18.04.2014 Aufrufe

Motorsport Magazin Herrschaft der Silberpfeile (Vorschau)

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FOTO: ADRIVO/SUTTON TITELFOTOS: ADRIVO/SUTTON, MILAGRO, MERCEDES-BENZ, RED BULL RACING


❱<br />

IN DIESER<br />

AUSGABE<br />

FORMEL 1<br />

NEUE FORMEL 1: Gewinner & Verlierer 24<br />

MERCEDES: <strong>Herrschaft</strong> <strong>der</strong> <strong>Silberpfeile</strong> 26<br />

STERNEN-JÄGER: Wer stoppt Mercedes? 34<br />

WILLIAMS: Die Auferstehung 42<br />

INTERVIEW: Monisha Kaltenborn 46<br />

HISTORY: Ayrton Sennas Turbo-Raketen 52<br />

42<br />

Auf<br />

FORMEL 1: WILLIAMS IS BACK<br />

das Desaster folgt <strong>der</strong> Aufschwung: Die Zeit am hinteren Ende<br />

<strong>der</strong> Startaufstellung hat ein Ende. Williams ist auf dem Weg zurück<br />

in den Kreis <strong>der</strong> Topteams. Wie ist das gelungen?<br />

MOTORRAD<br />

MOTOGP: Die Psyche <strong>der</strong> Champions 64<br />

TEAMKOLLEGEN: Auge um Auge, Zahn um Zahn 70<br />

DUCATI: Der Weg zurück ins Glück 78<br />

TECHNIK: Die neuen Dashboards erklärt 82<br />

HISTORY: USA und Australien: Was ist los? 84<br />

INTERVIEW: Jonas Folger 92<br />

PHILIPP ÖTTL: Der Hoffnungsträger 94<br />

TOP-5: Sprücheklopfer 96<br />

WSBK: Aprilia - Die <strong>Silberpfeile</strong> <strong>der</strong> WSBK 100<br />

INTERVIEW: Edgar Torronteras 102<br />

MOTOGP: TEAMKOLLEGEN-VERGLEICH<br />

Der erste Gegner ist stets <strong>der</strong> Teamkollege. So auch für Marquez und<br />

Pedrosa, Rossi und Lorenzo sowie Crutchlow und Dovizioso. Wer hat<br />

die besten Karten im teaminternen Vergleich?<br />

70<br />

MOTORSPORT<br />

WRC: Volkswagen - Feind im eigenen Lager 106<br />

ADAC MOTORSPORT: Splitter 110<br />

SERVICE<br />

INSIDE 04<br />

KOLUMNEN 14<br />

ZIELGERADE 112<br />

IMPRESSUM 114<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MILAGRO<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 3


EDITORIAL<br />

INSIDE<br />

Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein<br />

Stephan: Kerstin, die Heimat hat dich wie<strong>der</strong>:<br />

Zweimal um die Welt und dann direkt rein in<br />

die Heftproduktion!<br />

Kerstin: Mein Zeitgefühl ist komplett im<br />

Eimer! Aber die Menschen in Melbourne<br />

sind so unglaublich überfreundlich. Da<br />

fürchtest du, jemand will dir den Koffer<br />

klauen, dabei will er ihn nur für dich<br />

tragen.<br />

Stephan: In Sepang hättest du dich gefreut,<br />

wenn du ihn selbst hättest tragen<br />

müssen...<br />

Kerstin: Ja, lei<strong>der</strong> war er dem Saisonverlauf<br />

voraus und ist eigenständig nach Abu<br />

Dhabi weiter gereist.<br />

Stephan: Wahrscheinlich dachte er, er<br />

bekommt dann doppelte Punkte o<strong>der</strong> wenigstens<br />

doppelte Flugmeilen!<br />

Kerstin: Immerhin gab es dafür 50 Ringgit<br />

von <strong>der</strong> Airline.<br />

Stephan: Sagenhafte elf Euro!<br />

Christian ruft zur Bürotür herein: Haha,<br />

da hatte ich es in Bahrain besser! Ich<br />

habe an <strong>der</strong> Tankstelle mit einem 50<br />

Euro-Schein bezahlt und umgerechnet 70<br />

Euro zurückbekommen...<br />

Kerstin: Geh wie<strong>der</strong> in die Wüste!<br />

Stephan: Du musst aber zugeben, das ist<br />

äußerst effizient. Du warst bei <strong>der</strong> Pharaonen<br />

Rallye aber schon mal eine Woche in <strong>der</strong><br />

Wüste ohne Koffer... warum reißt <strong>der</strong> immer<br />

vor dir aus?<br />

Kerstin: Ich bin ganz lieb zu ihm, ehrlich.<br />

Stephan: Wenigstens durftest du dann ein<br />

Einkaufszentrum unsicher machen. Es soll<br />

ja Frauen geben, die gerne shoppen gehen...<br />

Kerstin: Lebensmittelmarkt auf dem Land<br />

trifft‘s vielleicht eher. Aber geh mal als Frau<br />

in einem muslimischen Land alleine in<br />

einem Supermarkt ohne Umkleidekabine<br />

Unterwäsche kaufen...<br />

Stephan: Hier wäre das ein Hit! Aber aus<br />

<strong>der</strong>en Sicht hast du den Laden wohl im<br />

wahrsten Sinne des Wortes terrorisiert - und<br />

dann auch noch uncoole, einfarbige Sachen<br />

eingekauft...<br />

Kerstin: Also mit den kunterbunten Gewän<strong>der</strong>n<br />

hätte ich Kai Ebel locker in den Schatten<br />

stellen können. Noch dazu alles nur in<br />

XXL, sodass ich dreimal reingepasst hätte.<br />

Stephan: Klingt nach einem Outfit für Jacques<br />

Villeneuve! Der kommt in dieser Ausgabe<br />

ja auch zu Wort.<br />

Kerstin: Jacques würde ich sofort dorthin<br />

schicken, klar! Aber wenn ich nur an diese<br />

weiten malaysischen Schlabberhosen<br />

denke... Hilfe!<br />

Stephan: Schlabberhosen, Unterwäsche und<br />

alles an<strong>der</strong>e waren sicher auch in allerlei<br />

psychedelischen Farbtönen gehalten, o<strong>der</strong>?<br />

Kerstin: Oh ja! Den armen, geschockten<br />

Einheimischen müssen meine mühevoll<br />

zusammengesuchten schwarzen Tops wie<br />

ein Punkrock-Outfit vorgekommen sein.<br />

Stephan: Du Revoluzzerin! Damit wären wir<br />

wie<strong>der</strong> bei Jacques. Wie stehen dir eigentlich<br />

lila Haare? Stopp, bitte nicht...<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com führte bei den ersten Saisonrennen<br />

wie gewohnt fleißig Interviews für diese Ausgabe und unsere<br />

Website. Bis Kerstins verschollener Koffer eintraf (s. Editorial),<br />

musste ein malaysisches Ersatz-Outfit herhalten...<br />

VIELEN DANK!<br />

Ein großes Dankeschön an unsere treue Leserschaft:<br />

Unsere Website www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com ist<br />

Deutschlands führendes <strong>Motorsport</strong>-Portal*<br />

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Noch mal danke!<br />

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4 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


NEUE KOLUMNISTEN<br />

STARS SCHREIBEN BEI<br />

MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />

GLEICH DREI NEUE KOLUMNISTEN BEGRÜSSEN WIR ZUM SAISONSTART AUF UNSERER WEBSITE<br />

MOTORSPORT-MAGAZIN.COM. NEBEN FORMEL-1-STAR NICO ROSBERG BERICHTEN AUCH DIE MOTORRAD-<br />

PILOTEN LUCA GRÜNWALD UND DOMINIQUE AEGERTER EXKLUSIV FÜR UNSERE LESER AUS DER WEITEN<br />

WELT DES MOTORSPORTS. KLEINER AUSZUG GEFÄLLIG?<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MILAGRO, MERCEDES-BENZ<br />

NICO ROSBERG<br />

NÄCHTLICHER BESUCHER<br />

»Im vorletzten Jahr hatte ich in Malaysia ein ganz kurioses<br />

Erlebnis. Als ich am Abend ins Bett ging, legte ich<br />

mein Thomas Sabo Glücksarmband aus schwarzem<br />

Le<strong>der</strong> auf meinen Nachttisch. Als ich aber am nächsten<br />

Morgen, ich glaube sogar, es war vor dem Rennen,<br />

aufwachte, fehlte die Hälfte davon! In <strong>der</strong> Nacht hatte<br />

es sich anscheinend eine Ratte auf meinem Nachttisch<br />

bequem gemacht, und das direkt neben meinem Kopf!<br />

Sie muss vielleicht 15 cm von mir entfernt gesessen<br />

und mein Armband verspeist haben...«<br />

Die Strecken Guides von Nico nachlesen:<br />

www.motorsport-magazin.com/goto/NR6/<br />

LUCA GRÜNWALD<br />

VIVA ESPAÑA!<br />

»In <strong>der</strong> Saisonvorbereitung verbrachte ich ein paar<br />

tolle Tage bei Marcel [Schrötter] und Jonas [Folger]<br />

in Spanien. Dort sind wir unter an<strong>der</strong>em Supermoto<br />

gefahren. Das war cool! Auf <strong>der</strong> Kartbahn um die<br />

Ecke haben wir Taddy Blazusiak, den Endurofahrer,<br />

getroffen. Wir sind mit kleinen 100er Maschinen die<br />

ganze Zeit durch die Gegend gerutscht. Das war echt<br />

<strong>der</strong> Hammer! Taddy ist ein ganz netter Kerl und total<br />

lässig.«<br />

Alle Kolumnen von Luca:<br />

www.motorsport-magazin.com/goto/LG43/<br />

DOMINIQUE AEGERTER<br />

FRISCHER WIND<br />

»Vor Saisonbeginn war ich in Genf im Windkanal. Für<br />

mich war das total interessant. Dort sitzt man auf<br />

dem Motorrad und muss die Position einnehmen, die<br />

man auf <strong>der</strong> Geraden unter <strong>der</strong> Verschalung hat. Wir<br />

haben viele Tests mit meiner Sitzposition gemacht.<br />

Ich konnte sie ein bisschen anpassen - was Kopf,<br />

Füße und Arme angeht - damit ich die beste Sitzposition<br />

und den wenigsten Windwi<strong>der</strong>stand habe.«<br />

Das schreibt Dominique:<br />

www.motorsport-magazin.com/goto/DA77/<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 5


FORMEL 1<br />

INSIDE<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER, MIKE WIEDEL<br />

UMFRAGE<br />

WIE GEFÄLLT IHNEN DER<br />

NEUE F1-SOUND?<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, RENAULT<br />

ERINNERUNGEN AN<br />

ROLAND RATZENBERGER<br />

Wir schreiben das Jahr 1994. Im Alter von 32 Jahren kommt Roland Ratzenberger vor<br />

genau 20 Jahren am Ziel seiner Träume an - er debütiert in <strong>der</strong> Formel 1. Der Österreicher<br />

ist beliebt, die Englän<strong>der</strong> nennen ihn »Roland the Rat«. Beim ersten Rennen scheitert<br />

er an <strong>der</strong> Qualifikationshürde, beim zweiten wird er in einem schwierig zu fahrenden<br />

Simtek Elfter. Dann <strong>der</strong> 30. April. Imola. Ratzenberger fährt mit ca. 300 km/h die Villeneuve-Kurve<br />

an. Sein Frontflügel bricht, das Auto gerät außer Kontrolle und kracht mit<br />

über 250 km/h in eine Mauer. Es wird bis zur Tosa-Kurve geschleu<strong>der</strong>t. Der Österreicher<br />

erleidet einen Genickbruch und schwere innere Verletzungen. Die Formel 1 ist schockiert<br />

und gelähmt. Auch 20 Jahre danach ist Roland Ratzenberger unvergessen.<br />

JACQUES VILLENEUVE<br />

RENNFAHRER GEHEN RISIKEN EIN<br />

Sound? Welcher Sound? 45%<br />

Klingt schlimmer als meine<br />

elektrische Zahnbürste 27%<br />

Ich steh‘ auf den Turbo-Klang! 14%<br />

Ich werde mich schon dran<br />

gewöhnen 8%<br />

Ist mir nicht so wichtig 6%<br />

CHRISTIAN DANNER<br />

SPRICHT KLARTEXT<br />

Christian<br />

Danner nimmt bei<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

kein Blatt<br />

vor den Mund<br />

Jacques Villeneuve kannte Roland Ratzenberger persönlich. Mit<br />

dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> erinnert sich <strong>der</strong> Weltmeister von 1997<br />

an die beiden Opfer des schwarzen Wochenendes von Imola 1994.<br />

Ein junger Jacques Villeneuve traf<br />

in Japan auf Roland Ratzenberger<br />

Jacques, was sind deine Erinnerungen an Ayrton Senna?<br />

Er war sicher einer <strong>der</strong> Größten - auf einem Level mit Alain Prost.<br />

Er war superschnell und hatte definitiv etwas Beson<strong>der</strong>es. Außerdem<br />

war er im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Formel 1 wahnsinnig<br />

leidenschaftlich.<br />

Du kanntest Roland Ratzenberger persönlich...<br />

Ja, ich habe Roland getroffen, als ich in Japan Formel 3 gefahren<br />

bin. Er hat dort ein bisschen auf mich aufgepasst. Ich bin ein<br />

bisschen Gruppe C gefahren und er hat mir dabei geholfen. Er<br />

war wirklich ein super Kerl.<br />

Das waren gefährliche Zeiten damals im Rennsport...<br />

Ja, es ist eine lange Zeit her. Als Rennfahrer hat man einen<br />

eigenen Weg, sein Leben zu leben. Man geht einfach Risiken<br />

ein, nicht unbedingt nur auf <strong>der</strong> Rennstrecke, auch allgemein im<br />

Leben. Wenn man dann sein Leben lassen muss, ist es wenigstens<br />

schön, dabei seiner Leidenschaft nachgegangen zu sein.<br />

»Der leidige Sound. Ja, die neuen Power Units sind<br />

nicht mehr so laut, aber sie machen noch genug<br />

Krawall, damit man sich auf <strong>der</strong> Tribüne die Ohren<br />

zuhalten muss. Könnte es lauter sein? Darüber lässt<br />

sich diskutieren. Aber ist das wirklich ein ernsthaftes<br />

Thema? Nein. Die Leute, die das jetzt kennen lernen,<br />

werden in fünf Jahren sagen: Super, so muss es sein.<br />

Es ist nicht immer automatisch alles Alte gut.«<br />

Christian Danner ist exklusiver Formel-1-<br />

Experte von <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com. Auf unserer<br />

Website spricht er zu den Top-Themen <strong>der</strong><br />

Formel-1-Welt Klartext.<br />

Mehr unter: www.motorsport-magazin.com/goto/<br />

6 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


DIE FORMEL 1 DEFINIERT<br />

SICH NICHT ÜBER KRACH<br />

UND LÄRM. DAS IST<br />

ABSURD.<br />

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THE AUTOBAHN<br />

TOUR 2014<br />

DER<br />

SOUND<br />

IST SHIT!<br />

Los geht‘s:<br />

Sportwagenfieber<br />

mit <strong>der</strong> Autobahn<br />

Tour 2014<br />

ausleben<br />

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10 Tage, die besten Straßen, die besten Partys in<br />

je<strong>der</strong> Stadt, zwei Rennstrecken plus Monaco<br />

Formel 1: Auf diese Rallye hat <strong>der</strong> Fahrer in jedem<br />

Autofahrer gewartet.<br />

Anmeldung unter: www.TheAutobahnTour.com<br />

GANZ BESONDERE OSTEREIER AM HOCKENHEIMRING<br />

Formel-1-Fans aufgepasst: Der Osterhase versteckt ein ganz beson<strong>der</strong>es Renn-Ei auf dem<br />

Hockenheimring. Wer ab sofort bis einschließlich 22. April Tickets für den Großen Preis<br />

Santan<strong>der</strong> von Deutschland direkt beim Hockenheimring bestellt, erhält die Chance auf ein<br />

Oster-Upgrade! Die bestellten Tickets werden in <strong>der</strong> nächsthöheren Kategorie ausgegeben,<br />

ohne dass sich <strong>der</strong> Preis erhöht. Bestellungen sind unter <strong>der</strong> Hotline +49 (0)6205 - 950 222<br />

sowie per E-Mail (info@hockenheimring.de) und Fax +49 (0) 6205 950 299 möglich. Die Oster-<br />

Upgrades werden im Aktionszeitraum unter allen Bestellungen mit dem Stichwort „Osterei“<br />

verlost. Weitere Informationen: www.hockenheimring.de<br />

Alle lieben<br />

es: Formel-<br />

1-Feeling bei <strong>der</strong><br />

Autobahn Tour<br />

2014 erleben


MOTORRAD<br />

INSIDE<br />

TEXT: MARKUS ZÖRWEG, MICHAEL HÖLLER<br />

Edgar Torronteras<br />

steht nicht auf<br />

Partys, aber auf<br />

Blondinen<br />

FOTOS: MILAGRO, MONSTER<br />

10<br />

2-Takt<br />

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FRAGEN AN<br />

EDGAR TORRONTERAS<br />

o<strong>der</strong> 4-Takt?<br />

2-Takt.<br />

Blondinen o<strong>der</strong> Brünette?<br />

Blondinen. Wie meine Frau!<br />

Contest o<strong>der</strong> Show?<br />

Show.<br />

Bier o<strong>der</strong> Sangria?<br />

Sangria!<br />

Real Madrid o<strong>der</strong> FC<br />

Barcelona?<br />

Keine Ahnung, ich bin kein<br />

großer Fußballfan.<br />

Marc Marquez o<strong>der</strong><br />

Fernando Alonso?<br />

Marquez.<br />

Strand o<strong>der</strong> Berge?<br />

Berge.<br />

Party o<strong>der</strong><br />

Familienabend?<br />

Definitiv Familienabend.<br />

Playstation o<strong>der</strong> Xbox?<br />

Playstation.<br />

Hässlicher Double-Backflip<br />

o<strong>der</strong> superstylischer<br />

Whip?<br />

Ganz klar, <strong>der</strong> Whip!<br />

EXPLOSIVER<br />

ADRENALINRAUSCH<br />

Schnelle Autos, heiße Frauen und rasante Action: Mit »Highspeed - Leben<br />

am Limit« erwartet Rennfans ein atemberauben<strong>der</strong> Action-Kracher im<br />

Stile von »Fast and Furious« und »Nur noch 60 Sekunden«. Die beiden<br />

Filmhelden Ari und Navas sind Teil <strong>der</strong> illegalen Rennszene und verdienen<br />

sich ihr Geld mit Überfällen. Für ihren neuesten Coup lässt sich Ari auf<br />

eine Affäre mit Mikel ein, einem Ex-Rennfahrer und Verlobten <strong>der</strong> Besit-<br />

zerin eines Juwelierladens. Von ihm erhoffen sie sich Insi<strong>der</strong>wissen und<br />

leichten Zugang zur Beute. Alles verläuft nach Plan, bis sich Ari in Mikel<br />

verliebt... Der Film ist ab sofort auf DVD & Blu-ray erhältlich.


»DIESES BIKE<br />

MUSS MAN<br />

EBEN HINTEN<br />

RANNEHMEN,<br />

ABER WIR HABEN<br />

JA ALLE EINE<br />

EX-FREUNDIN,<br />

DIE DAS AUCH<br />

MOCHTE.«<br />

Colin Edwards<br />

über die Vorlieben <strong>der</strong> Forward Yamaha<br />

Daijiro Kato ist in<br />

<strong>der</strong> MotoGP<br />

unvergessen<br />

NUMMER 74<br />

BLEIBT UNVERGESSEN<br />

Daijiro Katos Todestag jährt sich am 20. April zum elften Mal. Der Japaner verstarb im<br />

Alter von 26 Jahren 13 Tage nach einem schweren Unfall beim Auftaktrennen in Suzuka.<br />

Nach diesem fatalen Crash verschwand Suzuka bis heute aus dem MotoGP-Kalen<strong>der</strong>.<br />

Die Königsklasse ist seither in Motegi beheimatet. Kato hingegen schaffte es, als bislang<br />

einziger Japaner von Dorna und FIM offiziell zur MotoGP-Legende ernannt zu werden.<br />

Er feierte zwischen 1997 und 2001 insgesamt 17 Siege in <strong>der</strong> 250cc-WM und krönte<br />

sich 2001 zum Weltmeister. In <strong>der</strong> MotoGP holte er in seiner ersten Saison eine Pole<br />

Position und zwei zweite Plätze. 2002 wurde er zum Rookie of the Year gewählt. Seine<br />

Startnummer 74 wird in <strong>der</strong> Motorrad-WM nicht mehr vergeben.<br />

ROSSI LEUCHTET<br />

IN DER NACHT<br />

Valentino Rossi brachte in Katar nicht nur die<br />

Augen seiner Fans zum Leuchten. Der neunfache<br />

Weltmeister montierte im Training kurzerhand eine<br />

LED-Leiste an die Hinterseite seines Helms und<br />

sorgte damit für Aufsehen bei den wenigen Zusehern<br />

an <strong>der</strong> Strecke und den vielen vor den Fernsehschirmen.<br />

Für das Rennen untersagte die FIM<br />

Rossi allerdings den Gebrauch dieses Helms. Ob<br />

ihn ausgerechnet das schneller gemacht hat,<br />

konnten wir nicht in Erfahrung bringen.<br />

1. Reihe: (sitzend): Espargaro 1.v.l., Rossi 3.v.l., Lorenzo 4.v.l., Marquez 5.v.l., Pedrosa 6.v.l., Dovizioso<br />

8.v.l., Bradl 9.v.l. 2. Reihe: (stehend): Bautista 4.v.l., Hayden 5.v.l., Aoyama 6.v.l. 3. Reihe: di Meglio 1.v.l.<br />

SO VIELE WELTMEISTER<br />

WIE NOCH NIE<br />

Zum ersten Mal in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Königsklasse stehen elf Fahrer,<br />

die schon einmal einen Titel in <strong>der</strong> Motorrad-WM gewannen, in <strong>der</strong><br />

Startaufstellung. Neben Valentino Rossi (9 Titel), sind das Jorge Lorenzo<br />

(4), Marc Marquez (4), Dani Pedrosa (3), Nicky Hayden, Stefan Bradl,<br />

Pol Espargaro, Hiroshi Aoyama, Andrea Dovizioso, Alvaro Bautista und<br />

Mike di Meglio (je 1).


LEGENDÄRE<br />

BOLIDEN<br />

CITROEN<br />

XSARA<br />

WRC<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

DER KÖNIGS-<br />

RALLYE-LEGENDE AUF VIER RÄDERN: DER<br />

CITROEN XSARA WRC BEGRÜNDETE DIE<br />

ERFOLGSSERIE DES FRANZOSEN SÉBASTIEN LOEB.<br />

MACHER<br />

TEXT: SAMY ABDEL AAL<br />

10 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Korsika, Oktober 2001. Jesús Puras, bereits siebenmaliger<br />

spanischer Rallye-Meister, krönt<br />

seine Karriere mit dem einzigen Sieg bei einem<br />

Lauf <strong>der</strong> WRC. Was damals niemand weiß: die<br />

Rallye Korsika wird an jenem Wochenende<br />

Geburtsstätte einer wahren Rallye-Legende. Die<br />

Rede ist jedoch nicht von Puras selbst. Mit diesem<br />

Erfolg betrat <strong>der</strong> Citroen Xsara die größte<br />

Rallye-Bühne. Damit begann eine fast einmalige<br />

Erfolgsstory.<br />

Nur wenige Monate nach Puras‘ Erfolg triumphiert<br />

<strong>der</strong> Citroen Xsara WRC beim Saisonauftakt<br />

2002 in Monte Carlo erneut. Am<br />

Steuer: ein gewisser Sébastien Loeb. Zwar wird<br />

Citroen <strong>der</strong> Sieg nach einer Zeitstrafe nachträglich<br />

aberkannt - das Schreckensduo Xsara/Loeb<br />

hatte jedoch Blut geleckt. Insgesamt 28 <strong>der</strong> 32<br />

WRC-Siege des Xsara WRC gehen bis Ende des<br />

Jahres 2006 auf das Konto des Franzosen. Drei<br />

seiner neun aufeinan<strong>der</strong>folgenden WM-Titel<br />

holt Rallye-König Loeb mit Citroens Wun<strong>der</strong>waffe,<br />

ehe diese 2007 durch den nicht min<strong>der</strong><br />

erfolgreichen Citroën C4 WRC ersetzt wird.<br />

Carlos Sainz, Colin McRae, Francois Duval:<br />

Auch an<strong>der</strong>e Größen des Rallye-Sports helfen<br />

dem Citroen Xsara WRC dabei, an seinem<br />

Legendenstatus zu feilen. 2003 und 2004 sichert<br />

sich Altmeister Sainz zwei WM-Siege mit Citroens<br />

Rallye-Regenten. Auch <strong>der</strong> Belgier Duval<br />

jubelte am Steuer des Xsara über den einzigen<br />

Triumph seiner WRC-Karriere.<br />

TECHNISCHE DATEN<br />

Baujahr: 2003<br />

Antrieb: Allrad<br />

Zylin<strong>der</strong>: 4<br />

Hubraum: 1998 ccm<br />

Leistung: 310 PS<br />

Leergewicht: 1.230 kg<br />

Länge: 4.167 mm<br />

Breite: 1.770 mm<br />

Radstand: 2.555 mm<br />

Mit dem Citroen<br />

Xsara WRC begann<br />

die Dominanz des<br />

Sebastien Loeb<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 11


PRO & CONTRA<br />

ZERSTÖRT SICH DIE FORMEL 1 SELBST?<br />

Die guten, alten<br />

V10-Motoren machten<br />

höllischen Lärm<br />

In <strong>der</strong> neuen Ära hört<br />

man sogar quietschende<br />

Reifen<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

+++ PRO +++<br />

+++ CONTRA +++<br />

»Der Sound ist scheiße« - das sagt Vierfach-Champion und hängeschild Sebastian Vettel. Der Deutsche nimmt in Bezug auf die neuen<br />

Formel-1-Aus-<br />

1.6 Liter V6-Turbomotoren kein Blatt vor den Mund und damit ist er nicht<br />

allein. Die Mehrheit <strong>der</strong> Fans geht angesichts <strong>der</strong> zu leisen Motoren auf die<br />

Barrikaden.<br />

Diese aktuelle Diskussion ist nicht schön, aber für die F1-Verantwortlichen<br />

noch lange kein Grund für schrillende Alarmglocken. Ein Fehler, denn <strong>der</strong><br />

Sport ist auf dem besten Wege, sich selbst zu zerstören. Es geht dabei nicht<br />

um die Motorendiskussion an sich, son<strong>der</strong>n darum, dass die Formel 1 sich<br />

von dem wegbewegt, was sie ausmacht und damit auch von ihren Fans.<br />

Wer Beweise braucht, muss nur die Austragungsorte <strong>der</strong> Rennen auf <strong>der</strong><br />

Landkarte suchen - gefahren wird, wo viel Geld ist.<br />

Ohrenbetäuben<strong>der</strong> Motorenlärm, spannende Zweikämpfe, Rennfahrer, die<br />

sich am Limit bewegen - dafür steht die Formel 1 seit über 60 Jahren. Doch<br />

was ist davon übrig geblieben? Natürlich muss <strong>der</strong> Sport mit <strong>der</strong> Zeit gehen,<br />

doch dabei darf das Königliche, das Spezielle an <strong>der</strong> Rennserie nicht verloren<br />

gehen - und <strong>der</strong> Sound <strong>der</strong> Motoren war ein elementarer Teil dessen.<br />

Dieser fiel nun dem neuen, umweltfreundlichen Gedanken zum Opfer. Doch<br />

was soll an Fahrern, die schon 100 Meter vor einer Kurve bremsen, um<br />

Sprit zu sparen, königlich sein? Und doppelte Punkte ausgerechnet beim<br />

Saisonfinale zu verteilen, weil bei den Verantwortlichen das Geld in Form<br />

von Öl-Bächen fließt, lässt die Formel 1 für mich nicht speziell erscheinen,<br />

son<strong>der</strong>n einfach nur lächerlich.<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

Der Sound: kläglich! Die Nasen: hässlich! Die Regeln: unverständlich!<br />

Die neue Formel-1-Ära stieß bei vielen Fans auf wenig Gegenliebe.<br />

Berechtigt? Nicht immer und schon gar nicht in dieser Intensität. Wie so<br />

viele Dinge im Leben ist auch in <strong>der</strong> neuen Königsklasse nicht alles<br />

schlecht, was neu ist und automatisch alles gut, was früher einmal war.<br />

Ja, die neuen Hybrid-Turbomotoren klingen an<strong>der</strong>s, sind auch leiser als<br />

ihre Vorgänger. Aber wird dadurch ein Rennen uninteressanter, langweiliger<br />

o<strong>der</strong> gar unansehbar o<strong>der</strong> sagen wir besser unanhörbar? In meinen<br />

Augen und Ohren nicht. Mich interessieren spannende Zweikämpfe und<br />

Rad-an-Rad-Action. Ob die Motoren ein paar Dezibel lauter sind, sorgt<br />

für keinerlei Überholmanöver, die laut einer Fan-Umfrage vor einigen<br />

Jahren ja das Salz in <strong>der</strong> F1-Suppe sind.<br />

Natürlich haben wir uns an das hohe Kreischen <strong>der</strong> V8- und vorher <strong>der</strong><br />

V10-Motoren gewöhnt, aber das wird auch schnell mit <strong>der</strong> Geräuschkulisse<br />

<strong>der</strong> V6-Turbos <strong>der</strong> Fall sein. Wer schon mal an <strong>der</strong> Boxenmauer<br />

gestanden hat, wenn ein V10 mit Vollspeed vorbeibeschleunigt hat, kann<br />

sicher auf die schmerzenden Ohren danach verzichten. Musik war das<br />

ganz bestimmt nicht.<br />

Am Anfang ist es immer leicht, alles zu kritisieren. Auch die schmaleren<br />

Autos sind heutzutage ein völlig normaler Anblick für uns. Wichtig ist,<br />

dass die Action stimmt. Bei den doppelten Punkten gebe ich zu, dass<br />

die Formel 1 definitiv über das Ziel hinausgeschossen ist, aber von<br />

Selbstzerstörung kann keine Rede sein. Gebt <strong>der</strong> neuen F1-Ära eine<br />

Chance!<br />

TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />

12 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Spektakuläre<br />

Motocross-Action<br />

mit MXGP<br />

Der Spieler gibt<br />

virtuell Vollgas auf<br />

den besten Pisten<br />

MXGP - MIT VIEL LIEBE ZUM DETAIL<br />

MOTOCROSS-FANS AUFGEPASST! MXGP BRINGT DIE SPEKTAKULÄRE SPORTART DIREKT AUF DEN BILDSCHIRM IHRER<br />

WAHL - VON DER PLAYSTATION3 ÜBER DIE XBOX 360 UND DIE PLAYSTATION VITA BIS ZUM PC.<br />

TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />

Seit 28.03.2014 steht für alle Fans <strong>der</strong> Motocross-Szene<br />

ein wahrer Leckerbissen in den<br />

Regalen: Der renommierte Videospieleentwickler<br />

Milestone hat we<strong>der</strong> Kosten noch Mühen<br />

gescheut, um das offizielle Spiel zur FIM<br />

Motorcross Weltmeisterschaft 2013 zum neuen<br />

Maßstab für Motorradsimulationen zu machen.<br />

In Zusammenarbeit mit Fahrern <strong>der</strong> MX1- und<br />

MX2-Klasse konnten die Entwickler bisher<br />

unerreichten Realismus bei <strong>der</strong> Fahrphysik<br />

umsetzen, <strong>der</strong> auf PlayStation3, Xbox 360,<br />

PlayStation Vita und PC nachempfunden werden<br />

kann. Bei MXGP erwartet die Gamer aber<br />

nicht nur atemberauben<strong>der</strong> Realismus beim<br />

Fahrverhalten <strong>der</strong> Motorrä<strong>der</strong>: Insgesamt stehen<br />

60 Fahrer auf 60 unterschiedlichen Bikes<br />

zur Wahl, mit denen <strong>der</strong> Spieler auf allen 14<br />

offiziellen Strecken <strong>der</strong> Weltmeisterschaft sein<br />

Talent unter Beweis stellen darf. Die Spieler<br />

können dabei selbst wählen, ob sie in <strong>der</strong> MX1<br />

o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> MX2 antreten wollen.<br />

Neben komplett neu vermessenen Strecken<br />

bietet MXGP auch ein vollkommen überarbeitetes<br />

Grafikmodell. Die Austragungsorte werden<br />

damit nicht nur realitätsgetreu ausgeleuchtet<br />

und mit <strong>der</strong> gesamten Umgebung inklusive<br />

<strong>der</strong> Fans in perfekter 3D-Grafik abgebildet,<br />

son<strong>der</strong>n bieten noch mehr: Durch das Terrain<br />

Deformation System bleibt kein Erdklumpen<br />

auf dem an<strong>der</strong>en liegen, wenn Motocross-<br />

Größen wie Antonio Cairoli mit ihren Bikes über<br />

die Strecke jagen.<br />

Um auch die Bewegungsabläufe <strong>der</strong> Fahrer so<br />

echt wie möglich aussehen zu lassen, hat<br />

Milestone das sogenannte Motion Capture<br />

Verfahren benutzt. Mit Sensoren bestückte<br />

Anzüge zeichnen die Bewegungsabläufe <strong>der</strong><br />

echten Stars auf und helfen den Entwicklern<br />

dabei, sie im Videospiel wie<strong>der</strong>zugeben. Die<br />

Ästhetik kommt dabei übrigens nicht zu kurz:<br />

Auch ‚Monster Girl‘ Grace Leslie Rowe räkelte<br />

sich im Spezial-Anzug.<br />

Ein beson<strong>der</strong>es Highlight stellt <strong>der</strong> komplett<br />

neuartige Karriere-Modus dar. Erstmals in <strong>der</strong><br />

Geschichte eines Motocross-Videospiels können<br />

nicht nur einzelne Rennen o<strong>der</strong> Saisons<br />

nachgespielt werden, son<strong>der</strong>n ganze Karrieren.<br />

Im eigenen Büro kann sich <strong>der</strong> Spieler ständig<br />

über den Stand des Karrierefortschritts informieren.<br />

Durch gute Leistungen verdient er sich<br />

eine höhere Reputation und das Interesse <strong>der</strong><br />

Teams an einer Verpflichtung steigt. Auch<br />

Naturtalente müssen sich erst einmal den Weg<br />

an die Spitze bahnen. Wie viel Liebe zum Detail<br />

in MXGP steckt, zeigt auch die Einrichtung des<br />

virtuellen Büros: Die Motocross-Profis waren<br />

mit <strong>der</strong> ursprünglichen Ausstattung nicht<br />

zufrieden. Seitdem stehen Mountainbikes und<br />

Hantelbänke in den Arbeitszimmern.<br />

MXGP ist erhältlich für<br />

PS3, XBOX 360, PC<br />

und PS Vita<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 13


Wayne Rainey holte<br />

1992 den letzten<br />

seiner drei WM-Titel<br />

TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

KYALAMI 1992<br />

DOOHAN GEHT GEGEN<br />

RAINEY LEER AUS<br />

Das Saisonfinale 1992 in Südafrika stand im Zeichen großer Abschiede. Für<br />

Eddie Lawson, Wayne Gardner und Randy Mamola war es das letzte Rennen<br />

ihrer Karriere. Es ging in Kyalami aber um mehr: An <strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong> WM-Wertung<br />

lag Mick Doohan nur zwei Punkte vor Wayne Rainey. Doohan - damals noch<br />

ohne Titel - hatte die erste Saisonhälfte dominiert, war in Assen aber schwer<br />

gestürzt, hatte vier Rennen versäumt und erst zwei Wochen vor Kyalami sein<br />

Comeback gegeben. Rainey, <strong>der</strong> ebenfalls ein Rennen pausieren musste, hatte<br />

in <strong>der</strong> Zwischenzeit aufgeholt. In Kyalami musste er vor Doohan ins Ziel kommen.<br />

Sein damaliger Teamchef Kenny Roberts soll Rainey gefragt haben, ob<br />

er im Rennen Hilfe von seinem Teamkollegen John Kocinski wolle, doch <strong>der</strong><br />

Kalifornier soll verneint haben. Dennoch wechselte die Führung am Start von<br />

Polesitter Kocinski an Rainey. Das Yamaha-Duo lieferte sich in den Anfangsrunden<br />

mit Doug Chandler einen Dreikampf. Für Doohan sah es hingegen nicht<br />

DENK-<br />

WÜRDIGE<br />

RENNEN<br />

gut aus, denn er fiel rasch auf Rang sechs hinter Kevin Schwantz und Wayne<br />

Gardner zurück. Letzterer legte in <strong>der</strong> zweiten Rennhälfte gehörig zu, kassierte<br />

Chandler und Rainey und kam hinter Kocinski als Zweiter ins Ziel. Rainey<br />

reichte allerdings ein ungefährdeter dritter Rang zum Titelgewinn, da Doohan<br />

mit 30 Sekunden Rückstand nur Sechster wurde. Der neue und alte Weltmeister<br />

musste sich allerdings gegen Vorwürfe wehren, nur aufgrund von Doohans<br />

Unfall den Titel geholt zu haben. »Niemand hat mir diese Meisterschaft<br />

geschenkt«, verteidigte er sich später. Exakt 364 Tage danach sollte Rainey<br />

in Misano jener schwere Rennunfall wi<strong>der</strong>fahren, <strong>der</strong> ihn für immer an den<br />

Rollstuhl fesselte.<br />

DATUM: 6. September 1992<br />

STRECKE:<br />

Kyalami<br />

DISTANZ:<br />

28 Runden = 119.280 Kilometer<br />

STARTER: 31<br />

WETTER:<br />

Sonnig<br />

POLE POSITION:<br />

John Kocinski (1:39.548 Minuten)<br />

SCHNELLSTE RENNRUNDE: Wayne Gardner (1:39.952 Minuten)<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

Erst im letzten Rennen<br />

sicherte sich Rainey<br />

den Gesamtsieg<br />

Mick Doohan konnte Rainey<br />

nicht die Stirn bieten<br />

14 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


KOLUMNE | MOTORRAD<br />

DAS PHÄNOMEN<br />

ALEIX ESPARGARO<br />

TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

WARUM DER SYMPATHISCHE UNDERDOG EINE CHANCE IN EINEM WERKSTEAM VERDIENT HAT.<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

L<br />

ange Zeit flog er in <strong>der</strong> Motorrad-WM<br />

unter dem Radar <strong>der</strong> meisten Fans,<br />

quälte sich in den unteren Serien im<br />

Mittelfeld und fuhr eineinhalb Jahre bei Pramac in<br />

<strong>der</strong> MotoGP fernab von großem außerspanischem<br />

Medieninteresse. Doch spätestens seit seinen<br />

glanzvollen CRT-Auftritten im Vorjahr ist Aleix<br />

Espargaro <strong>der</strong> breiten Masse <strong>der</strong> Zweirad-Fans ein<br />

