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Stadtgeographie

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

1. Zur Teil-Disziplin <strong>Stadtgeographie</strong><br />

A. Einführungsblock<br />

Im 19. Jh. Stand die Lage der Städte im Naturraum und im Siedlungsraum im Vordergrund.<br />

Erst ab dem 20. Jh. Beschäftigten sich die Geographen mit dem Inneren der Städte, und zwar<br />

mit der baulichen Form der Stadt (Morphologie der Stadt).<br />

Die morphogenetische <strong>Stadtgeographie</strong> beschäftigt sich mit der baulichen Struktur und<br />

überträgt die Arbeitsweisen der Geländekartierung auf die Städte. Sie kartieren Parzellen,<br />

Straßenverläufe, Gebäudehöhen...<br />

In der Nachkriegszeit war besonders die Politische Geographie und die Stadtplanung von<br />

Interesse...<br />

1.1. Ihr Verhältnis zu anderen Teilgebieten der Humangeographie<br />

Die allgemeine Siedlungsgeographie splittet sich in folgende Teildisziplinen auf:<br />

• Geographie des ländlichen Lebensraums<br />

• <strong>Stadtgeographie</strong><br />

• Verkehrsgeographie<br />

• Raumforschung und Raumordnung<br />

• Politische Geographie<br />

Die Bevölkerungs- und Wirtschaftsgeographie behandelt sowohl die Geographie des<br />

ländlichen als auch des städtischen Lebensraums.<br />

Die Siedlungsgeographie hat historische Wurzeln und befasst sich mit der baulichen Struktur<br />

(z.B. Gehöftformen)<br />

Die <strong>Stadtgeographie</strong> behandelt Fragen der Wirtschaftsgeographie (Wo sind Geschäftsstr.,<br />

Industriegebiete,...) und der Bevölkerungsgeographie (soziale Verhältnisse, soziale und<br />

ethnische Differenzierung in der Stadt, z. B. Integration von Ausländern in der Stadt)<br />

Nachbardisziplinen:<br />

• Sozialgeographie (Soziologie, Demographie)<br />

• Wirtschaftsgeographie (Ökonomie, VWL, BWL)<br />

• Siedlungsgeographie (Technische WS, Kunstgeschichte, Architektur)<br />

• Politische Geographie...<br />

Der Übergang zu anderen Teildisziplinen der Geographie ist fließend. Besonders nahe ist die<br />

<strong>Stadtgeographie</strong> mit der Geographie des ländlichen Lebensraumes verbunden. Die<br />

historischen Wurzeln der <strong>Stadtgeographie</strong> liegen in der Siedlungsgeographie.<br />

1.2. Zur Geographie des ländlichen Lebensraumes<br />

Zur Abgrenzung:<br />

• Siedlungsgeograph: Früher konnte man eine einfache Trennung durch die Gebäude<br />

treffen, da sich die Gebäude des ländlichen und des städtischen Lebensraums stark<br />

unterschieden. Diese Unterteilung konnte man bis zu den 20er Jahren problemlos<br />

durchführen. Doch in den folgenden Jahrzehnten entstand eine immer kontinuierlicher<br />

geschlossene Bauweise.<br />

• Bevölkerungsgeograph: Er würde eine Trennung durch die Bevölkerungsdichte<br />

vornehmen.<br />

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Matznetter<br />

- Schwellenwert der Gemeindegröße:<br />

Städtischer Raum 4,3 Mill. Einw<br />

Ländlicher Raum 3,5 Mill. Einw.<br />

5000 Einwohner Gemeindegröße<br />

Jedes Land hat für die Abgrenzung unterschiedliche Schwellenwerte festgesetzt<br />

(Dänemark: 200; USA: 1.000; Deutschland, Frankreich: 2.000; Groß Britannien,<br />

Spanien 10.000; Japan 10-50.000) Aus diesem Grund sind internationale Vergleiche<br />

schwierig und diese Vergleiche sind eher kritisch zu betrachten.<br />

- Großstädte:<br />

Verdichtungsraum 5,1 Mill. Einw.<br />

Ländlicher Raum 2,7 Mill. Einw<br />

Zu den Großstädten werden bei dieser Abgrenzung die Umlandgemeinden<br />

dazugezählt.<br />

Kernstädte Stadt → Umland Stabile Agrarregionen<br />

mit Mittelzentzren<br />

Strukturschwache<br />

Gebiete<br />

Kernstadt<br />

Suburbaner Raum<br />

Zentrale Orte, Kleinstädte u. Märkte<br />

Ländlicher Siedlungsraum<br />

2. Zur Größenverteilung von Städten: Nationale Städtesysteme<br />

2.1. Rang-Größe Regel<br />

• Restriktive Form der Rang-Größe Regel: Begründer dieser Regel war FELIX<br />

AUERBACH im Jahre 1913. Er stellte das Gesetz der Bevölkerungskonzentration auf:<br />

Die Bevölkerung einer Stadt multipliziert mit ihrem Rang ist eine Konstante.<br />

p i x R i = K<br />

Er spielte seine Rechnung für das Deutsche Reich, die USA und die Österreichische<br />

Monarchie durch, wobei er die 100 größten Städte berücksichtigte.<br />

Bsp. Österreich: Wien: 1,7 x 1 = 1,7<br />

Budapest: 0,85 x 2 =1,7<br />

Prag: 0,57 x 3 = 1,7<br />

Lemberg: 0,425 x 4 = 1,7<br />

Es kam mit der Zeit zu immer größeren Abweichungen. Diese Theorie sagte im Prinzip<br />

nichts anderes aus, als dass die zweitgrößte Stadt nur halb so groß ist wie die größte bzw.<br />

dass die drittgrößte Stadt nur ein Drittel so groß ist wie die größte.<br />

• Allgemeine Form der Randgrößenordnung: Entwickelt wurde diese Theorie von<br />

LOTKA 1925. Er schlug Verbesserungen vor. Er fügte der Rechnung einen empirisch<br />

festzulegenden Quotienten für jede Stadt hinzu.<br />

p i x R i q = K<br />

Wenn q < 1 ist, dann ist der Abfall der Stadtgröße kleiner. Wenn q > 1 ist, dann ist der<br />

Abfall der Stadtgröße größer. Der Quotient für die USA beträgt 0,93.<br />

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Matznetter<br />

• Durch G. K. ZIPF wurde diese Theorie im angelsächsischen Raum unter dem Namen<br />

„Rank-Size Rule“ bekannt.<br />

2.2. Primat-Stadt-Verteilung/Primat-City-Distribution<br />

JEFFERSON begründete „The Law of the Primat City“. Er untersuchte 51 Staaten der Erde.<br />

Er stellte die Bevölkerungszahl der erstgrößten der zweitgrößten und der drittgrößten Stadt<br />

eines Landes gegenüber. So stellte er fest, daß es einen starker Bevölkerungsabsturz von der<br />

ersten zur zweiten und zur dritten Stadt gibt. Weiters sagte er aber, daß es die Rang-Größen<br />

Regel auch gibt, aber nur in geringer Zahl. Er untersuchte auch unter anderem Österreich wo<br />

er ein Verhältnis Wien : Graz = 1 : 12 feststellte.<br />

2.3. Hypothesen zur Entstehung von Stadtsystemen<br />

• Hypothese zur Wirtschaftsentwicklung (Urbanisationshypothese): Die Veränderung der<br />

Stadtgröße steht im Zusammenhang mit der fortschreitenden Wirtschaftsentwicklung. Es<br />

gibt eine Tendenz von der Primat-Stadt-Verteilung zur Rang-Größen Regel. Weiter<br />

entwickelte Staaten weisen eine Rang-Größen Regel auf und weniger entwickelte Staaten<br />

haben eine Primat-Stadt-Verteilung. Da diese Theorie nur auf wenige Länder zutraf (z. B.<br />

Israel), hat sich diese Methode nicht durchgesetzt.<br />

• Allgemeine stochastische Hypothese (Systemtheorie): Eine erfolgreichere Methode wurde<br />

von BRIAN BERRY 1961 entwickelt. Er untersuchte 38 Länder zu unterschiedlichen<br />

Zeitpunkten und kam zu 3 unterschiedlichen Variationen:<br />

- Er beobachtete, daß 13 Länder in unterschiedlichen Formen (LOTKA) die Rang-<br />

Größen Ordnung aufweisen. Diese Staaten gehören zu den größten Ländern mit vielen<br />

unterschiedlichen Einflüssen (z. B. USA, Brasilien) und können auf eine lange<br />

Geschichte der Verstädterung zurückblicken (z. B. Indien, China). Weiters haben sie<br />

einen recht komplexen wirtschaftlichen und politischen Aufbau.<br />

- 15 Länder weisen eine Primat-Stadt-Verteilung auf. Meist sind dies kleine Staaten mit<br />

weniger Einflussfaktoren und mit noch nicht so alten Städtewesen und recht einfacher<br />

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Matznetter<br />

politischer und wirtschaftlicher Struktur. Zu diesen Staaten gehört z.B. Österreich und<br />

Portugal.<br />

- Die restlichen 10 Länder weisen eine Mischverteilung auf. Es konnte keine klare<br />

Regelmäßigkeit entdeckt werden.<br />

So ganz zufriedenstellend ist diese Methode auch nicht.<br />

2.4. Zusammenfassung und Kritik der Stadtgrößenforschung<br />

• Die natürliche Bevölkerungsentwicklung und die Zuwanderung wird nicht betrachtet.<br />

• Die Bevölkerung wird nur in ihren administrativen Grenzen betrachtet.<br />

• Es gibt meist nur eine statische (zu einem Zeitpunkt) Betrachtung<br />

• Es wird meist nur ein triviales Kriterium betrachtet (nur Bevölkerungszahl). Alles ist nur<br />

auf ein Merkmal beschränkt, ohne die Hintergründe zu untersuchen.<br />

• Es wird nicht erfasst, welche Kräfte wirken (oberflächliche Betrachtung)<br />

• Es wird nicht erklärt sondern beschreibt nur.<br />

3. Abgrenzung und Untergliederung von Stadtregionen/Verdichtungsräumen<br />

Man versucht einen Ansatzpunkt zu finden die Stadt abzugrenzen. Hierbei gibt es einige<br />

Abgrenzungsversuche. Es gibt aber prinzipiell kein Modell, das auf ganz Europa anwendbar<br />

ist. Es werden unterschiedliche Merkmale verwendet zur Abgrenzung von Stadtregionen<br />

verwendet<br />

3.0. Zur Abgrenzung von Verdichtungsräumen verwendete Merkmalsysteme nach GAEBE<br />

1987<br />

1. Städtebaulich-morphologische Merkmale (vgl. Siedlungsgeographie): z.B.<br />

Bebauungsdichte, geschlossene Bebauung. In GB Courbations von 1922 (Begriff von<br />

GEDDES) und Japan angewandt. Österreich: Siedlungseinheiten des ÖSTAT. Dies ist der<br />

älteste Ansatz: Dieser stimmt nicht mit den administrativen Abgrenzung überein. Die<br />

maximale Lücke zwischen den Bebauungsgebieten darf 200m nicht überschreiten. Der<br />

Wiener Raum ist ein Gebiet mit verschiedenen Wurmfortsätzen. In Österreich würde der<br />

Wiener Raum im Bereich Vösendorf – Südstadt – Mödling – Perchtoldsdorf – Baden -<br />

