br />
DIE ERFOLGE:<br />
Der Sprung vom Kart- in den Automobilsport war<br />
ein großer Schritt. Im BMW Talent Cup lernte ich das<br />
Formel-Rüstzeug und wurde auf Anhieb Vize-Meister.<br />
Lei<strong>der</strong> hat es knapp nicht zum Titelgewinn<br />
gereicht, aber damit beschäftige ich mich nicht<br />
mehr. 2014 gebe ich im ADAC Formel Masters Vollgas.<br />
Neben meiner ersten Formelsaison erinnere<br />
ich mich gern an 2011 - das war ein super Jahr!<br />
Nach dem Gewinn <strong>der</strong> deutschen Rotax-Kartmeisterschaft<br />
war ich für das Weltfinale in Al Ain qualifiziert.<br />
Dort schaffte ich es sogar ins Finale und es<br />
war ein tolles Gefühl, mich mit <strong>der</strong> Weltspitze des<br />
Kartsports messen zu können.<br />
DAS ZIEL:<br />
Die Formel 1 ist sicherlich ein Ziel, aber ich würde<br />
niemals sagen: entwe<strong>der</strong> F1 o<strong>der</strong> gar nichts. Das ist<br />
Blödsinn und es bringt nichts, sich da etwas vorzumachen.<br />
Mein Ziel ist, professioneller Rennfahrer<br />
zu werden, mein Hobby zum Beruf zu machen und<br />
damit meinen Unterhalt zu verdienen. Ich interessiere<br />
mich auch für Tourenwagen- o<strong>der</strong> Sportwagenmeisterschaften<br />
und würde sehr gern in solch<br />
einer Serie starten.<br />
DIE AUSBILDUNG:<br />
Ich besuche <strong>der</strong>zeit die 10. Klasse eines Gymnasiums<br />
und möchte auf jeden Fall mein Abitur<br />
machen. Wer weiß, wie sich meine Rennsportkarriere<br />
entwickelt - ein zweites Standbein finde ich<br />
sehr wichtig. Wegen meiner motorsportlichen<br />
Verpflichtungen ist es nicht immer einfach mit <strong>der</strong><br />
Schule, aber meine Lehrer sagen: »Solange die<br />
Noten passen, unterstützen wir dich.« Ich könnte<br />
mir gut vorstellen, Sportjournalismus zu studieren.<br />
Vielleicht kann ich ja mal ein Praktikum bei<br />
eirer Website <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com machen?<br />
[Wir nehmen Bewerbungen gerne entgegen, Nico!<br />
;o) Anm. d. Red.]<br />
DIE HOBBYS:<br />
Neben <strong>Motorsport</strong> und Schule bleibt nicht so viel<br />
Zeit für Hobbys. Darüber beschwere ich mich aber<br />
nicht, ich werde ja nicht zum Rennfahren gezwungen.<br />
Fitness ist Pflicht, macht mir aber großen Spaß<br />
und es ist schön, die eigenen Fortschritte zu sehen.<br />
Wenn Zeit ist, schaue ich mir gern Spiele meines<br />
Lieblingsvereins Hamburger SV an. An freien<br />
Wochenenden unternehme ich gern zusammen mit<br />
Freunden Fahrradtouren zum Nürburgring, wo wir<br />
uns die Rennen anschauen - als echter Eifeler natürlich<br />
ein Muss!<br />
Menzel bestreitet<br />
sein erstes Jahr<br />
im ADAC Formel<br />
Masters<br />
110 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
VON DOWN UNDER<br />
INS ADAC GT MASTERS<br />
Willkommen zurück in Deutschland, Maro Engel!<br />
Der frühere DTM-Pilot kehrt nach seinem Australien-Gastspiel<br />
in die Heimat zurück und hat sich das<br />
ADAC GT Masters als neue Herausfor<strong>der</strong>ung ausgesucht.<br />
»Das ist die stärkste nationale GT-Serie in<br />
Europa«, sagt Engel, <strong>der</strong> für ROWE RACING im vertrauten<br />
Mercedes-Benz SLS AMG GT3 startet. Beim<br />
Neueinsteiger-Team trifft Engel auf einen alten<br />
Bekannten: Teamchef Hans-Peter Naundorf<br />
betreute Engel bei seinem ersten DTM-Test vor<br />
einigen Jahren als Ingenieur<br />