Begriff. 2014 legt er gehörig nach und sollte langsam<br />

für die Werksteams ein Thema werden.<br />

Er entspricht allen Klischees des sympathischen<br />

Un<strong>der</strong>dogs, <strong>der</strong> mit geringen Mitteln und stumpfen<br />

Waffen gegen übermächtige Gegner in den Kampf<br />

zieht und am Ende doch immer knapp verliert.<br />

Wobei Verlieren im Falle Espargaros relativ ist, denn<br />

die CRT-interne Gesamtwertung gewann er in den<br />

letzten beiden Jahren eindrucksvoll, in <strong>der</strong> Open-<br />

Kategorie wird das 2014 wohl nicht an<strong>der</strong>s sein,<br />

wie die bisherigen Ergebnisse nahelegen. Doch bei<br />

Espargaro muss man höhere Ansprüche ansetzen,<br />

denn er hat das Potenzial, sich mit den Werksmotorrä<strong>der</strong>n<br />

zu duellieren. Beson<strong>der</strong>s weil ihm unter<br />

dem Open-Reglement auf <strong>der</strong> letztjährigen Werks-<br />

Yamaha, aber vor allem wegen <strong>der</strong> weicheren<br />

Reifen noch mehr zuzutrauen ist als 2012 und<br />

2013. Mit starken Einzelrunden bei den Testfahrten<br />

und Serien-Bestzeiten in den Trainings beim Auftakt<br />

in Katar sorgte er für hochgezogene Augenbrauen<br />

bei Experten und finsteres Stirnrunzeln bei <strong>der</strong><br />

Konkurrenz. Die großen Werke wetterten schon,<br />

wie unfair die Open-Zugeständnisse denn seien.<br />

Die große Revolution in Form einer Pole o<strong>der</strong> eines<br />

Sieges fand dann doch nicht statt, weil Espargaro<br />

im Qualifying patzte. Erstmalig in seiner Karriere<br />

unter Erwartungsdruck, parkte er sein Motorrad<br />

zweimal im Kies und verpasste die erhoffte erste<br />

Startreihe beim Saisonauftakt klar. Dennoch reichte<br />

es im Rennen dank prominenter Ausfälle zu Rang<br />

vier und somit dem besten MotoGP-Ergebnis seiner<br />

Karriere. Espargaro befindet sich seit Februar auf<br />

einem sportlichen Höhenflug. Auch medial<br />

bekommt <strong>der</strong> Spanier immer mehr Aufmerksamkeit,<br />

vor allem da er gemeinsam mit Tech3-Rookie<br />

Pol das erste Brü<strong>der</strong>paar in <strong>der</strong> MotoGP seit langem<br />

bildet. Bisher fieberten sich die Geschwister gegenseitig<br />

zu, feuerten den jeweils an<strong>der</strong>en von <strong>der</strong><br />

Boxenmauer an und schienen sich bei einem Sieg<br />

des Bru<strong>der</strong>s noch mehr zu freuen als bei einem<br />

eigenen. 2014 dürfen sie sich gemeinsam im<br />

Scheinwerferlicht <strong>der</strong> Königsklasse des Motorradsports<br />

sonnen.<br />

Aleix Espargaro als umgänglich zu bezeichnen<br />

wäre die Untertreibung des Jahres. Sein strahlendes<br />

Lächeln scheint noch heller durch das<br />

Fahrerlager als jenes von Marc Marquez o<strong>der</strong><br />

Alvaro Bautista. Nie fällt ein böses Wort o<strong>der</strong><br />

gar eine abfällige Geste, wobei die gute Laune<br />

nicht aufgesetzt, son<strong>der</strong>n stets authentisch<br />

wirkt. Wer schon einmal unter vier Augen ein<br />

Interview mit Espargaro führen durfte, weiß<br />

wovon ich rede. Sunny Boy und Everybody‘s<br />

Darling zugleich: Espargaro ließe sich für jeden<br />

Hersteller gut vermarkten. Seine Karten im<br />

Transferpoker sollten nicht allzu schlecht stehen<br />

und im Alter von 24 Jahren muss <strong>der</strong> Spanier<br />

langsam den nächsten Schritt auf <strong>der</strong><br />

Karriereleiter aktiv anstreben. Sein Erfolg und<br />

sein Wesen geben ihm beste Voraussetzungen<br />

dazu. Und wenn im Laufe <strong>der</strong> Saison vielleicht<br />

auch noch das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Podium o<strong>der</strong><br />

eine Pole Position hinzukommt, sollte er spätestens<br />

dann auf den Listen <strong>der</strong> Headhunter<br />

von Yamaha, Honda, Ducati und Suzuki sehr<br />

weit oben rangieren. Wir geben den Herren Lin<br />

Jarvis, Shuhei Nakamoto, Gigi Dall‘Igna und<br />

Davide Brivio hiermit jedenfalls eine offizielle<br />

Kaufempfehlung ab.<br />

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TEXT: MICHAEL HÖLLER, MARIA POHLMANN & MARKUS ZÖRWEG<br />

FOTOS: DUCATI DEBATTE<br />

RECHT UND UNRECHT:<br />

WEM HILFT DAS NEUE REGLEMENT?<br />

DIE DORNA SCHREIBT DIE REGELN FÜR DUCATI NEU, FANS UND FAHRER SIND VERWIRRT. IST DER WETTBEWERB IN DER MOTOGP ÜBERHAUPT NOCH FAIR?<br />

Der <strong>Motorsport</strong><br />

breitet sich in<br />

aller Welt aus<br />

Maria: Zugegeben, was die Übersicht angeht,<br />

sind die neuen Regeln <strong>der</strong> MotoGP 2014 nicht<br />

unbedingt ideal. Grundsätzlich finde ich die<br />

Ideen <strong>der</strong> Dorna aber super. So hat Ducati<br />

wenigstens die Chance, eines Tages wie<strong>der</strong> an<br />

<strong>der</strong> Spitze dabei zu sein.<br />

Michael: Die Zuschauer wollen doch in erster Linie<br />

eine gute Show. Wer welche Reifen aufgezogen,<br />

beziehungsweise wie viele Liter im Tank hat,<br />

bekommt doch niemand mit.<br />

Markus: Wenn‘s nur um die Show gehen würde,<br />

könnten die Fans auch an<strong>der</strong>e Serien verfolgen. Sie<br />

wollen aber ihre Helden gewinnen sehen. Wenn sie<br />

jetzt nicht mehr verstehen, warum ein Fahrer an einer<br />

bestimmten Position liegt, wird‘s kritisch.<br />

Michael: So kritisch hinterfragen die meisten Fans<br />

das nicht... Das sind eher wir Journalisten. Wir brauchen<br />

ja auch eine Daseinsberechtigung.<br />

Maria: Sicherlich hinterfragen die Fans das nicht<br />

so kritisch, aber die Leute, die sich wirklich<br />

dafür interessieren, möchten auch mehr über<br />

die Hintergründe erfahren und sind an den<br />

Regeln interessiert.<br />

Markus: Für die Dorna geht es eben hauptsächlich um<br />

Zuschauer und das damit verbundene Geld. Dafür ist<br />

es wichtig, viele Motorrä<strong>der</strong> und Fahrer an <strong>der</strong> Spitze<br />

zu haben. Ob das sportlich fair ist, ist denen egal. Da<br />

helfen sie lieber Ducati etwas nach.<br />

Michael: Das ist ja auch gut so. Sonst sind die Italiener<br />

plötzlich weg und man steht mit zwei Herstellern<br />

da. Das bringt niemandem etwas.<br />

Markus: Eine Chance hat Ducati aber wohl nur, wenn<br />

Honda und Yamaha aussteigen. Selbst mit den zugestandenen<br />

Vorteilen sind sie von <strong>der</strong> Spitze meilenweit<br />

entfernt. Außer Verwirrung bringt das also gar nichts.<br />

Maria: Ducati hat schon eine Chance und dank<br />

<strong>der</strong> Extras können sie diese auch ausnutzen.<br />

Schließlich plant Gigi Dall‘Igna ein komplett<br />

neues Bike zu bauen und dazu braucht er einfach<br />

die Freiheiten, viele Dinge auszuprobieren.<br />

Ich bin mir sicher, dass sie es wie<strong>der</strong> schaffen<br />

können.<br />

Michael: Da geht‘s eher um die ferne Zukunft mit<br />

verpflichten<strong>der</strong> ECU. Bis die 2016 kommt, wird<br />

Ducati weiterhin im Schatten von Honda und Yamaha<br />

stehen. Und dann wird sowieso alles an<strong>der</strong>s - hofft<br />

zumindest Carmelo Ezpeleta.<br />

Markus: Suzuki kommt nächste Saison eh wie<strong>der</strong><br />

zurück, denen gebe ich bessere Chancen, an <strong>der</strong><br />

Spitze mitzufahren.<br />

Maria: Bis zum nächsten Jahr sollte auch Ducati<br />

es geschafft haben, wie<strong>der</strong> mithalten zu können.<br />

Ideales Szenario wäre doch, wenn die Italiener<br />

und die Japaner vorne mitkämpfen könnten. Ich<br />

finde, dafür kann man auch die Zugeständnisse<br />

für Ducati und Suzuki hinnehmen.<br />

Michael: Meiner Meinung nach ist bis 2016 die<br />

neuen Regeln kommen ohnehin alles nur Flickwerk.<br />

Und an <strong>der</strong> Hackordnung, beziehungsweise <strong>der</strong><br />

Dominanz von Honda und Yamaha wird sich bis<br />

dahin nichts än<strong>der</strong>n.<br />

Markus: Da gebe ich dir Recht. Ich glaube, dass die<br />

Probleme von Ducati einfach tief in ihrer Mentalität<br />

verankert sind. Selbst Rossi hat ja gesagt, dass es viel<br />

einfacher ist, mit Japanern zu arbeiten.<br />

Maria: Es geht dabei ja auch um die Zukunft.<br />

Außerdem: Warum sollte Ducati nicht schon<br />

jetzt bei <strong>der</strong> Musik dabei sein? Aleix Espargaro<br />

auf <strong>der</strong> Open-Maschine schafft es doch auch.<br />

Insgesamt sieht das Feld viel ausgeglichener<br />

aus dieses Jahr.<br />

Markus: Weil Aleix ein super Bike fährt, welches ein<br />

Jahr alt ist. Das ist immer besser, als eine neue<br />

Maschine, die einfach Schrott ist. Die Ducati ist meines<br />

Erachtens übrigens auch Schrott.<br />

Michael: Auf Dauer muss Ducati selbst sehen, dass<br />

sie an die Spitze kommen und nicht auf die Hilfe <strong>der</strong><br />

Dorna hoffen.<br />

Maria: Bis sie dahin kommen, ist etwas Schützenhilfe<br />

aber wirklich angebracht. Die Dorna ist<br />

ja dafür da, die Serie bestmöglich zu vermarkten<br />

und das geht nur, wenn sie etwas nachhelfen.<br />

Ohne Herstellervielfalt gibt es schließlich auch<br />

keine Action für die Fans.<br />

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KOLUMNE | FORMEL 1<br />

ALARMSTUFE ROT -<br />

DOMENICALI THE NEXT WHITMARSH?<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

DIE BERÜHMTEN GESETZE DES MARKTES GELTEN AUCH IN DER FORMEL 1. WHITMARSH IST WEG, DOMENICALI KÖNNTE FOLGEN.<br />

J<br />

a, Mercedes scheint einen Vorsprung<br />

zu haben. Sie scheinen eine Sekunde<br />

vorne zu liegen. Aber ihr braucht jetzt<br />

nicht mit <strong>der</strong> Schlagzeile zu kommen ‚Ferrari<br />

liegt eine Sekunde zurück‘.« Fernando Alonso ist<br />

in Australien <strong>der</strong> Frust deutlich ins Gesicht<br />

geschrieben. Der siegeshungrige Spanier sieht<br />

in seinem fünften Ferrari-Jahr erneut seine Felle<br />

davonschwimmen. Eine Sekunde Rückstand auf<br />

Mercedes hin o<strong>der</strong> her - Fakt ist, dass Ferrari<br />

mal wie<strong>der</strong> zu Saisonbeginn hinterherhinkt. Mal<br />

wie<strong>der</strong> sind die Roten nicht die Gejagten, son<strong>der</strong>n<br />

die Jäger. Nach vier Jahren Red-Bull-Dominanz<br />

scheint diese Saison eine neue, silberne<br />

Ära anzubrechen. Und Ferrari? Der italienische<br />

Traditionsrennstall sieht wortwörtlich Rot, allen<br />

voran Teamchef Stefano Domenicali. Der Druck,<br />

<strong>der</strong> auf seinen Schultern lastet, ist ihm in Australien<br />

deutlich anzusehen. Noch am Sonntagabend<br />

war er nach den Plätzen vier und sieben<br />

von Alonso und Kimi Räikkönen bemüht, Ferraris<br />

aktuellen Performance-Nachteil gegenüber den<br />

wartenden Journalisten zu erklären. Vergeblich.<br />

Seine gebückte Haltung ließ ihn auf dem schwarzen<br />

Stuhl wie einen kleinen, verängstigten<br />

Schuljungen vor dem Büro des Direktors wirken.<br />

Domenicali weiß, welche Stunde für ihn geschlagen<br />

hat. Ein weiteres Jahr ohne Titelgewinn wird<br />

Präsident Luca di Montezemolo nicht dulden,<br />

Konsequenzen würden auf dem Fuße folgen -<br />

und damit könnte Domenicali das gleiche<br />

Schicksal ereilen wie vor einigen Monaten Martin<br />

Whitmarsh. Der Brite ist in <strong>der</strong> Winterpause von<br />

<strong>der</strong> McLaren-Bildfläche verschwunden, bis heute<br />

warten die Journalisten auf einen Kommentar<br />

von ihm zu seinem »Rauswurf«. Ob Domenicali<br />

auch so schweigsam die Formel-1-Bühne verlassen<br />

würde? Beide verbinden durchaus<br />

Gemeinsamkeiten. Nach den <strong>Herrschaft</strong>sjahren<br />

von Jean Todt und Ron Dennis, die wohl niemals<br />

einen Beliebtheitswettbewerb gewinnen werden,<br />

sollten Stefano Domenicali und Martin Whitmarsh<br />

Ferrari und McLaren einen positiven<br />

Imageschub verschaffen und ihre jeweiligen<br />

Teams in eine neue, erfolgreiche Ära führen.<br />

Doch mit jeweils einem eingefahrenen Titel in<br />

ihrer mehrjährigen Teamchefzeit - 2007 Kimi<br />

Räikkönen/Ferrari; 2008 Lewis Hamilton/<br />

McLaren - gilt ihre Aufgabe endgültig als<br />

gescheitert. Im Fall von Whitmarsh zog Ron Dennis<br />

in <strong>der</strong> Winterpause die Reißleine. Der<br />

McLaren-Oberboss riss die Kontrolle im Team<br />

wie<strong>der</strong> an sich und ersetzte Whitmarsh klangheimlich<br />

durch Neo-Sportdirektor Eric Boullier.<br />

Gewisse Personen seien in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

verwirrt gewesen und hätten den Fokus verloren,<br />

begründete Dennis seine Entscheidung, ohne<br />

Martin Whitmarsh beim Namen zu nennen. Die<br />

Zeit von Whitmarsh ist abgelaufen, wie viel Zeit<br />

bleibt Domenicali? Wie Ron Dennis könnte Luca<br />

di Montezemolo, <strong>der</strong> Anfang des Jahres keinen<br />

Zweifel daran aufkommen ließ, dass alles außer<br />

dem Titelgewinn nicht akzeptabel sei, seinen<br />

Worten Taten folgen lassen. Doch wer könnte im<br />

‚worst case‘ die Rolle von Domenicali übernehmen?<br />

Ein passen<strong>der</strong> Kandidat scheint auf den<br />

ersten Blick nicht in Sicht zu sein, allerdings<br />

gelten Teamchefs in <strong>der</strong> aktuellen Formel 1<br />

sowieso als aussterbende Rasse. Ferrari könnte<br />

in Zukunft durchaus dem Modell von Mercedes<br />

folgen - dort hat sich das junge, frische Blut<br />

längst bewährt. Mercedes sind 2014 die<br />

Gejagten - eine Rolle, die Ferrari so schnell wie<br />

möglich wie<strong>der</strong> einnehmen muss.<br />

Stefano Domenicali<br />

muss 2014 einen<br />

Titel gewinnen<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

17 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


MARK & KEITH SUTTON<br />

LIFE THROUGH A LENS<br />

Champagner Marsch!<br />

Nico gefällt die neue Ära<br />

Folge Mark Sutton bei<br />

twitter @suttonimages<br />

01<br />

01 EMOTIONALER NICO<br />

Ein großartiges Bild von Nico Rosberg. Ich konnte kaum<br />

glauben, dass er bei all seiner Gelassenheit auf dem<br />

Podium so emotional sein würde. Das war toll zu sehen.<br />

Wenn er gewinnt, brechen die Emotionen nur so aus ihm<br />

heraus. Im letzten Jahr wurden die Dauersiege und Vettel-<br />

Finger schon etwas langweilig. Hier sieht man die pure<br />

Erleichterung und Lust am Sieg: Vom ersten Moment, als<br />

Nico auf das Podium stieg über die Pokalübergabe bis<br />

zum Champagner. Es war nicht sein erster Sieg o<strong>der</strong> sein<br />

erstes Rennen, aber er sieht es als ersten kleinen Schritt<br />

mit Mercedes in diesem Jahr. Es geht nur darum, so viele<br />

Punkte wie möglich zu sammeln.<br />

02 NEUGIERIGER ADRIAN<br />

Sebastian Vettels Red Bull stand in Melbourne nah am<br />

Sauber und so wan<strong>der</strong>te Adrian Newey herüber. Das<br />

macht er bei jedem Rennen, und zwar ganz offensichtlich!<br />

Monisha Kaltenborn ist sogar direkt an ihm vorbei gelaufen<br />

und hat ihn angegrinst. Ein echt lustiger Moment. Adrian<br />

stört so etwas nicht. Er scheint die an<strong>der</strong>en Autos anzuschauen<br />

und sofort zu erkennen, in welche Richtung sie<br />

gehen. Vielleicht sieht er etwas, das funktionieren könnte,<br />

aber letztlich machen alle Teams das gleiche. Ich würde<br />

nicht so weit gehen, es Spionage o<strong>der</strong> Betrug zu nennen.<br />

Newey liebt es einfach, herumzulaufen und zu schauen,<br />

was die an<strong>der</strong>en machen. Einfach faszinierend.<br />

03 LUFTIGER JENSON<br />

Ich habe das Rennen auf einer Großbildleinwand verfolgt<br />

und sah, dass sie Nahaufnahmen von Jenson Buttons<br />

Fahrzeugnase machten. Interessanterweise konnte man<br />

in Melbourne zum ersten Mal den Streckensprecher über<br />

den Motorenlärm hören. Der Turbo-Motor ist immer noch<br />

recht laut, aber wir brauchen keine Ohrstöpsel mehr. So<br />

habe ich gehört, dass seine Nase beschädigt war. Also<br />

dachte ich mir: »Das Foto muss ich haben!« Hier fährt er<br />

mit 210 o<strong>der</strong> 220 km/h durch Kurve zwei. Ich schwenke<br />

also bei seiner Fahrt mit. Es ist unglaublich, dass er damit<br />

noch Dritter geworden ist. Er muss definitiv frische Luft<br />

an den Füßen gefühlt haben!<br />

Genau hinschauen:<br />

Newey behält die<br />

Konkurrenz im Blick<br />

Nasenloch:<br />

Schönheits-OP<br />

mit Wirkung<br />

02 03


KOLUMNE | FORMEL 1<br />

HITCHHIKER‘S GUIDE TO F1<br />

DIE LEHREN DES AUFTAKTS<br />

TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />

WAS HABEN WIR NICHT ALLES GELERNT IN DEN ERSTEN SAISONRENNEN... JA, WAS EIGENTLICH?<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, RENAULT, MERCEDES-BENZ, MOTORSPORT-MAGAZIN<br />

Einsam und<br />

verlassen: Nicos<br />

Helm und Pokal<br />

Neues Gesicht: Kevin<br />

Magnussen mischt<br />

die Etablierten auf<br />

LEHRE NUMMER 1: Vom Gejagten zum Jäger<br />

Ihr glaubt also, dass es bei dieser Lehre um Red Bull geht? Ja? Falsch! Jetzt werdet ihr sicher<br />

schmollend einwerfen: Aber da steht doch »Vom Gejagten zum Jäger« - das kann doch nur<br />

Red Bull sein... Nein, immer noch falsch [an dieser Stelle ein markerschütterndes Geräusch<br />

ähnlich dem »Zonk« vorstellen, wer den nicht mehr kennen sollte: das ist auf jeden Fall deutlich<br />

lauter als diese V6-Turbo-Motörchen]. Und was ist jetzt mit <strong>der</strong> Jagd? Die war ausgiebig,<br />

grausam und bis zuletzt offen. Auf <strong>der</strong> Rennstrecke mag Mercedes zum unangefochtenen<br />

Gejagten mutiert sein, in <strong>der</strong> eigenen Fahrerlager-Hospitality entwickelten sie sich in <strong>der</strong><br />

Affenhitze von Sepang jedoch wie<strong>der</strong> zurück zum eiskalten (ja okay, Malaysia, also sagen wir<br />

lieber knallharten) Jäger. Der Kampf gegen eine lästige Fliegen-Plage verlangte eben nach<br />

äußerst effizienten Jagdstrategien.<br />

LEHRE NUMMER 2: Wir lieben ihn, wir hassen ihn...<br />

Ach wie herzallerliebst. Kevin Magnussen strahlte in Australien über das gesamte Gesicht. Die<br />

Formel-1-Welt hat einen neuen Everybody‘s Darling. Ein Podium beim Debüt fühle sich für<br />

ihn wie ein Sieg an, meinte <strong>der</strong> Däne irgendwie putzig, wenn auch arg abgedroschen. Und<br />

was machte sein zurückgekehrter Chef? Er nörgelte: »Wenn wir nicht gewinnen, sind wir nicht<br />

dort, wo wir sein möchten.« Rumms. Ron ist wahrlich zurück. In allerbester, unausstehlicher<br />

Dennis-Manier. Wenn man in <strong>der</strong> Journalistenmeute neben ihm stand, wollte man ihn am<br />

liebsten Erwürgen - und ihn danach dazu beglückwünschen. Irgendwie hat er uns an vor<strong>der</strong>ster<br />

Front einfach gefehlt. In Malaysia waren Kevins Presserunden übrigens komplett überfüllt. Ein<br />

Wun<strong>der</strong>, dass <strong>der</strong> geschäftstüchtige Ron keine Tickets dafür verkaufen wollte.<br />

Völlig entnervt:<br />

Romain Grosjean<br />

verzweifelt am E22<br />

LEHRE NUMMER 3: Diese Franzosen!<br />

Versteh mal einer die Franzosen. O<strong>der</strong> wahrscheinlich eher nicht. Zum Glück gibt es Lotus.<br />

Deren Fabrik war für einige Jahre von französischen Truppen besetzt. Außerdem haben sie<br />

einen französischen Fahrer, <strong>der</strong> genau genommen aber eigentlich Schweizer ist (was wir<br />

allerdings nicht so laut sagen dürfen, sonst springen seine französischen Geldgeber auch noch<br />

ab und dann wird‘s richtig finster in <strong>der</strong> ehemaligen Kolonie). In Sachen Französisch sind sie<br />

also echte Experten. Deshalb verstehen sie Romains Funksprüche besser als je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e.<br />

So zum Beispiel: »Horrible!« Wenn wir <strong>der</strong> Nachhilfestunde Glauben schenken, eine recht<br />

häufig gebrauchte Floskel in F1-Kreisen: »‘orrible ist Französisch. Es bedeutet: ‚Das Auto hat<br />

viel Potential, das wir noch entfalten müssen.‘« Bingo! Das rief übrigens auch <strong>der</strong> Sieger<br />

unseres Redaktions-Tippspiels, ab welcher Runde kein Lotus mehr im Rennen sein würde,<br />

um sein Potential zu entfalten.<br />

Sieger-Quartett:<br />

Lewis, Nico, Paddy &<br />

Toto hatten viel Spaß<br />

LEHRE NUMMER 4: Dieser Sieg ist für euch...<br />

Gewinnen ist nicht alles! Nein, keine Angst. Ron bekommt bei diesem Satz keine grauen Haa...<br />

halt, er hat ja eh kaum mehr welche. Egal. Gewinnen ist Grundvoraussetzung. Schritt 2 ist die<br />

Kür, die kaum zwei Rennfahrer in <strong>der</strong> Geschichte ihrer schier unerschöpflichen Heimrennen<br />

so gut zelebrierten wie Lewis und Nico in Malaysia. Erst brüllte Nico den Namen des Hauptsponsors<br />

vom Podium, dann hielt er das Flaggschiff-Handy eines weiteren Geldgebers bei <strong>der</strong><br />

Pressekonferenz gut sichtbar in die Kamera. »Besser geht es nicht«, wie Niki stets zu sagen<br />

pflegt. »Wir haben vor <strong>der</strong> Saison alle Szenarien mit unseren Fahrern durchgesprochen«,<br />

erklärte Toto in Melbourne. Stallregie? Von wegen! Da sie ohnehin wissen, dass sie gewinnen<br />

werden, tüfteln sie in den Besprechungen nicht an den Rennstrategien, son<strong>der</strong>n an kreativen<br />

Guerilla-Marketingaktionen für die Siegerehrungen. Vielleicht sollte sich Greenpeace ein Beispiel<br />

daran nehmen...<br />

19 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


SLIDESHOW | FORMEL1 | #36 | 2014<br />

❱ DIE<br />

UNGESCHÖNTE<br />

WAHRHEIT<br />

TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />

FOTO: ADRIVO/SUTTON<br />

Die Hinterbänkler machten sich nach den Testfahrten große Hoffnungen:<br />

Auch arrivierte Teams hatten zu kämpfen, Red Bull kam meist nicht<br />

recht viel weiter als aus <strong>der</strong> eigenen Box heraus. Doch von Ausfallorgien<br />

war zu Saisonbeginn nicht viel zu sehen und schnell holte Marussia<br />

und Caterham die bittere Realität ein. Wie<strong>der</strong> waren es die beiden Teams,<br />

die für Startabbrüche und Startunfälle sorgten. Von Punkten waren die<br />

Dauerrivalen um Platz 10 so weit weg wie <strong>der</strong> Caterham von Ästhetik.<br />

Dabei wäre <strong>der</strong> Regelumbruch die große Chance <strong>der</strong> kleinen Teams<br />

gewesen. Je länger die Saison dauert, desto unwahrscheinlicher werden<br />

Überraschungen und damit Erfolge für die Kleinen. Immerhin: Mit Lotus<br />

scheinen sie einen neuen Verbündeten gefunden zu haben.<br />

20 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 21


FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

Katastrophal<br />

bis desaströs:<br />

Lotus erlebt<br />

einen<br />

Alptraum<br />

22 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


NEUE<br />

1<br />

FORMEL<br />

NEW<br />

WORLD<br />

ORDER<br />

FERRARI, MCLAREN, RED BULL DAS WAR EINMAL IN DER FORMEL 1 IST NICHTS MEHR SO, WIE ES<br />

EINMAL WAR EINE NEUE ZEITRECHNUNG HAT BEGONNEN DAS MOTORSPORT-MAGAZIN NIMMT DAS<br />

AUF DEN KOPF GESTELLTE FORMEL-1-WELTBILD GENAU UNTER DIE LUPE: WER SIND DIE<br />

GLÜCKLICHEN GEWINNER? WER SIND DIE GROSSEN VERLIERER? WER SIND DIE WÜTENDEN JÄGER?<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER, STEPHAN HEUBLEIN & MIKE WIEDEL<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 23


NEUE<br />

1<br />

FORMEL<br />

GEWINNER & VERLIERER<br />

GEWINNER<br />

TOTO WOLFF<br />

‚Smiley-Man‘ hat jetzt<br />

wirklich allen Grund zum<br />

Lachen. Compliance?<br />

Schnee von gestern!<br />

Verlierer<br />

ROMAIN GROSJEAN<br />

Fühlt sich »horrible!« Sein<br />

schrecklicher E22 könnte<br />

ihn fürchterlich viel Geld<br />

beim Therapeuten kosten.<br />

Verlierer<br />

PASTOR MALDONADO<br />

Will sein Geld zurück!<br />

Muss sich für seinen<br />

Lotus-Wechsel in den<br />

venezolanischen Hintern<br />

beißen...<br />

GEWINNER<br />

PAUL HEMBERY<br />

Ist die Meute los! Die<br />

Zeit als Prügelknabe des<br />

Fahrerlagers ist (vorerst)<br />

vorbei.<br />

24 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

GEWINNER<br />

JUNGE GARDE<br />

Alonso & Co. aufgepasst!<br />

Magnussen, Ricciardo,<br />

Kvyat & Bottas könnten<br />

euch alt aussehen lassen.<br />

Verlierer<br />

RÉMI TAFFIN<br />

Hat die Meute jetzt am<br />

Hals! Sollte Bodyguards<br />

engagieren, bis die Renault<br />

Power Unit funktioniert...<br />

Verlierer<br />

OHRSTÖPSELHERSTELLER<br />

Sollten umsteigen: von<br />

Motorenlärm dämmen auf<br />

Motorengeräusche<br />

verstärken. Die Fans würden<br />

es lieben.<br />

GEWINNER<br />

RON DENNIS<br />

Kann wie<strong>der</strong> das tun, was<br />

er am besten kann - sich<br />

als Herrscher aufspielen.<br />

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TEXT: KERSTIN HASENBICHLER & STEPHAN HEUBLEIN<br />

HERR-<br />

SCHAFT<br />

DER<br />

SILBER-<br />

PFEILE<br />

NEUE<br />

1<br />

FORMEL<br />

AUS EINER DUNKLEN VORAHNUNG WURDE FÜR DIE RIVALEN<br />

BITTERE REALITÄT: MERCEDES DOMINIERT DIE NEUE FORMEL-1-<br />

ÄRA. DER WEG ZUM WELTMEISTERTITEL FÜHRT NUR ÜBER NICO<br />

ROSBERG UND LEWIS HAMILTON. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN<br />

ANALYSIERT DIE NEUE HERRSCHAFT DER SILBERPFEILE.<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES<br />

26 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 27


E<br />

twas einsam und verlassen<br />

liegt er da. Auf Laptops und<br />

Stoffhüllen gebettet. Wenn<br />

er schreien könnte, würde<br />

er lauthals um Aufmerksamkeit<br />

betteln. Hilfe, ich<br />

bin ein Pokal, holt mich hier raus! Nico Rosbergs<br />

Siegerpokal von Melbourne fristet am Sonntagabend<br />

nach <strong>der</strong> glorreichen Triumphfahrt seines<br />

neuen Besitzers ein eher trostloses Dasein auf<br />

einem Holztisch in <strong>der</strong> Ecke <strong>der</strong> Team-Hospitality.<br />

Die ganze Aufmerksamkeit gilt seinem Gewinner,<br />

<strong>der</strong> nur wenige Meter entfernt in höchsten Tönen<br />

von seinem neuen Silberpfeil schwärmt - kein<br />

Wort über die vernachlässigte Trophäe. »Es ist<br />

eine Freude, so ein schnelles Auto zu haben - das<br />

habe ich vorher noch nie erlebt«, gesteht Rosberg<br />

dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> mit einem breiten<br />

Grinsen im Gesicht. »Es ist so cool, zu wissen,<br />

dass das Ding abgeht wie sonst was.« Der erste<br />

Sieger <strong>der</strong> neuen Power-Unit-Generation ist also<br />

ein Silberpfeil. Einen passen<strong>der</strong>en Pokal hätte es<br />

dafür kaum geben können, erinnert die silberne<br />

Schale mit ihren drei Speichen doch stark an den<br />

Mercedes-Stern. Ein wahres Sinnbild für den<br />

Umbruch in <strong>der</strong> Königsklasse: »Wir müssen uns<br />

nicht mehr vor Teams wie Red Bull verstecken,<br />

die bislang die Messlatte waren«, sagt uns Rosberg<br />

voller Überzeugung. »Es ist eine Freude, diesen<br />

Silberpfeil zu fahren.«<br />

Noch am Tag von Rosbergs Auftaktsieg sind im<br />

Fahrerlager Stimmen zu vernehmen, die besagen:<br />

»Wenn einmal beide Autos ins Ziel kommen,<br />

macht Mercedes alle platt.« So sollte es in<br />

Malaysia kommen. Passend zum 80-jährigen<br />

Jubiläum <strong>der</strong> <strong>Silberpfeile</strong> in diesem Jahr ist zum<br />

ersten Mal seit den Jahren 1954 und 1955 wie<strong>der</strong><br />

ein Mercedes-Werksteam die Nummer 1 in <strong>der</strong><br />

Formel 1. »Es ist klar, dass sie gut an<strong>der</strong>thalb<br />

Sekunden Vorsprung auf alle an<strong>der</strong>en haben«,<br />

gibt Ron Dennis nach dem Rennen in Australien<br />

zähneknirschend zu. »Das ist eine Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />

die aber nicht unmöglich zu lösen ist.« Wer<br />

weiß, wie schwer Dennis so eine Aussage fällt,<br />

<strong>der</strong> erkennt, wie überlegen die Mercedes-Vorstellung<br />

tatsächlich gewesen ist. Immerhin gab<br />

Dennis einst selbst zu, dass ihm Nie<strong>der</strong>lagen<br />

körperliche Schmerzen bereiten würden; jene<br />

gegen den scheidenden Motorenlieferanten und<br />

früheren Unternehmenspartner umso mehr.<br />

Kein Wun<strong>der</strong>, dass er die Aufholjagd auf<br />

Mercedes noch vor <strong>der</strong> Freude über Kevin Magnussens<br />

Traumdebüt einreihte.<br />

Voll konzentriert:<br />

Rosbergs größter<br />

Rivale fährt ebenfalls<br />

einen Silberpfeil<br />

Mercedes war vom<br />

ersten Test an schnell<br />

und zuverlässig<br />

Rosberg hat den<br />

Titel im Visier<br />

Mercedes ist nach<br />

dem Saisonbeginn das<br />

Maß <strong>der</strong> Dinge<br />

28 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES<br />

Hamilton greift nach<br />

WM-Titel Nummer 2<br />

Ein entscheiden<strong>der</strong> Baustein des silbernen<br />

Erfolgs sind die neuen Regeln, die neben umfassenden<br />

aerodynamischen Än<strong>der</strong>ungen auch<br />

einen komplett neuen Antriebsstrang mit sich<br />

bringen. Die Weichen in Richtung Formel-<br />

1-Olymp stellte Mercedes auf diesem Gebiet<br />

schon vor einigen Jahren. Die ersten internen<br />

Überlegungen zur neuen Power Unit fanden<br />

bereits Ende des Jahres 2010 statt. Als dann Mitte<br />

2011 die Regeln für die neuen V6-Hybrid-Power-<br />

Units veröffentlicht wurden, schalteten die<br />

Chassis-Abteilung im englischen Brackley und<br />

die Motorenschmiede im nahe gelegenen Brixworth<br />

einen Gang höher. »Es hat sich gelohnt,<br />

dass Mercedes mit <strong>der</strong> Arbeit an dieser Technologie<br />

früher begonnen hat als alle an<strong>der</strong>en«,<br />

betont Allan McNish im Gespräch mit dem<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Nicht nur für den schottischen<br />

Ex-Formel-1-Fahrer und dreifachen Le-<br />

Mans-Sieger ist <strong>der</strong> Mercedes-Motor das beste<br />

Aggregat im Feld. »Red Bull scheint ein gutes<br />

Chassis zu haben, aber bei den Topspeeds liegen<br />

sie gegenüber Mercedes zurück«, analysiert<br />

McNish. In <strong>der</strong> neuen Formel 1 spielen so viele<br />

Bereiche eine Rolle: Leistung, Zuverlässigkeit,<br />

Verbrauch - Mercedes scheint in allen Gebieten<br />

führend zu sein. »Ich wi<strong>der</strong>spreche aber Leuten,<br />

die behaupten, dass Mercedes mehr Zeit hatte,<br />

um sich auf die Situation einzustellen«, sagt<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com Experte Christian<br />

Danner. Je<strong>der</strong> habe zur gleichen Zeit erfahren,<br />

wie das neue Reglement aussehen würde. »Alle,<br />

die jetzt schimpfen, waren an <strong>der</strong> Entscheidungsfindung<br />

beteiligt, die Komplexität war allen klar.<br />

Aber nur ein einziger hat die Problematik ernst<br />

genommen und das war Mercedes. Die an<strong>der</strong>en<br />

haben es unterschätzt.«<br />

Die neue Power Unit ist in <strong>der</strong> heutigen Formel<br />

1 ein äußerst wichtiger Baustein. »Rä<strong>der</strong> hat sie<br />

aber trotzdem keine, auch die Chassis-Mannschaft<br />

hat ein sehr konkurrenzfähiges Auto<br />

gebaut«, betont <strong>der</strong> frühere Mercedes-<strong>Motorsport</strong>chef<br />

Norbert Haug. »Die augenblickliche<br />

Dominanz ist kein Geschenk, son<strong>der</strong>n Produkt<br />

harter Arbeit und guter Ideen, die konsequent<br />

umgesetzt worden sind.« Dabei kommt Mercedes<br />

die Erfahrung <strong>der</strong> Wintertestfahrten zugute.<br />

Während vor allem die Renault-Teams mehr an<br />

<strong>der</strong> Box standen, als auf <strong>der</strong> Strecke Daten zu<br />

sammeln, spulten die <strong>Silberpfeile</strong> eine Runde<br />

nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en ab - einige Kin<strong>der</strong>krankheiten,<br />

vor allem gegen Ende des zweiten Bahrain-Tests<br />

einmal außen vorgelassen. »Mercedes hat deshalb<br />

jetzt den Vorteil, dass sie das Auto abstimmen<br />

können und den Reifen verstehen«, erklärt<br />

Danner. Diese Basisarbeit mussten die an<strong>der</strong>en<br />

Teams an den ersten Rennwochenenden nachholen.<br />

»Irgendwann wird <strong>der</strong> Vorsprung durch<br />

den Motor weg sein, aber wenn es ihnen gelingt,<br />

den aktuellen Vorteil für die Fahrzeugabstimmung<br />

zu nutzen, dann bleibt Mercedes auch<br />

danach weiter <strong>der</strong> Gejagte.«<br />

A<br />

ber nicht nur die Technik bereitete<br />

den Weg zur mo<strong>der</strong>nen Silberpfeil-<br />

Ära, auch die umfangreichen<br />

Umstrukturierungen im Hintergrund<br />

brachten das Team auf Kurs. Seit <strong>der</strong><br />

werksseitigen Rückkehr von Mercedes in die<br />

Königsklasse im Jahr 2010 hat <strong>der</strong> Konzern seinen<br />

Rennstall kontinuierlich mit Top-Ingenieuren<br />

wie Paddy Lowe, Bob Bell, Aldo Costa und<br />

Geoffrey Willis verstärkt. »Sie haben eine Gruppe<br />

an Technikern, die sehr gut zusammen arbeitet«,<br />

bestätigt Ex-Weltmeister Damon Hill dem<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Im Winter kündigte<br />