Bad Vöslau hinauslappen.<br />

2. Demographische Merkmale (vgl. Bevölkerungsgeographie): z.B. Bevölkerungszahl,<br />

Bevölkerungsdichte. Dieses Kriterium wird häufig angewandt z.B. beim Atlas Comparatif<br />

des Villes Européennes.<br />

3. Ökonomische Merkmale (vgl. Wirtschaftsgeographie): z.B. Beschäftigte in den drei<br />

Wirtschaftssektoren nach FOURASTIE bzw. deren Untergliederungen (z.B.<br />

Agrarerwerbsquote, Arbeitsplatz- und Beschäftigungsdichte, Schulabschluss,<br />

Erwerbsquote) Arbeitsplatz- und Beschäftigtendichte, Erwerbsquote<br />

4. Ökologische Merkmale (vgl. Physische Geographie): Die Stadt und das Land haben<br />

unterschiedliche Einflüsse auf das Klima und Umwelt. Eine Indikator wäre die<br />

Flechtenmethode. Dies ist eine flächendeckende Methode wo man durch den<br />

Flechtenbesatz von Bäumen und Mauern auf die Güte der Luft schließen kann. Andere<br />

Indikatoren wären z.B. Wärmestrahlung, Emissionskataster, Immissionen inkl. Lärm...<br />

Diese Methode wird jedoch seltener angewandt.<br />

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Matznetter<br />

5. Verflechtungsmerkmale (übergreifend): z.B. Ein- und Auspendler; Einkaufsfahrten;<br />

Berufspendler sind das am häufigsten verwendete Verflechtungsmerkmal zur Abgrenzung<br />

und Gliederung von Verdichtungsräumen.<br />

6. Institutionelle Merkmale (vgl. Politische und angewandte Geo.): z.B. Arbeitsamtbezirke;<br />

Telefongepührengrenze; Verkehrsverbünde; Wasserwerk; Mülldeponien<br />

3.1. Beispiele aus Deutschland<br />

3.1.0. Abgrenzung der Stadtregionen nach SCHOTT (1912)<br />

„Eine Agglomeration umfaßt eine Großstadtgemeinde nebst der<br />

von dieser in ihrer Sozialen- und Bevölkerungsstruktur<br />

B<br />

entscheidend beeinflußten Umgebung. [...] Solche Maßstäbe sind<br />

etwa das Vordringen der Stadt, Bau- und Wohnweise, die<br />

A<br />

Beziehung der Wohn- und Arbeitsorte und die Ausdehnung des<br />

Vorortbahnnetzes. SCHOTT unterteilt in:<br />

• Äußere (B) und<br />

• Innere (A) Agglomeration.<br />

Der Radius der Inneren Agglomeration beträgt 5 km und der der Äußeren Agglomeration 10<br />

km. Er rechnete aus, wie viele Leute wohnen in der Äußeren und wie viele in der inneren<br />

Agglomeration und berechnete die Verhältnisse. Er bezweckte damit aufzuzeigen, dass die<br />

administrativen Grenzen anders gezogen sind und dass es Unterschiede in der<br />

Bevölkerungsverteilung innerhalb einer Stadt gibt. Berlin ist z. B. sehr kompakt gebaut. Der<br />

äußere Ring ist hier sehr gering, ganz im Gegenteil zu Mainz z. B.)<br />

3.1.1. Abgrenzung der Stadtregionen nach OLAF BOUSTEDT<br />

BOUSTEDT führte seine Untersuchungen im Jahre 1950 und 1961 durch. Zunächst<br />

unterscheidet er in 5 Gebiete. Er unterscheidet in:<br />

• die Kernstadt (1),<br />

• das Ergänzungsgebiet (2),<br />

• die Verstädterte Zone (3),<br />

• die Randzone (4) und<br />

• die Umlandzone (5).<br />

Er untersucht diese Gebiete nun anhand von 3 Merkmalen. Dazu zählt:<br />

• die Agrarquote (vgl. 3. Ökonomische Merkmale),<br />

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Matznetter<br />

• die Einwohnerdichte (vgl. 2. Demographische Merkmale) und<br />

• die Pendlerzahl (vgl. 5. Verflechtungsmerkmale).<br />

Die Kernstadt und das Ergänzungsgebiet kann man zum Kerngebiet (wie nach SCHOTT)<br />

zusammenfassen. Dieses Kerngebiet ist geprägt durch eine niedrige Agrarquote (30%) pendelt ins Kerngebiet. Die<br />

Agrarquote ist unter 30%.<br />

Die Randzone entspricht im großen und ganzen den Umlandgemeinden, die mit der Stadt im<br />

Zusammenhang stehen. Es steigt die Agrarquote (< 50%) an aber ein großer Teil der<br />

Bevölkerung pendelt auch in das Kerngebiet (>20%).<br />

10 Jahre (1970) später wurde das Thema überarbeitet und die Schwellenwerte neu festgelegt.<br />

3.1.2 Vereinfachte Abgrenzung von Verdichtungsräumen<br />

Hierbei gibt es zwei Varianten. Man unterscheidet die von 1950-67 und die von 1970. Zu den<br />

Merkmalen der ersten Variante zählen die Einwohner-Arbeitsplatzdichte und die Zunahme<br />

der Bevölkerung oder der Bevölkerungsdichte. Diese Merkmale zählt man zu den<br />

demographischen bzw. ökonomischen nach GAEBE. 1970 wurde das Modell auf ein<br />

Kriterium beschränkt und zwar auf die Zunahme der Bevölkerung oder der<br />

Bevölkerungsdichte. Wo bestimmte Schwellenwerte überschritten werden, beginnt die Stadt.<br />

Die Mindestgröße der Verdichtungsräume beträgt 150.000 EW/100km² bzw. 1.000 EW/km².<br />

Die Pendlerdistanzen erhöhen sich und somit erfährt die Stadtregion eine starke Ausweitung,<br />

wobei in den äußeren Zonen aber eine nicht so eine hohe Bevölkerungsdichte herrscht.<br />

3.3. Beispiele aus Österreich<br />

3.3.0. Demographische Abgrenzung<br />

Dies ist eine recht simple Abgrenzungsmethode. Das reine Kriterium der Abgrenzung ist die<br />

Bevölkerungsdichte. Der Schwellenwert beträgt hier 650 Einw./km². Im Wiener Raum<br />

erstreckt sich dieser Bereich über Bad Vöslau, Mödling, Purkersdorf oder Klosterneuburg.<br />

Wien ist vergleichsweise eine kompakt gebaute Stadt. Die Bevölkerungszahl fällt nach außen<br />

hin ab. In den USA ist eine Stadt viel weitflächiger bei der Verteilung der Bevölkerung. Es<br />

herrscht eine ungefähre Gleichverteilung (Überall gleiche Bevölkerungszahlen).<br />

3.3.1 Siedlungseinheiten Österreichs<br />

Def. der Siedlungseinheit: Eine Siedlungseinheit ist ein zusammenhängendes Gebiet [...] von<br />

Gebäuden und Infrastruktur wobei die Baulücken (abgesehen von baulichen Hindernissen)<br />

200 m nicht überschreiten soll. 1981 wurden in Österreich 294 Siedlungseinheiten und 42<br />

Stadtregionen gezählt. In diesen Siedlungseinheiten sind große Pendelströme erkannt worden.<br />

Zur Abgrenzung wird oft auch die gegenseitige Pendlerverflechtung angewandt, wobei es oft<br />

zu Verschmelzungen der Einzugsgebiete kommt. In den Stadtregionen leben insgesamt 5,2<br />

Mio. Einwohner (=66% der Landesbevölkerung).<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

3.3.2. Österreichische Stadtregionen<br />

Zunächst betrachtet man die Verknüpfung der Siedlungseinheiten und verknüpft eing<br />

miteinander verflochtene Siedlungseinheiten (wenn sie über 200m sind). Dann betrachtet man<br />

die Auspendlerquote und zieht folgende Grenzen (Schwellenwerte): 20% (1971), 25% (1981),<br />

30% (1991). Dies ist eine pragmatische Abgrenzung. So ergibt sich: Wien 2,1 Mio.<br />

Einwohner, Linz 436.000 Einwohner, Graz 387.000, Salzburg 289.000 Einwohner, Innsbruck<br />

247.000 Einwohner.<br />

3.4. Zusammenfassung und Kritik<br />

• Ein Vergleich über Jahre gestaltet sich schwer, da sich die Schwellenwerte immer ändern.<br />

• Die fortschreitende Mobilität der Bev. erweiterte alle Konzepte. Folglich gestaltet sich die<br />

Abgrenzung der Einw. und Arbeitsplatzdichte als schwierig<br />

• Alle zehn Jahre entwerfen die statistischen Ämter der europäischen Staaten die Kriterien<br />

für die Abgrenzung von Stadtregionen neu. Hier wäre eine bessere Zusammenarbeit<br />

wünschenswert.<br />

4. Entwicklungsphasen von Städten und städtischen Verdichtungsräumen<br />

4.1. Vergleich der Bev.entwicklung in Kernstadt und Umland: Urbanisierung –<br />

Suburbanisierung – Desurbanisierung – Reurbanisierung<br />

Es werden hier die Entwicklungsphasen von Städten nach der Bevölkerungsentwicklung<br />

insgesamt und nach räumlichen Gegebenheiten, die bereits bekannt sind , untersucht.<br />

Die Wiener Bevölkerungszahl betrug im Jahre 1869 800.000 Einwohner. Dann begann die<br />

Zahl stark zu steigen (Wien als Monarchiehauptstadt) und erreichte 1910 ihr Maximum mit<br />

mehr als 2 Mill. Einwohner. Danach sank die Zahl stark ab.<br />

Der normale Ablauf ist charakterisiert durch einen starken Bevölkerungszuwachs während der<br />

Industrialisierung. Danach stellt sich ein Rückgang der Zahl wieder ein. Wien hat sein<br />

Maximum schon recht früh erreicht.<br />

C o r e<br />

Ring<br />

Ein vereinfachtes Konzept der Stadtregionsabgrenzung bringt<br />

VAN DEN BERG und DREWETT: „Functional urban region“<br />

Buch: „Urban Europe“. Quer durch Europa wurden so die<br />

Stadtregionen abgegrenzt. Die function region besteht aus zwei<br />

Bausteinen. Core = Kernstadt, administrativer Stadtteil und Ring<br />

= Umliegender Bereich, der als Einzugsgebiet für den städtischen<br />

Arbeitsmarkt dient. Core und Ring werden zum FUR (Funktional<br />

Urban Region) zusammengefaßt. Dies war ein Meilenstein in der<br />

Stadtentwicklungsforschung.<br />

Man unterscheidet verschiedene Phasen, die durch eine unterschiedliche Entwicklung der<br />

Bevölkerung des Kerns und des Rings in den verschiedenen Phasen geprägt sind:<br />

• Urbanisierung (Phase 1): Diese Phase ist durch ein starkes Wachstum in der Kernstadt<br />

geprägt. Es wird ein Maximum der Bevölkerung erreicht. In Wien wurde dieses<br />

Maximum 1910 erreicht. Ab 1890 erfolgte eine Abnahme im Umland.<br />

• Suburbanisierung (Phase 2): In dieser Phase gibt es ein geringes Wachstum (oft sogar<br />

Abnahme) der Kernstadt und ein starkes Wachstum in den Umlandgemeinden. Diese<br />