Der McLaren<br />
Academy<br />
Nachwuchs 2014<br />
Highlight auf dem<br />
Sachsenring<br />
Die ADAC MX Academy<br />
legte 2013 einen<br />
fulminanten Start hin<br />
VOLLGAS MIT MCLAREN-POWER<br />
Marvin Dienst startet mit beson<strong>der</strong>er Motivation in<br />
seine zweite Saison im ADAC Formel Masters. Der<br />
Vorjahres-Fünfte wurde in die Performance Academy<br />
von McLaren aufgenommen und erhält dort eine Ausbildung<br />
auf Formel-1-Niveau. »Das ist für mich eine<br />
Riesenmöglichkeit und tolle Chance«, freut sich <strong>der</strong><br />
Mücke-Pilot. Neben Dienst gehört mit Mücke-Nachwuchsfahrer<br />
Benjamin Mazatis ein weiterer Deutscher<br />
zu den 18 auserwählten För<strong>der</strong>piloten des Traditionsrennstalls<br />
aus Woking.<br />
HIGHLIGHT FÜR DEN<br />
MOTORRAD-NACHWUCHS<br />
Der Sachsenring - Mekka für deutsche Motorrad-Fans. 200.000 Zuschauer<br />
pilgern jährlich zum Deutschland GP und drücken den MotoGP-Stars die<br />
Daumen. In den Genuss dieser einzigartigen Atmosphäre kommen erneut die<br />
Talente des ADAC Junior Cup powered by KTM. Vom 11.-13. Juli gastiert die<br />
Nachwuchsserie im Rahmen des deutschen WM-Laufs zum vierten von acht<br />
Rennwochenenden.<br />
RENNKALENDER 2014<br />
02.05. - 04.05. Lausitzring<br />
20.06. - 22.06. Oschersleben<br />
27.06. - 29.06. Nürburgring<br />
11.07. - 13.07. Sachsenring (MotoGP)<br />
18.07. - 20.07. Schleiz<br />
08.08. - 10.08. Assen<br />
22.08. - 24.08. Oschersleben (Langstrecken-WM)<br />
19.09. - 21.09. Hockenheim<br />
FOTOS: ADAC MOTORSPORT, NICO MENZEL, MCLAREN<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 111
Fanliebling:<br />
Brabham<br />
BT45 mit<br />
Kultlackierung<br />
Kleines<br />
Gestreiftes:<br />
Breite Reifen,<br />
kurze<br />
Kleidchen<br />
STREIFEN SIND<br />
WIEDER IN!<br />
Echtes Racing,<br />
echte Männer. Der<br />
Porsche 911 RSR<br />
1974 umgeben<br />
von je<strong>der</strong> Menge<br />
nackter Haut<br />
112 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Heißer Anblick:<br />
Lancia Martini LC1<br />
im Einsatz in Brands<br />
Hatch 1981<br />
Dreckspatz:<br />
Porsche 911 SC<br />
bei <strong>der</strong> Safari<br />
Rallye 1978<br />
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MARTINI<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 113
NÄCHSTE<br />
AUSGABE:<br />
MOTORSPORT-MAGAZIN<br />
#37 ERSCHEINT<br />
AM 18.06.2014<br />
FOTO: ADRIVO/SUTTON<br />
Verlag & Redaktion<br />
Objektleitung<br />
MIKE WIEDEL<br />
TELEFON: +49 (0) 89 18 96 592 63<br />
ADRIVO SPORTPRESSE GMBH<br />
LANDSBERGER STRASSE 394<br />
D-81241MÜNCHEN<br />
HANDELSREGISTERNR: HRB180601<br />
UID: DE 815 069 751<br />
TEL: +49 (0) 89 18 96 592 60<br />
FAX: +49 (0) 89 18 96 592 61<br />
E-MAIL: INFO@MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />
WWW.ADRIVO-MEDIA.COM<br />
ADRIVO SPORTPRESSE GMBH<br />
LIEBENAUER HAUPTSTRASSE 34<br />
A-8041 GRAZ<br />
FIRMENBUCHNR: 257237 S<br />
UID: ATU 61 32 18 12<br />
Anzeigenleitung<br />
Druck<br />
Vertrieb<br />
Abo-Service<br />
Online-Abo<br />
MANUEL SPERL (VERANTWORTLICH FÜR ANZEIGENTEIL)<br />
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TELEFON: +49 (0) 89 18 96 592 71<br />
DIERICHS DRUCK + MEDIA GMBH & CO KG, KASSEL<br />
ASV VERTRIEBS GMBH, HAMBURG<br />
ABO-SERVICE MOTORSPORT-MAGAZINCOM<br />
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