Mercedes sogar zwei Neuzugänge aus den Reihen<br />

von Red Bull an, womit Adrian Newey wichtige<br />

Säulen in seinem Ingenieursteam verlor. Vor<br />

noch nicht mal zwölf Monaten wurde Mercedes<br />

teils noch für seine hochkarätige Technikerriege<br />

belächelt. Von zu vielen Köchen und Häuptlingen<br />

war die Rede, die den Silberpfeil ver<strong>der</strong>ben<br />

würden. »So lange das Ergebnis stimmt, ist es<br />

jedem selbst überlassen, wie er seine Struktur<br />

aufbaut«, wiegelt Danner spöttische Kritik am<br />

oft zitierten Überschuss an Technischen Direktoren<br />

ab. Die Investitionen in Toppersonal zahlen<br />

sich für das Team in dieser Saison in Ergebnissen<br />

auf <strong>der</strong> Rennstrecke aus: das Chassis und<br />

die Power Unit des Silberpfeils legen die Messlatte<br />

für die Sternenjäger sehr hoch. Dabei spielen<br />

auch die Rückschläge <strong>der</strong> vergangenen vier<br />

Jahre eine wichtige Rolle. »Was Mercedes zugute<br />

kommt, ist sicherlich, dass sie in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

eines auf die Nüsse bekommen haben«,<br />

glaubt Danner. Erst im dritten Aufbaujahr gelang<br />

Nico Rosberg in Shanghai <strong>der</strong> erste Silberpfeilsieg<br />

<strong>der</strong> Neuzeit - ganze 20.671 Tage nach dem<br />

bis dahin letzten Werks-Silberpfeil-Triumph in<br />

Monza 1955. Ein Jahr darauf siegten Rosberg<br />

und Lewis Hamilton immerhin schon bei drei<br />

Grands Prix. Die Aufbauarbeit trug so langsam<br />

erste Früchte, doch <strong>der</strong> massive Reifenhunger<br />

des F1 W04 machte weiteren Erfolgen jäh einen<br />

Strich durch die Rechnung. Der langjährige<br />

<strong>Motorsport</strong>chef Norbert Haug beobachtete →<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 29


Die Silberpfeil-Piloten haben in dieser Saison höchstwahrscheinlich<br />

noch viele Champagner-Duschen vor sich<br />

all dies nach seinem Abgang im Winter 2012 aus<br />

<strong>der</strong> Ferne. Heute ist er mit dem Ergebnis zufrieden:<br />

»Der Aufbau wird konsequent und konstant<br />

fortgesetzt und die Titelchancen sind jetzt gegeben«,<br />

verriet Haug im Interview mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.<br />

Dazu haben unter an<strong>der</strong>em auch<br />

seine Quasi-Nachfolger beigetragen. Denn<br />

neben vielen Technikern kamen auch zwei österreichische<br />

Strippenzieher an Bord. Zum einen<br />

Haugs Nachfolger als <strong>Motorsport</strong>boss Toto<br />

Wolff, zum an<strong>der</strong>en <strong>der</strong> Aufsichtsratsvorsitzende<br />

Niki Lauda. »Leute wie Niki reden nicht um den<br />

heißen Brei herum«, erklärt Danner. »Sie sprechen<br />

mit jedem Beteiligten Klartext.« In Danners<br />

Augen ist die Konstellation mit Wolff und Lauda<br />

optimal, um das Sternen-Schiff erfolgreich durch<br />

die F1-Welt zu steuern.<br />

A<br />

n den Qualitäten <strong>der</strong> beiden Fahrer<br />

gibt es keine Zweifel. »Am Ende des<br />

Jahres werden wir wohl den besten<br />

Zweikampf unter Teamkollegen<br />

erleben, den es je gegeben hat«, prophezeit<br />

McNish. »Es liegen nur Hun<strong>der</strong>tstel zwischen den<br />

beiden. Das gefällt mir.« Auch Norbert Haug<br />

erwartet ein teaminternes Duell in Silber: »Die<br />

WM sieht aktuell nach überlegenen <strong>Silberpfeile</strong>n<br />

und einem Zweikampf Hamilton-Rosberg aus.«<br />

Die Fortschritte bei Red Bull lassen Haug jedoch<br />

glauben, dass die Dominanz seiner Ex-Mannschaft<br />

nicht von Dauer sein wird. »Wobei ich das<br />

Mercedes AMG Team für stark genug halte, sich<br />

weiter kontinuierlich zu steigern und um beide<br />

Titel kämpfen zu können.« Aus Fahrersicht findet<br />

es Johnny Herbert toll, so in die Saison zu starten.<br />

Ein Rennfahrer brauche vor allem ein gut fahrbares<br />

Auto. »Das Team hat sehr hart daran gearbeitet,<br />

um beiden Fahrern das Werkzeug zu geben,<br />

das sie benötigen«, so <strong>der</strong> Ex-Formel-1-Pilot.<br />

Diskussionen um eine mögliche Stallregie schob<br />

Mercedes noch vor dem ersten Rennen einen<br />

Riegel vor. Toto Wolff und beide Fahrer betonten<br />

unisono, man habe sich in ausführlichen Gesprächen<br />

darauf geeinigt,<br />

dass die<br />

Piloten frei fahren<br />

dürfen - so lange sie<br />

dabei stets die Interessen<br />

des Teams im<br />

Hinterkopf behalten<br />

und sich nicht<br />

gegenseitig aus dem<br />

Rennen beför<strong>der</strong>n.<br />

»Es gibt keine Vorgabe, Positionen zu halten«,<br />

bestätigt Rosberg. »Das sind wir den Fans auch<br />

schuldig.« Wie gut das funktionieren wird, wenn<br />

einmal <strong>der</strong> Renninstinkt übernimmt, bleibt abzuwarten.<br />

»Der Zweite ist <strong>der</strong> erste Verlierer - da<br />

habe ich keine Lust drauf«, sagt Rosberg angriffslustig.<br />

Es ist ein schmaler Grat, den er und Lewis<br />

Hamilton beschreiten müssen. Einerseits egoistisch<br />

zu sein und die eigenen Titelchancen zu<br />

wahren, an<strong>der</strong>erseits aber auch immer ans Team<br />

zu denken, das all dies erst ermöglicht und am<br />

Ende das Gehalt bezahlt. Rosberg erklärt seine<br />

zwiespältige Situation so: »Es gibt diese beiden<br />

Zweikämpfe: Ich gegen Lewis und wir als Team<br />

gegen den Rest.«<br />

Beides ist wichtig, aber ihm ist natürlich sein<br />

persönliches Ziel, den WM-Titel zu gewinnen,<br />

wichtiger. Mit einem schelmischen Grinsen im<br />

Gesicht fügt er an: »Mit Blick auf die WM wäre<br />

es besser, wenn mein Teamkollege nicht so<br />

schnell wäre - dann wäre es ein bisschen einfacher.«<br />

Wer die beiden Silberpfeil-Piloten rein<br />

nach den Resultaten beurteilt, muss laut McNish<br />

auf Hamilton setzen, <strong>der</strong> immerhin schon Formel-1-Weltmeister<br />

gewesen ist. »Aber in dieser<br />

neuen Formel 1 gibt es einen klaren Unterschied:<br />

Lewis war schon immer <strong>der</strong> Fahrer, den man im<br />

Qualifying im Auto sitzen haben wollte, den man<br />

in einem Zweikampf Rad-an-Rad haben wollte«,<br />

erklärt <strong>der</strong> Schotte. Nico sei im Gegensatz dazu<br />

ein mitdenken<strong>der</strong> Fahrer. »Ich will damit nicht<br />

sagen, dass Lewis nicht mitdenken würde. Aber<br />

Nico denkt über alles nach.« Das beste Beispiel<br />

dafür sei sein Sieg in Monaco 2013 gewesen: »Er<br />

fuhr auf die Pole Position und ging danach kein<br />

Risiko mehr ein. Er wusste, dass er nicht mit<br />

zehn Sekunden Vorsprung gewinnen musste. Er<br />

musste nur gewinnen. Deshalb fuhr er sein Rennen<br />

und hielt alle auf ausreichend Abstand hinter<br />

sich. Das war ein sehr clever geführtes Rennen.«<br />

In dieser Saison wird sich zeigen, wie kontrolliert<br />

Rosberg und Hamilton an <strong>der</strong> Spitze fahren können,<br />

wenn ihnen <strong>der</strong> Teamkollege mit gleichem<br />

»ES IST AM COOLSTEN, WENN WIR BEIDE MIT VOLLGAS<br />

ATTACKIEREN - DAS WILL MEIN TEAM SEHEN. SIE WOLLEN<br />

SEHEN, DASS WIR UNS VORNE DUELLIEREN, DASS WIR EINE<br />

SHOW BIETEN, DASS WIR MERCEDES-SILBERPFEILE IM KAMPF<br />

SIND - ABER IMMER MIT RESPEKT FÜREINANDER.«<br />

Material im Nacken sitzt. »Es ist am coolsten,<br />

wenn wir beide mit Vollgas attackieren - das will<br />

mein Team sehen«, kündigt Rosberg an. »Sie<br />

wollen sehen, dass wir uns vorne duellieren, dass<br />

wir eine Show bieten, dass wir Mercedes-<strong>Silberpfeile</strong><br />

im Kampf sind - aber immer mit Respekt.«<br />

So o<strong>der</strong> so werden sich während <strong>der</strong> neuen <strong>Herrschaft</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Silberpfeile</strong> wohl noch mehr Pokale<br />

in <strong>der</strong> Ecke langweilen - entwe<strong>der</strong>, weil über<br />

famose Duelle diskutiert wird o<strong>der</strong> weil es fürchterlich<br />

schief ging.<br />

→<br />

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FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES<br />

NICO ROSBERG<br />

STÄRKEN<br />

• Schnelligkeit<br />

• Technisch versiert<br />

• Rennintelligenz<br />

• Kann mit Druck umgehen<br />

• PR-Profi<br />

SCHWÄCHEN<br />

• Auto muss zu seinem Fahrstil passen<br />

• Kein Charaktertyp wie Hamilton<br />

EXPERTENMEINUNG<br />

»Nico denkt über alles nach und geht kein<br />

unnötiges Risiko ein.«<br />

(Allan McNish)<br />

STÄRKEN<br />

• Natürlicher Speed<br />

• Zweikampfstark<br />

• Sehr guter Qualifyer<br />

• Charakterkopf<br />

SCHWÄCHEN<br />

• Schont Auto und Reifen nicht<br />

• Unter Umständen sehr emotional<br />

EXPERTENMEINUNG<br />

»Lewis war schon immer <strong>der</strong> Fahrer, den<br />

man im Qualifying o<strong>der</strong> in einem Zweikampf<br />

Rad-an-Rad im Auto sitzen haben wollte.«<br />

(Allan McNish)<br />

LEWIS HAMILTON


TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />

DER LETZTE WELTMEISTER-SILBERPFEIL<br />

ERSTES RENNEN, ERSTER SIEG: DER NEUE F1 W05 WAR NICHT DER ERSTE FORMEL-1-MERCEDES, DER SEIN<br />

GP-DEBÜT GEWANN IN DEN HÄNDEN VON JUAN MANUEL FANGIO GEWANN DER W 196 R NACH DEM DEBÜT-<br />

TRIUMPH ZWEI WELTMEISTERTITEL EINE STEILE VORLAGE FÜR DEN NEUZEITLICHEN COUSIN<br />

SIEGERPFEIL<br />

Der 4. Juli 1954 ging in die Geschichtsbücher ein. An diesem Tag gelang aber nicht nur das<br />

Wun<strong>der</strong> von Bern, das Deutschland den ersten Fußball-Weltmeistertitel schenkte. Am<br />

gleichen Tag gab Mercedes im 530 km entfernten Reims nach 15 Jahren Abstinenz sein<br />

GP-Comeback. Und wie: Wie seine Artverwandten W 25 (1934) und F1 W05 (2014) gewann<br />

<strong>der</strong> W 196 R sein Debütrennen - mit einem Doppelsieg von Juan Manuel Fangio vor Karl<br />

Kling. Seine Erfolgsbilanz: Neun Siege bei zwölf Starts in den Jahren 1954 und 1955.<br />

VERWANDLUNGSKÜNSTLER<br />

Der W 196 R war eine Art Transformer. Beim Debüt auf dem Highspeed-Kurs in Reims<br />

siegte <strong>der</strong> Silberpfeil in <strong>der</strong> zuerst fertig gestellten Stromlinien-Version. Auf dem<br />

Nürburgring debütierte später ein Modell mit freistehenden Rä<strong>der</strong>n, das auf engen<br />

Kursen wie Monaco zum Einsatz kam. Die beiden Versionen waren mit relativ wenigen<br />

Handgriffen gegeneinan<strong>der</strong> austauschbar. Ab 1955 standen auch drei verschiedene<br />

Radstände zur Verfügung, um sich <strong>der</strong> Strecke anzupassen: 2.150 mm, 2.210 mm<br />

und 2.350 mm. Insgesamt wurden 14 Exemplare des W 196 R gebaut.<br />

COCKPIT<br />

Während die heutigen F1-Piloten quasi in ihrem Silberpfeil liegen, saßen die Fahrer in den<br />

50er Jahren wie auf ihrem Sofa hinter dem Lenkrad. Die Beine waren weit gespreizt, um<br />

an die sehr weit auseinan<strong>der</strong>liegenden Pedale zu gelangen, die sich jeweils links (Kupplung)<br />

und rechts (Gas, Bremse) außen befanden. Das Armaturenbrett war stark reduziert: Drehzahlmesser,<br />

Kontrollanzeigen für Wasser und Öl - mehr Informationen bot <strong>der</strong> W 196 R nicht.<br />

LENKUNG<br />

Die Lenkung bestand aus einem kompakten Lenkgetriebe mit einer Daimler-Benz-<br />

Schneckenlenkung. Diese wurde oben am Rahmen montiert. Durch das Fehlen einer<br />

Schubstange fiel die Lenkachse relativ lang aus. Sie war im Verhältnis 12,65:1 übersetzt.<br />

Das Lenkrad besaß vier Speichen sowie einen Aluminiumkern, <strong>der</strong> beidseitig mit Holz<br />

besetzt war.<br />

FOTOS: MERCEDES<br />

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TECHNISCHE DATEN:<br />

MERCEDES-BENZ W 196 R<br />

Motor:<br />

Viertakt-Otto mit Direkteinspritzung<br />

Zylin<strong>der</strong>zahl:<br />

8, Reihenanordnung<br />

Hubraum:<br />

2.496 ccm<br />

Leistung:<br />

256 PS (später bis zu 290 PS)<br />

Topspeed:<br />

mehr als 300 km/h<br />

Länge:<br />

4.025 mm (Stromlinie: 4.360 mm)<br />

Breite:<br />

1.625 mm (Stromlinie: 1.680 mm)<br />

Höhe:<br />

1.040 mm (Stromlinie: 1.020 mm)<br />

Gewicht:<br />

835 kg (Stromlinie: 829 kg)<br />

KAROSSERIE<br />

Der W 196 R besaß einen leichten und stabilen Gitterrohrrahmen, ein Fahrwerk mit Drehstab-<br />

Aufhängung und eine Eingelenk-Pendelachse mit tief gelegtem Drehpunkt. Letzteres gewährleistete<br />

ein besseres Verhalten beim Beschleunigen. Für eine gute Massenverteilung sorgte<br />

eine Gewichtsverlagerung: Wasser- und Ölkühler vorne, Treibstoff- und Öltank hinten. Das<br />

Auto besaß riesige turbogekühlte Duplex-Trommelbremsen, die zunächst innen mittig installiert<br />

waren, ab 1955 aber bei einigen Wagen in den Rä<strong>der</strong>n untergebracht wurden.<br />

MOTOR<br />

Der Reihenachtzylin<strong>der</strong> mit direkter Einspritzung und desmodromisch gesteuerten Ventilen<br />

wurde im Winkel von 53 Grad nach rechts geneigt in das Rahmenfachwerk eingebaut. Dies<br />

sollte den Schwerpunkt absenken und die Stirnfläche verkleinern. Für das Öffnen und Schließen<br />

<strong>der</strong> Ventile waren Nocken und Schlepphebel zuständig, weshalb <strong>der</strong> Motor an<strong>der</strong>s als seine<br />

Vorgänger ohne Fe<strong>der</strong>n auskam. Die Vorzüge waren höhere Drehzahlen, mehr Sicherheit und<br />

mehr Leistung.<br />

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NEUE<br />

1<br />

FORMEL<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER & STEPHAN HEUBLEIN<br />

DIE JAGD-SAISON IST ERÖFFNET. MERCEDES HAT DIE MESSLATTE GELEGT. WELCHEM TEAM GELINGT ES,<br />

NICO ROSBERG UND LEWIS HAMILTON ZU STOPPEN? DAS MOTORSPORT-MAGAZIN UNTERZIEHT<br />

DIE STERNEN-JÄGER VON RED BULL, FERRARI UND MCLAREN EINEM KNALLHARTEN FORMCHECK.<br />

WER BESITZT DAS GRÖSSTE GEFAHRENPOTENTIAL FÜR DIE SILBERPFEILE?<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

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D<br />

as Lächeln ist in sein Gesicht<br />

zurückgekehrt. Den Pokal fest in<br />

<strong>der</strong> Hand, den Daumen in die<br />

Höhe gestreckt - Sebastian Vettel<br />

ist in Kuala Lumpur auf die Erfolgsstraße<br />

zurückgekehrt. Der desaströse Saisonauftakt ist<br />

zumindest zum Teil vergessen. Hinter dem<br />

erfolgsverwöhnten Vierfachchampion liegt eine<br />

für ihn ungewohnt schwierige Zeit. Nach dem<br />

Malaysia GP sieht er aber wie<strong>der</strong> mehr Licht am<br />

Ende des Tunnels. »Schaut nur einmal, wo wir<br />

vor eineinhalb Monaten waren«, verweist er auf<br />

den enttäuschenden Testauftakt. Bei den Tests<br />

in Jerez und Bahrain legte Red Bull nur magere<br />

1.710 Kilometer zurück. Zum Vergleich: Konkurrenten<br />

wie Mercedes und Williams kamen<br />

knapp an die 5.000 Kilometer-Marke heran. An<br />

jene Kritiker, die nach den Testproblemen schon<br />

vom Ende <strong>der</strong> Red-Bull-Ära sprachen, richtet<br />

<strong>der</strong> Deutsche nach seinem dritten Platz deutliche<br />

Worte: »Wir werden versuchen, so schnell wie<br />

möglich dort zu sein, wo Mercedes jetzt ist. Meiner<br />

Meinung nach ist das nur eine Frage <strong>der</strong><br />

Zeit.« Eine ernsthafte Warnung an die silberne<br />

Konkurrenz? Definitiv! Vettel hat die Titelverteidigung<br />

weiterhin fest im Visier. Trotz <strong>der</strong><br />

Schwierigkeiten bei den Wintertestfahrten stand<br />

stets außer Frage, dass Designgenie Adrian<br />

Newey mit dem RB10 wie<strong>der</strong> einmal einen aerodynamisch<br />

einwandfreien Boliden entworfen<br />

hat. Gerade bei <strong>der</strong> Kurvengeschwindigkeit gilt<br />

<strong>der</strong> Red Bull immer noch als das Maß aller Dinge<br />

- und auf dieser guten Basis hat <strong>der</strong> Rennstall<br />

seither aufgebaut. Doch Neweys Genie wird in<br />

dieser Saison abermals von einer externen Komponente<br />

eingebremst: »Der Kurvenspeed scheint<br />

sehr wettbewerbsfähig zu sein, aber dies ist zum<br />

Großteil eine Motoren-Formel, also liegen wir<br />

in den Händen unseres Zulieferers.« Tatsächlich<br />

scheint das größte Problem des RB10 außerhalb<br />

des Einflussbereichs von Red Bull zu liegen - an<br />

<strong>der</strong> Renault Power Unit. Helmut Marko beziffert<br />

das PS-Defizit gegenüber Motorenprimus<br />

Mercedes auf rund 80 PS, aber auch die Software<br />

des französischen Herstellers ist noch nicht ausgereift<br />

und sorgt immer wie<strong>der</strong> für Probleme.<br />

»Jetzt kommt es ganz darauf an, wie schnell die<br />

aktuellen Defizite abgearbeitet werden können«,<br />

sagt <strong>der</strong> frühere Mercedes-<strong>Motorsport</strong>chef Norbert<br />

Haug im Interview mit dem <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>. »Von außen betrachtet sieht es <strong>der</strong>zeit<br />

nicht danach aus, als seien sich Mercedes- und<br />

Renault-Triebwerk in Bezug auf Leistung, Fahrbarkeit<br />

und Verbrauch - und vielleicht auch nicht<br />

beim Gewicht - ebenbürtig.« Trotzdem sind die<br />

Fortschritte in Dunkelblau nicht zu übersehen.<br />

»Seit den Testfahrten hat Red Bull seine Pace<br />

weiterentwickelt«, berichtet Johnny Herbert im<br />

Gespräch mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Das<br />

Auto sah mit Blick auf den Speed schon bei den<br />

Tests gut aus, wurde dort jedoch jäh von den<br />

Renault-Problemen eingebremst. Es sah die Box<br />

mehr als die Strecke. Doch das Weltmeisterteam<br />

hat den Kampf gegen Silber angenommen. Die<br />

Entwicklungsgeschwindigkeit, die das Team aus<br />

Milton Keynes seit dem letzten Wintertest an<br />

den Tag legt, lässt daran keine Zweifel aufkommen.<br />

»Es kommen stetig neue Kisten an <strong>der</strong><br />

Strecke an. Das ist typisch Red Bull. Sie haben<br />

immer mehr neue Teile als alle an<strong>der</strong>en. So werden<br />

Newey und sein Team weitermachen«, kündigt<br />

Herbert an. Die Botschaft ist beim aktuellen<br />

Klassenprimus Mercedes durchaus angekommen.<br />

»Wir dürfen nicht selbstgefällig werden<br />

o<strong>der</strong> gar nachlassen«, betonte Mercedes-Motor-<br />

36 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Problemkind<br />

im Heck:<br />

Der RB10 hat<br />

noch viel<br />

Potential<br />

sportchef Toto Wolff. »Unser Mitbewerber ist in<br />

Malaysia mit 60 Kisten an neuen Teilen angereist.<br />

Die Konkurrenz sitzt uns im Nacken.« In <strong>der</strong><br />

Formel 1 bedeutet Stillstand schon seit jeher<br />

Rückschritt. Allerdings lässt sich das diesjährige<br />

Entwicklungsrennen nicht mit jenen aus den<br />

vergangenen Jahren vergleichen. »Alles ist neu.<br />

Es geht nicht nur um die Pace, son<strong>der</strong>n auch um<br />

die Zuverlässigkeit«, meint Herbert. Für die Serienweltmeister<br />

<strong>der</strong> vergangenen Jahre kamen<br />

zudem einige Nebenkriegsschauplätze hinzu, die<br />

ihnen das Leben in <strong>der</strong> neuen F1-Ära definitiv<br />

mehr als nur erschwerten. Neben dem Renault-<br />

Testdebakel betrifft dies vor allem den Fuel-<br />

Flow-Krieg mit <strong>der</strong> FIA. All dies bündelt Zeit,<br />

Ressourcen und Energien, die das Team nicht<br />

auf die Silberpfeil-Jagd verwenden kann. Sind<br />

diese Ablenkungsmanöver erst einmal ausgeräumt,<br />

wird es für Mercedes deutlich schwieriger,<br />

<strong>der</strong>artig dominante Siege wie zu Saisonbeginn<br />

einzufahren.<br />

→<br />

GEFAHRENPOTENZIAL: ✪ ✪ ✪ ✪ ✪<br />

Sebastian<br />

Vettel behält<br />

den WM-Titel<br />

weiterhin im<br />

Auge<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, RED BULL<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 37


I<br />

mmer wie<strong>der</strong> wischt sich<br />

Fernando Alonso den Schweiß<br />

von <strong>der</strong> Stirn. Die 56 Runden auf<br />

dem Sepang International Circuit<br />

haben sichtlich an seinen Kräften gezehrt. »Wir<br />

sind 35 Sekunden hinter den Mercedes ins Ziel<br />

gekommen - das ist nicht gut«, gibt <strong>der</strong> Spanier<br />

enttäuscht zu Protokoll. Als einziger Trost<br />

bleibt ihm <strong>der</strong> dritte Platz in <strong>der</strong> Fahrerwertung<br />

- damit ist Alonso zu diesem Zeitpunkt <strong>der</strong><br />

härteste Verfolger <strong>der</strong> beiden Mercedes-Piloten,<br />

noch vor Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel.<br />

»Ich glaube schon, dass Ferrari schnell ist«, sagt<br />

Allan McNish bei seiner Teamanalyse gemeinsam<br />

mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Doch<br />

an<strong>der</strong>s als <strong>der</strong> F1 W05 ist die rote Göttin nur<br />

unter bestimmen Bedingungen schnell. Bisher<br />

konnte <strong>der</strong> F14T zwar im Trockenen und im<br />

Qualifying mit einer guten Performance auf<br />

sich aufmerksam machen, blieb in den Rennen<br />

und im Nassen allerdings hinter den Erwartungen<br />

zurück. Alonso fuhr konstant gute, aber<br />

eben keine sehr guten Ergebnisse ein. Genau<br />

die for<strong>der</strong>t <strong>der</strong> oberste Ferrari-Boss aber. »Ihre<br />

Performance war bislang okay, aber nur ordentliche<br />

Leistungen reichen für die Italiener nicht<br />

aus«, kritisiert Ex-Formel-1-Fahrer Johnny<br />

Herbert. Auch im malaysischen Regen taten<br />

sich die Fahrer schwer. »Um aber heutzutage<br />

eine Weltmeisterschaft zu gewinnen, musst du<br />

immer und überall schnell sein«, zeigt McNish<br />

die Problematik auf. »So wie es jetzt ist, wird es<br />

für Ferrari schwierig, eine Weltmeisterschaft zu<br />

gewinnen.« Vor wenigen Monaten drehten sich<br />

fast alle Spekulationen in Maranello um das<br />

weltmeisterliche Fahrerduo Alonso und Kimi<br />

Räikkönen. Je<strong>der</strong> wollte wissen, ob es zwischen<br />

dem Iceman und dem Spanier krachen würde.<br />

Doch schon damals mahnte Rubens Barrichello<br />

im <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>: »Wenn Ferrari ein<br />

schlechtes Auto baut und die beiden auf Platz<br />

acht o<strong>der</strong> neun herumfahren, dann wird von<br />

irgendwelchen Kämpfen kaum jemand etwas<br />

mitbekommen.« Diese Situation scheint nun<br />

eingetreten zu sein. Nicht ein potentielles<br />

Scharmützel zwischen den beiden Starfahrern<br />

steht im Mittelpunkt, son<strong>der</strong>n die abermals<br />

mangelnde Performance <strong>der</strong> »roten Staubsaugervertreterin«.<br />

Die Schwachstellen sind schnell<br />

gefunden - we<strong>der</strong> <strong>der</strong> Motor, noch das Chassis<br />

sind so stark und effizient wie bei Mercedes.<br />

Um die Defizite des Autos zu minimieren und<br />

die Lücke zu den Silbernen zu schließen, wird<br />

in Maranello Tag und Nacht gearbeitet. »Das<br />

Problem ist, dass die Power Unit jetzt homologiert<br />

ist. Auf diesem Gebiet kann sich also nicht<br />

mehr viel tun. Je<strong>der</strong> hat nur noch ein einge-<br />

Die neue rote<br />

Göttin ist<br />

bislang noch<br />

nicht göttlich<br />

genug<br />

38 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


schränktes Gebiet, auf dem er arbeiten und sich<br />

weiter entwickeln kann«, erklärt Damon Hill<br />

dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Doch Ferrari im<br />

WM-Kampf abzuschreiben, wäre ein schwerwiegen<strong>der</strong><br />

Fehler. Mit Pat Fry und James Allison<br />

hat die Scu<strong>der</strong>ia die richtigen Ingenieure<br />

an Bord, um diese schwierige Aufgabe zu meistern.<br />

Johnny Herbert lässt im Gespräch mit<br />

dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> keinen Zweifel<br />

daran, dass Ferrari die Aufholjagd gelingen<br />

kann. »Es gibt keinen Grund, warum Ferrari<br />

das mit seinen Leuten nicht können sollte. Sie<br />

können ein Auto schneller machen.« Allerdings<br />

haben sie in den Augen von Herbert eine größere<br />

Lücke zu schließen als an<strong>der</strong>e Teams, etwa<br />

Red Bull o<strong>der</strong> auch McLaren und Williams, die<br />

teilweise stark auftrumpften. Bei allem Glauben<br />

an Ferrari warnt McNish: »Es braucht Zeit, bis<br />

sich die Arbeit von Allison und Fry auszahlt.<br />

Es ist ein bisschen wie bei Williams. Schlüsselpersonen<br />

in ein Team zu integrieren, dauert<br />

sehr lange. Auch kommt es auf mehr als nur<br />

zwei Leute an. Es geht um ein Team.« Besagtes<br />

Team wartet seit sieben Jahren auf einen weiteren<br />

Titelgewinn, <strong>der</strong> letzte stammt aus dem<br />

Jahr 2007. »Bei Ferrari braucht je<strong>der</strong> den Titel.<br />

Luca di Montezemolo braucht den Titel, Domenicali<br />

genauso. Aber auch Alonso braucht den<br />

Titel. Es ist lange her, seit er seine beiden WM-<br />

Titel gewonnen hat. Ihm bleibt nicht mehr viel<br />

Zeit in seiner Formel-1-Karriere, um noch einmal<br />

Weltmeister zu werden«, sagt McNish. Es<br />

lastet ein immenser Druck auf den Schultern<br />

<strong>der</strong> Fahrer und Verantwortlichen. Gerade dieser<br />

Erfolgsdruck macht Ferrari zu einem brandgefährlichen<br />

Jäger. Angeschlagene Wildkatzen<br />

sind bekanntlich die gefährlichsten. Es liegt nun<br />

an <strong>der</strong> Scu<strong>der</strong>ia, zu beweisen, dass dies auch<br />

für ausgehungerte und mehr hinkende denn<br />

springende Pferde gilt.<br />

→<br />

GEFAHRENPOTENZIAL: ✪ ✪ ✪<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, FERRARI<br />

Der Iceman<br />

wurde mit<br />

dem Ferrari<br />

nicht auf<br />

Anhieb warm<br />

Erfolgsdruck:<br />

Ferrari muss<br />

2014 Siege<br />

und Titel<br />

einfahren<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 39


N<br />

ur <strong>der</strong> Sieg zählt. Kein Team und<br />

kein Teamchef verkörpern diese<br />

Maxime besser als McLaren und<br />

Ron Dennis. Schon die Aufschrift<br />

auf den Schuhsohlen <strong>der</strong> Teammitglie<strong>der</strong> besagt:<br />

Ein Schritt mehr in Richtung Sieg. Kaum war<br />

McLaren beim Auftakt in Melbourne aus dem<br />

größten Tief <strong>der</strong> Teamgeschichte wie<strong>der</strong> aufgetaucht,<br />

kaum hatte Rookie Kein Magnussen das<br />

schier Unmögliche möglich gemacht und bei<br />

seinem Formel-1-Debüt in Hamilton-Manier<br />

einen Podestplatz eingefahren, teilte Mr. Dennis<br />

<strong>der</strong> versammelten Presseschar mit: »Wir wollen<br />

so schnell wie möglich wie<strong>der</strong> ein Siegerteam<br />

werden. Wenn wir nicht gewinnen, sind wir nicht<br />

dort, wo wir sein möchten.« Dennis ist zurück<br />

und mit ihm erste Ansätze des früheren Glanzes.<br />

McLaren auf Platz 1 <strong>der</strong> Konstrukteurswertung<br />

- wer auf dieses Ergebnis nach dem ersten Saisonrennen<br />

gewettet hätte, hätte eine Menge Geld<br />

verdienen können. Vorerst war es nur eine<br />

Momentaufnahme. Die Platzierung sollte schon<br />

nach dem zweiten Saisonlauf in Malaysia nicht<br />

mehr Bestand haben, doch das Aufatmen bei<br />

sämtlichen Teammitglie<strong>der</strong>n des britischen Traditionsrennstalls<br />

war nach den Top-Resultaten in<br />

Australien deutlich spürbar. »Hinter dem Team<br />

liegt eine harte Zeit. Sie waren nicht ansatzweise<br />

dort, wo sie sein wollten, aber sie haben extrem<br />

hart gearbeitet, um die Probleme zu lösen«, sagt<br />

Kevin Magnussens Vater Jan, <strong>der</strong> selbst für<br />

McLaren fuhr. Auch wenn Mercedes im Moment<br />

die Nase vorne hat, so mischt McLaren erstmals<br />

seit sechs Jahren - und 16 Jahre nach dem Gewinn<br />

des letzten Konstrukteurstitels - wie<strong>der</strong> vorne mit.<br />

Dieser lange Zeitraum erklärt auch, warum sich<br />

Magnussens Podiumsplatz für alle - bis auf Dennis<br />

- wie ein Sieg anfühlte. Doch bei McLaren ist man<br />

vorgewarnt. »Das Team hat eine immense Leistung<br />

gezeigt, aber die Arbeit ist noch nicht getan.<br />

McLaren gibt alles, um das Auto weiter zu verbessern<br />

und auch im Entwicklungsrennen bis zum<br />

Schluss mithalten zu können«, betont Magnussen<br />

Senior im Gespräch mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.<br />

Ron Dennis wird mit Argusaugen darauf<br />

achten, dass <strong>der</strong> britische Traditionsrennstall nicht<br />

wie<strong>der</strong> in alte Muster zurückfällt. »Es ist gut, dass<br />

er zurück ist. Denn er tritt uns auf die Füße, wenn<br />

es nötig ist«, sagt Jenson Button. Zu Beginn des<br />

Jahres hat <strong>der</strong> frühere Teamboss das Ru<strong>der</strong> bei<br />

McLaren wie<strong>der</strong> an sich gerissen. Als Folge musste<br />

Teamchef Martin Whitmarsh seinen Posten räumen<br />

und Eric Boullier wurde als neuer Sportdirektor<br />

eingesetzt. Der absolut richtige Schritt, wie<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com-Experte Christian<br />

Danner meint. »Es braucht eine feste Hand, um<br />

McLaren wie<strong>der</strong> nach vorne zu bringen«, erklärt<br />

Danner. Die Präsenz von Dennis verleihe dem<br />

Team eine gewisse Würze. »Er ist <strong>der</strong> Ruler, <strong>der</strong><br />

König, <strong>der</strong> Kaiser«, so Danner. »Ron ist einer, <strong>der</strong><br />

den Finger immer in die Wunde legt.« Den Franzosen<br />

Boullier sieht Danner aber dennoch nicht<br />

als ferngesteuert an. Er sei <strong>der</strong> richtige Mann, um<br />

McLaren wie<strong>der</strong> an die Spitze <strong>der</strong> Königsklasse<br />

zu bringen. »Er ist die perfekte Wahl. Man darf<br />

nicht vergessen, was er bei Lotus vorgefunden hat<br />

und wieviel er dort umstrukturieren musste. Am<br />

Ende hatte das Team sogar Chancen auf den zweiten<br />

Platz in <strong>der</strong> Konstrukteurswertung. Die Kombination<br />

Dennis und Boullier sehe ich als sehr<br />

stark an«, glaubt Danner. Neben <strong>der</strong> neuen Struktur<br />

hat McLaren auch den Pluspunkt Motor auf<br />

seiner Seite, denn im Heck des MP4-29 schnurrt<br />

<strong>der</strong> 1,6 Liter Hybrid-Turbomotor von Mercedes<br />

- die wohl stärkste Power Unit im aktuellen Formel-1-Feld.<br />

»Sie haben den starken Mercedes-<br />

Motor und sie haben gezeigt, dass sie ein Auto<br />

weiterentwickeln können. Ich erwarte McLaren<br />

dieses Jahr definitiv stark«, prophezeit Danner.<br />

Die große Frage ist, ob McLaren auch bei <strong>der</strong> Weiterentwicklung<br />

des noch hauptsponsorlosen MP4-<br />

29 an alte Tugenden anknüpfen kann. In <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

konnte das Team des Öfteren nach<br />

einem Fehlstart in die Saison das Blatt noch wenden.<br />

In diesem Jahr ist die Basis gut, um Mercedes<br />

zu gefährden, muss sie jedoch noch viel besser<br />

werden. Die Fortschritte bei den Tests und ersten<br />

Rennen stimmen Dennis optimistisch, immer<br />

wie<strong>der</strong> ein paar Zehntel nachlegen zu können.<br />

»Das wird noch nicht ausreichen, aber es wird die<br />

Teams vor uns weiter unter Druck setzen.« Der<br />

McLaren-Häuptling hat wie<strong>der</strong> Blut geleckt.<br />

GEFAHRENPOTENZIAL: ✪ ✪ ✪<br />

Langer Weg:<br />

McLaren<br />

muss weiter<br />

Boden gut<br />

machen<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MCLAREN<br />

40 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Der MP4-29<br />

glänzt nur<br />

silbern, nicht<br />

mit vielen<br />

Logos<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 41


NEUE<br />

1<br />

FORMEL<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

AUFERSTEHUNG<br />

42 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: WILLIAMS<br />

WILLIAMS FEIERT SEINE WIEDERAUFERSTEHUNG. NACH JAHREN IM SCHATTEN HAT DER BRITISCHE<br />

TRADITIONSRENNSTALL ALLE WERKZEUGE IN DER HAND, UM AN DIE SPITZE DER KÖNIGSKLASSE<br />

ZURÜCKZUKEHREN. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN ERFORSCHT DIE GRÜNDE FÜR DEN AUFSCHWUNG.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 43