Phase machte Wien in den 70er und 80er durch. Wien verlor 100.000 Einwohner in dieser<br />

Zeit.<br />

• Desurbanisierung (Phase 3): In dieser Phase verliert die Kernstadt stark an Einwohnern.<br />

Zunächst verliert das Umland keine Einwohner doch dann verliert die ganze Stadtregion.<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

Diese Tendenz wurde in Wien in den 90er sichtbar. Diese Phase ist vorwiegend in<br />

frühindustrialisierten Städten anzutreffen.<br />

• Reurbanisierung (Phase 4): Diese Phase ist rein hypothetisch und daher sehr umstritten.<br />

Diese Theorie besagt, dass der Ring an Bevölkerung verliert und der Kern Bevölkerung<br />

gewinnt (vgl. Berlin). In Wien hat man ein leichtest Wachstum des Kerns festgestellt doch<br />

es ist keine Reurbanisierung!<br />

Die Phasen:<br />

Phasen der Stadtentwicklung Unterphasen Core Ring FUR<br />

1. Urbanisierung Absolute Zentralisierung<br />

Relative Zentralisierung<br />

++<br />

++<br />

-<br />

+<br />

+<br />

+++<br />

2. Suburbanisierung Relative Dezentralisierung<br />

Absolute Dezentralisierung<br />

+<br />

-<br />

++<br />

++<br />

+++<br />

+<br />

3. Desurbanisierung Relative Dezentralisierung<br />

Absolute Dezentralisierung<br />

--<br />

--<br />

+<br />

-<br />

-<br />

---<br />

4. Reurbanisierung Relative Zentralisierung<br />

Absolute Zentralisierung<br />

-<br />

+<br />

--<br />

--<br />

---<br />

-<br />

Urban development 1960-70:<br />

Absolute und Relative Zentralisierung: S-Europa, Dänemark, Schweden, Balkan und Polen.<br />

Relative und Absolute Dezentralisierung: Frankreich, Deutschland, Groß Britannien,<br />

Österreich<br />

Declining: Groß Britannien, Benelux-Staaten<br />

Die Entwicklung Wiens<br />

• Urbanisierung: Es fand ein starker Bevölkerungswachstum statt, die mit großen<br />

Problemen verbunden war. Mangelhafte Infrastruktur, hohe Mieten, schlechte<br />

Wohnqualität, mangelnde Wasser, - Gas, - Elektrizitätsversorgung war die Folge. So<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

setzte ein verstärkter öffentlicher Wohnbau und eine Verbesserung der Infrastruktur ein.<br />

Es entstanden Gemeindebauten, öffentliche Verkehrsmittel usw..<br />

• Suburbanisierung: Dies erfolgte ab 1960. Es gab weniger Probleme im Kern, oft sogar<br />

leere Wohnungen. Es gab erste flächenhafte Verkehrsprobleme und die öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln wurden teurer. Es herrschte starke Konkurrenz im Kern<br />

(„Hinterhofindustrie“). Die Industrie im Kern ist nicht mehr konkurrenzfähig wegen<br />

schlechten Lieferbedingungen, Platzmangel usw.. Eine Suburbanisierung der Industrie<br />

war die Folge. In dieser Zeit entstanden VOR, SO-Tangente, Donauzentrum usw..<br />

• Desurbanisierung: Man stand vor großen Problemen. Probleme waren die<br />

Aufrechterhaltung der Infrastruktur bei weniger Verbrauchern, die steigende Seggregation<br />

von sozialen Schichten und nur eine geringe Anzahl (17-18%) industrielle Arbeitsplätze in<br />

Wien. So nahm man eine Stadterneuerung, eine Reduktion der städtischen vor, errichtete<br />

Grünflächen und Fußgängerzonen.<br />

MAIER-TÖDTLING hat sich mit diesem Thema in dem Buch „Stadt- und<br />

Regionalökonomik“ 1995 nochmals auseinandergesetzt. Bei ihm gibt es nur mehr 3 Phasen.<br />

Die Reurbanisierung wurde nicht mehr berücksichtigt.<br />

Problembereiche<br />

Instrumente<br />

Wohnungsnot, mangelnde<br />

Infrastruktur<br />

im Kern, hohe Mieten,<br />

schlechte Wohnqualität,<br />

Förderung des Wohnbaus,<br />

öffentlicher<br />

Verkehr, Infrastruktur<br />

ausgebaut<br />

Veranschaulichung der Urbanisierung:<br />

Verkehrsprobleme,<br />

Finanzierung von<br />

Infrastruktur, Verlust<br />

von Industriearbeitsplätze<br />

Straßenbau, Stadterweiterung,<br />

Entwicklung<br />

von Verkehrsverbünden<br />

Urbanisierung Suburbanisierung Desurbanisierung<br />

Entwicklungstendenz Zuwachs und Verdichtung<br />

im Kern<br />

Sinkende Dichte im<br />

Kern, Zuwachs im<br />

Ring<br />

Sinkende Dichte im<br />

Kern, Stagnation im<br />

Ring, Bev.verlagerung<br />

in Mittelstädte<br />

Finanzierung von<br />

Infrastruktur, soziale<br />

Segregation,<br />

Deindustrialisierung<br />

Stadterneuerung,<br />

Reduktion städtischer<br />

Dienstleistungen, Aus<br />

bau von Grünflächen<br />

und Fußgängerzonen<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

Veranschaulichung der Suburbanisierung:<br />

Veranschaulichung der Desurbanisierung:<br />

4.2. Theorie des demographischen Übergangs<br />

Der deutsche Stadtsoziologe JÜRGEN FRIEDRICHS sah sich über Jahre europäische<br />

Großstädte im Bezug auf demographische Merkmale an. Er entdeckte einen demographischen<br />

Übergang. Demographischer Übergang bedeutet, daß die Sterberate schneller als die<br />

Geburtenrate sinkt. Somit kommt es in der Bevölkerungsentwicklung zu einer Scherenphase<br />

wo die Bev. wächst.<br />

In Österreich öffnete sich die Schere 1880 und hatte 1900 ihre größte Öffnung. 1939 begann<br />

sie sich wieder zu schließen. Die Stadtentwicklung geht in demographischer Hinsicht der<br />

Landesentwicklung voraus. Am Ende der Übergangsphase liegt demnach die Geburtenrate der<br />

Stadt unter der des zugehörigen Landes.<br />

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Matznetter<br />

4.3. Wirtschaftliche Umstrukturierung von Städte<br />

Innerhalb der letzten Jahren vollzog sich ein extremer Wandel der Beschäftigten in den 3<br />

Wirtschaftssektoren. Nach der industriellen Revolution wandte man sich am vom<br />

Primärsektor ab und begab sich zum Sekundär- und Tertiärsektor in den letzten Jahren hat<br />

auch der Sekundärsektor gegenüber dem Tertiärsektor erheblichen Boden verloren.<br />

In Wien kam es zur raschen Industrialisierung in der Gründerzeit (1870-90)<br />

(Blocksteinbauten, Ziegelwerke usw.). Zwischen 1890 und 1910 kam es zur Tertiärisierung<br />

(Handel und Dienstleistung). Nach dem Zerfall der Monarchie folgte eine wirtschaftliche<br />

Stagnation bis 1918. Ein Aufschwung erfolgte erst mit Hilfe des Marschallplan 1948. Ab<br />

1960 erfolgt eine Randwanderung der Industrie und damit einher geht eine massive<br />

Tertiärisierung der Stadt. 1970 wird der Schwellenwert von 64% Erwerbstätigen im<br />

Tertiärsektor überschritten. Die Werte für Wien, 24,8% sekundäre Arbeitsplätze und<br />

schrumpfender Primärsektor zeigen, dass Wien eine entindustrialisierte Stadt im<br />

internationalen Vergleich ist. 1991 waren nur 0,7% der Erwerbstätigen im Primärsektor,<br />

24,8% im Sekundärsektor und 74,5% im Tertiärsektor.<br />

Die wirtschaftliche Entwicklung von Städten erfolgte weniger gesetzmäßig als ihre<br />

demographische Entwicklung. Großen Einfluss haben gesellschaftliche Rahmenbedingungen<br />

wie etwa Kriege.<br />

4.4. Zusammenfassung und Kritik<br />

• Die räumliche Großstadt wird wieder nur in ihren administrativen Grenzen erfasst, da<br />

FRIEDRICHS nur die Kernstädte betrachtet.<br />

• Wanderungsbewegungen werden nicht als dynamische Komponente der<br />

Bevölkerungsbewegung betrachtet.<br />

• Die Schwellenwerte des ökonomischen Übergangs sind willkürlich gewählt.<br />

• Es gibt Probleme bei der Abgrenzungen zwischen den Wirtschaftssektoren über einen<br />

langen Zeitraum (z. B. innere Tertiärisierung innerhalb eines Betriebs wird nicht<br />

berücksichtigt).<br />

Trotz dieser Kritikpunkte sind diese Studien gut, da sie von punktuellen Analysen ausgehen<br />

und zu größeren Analysen und Vergleichen übergehen.<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

B. Forschungsansätze der <strong>Stadtgeographie</strong><br />

Die unterschiedlichen Ansätze von den jungen zu hin zu den alten:<br />

7) Politische <strong>Stadtgeographie</strong><br />

6) Institutionelle <strong>Stadtgeographie</strong><br />

5) Verhaltensorientierte Stadtgographie<br />

4) Funktionale Stadtgographie<br />

3) Kulturgenetische Stadtgographie<br />

2) Sozioökologische <strong>Stadtgeographie</strong><br />

1) Physiognomische und morphogenetische Stadtgographie<br />

Gemeint ist damit ein Verbund von Betrachtungsweise der Stadt, welche immer anders<br />

ansetzen.<br />

Folgendes Gerüst an Merkmalen zur Aufschlüsselung der Betrachtungsweisen:<br />

A) Länge der Tradition<br />

B) Sprachraum der Entstehung<br />

C) Untersuchungsebene oder Maßstabsdimension<br />

D) Theorie – Leitende Fragestellung<br />

E) Erhebungsmethoden<br />

F) Nachbardisziplinen<br />

G) Exemplarische Arbeit aus Österreich<br />

0. Naturalistische Betrachtung von Städten<br />

Dieser Forschungsansatz kam im 19. Jh. nur in kleinmaßstäbiger Weise vor. Die<br />

Fragestellung lautete: Wo liegen die Städte? Zentraler Punkt war es dies zu begründen und zu<br />

beschreiben. So entstand die Geographie aus den Naturwissenschaften.<br />

Die Vertreter waren W. ROSCHER (1871): „Betrachtungen über die geographische Lage von<br />

großen Städten“, J.G. KOHL (1874): „Die geographische Lage von Hauptstädten“,<br />

HETTNER (1895): „Die Lage der menschlichen Ansiedlungen“, PENCK: „ Die<br />

geographische Lage von Wien“<br />

1. Physiognomische bzw. Morphogenetische Ansätze<br />

A) Länge der Tradition: Seit 1899 (Programm) – 1907 (Empire); 1916 Hassinger<br />

B) Sprachraum der Entstehung: Deutschsprachiger Raum<br />

C) Untersuchungsebene oder Maßstabsdimension: 1:2.880 (alter Katastermaßstab;<br />

Erhebungsebene) nach der Generalisierung entspricht dieser 1:25.000 oder 1:50.000<br />