Lotus<br />

bestreitet<br />

Meldungen<br />

über Finanzprobleme<br />

in ungeduldiger Blick auf die Uhr.<br />

Ein fragen<strong>der</strong> Blick in Richtung<br />

<strong>der</strong> Kollegen, die sich um den<br />

schwarzen Tisch in <strong>der</strong> Ecke <strong>der</strong><br />

Williams-Hospitality versammelt<br />

haben. Plötzlich geht die Tür auf.<br />

Mit einem breiten Grinsen schreitet<br />

Felipe Massa <strong>der</strong> Medienmeute entgegen, er<br />

genießt sichtlich das immense Interesse an seiner<br />

Person. Erstmals in seiner Karriere scheint <strong>der</strong><br />

Brasilianer zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu<br />

sein. 1997 bescherten Jacques Villeneuve und<br />

Heinz-Harald Frentzen dem Team von Sir Frank<br />

Williams die bis dato letzten beiden WM-Titel. 16<br />

Jahre nach diesem letzten großen Siegesrausch<br />

feiert Williams seine Wie<strong>der</strong>auferstehung. Der<br />

englische Riese ist 2014 zu neuem Leben erwacht.<br />

Bereits bei den Wintertestfahrten überzeugte <strong>der</strong><br />

FW36 mit Speed und Konstanz, doch nach Jahren<br />

<strong>der</strong> Mittelmäßigkeit blieben Zweifel bestehen. War<br />

alles nur ein Bluff? Die Mannschaft habe nie<br />

geblufft, stellte Williams Cheftestingenieur Rod<br />

Nelson klar. Williams, einer <strong>der</strong> legendärsten und<br />

erfolgreichsten Rennställe in <strong>der</strong> Formel-1-Geschichte,<br />

habe lediglich seine Hausaufgaben<br />

gemacht. »Das mussten wir auch, davor war es für<br />

mich unmöglich, ruhig zu schlafen. Wir waren<br />

absolut entschlossen, ein gutes, solides, haltbares<br />

Auto zu haben«, betont Nelson. Diesen Entschluss<br />

hat die Mannschaft in Grove mit Bravour umgesetzt.<br />

In Australien belegte Valtteri Bottas im Rennen<br />

den fünften Platz, in Malaysia punkteten beide<br />

Autos. Zuletzt gelang Williams dieses Kunststück<br />

in Austin 2012. Nach zwei Rennen hat <strong>der</strong> britische<br />

Traditionsrennstall bereits mehr Konstrukteurspunkte<br />

eingefahren als in <strong>der</strong> Saison 2013 insgesamt.<br />

Diese positiven Schlagzeilen lassen auch die<br />

Querelen um Massas Missachtung <strong>der</strong> Teamor<strong>der</strong><br />

in Malaysia schnell vergessen. Zwei Kampfhähne<br />

im Team, die beide nur ein Ziel haben, und zwar<br />

vorne mitzufahren - da kann sich ein echter Racer<br />

wie Sir Frank Williams Schlimmeres vorstellen.<br />

»Wir sind sehr glücklich mit unseren Fahrern. Wir<br />

haben mit Felipe einen sehr erfahrenen Piloten und<br />

mit Valtteri ein vielversprechendes Talent«, gibt<br />

Franks Tochter Claire zu Protokoll.<br />

Die Konkurrenz hat das Team längst auf dem<br />

Schirm. »Williams befindet sich ganz klar in den<br />

Top-4, Top-5«, meint Johnny Herbert gegenüber<br />

dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Für so manchen Formel-1-Experten<br />

und Ex-Williams-Fahrer gilt <strong>der</strong><br />

Traditionsrennstall diese Saison sogar als Geheimfavorit,<br />

nicht zuletzt wegen des geringen Spritverbrauchs<br />

des FW36. »Wir scheinen tatsächlich<br />

besser mit dem Sprit hauszuhalten als die Konkurrenz«,<br />

bestätigt Bottas. Nichtsdestotrotz wird die<br />

Erwartungshaltung von außen innerhalb des<br />

Teams als extrem gefährlich angesehen. »Da sollte<br />

man sehr vorsichtig sein. Ich denke, es wäre ein<br />

Fehler - vor allem nach dem letzten Jahr - mit<br />

immensen Erwartungen in die Saison zu gehen«,<br />

tritt Claire Williams auf die Euphoriebremse. »Wir<br />

haben sehr lange, sehr hart gearbeitet. Die Jungs<br />

in <strong>der</strong> Fabrik haben unglaublich viele Arbeitsstunden<br />

in den FW36 gesteckt und das Auto ist wirklich<br />

fantastisch geworden. Ich hoffe einfach, dass wir<br />

das, was wir an Arbeit hineingesteckt haben, an<br />

Erfolg wie<strong>der</strong> herausbekommen.« Die zurückhaltende<br />

Reaktion <strong>der</strong> Britin ist verständlich, denn<br />

hinter Williams liegt eine desaströse Zeit, die ihren<br />

negativen Höhepunkt im Vorjahr fand. 2013 blieb<br />

das Team weit hinter den eigenen Erwartungen<br />

zurück. In 19 Rennen gelang es den Fahrern Valtteri<br />

Bottas und Pastor Maldonado nur magere zwei<br />

Zähler einzufahren, am Ende <strong>der</strong> Saison stand ein<br />

neunter Gesamtrang in <strong>der</strong> Konstrukteurswertung<br />

zu Buche. Die Gegner hießen auf dem Papier auf<br />

einmal Marussia und Caterham; früher waren es<br />

Ferrari und McLaren. Es war das schlechteste<br />

Ergebnis des Rennstalls in seiner 37-jährigen Teamgeschichte.<br />

»Das letzte Jahr war für jeden im Team<br />

ein Alptraum«, räumt Claire Williams ein. »Es<br />

mussten Verän<strong>der</strong>ungen geschehen und wir haben<br />

44 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: WILLIAMS, ADRIVO/SUTTON<br />

»DAS VERGANGENE JAHR WAR FÜR JEDEN IM TEAM EIN ALPTRAUM«,<br />

RÄUMT CLAIRE WILLIAMS EIN »ES MUSSTEN VERÄNDERUNGEN<br />

GESCHEHEN UND WIR HABEN IN DEN VERGANGENEN NEUN<br />

MONATEN UNGLAUBLICH HART DARAN GEARBEITET«<br />

in den vergangenen neun Monaten unglaublich<br />

hart daran gearbeitet.« Im ersten Schritt nahm<br />

Williams immense Umstrukturierungen beim<br />

technischen Personal vor. Der wohl wichtigste<br />

Schachzug war die Verpflichtung von Pat Symonds<br />

im vergangenen Jahr. Trotz seiner Verwicklung in<br />

den Crashgate-Skandal 2008 eilt Symonds <strong>der</strong> Ruf<br />

eines genialen Ingenieurs voraus. »Die Revolution,<br />

die <strong>der</strong>zeit bei Williams vonstatten geht, ist sicherlich<br />

seiner Herangehensweise geschuldet«, sagt<br />

Felipe Massa. »Pat ist definitiv eine <strong>der</strong> wichtigsten<br />

Personen im Team. Er ist unglaublich erfahren und<br />

ist ein großartiger Lea<strong>der</strong> innerhalb des Teams. Er<br />

macht einen großartigen Job, wenn man bedenkt,<br />

von woher Williams gekommen ist.«<br />

Mit Symonds nahm die in den vergangenen Jahren<br />

führerlos scheinende Technikabteilung wie<strong>der</strong><br />

Erfolgsform an. Innerhalb weniger Monate stießen<br />

Jakob Andreasen von Force India, Craig Wilson<br />

von Mercedes, Rod Nelson und Dave Wheater von<br />

Lotus sowie Shaun Whitehead von Red Bull zum<br />

Traditionsrennstall. »Ein Team aufzubauen ist<br />

keine einfache Aufgabe. Das geht über einen sehr<br />

langen Zeitraum. So hat Pat schon im vergangenen<br />

Jahr damit angefangen, neue Leute zu rekrutieren«,<br />

erzählt Alan McNish im Gespräch mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.<br />

»Einige Leute werden sogar noch<br />

zum Team dazu stoßen. So sollen einige Ingenieure<br />

von Ferrari zu Williams wechseln.« Einer davon ist<br />

Rob Smedley, <strong>der</strong> mit Felipe Massa 2008 nur um<br />

ein Haar den Fahrertitel verpasst hat. Er zählt seit<br />

dem Bahrain Grand Prix zum Williams-Inventar.<br />

»Rob wird die Gruppe von Senior Ingenieuren<br />

leiten und sich um die beiden Renningenieure<br />

kümmern, die wir aus <strong>der</strong> vergangenen Saison<br />

übernehmen«, erklärt Claire Williams die neue<br />

Struktur. »Rod [Nelson] wird vor Ort an <strong>der</strong> Rennstrecke<br />

agieren, Jakob [Andreasen] bleibt im Werk<br />

- er ist gewissermaßen das Verbindungsglied zwischen<br />

<strong>der</strong> Aerodynamik-Abteilung und dem, was<br />

an <strong>der</strong> Strecke vor sich geht. Sowohl Rob als auch →<br />

Williams hat<br />

sich mit harter<br />

Arbeit wie<strong>der</strong><br />

zurückgekämpft<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 45


Rod unterstehen Pat und werden ihm Bericht<br />

erstatten.« Bei Außenstehenden wie dem ehemaligen<br />

Formel-1-Fahrer Johnny Herbert stößt die<br />

Neuaufstellung <strong>der</strong> Mannen aus Grove auf viel<br />

Gegenliebe. »Pat Symonds ist schon sehr lange im<br />

Formel-1-Geschäft. Er ist sehr gut darin, eine<br />

Gruppe zusammenzuschweißen. Wichtig war es<br />

auch, Felipe Massa ins Team zu holen. Er ist erfahren,<br />

hat sich gegen Saisonende 2013 gesteigert, war<br />

schneller als sein Teamkollege Fernando Alonso.<br />

Rob Smedley ist auch neu dabei. Er und Felipe sind<br />

gut befreundet. Alles in allem hat Williams sehr<br />

gutes, neues Personal«, betont Herbert. Dem kann<br />

sich die Co-Teamchefin nur anschließen. Allerdings<br />

sind die Neuzugänge nur ein Teil <strong>der</strong><br />

Umstrukturierung des ehemaligen Weltmeisterrennstalls.<br />

»Die technische Struktur war einer <strong>der</strong><br />

wichtigsten Bereiche, an denen wir gearbeitet<br />

haben«, verrät Williams. So wurde hinter den<br />

Kulissen die IT-Infrastruktur ausgebaut, an den<br />

Simulator-Kapazitäten gearbeitet sowie die interne<br />

Kommunikation verbessert. »Das Team hat eine<br />

große Umstrukturierung hinter sich. Alles kommt<br />

jetzt zusammen, wobei es erst <strong>der</strong> Anfang des Aufschwungs<br />

bei Williams ist«, ist Herbert überzeugt.<br />

Schließlich hat Williams im Vorjahr einen weiteren<br />

entscheidenden Deal an Land gezogen. Anstelle<br />

von Renault hat <strong>der</strong> Traditionsrennstall sich mit<br />

Mercedes verbündet und verfügt damit über den<br />

vermeintlich stärksten V6-Turbo-Motor im Formel-1-Feld.<br />

»Das neue Motorenreglement hat uns<br />

dazu gezwungen, darüber nachzudenken, welcher<br />

Motorenhersteller für uns zukünftig <strong>der</strong> beste Partner<br />

sein könnte. Wir haben hinter den Kulissen<br />

Gespräche mit Renault und Mercedes geführt,<br />

doch es stellte sich schnell heraus, dass Mercedes<br />

<strong>der</strong> bessere Partner für uns ist. Es war sicherlich<br />

von Vorteil, dass wir mit Toto [Wolff], <strong>der</strong> immer<br />

noch Aktienanteile an Williams hält, einen Vertrauten<br />

als Gesprächspartner hatten«, verrät Claire<br />

Williams. Der Motoren-Coup sollte allerdings<br />

nicht <strong>der</strong> letzte für diese Saison bleiben.<br />

Schon länger pfiffen es die Spatzen vom Dach, am<br />

6. März machte es Williams schließlich offiziell und<br />

präsentierte Martini als neuen Hauptsponsor. Beide<br />

Unternehmen verbindet eine langjährige <strong>Motorsport</strong>geschichte.<br />

1972 trat <strong>der</strong> Spirituosen-Hersteller<br />

erstmals in <strong>der</strong> Formel 1 in Erscheinung, als<br />

Sponsor von Tecno. Mit Unterbrechungen war die<br />

Marke bis 1979 in <strong>der</strong> Königsklasse vertreten,<br />

zuletzt trat Martini 2006 als Nebensponsor bei<br />

Ferrari in Erscheinung. 2014 gehen nun Massa und<br />

Bottas in den weißen Boliden mit den ikonischen<br />

rot-blauen Rennstreifen an den Start - eine optische<br />

Verdeutlichung <strong>der</strong> neuen Ära, die beim britischen<br />

Traditionsteam angebrochen ist. »Wir haben über<br />

den Winter kommerziell einen fantastischen Job<br />

gemacht. Wir haben drei neue Sponsoren und<br />

einen neuen Hauptsponsor gewonnen, damit können<br />

wir mehr als zufrieden sein«, sagt Claire Williams<br />

und wirft ein: »Allerdings kann man in <strong>der</strong><br />

Formel 1 nie genug Geld haben, wobei ich persönlich<br />

<strong>der</strong> Meinung bin, dass es nicht Unmengen an<br />

Geld braucht, um Rennen zu gewinnen und ich<br />

würde das mit Williams gern 2014 unter Beweis<br />

stellen.« Die Tochter von F1-Urgestein Frank Williams<br />

ist ein weiteres wichtiges Puzzle-Teil in <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>auferstehungsgeschichte des Teams. Am 27.<br />

März 2013 wurde sie als neue stellvertretende<br />

Teamchefin vorgestellt. »Dass ich in diese Rolle<br />

geschlüpft bin, gab mir die Gelegenheit, endlich<br />

das zu tun, was getan werden musste. Ich fühlte<br />

einfach, dass Williams Än<strong>der</strong>ungen benötigte«,<br />

gibt die Britin voller Selbstvertrauen zu Protokoll.<br />

Felipe Massa<br />

ist einer <strong>der</strong><br />

vielen<br />

Bausteine des<br />

neuen Teams<br />

46 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


»ICH BIN SEINE TOCHTER UND WEISS, IHN UM DEN FINGER ZU WICKELN<br />

NEIN, IM ERNST, WIR SIND EIN SEHR GUTES TEAM MEINE VERBINDUNG ZU<br />

MEINEM VATER WAR IMMER SEHR STARK UND ES HILFT, DASS WIR DAS<br />

GLEICHE ZIEL HABEN - WILLIAMS AN DIE SPITZE ZURÜCK ZU BRINGEN«<br />

Die Zusammenarbeit mit ihrem Vater Frank verlaufe<br />

sehr gut. »Ich bin seine Tochter und weiß, ihn<br />

um den Finger zu wickeln«, scherzt die Britin.<br />

»Nein, im Ernst, wir sind ein sehr gutes Team.<br />

Gerade wenn Familienmitglie<strong>der</strong> miteinan<strong>der</strong><br />

arbeiten, kann es zu Reibereien kommen. Doch<br />

meine Verbindung zu meinem Vater war immer<br />

sehr stark und es hilft, dass wir das gleiche Ziel<br />

haben - Williams an die Spitze zurück zu bringen.<br />

Hierbei müssen Egos zurückgesteckt werden, denn<br />

es geht nur darum, die richtigen Entscheidungen<br />

für das Team zu treffen.«<br />

Der erste Schritt ist dem Team gelungen. Sie sind<br />

mit einem konkurrenzfähigen Auto in die Saison<br />

gestartet und haben für einige hochgezogene<br />

Augenbrauen im Fahrerlager gesorgt. Nun gilt es,<br />

den Beweis zu erbringen, dass die aktuelle Performance<br />

mehr als nur ein Aufflackern ist. Johnny<br />

Herbert hat allerdings Bedenken, dass <strong>der</strong> Rennstall<br />

den aktuellen Erfolgslevel langfristig halten<br />

kann. »Sie haben zwar mehr Partner an Bord, ich<br />

weiß aber nicht, ob es genug ist«, äußert er seine<br />

Zweifel. Und auch Claire Williams ist sich <strong>der</strong><br />

Herausfor<strong>der</strong>ung bewusst, die mit dem Entwicklungsrennen<br />

2014 einhergeht. »Aktuell sind wir<br />

absolut in einer konkurrenzfähigen Situation, doch<br />

wir sind ein unabhängiges Team und somit wird<br />

das Budget für uns immer mit Sorgen verbunden<br />

sein. Es gilt einfach, weiter hart zu arbeiten, um<br />

langfristig konkurrenzfähig zu bleiben«, betont die<br />

Britin. Für die stellvertretende Williams-Teamchefin<br />

wäre es ein Horrorszenario, einen möglichen<br />

WM-Kampf aufgrund mangeln<strong>der</strong> Finanzen zu<br />

verlieren. »Es wäre grausam, wenn wir feststellen<br />

müssten, dass uns das Geld ausgeht. Wir arbeiten<br />

im Moment hart daran, dass für den Fall, dass wir<br />

dieses Jahr vorne mitfahren, ein Budget vorhanden<br />

ist, um das Auto bis zum Schluss weiterentwickeln<br />

zu können«, verrät Claire Williams. »Wir befinden<br />

uns an einem völlig neuen Punkt und hoffen jetzt,<br />

dass all die Än<strong>der</strong>ungen den erhofften Erfolg bringen.«<br />

Ein starkes Technikerteam, <strong>der</strong> beste Motor<br />

und ein finanzstarker, neuer Partner. Dies könnte<br />

tatsächlich den Beginn einer neuen, erfolgreichen<br />

Ära für Williams bedeuten.<br />

Blick in die<br />

Zukunft:<br />

Wohin führt<br />

<strong>der</strong> Weg des<br />

Teams?<br />

FOTOS: WILLIAMS, ADRIVO/SUTTON<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 47


FOTOS: SAUBER<br />

48 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


ABSCHRECKUNG<br />

MUSS<br />

NEUE TECHNOLOGIE, NEUER SOUND - SAUBER-<br />

TEAMCHEFIN MONISHA KALTENBORN ERKLÄRT IM<br />

EXKLUSIV-INTERVIEW MIT DEM MOTORSPORT-<br />

MAGAZIN, WARUM DIE TECHNISCHEN VERÄNDE-<br />

RUNGEN IN DER KÖNIGSKLASSE DES MOTORSPORTS<br />

NOTWENDIG WAREN UND WESHALB MANCHE THEMEN<br />

NICHT UNNÖTIG AUFGEBAUSCHT WERDEN SOLLTEN.<br />

SEIN<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 49


MSM: ERS, MGU-H, KERS und MGU-K - kaum ein<br />

Fan blickt da durch, wie schwer tun Sie sich mit all<br />

den technischen Feinheiten?<br />

MONISHA KALTENBORN: Mittlerweile habe ich<br />

den Durchblick und vor allem den Überblick, was<br />

in meiner Position sehr wichtig ist. Natürlich sieht<br />

man, dass es noch sehr viel zu lernen gibt. Manche<br />

sind da weiter, manche haben noch Nachholbedarf.<br />

Die Lernkurve <strong>der</strong> Teams ist immer noch sehr steil<br />

und es wird noch einige Rennen brauchen, bis wir<br />

alles im Griff haben. Aber ich finde das spannend.<br />

Es tut <strong>der</strong> Formel 1 gut. Der Sport sieht sich vor eine<br />

sehr große Herausfor<strong>der</strong>ung gestellt. Das neue<br />

Motorenreglement, das bereits vor längerer Zeit<br />

beschlossen wurde, wurde vor allem von den großen<br />

Herstellern begrüßt. Als Privatteam ist unser Blickwinkel<br />

natürlich ein an<strong>der</strong>er, denn das Reglement<br />

hat für sehr große Kosten gesorgt. Ohne diese Kosten<br />

wäre uns das Reglement sicherlich lieber gewesen.<br />

[schmunzelt] Aber natürlich muss die Formel 1 mit<br />

<strong>der</strong> Zeit mitgehen. Fakt ist, dass eine neue Ära angebrochen<br />

ist. Wir haben einen neuen Motor, ein sehr<br />

effizientes und weitentwickeltes Hybridsystem und<br />

das sind genau die Themen, die wir auf höchster<br />

technologischer Ebene transportieren wollen.<br />

Das heißt, Sie finden den eingeschlagenen Weg<br />

genau richtig?<br />

Ja, <strong>der</strong> Weg ist genau richtig. Natürlich gibt es<br />

Schwierigkeiten. Vielleicht wäre es besser gewesen,<br />

die Entscheidungen früher herbeizuführen, dann<br />

hätte man mehr Zeit gehabt. Aber im Nachhinein<br />

ist es immer leicht zu sagen, was man hätte es besser<br />

lösen können. All die negativen Stimmen, die vor<br />

allem aus <strong>der</strong> Formel 1 herauskommen, finde ich<br />

nicht gut. Wir befinden uns in einer neuen Situation<br />

und sollten uns auf das Positive konzentrieren.<br />

Sie sprachen gerade die negativen Stimmen an.<br />

Generell könnte man kritisieren, dass die Formel 1<br />

zwar dem weltweiten Markt in Richtung Hybrid und<br />

Umweltfreundlichkeit folgt, aber kaum bis gar nicht<br />

auf die Fans eingeht.<br />

Es wird immer Fans geben, denen es gefällt und<br />

denen es nicht gefällt. Das ist wie in <strong>der</strong> Musik, je<strong>der</strong><br />

hat einen an<strong>der</strong>en Musikgeschmack. Daran werden<br />

sie nichts än<strong>der</strong>n können. Deshalb muss es unsere<br />

Aufgabe sein, die Fans besser abzuholen.<br />

Vor allem <strong>der</strong> neue Sound <strong>der</strong> Formel 1 stößt bei<br />

den Fans auf sehr viel Kritik. Wie kann man diesen<br />

Fans beibringen, dass eine neue Ära begonnen hat<br />

und <strong>der</strong> Sound dazugehört?<br />

Genau das ist <strong>der</strong> springende Punkt. Wir befinden<br />

uns mitten in dieser neuen Ära. Ich kann es nicht<br />

oft genug wie<strong>der</strong>holen, dass wir ein Hybridsystem<br />

fahren, das am Automarkt ein riesengroßes Thema<br />

ist und in <strong>der</strong> Formel 1 geht es ja darum, die relevanten<br />

Technologie-Themen auf höchster Ebene<br />

darzustellen. Und genau das tun wir im Moment<br />

und was die Fans angeht, liegt es an uns, sie besser<br />

abzuholen und ihnen das neue System besser zu<br />

Monisha Kaltenborn<br />

beim Interview mit<br />

dem <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong><br />

»IM MOMENT IST DER<br />

WETTBEWERB NICHT GE-<br />

SUND. ES BRINGT NICHTS,<br />

NACH EINEM SCHUL-<br />

DIGEN ZU SUCHEN. ES<br />

GIBT DURCHAUS GROSSE<br />

TEAMS, DIE EBENFALLS<br />

DER MEINUNG SIND, DASS<br />

DIE KOSTEN REDUZIERT<br />

WERDEN MÜSSEN. DENN<br />

SELBST DIE GROSSEN<br />

TEAMS HABEN NICHT UN-<br />

ENDLICH VIEL GELD, AUCH<br />

SIE MÜSSEN VERANTWORT-<br />

LICH HANDELN.«<br />

erklären. Es gilt, ihnen zu erklären, was wir gemacht<br />

haben und dass <strong>der</strong> neue Sound eine Folge davon<br />

ist. Es gab immer Leute, die die Formel 1 kritisiert<br />

haben und die wird es auch weiterhin geben. Damit<br />

müssen wir leben. Ich finde einfach, dass im Moment<br />

einzelne Punkte zu sehr aufgebauscht werden und<br />

wir eine Diskussion führen, die am Ende des Tages<br />

dem Produkt ‚Formel 1‘ schadet.<br />

Die neuen Regeln sind nicht nur kontrovers, son<strong>der</strong>n<br />

unglaublich kostspielig. Vor allem als Privatteam<br />

sind diese bestimmt nicht leicht zu stemmen<br />

gewesen.<br />

Tatsächlich ist es eine ganz schwierige Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />

Wir haben diese Herausfor<strong>der</strong>ung aber lange<br />

vorher kommen sehen und haben daher versucht,<br />

neue Partner zu finden. Es ist wichtig, die Formel 1<br />

attraktiv zu machen und durch diese Än<strong>der</strong>ungen<br />

ist <strong>der</strong> Sport für viele attraktiv geworden, für die er<br />

es vorher nicht mehr war. Wir haben etwas Neues<br />

geschaffen, das für viele Märkte und Partner die<br />

Formel 1 wie<strong>der</strong> spannend gemacht hat. Effizienz,<br />

weniger Verbrauch - das alles sind Themen, die in<br />

<strong>der</strong> Autoindustrie extrem wichtig sind.<br />

Sie gelten seit langem als große Verfechterin einer<br />

Budgetgrenze. Was stand dem Ganzen bisher im<br />

Weg, sind es wirklich nur die Top-Teams?<br />

Im Moment ist <strong>der</strong> Wettbewerb nicht gesund. Es<br />

bringt nichts, nach einem Schuldigen zu suchen. Es<br />

gibt durchaus große Teams, die ebenfalls <strong>der</strong> Meinung<br />

sind, dass die Kosten reduziert werden müssen.<br />

Denn selbst die großen Teams haben nicht unendlich<br />

viel Geld, immerhin stehen hinter diesen große Konzerne,<br />

die genauso verantwortlich handeln müssen.<br />

Es ist uns schon ein großer Schritt in die richtige<br />

Richtung gelungen. Unser Verband hat sich öffentlich<br />

zu einer Kosteneindämmung bekannt und<br />

möchte dementsprechende Regeln nächstes Jahr<br />

einführen. Entscheidend ist, dass eine Grenze gesetzt<br />

wird, auch wenn diese vielleicht für kleinere Teams<br />

anfangs noch sehr hoch erscheint.<br />

Wo würden Sie die Budgetgrenze ansetzen und was<br />

sollte Ihrer Meinung nach alles darin beinhaltet sein<br />

- auch die Fahrergehälter?<br />

Ich möchte öffentlich keine Zahlen nennen, da wir<br />

uns gerade mitten in den Gesprächen befinden. Ich<br />

denke, dass wir da eine richtige Lösung finden werden.<br />

Es ist klar, dass in diese Budgetgrenze nicht alles<br />

miteinbezogen werden kann. Die einzelnen Ausnahmen<br />

sind <strong>der</strong>zeit genauso ein Thema unserer<br />

Gespräche. Wichtig ist, dass wir einen glaubhaften<br />

und - ich betone das noch einmal - einen verantwortungsvollen<br />

Schritt setzen.<br />

Die Frage ist, wie lässt sich solch eine Regelung überwachen.<br />

Gegner <strong>der</strong> Budgetgrenze behaupten, dass<br />

das gar nicht möglich ist, da die großen Autohersteller<br />

ihre Entwicklungen auf an<strong>der</strong>e Teile des<br />

Unternehmens auslagern könnten?<br />

Dieser Meinung bin ich nicht, denn jedes Team hat<br />

50 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Sauber erlebte<br />

einen holprigen<br />

Saisonstart<br />

seine Bücher und wenn ein Team etwas in den<br />

Büchern nicht angeben will, dann weiß es um<br />

die Konsequenzen. Ich denke auch nicht, dass<br />

man da so vieles verstecken kann, was am Ende<br />

dann über einen WM-Titel entscheidet. Gerade<br />

die großen Unternehmen müssen aufgrund<br />

ihrer Exponiertheit achtgeben, dass solche<br />

Dinge eben nicht vorkommen. Aber gerade<br />

mit einem großen Namen hat man sehr viel zu<br />

verlieren. In punkto Überwachung des Systems<br />

ist es wichtig, dass wir klare Regeln haben und<br />

noch wichtiger sind klare Strafen. Es muss eine<br />

Abschreckung bestehen. Das ist wie im Straßenverkehr<br />

- wenn die Strafe für zu schnell<br />

fahren, nur ein paar Euros ausmacht, dann<br />

wird man es riskieren. Wenn die Strafe aber<br />

einige Nullen mehr enthält, plus den Verlust<br />

des Führerscheins, dann wird sich ein je<strong>der</strong><br />

zwei Mal überlegen, ob er zu schnell fährt. So<br />

eine Abschreckung braucht auch unser System.<br />

Natürlich ist kein System davor gefeit, dass es<br />

darin Leute gibt, die sich nicht daran halten,<br />

aber genau hier kommt das Strafausmaß ins<br />

Spiel.<br />

Die Schweizer<br />

haben noch viel<br />

Arbeit in dieser<br />

Saison vor sich<br />

Eine Budgetgrenze<br />

würde<br />

Sauber sehr<br />

entgegenkommen<br />

FOTOS: SAUBER, ADRIVO/SUTTON<br />

Wobei in <strong>der</strong> Formel 1 <strong>der</strong> Schein trügen soll.<br />

Ein Insi<strong>der</strong> erzählte mir, dass Teams in<br />

5-Sterne-Hotels wohnen, obwohl sie es sich<br />

nicht leisten können - nur um die finanzielle<br />

Situation nach außen hin zu vertuschen.<br />

Genauso sollen kleinere Teams auf dem Personalmarkt<br />

extrem viel Geld ausgeben.<br />

Modellbauer sollen mit 45.000 Euro von<br />

Teams abgeworben worden sein, obwohl sie<br />

zuvor nur 36.000 bis 38.000 Euro verdient<br />

haben.<br />

Ich kann nur sagen, dass unser Team nach<br />

außen hin nichts vortäuscht. Ich kann natürlich<br />

nur für uns sprechen. Es ist kein Geheimnis,<br />

dass wir eine schwierige Zeit durchgemacht<br />

haben. Das haben wir offen kommuniziert.<br />

Momentan sind wir dabei, uns aus dieser Situation<br />

zu befreien und uns Schritt für Schritt zu<br />

verbessern. Es bringt nichts, über seine Verhältnisse<br />

zu leben, aber wie gesagt, ich weiß<br />

nicht wie es bei an<strong>der</strong>en Teams aussieht. Die<br />

Diskussion allein zeigt mir aber, dass es zu<br />

einer Budgetgrenze kommen muss. Jedes Team<br />

kann innerhalb <strong>der</strong> Grenze seine Prioritäten<br />

setzen. Einige werden mehr Geld in CFD und<br />

Simulations-Tools hineinstecken, an<strong>der</strong>e in<br />

den Windkanal, wobei sich das aufgrund <strong>der</strong><br />

Beschränkungen relativiert hat. Wir haben<br />

immer gesagt, dass je mehr man über den<br />

Windkanal einschränkt, desto mehr Geld wird<br />

in die Windkanalmodelle fließen. Folge dessen<br />

werde diese immer besser - das kann wie<strong>der</strong>um<br />

dazu führen, dass Bereiche, in die man früher<br />

nicht sehr viel Geld gesteckt hat, an Bedeutung<br />

gewinnen. Wenn es eine Budgetgrenze gibt,<br />

dann ist es jedem Team freigestellt, für welchen<br />

Bereich es sein Geld ausgibt.<br />

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SENNAS<br />

TURBO-<br />

RAKETEN<br />

TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />

AYRTON SENNA. EINER DER BESTEN RENNFAHRER DER<br />

FORMEL-1-GESCHICHTE. ZU SEINEM 20. TODESTAG BELEUCHTET<br />

DAS MOTORSPORT-MAGAZIN DREI WEGBEGLEITER DER BRASILIA-<br />

NISCHEN LEGENDE - SEINE TURBO-RAKETEN VON TOLEMAN,<br />

LOTUS UND MCLAREN.<br />

52 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

Der Brasilianer Ayrton<br />

Senna ist ebenso<br />

legendär wie seine<br />

Formel-1-Fahrzeuge<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 53


Ayrton Senna debütierte<br />

mit dem Toleman bei<br />

seinem Heimrennen in<br />

Brasilien<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

TECHNISCHE DATEN:<br />

Chassis: Karbon-Monocoque<br />

Fahrwerk: Doppel-Querlenker mit Pullrod-Aufhängung vorne und Pushrod-Aufhängung hinten<br />

Motor: Hart 415T, 1459 ccm Reihenvierzylin<strong>der</strong> mit Turboaufladung, längs eingebaut<br />

Getriebe: Manuelles 5-Gang-Getriebe von Hewland<br />

Reifen: Michelin<br />

Benzin: Agip<br />

ERFOLGE:<br />

Alle 3 Podestplätze des Teams<br />

14 Punkte<br />

1 Schnellste Rennrunde<br />

Platz 7 in <strong>der</strong> Konstrukteurswertung<br />

54 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


TOLEMAN<br />

TG184<br />

Ayrton Senna gab sein Formel-1-Debüt 1984 im Toleman<br />

TG183B. Vier Rennen lang musste <strong>der</strong> Brasilianer mit dem<br />

wenig erfolgreichen Interims-Modell bestreiten, ehe <strong>der</strong> TG184<br />

beim Großen Preis von Frankreich Abhilfe schaffen sollte. Designt wurde<br />

<strong>der</strong> erfolgreichste Bolide <strong>der</strong> Rennstallgeschichte von Pat Symonds und<br />

Rory Byrne.<br />

Der TG184 unterschied sich in einigen Merkmalen von seinem Vorgänger:<br />

Der Frontflügel war wie<strong>der</strong> konventionell gestaltet, die Kühler<br />

wan<strong>der</strong>ten komplett zurück in die Seitenkästen. Das Fahrwerk wurde<br />

speziell auf den Wechsel von Pirelli zu Michelin-Reifen angepasst, das<br />

Konzept blieb aber mit Pullrods an <strong>der</strong> Vor<strong>der</strong>- und Pushrods an <strong>der</strong><br />

Hinterachse gleich. Ein beson<strong>der</strong>es Merkmal, das schon seinen Vorgänger<br />

auszeichnete, blieb jedoch: <strong>der</strong> spektakuläre<br />

Doppel-Heckflügel.<br />

Beim T184 war <strong>der</strong> erste Flügel allerdings nicht mehr an den Seitenkästen<br />

befestigt, son<strong>der</strong>n direkt auf dem Unterboden angebracht. Wie<br />

schon im Jahr zuvor war die Flügel-Konstellation aber ähnlich: Während<br />

<strong>der</strong> eigentliche Heckflügel in <strong>der</strong> Breite reglementiert war, wuchs<br />

<strong>der</strong> Zusatzflügel noch über die Radinnenseiten hinaus. Das Flügelblatt<br />

war so hoch platziert, damit <strong>der</strong> eigentliche Hauptflügel selbst noch<br />

ausreichend im Wind stand und Abtrieb produzieren konnte. Die<br />

geschickte Konstruktion wurde allerdings später durch einen großen<br />

Heckflügel mit Zusatzelementen an den Endplatten ersetzt.<br />

Schwachpunkt des Autos blieb <strong>der</strong> Reihenvierzylin<strong>der</strong> von Hart. Der<br />

1,5-Liter Turbomotor konnte mit <strong>der</strong> Konkurrenz von TAG, Ferrari,<br />

Renault, Honda und BMW nicht mithalten. Obwohl die kleine britische<br />

Motorenschmiede mit kleinem Budget ein achtbares Aggregat lieferte, mit<br />

den Motoren <strong>der</strong> Konkurrenz konnte sie nicht konkurrieren. Mit geschätzt<br />

600 PS sollen auf den legendären TAG V6-Turbo etwa 150 Pferdestärken<br />

gefehlt haben. Wenig verwun<strong>der</strong>lich, dass <strong>der</strong> TG184 ausgerechnet beim<br />

verregneten Monaco Grand Prix seine Sternstunde erlebte, als Ayrton Senna<br />

sein erstes Podium einfuhr.<br />

→<br />

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LOTUS<br />

98T<br />

Kaum ein Formel-1-Bolide hat so einen Legendenstatus erreicht<br />

wie <strong>der</strong> Lotus 98T. Beson<strong>der</strong>s die Lackierung im John Player<br />

Special Design bleibt Zeugen <strong>der</strong> Zeit bis heute im Gedächtnis.<br />

Dabei hat die Konstruktion von Gérard Ducarouge und Martin Ogilvie<br />

aus dem Jahr 1986 weit mehr zu bieten, als nur eine auffällige Lackierung,<br />

an die sich auch die heutigen Lotus-Boliden anlehnen.<br />

Der 98T erinnert an seinen Vorgänger, den 97T, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um auf<br />

dem Lotus 96T basierte, dem letzten Indycar aus dem Hause Lotus.<br />

Mindestens so legendär wie die schwarz-goldene Lackierung war<br />

das Herzstück des 98T - <strong>der</strong> Motor. Es war das letzte Jahr, in dem<br />

Lotus auf Renault-Turbo-Power vertraute, ehe Honda-Motoren im<br />

Heck verbaut wurden. Und es war überhaupt das letzte Jahr, in dem<br />

<strong>der</strong> 1,5-Liter V6-Turbo von Renault, <strong>der</strong> einst 1977 die Turbo-Ära<br />

einleitete, zum Einsatz kam.<br />

Für die Abschiedstournee hatten die französischen Ingenieure<br />

noch etwas zu bieten. In <strong>der</strong> leistungsstärksten Formel-1-Saison<br />

<strong>der</strong> Geschichte generierte <strong>der</strong> EF15B zwischen 1.200 und 1.300<br />

Pferdestärken, die Ayrton Senna regelmäßig auf die Pole Position<br />

katapultierten. Erstmals kam im Bi-Turbo-Aggregat auch eine<br />

pneumatische Ventilsteuerung zum Einsatz, die höhere Drehzahlen<br />

ermöglichte.<br />

Nicht nur <strong>der</strong> Motor musste für die Saison 1986 signifikant angepasst<br />

werden. Weil die maximale Benzinmenge von 220 auf 195 Liter<br />

herabgesetzt wurde, wurde das Chassis ein ganzes Stück flacher konstruiert,<br />

um so eine kleinere Stirnfläche zu bieten. Auch am Getriebe<br />

legten die Ingenieure Hand an. Sennas Teamkollege Johnny Dumfries<br />

startete mit einem neuen 6-Gang-Getriebe, während <strong>der</strong> Brasilianer<br />

auf die alte Lösung mit lediglich fünf Gängen vertraute. Der 98T verfügte<br />

erstmals über eine Urform des verstellbaren Fahrwerks. Über ein<br />

Hydrauliksystem konnte die Fahrzeughöhe während <strong>der</strong> Fahrt verän<strong>der</strong>t<br />

werden. Hinter vorgehaltener Hand sprach die Konkurrenz oftmals von<br />

einem illegalen Fahrzeug, Protest wurde allerdings nie offiziell<br />

eingelegt.<br />

→<br />

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TECHNISCHE DATEN:<br />

Chassis: Karbon-Monocoque<br />

Fahrwerk: Doppel-Querlenker mit Pullrod-Aufhängung vorne und hinten<br />

Motor: Renault EF15B, 1492 ccm 90-Grad-V6-Bi-Turbo, längs eingebaut<br />

Getriebe: Manuelles 5- und 6-Gang-Getriebe von Hewland und eigenem Gehäuse<br />

Reifen: Goodyear<br />

Benzin: Elf<br />

ERFOLGE:<br />

8 Pole Positions<br />

2 Siege<br />

8 Podiumsplatzierungen<br />

Platz 3 in <strong>der</strong> Konstrukteurswertung<br />

Platz 4 in <strong>der</strong> Fahrerweltmeisterschaft<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