(Auswertungsebene)<br />

D) Theorie – Leitende Fragestellung: Fehlt aufgrund Mangel an ausformulierten Theorien<br />

E) Erhebungsmethoden: Vor allem Kartierung „Script to the Fact“, systematische<br />

Beobachtung und Aktenanalyse (schriftliche Dokumente: Bauakte, Pläne,... werden<br />

systematisch ausgewertet)<br />

F) Nachbardisziplinen: Architektur, Stadtplanung, Kunstgeschichte<br />

G) Exemplarische Arbeit aus Österreich: BOBECK, LICHTENBERGER 1906<br />

Dieser Ansatz ist der älteste Forschungsansatz, der bis heute aktuell geblieben ist. Er ist am<br />

Anfang des 20. Jh.s entstanden.<br />

Der physiognomische Aspekt (Erscheinung einer Stadt) bezieht sich auf Erhebungsmethode,<br />

die angewandt wird (geschultes und flächendeckendes Beobachten).<br />

Der morphogenetische Ansatz (Entwicklung der äußeren Form der Städte) bezieht sich auf<br />

den Beobachtungsstand und ihre Genese.<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

OTTO SCHLÜTER (1899) hat sich mit diesem Thema näher auseinandergesetzt und hat vier<br />

grundlegende Elemente hervorgehoben:<br />

• 1. Element (ältestes): Zentrales Kriterium sind die Straßenzüge. Hier beschäftigt man<br />

sich hauptsächlich mit der Entstehung der Straße an seinem Ort, deren Entwicklung und<br />

warum sie genau an dieser Stelle erbaut wurde. Die Herrengasse ist z. B. eine ganz alte<br />

Straße, die schon in der Römerzeit entstanden ist.<br />

• 2. Element: Hier handelt es sich um das Erscheinungsbild der Parzellen. Die Geschichte<br />

des Parzellenmusters geht bis in das Mittelalter zurück. In Wien ist es zu beobachten, dass<br />

die Parzellen in der Altstadt kleiner sind als in den jünger bebauten Gebieten der<br />

Ringstraße z. B..<br />

• 3. Element: Inhaltlich geht es sich um die Häuser und die Baulichkeit. In diesem<br />

Zusammenhang hat man auch die Größe der Bauten in den jeweiligen Bezirken unter die<br />

Lupe genommen. Viele Bauten wurden in ihrer Größe bzw. Höhe erweitert.<br />

• 4. Element: Zentrales Thema ist hier die Nutzung der Häuser (z. B. Geschäfte,<br />

Wohnungen, Büros,...). Dieses Element ist starken Veränderungen unterworfen. Dieses<br />

Kriterium kann geändert, ohne dass sich das Haus ändert.<br />

1910/20 war dieser Ansatz im deutschsprachigen Raum sehr populär und bald wurden<br />

europaweit Ergebnisse erzielt. Zu den Vertretern zählten GEISLER (1924): „Die deutsche<br />

Stadt“, DÖRRIES (1925-29): „Über niedersächsische Städte“ und HUGO HASSINGER (Er<br />

ist der bedeutendste Wiener Stadtgeograph und führte die erste solide empirische Studie über<br />

Wien durch.).<br />

Eine Flächendeckende Kartierung des Stadtgebietes erfolgte 1916. Hier wurde die<br />

Entstehungszeit der Gebäude hervorgehoben rot: Romantik, rosa: Gotik, blau: Renaissance<br />

bzw. Barock, hellblau: Hochbarock, grün: Klassizismus, gelb: Biedermeier bzw. Empire,<br />

weiß: Gründerzeit) Eine Fortführung erfuhr dieses Thema durch BOBEK und<br />

LICHTENBERGER. In den 50er und 60er erfolgte die Kartierung von baumorphologischen<br />

Gebäuden (Höhe, Funktion...). SABELBERG (I) und KRINGS (B) haben sich heute noch<br />

dieser Forschungsrichtung verschrieben.<br />

In Groß Britannien erfolgte der Aufschwung dieses Ansatzes durch CONZEN. Seine<br />

Nachfolger waren WHITEHAND und SLATER. Sie sind sehr aktiv und untersuchen<br />

Entwicklungsprozesse, die zur Veränderung von Häusern führen, wichtige architektonische<br />

Entscheidungen und arbeiteten regionale Spezifikationen heraus. Besonders BERRY ging<br />

speziell sehr auf CONZEN los. Er warf ihm Theorienmangel und mangelnde Präzision<br />

(subjektive Kartierung) vor. CONZEN konterte mit den Argument, dass dies eine stark<br />

amerikanische Kritik ist. In Amerika sei die bauliche Form aufgrund ökonomischer Mitteln<br />

entstanden. Er meinte, dass der kulturelle Aspekt fehle.<br />

2. Sozioökologische Stadtforschung<br />

A) Länge der Tradition: ROBERT PARK: 1914 besetzte er den ersten Lehrstuhl für<br />

Soziologie in Chicago und präsentierte dort völlig neue Lehrinhalte. Es entstand 1925 ein<br />

Buch namens „The City“<br />

B) Sprachraum der Entstehung: USA, Berlin (Als Vorläufer 1904-1908) PARK studierte<br />

1910 in Berlin in einer Schule der Stadtforschung.<br />

C) Untersuchungsebene oder Maßstabsdimension: Es entstanden Materialforschungen auf der<br />

Ebene von Stadtteilen (communities), welche einen räumlich abgegrenzten Teil der<br />

Gesellschaft darstellten (ca. 4.000-10.000 Einwohner). Ab dem 2. Weltkrieg wurden diese<br />

Einheiten in „Census Tracts“ eingeteilt. Das heute Adäquat stellt den Zählsprengel bzw.<br />

die Zählbezirke dar (Wien hat 250 Zählbezirke).<br />

D) Theorie – Leitende Fragestellung: Konzept Parks = Eigene Disziplin der Sozialökologie<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

E) Erhebungsmethoden: Ursprünglich war es die Feldforschung und heute spricht man von<br />

der Volkszählung (ab ca. 1940/1960 in Europa).<br />

F) Nachbardisziplinen: Soziologie, „Urban Anthropologie“<br />

G) Exemplarische Arbeit aus Österreich: SAUBERER-CSERJAN (1972),<br />

LICHTENBERGER-FASSMANN-MÜHLGASSNER (1987)<br />

2.1. Die klassische Schule von Chicago<br />

1914 hat PARK den ältesten Lehrstuhl für Soziologie übernommen, wobei er bei seinen<br />

Untersuchungen auf die eigenen Erfahrungen als Lokaljournalist zurückgriff. Zusätzlich<br />

studierte er bei SIMMEL in Berlin. Dort lernte er die Berliner Forschung kennen:<br />

Dazu gehörten die „Großstadtdokumente“, die von HANS OSTWALD herausgegeben<br />

wurden. Diese bestanden aus 50 Artikeln von Berliner und Wiener Beispielen, welche die<br />

brutale kapitalistische städtische Wirklichkeit schilderten. Es war kein wirtschaftlicher<br />

Bericht, sondern es beschrieb das Großstadtleben.<br />

SIMMEL hat eine große Theorie der Sozioökologie aufgestellt. Er teilte die Städte in zwei<br />

Dimensionen ein, in die biotische Dimension und die kulturelle Dimension. Er behauptete,<br />

dass die beiden Dimensionen in der Großstadt im starken Gegensatz, fast im Kampf<br />

zueinander stehen.<br />

PARK behauptete, dass die kulturellen Normen einer multiethnischen Gesellschaft (Änderung<br />

wurde durch die Industrialisierung verursacht) in der Großstadt brechen und dass die biotische<br />

Dimension in der Großstadt stärker zur Geltung kommt.<br />

BURGESS bereitete diese sozioökologischen Befunde von PARK und seinen Studenten auf<br />

und synthetisierte sie räumlich in einer Graphik wodurch das sogenannte Ring-Modell<br />

entstand:<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

Es herrscht eine zentralperiphere Abfolge von soziologischen Stadtteilen, welche in<br />

konzentrischer Abfolge erfolgt. Es wurde eine konzentrische Abfolge von arm nach reich. In<br />

hoch entwickelten Städten ist dieses Modell allgemein gültig.<br />

Ein wichtiges Alternativmodell stammt von HOMER HOYT. Er war ein Ökonom und<br />

arbeitete für die „Federal Housing Administration“, welches ein Wohlfahrtsverein war. Von<br />

dort bekam er auch den Auftrag über die Studie an einigen Städten, wobei der Ansatz über die<br />

Preisstruktur am Wohnungsmarkt erfolgte. Es wurden 142 Städte zu unterschiedlichen Zeiten<br />

(aussagekräftige Zeitreihen) untersucht, wodurch empirisch eine viel bessere Aussage<br />

getroffen werden konnte als zuvor im Chicagoer Fall, wo ja nur eine Stadt untersucht wurde.<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

So entstand das Sektor-Modell von HOYT. Zentrales Thema hier ist die Preisstruktur von<br />

Wohnungen und deren strukturelle Ausarbeitung. HOYT arbeitete heraus, dass es in den<br />

amerikanischen Städten ein bis zwei richtig teure Wohngegenden gibt. Der Vorteil dieses<br />

Modells liegt zweifellos bei den Zeitreihen. Nachteilig zu bewerten wäre, dass<br />

vergleichsweise recht wenige sozioökonomische Merkmale ausgewertet wurden. Im großen<br />

und ganzen besteht kein all zu großer Unterschied zum Ring-Modell.<br />

Wenn die Städte wachsen ändern sich auch die Aufteilungen und somit ändert sich auch in<br />

allen Städten der Standort des „Elitesektors“. Der Grund dafür ist jener, dass die Häuser<br />

abgewohnt werden und laut HOYT dadurch in der sozialen Wertigkeit sinken. Es treten also<br />

sogenannte Sickerprozesse auf.<br />

Die Aussage hat auch wohnungspolitisch eine Bedeutung und zwar aufgrund der<br />

Fragestellung, für wen eigentlich Wohnungen gebaut werden soll. Diese Theorie sieht vor,<br />

dass wenn neuere Wohnungen für einkommensstärkere Leute gebaut werden, werden die nun<br />

im Verhältnis älteren Wohnungen an Einkommensschwächere abgegeben werden. Heute sind<br />

jedoch diese „Filterketten“ zu kurz und so werden durch Umzug nur ca. 50% der alten<br />

Wohnungen auch tatsächlich geräumt, der Rest wird gehortet.<br />

2.2. Die Geschichte der Forschung nach dem 2. Weltkrieg<br />

Sozialraumanalyse<br />

Nach dem 2. Weltkrieg war die klassische Schule von Chicago überholt. Erstmals lag<br />

profundes Zahlenmaterial vor. Der erste Zensus fand in der amerikanischen Stadt Chicago<br />

1940 statt. Es gab eine Unterteilung in sogenannte „Zensus Tracts, welche die ersten kleinen<br />

Einheiten der Stadt darstellten. Nachdem nun diese Zahlen vorlagen bauten SCHEFKY und<br />