Eine Legende in Gold und<br />

Schwarz: Sennas Lotus<br />

aus dem Jahr 1986<br />

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Der McLaren MP4/4<br />

dominierte die Formel<br />

1 nach Belieben<br />

TECHNISCHE DATEN:<br />

Chassis: Karbon-Monocoque<br />

Fahrwerk: Doppel-Querlenker mit Pullrod-Aufhängung vorne und Pushrod-Aufhängung hinten<br />

Motor: Honda RA168-E, 1494 ccm, 80-Grad-V6-Turbo, längs eingebaut<br />

Getriebe: Manuelles 6-Gang-Getriebe von Weismann/McLaren<br />

Reifen: Goodyear<br />

Benzin: Shell<br />

ERFOLGE:<br />

25 Podiumsplatzierungen<br />

15 Siege<br />

15 Pole Positions<br />

12 Mal reine McLaren-Startreihe eins<br />

9 Doppelsiege<br />

Platz 1 in <strong>der</strong> Konstrukteurswertung<br />

Platz 1 und 2 in <strong>der</strong> Fahrerweltmeisterschaft<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

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MCLAREN<br />

MP4/4<br />

K<br />

ein Auto hat in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Formel 1 mehr gewonnen<br />

als <strong>der</strong> McLaren MP4/4. 16 Rennen umfasste die Formel-<br />

1-Saison 1988 - 15 davon gewannen Ayrton Senna o<strong>der</strong> Alain<br />

Prost im vermutlich dominantesten Auto <strong>der</strong> Historie.<br />

Für das vorerst letzte Jahr <strong>der</strong> Turbo-Ära hatten sich die Regelhüter<br />

wie<strong>der</strong> neue Beschränkungen ausgedacht. Statt 195 Liter durften die<br />

Fahrzeuge für die gesamte Renndistanz nur noch 150 Liter Benzin<br />

verbrauchen. Zusätzlich wurde <strong>der</strong> maximale Ladedruck des Turbos<br />

auf 2,5 Bar beschränkt. Alles Umstände, die McLaren in die Karten<br />

spielten. Denn <strong>der</strong> britische Traditionsrennstall wechselte für das letzte<br />

Turbo-Jahr den Motorenlieferant. Die TAG-Motoren hatten ausgedient,<br />

stattdessen wurden Honda-Aggregate im Heck verbaut.<br />

Der Wechsel entpuppte sich als wahrer Glücksgriff: Honda war <strong>der</strong><br />

einzige Hersteller, <strong>der</strong> für die letzte Saison unter Turbo-Reglement<br />

einen komplett neuen Motor - speziell auf das neue Reglement zugeschnitten<br />

- konstruierte. Außerdem hatte <strong>der</strong> Honda-Motor eine<br />

weitere Eigenschaft, die sich als wahrer Trumpf erwies: Im Vorjahr<br />

setzte Honda noch auf einen Zylin<strong>der</strong>winkel von 60 Grad, 1988<br />

wechselten die Japaner auf 80 Grad.<br />

Somit saß <strong>der</strong> Schwerpunkt tiefer und die Bauform war im Vergleich<br />

zum Reihenvierzylin<strong>der</strong> von BMW flacher. Das ermöglichte den Designern<br />

Steve Nichols und Gordon Murray eine beson<strong>der</strong>s flache Bauweise,<br />

die sich gleich doppelt auszahlen sollte. Die Chassishöhe konnte<br />

um rund 30 Prozent abgesenkt werden, was sich in erster Linie positiv<br />

auf den Benzinverbrauch auswirkte. Zusätzlich wurde <strong>der</strong> Heckflügel<br />

besser angeströmt und konnte so mehr Abtrieb generieren. Murray versuchte<br />

dieses Prinzip schon 1986 bei Brabham, scheiterte jedoch - wegen<br />

des BMW-Motors. Gerüchten zufolge sollte McLaren noch während <strong>der</strong><br />

Saison 1988 auf 3,5-Liter V8-Motoren umsteigen. Das jedoch geschah nie.<br />

Stattdessen wurde <strong>der</strong> MP4/4 bis zum letzten Rennen <strong>der</strong> Saison - und<br />

damit auch des Reglements - konsequent weiterentwickelt. Wäre Senna<br />

nicht in Monza beim Überrunden gestrauchelt, hätte McLaren jedes einzelne<br />

Rennen <strong>der</strong> Saison gewonnen.<br />

→<br />

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Ayrton Senna sagte<br />

stets offen und ehrlich<br />

seine Meinung<br />

60 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


SENNA UNCUT<br />

»DIE FORMEL 1 IST EIN GROSSES<br />

GESCHÄFT UND GROSSE VERANT-<br />

WORTUNG - DAS NIMMT EINIGES<br />

VOM SPASS.«<br />

»Wenn ich nur noch mitfahre,<br />

könnte ich meinen<br />

Job als Rennfahrer nicht<br />

mehr vor mir selbst<br />

vertreten.«<br />

»REICHE MENSCHEN KÖNNEN NICHT AUF EINER INSEL<br />

UMGEBEN VON ARMUT LEBEN. WIR ATMEN ALLE DIE<br />

GLEICHE LUFT. WIR MÜSSEN JEDEM EINE CHANCE GEBEN,<br />

ZUMINDEST EINE KLEINE.«<br />

»Die Befriedigung, die<br />

Gefühle, die ich aus<br />

Siegen ziehe, das ist es,<br />

was mich antreibt.«<br />

»Zwölf Stunden am Tag<br />

beschäftige ich mich mit<br />

meinem Auto, die restlichen<br />

zwölf Stunden denke<br />

ich darüber nach.«<br />

»Prost ist ein Feigling. Er ist<br />

wie ein 100-Meter-Läufer,<br />

<strong>der</strong> als einziger mit Spikes<br />

antreten will, während alle<br />

an<strong>der</strong>en mit Bleischuhen<br />

laufen müssen.«<br />

»ICH FUHR WIE IN EINEM TUNNEL.<br />

ICH HATTE SO EIN HOHES LEVEL<br />

AN KONZENTRATION, DASS DAS<br />

AUTO UND ICH EINS WURDEN.«<br />

»Beten hilft mir, das Vertrauen in<br />

mich selbst und in meine Fähigkeiten<br />

zu finden - aber ich bete nicht<br />

darum, zu gewinnen.«<br />

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SLIDESHOW | MOTORRAD | #36 | 2014<br />

❱<br />

TIEFSTAPELN<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

Nicht nur auf <strong>der</strong> Honda, son<strong>der</strong>n auch im Untertreiben ist Marc Marquez<br />

ein wahrer Weltmeister. Nur vier Wochen vor dem Start in das Jahr<br />

seiner möglichen Titelverteidigung, brach sich <strong>der</strong> Spanier das Wadenbein<br />

und musste zwei <strong>der</strong> offiziellen Vorsaisontests auslassen. Erst fünf<br />

Tage vor dem Saisonstart konnte Marquez wie<strong>der</strong> gehen. In den Trainings<br />

beklagte er Schmerzen und auch nach <strong>der</strong> Pole war sich <strong>der</strong><br />

Weltmeister nicht sicher, ob er das ganze Rennen durchhält. Pustekuchen!<br />

Der 21-Jährige fuhr die 22 Runden nicht nur bis zum Ende, son<strong>der</strong>n<br />

bot dem Altmeister auch noch die Stirn und schlug ihn in einem<br />

packenden Duell. Wenn Marquez erst wie<strong>der</strong> richtig fit ist, können die<br />

Konkurrenten einpacken.<br />

FOTO: MILAGRO<br />

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FOTOS: MILAGRO, YAMAHA, HONDA<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

DIE EINEN MACHEN AM WOCHENENDE EINEN AUSFLUG INS GRÜNE, ANDERE<br />

FAHREN ZUR RENNSTRECKE. FÜR DIE TOPSTARS DER MOTOGP WAR DIE KIND-<br />

HEIT WIE EIN PICKNICK MIT MOTOREN. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN UNTER-<br />

SUCHT, WIE DIE STARS AUFWUCHSEN UND WELCHEN EINFLUSS IHRE FAMILIEN<br />

HATTEN UND NOCH IMMER HABEN.<br />

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DIE WELT DES<br />

MARCO SIMONCELLI<br />

FOTOS: MILAGRO, HONDA<br />

E<br />

in Familienausflug am Wochenende:<br />

aus grünen Wiesen strömt<br />

sommerlicher Duft, wärmende<br />

Sonnenstrahlen erhellen den Tag,<br />

Vögel zwitschern verschiedenste Melodien, blühende<br />

Blumen leuchten in ihrer vollen Farbpracht,<br />

eine Decke, auf <strong>der</strong> Eltern und Kin<strong>der</strong> Platz nehmen,<br />

naschen und lachen. So o<strong>der</strong> so ähnlich mag<br />

für viele die Wunschvorstellung eines Picknicks<br />

im Grünen aussehen. Bei den Simoncellis sah ein<br />

Familienausflug etwas an<strong>der</strong>s aus: Sie fuhren zur<br />

Rennstrecke, fieberten mit, genossen den Sound<br />

<strong>der</strong> Motoren und trafen sich nach Trainings, Qualifyings<br />

und Rennen zum gemeinsamen Essen und<br />

Kartenspiel.<br />

»Für uns war dieser Sport wie ein Spiel zwischen<br />

Freunden, ein Wochenende zusammen, wie ein<br />

Picknick, nur mit Motoren. Ein Landausflug zu<br />

den Rennstrecken, wo <strong>der</strong> Wettbewerb weiter<br />

wuchs, weil Gewinnen das Ziel war, denn Gewinnen<br />

brachte Adrenalinstöße und eine unglaubliche<br />

Befriedigung«, schil<strong>der</strong>t Luca Pasini, Mattia Pasinis<br />

Vater und Grün<strong>der</strong> des Pasini Mini Project<br />

Teams, in dem Marco Simoncellis Karriere<br />

begann. Der Italiener wuchs mit dem Rennsport<br />

auf. Spielerisch vermittelte ihm sein Vater die Leidenschaft,<br />

die er lebte, liebte und mit <strong>der</strong> er später<br />

Grand-Prix-Siege und Titel einfuhr.<br />

Paolo Simoncelli genoss es, seinen Sohn auf dem<br />

Motorrad zu sehen, sprach ihm Mut zu, verbrachte<br />

ganze Tage auf Rennstrecken und war stolz auf<br />

ihn. Er erinnert sich: »Zunächst lief alles gut, aber<br />

dann wollte Marco sein Knie auf den Boden bringen:<br />

Es schien einfach, aber sein Knie in einer<br />

Kurve nach unten zu bekommen, war für Marco<br />

eine große Leistung. Wir waren auf <strong>der</strong> Strecke in<br />

Miramare, als er es zum ersten Mal tat. Er hielt an<br />

und war überglücklich. Ich kann mich heute noch<br />

daran erinnern. Er war so aufgeregt: ‚Dad, ich habe<br />

mein Knie auf dem Boden schleifen lassen!‘ Für<br />

ihn war es fundamental, noch wichtiger, als schnell<br />

zu fahren und sobald er es gelernt hatte, wollte er<br />

es auch auf <strong>der</strong> Geraden versuchen. Er lehnte sich<br />

zur Seite, obwohl er es gar nicht musste.<br />

Wun<strong>der</strong>bar!«<br />

Valentino Rossi dazu: »Sic hatte eine wun<strong>der</strong>volle<br />

Beziehung zu seinem Vater, die meiner Meinung<br />

nach bei einem 24-Jährigen sehr selten ist.« Beim<br />

neunfacheb Weltmeister sah es etwas an<strong>der</strong>s aus.<br />

»Ich habe zwar eine großartige Beziehung zu<br />

meinem Dad, aber manchmal bin ich lieber mit<br />

meinen Freunden zusammen. Ich denke, das ist<br />

normal. Aber in seinem Fall, scheiße, vielleicht<br />

war sein Vater ja sein bester Freund. Das ist etwas<br />

Beson<strong>der</strong>es. Denn normalerweise rückt man erst<br />

nach ein paar Jahren wie<strong>der</strong> so eng zu seinem<br />

Vater, will mit 20 Jahren einfach sein eigenes Ding<br />

durchziehen.«<br />

»Mein Dad und ich haben eine wun<strong>der</strong>volle<br />

Beziehung«, sagte Simoncelli einst. »Er ist <strong>der</strong><br />

Einzige, <strong>der</strong> alle meine Rennen gesehen hat, vom<br />

allerersten Mal auf dem Minibike bis heute. Wenn<br />

wir bei den Rennen sind, handeln wir automatisch.<br />

Er weiß, was ich brauche und wir müssen<br />

nicht einmal miteinan<strong>der</strong> reden, wir verstehen<br />

uns blind. Er ist ein Vater und ein Freund...<br />

manchmal auch ein etwas angepisster Freund!«<br />

Das wun<strong>der</strong>same Vater-Sohn-Verhältnis<br />

nahmen nicht nur Paolo und Marco<br />

selbst wahr. Auch Freunde<br />

bewun<strong>der</strong>ten die Familie,<br />

während die Gegner<br />

an<strong>der</strong>er Meinung<br />

waren. »Wenn<br />

man eine Person<br />

als Rivalen<br />

ansieht, dann<br />

sieht man<br />

nichts Positives.<br />

Je mehr<br />

die Leute mir gegenüber<br />

gut von Marco sprachen,<br />

desto weniger verstand<br />

ich, was sie meinten. Ich fand<br />

ihn seltsam und ich fand auch seine Familie<br />

seltsam«, gab Andrea Dovizioso zu.<br />

Die beiden Italiener waren ähnlich aufgewachsen,<br />

fuhren in sämtlichen Meisterschaften<br />

gegeneinan<strong>der</strong> und entwickelten schon früh<br />

ein starkes Konkurrenzverhältnis. Als Simoncelli<br />

starb, begann Dovizioso seine Meinungen<br />

zu überdenken. »Nun muss ich zugeben, dass<br />

man seine Familie nur bewun<strong>der</strong>n kann. Das<br />

sind wun<strong>der</strong>volle Leute und die einzige Familie,<br />

die bei jedem Rennen dabei ist - egal, ob<br />

in Italien o<strong>der</strong> irgendwo an<strong>der</strong>s auf <strong>der</strong> Welt.<br />

Eine echte Familie, wie die in den Filmen, die<br />

auf unsere Welt trifft.« Der heutige Ducati-<br />

Pilot ist überzeugt, dass <strong>der</strong>artige Familienbeziehungen<br />

im Fahrerlager sonst nicht zu<br />

finden sind. »Aber das ist eine Familie, die<br />

immer wie eine wirkliche Familie leben wollte.<br />

Es ist beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> heutigen Grand-Prix-<br />

Welt wun<strong>der</strong>voll, sowas zu sehen; wie aus einer<br />

an<strong>der</strong>en Ära.«<br />

Marco<br />

Simoncelli ließ<br />

lei<strong>der</strong> viel zu<br />

früh sein<br />

Leben<br />

66 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


DIE WELT DES<br />

MARC MARQUEZ<br />

W<br />

ie eine wahre Familie leben auch<br />

Julia, Alex, Marc Marquez und<br />

Roser Alenta - allerdings nur zu<br />

Hause. »Wenn ich zu Hause bin,<br />

verbringe ich all meine Zeit mit Alex. Was er tut,<br />

mache ich auch und was ich tue, macht er auch.<br />

Darum bleiben wir uns an den Rennstrecken lieber<br />

fern«, sagt Marc Marquez über seinen Bru<strong>der</strong>,<br />

mit dem er zu Hause Tag für Tag trainiert. »Es ist<br />

ein großer Vorteil für uns beide, dass wir mit<br />

<strong>Motorsport</strong> zu tun haben. Wir denken einfach<br />

gleich. Wir denken immer über dieselben Dinge<br />

nach und du weißt, dass du nie alleine trainieren<br />

musst.« Das Teamwork funktioniert auch im<br />

Haushalt. »Ich decke den Tisch immer vor dem<br />

Abendessen und Alex muss abräumen. Das war<br />

schon immer so«, lacht <strong>der</strong> Champion.<br />

»Die beiden waren immer gute Freunde. Vielleicht<br />

weil sie beide jung sind und schon immer die gleiche<br />

Leidenschaft hatten. Jetzt, wo sie beide<br />

erwachsen sind, helfen sie sich gegenseitig«,<br />

beschreibt Roser Alenta. Papa Julia Marquez<br />

ergänzt: »Wenn ich meine Jungs sehe, sind sie<br />

immer am zanken - wie das bei Jungs eben so ist.<br />

Aber du siehst sie streiten und zwei Minuten später<br />

lachen sie schon wie<strong>der</strong>, vertragen sich und<br />

wollen dieses o<strong>der</strong> jenes gemeinsam tun. Als<br />

Eltern sind wir stolz darauf, dass wir zu Hause so<br />

eine tolle Atmosphäre geschaffen haben.« Von<br />

dieser Atmosphäre profitiert heute beson<strong>der</strong>s<br />

das Team des Weltmeisters. »Seine<br />

Familie hat ihn perfekt auf alles vorbereitet.<br />

Er hat einen klaren Kopf<br />

und ist sehr ehrlich. Wenn er<br />

vor einem Mikrofon steht,<br />

sagt er die Dinge so, wie sie<br />

sind, ohne jemandem<br />

auf die Füße zu treten.<br />

Der Junge weiß, wo<br />

er hin will und was<br />

er sagen kann und<br />

was nicht«, bestätigt<br />

Pepe Aznar, <strong>der</strong> bei<br />

Repsol für Presse und<br />

PR zuständig ist.<br />

Marquez strahlt in gewohnter<br />

Weise: »Wir waren schon immer eine<br />

tolle Familie und da ist es umso wichtiger,<br />

das an <strong>der</strong> Rennstrecke zu trennen. Es ist gut,<br />

eine ruhige und stabile Familie und Umgebung<br />

zu haben. Das ist mir überall wichtig.« An den<br />

Rennwochenenden ist seine Crew für den 21-Jährigen<br />

die Familie. Er ist immer bei seinem Team,<br />

beobachtet jeden Handgriff, lacht und sitzt auch<br />

am Abend gemeinsam mit seinen Leuten am<br />

Tisch. »Ich mag es familiär. Wenn man auch privat<br />

gut zurechtkommt und damit eine eingeschworene<br />

Gruppe ist.« Marquez zeigt beson<strong>der</strong>s an <strong>der</strong><br />

Technik großes Interesse, da er als Kind zunächst<br />

selbst Mechaniker werden wollte. Aber alles kam<br />

an<strong>der</strong>s.<br />

Mit vier Jahren saß Marquez zum ersten Mal auf<br />

einem Bike. »Meine Eltern waren freiwillige Helfer<br />

in einem Motocross-Club. Meine Mutter war dort<br />

an <strong>der</strong> Bar und machte die Sandwiches. Mein<br />

Vater saß im Ticket-Büro und war <strong>der</strong> Abwinker.<br />

Ich verbrachte die Tage an <strong>der</strong> Strecke, saß<br />

herum und beobachtete die Motorrä<strong>der</strong>. Das<br />

konnte ich ewig tun. Irgendwann<br />

bekam ich ein Bike und wartete<br />

dann immer ganz ungeduldig, bis<br />

die Rennen <strong>der</strong> Älteren vorbei<br />

waren. Danach durfte ich auf<br />

die Strecke und konnte üben«,<br />

erinnert er sich. Da seine<br />

Eltern viel arbeiteten, verbrachte<br />

Marquez viel Zeit bei seinem<br />

Großvater. »Marc ist als das Kind<br />

aufgewachsen, welches er ist und war. Er<br />

war immer ein sehr gutes Kind. Du musstest<br />

dich nie über ihn ärgern. Er<br />

war immer ein guter Junge.<br />

Locker drauf, würde ich<br />

sagen«, schwelgt Opa<br />

Ramon Marquez in<br />

Erinnerungen.<br />

Nach einem Grand<br />

Prix wertet Marquez<br />

das Rennen<br />

immer mit seinem<br />

Großvater aus. »Er<br />

sieht alles mit seinen<br />

eigenen Augen<br />

und natürlich ist<br />

sein Enkel <strong>der</strong> Favorit.<br />

Wenn er für seinen<br />

Enkel töten müsste,<br />

würde er das<br />

tun. Es ist<br />

toll, so ein →<br />

Marc Marquez<br />

hat die<br />

MotoGP<br />

<strong>der</strong>zeit fest im<br />

Griff<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 67


DIE WELT DES<br />

JORGE LORENZO<br />

gutes Verhältnis zu haben. Das gibt dir auch einmal<br />

einen an<strong>der</strong>en Blick auf die Rennen. Alles, was <strong>der</strong><br />

Enkel macht, ist richtig und was <strong>der</strong> Rest tut, ist<br />

falsch«, lacht <strong>der</strong> Honda-Pilot. Papa Julia weiß, wie<br />

wichtig <strong>der</strong> Großvater für seinen Sohn ist. »Manchmal<br />

sehe ich sie intensiv diskutieren und denke mir<br />

‚diese Jungs!‘ Als Marc klein war, hatten sie noch ihre<br />

Geheimnisse und die haben sie immer noch.«<br />

Großvater Ramon verpasst kein einziges Rennen.<br />

»Wenn wir in Japan, Malaysia o<strong>der</strong> Australien<br />

sind, steht er selbst für die Freien Trainings mitten<br />

in <strong>der</strong> Nacht auf und verpasst nichts«, so<br />

Marquez. Papa Julia ergänzt: »Er sitzt da mit <strong>der</strong><br />

Fernbedienung und wenn ein Rennen zu Ende<br />

ist und es etwas zu feiern gibt, geht er raus und<br />

zündet Feuerwerkskörper. Ich sage<br />

dann immer: ‚Du bist jetzt zu alt für<br />

so laute Knaller!‘«<br />

J<br />

orge Lorenzo hat keine <strong>der</strong>artige<br />

Bezugsperson, aber immer ein sehr<br />

gutes Verhältnis zu seiner Mutter,<br />

Maria Guerrero. »Meine Mutter ist<br />

sehr natürlich und bescheiden und ein sehr liebevoller<br />

Mensch. Sie hat mir sehr viel Liebe mitgegeben<br />

und sie hat mir oft Dinge erlaubt, die mir mein Vater<br />

niemals erlaubt hätte«, erinnert er sich. Seine Mutter<br />

gab ihm einen wichtigen Rat mit auf den Weg: »Ich<br />

habe ihm immer gesagt, er soll einfach er selbst bleiben.<br />

Das ist das Beste, was du als Sportler - aber auch<br />

privat - tun kannst.« Seinen Weg zum Weltmeister<br />

konnten beide aber nicht wirklich zusammen gehen.<br />

»Als meine Eltern sich scheiden<br />

ließen, musste ich mich<br />

zwischen Vater und<br />

Mutter entscheiden. Am<br />

Ende ging ich zu meinem<br />

Vater. Ich glaube, ich habe<br />

mich damals für ihn entschieden,<br />

weil das besser für meine<br />

Karriere war. Eigentlich<br />

wäre ich wohl lieber<br />

bei meiner Mutter<br />

geblieben. Bei ihr habe<br />

ich mich immer wohler<br />

gefühlt. Mit meinem Vater<br />

gab es oft Streit. Aber<br />

wenn ich bei meiner Mutter<br />

geblieben wäre, hätte<br />

ich nicht weiter Rennen<br />

fahren können.« Also<br />

wuchs <strong>der</strong> Mallorquiner<br />

bei seinem<br />

Vater auf, wodurch<br />

er sich schon früh<br />

zu einem eher in sich<br />

gekehrten Mensch<br />

entwickelte. »Ich war immer eher etwas schüchtern<br />

und wenn du zurückhaltend bist, wird<br />

einem das schnell als Arroganz unterstellt.<br />

Aber ich hatte eigentlich nur Angst, zu viel<br />

von mir preiszugeben.«<br />

Sein Vater sei ein sehr kalter Mensch,<br />

grüße die Menschen kaum. »Er war<br />

immer so und alles was ich hatte, war er<br />

als mein Vorbild. Aber beim Rennsport<br />

habe ich ihm alles zu verdanken. Er hat<br />

viel für mich getan. Er ist eben mein Vater.<br />

Auch nachdem mein Vater und ich uns<br />

zerstritten hatten, blieben wir immer weiter<br />

in Kontakt. Wir hatten immer eine Hass-<br />

Liebe zueinan<strong>der</strong>. Er ist halt manchmal schwer<br />

zu verstehen, aber wir reden zumindest darüber und<br />

können auch manchmal darüber Witze machen.«<br />

Scherze kann Lorenzo auch heute in seinem Team<br />

machen. Der Yamaha-Fahrer fasst schwer Vertrauen,<br />

nachdem er bisher nicht nur von seinem Manager<br />

übers Ohr gezogen wurde. Vertraut Lorenzo einmal,<br />

hat er seine Verbündeten gern um sich.<br />

Umso besser ist die Stimmung im Team. »Ich glaube,<br />

seine Stärke liegt in seiner Faszination<br />

zum Lernen. Er ist extrem<br />

interessiert, die Dinge zu<br />

verstehen. Er fragt<br />

immer ‚Warum?‘<br />

Aber nicht unverschämt<br />

o<strong>der</strong> arrogant, son<strong>der</strong>n weil er<br />

einfach verstehen will, um<br />

die Situation dann besser<br />

einzuschätzen. Ich würde es<br />

eine ausgeprägte Neugier<br />

nennen, guter Junge, ehrliche<br />

Haut«, schätzt sein Boss Lin<br />

Jarvis ein. Lorenzo arbeitet hart,<br />

hat ein gutes Gefühl für das<br />

Motorrad, lacht aber auch gern<br />

mit seiner Crew.<br />

Dabei hatte <strong>der</strong> 26-Jährige nicht<br />

immer Grund zum Lachen. »Mein<br />

Vater ist früher in Galizien Motocross-Rennen<br />

gefahren. Erst als er<br />

68 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


nach Mallorca zog, hat er mit dem Straßenrennsport<br />

begonnen. Als ich drei war, hat er mir mein erstes<br />

Motorrad gebaut - aus ein paar Eisenteilen und<br />

einem 50ccm Motor. Also begann ich mit drei Jahren<br />

zu fahren.« Sein Vater, Chico Lorenzo, bezeichnete<br />

die ersten Runden als Spiel. »Ein Spiel zwischen Vater<br />

und Sohn, die das gleiche Hobby haben.« Für<br />

Lorenzo war es auf <strong>der</strong> einen Seite ebenso nur Spaß.<br />

»Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite war es oft auch ganz schön<br />

hart. Mein Vater konnte sehr streng sein und stand<br />

immer mit seiner Stoppuhr an <strong>der</strong> Strecke. Er versuchte,<br />

mir Dinge zu erklären, die ich anfangs gar<br />

nicht verstand. Aber da gab es kein Wenn und Aber.«<br />

Sein Vater hatte viel Zeit und Geld investiert und<br />

wollte Ergebnisse sehen. »Manchmal musste ich ihn<br />

schon ein wenig antreiben. Aber es gab auch Tage,<br />

an denen ich sagen musste ‚Lass uns aufhören. Für<br />

heute reicht‘s‘.« Seine Mutter erinnerte sich an einen<br />

bestimmten Tag. »Als sie einmal trainierten, sagte<br />

sein Vater: ‚Was war das denn jetzt für eine Runde?‘<br />

Und Jorge schrie nur und war außer sich. Dann<br />

nahm er sein Bike und fuhr voller Wut weiter. Chico<br />

stand mit seiner Stoppuhr da und sagte: ‚Hast du das<br />

gesehen? Er braucht den Druck. Je härter ich ihn<br />

antreibe, desto besser wird er.‘« Maria Guerrero hatte<br />

beobachtet, dass ihr Sohn immer gleich sagte, was<br />

er dachte o<strong>der</strong> wütend wurde. »Wenn wir ihn<br />

bestraften, hieß es immer nur ‚Warum? Warum?‘ Er<br />

hat immer nur protestiert. Gleichzeitig war er aber<br />

immer sehr liebevoll, halt wie ein Kind, verspielt.«<br />

So verschieden die Champions auch aufwuchsen:<br />

Das Motorradfahren begleitet sie bis heute und<br />

bedeutet nicht nur Leidenschaft, son<strong>der</strong>n ihr ganzes<br />

Leben. Luca Pasini erklärt das so: »Die Kin<strong>der</strong> sahen<br />

die Rennen als Spiel an und so sollte es sein. Dann<br />

wurde es nach und nach zu einem Beruf, aber tief<br />

im Inneren sollte es immer eine Freude bleiben, eine<br />

Sache, die man genießt. Das ist wichtig für Kin<strong>der</strong>:<br />

Wenn sie lernen, nie aufzugeben, dann werden sie<br />

im Leben gut zurechtkommen und dabei spielt es<br />

keine Rolle, was sie tun, ob sie Motorrad fahren o<strong>der</strong><br />

nicht - das ist <strong>der</strong> Charakter, den sie für immer in<br />

sich tragen.«<br />

Jorge Lorenzo<br />

verfügt über<br />

ein unglaubliches<br />

Kämpferherz<br />

FOTOS: MILAGRO, HONDA<br />

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MARC MARQUEZ<br />

CAL CRUTCHLOW<br />

ANDREA DOVIZIOSO<br />

VALENTINO ROSSI<br />

JORGE LORENZO<br />

DANI PEDROSA<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

70 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


TEAMKOLLEGEN, GEGNER, TITELANWÄRTER: DAS FEUER<br />

IM KAMPF UM DIE MOTOGP-KRONE 2014 IST ENTFACHT.<br />

DAS MOTORSPORT-MAGAZIN NIMMT DIE SECHS WERKS-<br />

FAHRER AUF IHRER TITELJAGD GENAU UNTER DIE LUPE.<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

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MARC MARQUEZ<br />

Marc Marquez setzte<br />

neue Maßstäbe in <strong>der</strong><br />

Königsklasse des<br />

Motorradrennsports<br />

FOTOS: MILAGRO, HONDA<br />

Jung, wild, verrückt, schnell und absolut genial: Marc Marquez ist Titelkandidat<br />

Nummer 1 in dieser Saison. Der junge Spanier überraschte in<br />

seiner Debüt-Saison mit Siegen, Rekorden und schlussendlich dem Titel.<br />

Es scheint, als müsste er sich lediglich auf seine Honda setzen, Gas geben<br />

und schon fallen die Rekorde - ob im Training, Qualifying, Rennen o<strong>der</strong> nur<br />

beim Test. Ein Naturtalent par excellence. Schon bei seinem allerersten<br />

MotoGP-Test in Valencia 2012 war <strong>der</strong> Pilot aus Cervera schnell und konnte<br />

diese Leistung sukzessive steigern, um nicht nur mit <strong>der</strong> Weltelite mitzuhalten,<br />

son<strong>der</strong>n sie zu schlagen.<br />

Trotz aller Überraschungen und einem riesigen Hype um den 21-jährigen<br />

Rekordbrecher blieb <strong>der</strong> Spanier auf dem Boden. Abseits <strong>der</strong> Strecke<br />

besticht Marquez mit einem dauerhaften Lächeln und natürlicher Freundlichkeit,<br />

während er sich auf <strong>der</strong> Strecke mit starkem Ehrgeiz und Aggressivität<br />

durchzusetzen weiß. Schon in seiner ersten Saison war <strong>der</strong> Honda-<br />

Werkspilot abgesehen von zwei kleineren Ausrutschern in jedem Rennen<br />

unter den Top-3 zu finden. So konnte ihm in Sachen Konstanz - zumindest<br />

im letzten Jahr - keiner das Wasser reichen.<br />

Teils sind seine Triumphe aber auch mit viel Glück verbunden. Während<br />

sich die Konkurrenten ‚Hals und Beine‘ brachen, blieb Marquez 2013 trotz<br />

einiger heftiger Abflüge so gut wie unverletzt. Der Verletzungsteufel suchte<br />

ihn dafür zu Beginn des neuen Jahres heim. Mit einem gebrochenen Wadenbein<br />

musste <strong>der</strong> Überflieger zwei von drei Vorsaisontests auslassen. Alle<br />

waren sich einig, dass ihn die Verletzung kaum ausbremsen würde und<br />

behielten Recht. Sobald Marquez auf seiner RC214V saß, gab er Gas und<br />

gewann. Dennoch ging er mit einem gewissen Trainingsrückstand in die<br />

Saison.<br />

Ein weiteres Manko ist seine mangelnde Erfahrung in <strong>der</strong> Königsklasse.<br />

Marquez musste sich vor über einem Jahr von <strong>der</strong> Moto2- auf die MotoGP-<br />

Maschine umstellen, was ihm scheinbar mit Leichtigkeit gelang. Der Champion<br />

machte sich nicht viel aus <strong>der</strong> neuen Größe, den neuen Reifen und<br />

<strong>der</strong> komplett neuen Elektronik, setzte sich einfach auf die Honda und gab<br />

Vollgas. Dabei verän<strong>der</strong>t Marquez seinen Fahrstil kaum und ist noch heute<br />

oft eher ungestüm auf <strong>der</strong> 1000er Honda unterwegs. Er fährt das GP-Bike<br />

wie das Motorrad aus <strong>der</strong> mittleren Kategorie, sorgt damit zwar für Spektakel,<br />

überschritt das Limit allerdings auch schon das ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Mal.<br />

Fitness<br />

Talent<br />

Konstanz<br />

Technisches Verständnis<br />

Präzision<br />

Gesamt<br />

✪ ✪ ✪ ✪<br />

✪ ✪ ✪ ✪ ✪<br />

✪ ✪ ✪ ✪ ✪<br />

✪ ✪ ✪ ✪<br />

✪ ✪ ✪ ✪ ✪<br />

20 ✪<br />

72 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


DANI PEDROSA<br />

Wie oft konnte Dani Pedrosa von sich behaupten, körperlich fit in eine Saison<br />

zu gehen? Schon vor Beginn des letzten Jahres stand es um den Spanier, <strong>der</strong><br />

für seine zahlreichen Verletzungen bekannt ist, recht gut. Dafür kegelte er sich<br />

auf dem Sachsenring ins Aus. Mit besten Voraussetzungen startet Pedrosa nun<br />

den neunten Versuch, nach <strong>der</strong> MotoGP-Krone zu greifen. Neben <strong>der</strong> langjährigen<br />

Erfahrung, die <strong>der</strong> Pilot aus Sabadell mitbringt, blickt er auf eine anständige<br />

Statistik zurück: In allen acht Jahren, die er in <strong>der</strong> Königsklasse verbrachte,<br />

landete er nie außerhalb <strong>der</strong> Top-5.<br />

Pedrosa fährt seit 2001 auf Honda und kennt seine Maschine wie kein an<strong>der</strong>er.<br />

Der 28-Jährige bemerkt kleinste Än<strong>der</strong>ungen, reagiert auf Probleme, beschwert<br />

sich aber auch einmal, wenn beispielsweise ein Reifen nicht seinen Erwartungen<br />

entspricht. Er arbeitet sauber, geradlinig, konstant und zielgerichtet.<br />

Dazu scheint sich etwas angestaute Aggression gegen seinen Teamkollegen<br />

positiv auszuwirken. Das machte sich beson<strong>der</strong>s nach dem Unglück in Aragon<br />

2013 bemerkbar - in Sepang gab Pedrosa alles, um Rookie Marquez zu schlagen<br />

und ihm damit zu zeigen, wer das Sagen hat. Mit Erfolg: Beim Malaysia<br />

GP holte er seinen dritten Saisonsieg.<br />

Gleichzeitig ist Pedrosa aber auch als Glasknochenmann bekannt und das<br />

nicht ohne Grund. Wir sprechen hier<br />

von Brust- und<br />

Genickverletzungen, Schlüsselbein-<br />

brüchen<br />

rechts und links, Knochenabsplitte-<br />

rungen,<br />

einem gebrochenen Mittelhandknochen, Brüche im Oberschenkel, Frakturen<br />

von Zehen, Hautabschürfungen, tiefen Schnitten, Bän<strong>der</strong>zerrungen, Oberarmfrakturen,<br />

Entzündungen, Prellungen, Verschobene Knochen, den Bruch einer<br />

Speiche, Stauchungen, Frakturen von Sprungbein und Knöchel sowie posttraumatische<br />

Gelenkentzündungen - um nur Einiges aufzuzählen.<br />

In puncto Konstanz gibt es beim Glasknochenmann also verschiedene<br />

Ansätze und Meinungen: Zum einen hielt er sich in <strong>der</strong> Endabrechnung zwar<br />

nie außerhalb <strong>der</strong> besten Fünf auf, an<strong>der</strong>erseits fiel Pedrosa des Öfteren bei<br />

Testfahrten und an Rennwochenenden aus o<strong>der</strong> fuhr nur mit eher eingeschränkten<br />

Möglichkeiten. Außer Frage steht, dass <strong>der</strong> 125ccm- und<br />

250ccm-Champion mit Talent gesegnet ist. Allerdings muss sich Pedrosa<br />

seine Erfolge im Vergleich zu einigen Konkurrenten hart erarbeiten. Mit seiner<br />

Willensstärke macht er immer größere Fortschritte. In den letzten Jahren soll<br />

er sogar oftmals beim Lachen erwischt worden sein.<br />

→<br />

Fitness<br />

Talent<br />

Konstanz<br />

Technisches Verständnis<br />

Präzision<br />

Gesamt<br />

✪ ✪ ✪ ✪<br />

✪ ✪ ✪<br />

✪ ✪ ✪ ✪<br />

✪ ✪ ✪ ✪<br />

✪ ✪ ✪<br />

18 ✪<br />

Dani Pedrosa<br />

überstand kaum eine<br />

Saison ohne<br />

Verletzung<br />

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JORGE LORENZO<br />

Bremst die Technik<br />

Jorge Lorenzo aus?<br />

FOTOS: MILAGRO, YAMAHA<br />

Vier WM-Titel sprechen für sich. Jorge Lorenzo ist ein außergewöhnlicher<br />

Fahrer. 2014 bestreitet er sein siebtes Jahr in <strong>der</strong> Königsklasse und gleichzeitig<br />

seine siebte Saison auf <strong>der</strong> YZR-M1. Zweifelsohne hat <strong>der</strong> Mallorquiner<br />

Talent - was er schon seit langer Zeit auf <strong>der</strong> Weltbühne mit über 50 Siegen<br />

beweist. Harte Arbeit und ein starker Wille machen den 26-Jährigen zu dem,<br />

was er ist. Sein Crash in Assen, die Übernacht-OP, seine blitzartige Rückkehr<br />

auf die Strecke und ein unter Schmerzen erkämpfter fünfter Platz sind wohl<br />

das beste Beispiel dafür. Beißen konnte Lorenzo schon immer.<br />

Hat <strong>der</strong> Pilot aus Palma de Mallorca einen klaren Kopf, gibt es fast nichts,<br />

was ihn stoppen kann. Nach privaten und geschäftlichen Auseinan<strong>der</strong>setzungen,<br />

schafft er sich immer wie<strong>der</strong> von neuem die nötige geistige Anspannung.<br />