BELL ihre Sozialraumanalyse auf. Sie faßten Merkmale zu Merkmalgruppen zusammen, um<br />

daraus bestimmte theoretische Konstrukte zu bilden.<br />

Konstrukt Merkmal Faktoranalyse<br />

SES – Sozialer Rang bzw.<br />

sozialökonomischer Status<br />

A. Anteil der Arbeiter an den<br />

Erwerbstätigen<br />

B. Anteil der<br />

Grundschulabsolventen an<br />

der Wohnbevölkerung im<br />

alter ab 25 Jahren<br />

E. Mittleres Pro-Kopf-<br />

Einkommen in den<br />

Sensorstricts<br />

Sektoral<br />

FS – Stellung im<br />

Familenzyklus bzw.<br />

Familienstand<br />

F. Anteil der Kinder unter 6<br />

Jahren von Frauen unter<br />

40 Jahren<br />

W. Anteil der erwerbstätigen<br />

Frauen an allen Frauen<br />

über 15 Jahren<br />

H. Anteil der Wohnungen an<br />

Einfamilienhäuser<br />

Ringförmig<br />

Segregation M. Ausländeranteil Rasterförmige Verteilung<br />

Seit der Volkszählung 1961 wo erstmals Zählbezirke ausgewiesen wurden (in Bundesländern<br />

hießen sie Sprengel) und damit wurde eine Sozialraumanalyse erst möglich. In Wien wurden<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

220-250 Sprengel ausgewiesen. Die Zensus Stricts umfassen in den USA um die 4.000 Einw.<br />

Und in Europa bis zu 10.000 sogar.<br />

Nur 24 Zählbezirke sind für ein gutes Auswertungsergebnis notwendig, wenn man<br />

sprengeldaten aus der Volkszählung nach diesen Merkmalen differenziert.<br />

Standartisierte Werte ergeben Sozioökonomische Werte, indem addiert und drittelt. Es<br />

ergeben sich Werte für SES (A+B+E)/3 und für FS (F+W+H)/3 für jeden Zählbezirk.<br />

Z.B.: Bern 1970: Zählbezirke mit hohem ökonomischen Status und solche mit hohem<br />

Kinderanteil kommen heraus. Dieses räumliche Muster ist ein Muster, das sich quer durch die<br />

europäischen Großstädte zieht.<br />

Die Sozialraumanalyse welche seit 1940 angewandt wird, ist eine relativ einfache Methode<br />

um eine Volkszählung zusammenzufassen und zu bewerten. Das Ergebnis einer<br />

Sozialraumanalyse deckt sich aber nicht immer mit dem Ergebnis der Faktoranalyse, die seit<br />

1960 angewandt wird. Die Ergebnisse sind aber ähnlich.<br />

Faktoralanalyse<br />

Unterschied zwischen Sozialraumanalyse und Kaktoralanalyse<br />

Sozialraumanalyse<br />

7 Merkmale<br />

nach Schema zusammengefaßt<br />

räumlich dargestellt<br />

Faktoranalyse<br />

20-30 Merkmale (einschließlich der<br />

bekannten 7)<br />

Zusammenfassung erfolgt nach Ähnlichkeit<br />

über Zählbezirke<br />

Das wichtigste Merkmalbündel ist der des sozioökonomischen Status, welches eine sektoriale<br />

Häufigkeitsverteilung aufweist. Danach sind in Wien der 1 Bezirk und City, sowie der 13.,<br />

der 17. und der 18. Bezirk am sozioökonomisch höchststehenden.<br />

1990 wurde eine Darstellung durch Wohnungspreise versucht. Man ging von der Annahme<br />

aus, daß sich nur einkommensstarke Bevölkerungsschichten teure Wohnungen leisten können.<br />

Man folgerte: Hohes Einkommen= teure Wohnung = starker Bezirk (17., 18., 13., 1. Bezirk).<br />

Dadurch ergab sich wieder ein sektoriales Muster.<br />

Der Faktor I erklärt zwischen 20-30% der Varianz (Schwankungsbreite) der Untersuchungen.<br />

Er ist ein Faktor, der den sozialen Status von Stadtteilen mißt. Bei der Studie von Sauberer +<br />

Cerijan ist er für 33% der Schwankungsbreite verantwortlich.<br />

Wichtigste Merkmale des Faktor I:<br />

• Anteil der Nichtarbeiter<br />

• Hohe Einkommensschichte<br />

• Selbständige<br />

• Miethöhen<br />

• Hauspreise<br />

• Höher Gebildete<br />

Faktor II: Familienstatus – „Urbanität von Stadtteilen“<br />

Durch Diesen Faktor wird ein geringer Anteil der Varianz verursacht. Sauberer hatte 24%<br />

Varianz.<br />

Die wichtigsten Merkmale sind:<br />

• Anteil der erwerbstätigen Frauen (+)<br />

• Fruchtbarkeitsquote (-)<br />

• Anteil der Kinder (-)<br />

• Anteil der über 65 jährigen (+)<br />

• Familien mit über 3 Kinder (-)<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

• Ledige (+)<br />

• Geschiedene (+)<br />

• Einfamilienhaus (-)<br />

Es bilden sich hier abermals räumlich konzentrische Muster aus. Die mit einem +<br />

gekennzeichneten Merkmale sind stark im Zentrum ausgeprägt, die mit einem –<br />

gekennzeichneten eher in der Peripherie.<br />

Faktor III: Ist meist ein ethnischer Faktor, betreffend Minderheiten bzw. Segregation<br />

(besonders in den USA)<br />

Die Attraktivität der Sozialraumanalyse und der Faktoranalyse hat nachgelassen, weil<br />

• nicht alles erfaßt wurde<br />

• nur alles auf Zählbezirksebene ausgelegt war<br />

• immer nur die gleichen Merkmal herangezogen wurden<br />

• nur flächendeckende Infos<br />

2.3. Vergleich von Städten (Gemeinsames der Städte/Kulturelle Besonderheiten)<br />

In Europa übersiedelte die reiche Bevölkerung, sowie es in den Usa schon viel früher der Fall<br />

war, in die Suburbia. Reurbanisierungstendenzen stehen im Gegensatz zu<br />

Suburbanisierungstendenzen<br />

In Europa und Lateinamerika gab es aber immer einen recht hohen sozioökonomischen<br />

Bevölkerungsanteil im Zentrum (Reverses-Burges-Modell).<br />

In Lateinamerika findet momentan eine massive Suburbanisierung statt.<br />

3. Kulturgenetische <strong>Stadtgeographie</strong><br />

A) Länge der Tradition: Bereits im 19. Jhd. Bestandteil der Länderkunde. Als<br />

Forschungsansatz der <strong>Stadtgeographie</strong> begründet von Siegfried PASSARGE (1930)<br />

B) Sprachraum der Entstehung: Im deutschsprachigen Raum jedenfalls eigenständig<br />

entwickelt und weit verbreitetes Konzept der „Kulturerdteile“ von KOLB (1962)<br />

C) Untersuchungsebene oder Maßstabsdimension: Gesamtstadt, aus der idealtypische<br />

Elemente hervorgehoben werden, teilweise durch Vergleich mit andren Städten.<br />

D) Theorie – Leitende Fragestellung: Idealtypische „Stadtmodelle“ als Ziel, für jeden<br />

Kulturteil eines. Debatte in den 80er Jahren, ob Typus der „sozialistischen Stadt“<br />

herausgebildet.<br />

E) Erhebungsmethoden: alles was verfügbar ist: Stadtpläne, Luftbilder, Kartierung,<br />

Auswertung aller verfügbarer Karten...<br />

F) Nachbardisziplinen: Kulturwissenschaften (Italienische Landeskunde erklärt typische<br />

Merkmale der italienischen Stadt), auch Völkerkunde<br />

G) Exemplarische Arbeit aus Österreich: in der BRD wegen reichlicher Förderung der<br />

Überseeforschung unzählige Studien. In Österreich wenige, etwa LICHTENBERGER,<br />

1981: „Die europäische und die nordamerikanische Stadt“<br />

Das Hauptinteresse besteht hier vor allem in der divergenten Entwicklung aller Art, besonders<br />

wird die Entwicklung von Städten innerhalb von verschiedenen Kontinenten, Staaten oder<br />

Regionen untersucht. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf die Höhe der Gebäude,<br />

verwendetes Material, wirtschaftliche Aufteilung, Unterschiede zwischen arm und reich usw.<br />

gelegt.<br />

HEINBERG 1930: Damals wurden kulturgenetische Ergebnisse zusammengefaßt und es<br />

entstand das Buch: „Stadtlandschaften der Erde“ mit Kapitelunterteilung nach Staaten (z.B.<br />

Japan, Nordamerika). So erfolgte ein Versuch die Städte zu gruppieren, die viel gemeinsam<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

haben. Es werden Besonderheiten Aufgezeigt. Z.B. typisch für die Orientale Stadt ist der<br />

Basar.<br />

SIEGFRIED PSSARAGE: Er unterschied in seinem Buch „Stadlandschaften der Erde“ 8<br />

unterschiedliche Formen (zB. Deutsche Stadt, chinesische Stadt). Unterkapittel befassen sich<br />

auch mit Hausformen.<br />

HOFMEISTER 1969: Er beschäftigt sich in seinem Lehrbuch mit 12 Stadträumen. Im<br />

Begleitband „Die Stadtstruktur und ihre Ausprägung in verschiedenen Kulturteilen der Erde“<br />

werden die Besonderheiten näher behandelt.<br />

HOFSTEDE: Er untersuchte die Funktion. Er kam zum Entschluß. Daß Wien noch vom<br />

Mittelalter, was anhand von Parzellen im Bermudadreieck noch sichtbar wird und dem Viertel<br />

seinen Charakter verleiht. Es stehen zwei ältere Häuser auf den Parzellen, deren Zuschnitt<br />

(Parzellengröße) ist aber mittelalterlich. Auch einige Traditionen z.B. die Zumpfttradion<br />

wurden teilweise übernommen und flossen ins Markt und Gewerberecht oder in die dadurch<br />

so komplizierte Bauordnung Wiens ein. Es handelte sich also um eine repräsentative aber<br />

nicht vollends ökonomische Betrachtung der Welt. Diese Betrachtungsweise ist uns aber auch<br />

sehr wichtig, was sich in den Bestrebungen des Denkmalschutz äußert. Von GB wurde das<br />

Kulturgut und die Mentalität nach Nordamerika übertragen, und somit herrscht eine gewisse<br />

Ähnlichkeit der Städte. Im allgemeinen führt eine unterschiedliche historische Entwicklung zu<br />

einer unterschiedlichen (Ausprägung der ) Stadtentwicklung und damit zu einer Divergenz.<br />

LINDENBERGER 1981: Er arbeitet in „Die europäische und die nordamerikanische Stadt“<br />

Unterschiede und Besonderheiten der beiden Stadttypen heraus. Die unterschiedliche Dauer<br />

der Stadtentwicklung wird hierbei als wesentliches Modell angesehen. Konvergente und<br />

divergente Entwicklungen können festgestellt werden.<br />

Politische Systeme Stadttypen Kontinentaleuropa Stadttypen USA<br />

Mittelalterlicher<br />

Bürgerstadt<br />

Fehlt<br />

Territorialstaat<br />

Flächenstaat des<br />

Residenzstadt<br />

Fehlt<br />

Absolutismus<br />

Nationalstaat des<br />

Industriestadt<br />

Industriestadt<br />

Liberalismus<br />

Sozialer Wohlfahrtsstaat Neue Stadt(teile) Suburbia<br />

4. Funktionale <strong>Stadtgeographie</strong><br />

A) Länge der Tradition: BOBEK 1927 und BERRY 1963 (greift auch auf CHRISTALLER<br />

1933 zurück)<br />

B) Sprachraum der Entstehung: dt. (Idee) → engl. (Forschungsansatz mit Methoden erst in<br />

N-Amerika)<br />

C) Untersuchungsebene oder Maßstabsdimension: Marktgebiet einer Stadt →<br />

Einkaufszentren<br />

D) Theorie – Leitende Fragestellung: Zentrale-Orte-Theorie, Grundrententheorie<br />

E) Erhebungsmethoden: Kartierung, Beobachtung, Zensus<br />

F) Nachbardisziplinen: Ökonomie, Wirtschaftsgeographie<br />

G) Exemplarische Arbeit aus Österreich: LICHTENBERGER 1963, MATZNETTER 1980<br />

Sie untersucht die wirtschaftlichen Funktionen innerhalb von Städten und ist ein neuer<br />

Ansatz. Erste Ansätze machte<br />

BOBEK 1927: Er untersuchte in seiner Dissertation die Stadt Innsbruck. Besonders<br />

untersuchte er die Wirtschaft in ihrer geographischen Beziehnung. Er arbeitete besonders die<br />

Hauptgeschäftsstraßen und periphere Nebengeschäftsstraßen, darunter die Verteilung des<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

Einzelhandels, Einzugsgebiet von Märkten und wohin die Innsbrucker Großhändler liefern.<br />

Ergebnis seiner Studie war, dass sich im Zentrum von Innsbruck die Hauptgeschäftsstraßen<br />

befanden rund herum befanden sich die Nebengeschäftsstraßen und im entlegenerem Bereich<br />

fanden sich isolierte Geschäfte (die Isochronen) wieder.<br />

4.1. Die Zentrale-Orte-Theorie von CHRISTALLER<br />

Er untersuchte ganz Süddeutschland. Also die Zentralität in einem viel größeren Gebiet, als es<br />

eine Stadt darstellt.<br />

Zentrale Hypothese: Alle zentralen Güter und Dienstleistungen haben ihre eigene Reichweite,<br />

welche je nach Ware oder Gut unterschiedlich ist. Er kam zur Erkenntnis, dass lebensmittel<br />

Güter, vor allem verderbliche, mit geringer Reichweite sind. Die Konsumenten wohnen nahe<br />

beim Geschäft, weil auch eine große nachfrage nach diesen Produkten besteht. Dagegen sind<br />

Güter mit großer Reichweite z.B. Autos. Sie haben ein wesentlich größeres Einzugsgebiet an<br />

Käufern, weil man sich ja ein Auto nicht alle Tage leistet.<br />

5 begleitende Annahmen:<br />

1. Es gibt eine isotrope (gleich ausgestattete) Oberfläche<br />

2. Gleichmäßige Versorgung dieser Oberfläche mit Gütern und Dienstleistungen<br />

3. In keinem zentralen Ort werden überdurchschnittlichen Extragewinne erzielt.<br />

4. Alle Unternehmen streben nach Gewinnmaximierung, welche bei der Standortwahl durch<br />

einen größtmöglichen Abstand vom Konkurrenten erzielt wird.<br />

5. Alle Konsumenten versuchen ihren Wegaufwand zu minimieren, dadurch, daß sie den<br />

nächstgelegenen zentralen Ort aufsuchen („nearest center“)<br />

Schlußfolgerungen:<br />

• Es gibt bestimmte Größentypen von zentralen Orten wie von deren Ergänzungsgebieten<br />

und zwar Wesenstypen und nicht Ordnungsklassen.<br />

• Es gibt eine gestufte Hierarchie zentraler Orte nach dem Marktprinzip, dem K3-Prinzip.<br />

• Alle Zentralen Orte liegen auf den Eckpunkten eines Gitternetzes, das durch regelmäßige<br />

Sechsecke gebildet wird.<br />

Größentypen von zentralen Orten: Verhältniss: 1:3<br />

A-Orte: höchste Zentralität<br />

B-Orte: mittlere Zentralität<br />

C-Orte: niedrige Zentralität<br />

4.2. Von der außerstädtischen Zentralen-Orte-Theorie zur innerstädtischen<br />

Zentralitätsforschung<br />

5 Annahmen:<br />

1. Es gibt eine isotrope (gleich ausgestattete) Oberfläche<br />

2. Gleichmäßige Versorgung dieser Oberfläche mit Gütern und Dienstleistungen<br />

3. In keinem zentralen Ort werden überdurchschnittlichen Extragewinne erzielt.<br />

4. Alle Unternehmen streben nach Gewinnmaximierung, welche bei der Standortwahl durch<br />

einen größtmöglichen Abstand vom Konkurrenten erzielt wird.<br />

5. Alle Konsumenten versuchen ihren Wegaufwand zu minimieren, dadurch, daß sie den<br />

nächstgelegenen zentralen Ort aufsuchen („nearest center“)<br />

Kritik:<br />

Die Stadt ist keine isotrope Oberfläche. Brot wurde früher beim nächsten Bäcker gekauft.<br />

Aufgrund der Mobilität nimmt man auch etwas längere Anfahrtswege zu Supermärkte in<br />

Kauf, wo man auch eine wesentlich größere Auswahl an Produkten hat.<br />

BRIAN BERRY 1950: Er untersuchte die Geschäftsstruktur von Iowa und Chicago (1960).<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

4 Schlußfolgerungen:<br />

1. Es gibt eine Hierarchie, sowohl auf zwischenbundesstaatlicher Ebene, als auch auf<br />

städtischer Ebene. Hierarchie von vergleichbarer ausgestatteten Geschäftszentren läßt sich<br />

aufzeigen. Die Hierarchie trifft sowohl auf dem Land als auch in der Stadt zu.<br />

2. Das innerste Zentrensystem ist nicht einfach ein räumliches verkleinertes<br />

Zwischenstädtesystem, sondern es versorgt mit seinen jeweiligen Zentren denklich mehr<br />

Einwohner als sein zwischenstädtisches Gegenstück.<br />

3. Eine klare Stufung der Zentralitätshierarchie konnte BERRY nur in geplanten<br />

Einkaufszentren und Geschäften feststellen, also nur für eine Kategorie der klaren Stufung<br />

von Zentren. Traditionelle Geschäftsstraßen, städtische Ausfallsstraßen und Specialite<br />

Area weisen nur teilweise hierarchische Strukturen auf.<br />

4. In Amerika mußte jedoch ein andres Stufungsprinzip angewandt werden. Es wird hier statt<br />

dem K3 das K4-Prinzip angewandt. Es wird in diesem Zusammenhang vom<br />

Verkehrsprinzip gesprochen. Das Verhältnis von einem hohen zentralen Ort zu einem<br />

Marktgebiets eines niederen zentralen Ort beträgt 4:1. In Amerika sind die Orte räumlich<br />

anders angeordnet. Amerika hat ein anderes Versorgungsmuster als in Deutschland. Es<br />

gilt die Wabenform wie beim K3-Prinzip folglich nicht.<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

4.3. Sektoriale und räumliche Veränderung innerhalb des tertiären Sektors hochentwickelter<br />

Städte (am Beispiel Wien)<br />

LICHTENBERGER um 1960: Er untersuchte den Bauplan des Geschäftslebens. Er<br />

unterschied:<br />

• City: Dazu zählt das Gebiet rund um die Fußgängerzone des 1. Bezirks und die<br />

Mariahilferstr.<br />

• 4 Subzentren: Er erwähnte hier die Favoritnerstr., die Thaliastr., die Landstraßer Hauptstr.<br />

und Floridsdorf am Spitz.<br />

• 14 Bezirkszentren: Dies sind Geschäftsstraßen, die überwiegend für den gesamten Bezirk<br />

Versorgungsfunktion besitzt.<br />

• Viertelszentren: Sie versorgen nur einen Teil eines Bezirks<br />

• Nachbarschaftszentren<br />

Bei der Untersuchung war die Schaufensterlänge das wichtigste Merkmal zur Bewertung der<br />

Geschäftsstraßen. Mit 4.300 m Länge war die Mariahilferstr. die bedeutendste Einkaufsstraße.<br />

Das Verfahren hauptsächlich nach Schaufensternlänge zu Kategorisieren ist heute veraltet.<br />

Heute verwendet man andere Methoden zur Zentralitätsmessung. Früher genügte es die<br />

Telefonanschlüsse zu zählen, heute ist das Telefon aber selbstverständlich.<br />

Merkmale (seit BOBEK):<br />

• Verkaufsfläche<br />

• Schaufensterindex<br />

• Umsatz pro Jahr (Hochrechnung)<br />

• Passantenfrequenz<br />

• Ladendichte<br />

• Anzeigenintensität in Printmedien (cm² Anzeigefläche in den Zeitungen der zu<br />

untersuchenden Straße, aber auch Werbesekunden in Radio und Fernsehen)<br />

• Zahl der Arbeitsplätze im Einzelhandel.<br />

Ad Punkt 2 von BERRY: In den 60er Jahren stellte man eine ungleiche Versorgung in<br />

Österreich fest. Es folgte ein Vergleich zwischen den Zentralitätsstufen der Stadt. Man<br />

verglich die Zentralitätsstufen Wiens mit denen der Zentralen Orte im österreichischen<br />

Bundesgebiet.<br />

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Geographie des städtischen Lebensraums<br />

Matznetter<br />

Stadt<br />

Land<br />

Subzentren 80.000 Einw.<br />

Viertelzentrum (Wr. Neustadt, St. Pölten)<br />

Bezirkszentren 40-80.000 Einw. Bezirkshauptstdtzentrum (Freistadt,<br />

Gmunden) 50.000 Einw.<br />

Viertelzentren 0-20.000 Einw.<br />

Gerichtsorte 25-80.000 Einw.<br />

BERRY verglich die Einzugsgebereiche von Zentren der Stadt mit jenen Einzugsberichen der<br />

Zentren des Landes. Er kam zum entschluß, dass gleichwertige Zentren in der Stadt versorgen<br />

mehr Einwohner als vergleichbare Zentren am Land (anhand von Iowa-Chicago). Ähnliches<br />

gilt auch für Wien und Österreich.<br />

Ad Punkt 3 von BERRY: Nur bei Centres und traditionellen Einkaufsstraßen gibt es eine<br />

gestufte Hirarchie, nicht jedoch bei Rivens und Specialiced Areas.<br />

In Wien gab es laut LICHTENBERGER 1960 nur traditionelle Einkaufsstraßen in allen<br />

Abstufungen.<br />

Bei uns gibt es um 1960 Geschäftsstraßen in allen Abstufungen. Die traditionelle Wiener<br />

Hierarchie bezieht sich nur auf Geschäftsstraßen und auf Ergänzungsstraßen<br />

(Ergänzungsstraßen sind spezialisierte Nebenstraßen für langfristige Güter und entsprechen in<br />

Berry’s Modell den Specialiced Areas z.B. Autosalons, Möbelviertel, Zusammenballung von<br />

Ärzten). Geschäftsstraßen in Wien sind meist große Straßen außerhalb der City, die meist<br />

einfach mit der Straßenbahn zu erreichen sind.. Heute hat eher jede Geschäftsstraße ihren U-<br />

Bahnanschluß. Heute hängt auch die Attraktion einer Geschäftsstraße von der Nähe zu einer<br />