Lorenzo gilt als <strong>der</strong> perfekte Fahrer. Er fährt präzise Linien wie kein<br />

an<strong>der</strong>er und wie<strong>der</strong>holt Sektoren- und Rundenzeiten wie ein Roboter. Jede<br />

Runde ist beim zweifachen MotoGP-Weltmeister wie die an<strong>der</strong>e. Kein Zentimeter<br />

verän<strong>der</strong>t sich, nichts wackelt, nichts ist unregelmäßig. Diese Präzision<br />

erreicht Lorenzo mit einer unvergleichlich starken Konzentration.<br />

Auf <strong>der</strong> Kehrseite weist <strong>der</strong> Yamaha-Pilot aber auch deutliche Schwächen<br />

auf, wenn seine mentale Stärke gestört ist. So war Lorenzo nach einem<br />

Rookie-Jahr auf Platz vier in <strong>der</strong> MotoGP durchgehend Champion o<strong>der</strong><br />

Vizeweltmeister. Dennoch fällt auf, dass er arg zu kämpfen hat, wenn etwas<br />

in seinem Umfeld nicht stimmt o<strong>der</strong> sein Bike nicht genau das macht, was<br />

es soll. Lorenzo ist schnell sauer: Sei es auf Yamaha, Marc Marquez o<strong>der</strong><br />

die Reifen. Dann nimmt er auch kein Blatt vor den Mund. Seine Devise<br />

‚aufregen, durchatmen, weitermachen‘ scheint aber bestens zu<br />

funktionieren.<br />

Sein großes Manko ist das technische Verständnis. Schon vor Jahren gab<br />

Lorenzo zu, dass er von Technik nicht viel wisse, doch scheint sein Knowhow<br />

über den hochentwickelten Prototypen auszureichen, um das korrekte<br />

Gefühl und die richtige Richtung an seine Mechaniker weiterzugeben.<br />

Solange das für Titel in <strong>der</strong> Königsklasse reicht, sollte es um sein Wissen<br />

nicht allzu schlecht bestellt sein. Allerdings ging Lorenzo mit einem Fitness-<br />

Rückstand in die Saison. Wie er selbst zugab, waren seine Vorbereitungen<br />

nach drei kleineren Eingriffen während <strong>der</strong> Winterpause extrem eingeschränkt.<br />

Es ist allerdings zu bezweifeln, dass diese Tatsache Lorenzo vom<br />

Siegen abhalten wird.<br />

Fitness<br />

Talent<br />

Konstanz<br />

Technisches Verständnis<br />

Präzision<br />

Gesamt<br />

✪ ✪ ✪<br />

✪ ✪ ✪ ✪ ✪<br />

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VALENTINO ROSSI<br />

Zu den positiven Seiten von Valentino Rossi bleibt im Grunde nicht viel zu sagen.<br />

Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> auch nur den Hauch einer Ahnung von Motorradrennen hat, kennt<br />

seinen Namen und seine gelbe 46. Diese Bekanntheit erreicht er nicht nur mit<br />

rekordverdächtigen neun WM-Titeln, son<strong>der</strong>n beson<strong>der</strong>s mit vielen Sympathien.<br />

Die Fangemeinde des Italieners ist mehrere Millionen stark. Rossis Charakter<br />

und sein Siegeswille eilen ihm wie sein Ruf voraus - <strong>der</strong> Ruf, einer <strong>der</strong> besten<br />

Motorradfahrer <strong>der</strong> Welt zu sein. Schon in frühen Jahren zeigte er sein Talent.<br />

Im zweiten 125ccm-Jahr holte <strong>der</strong> Doktor seinen ersten WM-Titel, dem schnell<br />

weitere folgten.<br />

Rossi versteht es nicht nur, mit den Medien und seinen Fans umzugehen, er<br />

weiß auch genau, wie ein Fahrer in <strong>der</strong> MotoGP gewinnt. Seinen Speed hat er<br />

keinesfalls verloren, wie sein Sieg in Assen letztes Jahr und <strong>der</strong> Saisonauftakt<br />

2014 zeigten. In diesem Jahr bestreitet Rossi seine 19. WM-Saison. An Erfahrung<br />

mangelt es dem 35-Jährigen demnach definitiv nicht. Schon lange gilt er als<br />

Entwicklungsfahrer, was ihn unter an<strong>der</strong>em zu Ducati führte. Der Glaube, ein<br />

einzelner richtig guter Pilot könne die Desmosedici wie<strong>der</strong> zu einem fahrbaren<br />

Motorrad machen, geriet aber schnell ins Wanken und mit ihm <strong>der</strong> neunfache<br />

Weltmeister.<br />

Der Zwei-Jahres-Vertrag bei<br />

Traum-Ehe eine Kataso<br />

schnell wie mög-<br />

Ducati bescherte Rossi anstatt <strong>der</strong><br />

strophenbeziehung, aus <strong>der</strong> er<br />

lich ausbrechen wollte. Auch<br />

auf seine starke Ergebnis-Bilanz wirkte sich <strong>der</strong> Versuch auf Rot negativ aus.<br />

Abgesehen von seinem Debüt-Jahr in <strong>der</strong> 125er, fuhr Rossi auf Ducati die<br />

schlechtesten Ergebnisse seiner Karriere ein, was ihm auch mental zu schaffen<br />

machte und zurückwarf. Für seinen langjährigen Crewchief Jeremy Burgess<br />

hatte dies den Rauswurf zur Folge.<br />

Zurück bei Yamaha fehlte ihm lange das richtige Gefühl für seine alte Maschine,<br />

die sich Lorenzo mittlerweile zu eigen gemacht hatte. Dazu ist Rossi mit 35<br />

Jahren zweitältester Fahrer im Feld und muss kräftig beißen, um mit den jungen<br />

Wilden mitzuhalten und dabei seine Knochen heil zu lassen. Seine verbesserte<br />

Pace bei den Testfahrten vor <strong>der</strong> Saison und sein harter Fight gehen Marquez<br />

beim Auftakt machen aber Hoffnung, dass <strong>der</strong> Doktor seinen Helm doch nicht<br />

gleich an den Nagel hängt, neues Vertrauen zu seiner M1 fasst und noch ein,<br />

zwei o<strong>der</strong> sogar drei Angriffe auf den Titel wagt.<br />

Fitness<br />

Talent<br />

Konstanz<br />

Technisches Verständnis<br />

Präzision<br />

Gesamt<br />

✪ ✪ ✪<br />

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ANDREA DOVIZIOSO<br />

Andrea Dovizioso<br />

konnte erst ein<br />

MotoGP-Rennen<br />

gewinnen<br />

FOTOS: MILAGRO, DUCATI<br />

Nicht ohne jeden Grund schuf Shuhei Nakamoto 2010 einen dritten Platz<br />

im Honda-Werksteam: Andrea Dovizioso fällt vielleicht nicht so auf wie<br />

viele <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Piloten, wenn er gutes Material bekommt, ist mit dem<br />

Italiener aber immer zu rechnen. Aus unerfindlichem Grund stand er speziell<br />

bei Repsol Honda enorm im Hintergrund, was Dovizioso zum Wechsel zu<br />

Tech 3 und später zu Ducati bewegte. Trotz seiner scheinbaren Zurückhaltung<br />

weiß <strong>der</strong> 28-Jährige genau, wie man WM-Titel feiert o<strong>der</strong> um diese<br />

kämpft.<br />

Schließlich holte sich Dovizioso 2004 die 125ccm-Krone, schrammte in<br />

<strong>der</strong> 250er-Klasse mehrfach nur knapp am Titel vorbei und war immerhin<br />

schon Dritter in <strong>der</strong> Königsklasse. In seinen sechs Jahren in <strong>der</strong> MotoGP<br />

war <strong>der</strong> Pilot aus Forlimpopoli selten verletzt und stets körperlich und<br />

mental fit. Mit taktisch klugem Verhalten schlug Dovizioso bisher alle. Er<br />

stürzt selten und will nicht wie viele an<strong>der</strong>e alles auf einmal mit Gewalt<br />

erzwingen. Teils ist sein eher defensives Fahren auch <strong>der</strong> langen Erfahrung<br />

auf Top-Niveau zuzuschreiben.<br />

Eine zu starke Zurückhaltung kann man Dovizioso nicht vorwerfen. Schließlich<br />

hält er schon dagegen, wenn es drauf ankommt. Erinnern wir uns nur<br />

an die harten Zweikämpfe gegen Teamkollegen Nicky Hayden aus dem<br />

letzten Jahr zurück. Doch we<strong>der</strong> Aggressivität noch beson<strong>der</strong>e Vorsicht<br />

brachten die gewünschten Resultate auf dem roten Biest. Nach seinem<br />

Wechsel zu Ducati fuhr er - genau wie Rossi - abgesehen von seinem<br />

Debüt-Jahr das schlechteste Ergebnis seiner Karriere ein. Auch harte Arbeit,<br />

eine Menge Erfahrung und eine hohe anfängliche Motivation halfen ihm<br />

nicht, die GP13 so zu verän<strong>der</strong>n, dass die Spitze in greifbare Nähe rückte.<br />

Ähnlich wie Pedrosa hat Dovizioso viel Talent, muss aber auch enorm hart<br />

arbeiten, um das zu erreichen, was er bisher geschafft hat. Trotz harter<br />

Arbeit scheint ihm das gewisse Etwas zu fehlen, das Rossi, Lorenzo,<br />

Pedrosa und Marquez zu Siegfahrern macht. Dovi konnte in seinen sechs<br />

Jahren nur einen Sieg in <strong>der</strong> Königsklasse feiern und das dank ungewöhnlicher<br />

Umstände in Großbritannien 2009. Trotz etlicher Enttäuschungen ist<br />

Doviziosos Leidenschaft aber ungebrochen. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich<br />

zuletzt.<br />

Fitness<br />

Talent<br />

Konstanz<br />

Technisches Verständnis<br />

Präzision<br />

Gesamt<br />

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CAL CRUTCHLOW<br />

Furchtlos und doch mit gewissem Respekt: Cal Crutchlow scheint den Bogen<br />

raus zu haben. Zumindest was seinen Ansatz und seine Fahrweise angeht. Er<br />

ist fit, siegeshungrig und endlich im heiß ersehnten Werksteam. Da Ducati 2014<br />

nach langem Hin- und Herüberlegen nun nicht in <strong>der</strong> Open-Kategorie antritt,<br />

aber zusätzliche Vorteile eingeräumt bekommt, findet Crutchlow bei den Italienern<br />

die Unterstützung, die er sich schon lange gewünscht hatte. Wenn das<br />

mal keinen Mut macht. An Mut mangelt es dem 28-Jährigen grundsätzlich nicht,<br />

was er schon in <strong>der</strong> Supersport- und Superbike-WM bewies.<br />

Aus diesen Serien brachte Crutchlow einen sehr eigenen Fahrstil mit in die<br />

MotoGP. Der Fahrer, <strong>der</strong> mittlerweile auf <strong>der</strong> Isle of Man lebt, zeigt an jedem<br />

Rennwochenende eine beeindruckende Entschlossenheit. Crutchlow ist ein<br />

Naturtalent - auch in Interviews. Im Rahmen des Erlaubten sagt <strong>der</strong> Brite oft,<br />

was er denkt. Wer sich dadurch auf den Schlips getreten fühlt, hat das Nachsehen.<br />

Dabei sorgt er nicht nur für gute Sprüche, son<strong>der</strong>n auch für ernstzunehmende<br />

Kritik. Er ist schlichtweg ehrlich.<br />

nicht jenseits <strong>der</strong> Top-6 einpegeln.<br />

Grundsätzlich zeigte sich <strong>der</strong> neue Werkspilot vor <strong>der</strong> neuen Saison zwar optimistisch,<br />

aber bereits sein Gesichtsausdruck nach dem ersten Ducati-Test in<br />

Valencia sprach Bände. Crutchlow hatte sich persönlich sicherlich auf eine<br />

schwierige Fahrt eingestellt, aber wohl nicht mit dem Schlimmsten gerechnet.<br />

Gigi Dall‘Igna brachte Hoffnung und erste Verbesserungen. Doch sollten die<br />

nicht ausreichen, wird auch <strong>der</strong> ambitionierte Brite bald die Nase gestrichen voll<br />

haben. Er wäre nicht <strong>der</strong> Erste, <strong>der</strong> beim Bändigen des roten Biests scheitern<br />

würde.<br />

Dafür hapert es beim ehemaligen Supersport-Weltmeister an <strong>der</strong> Konstanz. Im<br />

vergangenen Jahr zeigte Crutchlow oft überraschend gute Leistungen, allerdings<br />

nur in <strong>der</strong> ersten Saisonhälfte. Nach dem Deutschland GP auf dem Sachsenring<br />

war Schluss. In Sachen Konstanz könnte <strong>der</strong> neue Ducati-Werksfahrer also<br />

definitiv noch einen Zahn zulegen. Angesichts <strong>der</strong> Tatsache, dass er 2014 die<br />

Desmosedici pilotiert, bleibt nur zu hoffen, dass sich seine konstanten Leistungen<br />

Fitness<br />

Talent<br />

Konstanz<br />

Technisches Verständnis<br />

Präzision<br />

Gesamt<br />

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DUCATIS<br />

WEG ZUM GLÜCK<br />

DUCATI BLEIBT 2014 EIN WERKSTEAM, GENIESST ABER DIE VORTEILE<br />

DER OPEN-KLASSE. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN BEGIBT SICH AUF DIE SUCHE<br />

NACH DEM HINTERTÜRCHEN, DURCH DAS DIE ITALIENER ZU DIESEM PRIVILEG<br />

KAMEN.<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

78 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Kann Ducati<br />

unter neuem<br />

Reglement<br />

endlich<br />

siegen?<br />

FOTOS: DUCATI<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 79


Cal Crutchlow<br />

sitzt endlich<br />

auf einem<br />

Werks-Bike<br />

»Ich kann die Dorna schon verstehen, aber für die<br />

Fans ist es sicherlich etwas seltsam, wenn die<br />

Regeln zwei o<strong>der</strong> drei Mal verän<strong>der</strong>t werden.<br />

Anfangs sagten sie, dass wir zwei Kategorien haben<br />

werden. Nun gibt es eine weitere... obwohl, ich weiß<br />

auch nicht genau, was wir aktuell haben.«<br />

N<br />

icht nur Weltmeister Marc Marquez<br />

war vor dem Saisonstart verwirrt.<br />

Open, Factory, Factory 2, Einheits-<br />

ECU, Upgrade, das später abgelehnt<br />

wurde, keine Factory 2 mehr, aber Vorteile für<br />

Ducati: Bei diesem Durcheinan<strong>der</strong> konnte ja keiner<br />

mehr durchblicken. Fangen wir also ganz vorne an:<br />

Die Regeln für die Saison 2014 waren an sich klar.<br />

Die CRT-Klasse sollte abgeschafft werden, stattdessen<br />

wurde die Open-Kategorie eingeführt. Diese<br />

bestand ursprünglich aus Yamaha-Paketen, Production<br />

Racern von Honda und den übrigen CR-<br />

Teams, die sich keines von beiden leisten können.<br />

All diese Motorrä<strong>der</strong> müssen eine einheitliche, von<br />

Dorna und IRTA vorgeschriebene ECU (Electronic<br />

Control Unit) benutzen, die <strong>der</strong> italienische Hersteller<br />

Magneti Marelli liefert.<br />

Da diese Fahrer auf einem scheinbar unterlegenen<br />

Paket starten würden, bekamen sie mit 24 Litern<br />

Spritvolumen, zwölf Motoren und einem extra weichen<br />

Reifen von Bridgestone Vorteile zugesprochen.<br />

Die Werks- und Satellitenfahrer müssen hingegen<br />

mit 20 Litern Sprit, den herkömmlichen Reifen und<br />

fünf Motoren auskommen, die allesamt vor <strong>der</strong><br />

Saison eingefroren wurden, damit im Laufe des<br />

Jahres keiner weiter daran entwickeln kann. Dafür<br />

dürfen die Werks- und Satellitenfahrer aber ihre<br />

eigene Software benutzen. In einigen Jahren sollten<br />

alle auf Magneti Marelli wechseln und damit eine<br />

einheitliche Klasse schaffen.<br />

Nun entschied Ducati aber beim zweiten Vorsaison-<br />

Test in Malaysia, dass auch sie komplett in die<br />

Open-Klasse wechseln wollen. Damit akzeptierten<br />

die Italiener die Einheits-ECU und freuten sich<br />

bereits auf die Vorteile: Beson<strong>der</strong>s die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Motoren liegt Gigi Dall‘Igna dabei am Herzen.<br />

»Dieses Jahr müssen wir unsere Bikes im Laufe <strong>der</strong><br />

Saison weiterentwickeln, um unsere Konkurrenzfähigkeit<br />

zu verbessern und die Werksoption<br />

scheint für unsere Bedürfnisse zu eingeschränkt.<br />

Wir sind zuversichtlich, dass das Elektronik-Paket<br />

von Magneti Marelli und Dorna sehr gute Qualität<br />

hat«, begründete <strong>der</strong> Hauptgeschäftsführer von<br />

Ducati Corse die Entscheidung Ende Februar.<br />

Doch schon zu diesem Zeitpunkt hatte Magneti<br />

Marelli ein Update auf Lager, das von <strong>der</strong> Dorna<br />

abgenommen war und für alle Open-Teams zur<br />

Verfügung stehen sollte. »Nach den aktuellen<br />

Regeln haben wir die Möglichkeit, die Software<br />

während <strong>der</strong> Saison zu verbessern. Die einzige Einschränkung<br />

dabei ist: Wenn wir um etwas bitten,<br />

dann können das auch alle an<strong>der</strong>en Fahrer in <strong>der</strong><br />

DIESES JAHR MÜSSEN WIR UNSERE BIKES IM LAUFE<br />

DER SAISON WEITERENTWICKELN, UM UNSERE KON-<br />

KURRENZFÄHIGKEIT ZU VERBESSERN.<br />

MotoGP nutzen. Momentan erlauben uns die<br />

Regeln grundsätzlich aber noch, die Software im<br />

Laufe <strong>der</strong> Saison weiterzuentwickeln«, so Dall‘Igna.<br />

Vieles deutete allerdings darauf hin, dass Ducati<br />

nicht nur maßgeblich an <strong>der</strong> Entwicklung des<br />

Updates beteiligt war, son<strong>der</strong>n sogar seine komplette<br />

Firmware eingespielt und irgendwie beim<br />

Hauptvermarkter durchgeboxt hatte.<br />

Der Ducati-Chef stritt dies ab: »Nein, man kann<br />

nach Modifikationen fragen und die Dorna modifiziert<br />

die Software dann in diese Richtung.« Gleichzeitig<br />

gab er aber zu, um ein Upgrade gebeten zu<br />

haben, das »alle Modifikationen und Verbesserungen<br />

enthält, die auf <strong>der</strong> Erfahrung von Ducati<br />

basieren.« Das neue System lieferte Andrea Dovizioso<br />

und Cal Crutchlow beim Test auf Phillip<br />

Island eine so stark verbesserte Traktions- und<br />

Anti-Wheelie-Kontrolle, dass die Konkurrenten<br />

misstrauisch wurden und sich beschwerten, allen<br />

voran HRC-Boss Shuhei Nakamoto.<br />

Also schlug die Dorna kurzerhand eine neue, dritte<br />

Kategorie innerhalb einer Klasse vor: Die Factory<br />

2. Die angedachten Regeln besagten, dass Ducati<br />

mit einem Sieg, zwei zweiten Plätzen o<strong>der</strong> drei dritten<br />

in den Open-Vorteilen eingeschränkt würde.<br />

In diesem Fall könnten die Piloten nur noch mit<br />

22,5 Litern Sprit antreten und dürften lediglich<br />

neun Motoren verbraten. Das bedeutete gleichzeitig<br />

auch, dass die Saison mit einer Klasse beginnen<br />

würde, die zwar aus drei Kategorien besteht, in einer<br />

Kategorie zunächst aber gar keine Fahrer starten.<br />

Viel verwirren<strong>der</strong> geht es kaum. Auch die Grand-<br />

Prix-Kommission wollte sich nicht so recht überzeugen<br />

lassen.<br />

Aber nicht nur die Werke waren mit dem neuen<br />

Vorhaben <strong>der</strong> Italiener ganz und gar nicht einverstanden.<br />

Denn die verbliebenen Open Teams konnten<br />

mit dem Upgrade von Magneti Marelli nichts<br />

anfangen. Die Software war so komplex, dass die<br />

budgetarmen Teams zusätzliche zehn Ingenieure<br />

hätten einstellen müssen, die sie betreuen und programmieren,<br />

um einen wirklichen Nutzen daraus<br />

ziehen zu können. »Wenn sie mit dieser Software<br />

arbeiten, dann können sie lernen, was sie tun müssen,<br />

um das Bike mit dieser Software zu verbessern.<br />

Es ist ziemlich leicht. Je<strong>der</strong> könnte viel über die<br />

Software lernen. So kann man die Mainwall lesen<br />

und so. Aber am Ende muss man damit üben, das<br />

ist alles«, erklärte Dall‘Igna auf Nachfrage des<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>s.<br />

Lei<strong>der</strong> ist genau das eben nicht ganz so leicht, wenn<br />

ein Team kein großes Werk zur Rückendeckung<br />

hat. Der Vorteil des neuen Systems lag einzig und<br />

allein bei Ducati. Also beschwerten sich die Vertreter<br />

<strong>der</strong> Open Teams beim Test in Katar und das<br />

Upgrade wurde zurückgenommen. Doch Dovizioso<br />

und Crutchlow fuhren beim Saisonauftakt<br />

trotzdem damit. Warum? Eine Son<strong>der</strong>regelung. Die<br />

GP-Kommission hatte die Einführung <strong>der</strong> Factory<br />

2 Klasse noch nicht bestätigt und beriet wenige Tage<br />

vor Saisonstart erneut. Heraus kam eine neue Regel,<br />

die wenig unauffällig auf Ducati und teils auch auf<br />

Suzuki zugeschnitten war.<br />

Alle Hersteller, die im Vorjahr bei Rennen unter<br />

trockenen Bedingungen keinen Sieg einfahren<br />

konnten o<strong>der</strong> neu in die MotoGP einsteigen, dürfen<br />

von den Vorteilen <strong>der</strong> Open Klasse profitieren.<br />

Demnach bleibt Ducati zwar Werksteam, darf aber<br />

80 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


von 24 Liter Sprit, zwölf Motoren und den extra<br />

weichen Reifen Gebrauch machen, aber mit <strong>der</strong><br />

hauseigenen Software weiterfahren. Damit die Konkurrenten<br />

nicht direkt wie<strong>der</strong> aufschreien, wurde<br />

eine Linie gezogen, die saisonübergreifend auch für<br />

2015 zählt: Sollte Ducati einen ersten, zwei zweite<br />

o<strong>der</strong> drei dritte Plätze im Trockenen einfahren, wird<br />

das Spritvolumen auf 22 Liter reduziert. Wenn<br />

ihnen sogar drei Siege gelingen sollten, müssen sie<br />

zudem auf den Vorteil <strong>der</strong> extra weichen Reifen<br />

verzichten, von denen Crutchlow allerdings nach<br />

eigener Aussage so o<strong>der</strong> so kaum Gebrauch machen<br />

kann. Keine Factory 2, aber eine ähnliche Idee.<br />

E<br />

ine weitere wichtige Idee wurde bei<br />

<strong>der</strong> Sitzung <strong>der</strong> GP-Kommission<br />

ebenso zur beschlossenen Sache: Ab<br />

2016 sollen alle Hersteller mit <strong>der</strong><br />

Einheits-ECU fahren und damit den Kreis aus CRT<br />

und Open wie<strong>der</strong> zu einer einheitlichen MotoGP-<br />

Klasse schließen. Genau das war es, was Dorna-<br />

Boss Carmelo Ezpeleta im Sinn hatte, als er 2012<br />

zunächst die Claiming Rule Teams einführte und<br />

zwei Jahre später zur Open Class wechselte. Weitere<br />

zwei Jahre danach soll die MotoGP wie<strong>der</strong> einheitlich,<br />

kostengünstig und damit attraktiv für die Hersteller<br />

sein und den Fans gleichzeitig bestes Spektakel<br />

bieten. Obwohl jede Regelän<strong>der</strong>ung eine<br />

Menge Kritik mit sich zog, funktionierte das System<br />

des Spaniers bisher recht gut. Warum sollte auch<br />

seine Vision von <strong>der</strong> bezahlbaren Königsklasse 2016<br />

nicht Wirklichkeit werden?<br />

Gigi Dall‘Igna<br />

(l.) ist <strong>der</strong><br />

neue starke<br />

Mann bei<br />

Ducati<br />

Beim Auftakt<br />

in Katar lief es<br />

für Ducati<br />

nicht optimal<br />

FOTOS: MIALGRO, DUCATI<br />

Dall‘Igna glaubt fest, dass die Open-Klasse die<br />

Zukunft <strong>der</strong> MotoGP sein wird. Gleichzeitig feilt<br />

er nach Ducatis jahrelangem Dahinvegetieren an<br />

seinen eigenen Visionen. »Ich würde für die<br />

Zukunft gern ein komplett neues Bike entwerfen.<br />

Früher o<strong>der</strong> später muss ich das auch tun.« Zuvor<br />

will <strong>der</strong> neue Ducati-Boss alle notwendigen Informationen<br />

sammeln, die er braucht, um ein gänzlich<br />

neues Konzept zu entwerfen. »In meinem Leben<br />

hatte ich bisher nur ein Mal die Möglichkeit, etwas<br />

ganz Neues zu machen. Normalerweise entwickelt<br />

man immer die alten Varianten weiter. Ich würde<br />

das Bike gern richtig gut verstehen und ich denke,<br />

dass wir mindestens zwei bis drei weitere Monate<br />

dazu brauchen. Danach werde ich auf jeden Fall<br />

mit dem Design des neuen Motors, des neuen Bikes<br />

beginnen.« Eine schlagfertige Ducati und klare<br />

Regeln: Der MotoGP steht eine blühende Zukunft<br />

bevor.<br />

Zwei Ducatisti<br />

im Formations-Flug:<br />

2014 auf dem<br />

Podium?<br />

Andrea<br />

Dovizioso fährt<br />

seine zweite<br />

Saison in Rot<br />

DUCATIS SIEGE IN DER MOTOGP<br />

Casey Stoner:<br />

23 Siege<br />

Loris Capirossi:<br />

7 Siege<br />

Troy Bayliss:<br />

1 Sieg<br />

DUCATI AUF DEM PODIUM<br />

2003: 9 Podestplätze (1 Sieg)<br />

2004: 2 Podestplätze<br />

2005: 4 Podestplätze (2 Siege)<br />

2006: 9 Podestplätze (4 Siege)<br />

2007: 18 Podestplätze (11 Siege)<br />

2008: 11 Podestplätze (6 Siege)<br />

2009: 9 Podestplätze (4 Siege)<br />

2010: 10 Podestplätze (3 Siege)<br />

2011: 2 Podestplätze<br />

2012: 2 Podestplätze<br />

2013: 0 Podestplätze<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 81


LICHT AUS,<br />

!<br />

SPOT AN<br />

ROTE FLAGGEN, DISQUALIFIKATIONEN UND STRAFEN HABEN EINES GEMEINSAM: KAUM<br />

AUSGESPROCHEN, BLINKEN DIE DASHBOARDS MUNTER AUF. WAS HAT ES MIT DEN NEUEN<br />

WARNSIGNALEN AUF SICH? DAS MOTORSPORT-MAGAZIN LÖST DAS RÄTSEL AUF.<br />

M<br />

otoGP-Auftakt in Katar: Der Losail<br />

International Circuit erstrahlt im gleißenden<br />

Schein von 3.600 Lichtquellen,<br />

die rund um den 5,380 Kilometer<br />

langen Kurs errichtet wurden. Flutlicht, Boxenampel,<br />

Startampel: leuchtende Signale spielen seit dieser<br />

MotoGP-Saison aber eine noch größere Rolle, als es<br />

auf den ersten Blick den Anschein zu haben scheint.<br />

Blicken die Fahrer im Laufe des Rennens auf ihr<br />

Display, entdecken sie dort seit den Testfahrten in<br />

Malaysia noch weitere blinkende Signale.<br />

»Bei jedem Überfahren einer Zeitschleife - also bei<br />

Start-Ziel und bei den Sektionszeiten - kann an die<br />

Motorrä<strong>der</strong> individuell eine Nachricht beziehungsweise<br />

Information gesendet werden«, erklärt Dirk<br />

Debus, Geschäftsführer <strong>der</strong> 2D Debus & Diebold<br />

Meßsysteme GmbH (2D). Seine Firma stattet alle<br />

Werksfahrer in <strong>der</strong> MotoGP, das komplette Moto2-<br />

Feld und etwa die Hälfte <strong>der</strong> Moto3-Fahrer mit<br />

Systemen zur Datenerfassung, Aufzeichnung und<br />

Auswertung aus. Dazu gehören auch jene Neuerungen<br />

an den Dashboards, die 2014 in allen drei<br />

GP-Klassen von <strong>der</strong> Dorna eingeführt wurden.<br />

Das Dashboard zeigt dem Fahrer Informationen<br />

über Motordrehzahlen, Gang, aktuelle Leistungseinstellung,<br />

Rundenzeit und Sektionszeit an. Dazu<br />

besitzt es einen kompletten Textbereich, auf dem je<br />

nach Team verschiedene Informationen dargestellt<br />

werden können. »In diesem Bereich wird alles<br />

an<strong>der</strong>e ausgeblendet - also zum Beispiel keine Wasser-<br />

und keine Öltemperatur mehr angezeigt. Dann<br />

steht dort nur noch die Warnung: ‚Achtung!<br />

Schwarze Flagge‘ o<strong>der</strong> ‚Achtung! Rote Flagge‘ o<strong>der</strong><br />

‚Achtung! Fünf Positionen zurück‘.« Die Informationen,<br />

die mittels Leuchtsignalen auf dem Armaturenbrett<br />

angezeigt werden, sind vielfältig: So kann<br />

neben einem Flaggensignal auch ein bis zu 16 Zeichen<br />

langer Text wie<strong>der</strong>gegeben werden.<br />

»Flaggensignale sind bisher nur rote Flagge,<br />

schwarze Flagge, schwarze Flagge mit orangener<br />

Scheibe o<strong>der</strong> eine Strafe, dass dieser Fahrer um ein,<br />

zwei, drei, vier o<strong>der</strong> fünf Positionen zurückgehen<br />

muss«, erläutert Debus. 2D liefert eine LED-Einheit,<br />

die dementsprechend aufleuchtet und die Signale<br />

anzeigt. »Bei unseren Dashboards wird <strong>der</strong> Text<br />

auch auf dem Display dargestellt, das heißt, <strong>der</strong><br />

Fahrer sieht, dass es blinkt und kann dann auf dem<br />

Display lesen, welche Meldung angekommen ist.<br />

Zum Beispiel: Ihm wird die schwarze Flagge gezeigt,<br />

weil sein Motorrad qualmt und Öl verliert und er<br />

deshalb abbrechen muss.«<br />

Das Signal wird kabellos auf das Motorrad übertragen<br />

- nicht über Funkfrequenz, son<strong>der</strong>n über<br />

Induktion. Das Prinzip vergleicht <strong>der</strong> Geschäftsführer<br />

von 2D mit mobilem Internet. »Das kann<br />

man sich wie beim W-Lan auf dem Handy vorstellen.<br />

Wenn man in ein Hotel kommt und dort<br />

schon mal eingeloggt war. Die Schleife ist nicht<br />

so lang, das geht relativ zügig. Die Datenmengen<br />

sind aber auch gering, das sind nur ein paar<br />

Bytes, die sich ganz schnell übertragen lassen.<br />

Schließlich ist das keine komplette SMS, E-Mail<br />

o<strong>der</strong> ein Bild, das übertragen wird, son<strong>der</strong>n wirklich<br />

nur ein paar Zustände wie rote Flagge +<br />

Fahrer 18 und dazu ein paar Textzeichen.«<br />

Schon beim ersten Test in Malaysia probierten die<br />

Fahrer das neue System. »Die 2D-Anzeigen können<br />

die Fahrer gut erkennen. Allerdings hatten sie noch<br />

ein paar Probleme, die Farben <strong>der</strong> Flaggen zu erkennen.«<br />

Die Signale an sich konnten die Piloten schon<br />

beim ersten Testlauf gut erkennen. »Wir haben eine<br />

zehnfache LED-Zeile, ein kleines Modul, das etwas<br />

größer als eine Streichholzschachtel ist. Die Leuchtdioden<br />

sind richtig hell und beginnen zu flackern.<br />

Das bemerken die Fahrer sogar aus dem Augenwinkel<br />

heraus«, so Debus.<br />

Ziel ist es, die Sicherheit <strong>der</strong> Fahrer auf <strong>der</strong> Strecke<br />

zu erhöhen. »Bei einer schwarzen Flagge ist <strong>der</strong><br />

Vorteil, dass <strong>der</strong> Pilot das schon auf <strong>der</strong> Runde<br />

und nicht erst bei Start-Ziel sehen kann. In Verbindung<br />

mit unserer blinkenden LED-Anzeige<br />

und dem Textdisplay kann man einen Fahrer, <strong>der</strong><br />

Öl auf <strong>der</strong> Strecke verliert, früher zum Anhalten<br />

zwingen«, begründet Debus die Neuerung. Hauptvorteil<br />

ist es aber, einem Piloten zu sagen, dass er<br />

sich um einige Positionen zurückfallen lassen soll.<br />

»Das war bisher nicht möglich. Bis jetzt mussten<br />

die Fahrer nach einem Frühstart eine Durchfahrtsstrafe<br />

antreten und ihr Rennen war damit im<br />

Grunde komplett erledigt. Jetzt könnte sich die<br />

Rennleitung überlegen, dass <strong>der</strong> Frühstart möglicherweise<br />

gar nicht so schlimm war, <strong>der</strong> Fahrer<br />

zwei Plätze gutgemacht hat und sich zur Strafe vier<br />

Positionen zurückfallen lassen muss. Somit ist<br />

dieser Fahrer nicht ganz so arg bestraft. Das<br />

könnte ein großer Vorteil sein.«<br />

82 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: YAMAHA


FOTO: MILAGRO<br />

IM SCHATTEN DER TEXT: MICHAEL HÖLLER & MARKUS ZÖRWEG<br />

VERGANGENHEIT<br />

84 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


EINST VON ALLEN GEFÜRCHTET, HEUTE NUR NOCH EINE FUSSNOTE IN DEN<br />

ERGEBNISLISTEN: WIE DIE GROSSEN MOTORRADNATIONEN USA UND AUSTRALIEN<br />

DERZEIT GEGEN EINE FAHRERFLAUTE UND SPORTLICHE ERFOLGLOSIGKEIT<br />

KÄMPFEN.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 85


USA<br />

Wayne Rainey<br />

gewann<br />

insgesamt<br />

dreimal die<br />

500cc-WM<br />

Eddie Lawson:<br />

Der einzige<br />

US-Amerikaner<br />

mit vier<br />

Gesamtsiegen<br />

Kevin<br />

Schwantz<br />

gewann 1993<br />

seinen<br />

einzigen Titel<br />

Die USA und Motorrä<strong>der</strong>:<br />

Zweirad-Fans<br />

assoziieren damit<br />

unvermeidlich kraftvolle<br />

Maschinen und<br />

die schier unendliche<br />

Weite amerikanischer<br />

Highways.<br />

Aber auch im Rennsport<br />

waren diese<br />

beiden Begriffe nur<br />

allzu lange eng miteinan<strong>der</strong> verbunden und vor<br />

allem eines - erfolgreich. Ältere Semester werden<br />

sich an die für die Vereinigten Staaten glorreichen<br />

Achtzigerjahre <strong>der</strong> Motorrad-WM zurückerinnern,<br />

als etwa zwischen 5. September 1982 und 5.<br />

Mai 1985 über zweieinhalb Jahre lang und 28<br />

Rennen in Folge das oberste Treppchen bei den<br />

Siegerehrungen <strong>der</strong> 500cc-Klasse stets Fahrern<br />

aus den USA vorbehalten war. Mit 154 Siegen in<br />

<strong>der</strong> Königsklasse belegen die Amerikaner hinter<br />

Italien Rang zwei <strong>der</strong> ewigen Bestenliste, 15 WM-<br />

Titel durch sieben verschiedene Fahrer bedeuten<br />

Rang drei hinter Italien und Großbritannien unter<br />

den erfolgreichsten Motorrad-Nationen.<br />

Die USA und die WM - das war keine Liebe auf<br />

den ersten Blick. In den 50er und 60er Jahren war<br />

<strong>der</strong> Erfolg noch in weiter Ferne. Pat Hennen<br />

machte in den 70ern den Auftakt - er war <strong>der</strong> erste<br />

US-Boy, <strong>der</strong> den europäischen Rivalen ernsthaft<br />

die Stirn bieten konnte. Im August 1976 holte<br />

Hennen im finnischen Imatra den ersten GP-Sieg<br />

für die USA in <strong>der</strong> Königsklasse. Zwei weitere<br />

Siege in <strong>der</strong> WM folgten, ehe er nach einer Rekordrunde<br />

auf <strong>der</strong> Isle of Man stürzte, gegen einen<br />

Randstein prallte und seine Karriere schwer verletzt<br />

im Alter von nur 25 Jahren beenden musste.<br />

Der sportliche Aufstieg seiner Nation hatte aber<br />

eben erst begonnen. Denn im Jahr von Hennens<br />

Unfall hatte ein um zwei Jahre älterer Kalifornier<br />

den Sprung über den Atlantik gewagt und war<br />

gerade drauf und dran, die erfolgsverwöhnten<br />

Briten und Italiener vorzuführen: Kenny Roberts.<br />

Mit markigen Sprüchen in <strong>der</strong> WM vorstellig<br />

geworden, ließ er seinen Kampfansagen auf <strong>der</strong><br />

Strecke Taten folgen. Nach vier Saisonsiegen entthronte<br />

er in seiner Rookie-Saison den amtierenden<br />

britischen Doppelweltmeister Barry<br />

Sheene. Weltmeister im Debütjahr - ein Kunststück,<br />

das erst Marc Marquez im vergangenen Jahr<br />

wie<strong>der</strong>holen konnte. In den beiden Folgejahren<br />

verteidigte Roberts seinen Titel und fuhr bis zu<br />

seinem WM-Aus 1983 satte 22 Erfolge ein.<br />

Das war die endgültige Initialzündung für die<br />

goldene Generation. 1982 stieg Freddie Spencer<br />

in den WM-Zirkus ein und gewann in Spa-Francorchamps<br />

im Alter von nur 21 Jahren als bis<br />

dahin jüngster Pilot ein 500cc-Rennen - ein<br />

Rekord, <strong>der</strong> 2013 erst von Marquez geknackt werden<br />

konnte. 1983 folgte Eddie Lawson Spencer in<br />

die WM, ein Jahr später Wayne Rainey und 1985<br />

<strong>der</strong> charismatische Texaner Kevin Schwantz.<br />

Diese vier Fahrer sollten zwischen 1983 und 1993<br />

nur einen WM-Titel verpassen. Gemeinsam mit<br />

dem vierfachen Vizeweltmeister Randy Mamola,<br />

dem vierfachen GP-Sieger John Kocinski und<br />

Doug Chandler hatte die US-Fraktion die Königsklasse<br />

<strong>der</strong> Motorrad-WM über ein Jahrzehnt lang<br />

fest im Griff. Neben <strong>der</strong> eingangs erwähnten Siegesserie<br />

von 28 Rennen in Folge fallen nicht weniger<br />

als 47 Doppel-, 21 Dreifach-, zwei Vierfachund<br />

<strong>der</strong> bislang letzte Fünffachsieg einer Nation<br />

(beim Ungarn GP 1992) in diese Dominanzphase<br />

gegen die sogar <strong>der</strong> aktuelle Erfolgslauf <strong>der</strong> Spanier<br />

wie ein Intermezzo wirkt. Anfang <strong>der</strong> 90er<br />

Jahre verabschiedete sich aber ein Star nach dem<br />

an<strong>der</strong>en aus <strong>der</strong> 500cc-Klasse. Spencer o<strong>der</strong> Lawson<br />

gingen nach längeren Serien ohne Siege freiwillig,<br />

Rainey wurde durch seinen schlimmen<br />

Unfall in Misano aus seinen WM-Träumen gerissen<br />

und an den Rollstuhl gefesselt und Schwantz<br />

verlor trotz Erfolgen die Motivation. 1995 mussten<br />

die USA die erste Saison ohne Sieg seit fast zwei<br />

Jahrzehnten hinnehmen.<br />

DIE USA UND DIE WM - DAS WAR<br />

KEINE LIEBE AUF DEN ERSTEN<br />

BLICK. IN DEN 1950ER UND<br />

1960ER JAHREN WAR DER<br />

ERFOLG FÜR BEIDE LÄNDER<br />

NOCH IN WEITER FERNE.<br />

Doch es sollte noch einmal bergauf gehen. Angetrieben<br />

von den Erfolgen seines Vaters wagte sich<br />

Kenny Roberts junior ab 1995 als Stammfahrer<br />

in die 500cc-Klasse. 1999 bereits Vizeweltmeister,<br />

setzte er sich ein Jahr später die Krone auf. Bis<br />

heute ist die Familie Roberts die einzige, in <strong>der</strong><br />

Vater und Sohn Weltmeister wurden. Seinem<br />

Titelgewinn konnte Roberts allerdings keinen<br />

einzigen Sieg mehr folgen lassen und so lag es an<br />

Nicky Hayden, den 15. und bislang letzten WM-<br />

Gewinn für die USA im Jahr 2006 einzufahren.<br />

Für den letzten GP-Sieg <strong>der</strong> USA sorgte 2011 in<br />

Assen Ben Spies. Mit Hayden und dem zweimaligen<br />

Superbike-Weltmeister Colin Edwards stellen<br />

die USA 2014 nur noch zwei Fahrer in <strong>der</strong><br />

MotoGP.<br />

→<br />

86 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Freddie<br />

Spencers<br />

Altersrekorde<br />

brach erst<br />

Marc Marquez<br />

Kenny Roberts<br />

war <strong>der</strong> erste<br />

Weltmeister<br />

aus den USA<br />

USA und<br />

Australien<br />

gaben fast 20<br />

Jahre den Ton<br />

an<br />

FOTO: MILAGRO<br />

Rainey<br />

fesselte ein<br />

Rennunfall an<br />

den Rollstuhl


AUSTRALIEN<br />

Casey Stoner<br />

ist <strong>der</strong> einzige<br />

Weltmeister<br />

auf Ducati<br />

Wayne Gardner<br />

war 1987<br />

Australiens erster<br />

Champion<br />

Mick Doohan<br />

holte alle fünf<br />

Titel auf<br />

Honda<br />

Doohans<br />

Karriere stand<br />

mehrmals vor<br />

dem Aus<br />

FOTO: MILAGRO


FOTO: MILAGRO<br />

Die australische Motorradgemeinde<br />

musste<br />

noch länger auf den<br />

ersten Titel in <strong>der</strong><br />

Königsklasse <strong>der</strong><br />

Weltmeisterschaft<br />

warten als ihr USamerikanisches<br />

Pendant.<br />

1987, also erst<br />

im 48. Jahr <strong>der</strong><br />

500ccm-Klasse,<br />

sicherte sich Wayne Gardner als erster Australier<br />

den Sieg in <strong>der</strong> Gesamtwertung. Mitten in <strong>der</strong><br />

dominantesten Phase <strong>der</strong> US-Boys fuhr er den<br />

Amerikanern nur so um die Ohren und holte sich<br />

mit sieben Erfolgen in 15 Grands Prix den Titel.<br />

Für Gardner blieb es <strong>der</strong> einzige Titel, dennoch<br />

wird ihm im australischen Motorradsport eine<br />

ähnlich entscheidende Position zu Teil wie das für<br />

Kenny Roberts in den USA gilt. Er löste Down<br />

Un<strong>der</strong> den ersten großen Hype um die Weltmeisterschaft<br />

aus und ebnete so den Weg für alle australischen<br />

Piloten nach ihm, <strong>der</strong> Legendenstatus<br />

in seiner Heimat sowie die Aufnahme in die Hall<br />

of Fame <strong>der</strong> MotoGP sprechen Bände.<br />

Zwei seiner Landsmänner schafften es, in seine<br />

Fußstapfen zu treten. Der erste war Mick Doohan.<br />

Bereits in den Saisons 1991 und 1992 schrammte<br />

er nur ganz knapp am großen Coup vorbei und<br />

musste sich jeweils mit dem Vizeweltmeistertitel<br />

begnügen. Doch 1994 schlug seine große Stunde.<br />

Mit neun Saisonsiegen, davon sechs in Serie, fuhr<br />

er die Konkurrenz in Grund und Boden und landete<br />

in jedem einzelnen Rennen auf dem Podium.<br />

Dieser Weltmeistertitel sollte aber erst <strong>der</strong> Beginn<br />

einer Erfolgsserie sein, wie sie außer Doohan bisher<br />

nur Giacomo Agostini und Valentino Rossi gelang.<br />

Auf Honda gewann er fünf Mal in Folge die Weltmeisterschaft<br />

und ließ die Rekorde nur so purzeln.<br />

Doohans Karriere sollte allerdings 1999 ein jähes<br />

Ende nehmen. Beim Training zum Grand Prix von<br />

Spanien in Jerez stürzte er in Kurve vier bei mehr<br />

als 200 km/h schwer und brach sich sein ohnehin<br />

bereits lädiertes rechtes Bein. Zwei Platten und<br />

zwölf Schrauben mussten ihm eingesetzt werden,<br />

an einen Renneinsatz war nicht mehr zu denken.<br />

Doohan zog sich vom Profisport zurück.<br />

Es sollte neun Jahre dauern, bis es für die Motorradfans<br />

in Australien wie<strong>der</strong> Grund zum Jubeln<br />

gab. Im Jahr 2006 wagte ein schmächtig wirken<strong>der</strong><br />

Bursche namens Casey Stoner als 250ccm-Vizeweltmeister<br />

den Sprung in die MotoGP. Nach<br />

einem Lehrjahr im Honda-Kundenteam von Lucio<br />

Cecchinello, in dem er bereits einige Male sein<br />

Talent unter Beweis stellte, wechselte Stoner 2007<br />

zu Ducati. Die Leistungen, die <strong>der</strong> Mann mit <strong>der</strong><br />

Nummer 27 dort ablieferte, versetzten die gesamte<br />

Fachwelt und insbeson<strong>der</strong>e seine Konkurrenten in<br />

Staunen. Auf <strong>der</strong> Desmosedici, mit <strong>der</strong> in den vier<br />

Saisons zuvor nur sieben Rennen gewonnen werden<br />

konnten, fuhr Stoner zehn Mal als Erster<br />

durchs Ziel und sicherte sich souverän den Titel.<br />

Nach drei weiteren Jahren mit den Italienern und<br />

einem Vizeweltmeistertitel sowie zwei vierten Plätzen<br />

in <strong>der</strong> Gesamtwertung ging die erfolgreiche<br />

Partnerschaft zwischen Stoner und Ducati mit<br />

Ende <strong>der</strong> Saison 2010 in die Brüche. Honda sagte<br />

artig ‚Danke‘, sicherte sich für die folgende Saison<br />

die Dienste des Ausnahmetalents und wurde keineswegs<br />

enttäuscht. Stoner wie<strong>der</strong>holte sein Kunststück<br />

von 2007, feierte erneut zehn GP-Erfolge in<br />

einem Jahr und ließ <strong>der</strong> Konkurrenz nicht den<br />

Hauch einer Chance. Stoner war zu diesem Zeitpunkt<br />

erst 26, zahlreiche weitere Titel hätten noch<br />

folgen können. Doch 2012 beschloss <strong>der</strong> durchaus<br />

als exzentrisch geltende Mann aus New South<br />

Wales, dass die MotoGP in dieser Form keinen Reiz<br />

mehr auf ihn ausübte und beendete seine aktive<br />

Karriere.<br />

IM JAHR 2006 WAGTE EIN<br />

SCHMÄCHTIG WIRKENDER<br />

BURSCHE NAMENS CASEY<br />

STONER ALS 250CCM-VIZEWELT-<br />

MEISTER DEN SPRUNG IN DIE<br />

KÖNIGSKLASSE DES<br />

MOTORRADRENNSPORTS.<br />

Plötzlich stand die Motorradgroßmacht Australien,<br />

die seit dem ersten Titelgewinn durch Wayne Gardner<br />

neben den USA mit je acht Titeln die erfolgreichste<br />

Nation darstellt, für 2013 ohne einen einzigen<br />

Piloten in <strong>der</strong> Königsklasse da. Schließlich<br />

schaffte mit Bryan Staring zwar noch ein Australier<br />

den Sprung in die MotoGP, von den Erfolgen Casey<br />

Stoners hätte er aber nicht weiter entfernt sein können.<br />

Nach einer Saison kam für ihn wenig verwun<strong>der</strong>lich<br />

das Aus. 2014 hält Broc Parkes die australischen<br />

Fahnen hoch, große Sprünge sind aber auch<br />

von ihm nicht zu erwarten. Der 32-jährige Rookie<br />

muss sich sogar Vorwürfe gefallen lassen, er habe<br />

den MotoGP-Platz lediglich seiner Herkunft zu<br />

verdanken, da die Dorna dem australischen Publikum<br />

unbedingt irgendeine Identifikationsfigur<br />

bieten möchte. Ein mehr als deutliches Anzeichen<br />

für die aktuelle Krise des australischen<br />

Motorradsports.<br />

→<br />

Australier<br />

holten 7 ihrer<br />

8 Titel auf<br />

Honda<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 89<br />

Casey Stoner<br />

war beim<br />

Rücktritt erst<br />

27 Jahre alt


DIE ZUKUNFT<br />

USA 2. Australien 1. Das<br />

ist kein Fußballergebnis,<br />

son<strong>der</strong>n die aktuelle<br />

Fahrerstärke <strong>der</strong><br />

einst so gefürchteten<br />

Motorradnationen in<br />

<strong>der</strong> diesjährigen Startaufstellung<br />

<strong>der</strong><br />

MotoGP. Nicky<br />

Hayden und Colin<br />

Edwards bzw. Broc<br />

Parkes sind die letzten Relikte einer erfolgreichen<br />

Vergangenheit. Podiumsplätze o<strong>der</strong> Siege? Für diese<br />

drei Piloten in <strong>der</strong> aktuellen Saison unwahrscheinlich<br />

bis unmöglich. Doch ist Besserung in Sicht?<br />

In absehbarer Zeit kommt für einen australischen<br />

Erfolg in <strong>der</strong> MotoGP eigentlich nur eine Person in<br />

Frage. Dummerweise hat diese keine Lust mehr auf<br />

die Königsklasse. Gemeint ist natürlich Casey Stoner,<br />

<strong>der</strong> die Zeit seit dem MotoGP-Ausstieg in seiner<br />

Heimat genießt. »Ich habe einfach die Liebe zu diesem<br />

Sport verloren. Es fehlte an Respekt von vielen<br />

Leuten und mir hat die Richtung, die es genommen<br />

hat, nicht gefallen«, erläuterte er nach dem Rücktritt<br />

2012 seine Beweggründe. Das bedeutet aber auch,<br />

dass ein Comeback Stoners nicht vollkommen ausgeschlossen<br />

ist, wie er selbst bestätigt: »Wenn ich<br />

sehe, dass sich <strong>der</strong> Sport dramatisch än<strong>der</strong>t und für<br />

mich wie<strong>der</strong> interessant wird, gibt es eine Chance.«<br />

Sollte <strong>der</strong> zweifache Champion aber nie mehr in die<br />

MotoGP zurückkehren, lasten die Hoffnungen wohl<br />

auf Jack Miller. Nach starken Leistungen in Diensten<br />

des Racing Team Germany wechselte er zur neuen<br />

Saison in das KTM-Werksteam von Aki Ajo. Dort<br />

zählt Miller 2014 definitiv zu den Titelfavoriten und<br />

könnte im kommenden Jahr als Weltmeister in die<br />

Moto2 aufsteigen, ein Vorvertrag mit dem Spitzenteam<br />

von Marc VDS ist bereits unterschrieben.<br />

Vielleicht liegt es aber auch wie<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Familie<br />

Gardner, die australische Ehre zu retten. Waynes<br />

Sohn Remy, <strong>der</strong> im Februar erst seinen 16. Geburtstag<br />

feierte, könnte bereits in diesem Jahr sein Debüt<br />

in <strong>der</strong> Moto3-Weltmeisterschaft geben. In den<br />

letzten zwei Jahren fuhr er bereits in <strong>der</strong> spanischen<br />

CEV-Meisterschaft und lieferte dort einige Talentproben<br />

ab. Nun soll <strong>der</strong> nächste Schritt folgen. »Ich<br />

würde ihm gerne etwa vier Wildcard-Einsätze in<br />

<strong>der</strong> Moto3-WM ermöglichen«, verrät Gardner<br />

Senior. Läuft alles nach Plan, könnte es Remy seinem<br />

Vater gleichtun und eine lange australische<br />

Durststrecke beenden.<br />

Schlechter als in Australien sind die Aussichten für<br />

die USA. In den beiden unteren Klassen findet sich<br />

mit dem 23-jährigen Kalifornier Josh Herrin<br />

(Moto2 für Caterham) 2014 nur ein US-Fahrer.<br />

Auch Veteran Colin Edwards zeichnet eine eher<br />

düstere Zukunft: »Es gibt ein paar Talente, spontan<br />

fällt mir da jetzt Cameron Beaubier o<strong>der</strong> Joe<br />

Roberts ein. In den nächsten zwei Jahren sehe ich<br />

zwar keinen, <strong>der</strong> es in die MotoGP schaffen könnte,<br />

aber es gibt ein paar Leute, die es in ein paar Jahren<br />

packen können.« Eines eint Australier und US-<br />

Amerikaner: die Entfernung zu Europa, dem Kernkontinent<br />

<strong>der</strong> MotoGP, wo beinahe alle Teams<br />

stationiert sind, die wichtigsten Nachwuchsserien<br />

stattfinden und ein Großteil <strong>der</strong> Rennen im WM-<br />

Kalen<strong>der</strong>. Strebt man eine Karriere über Europa<br />

an, heißt das für die jungen Talente <strong>der</strong> Heimat<br />

früh den Rücken zu kehren. Das ist nicht nur eine<br />

Einstellungsfrage, son<strong>der</strong>n auch eine <strong>der</strong> finanziellen<br />

Mittel. Edwards will <strong>der</strong>artige Ausreden aber<br />

nicht gelten lassen. »Es ist definitiv ein kleiner<br />

Nachteil, aber in erster Linie geht es um die richtige<br />

Einstellung. Wenn du schon so ankommst und mit<br />

eingezogenen Schultern kleinlaut meinst: ‚Ich<br />

werde versuchen, das Rennen zu gewinnen‘, kannst<br />

du es gleich lassen«, so Edwards. Genau diese<br />

nötige Mentalität machte ihn - obwohl er nie ein<br />

MotoGP-Rennen gewann - berühmt und mit genau<br />

dieser Einstellung läutete Kenny Roberts einst das<br />

glorreiche Zeitalter <strong>der</strong> US-Boys ein.<br />

STREBT MAN EINE KARRIERE<br />

ÜBER EUROPA AN, HEISST DAS<br />

FÜR DIE JUNGEN TALENTE,<br />

DER HEIMAT FRÜH DEN<br />

RÜCKEN ZU KEHREN<br />

DIE AUSSIE-CHAMPIONS<br />

FAHRER MOTORRAD WM-TITEL<br />

Wayne Gardner Honda 1 (1987)<br />

Mick Doohan Honda 5 (1994-1998)<br />

Casey Stoner Ducati/Honda 2 (2007/2011)<br />

DIE US-CHAMPIONS<br />

FAHRER MOTORRAD WM-TITEL<br />

Kenny Roberts Yamaha 3 (1978-1980)<br />

Freddie Spencer Honda 2 (1983/1985)<br />

Eddie Lawson Yamaha/Honda 4<br />

(1984/1986/1988/1989)<br />

Wayne Rainey Yamaha 3 (1990-1992)<br />

Kevin Schwantz Suzuki 1 (1993)<br />

Kenny Roberts Jr. Suzuki 1 (2000)<br />

Nicky Hayden Honda 1 (2006)<br />

FOTO: MILAGRO


Freddie<br />

Spencer war<br />

einst jüngster<br />

Weltmeister<br />

Mick Doohan<br />

holte fünf<br />

WM-Titel in<br />

Folge<br />

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HINDERNISSE<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

GIBT ES IMMER<br />

DEBÜT IN DER MOTO2-KLASSE: JONAS FOLGER IST ANGEKOMMEN. IM INTERVIEW MIT DEM MOTORSPORT-<br />

MAGAZIN VERRÄT DER 20-JÄHRIGE, WAS IHN BEIM ERSTEN RENNEN IN DER MITTLEREN KATEGORIE AM<br />

MEISTEN ÜBERRASCHTE.<br />

MSM: Warst du beim ersten Moto2-Start aufgeregt<br />

und damit nervöser als in <strong>der</strong> Moto3?<br />

JONAS FOLGER: Ja, sehr! Ich war schon sehr<br />

nervös, aber ich glaube, das ist ganz normal. Als<br />

es dann losging, ist das aber schnell vergangen.<br />

Ja, ich muss zugeben, dass ich nervöser war, als<br />

in <strong>der</strong> Moto3 vor einem Jahr. Das Schwierigste<br />

an meinem Debütwochenende in Katar war das<br />

Rennen, weil ich wirklich nicht wusste, dass es<br />

in <strong>der</strong> Moto2 in den ersten Runden so hart ist<br />

und so zur Sache geht. Trotzdem habe ich es im<br />

Rennen noch einigermaßen hinbekommen und<br />

konnte bis zum Ende <strong>der</strong> 20 Runden relativ weit<br />

nach vorne fahren.<br />

Wie ist es dir gelungen, dich so schnell an das<br />

neue Motorrad anzupassen?<br />

Ich habe natürlich einige Tests gebraucht, bis ich<br />

mich einigermaßen auf die Moto2-Maschine<br />

eingestellt hatte - und ich lerne noch immer dazu,<br />

beziehungsweise bin noch immer am Umlernen.<br />

Ich glaube, dass die ganze Saison für mich ein<br />

Lehrjahr wird. Das größere Motorrad kam mir<br />

aber ehrlich gesagt ein bisschen entgegen. Zuletzt<br />

hatte ich mit <strong>der</strong> Moto3 einige Probleme und <strong>der</strong><br />

Wechsel war in erster Linie sehr positiv für mich.<br />

Mein Fahrstil in <strong>der</strong> Moto3 war schon eher für<br />

die Moto2 geeignet. In <strong>der</strong> mittleren Kategorie<br />

bremst man ziemlich spät und ich habe schon in<br />

<strong>der</strong> kleineren Klasse immer sehr spät gebremst.<br />

Das war in <strong>der</strong> Moto2 dann ein Vorteil und<br />

führte für mich zu einer schnelleren<br />

Anpassung.<br />

Wo siehst du den Hauptunterschied zwischen<br />

Moto2 und Moto3?<br />

Der Hauptunterschied ist die Leistung. Die<br />

Moto2 hat natürlich viel mehr Leistung, das<br />

Motorrad ist schwerer. Dazu sind die Reifen breiter,<br />

was dazu führt, dass man auf <strong>der</strong> Strecke eine<br />

ganz an<strong>der</strong>e Linie fährt und man natürlich einen<br />

an<strong>der</strong>en Fahrstil braucht. Man muss auf dem<br />

Motorrad mehr arbeiten, sich mehr bewegen und<br />

zum Ende des Rennens reifenschonen<strong>der</strong> fahren<br />

können.<br />

»ICH KONNTE DREI ODER<br />

VIER KILOGRAMM MUS-<br />

KELMASSE AUFBAUEN UND<br />

DADURCH HABE ICH MEHR<br />

KRAFT UND MEHR AUSDAU-<br />

ER ALS VORHER.«<br />

Hast du dich im Winter mit Hinblick auf die<br />

Moto2 an<strong>der</strong>s auf die neue Saison vorbereitet<br />

als in den Jahren zuvor?<br />

Ja, natürlich habe ich einiges geän<strong>der</strong>t. Ich habe<br />

etwas zugenommen. Ich konnte jetzt drei o<strong>der</strong><br />

vier Kilogramm Muskelmasse aufbauen und<br />

dadurch habe ich mehr Kraft und mehr Ausdauer.<br />

Ich denke, dass die Moto2 körperlich<br />

anstrengen<strong>der</strong> ist als die Moto3. Zum einen, weil<br />

das Motorrad schwerer ist, aber auch weil man<br />

mehr Leistung hat, mehr Runden fährt und<br />

die Klasse an sich auch noch etwas härter ist.<br />

Womit hast du noch am meisten zu<br />

kämpfen?<br />

In Katar war unser Schwachpunkt, dass<br />

wir uns mit dem Setting ein bisschen<br />

verlaufen haben. Wir haben Informationen<br />

von an<strong>der</strong>en bekommen und<br />

daraufhin verschiedene Dinge ausprobiert.<br />

Das hat uns am Ende viel<br />

Zeit gekostet und nicht funktioniert.<br />

Aber ich denke schon, dass<br />

man gewisse Dinge ausprobieren<br />

sollte. Es<br />

92 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


war natürlich Pech, dass das bei mir nicht funktioniert<br />

hat. Jetzt wissen wir es aber besser und<br />

werden in Zukunft bei <strong>der</strong> Abstimmung des<br />

Motorrads unseren eigenen Weg gehen.<br />

Dein Freund und Mitbewohner Marcel Schrötter<br />

fährt schon etwas länger in <strong>der</strong> Moto2. Hat er<br />

dir vorher Tipps gegeben?<br />

[lacht] Viele Tipps kann man da nicht geben.<br />

Eigentlich ist es in <strong>der</strong> Moto2 wie in jedem an<strong>der</strong>en<br />

Rennen, ich habe nur ein an<strong>der</strong>es Motorrad<br />

und fahre eben in einer an<strong>der</strong>er Klasse. Ich<br />

glaube, man muss einfach seine eigenen Erfahrungen<br />

machen und dadurch dazulernen.<br />

Kannst du dir von den Fahrern mit viel Moto2-<br />

Erfahrung, wie Tom Lüthi o<strong>der</strong> Mika Kallio,<br />

etwas abschauen?<br />

Natürlich kann ich von ihnen etwas lernen. Ich<br />

schaue mir die an<strong>der</strong>en in jedem Training und<br />

jedem Rennen an und versuche, dabei etwas für<br />

mich herauszufiltern. Sicherlich versuche ich am<br />

Rennwochenende, also beson<strong>der</strong>s in den Trainings,<br />

auch den ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Fahrer zu erwischen<br />

und mir ein bisschen was abzuschauen.<br />

Das ist mir in Katar allerdings nicht son<strong>der</strong>lich<br />

gut gelungen, aber ich versuche das auch bei den<br />

weiteren Rennen.<br />

Was wird im Laufe <strong>der</strong> Saison dein größtes Hin<strong>der</strong>nis<br />

sein?<br />

Ich glaube, mein größtes Hin<strong>der</strong>nis sind meine<br />

Gegner, aber ich versuche natürlich, mich zu<br />

steigern. Ich denke, Hin<strong>der</strong>nisse gibt es immer<br />

und überall. Man muss nur wissen, wie man<br />

damit umgeht.<br />

Denkst du, es könnte dir gelingen, schon im<br />

Debüt-Jahr aufs Podium zu fahren?<br />

Das kann ich jetzt lei<strong>der</strong> noch nicht sagen. Natürlich<br />

ist alles möglich, aber ich glaube, das Wichtige<br />

ist, dass wir uns auf an<strong>der</strong>e Sachen konzentrieren.<br />

Vieles ist möglich. Wir sollten so<br />

weitermachen wie bisher und dann kommen die<br />

Ergebnisse von ganz alleine. Unter die ersten<br />

Zehn zu kommen ist meiner Meinung nach realistisch<br />

und machbar.<br />

Jonas Folger sollten<br />

die Moto2-Bikes<br />

wegen seiner Größe<br />

besser liegen<br />

FOTOS: MILAGRO, FOLGER<br />

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TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

DER<br />

HOFFNUNGS-<br />

TRÄGER<br />

DIE LATTE FÜR DEUTSCHE PILOTEN IN DER MOTO3 LIEGT NACH<br />

DEN VIELEN SIEGEN UND PODIUMSPLÄTZEN DER VERGANGENEN<br />

JAHRE HOCH. PHILIPP ÖTTL STELLT SICH DIESER HERAUSFORDERUNG<br />

SELBSTBEWUSST.<br />

FOTOS: MILAGRO, KTM<br />

I<br />

n <strong>der</strong> Moto3 hatten die deutschen<br />

Fans in den letzten beiden Jahren viel<br />

Grund zur Freude. Mit Sandro Cortese<br />

und Jonas Folger durfte man zwei Siegfahrer<br />

bejubeln, durch Cortese gab es 2012 sogar<br />

Deutschlands bislang letzten Titel in <strong>der</strong> Motorrad-WM.<br />

Beide Fahrer sind mittlerweile in <strong>der</strong><br />

Moto2 unterwegs, weshalb die Hoffnungen <strong>der</strong><br />

erfolgsverwöhnten deutschen Fans 2014 in erster<br />

Linie auf den Schultern von Philipp Öttl ruhen.<br />

Der 17-jährige Bayer muss in dieser Saison<br />

gemeinsam mit Rookie Luca Grünwald die Fahnen<br />

in <strong>der</strong> kleinsten Klasse hoch halten. Hohe<br />

Erwartungen haben aber nicht nur die Fans,<br />

son<strong>der</strong>n auch Öttl selbst. »Wir würden am Ende<br />

des Jahres gerne in den Top-10 <strong>der</strong> Gesamtwertung<br />

landen. Ein leichtes Unterfangen wird das<br />

freilich nicht, das haben wir schon beim Auftaktrennen<br />

in Katar gesehen«, erklärte er im<br />

Gespräch mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Der<br />

Konkurrenzkampf in <strong>der</strong> Moto3 ist über den<br />

Winter härter geworden. Mahindra und vor<br />

allem Honda rüsteten im Kampf gegen den bisherigen<br />

Moto3-Dominator KTM gehörig auf.<br />

Ob Öttl mit seinem Motorrad <strong>der</strong> wesentlich<br />

kleineren deutschen Kalex-Schmiede auf <strong>der</strong><br />

Strecke bleiben könnte? »Wir haben den gleichen<br />

Motor wie die KTM-Werksbikes und<br />

fahren auch die gleiche Fe<strong>der</strong>ung. Die Kalex ist<br />

ein gutes Motorrad, die KTM und Honda in<br />

keinerlei Hinsicht nachhinkt. Ich fahre sie ja<br />

schon seit 2012. Sie ist sicher nicht leicht abzustimmen,<br />

aber wenn du den Dreh raus hast, ist<br />

sie ein konkurrenzfähiges Motorrad«, ist Öttl<br />

von <strong>der</strong> Qualität seines Bikes überzeugt. Die<br />

mäßigen Ergebnisse des Motorrads beim Auftakt<br />

in Katar hätten einen an<strong>der</strong>en Grund:<br />

»Heuer fehlt mit Jonas Folger <strong>der</strong> absolute Kalex-<br />

Topfahrer <strong>der</strong> letzten Saison.«<br />

Da wären wir auch schon wie<strong>der</strong> beim<br />

anspruchsvollen Erbe, das Öttl 2014 antreten<br />

muss. »Das zweite Jahr in <strong>der</strong> WM ist sicher<br />

nicht leichter als das erste«, ist <strong>der</strong> 17-Jährige<br />

überzeugt. Von diesem Umstand konnte er sich<br />

schon in Katar ein Bild machen, wo er als 20. die<br />

Punkteränge deutlich verpasste und eines seiner<br />

schlechtesten Ergebnisse in <strong>der</strong> WM einfuhr.<br />

»Das war schlecht, da brauchen wir auch nicht<br />

um den heißen Brei herumreden. Der Durchbruch<br />

hat das ganze Wochenende auf sich warten<br />

lassen. Aber ich weiß in etwa, woran es<br />

gelegen hat, nachdem ich mit meinem Trainer<br />

gesprochen habe«, spricht Öttl Klartext. »Wenn<br />

es zu Beginn einer Saison Mal nicht so läuft, ist<br />

das normal und noch kein Grund zur Sorge.<br />

Den einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Durchhänger hat je<strong>der</strong><br />

Fahrer einmal.« Die Ausgangsposition sei dennoch<br />

besser als im Vorjahr: »Mein Training ist<br />

intensiver geworden, vor allem über den Winter.<br />

Ich kenne alle Strecken, was sicherlich ein Vorteil<br />

ist. Ich brauche mich heuer auf nichts Neues<br />

mehr einstellen.« Schon in seiner Rookie-Saison<br />

zeigte Öttls Formkurve stetig bergauf. Vor allem<br />

im letzten Saisondrittel kam Öttl richtig in Fahrt,<br />

fuhr in den letzten sechs Rennen fünf Mal in die<br />

Punkte. In Aragon holte er mit Rang sechs das<br />

beste WM-Resultat seiner Karriere und erzielte<br />

seine erste schnellste Rennrunde. An diese Leistungen<br />

möchte er 2014 anknüpfen. »Fahrerisch<br />

bin ich mittlerweile besser und ich denke, dass<br />

ich die schwierige zweite Saison so meistern<br />

kann. Klar ist mehr Druck da als im ersten Jahr,<br />

aber damit kann ich umgehen. Ich bin konstant<br />

ein bisschen schneller geworden und war schon<br />

im Vorjahr jemand, <strong>der</strong> seine Stärken eher in<br />

den Rennen als im Qualifying ausspielen konnte.<br />

In diesem Jahr sind wir aber auch auf eine<br />

schnelle Runde schon viel näher dran.«<br />

Philipp Öttl geht<br />

in seine zweite<br />

Moto3-Saison<br />

Am Ende des Jahres wird es für Öttl auch um<br />

den Verbleib in <strong>der</strong> WM gehen, denn sein im<br />

Vorjahr unterzeichneter Vertrag mit dem<br />

Schweizer Interwetten-Team hatte eine Laufzeit<br />

über zwei Jahre. Über die aktuelle Vertragssituation<br />

macht sich <strong>der</strong> 17-Jährige allerdings noch<br />

keine Gedanken. »Darum kümmert sich mein<br />

Vater [Peter Öttl, fünffacher GP-Sieger] und ich<br />

habe vollstes Vertrauen zu ihm.« Seit seinem<br />

Schulabschluss im letzten Sommer kann sich<br />

Öttl voll und ganz auf seine WM-Einsätze konzentrieren.<br />

Neben seinem Training lernt er aktuell<br />

Spanisch, die wichtigste Sprache in <strong>der</strong><br />

MotoGP. »Damit ich weiß, was die spanischen<br />

Fahrer so über mich reden«, scherzt Öttl. Vielleicht<br />

bringt sich <strong>der</strong> 17-jährige Bayer so ja auch<br />

beim ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en spanischen Teamchef ins<br />

Gespräch.<br />

94 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Starker Racer:<br />

Öttl legt im<br />

Rennen fast<br />

immer zu<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 95


Max Biaggis<br />

Klappe gehörte<br />

zu den ganz<br />

großen im<br />

Paddock<br />

TOP<br />

SPRÜCHEKLOPFER<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

FRECH, FRIVOL UND FEUCHTFRÖHLICH<br />

WARUM SOLLTE MAX BIAGGI FÜR TASCHENTÜCHER WERBEN, VALENTINO ROSSI<br />

MEHR NACHDENKEN UND COLIN EDWARDS NIE AUFHÖREN? WIR HABEN DIE ANT-<br />

WORTEN MIT DEN LEGENDÄRSTEN SPRÜCHEN AUS DEM MOTOGP-FAHRERLAGER.<br />

5. KLEENEX - LASS ES RAUS<br />

Obwohl sie nur zwei Jahre in <strong>der</strong> 500ccm-Klasse<br />

gegeneinan<strong>der</strong> fuhren, gerieten Mick Doohan und Max<br />

Biaggi vor <strong>der</strong> Jahrtausendwende regelmäßig aneinan<strong>der</strong>.<br />

1998 waren beide sogar Teamkollegen bei Honda.<br />

Alles lief bestens, bis <strong>der</strong> Australier und <strong>der</strong> Italiener<br />

beim britischen Grand Prix plötzlich bemerkten, dass<br />

je<strong>der</strong> von ihnen Chancen auf den Titel hatte, was in<br />

einem unerbittlichen Kampf endete. »Max ist egoistisch!<br />

Er denkt so oft über seine Erscheinung nach, dass er<br />

immer versucht, Entschuldigungen zu finden, wenn er<br />

nicht gewinnt. Er heult so sehr rum, dass er von Kleenex<br />

gesponsert werden sollte.« Eine Aussage, mit <strong>der</strong> Doohan<br />

in die Geschichte einging. Selbst im Ruhestand<br />

gaben die Streithähne keine Ruhe. »Ich weiß nicht,<br />

woher er seine Ausreden nimmt, aber ich wünsche mir,<br />

dass ich sowas gehabt hätte, als ich noch fuhr«, setzte<br />

Doohan 2003 noch eins drauf, obwohl er seinen Helm<br />

zu dieser Zeit schon längst an den Nagel gehängt hatte.<br />

96 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: MILAGRO<br />

4. VON EHRGEIZ UND TALENT<br />

Vom Rolling-Stoner zum Weltmeister und Quertreiber. Casey Stoner entwickelte<br />

sich auf <strong>der</strong> Weltbühne zum einzigen Fahrer, <strong>der</strong> das rote Biest zähmen konnte<br />

und seine Konkurrenten auch auf Honda noch blass aussehen ließ. Dazu war<br />

<strong>der</strong> Australier schon lange dafür bekannt, sich we<strong>der</strong> etwas vorschreiben zu<br />

lassen, noch seine Gedanken zurückzuhalten. 2011 legte er sich in Jerez mit<br />

Valentino Rossi an. Nachdem Stoner von <strong>der</strong> Pole gestartet war, lag er bei<br />

schwierigen Bedingungen an zweiter Position vor Rossi. Der Italiener versuchte,<br />

in einem misslungenen Manöver innen am Honda-Piloten vorbeizugehen. Mit<br />

etwas zu viel Speed rutschte Rossi weg und riss Stoner mit ins Aus. Direkt<br />

nach dem Vorfall rannte <strong>der</strong> neunfache Weltmeister zur Box des Konkurrenten,<br />

um sich zu entschuldigen. Mit seiner Reaktion ging Stoner in die MotoGP-<br />

Geschichte ein: »Offensichtlich ist dein Ehrgeiz größer als dein Talent.« Und als<br />

wäre das noch nicht genug, stupste<br />

3. LANGSCHLÄFER<br />

Dabei dürfte sich Rossi kaum beschweren, schließlich kann auch er sich in<br />

hitzigen Situationen nur schwer zurückhalten. Dazu sorgt er mit witzigen Kommentaren<br />

und amüsanten Meinungsäußerungen des Öfteren für etwas Unterhaltung.<br />

»Mein normales Leben ist wie Urlaub. Nach 2:00 Uhr morgens habe<br />

ich viel Energie. Ich schlafe morgens gern lang. Ich habe einige Probleme am<br />

Tagesanfang.« Das ist nur eine <strong>der</strong> bekanntesten Aussagen des Italieners, <strong>der</strong><br />

es jahrelang nicht nur auf <strong>der</strong> Strecke ordentlich krachen ließ. »Ich hätte auch<br />

Autos klauen können - das hätte mir den gleichen Adrenalin-Kick gegeben wie<br />

<strong>der</strong> Rennsport.« Neben diesen persönlichen Anekdoten fand Rossi auch oft die<br />

richtigen Worte, um Rivalen wie Biaggi, Sete Gibernau, Stoner und Jorge Lorenzo<br />

in aller Öffentlichkeit zu blamieren. Am meisten amüsierte sich <strong>der</strong> Doktor<br />

allerdings über Gerüchte. 2014 ist schließlich nicht das erste Jahr, in dem über<br />

gewisse Wechsel o<strong>der</strong> ein mögliches Karriereende diskutiert wird. Nach einem<br />

Formel-1-Test im Ferrari wurde Rossi bereits dem Vierradsport verschrieben.<br />

Sein Konter: »Wie soll Ferrari wissen, was ich nächstes Jahr mache, wenn ich<br />

selbst nicht weiß, was ich nächste Woche tue?«<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 97


FOTOS: MILAGRO<br />

2. DER HONEY BADGER<br />

»Ich hole mir jetzt einen Kaffee...« - Cal Crutchlow hat ein durchaus starkes<br />

Mitteilungsbedürfnis. Zur Freude seiner zahlreichen Fans lebt er dieses aber<br />

nicht nur in geschlossenen Medien- o<strong>der</strong> Teamrunden, son<strong>der</strong>n auch und beson<strong>der</strong>s<br />

auf seinem persönlichen Twitter-Account aus. Der Brite ist eine einzigartige<br />

Persönlichkeit und macht sich an Rennwochenenden und in seiner Freizeit über<br />

Gott und die Welt lustig. »Motorrad-Medien, Websites, Zeitungen... Ihr seid im<br />

Winter sehr langweilig, das steht mal fest! Kann ich euch etwas Gutes geben,<br />

98 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

worüber ihr schreiben könnt? Ich habe entschieden, dass ich beim Test in Sepang<br />

an<strong>der</strong>srum auf die Strecke fahre.« Britischer Humor wird bei Crutchlow ganz<br />

groß geschrieben, womit er oft stichelt, aber auch erheitert. Für einen speziellen<br />

Spruch mag man sich bei einem <strong>der</strong>artigen Entertainer gar nicht entscheiden.<br />