U-Bahnstation ab.<br />

Ad Punkt 1 von BERRY: Auch LICHTENBERGER kommt zum Ergebnis, dass es in Wien<br />

eine innerstädtische Hierarchie gibt.<br />

1. Mariahilfer Straße<br />

2. Wiener City<br />

3. Favoritenstraße<br />

4. Landstraßer Hauptstraße<br />

5. Meidlinger Hauptstraße<br />

6. Simmeringer Hauptstraße<br />

7. Thaliastraße<br />

Änderungen ab den 70er Jahren:<br />

Es entstanden die ersten großen geplanten Einkaufszentren (1975 Donauzentrum, 1976 SCS)<br />

die nicht in der Innenstadt lagen.<br />

Es entstehen spezialisierte Shopping-Centers. Die Raumplanung versucht durch Gesetze die<br />

Entstehung von Allround Shoppingcenters zu vermeiden, um einen weiteren Kaufkraftabfluß<br />

zu Gunsten dieser Gesellschaftsform zu vermeiden und dem Geschäftssterben (Kreisler,<br />

Kleingewerbe) entgegenzuwirken. Darum besteht heute ein Nieschenverhalten, welches sich<br />

in der Entstehung der zahlreichen Fachmärkte äußert, welche nicht den selben Gesetzen wie<br />

die Allround Shopping Centers unterliegen. Baumärkte und Fachmärkte sind im<br />

Flächenwidmungsplan Wiens nämlich nicht verboten.Diese Shopping-Centers bewirkten in<br />

den letzten Jahren einen Kaufabfluß von Wien in die Peripherie von ca. 20 %.<br />

Folgen dieser Entwicklung für Wien:<br />

1. Suburbanisierungsprozeß: Das innerstädtische Geschäftsleben hat sich teilweise aus der<br />

Innenstadt zurückgezogen. In diesem Zusammenhang ist auch das Greislersterben zu<br />

nennen.<br />

2. Ausdünnung des innerstädtischen Geschäftslebens: Die Gumpendorferstraße, die<br />

Linzerstraße oder die Sechshauserstraße waren früher florierende Nahversorgungsstraßen.<br />

Sie haben sich jedoch rückentwickelt, wobei aber auch der Verkehr ausschlaggebend war.<br />

3. Umstrukturierung in der bestehenden Gesellschaftsstraßen: Früher war es kleinen<br />

Bekleidungsgeschäften möglich in Wien zu bestehen. Der Anteil an<br />

Bekleidungsgeschäften auf den Nebenstraßen sank aber enorm, wobei er jedoch in den<br />

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Matznetter<br />

Hauptgeschäftsstraßen enorm anstieg. Commercial Blight, was übersetzt so viel wie<br />

Verfall bedeutet ist besonders groß auf den Nebengeschäftsstraßen.<br />

Die Mariahilferstraße hat durch den Bau der U-Bahn einen enormen Aufschwung erlebt.<br />

Kleine Einkaufsstraßen wie die Neustiftgasse z.B. werden dem Verkehr geopfert und ddienen<br />

nicht selten als Ausfallsstraßen. Dadurch verlieren sie an Attraktivität und werden zu Billig-<br />

Mieten-Lagen. Diese Bereiche dienen dann aber meistens zu ersten Versuche neuer<br />

Geschäftsgründungen, wie z.B. Esotherikgeschäfte.<br />

5. Verhaltensorientierte <strong>Stadtgeographie</strong><br />

A) Länge der Tradition: KEVIN LYNCH 1960: „The Image Of The City), 1965 1<br />

Symposium zur Behaving Geography, Artikel von WILL CLARK 1968<br />

B) Sprachraum der Entstehung: angelsächsischer<br />

C) Untersuchungsebene oder Maßstabsdimension: Individuum, Unternehmen (Geschäfte...)<br />

D) Theorie – Leitende Fragestellung: Verhaltenstheorie, Managementtheorie<br />

E) Erhebungsmethoden: Befragung, Experiment<br />

F) Nachbardisziplinen: Psychologie, BWL<br />

G) Exemplarische Arbeit aus Österreich: WEICHHART 1987<br />

Schematische Darstellung der Annahme über die subjektive Reduktion des städtischen<br />

Raumes:<br />

Von den bisher dargestellten Ansätzen unterscheidet sich die verhaltensorientierte<br />

<strong>Stadtgeographie</strong> in zweierlei Hinsicht:<br />

1. Nicht nur objektiv feststellbare Sachverhalte wie z.B. Hausformen, Berufs- und<br />

Arbeitsstrukturen oder Geschäftsanhäufungen werden untersucht, sondern subjektive<br />

Vorstellungen und, die von diesem verzerrten Wissen ausgehenden Entstehungen werden<br />

untersucht Subjektive Vorstellungen sind nämlich handlungsrelevant. Dies ist eine neuere<br />

Ansicht. Früher versuchte man eher Abstand zu subjektiven Einstellungen und<br />

Sichtweisen zu erhalten<br />

2. Nicht Aggregate von Häusern, Menschen und Geschäften, auf der Ebene von Stadtteilen,<br />

Zählbezirken und Geschäftsstraßen oder Geschäftszentren werden untersucht, sondern<br />

Individuen oder Haushalte. Die Makroebene wird verlassen. Es wird quasi in das<br />

Verhalten der Menschen hineingezoomt. Der mikrogeographische Ansatz ergänzt die<br />

traditionelle Makro-Gesellschaftsgeographie..<br />

Die Verhaltensorientierte Geographie ist nicht nur auf die <strong>Stadtgeographie</strong> beschränkt<br />

sondern findet sich in der Bevölkerungsgeographie, der wirtschaftsgeographie,<br />

Freizeitgeographie usw. wieder.<br />

LYNCH 1960: Er führte eine Untersuchung an einem bestimmten Ort durch, wo sich Hippys,<br />

Indianer und alte gut-gekleidete Damen zusammenfanden.<br />

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Matznetter<br />

W.A.V. CLARK 1968: Er stellte eine Untersuchung in Neuseeland an. Eine Stadt mit 160.000<br />

Einwohner wurde untersucht. Er führte eine Bevölkerungsbefragung über das<br />

Einkaufsverhalten der Konsumenten durch. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass 38-54% der<br />

Befragten nichtmal im nächstgelegenen Geschäft Lebensmitteln einkaufen. Sie kaufen<br />

aufgrund andrer Kriterien an anderen Orten ein. Dies bringt jedoch die Zentrale-Orte-Theorie<br />

zum Einsturz.<br />

HUFF 1963: Er hat frühes Gravitationsmodell entwickelt und damit die Zentrenstruktur einer<br />

Stadt nachgebildet. Er berücksichtigt jedoch Verkaufsfläche die einem Gut in einem zentralen<br />

Ort zugewiesen wird und den Zeitaufwand um zum Zentrum zu gelangen.<br />

RUSHTON: Er verbessert das Gravitationsmodell. Dabei wird die Verkaufsfläche durch die<br />

Zentrengröße ersetzt. Empirisch feststellbare nicht lineare Verhältnisse zwischen Fläche und<br />

Distanz werden dargestellt.<br />

CUDWALLER 1975: Er fügt erst mal subjektive Eindrücke hinzu. Er ergänzt das Modell<br />

neben Geschäftsfläche und Distanz um ein 3. Merkmal und zwar um die Information über das<br />

jeweilige Geschäftszentrum. Ein Geschäftszentrum ist durch Werbemaßnahmen machbar.<br />

Diese Auffassung bringt die Zentrale Orte-Theorie, die sich auf objektive Einflüsse und<br />

spezielle Distanz stützt, durcheinander. Er befasst sich hauptsächlich mit Informationsräumen<br />

und nicht mit Aktionsräumen von Konsumenten. Der Informationsraum greift dabei über den<br />

Aktionsraum hinaus.<br />

POTTER: Er kommt zu der Feststellung, dass Menschen meistens in Geschäften an ihrer<br />

Hauptachse einkaufen (Wohnort-Schule/Arbeitszentrum)<br />

Deutsche Studie arbeitet noch das Birnenmodell aus.<br />

Die Geschäftshierarchie stimmt nicht mehr. Nur mehr notwendige Grundnahrungsmittel wie<br />

Brot und Milch werden distanzabhängig eingekauft, für das auch die Zentrale Orte-Theorie<br />

auch stimmt. Sonstige Güter werden in Einkaufszentren gekauft und dabei ist auch die<br />

Distanz nicht so entscheidend, folglich gilt hier die zentrale Orte-Theorie nicht.<br />

Probleme der verhaltensorientierten <strong>Stadtgeographie</strong>:<br />

• Die Handlungsfreiheiten der einzelnen Individuen wird dabei stark überschätzt.<br />

Nutzenmaximierung und umfassende Information wurde als gegeben erachtet. Diese<br />

übertriebenen Annahmen gehen auf die neoklassische Wirtschaftstheorie zurück, auf die<br />

sich die Geographen zuerst gestützt haben.<br />

• Damit wurde auch die Rolle der Konsumenten bzw. der Nachfrager überschätzt.<br />

Veränderungen etwa des Einzelhandels werden jetzt eben nicht mehr über distanzielle<br />

sondern über nicht distanzielle oder räumliche Präferenzen der Nachfrager erklärt.<br />

Welchen Einfluß die Anbieter, etwa die Errichter der Einkaufszentren haben, bleibt<br />

wieder nicht untersucht.<br />

6. Institutionelle Stadtforschung<br />

A) Länge der Tradition: 1969 Konzept, 1974 Empirie<br />

B) Sprachraum der Entstehung: GB<br />

C) Untersuchungsebene oder Maßstabsdimension: Mesoebene: Individuum-Organisation<br />

D) Theorie – Leitende Fragestellung: Management-, Organisations-Theorie<br />

E) Erhebungsmethoden: Aktionsanalyse, Befragung, teilnehmende beobachten<br />

F) Nachbardisziplinen: Organisationssoziologie, Verwaltungswissenschaft<br />

G) Exemplarische Arbeit aus Österreich: MATZNETTER (1991)<br />

Die Institutionelle Stadtforschung behandelt Netzwerke privatwirtschaftlicher und (para)<br />

staatlicher Organisationen und deren raumwirksame Entscheidungen. Die institutionelle<br />

Stadtforschung entwickelt sich insbesondere durch die Wohnungsforschung und die<br />

Stadtplanung. Ihre Wurzeln liegen in der institutionellen Ökonomie. Die institutionellen<br />

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Matznetter<br />

Ökonomen glauben nicht an das perfekte funktionieren des Marktes. Institutionen entwickeln<br />

ein Eigenleben=Marktmacht. Man unterscheidet formelle Institutionen (z.B. Vereinigung der<br />

Bauträger in Wien), die eine rechtliche Basis besitzen, undinformelle Organisationen (z.B.<br />

Greenpeace), die keine rechtliche Grundlage besitzen. Die <strong>Stadtgeographie</strong> beschäftigt sich<br />

aber nur mit der formellen Institutionen in der Stadt.<br />

6.1. Beginn der Institutionellen Stadtforschung<br />

W. FORM 1954: Er untersuchte 4 große Handlungsträger:<br />

• Makler und Bauwirtschaft<br />

• Industrie, Handel und Gewerbe<br />

• Private Hausbesitzer<br />

• Lokale Behörden<br />

Er untersuchte hier vor allem nach welchen Kriterien die Handlungsträger Wohnungen<br />

errichten und vergeben.<br />

RAY PAHL 1969: Er untersuchte die Anreize an einem bestimmten Ort zu wohnen. Er<br />

beschäftigte sich vor allem mit Punkt 1 und 4.<br />

Erste Empirische Ansätze durch:<br />

FRIEND 1974: Stadtplanung<br />

HARLOE 1974: Untersuchung des Wohnungsmarktes<br />

6.2. Netzwerke von Organisationen<br />

Unterwerden auch:<br />

• Personalverflechtungen: Netzwerke von Firmen bzw. die Verflechtung zwischen den<br />