Crutchlow hat für jede Situation den passenden Scherz auf Lager. Mit einem<br />

komplett roten Bild sorgte er wenige Tage vor <strong>der</strong> offiziellen Ducati-Präsentation<br />

für weiteren Spaß. »Das ist ein erster Ausblick auf unsere Lackierung 2014...«<br />

FOTOS: HONDA


1. VATER, EHEMANN UND WAFFENEXPERTE<br />

Ob Superbike-WM o<strong>der</strong> MotoGP: Unbestrittene Nummer<br />

eins <strong>der</strong> Sprücheklopfer ist und bleibt Colin Edwards.<br />

»Morgen werde ich also 40. Mein Nacken und mein<br />

rechtes Knie fühlen sich wie 40 an. Gehirn... 18, vielleicht<br />

19.« Und genauso wie sich <strong>der</strong> Texas Tornado fühlt,<br />

benimmt er sich oftmals auch. Bei <strong>der</strong> Dorna erntete er<br />

mit Colin‘s Corner bereits den Preis als Mitarbeiter des<br />

Jahres 2012. Zu Hause ist Edwards liebevoller Vater,<br />

Ehemann und Waffenexperte. In Interviews spricht <strong>der</strong><br />

Frechdachs <strong>der</strong> MotoGP fast ausschließlich über seine<br />

Lieblingsthemen: Frauen, Motorrä<strong>der</strong> und an<strong>der</strong>e Kampfgeräte.<br />

»Auf dem an<strong>der</strong>en Motorrad fühlte ich mich wie<br />

ein Affe, <strong>der</strong> einen Football vögelt. Ich hatte nie ein Gefühl<br />

und saß einfach nur drauf«, lautete einer seiner anschaulichen<br />

Kult-Kommentare. <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> fragte<br />

Edwards einst, wie ein Film heißen müsste, <strong>der</strong> sein Leben<br />

wi<strong>der</strong>spiegelt. Nach langem überlegen meinte er: »Da<br />

fällt mir jetzt nichts ein. Wollen wir das nicht lieber nach<br />

einem Drink besprechen?« Klar, Colin, wir stoßen auf dich<br />

an und hoffen, noch viele weitere Jahre über deine direkte<br />

Art lachen zu können.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 99


Klappt es für Melandri<br />

2014 endlich mit dem<br />

Weltmeister-Titel?<br />

DIE SILBERPFEILE DER<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

SUPERBIKE-WM<br />

EIN NEULING, EIN VERLETZTER UND EIN GENIE WENIGER IM TEAM: APRILIA WURDE 2014 NICHT ALLZU VIEL ZU-<br />

GETRAUT. DOCH SCHON BEIM AUFTAKT BEWIESEN MARCO MELANDRI UND SYLVAIN GUINTOLI DAS GEGENTEIL.<br />

S<br />

ommer in Australien: Die Ozean-<br />

Wellen schlagen auf Felsen, die<br />

Sonne erwärmt die Fans rund<br />

um den Phillip Island Circuit und<br />

die Motoren <strong>der</strong> Superbikes heulen zum<br />

ersten Mal in diesem Jahr wie<strong>der</strong> laut auf.<br />

Die erste Überraschung des Auftaktwochenendes<br />

taucht ganz vorne auf: Pole-Mann<br />

Sylvain Guintoli. Der neue silberne Lack <strong>der</strong><br />

Aprilia RSV4 Factory glänzt unter den australischen<br />

Sonnenstrahlen. Die roten Lichter<br />

<strong>der</strong> Ampel gehen aus und Guintoli biegt als<br />

Erster in die nach Mick Doohan benannte<br />

erste Kurve ein.<br />

Hinter dem Franzosen und dem gesamten<br />

Aprilia-Werksteam liegt eine schwierige Zeit.<br />

Gegen Ende <strong>der</strong> letzten Saison verletzte sich<br />

Guintoli beim Fahrrad-Training an <strong>der</strong> Schulter.<br />

Danach hatte er, trotz mehrerer Operationen,<br />

lange enorme Schmerzen und Probleme.<br />

Vor dem Saisonstart konnte er kaum<br />

testen. Seine Befürchtungen, beim Auftaktrennen<br />

noch nicht völlig fit zu sein, bestätigten<br />

sich unglücklicherweise für ihn. »Das<br />

Problem ist: Bei meiner Verletzung handelt<br />

es sich nicht um einen Bruch. Sie betrifft das<br />

Gelenk und das ist sehr problematisch, wenn<br />

man ein Motorrad fährt. Es ist schwierig, die<br />

Stabilität wie<strong>der</strong>herzustellen«, erklärt er.<br />

Eugene Laverty ging, Marco Melandri kam<br />

und auch <strong>der</strong> Italiener legte sich im Winter<br />

nach einer Knöchelverletzung unters Messer.<br />

Das italienische Team verlor Gigi Dall‘Igna an<br />

Ducati Corse und geriet beson<strong>der</strong>s bei den<br />

Lieferungen an die MotoGP-Teams in Verzug.<br />

Glücklicherweise lief in <strong>der</strong> World Superbike<br />

scheinbar alles nach Plan. Melandri war<br />

schon kurz vor dem ersten Rennwochenende<br />

in Australien sicher, dass ein Sieg im Bereich<br />

des Möglichen liegen könnte. »Phillip Island<br />

gehört zu den erfolgreichsten Strecken meiner<br />

Karriere. Ich gewann dort in <strong>der</strong> 125er,<br />

in <strong>der</strong> 250er und in <strong>der</strong> MotoGP. Lediglich in<br />

<strong>der</strong> Superbike habe ich es noch nicht<br />

geschafft - da wurde ich 2012 nur Zweiter.<br />

Ich freue mich also darauf, dort ein großartiges<br />

Ergebnis auf <strong>der</strong> Aprilia zu holen«,<br />

posaunte er vor dem Auftakt. Lei<strong>der</strong> sollte es<br />

für den 31-Jährigen auch in dieser Saison<br />

nicht ganz klappen.<br />

Trotz aller Hin<strong>der</strong>nisse konnte sich das<br />

Resultat des Aprilia-Duos auf Phillip Island<br />

durchaus sehen lassen. Um nicht nur an <strong>der</strong><br />

Spitze mitzuhalten, son<strong>der</strong>n die Konkurrenz<br />

100 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Guintoli und Melandri<br />

sind erstmalig<br />

Teamkollegen<br />

Guintoli stand auf<br />

Phillip Island zwei Mal<br />

auf dem Podium<br />

auch zu schlagen, war beson<strong>der</strong>s für<br />

Melandri viel Testarbeit nötig. Der Aprilia-<br />

Neuling arbeitete vor dem Saisonstart hart,<br />

um sich an sein neues Gefährt zu gewöhnen<br />

und die Strategie <strong>der</strong> Motorleistung zu verbessern.<br />

Zunächst schockte <strong>der</strong> Hersteller<br />

aus Noale aber mit <strong>der</strong> Abschaffung des<br />

typisch schwarz-roten Designs. »Die<br />

Maschine ist gleichzeitig elegant und aggressiv<br />

und obwohl ich mich als Fahrer natürlich<br />

nur auf Performance und Geschwindigkeit<br />

konzentriere, kann ein <strong>der</strong>art sensationeller<br />

Look natürlich nicht schaden«, meint<br />

Melandri.<br />

Guintoli schickte noch vor vollständiger<br />

Genesung eine Kampfansage an die Rivalen:<br />

»Wenn unser neues Motorrad so schnell ist,<br />

wie es schön ist, wird die Konkurrenz nicht<br />

den Hauch einer Chance haben. Die ganze<br />

Optik <strong>der</strong> RSV4 schreit nach Geschwindigkeit<br />

und wir sind nach den guten Testfahrten<br />

zuversichtlich, dass die Maschine rundum<br />

funktioniert und Leistungen am Maximum<br />

ermöglicht.« Dabei musste <strong>der</strong> Franzose, <strong>der</strong><br />

seine Heimat mittlerweile in Großbritannien<br />

gefunden hat, zunächst auf viele Daten seines<br />

neuen Teamkollegen zurückgreifen.<br />

Schließlich testete er selbst nur zwei Mal vor<br />

dem Auftaktrennen in Australien.<br />

Aprilia RSV4 Factory:<br />

Das beste Superbike?<br />

GEGEN ENDE DER LETZTEN<br />

SAISON VERLETZTE SICH<br />

GUINTOLI BEIM TRAINING<br />

AN DER SCHULTER. DANACH<br />

HATTE ER, TROTZ MEHRE-<br />

RER OPERATIONEN, LANGE<br />

ENORME SCHMERZEN UND<br />

PROBLEME.<br />

Dort schüchterte Aprilia die Konkurrenten<br />

nicht nur mit dem silbernen Design ein: Guintoli<br />

fuhr am Samstag überraschend auf die<br />

Pole Position und lieferte mit einem Podestplatz<br />

und einem Sieg einen nahezu perfekten<br />

Saisonbeginn ab. Dank kluger Taktik war <strong>der</strong><br />

31-Jährige bis zum Ende mental und physisch<br />

stark. »Wenn ich über alles nachdenke,<br />

was im Winter so geschehen ist, freue ich<br />

mich über das Wochenende. Ich bin zurück<br />

auf <strong>der</strong> obersten Stufe des Treppchens.«<br />

Melandri landete beim Aprilia-Debüt direkt<br />

auf dem Treppchen. Nach einem Fehler im<br />

zweiten Lauf konnte er seine Leistung nicht<br />

wie<strong>der</strong>holen. »Ich bin mir sicher, dass ich<br />

noch mehr Erfahrung brauche, um zu verstehen,<br />

wie das Bike reagiert.«<br />

Diese Zeit wird Melandri bekommen. Schließlich<br />

steht ihm eine komplette Saison im<br />

Aprilia-Werksteam bevor. Auch Guintoli wird<br />

schon bald wie<strong>der</strong> 100 Prozent geben können.<br />

Dank <strong>der</strong> neuen RSV4 dürften beide<br />

Piloten kaum zu bremsen sein. Die silbern<br />

glänzende Lackierung tut ihr Übriges. Sollten<br />

Guintoli und Melandri bis zum Saisonende<br />

konstante Leistungen abliefern, könnte einer<br />

von ihnen den heiß begehrten WM-Pokal<br />

vielleicht schon unter <strong>der</strong> glänzenden Sonne<br />

Südafrikas hoch in die Luft strecken.<br />

FOTOS: APRILIA<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 101


FOTOS: HIISHII PHOTOGRAPHERS<br />

Nach außen hin verkörpert Edgar Torronteras das Image des FMX-Bad-Boys, doch dahinter verbirgt sich wesentlich mehr<br />

102 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


E.T.<br />

DER AUSSERIRDISCHE<br />

TEXT: MARKUS ZÖRWEG<br />

EDGAR »E.T.« TORRONTERAS IST EINER DER PIONIERE DES FREESTYLE-<br />

MOTOCROSS IN EUROPA. EIN GESPRÄCH MIT EINEM BEATBOXENDEN,<br />

TÄTOWIERTEN UND GEPIERCTEN FAMILIENVATER UND GLÄUBIGEN, DER<br />

ZUR ENTSPANNUNG GERNE AUS FLUGZEUGEN SPRINGT.<br />

Ja, natürlich. Es kommt schon manchmal vor, dass ich mir bei Shows o<strong>der</strong><br />

Events denke: ‚Ich will nicht mehr springen. Ich möchte nach Hause, zu meiner<br />

Frau und meiner Tochter. Aber das ist nun mal mein Job, ich muss ja auch für<br />

die Beiden sorgen.<br />

Lässt sich Freestyle-Motocross überhaupt mit einer Familie<br />

verbinden?<br />

Viele Leute glauben, dass es leichtsinnig ist, als Familienvater so einen Sport<br />

auszuüben. Aber wir trainieren viel dafür und können das Risiko auch genau<br />

einschätzen. Für mich ist das normal und kein großer Unterschied zu an<strong>der</strong>en<br />

Sportarten. Wir sind nicht verrückt, wir tun einfach nur das, was wir lieben.<br />

Was würdest du als den besten Moment in deiner Karriere bezeichnen?<br />

Das war bei den X-Games, als ich meine Medaille geholt habe. Meine Goldmedaille!<br />

Damals ist ein Traum wahr geworden für mich.<br />

Gibt es noch irgendetwas, das du als Profi erreichen möchtest?<br />

Nicht wirklich. Ich bin mit meiner Karriere sehr zufrieden und absolut glücklich<br />

so wie es ist.<br />

Hast du jemals Angst beim Fahren?<br />

Ja, natürlich. Dann bete ich. Das ist alles, was ich brauche - ein Gespräch mit<br />

Gott.<br />

Wie trainierst du am liebsten für Events?<br />

Am meisten Spaß macht es, wenn ich einfach zuhause bin, ein paar Freunde<br />

einlade und wir in meinem Park fahren. Wir fahren einfach zum Spaß und<br />

trainieren dabei. Es wird gegrillt und wir chillen. Das sind verdammt noch mal<br />

die besten Momente in diesem Sport.<br />

MSM: Du bist eine wahre Legende im Freestyle-Motocross und seit<br />

mehr als 20 Jahren dabei. Was hat sich im FMX seit deiner Anfangszeit<br />

verän<strong>der</strong>t?<br />

EDGAR TORRONTERAS: Der Sport ist ein vollkommen an<strong>der</strong>er geworden. Als<br />

ich begonnen habe, musste man nur ganz normale Tricks machen und die<br />

Menschen sind vollkommen ausgerastet. Jetzt ist ein völlig neues Zeitalter<br />

angebrochen. Es gibt so viele Piloten, die unglaublich harte Tricks machen.<br />

Dadurch ist das Risiko viel höher. Das ist wohl <strong>der</strong> größte Unterschied im Vergleich<br />

zu früher.<br />

Bist du froh, damals mit dem Sport begonnen zu haben o<strong>der</strong> wärst du<br />

lieber jetzt ein junger Ri<strong>der</strong> auf dem Weg nach oben?<br />

Heute sind die Möglichkeiten für den Nachwuchs sicher viel besser. Man muss<br />

aber wie gesagt auch viel mehr riskieren, kann schwer stürzen und sich übel<br />

verletzen. Das ist <strong>der</strong> einzige Nachteil.<br />

Wie wird sich deiner Meinung nach FMX in den nächsten Jahren<br />

entwickeln?<br />

Das ist wirklich schwer zu sagen. Ich glaube, dass <strong>der</strong> Fortschritt nicht mehr<br />

so schnell und groß sein wird wie in den letzten Jahren. Es kann aber auch<br />

sein, dass ich mich täusche. Auf jeden Fall freue ich mich darauf, zu sehen, was<br />

abgeht wenn die ganzen jetzigen Youngsters an <strong>der</strong> Spitze sind.<br />

Gibt es Tage, an denen du keine Lust hast zu fahren?<br />

Ja, wenn ich wegen meiner Tochter zu wenig Schlaf bekommen habe! [lacht]<br />

Dann bin ich wahnsinnig müde und kann unmöglich trainieren. An solchen Tagen<br />

bleibe ich am liebsten zuhause, spiele mit meinen ferngesteuerten Autos o<strong>der</strong><br />

Hubschraubern und verbringe Zeit mit meiner Frau und meiner Tochter. Manchmal<br />

gehe ich auch gerne mit Freunden Fallschirmspringen.<br />

Was würdest du sagen, wenn deine Tochter o<strong>der</strong> dein Sohn, falls du<br />

einmal einen hast, Freestyle-Motocross-Profi werden möchte?<br />

Das ist eine gute Frage. Darüber habe ich ehrlich gesagt noch gar nicht nachgedacht.<br />

Ich habe den Sport lange beobachtet und kenne die Szene sehr gut.<br />

Wenn eines meiner Kin<strong>der</strong> das einmal wollen sollte, werde ich es sicher unterstützen,<br />

mit ihm trainieren und Kontakte mit Sponsoren knüpfen. Es ist aber<br />

egal was sie tun wollen, sie würden meinen Support auch dann haben, wenn<br />

sie Fußball spielen.<br />

Würdest du in deiner Karriere etwas an<strong>der</strong>s machen, wenn du noch<br />

einmal die Chance dazu hättest?<br />

Nein. Das war schon ganz okay. [lacht]<br />

Du bist jetzt 36. Wie sieht dein Plan für die nächsten Jahre aus?<br />

Ich glaube, ich werde noch drei bis vier Jahre als Profi weiterfahren. Dann<br />

möchte ich mich voll auf meine FMX-Schule in Spanien konzentrieren. Das ist<br />

ein sehr großes Projekt, das mir wirklich viel Spaß macht.<br />

Du bist vor kurzem Vater geworden. Hat das für dich als Fahrer etwas<br />

verän<strong>der</strong>t?<br />

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SLIDESHOW | MOTORSPORT | #36 | 2014<br />

❱ BRUTALES NEUES<br />

CHASE-FORMAT<br />

STEPHAN VORNBÄUMEN<br />

FOTO: NASCAR<br />

Zu Saisonbeginn wurde das Chase-Format erneut völlig umgekrempelt<br />

und es gleicht einer Revolution. Wer NASCAR-Champion werden will,<br />

muss in den ersten 26 Saisonrennen einen Sieg holen, damit er sich<br />

überhaupt für den Chase qualifiziert. In den folgenden entscheidenden<br />

zehn Rennen geht es im Knock-Out-System weiter, bis die verbliebenen<br />

vier besten Piloten beim Saisonfinale den Champion ausfahren.<br />

Das System verspricht Hochspannung bis zur letzten Runde. Es wird<br />

brutal auf den Ovalen zugehen, denn Punktesammeln ist kein Rezept<br />

mehr für einen Titelgewinn. Das Ergebnis: Die Kaltverformungen nahmen<br />

in den ersten Rennen bereits gewaltig zu.<br />

104 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


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DER FEIND IM<br />

EIGENEN LAGER<br />

TEXT: MARION ROTT<br />

NUR WENIGE RALLYES SIND 2014 BESTRITTEN UND DOCH IST KLAR: DER WEG ZUM TITEL FÜHRT ERNEUT NUR ÜBER<br />

SEBASTIEN OGIER. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN TRAF DEN WELTMEISTER UND SEINEN SCHÄRFSTEN HERAUSFOR-<br />

DERER JARI-MATTI LATVALA UND SPRACH ÜBER ERWARTUNGSHALTUNGEN, ZIELE UND DRUCK.<br />

Ab durch den Dreck<br />

- Jari-Matti Latvala<br />

kämpft um seinen<br />

ersten Titel<br />

106 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Genauer Blick auf<br />

alle Details. Latvala<br />

will mit Perfektion<br />

punkten<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 107<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, VW MOTORSPORT


E<br />

s ist <strong>der</strong> 16. Januar 2014 in Monaco. Eine neue Zeitrechnung<br />

beginnt. Der Morgen zeigt sich neblig und diesig rund um<br />

Gap, wo jeden Moment die Piloten in die Berge aufbrechen.<br />

Ein Sebastien wartet fokussiert auf seinen Start. Eigentlich<br />

hat sich nichts verän<strong>der</strong>t und doch ist alles an<strong>der</strong>s. Es ist nicht<br />

Sebastien Loeb, <strong>der</strong> von den Fans frenetisch gefeiert wird, es ist Volkswagen-<br />

Pilot Sebastien Ogier. Am En<strong>der</strong>gebnis <strong>der</strong> Rallye ist dieser Unterschied aber<br />

kaum zu erkennen. Obwohl <strong>der</strong> Weltmeister die Rallye mit <strong>der</strong> falschen Reifenwahl<br />

beginnt und viel Zeit verliert, steht er am Ende ganz oben.<br />

Wie von vielen Experten erwartet, knüpft Ogier nahtlos an die Erfolge des<br />

neunfachen Champions Loeb an. Er gewinnt Rallyes mit großem Vorsprung<br />

und aus fast aussichtslosen Situationen. Kaum jemand könnte einen Grund<br />

nennen, warum <strong>der</strong> Franzose nicht Titel um Titel gewinnen sollte - am<br />

wenigsten er selbst. »Ich fühle keinen zusätzlichen Druck, denn wir haben<br />

unseren Traum verwirklicht und damit unser Ziel erreicht«, sagte Ogier vor<br />

dem Saisonstart und schickte eine Kampfansage an die Konkurrenz hinterher.<br />

»Das bedeutet aber nicht, dass wir es nun ruhig angehen lassen und nicht<br />

mehr 100 Prozent geben. Wir wollen genauso weitermachen.« Gejagter statt<br />

Jäger, doch Ogier hat im zweiten Jahr mit Volkswagen die Ruhe weg. »Ich<br />

kann sehr viel entspannter starten, denn ich kenne die Fähigkeiten des Teams<br />

und des Autos und wir wissen alle, dass wir die richtigen Werkzeuge besitzen,<br />

um es erneut zu schaffen.«<br />

Die Konkurrenz steht vor unendlichen Fragezeichen. Wie soll verhin<strong>der</strong>t<br />

werden, dass ein neuer Sebastien zum Dominator <strong>der</strong> WRC wird? Ist erneut<br />

die einzige Unbekannte, wann und nicht ob er den Titel gewinnt? Ogier selbst<br />

weiß, vor wem er sich in Acht nehmen muss: Teamkollege Jari-Matti Latvala.<br />

»Der Hauptkonkurrent ist direkt hier und ich erwarte, dass er mein schärfster<br />

Rivale wird.«<br />

Der Finne verfügt über gleiches Material und den unbändigen Willen, sich<br />

endlich zum Champion zu krönen. »Es ist gut, den Weltmeister im Team zu<br />

haben. Wir haben das beste Auto und ich kann von ihm lernen«, erklärte<br />

Latvala. »Es hält die Motivation hoch, ihn zu schlagen.« Und nie standen die<br />

Chancen besser als 2014. Latvala fühlt sich pudelwohl im Polo R WRC und<br />

hat seine Fehler <strong>der</strong> Vergangenheit erkannt. »Ich habe versucht, die im Ford<br />

Fiesta erlernten Dinge auf den Polo zu übertragen, aber das funktioniert<br />

nicht«, erinnerte sich <strong>der</strong> ehemalige Ford-Pilot. »Als ich das akzeptiert hatte,<br />

musste ich einen an<strong>der</strong>en Weg einschlagen.« Seit <strong>der</strong> Rallye Finnland 2013<br />

erkennt Latvala nun kontinuierlich Fortschritte und entwickelt sich zum ersten<br />

Herausfor<strong>der</strong>er des Weltmeisters.<br />

Neben <strong>der</strong> fahrerischen Komponente hat <strong>der</strong> Vizeweltmeister von 2010 auch<br />

seine mentale Einstellung im Blick. »Mein Problem ist, dass ich nicht gelassen<br />

bleibe. Ich bin nervös und angespannt und mache dadurch Fehler«, gestand<br />

<strong>der</strong> Volkswagen-Pilot. Den Finnen begleitet <strong>der</strong> Spitzname ‚Crash-Pilot‘ und<br />

viele warten förmlich darauf, bis eine Rallye vorzeitig endet. Neben den eigenen<br />

Vorwürfen kommen die Kommentare von außen, die nicht spurlos an<br />

Latvala vorbeigehen. »Ich kenne mich selbst und ich will das än<strong>der</strong>n. Am<br />

Ende des vorigen Jahres ging es in die richtige Richtung und ich möchte alles<br />

nun in diese Bahn lenken und alles besser machen.«<br />

Deshalb geht <strong>der</strong> 29-Jährige nun mit einem Mentaltrainer seinen Problemen<br />

an den Kragen. Die eigentliche Idee stammte von Volkswagen. Als das Team<br />

bei <strong>der</strong> Heimrallye des Finnen 2013 erkannte, wie er unter Stress reagierte und<br />

bereits auf <strong>der</strong> zweiten Prüfung einen schwerwiegenden Fehler machte, musste<br />

gehandelt werden. Der Kontakt zu Mentaltrainer Christoph Treier wurde hergestellt.<br />

Der Schweizer ist kein Unbekannter in <strong>der</strong> Szene. Ab 1998 arbeitete er<br />

beispielsweise mit Marcus Grönholm zusammen. Der Finne feierte in den<br />

Jahren 2000 und 2002 den Weltmeistertitel in <strong>der</strong> WRC.<br />

Das erste Zusammentreffen zwischen Latvala und seinem neuen Coach fand<br />

2013 während <strong>der</strong> Rallye Wales statt. Der Mentaltrainer beobachtete die Abläufe<br />

des Finnen und wie er in speziellen Situationen reagierte. Über den Winter<br />

arbeitete <strong>der</strong> Schweizer ein spezielles Training für Latvala aus, das aus einer<br />

Mischung aus Entspannungs- und Konzentrationstraining besteht. Nun versucht<br />

Treier, Latvala mit verschiedensten Übungen perfekt auf Drucksituationen<br />

während Rallyes vorzubereiten. »Beispielsweise muss ich wie in einer App die<br />

Zahlen von 1 bis 20 sortieren, die durcheinan<strong>der</strong> sind. In dieser Zeit redet er<br />

permanent, stellt mir Fragen - auf teilweise sehr aggressive Weise«, schil<strong>der</strong>te<br />

<strong>der</strong> Finne. Damit soll die Konzentration auf das Wesentliche verbessert werden.<br />

Zudem arbeitet Latvala sehr viel an Entspannung, um ruhig schlafen zu können.<br />

Seit Monte Carlo ist Treier bei je<strong>der</strong> Rallye ab dem Recce vor Ort und arbeitet<br />

gemeinsam mit Latvala während des gesamten Events zusammen.<br />

Die Arbeit trägt erste Früchte: In Schweden übernahm Latvala durch seinen<br />

Sieg zum ersten Mal in seiner Karriere die Führung in <strong>der</strong> Weltmeisterschaft.<br />

Diesen Sprung hat er nicht zuletzt dem stetigen Glauben seines Teams zu<br />

verdanken. »Jari-Matti ist ein Weltklassefahrer und auf keinen Fall die Nummer<br />

zwei in unserem Team«, lobte Teamchef Jost Capito. Immer wie<strong>der</strong> ist<br />

davon die Rede, dass Ogier bereits 2012 Zeit hatte, um sich an den neuen Polo<br />

R WRC zu gewöhnen, während Latvala ins kalte Wasser geworfen wurde.<br />

Wichtige Worte für den kritikgebeutelten Finnen: »Ich erhalte viel Unterstützung<br />

von Jost - das ist großartig. Das gesamte Team ist fantastisch und bietet<br />

uns allen die gleiche Chance.«<br />

Tatsächlich gibt es bei Volkswagen keinen Weltmeisterbonus. Die Richtlinie<br />

ist klar: Der Schnellere gewinnt. »Das Team gibt uns alle Möglichkeiten und<br />

macht keine Unterschiede, ob in Sachen Material, Testtagen o<strong>der</strong> Man-Power.<br />

Es gibt - abgesehen von den Startnummern - keinen Nummer-1- und o<strong>der</strong><br />

Nummer-2-Fahrer«, zeigte sich Latvala voll des Lobes. Allerdings ist klar:<br />

Ogier ist in <strong>der</strong> besseren Situation. Er ist bereits Weltmeister und kann ohne<br />

Druck fahren. »Es ist einfach wie in den letzten Jahren bei Sebastien Loeb.<br />

Wenn du ein wirklich guter Fahrer bist und die Dinge gut machst, dann hast<br />

du das Glück auf deiner Seite«, erklärte Latvala das Geheimnis hinter dem<br />

Erfolg <strong>der</strong> ganz Großen. Dabei erkennt er gleichzeitig das Problem: »Du musst<br />

aber erst einmal so gut werden, dass das Glück auch zu dir kommt.«<br />

Genau dieses besagte Glück macht offenbar seit Jahren einen weiten Bogen<br />

um den 29-Jährigen. Immer wie<strong>der</strong> startete er mit hohen Ambitionen in die<br />

Saison und wurde aufs Neue bitter enttäuscht. Zwar holte Rekordweltmeister<br />

Loeb seinen neunten und finalen Titel erst mit 38 Jahren, dennoch hört Latvala<br />

seine Karriere-Uhr immer lauter ticken. Hin und wie<strong>der</strong> wird <strong>der</strong> Gedanke<br />

im Hinterkopf laut, vielleicht eines Tages ohne die Weltmeisterschaft seine<br />

Karriere beenden zu müssen. »Sicherlich ist <strong>der</strong> Titel <strong>der</strong> Traum für viele<br />

Fahrer und natürlich sind einige jahrelang gefahren und haben es nie<br />

geschafft«, musste Latvala eingestehen. Er ist sich dieser Situation wohl<br />

bewusst, dennoch will er seine positive Einstellung niemals verlieren. »Ich<br />

möchte weiterhin daran glauben, dass ich den Titel gewinnen kann. Wenn<br />

du fest an etwas glaubst und hart dafür arbeitest, dann wirst du es bekommen.<br />

Hörst du aber auf, daran zu glauben, dann schaffst du es niemals.« Vielleicht<br />

ist es am Ende Latvalas unbändiger Wille und Glaube, <strong>der</strong> ihn seinen schier<br />

übermächtigen Teamkollegen Ogier schlagen lässt. Und wie sagte einst <strong>der</strong><br />

Automobil-Industrielle Henry Ford? »Ob du denkst, du kannst es, o<strong>der</strong> du<br />

kannst es nicht - in beiden Fällen hast du Recht.«<br />

»SICHERLICH IST DER TITEL DER TRAUM FÜR VIELE<br />

FAHRER UND NATÜRLICH SIND EINIGE JAHRELANG<br />

GEFAHREN UND HABEN ES NIE GESCHAFFT. ICH<br />

MÖCHTE WEITERHIN DARAN GLAUBEN, DASS ICH DEN<br />

TITEL GEWINNEN KANN.«<br />

108 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: ADRIVO/SUTTON, VW MOTORSPORT<br />

Auf Schotter fühlt<br />

sich Jari-Matti<br />

Latvala wohl<br />

In Schweden feierte<br />

Jari-Matti Latvala<br />

seinen ersten<br />

Saisonsieg<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 109


Nico Menzel tritt<br />

in die Fußstapfen<br />

seines Vaters<br />

Christian<br />

TALENT - NICO MENZEL<br />

FORMEL 1 ODER NICHTS? BLÖDSINN!<br />

TEXT: ROBERT SEIWERT<br />

ADAC FORMEL MASTERS-ROOKIE NICO MENZEL GEHT SEINE RENNSPORTKARRIERE MIT EINER GESUN-<br />

DEN PORTION REALISMUS AN. DER 16-JÄHRIGE SOHN DES RENNFAHRERS CHRISTIAN MENZEL UNTER-<br />

HÄLT SICH MIT DEM MOTORSPORT-MAGAZIN ÜBER SEINE ZIELE AUF UND ABSEITS DER STRECKE.<br />

DIE ANFÄNGE:<br />

Ich war gerade ein paar Wochen auf <strong>der</strong> Welt, da nahm<br />

mich mein Vater schon mit an die Rennstrecke - von<br />

Beginn an quasi mittendrin. Wirklich erinnern kann<br />

ich mich daran, wie ich als Vierjähriger an <strong>der</strong> Strecke<br />

stand und zugeschaut habe, als mein Dad im Carrera<br />

Cup fuhr. Im Alter von acht Jahren habe ich den <strong>Motorsport</strong><br />

für mich selbst entdeckt und fuhr einige Saisons<br />

im Bambini-Kart. Mein Vater war zu Beginn Teamchef,<br />

Chefmechaniker und Ingenieur in einer Person.<br />

DIE ERFOLGE:<br />

Der Sprung vom Kart- in den Automobilsport war<br />

ein großer Schritt. Im BMW Talent Cup lernte ich das<br />

Formel-Rüstzeug und wurde auf Anhieb Vize-Meister.<br />

Lei<strong>der</strong> hat es knapp nicht zum Titelgewinn<br />

gereicht, aber damit beschäftige ich mich nicht<br />

mehr. 2014 gebe ich im ADAC Formel Masters Vollgas.<br />

Neben meiner ersten Formelsaison erinnere<br />

ich mich gern an 2011 - das war ein super Jahr!<br />

Nach dem Gewinn <strong>der</strong> deutschen Rotax-Kartmeisterschaft<br />

war ich für das Weltfinale in Al Ain qualifiziert.<br />

Dort schaffte ich es sogar ins Finale und es<br />

war ein tolles Gefühl, mich mit <strong>der</strong> Weltspitze des<br />

Kartsports messen zu können.<br />

DAS ZIEL:<br />

Die Formel 1 ist sicherlich ein Ziel, aber ich würde<br />

niemals sagen: entwe<strong>der</strong> F1 o<strong>der</strong> gar nichts. Das ist<br />

Blödsinn und es bringt nichts, sich da etwas vorzumachen.<br />

Mein Ziel ist, professioneller Rennfahrer<br />

zu werden, mein Hobby zum Beruf zu machen und<br />

damit meinen Unterhalt zu verdienen. Ich interessiere<br />

mich auch für Tourenwagen- o<strong>der</strong> Sportwagenmeisterschaften<br />

und würde sehr gern in solch<br />

einer Serie starten.<br />

DIE AUSBILDUNG:<br />

Ich besuche <strong>der</strong>zeit die 10. Klasse eines Gymnasiums<br />

und möchte auf jeden Fall mein Abitur<br />

machen. Wer weiß, wie sich meine Rennsportkarriere<br />

entwickelt - ein zweites Standbein finde ich<br />

sehr wichtig. Wegen meiner motorsportlichen<br />

Verpflichtungen ist es nicht immer einfach mit <strong>der</strong><br />

Schule, aber meine Lehrer sagen: »Solange die<br />

Noten passen, unterstützen wir dich.« Ich könnte<br />

mir gut vorstellen, Sportjournalismus zu studieren.<br />

Vielleicht kann ich ja mal ein Praktikum bei<br />

eirer Website <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com machen?<br />

[Wir nehmen Bewerbungen gerne entgegen, Nico!<br />

;o) Anm. d. Red.]<br />

DIE HOBBYS:<br />

Neben <strong>Motorsport</strong> und Schule bleibt nicht so viel<br />

Zeit für Hobbys. Darüber beschwere ich mich aber<br />

nicht, ich werde ja nicht zum Rennfahren gezwungen.<br />

Fitness ist Pflicht, macht mir aber großen Spaß<br />

und es ist schön, die eigenen Fortschritte zu sehen.<br />

Wenn Zeit ist, schaue ich mir gern Spiele meines<br />

Lieblingsvereins Hamburger SV an. An freien<br />

Wochenenden unternehme ich gern zusammen mit<br />

Freunden Fahrradtouren zum Nürburgring, wo wir<br />

uns die Rennen anschauen - als echter Eifeler natürlich<br />

ein Muss!<br />

Menzel bestreitet<br />

sein erstes Jahr<br />

im ADAC Formel<br />

Masters<br />

110 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


VON DOWN UNDER<br />

INS ADAC GT MASTERS<br />

Willkommen zurück in Deutschland, Maro Engel!<br />

Der frühere DTM-Pilot kehrt nach seinem Australien-Gastspiel<br />

in die Heimat zurück und hat sich das<br />

ADAC GT Masters als neue Herausfor<strong>der</strong>ung ausgesucht.<br />

»Das ist die stärkste nationale GT-Serie in<br />

Europa«, sagt Engel, <strong>der</strong> für ROWE RACING im vertrauten<br />

Mercedes-Benz SLS AMG GT3 startet. Beim<br />

Neueinsteiger-Team trifft Engel auf einen alten<br />

Bekannten: Teamchef Hans-Peter Naundorf<br />

betreute Engel bei seinem ersten DTM-Test vor<br />

einigen Jahren als Ingenieur<br />

Der McLaren<br />

Academy<br />

Nachwuchs 2014<br />

Highlight auf dem<br />

Sachsenring<br />

Die ADAC MX Academy<br />

legte 2013 einen<br />

fulminanten Start hin<br />

VOLLGAS MIT MCLAREN-POWER<br />

Marvin Dienst startet mit beson<strong>der</strong>er Motivation in<br />

seine zweite Saison im ADAC Formel Masters. Der<br />

Vorjahres-Fünfte wurde in die Performance Academy<br />

von McLaren aufgenommen und erhält dort eine Ausbildung<br />

auf Formel-1-Niveau. »Das ist für mich eine<br />

Riesenmöglichkeit und tolle Chance«, freut sich <strong>der</strong><br />

Mücke-Pilot. Neben Dienst gehört mit Mücke-Nachwuchsfahrer<br />

Benjamin Mazatis ein weiterer Deutscher<br />

zu den 18 auserwählten För<strong>der</strong>piloten des Traditionsrennstalls<br />

aus Woking.<br />

HIGHLIGHT FÜR DEN<br />

MOTORRAD-NACHWUCHS<br />

Der Sachsenring - Mekka für deutsche Motorrad-Fans. 200.000 Zuschauer<br />

pilgern jährlich zum Deutschland GP und drücken den MotoGP-Stars die<br />

Daumen. In den Genuss dieser einzigartigen Atmosphäre kommen erneut die<br />

Talente des ADAC Junior Cup powered by KTM. Vom 11.-13. Juli gastiert die<br />

Nachwuchsserie im Rahmen des deutschen WM-Laufs zum vierten von acht<br />

Rennwochenenden.<br />

RENNKALENDER 2014<br />

02.05. - 04.05. Lausitzring<br />

20.06. - 22.06. Oschersleben<br />

27.06. - 29.06. Nürburgring<br />

11.07. - 13.07. Sachsenring (MotoGP)<br />

18.07. - 20.07. Schleiz<br />

08.08. - 10.08. Assen<br />

22.08. - 24.08. Oschersleben (Langstrecken-WM)<br />

19.09. - 21.09. Hockenheim<br />

FOTOS: ADAC MOTORSPORT, NICO MENZEL, MCLAREN<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 111


Fanliebling:<br />

Brabham<br />

BT45 mit<br />

Kultlackierung<br />

Kleines<br />

Gestreiftes:<br />

Breite Reifen,<br />

kurze<br />

Kleidchen<br />

STREIFEN SIND<br />

WIEDER IN!<br />

Echtes Racing,<br />

echte Männer. Der<br />

Porsche 911 RSR<br />

1974 umgeben<br />

von je<strong>der</strong> Menge<br />

nackter Haut<br />

112 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Heißer Anblick:<br />

Lancia Martini LC1<br />

im Einsatz in Brands<br />

Hatch 1981<br />

Dreckspatz:<br />

Porsche 911 SC<br />

bei <strong>der</strong> Safari<br />

Rallye 1978<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MARTINI<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 113


NÄCHSTE<br />

AUSGABE:<br />

MOTORSPORT-MAGAZIN<br />

#37 ERSCHEINT<br />

AM 18.06.2014<br />

FOTO: ADRIVO/SUTTON<br />

Verlag & Redaktion<br />

Objektleitung<br />

MIKE WIEDEL<br />

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KLAUS SEELE<br />

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SAMY ABDEL AAL, YANNICK BITZER, SÖNKE BREDERLOW,<br />

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Leserbriefe<br />

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