Hauptaktören der Wirtschaft<br />

• Kapitalverflechtung: Branchen<br />

Die Institutionelle Stadtforschung beschäftigt sich mit den Stadtmanagern und den<br />

Vernetzungen<br />

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Matznetter<br />

7. Politische <strong>Stadtgeographie</strong><br />

A) Länge der Tradition: Wahlgeographie in Form von Studien die BOBEK 1928 und<br />

NISSLER 1965 durchführten. Entfalteten sich aber erst im ausländischen Raum<br />

B) Sprachraum der Entstehung: Frankreich, USA steht aber in der Anwendung im<br />

Vorgerdrund<br />

C) Untersuchungsebene oder Maßstabsdimension: Wahlsprengel sind die<br />

Untersuchungsebene<br />

D) Theorie – Leitende Fragestellung: Staatstheorien als theoretisches Konstrukt<br />

E) Erhebungsmethoden: Sekundärauswertung von Wahldaten, Aktenanalyse, Medienbericht,<br />

offene Befragung<br />

F) Nachbardisziplinen: Politikwissenschaft, Geographen und Planer<br />

G) Exemplarische Arbeit aus Österreich: MÜLLER-NISSLER 1982: „Wahlgeographische<br />

Untersuchung Wiens<br />

BOBEK und vor allem französische Geographen beschäftigten sich mit der Stimmverteilung<br />

der ersten demokratischen Wahlen vor etwa 70 Jahren. Es entwickelt sich als die<br />

Wahlgeographie (Voraussetzung waren demokratische Wahlen 1925). Eine bestimmte<br />

Stimmverteilung spiegelt die Sozialstruktur der Bevölkerung und die räumliche Verteilung<br />

innerhalb der Stadt wieder.<br />

In Österreich waren die Ergebnisse stark von einem Klassenverhalten geprägt, demnach<br />

wählten 90% der Arbeiter Linksparteien (SPÖ) und 80% der Beamten und Bauern die<br />

christlichsozialen Parteien (ÖVP).<br />

Solche Daten können anstelle politischer Merkmale als Ersatzvariablen verwendet werden<br />

und liefen ziemlich gut und genaue Ergebnisse über die Sozialstruktur in Städten.<br />

Bei den damaligen Untersuchungen stellte man fest, dass der bürgerliche Kern der<br />

Bevölkerung im Zentrum der Stadt wohnte, was teilweise bis heute zutrifft. Dieses noch<br />

bestehende Muster löst sich erst in der letzten Zeit auf, begründet durch die Existenz von<br />

mehreren kleinen Parteien und einem gewissen Potential an Wechselwählern, was es früher<br />

nicht gab.<br />

Die Wahlgeographie ist aber nur ein reduziertes Konzept bzw. ein verkürztes Verhältnis der<br />

politischen Geographie. Es werden nur rein formale demokratische Aspekte betrachtet (der<br />

Bürger wählt seine politischen Vertreter im Staatsparlament). Das politische Leben innerhalb<br />

der Stadt ist aber wesentlich vielfältiger und komplizierter. Denn heute beeinflussen<br />

Bürgerinitiativen, Interventionen, Interessensgruppen usw. den Entscheidungsprozeß<br />

nachhaltig.<br />

Man muß differenzieren zwischen dem lokalen Staat und dem Staat der allen übergeordnet ist.<br />

Der institutionelle und der politische Ansatz der <strong>Stadtgeographie</strong> überschneiden und<br />

durchdringen einander. Der frühe institutionelle Ansatz beschäftigt sich nur mit den kleinen<br />

Beamten. Diese fügen sich aber abhängig ihrer Tätigkeit in größere Organisationen ein, diese<br />

Organisation sind wiederum mit anderen verknüpft, wodurch eine starke Verflechtung<br />

verschiedenster Ebenen entsteht.<br />

Die Wahlgeographie beschäftigt sich mit dem Verhältnis der community interests zum<br />

Gemeinderat zu einem bestimmten Zeitpunkt. Es handelt sich also um eine Momentaufnahme<br />

zu einem bestimmten Zeitpunkt. Was zwischen Wahlen passiert wird nicht untersucht.<br />

7.1. Wahlgeographie von Städten<br />

Es gibt 3 Gruppen von Handlungsträgern. Dazu zählt man die Bürger, den Staat und die<br />

Unternehmer. Man betrachtet nun die Verflechtungen zwischen diesen Gruppen.<br />

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Matznetter<br />

In den 50er bis 60er Jahren untersuchte man Marktverhältnisse innerhalb der Stadt in den<br />

USA. Diese ergaben, dass es eine Elite gibt, welche alles koordiniert und die Entscheidungen<br />

trifft (Elitisten).<br />

Soziologen glauben, dass es auch zwischen den Wahlen einen Wettstreit der Interessen gibt.<br />

Auf der Ebene der Kommunalpolitik gibt es nur ehr wenige Untersuchungen, diese Ebene<br />

wird zu wenig beachtet. In den USA besteht ein lebhaftes Interesse wegen der hohen<br />

Autonomie der einzelnen Bundesstaaten und wegen dem etwas anderen<br />

Demokratieverständnis, welches dort herrscht. In Europa dagegen bestand sehr lange ein<br />

Feudalsystem und daher eine andere Sichtweise der Dinge. Bei uns sind z.B. politische<br />

Bezirke nicht politisch organisiert. Es war zwar in der Verfassung ursprünglich so vorgesehen<br />

auch den Bezirksvorstand demokratisch zu wählen, was sich aber nie durchsetzte.<br />

Stimmverteilung in den Gemeindebezirken Wiens 1995:<br />

Bezirk: 21, 22, 10, 11, 20<br />

absolute Mehrheit SPÖ<br />

Bezirk: 23, 13, 12, 14, 15, 16, 17, 19, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 relative Mehrheit SPÖ<br />

Bezirk: 18, 1<br />

absolute Mehrheit ÖVP<br />

NISSEL: Sozialistische und bürgerliche Bezirke wurden verglichen und er stellte fest, dass<br />

Bürgerbezirke im inneren der Stadt liegen, Arbeitsbezirke dagegen die Außenbezirke sind.<br />

Gesellschaft war klassendifferenziert. Diese Aussage gilt für den Zeitraum 1930-1970 als es<br />

sich um eine hochkapitalistische-fordistische Gesellschaft handelte. Die lohnabhängigen<br />

Arbeiter wählten alle die Linksparteien, die bürgerlichen Parteien wurden con den Bauern<br />

(ÖAAB), von den christlich sozialen Angestellten sowie von den Unternehmen und<br />

Gewerbetreibenden (Wirtschaftsbund) gewählt. Aus dieser Situation heraus entstand anfangs<br />

ein lebhafter Klassenkamps, welcher im Bürgerkrieg gipfelte. Die Parteientreue hat im<br />

internationalen Vergleich recht lange gehalten. Nun ist aber ein abbröckelndes Verhalten zu<br />

beobachten.<br />

Alles in allem bringt die Wahlgeographie nur geringe Informationen über eine Stadt.<br />

Hochhausprojekte z.B. in Wien werden von unzähligen Interessensvertretern getragen. Die<br />

Wahlgeographie wurde also schließlich von dem Ansatz der Urban Political Arena verdrängt<br />

7.2. Urban Political Arena<br />

In den 60er bis 70er entstand dieser Forschungsansatz. Es geht um die Frage der<br />

Gentrification und einer differenzierten Gesellschaft. In den 20er bis 60er Jahren war die<br />

Bevölkerung stark durch die Klassengesellschaft geprägt, heute hingegen haben wir es mit<br />

einer starken Auffragmentierung zu tun. Besonderes Interesse wurde aber auch der<br />

Stadtplanung beigemessen, die man jedoch nicht überschätzen darf.<br />

ALBERS 1988: Er unterteilte die Stadtplanung geschichtlich in 3 Phasen. SELLE fügte<br />

schließlich noch eine vierte aktuelle Phase hinzu.<br />

1. Phase: Phase der Gefahrenabwehr (1900-1910):<br />

Die Abwehr von Gefahren war das Hauptziel und deshalb wurde auch die<br />

Hochquellwasserleitung erbaut zur Eindämmung der Cholera. Die Stadtplaner verstanden sich<br />

damals als Künstler und legten Wert auf schönes Design. Die Ringstraße stammt aus dieser<br />

Gesinnung. Man hatte aber kein direktes Verhältnis zu den Bewohnern der Stadt. Die<br />

Verwaltung griff einfach in das Geschehen und in das Leben der Menschen ein. Der<br />

Liberalismus zeigt viel Verständnis für die wirtschaftlichen Interessen des Marktes und es<br />

werden zusätzliche Verkehrswege geschaffen und Missverständnisse behoben. Die<br />

sozioökonomische Entwicklung ist weder prognostizierbar noch steuerbar.<br />

2. Phase: Phase der Auffangplanung (1910-1960):<br />

Die Sozioökonomie ist erfassbar aber nicht steuerbar. Seit den 20er Jahren gibt es in Wien<br />

Flächenwidmungspläne, die sehr starr und reichlich erfasst sind. Diese Planung erfordert viel<br />

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Matznetter<br />

Rechtsverständnis (Normen, Einschränkungen usw.). Der Verkaufswert eines Grundstückes<br />

richtet sich ab nun nach seiner planmäßigen Widmung.<br />

Die Auffangplanung setzt somit Limits aber keine Prozesse fest.<br />

In den 60er stellte man sich die Frage nach der Bevölkerungsentwicklung, diese ist aber nicht<br />

steuerbar. Entwurf eines Entwicklungsrahmens wurde geschaffen worin die Bürger<br />

eingebunden waren. Unternehmer haben Informationen was gebaut wird, die Bevölkerung<br />

wird informiert. Der Staat ist der Arzt, der die Kranken heilt und gleichzeitig Anwalt des<br />

allgemeinen Wohles.<br />

3. Phase: Phase der Stadtentwicklung (1960-1985):<br />

Die Stadtentwicklungsplanung will die Entwicklung einer Stadt planen. Infrastrukturplanung<br />

und vor allem die Verknüpfung verschiedener Planungsebenen stehen im Vordergrund. Das<br />

Ergebnis ist ein Stadtentwicklungsplan für den Zeitraum 1981-94, der große Leitlinien der<br />

Stadtentwicklung festlegte und die Entwicklung steuert (Wohnungen, Verkehr, usw.).<br />

Dadurch wird das Verhältnis zur Politik enger. Verschiedene Alternativen stehen zur<br />

Verfügung aus denen die Passende gewählt wird. Die Bevölkerung wird noch mehr in die<br />

Planung eingebunden, wobei die Wissenschaft Entscheidungs- und Informationshilfe geben<br />

soll.<br />

Erst ab dieser Phase haben die Geographen die Chance bei der Planung mitzuarbeiten, welche<br />

vorher durch rein technische Wissenschaften abgedeckt waren. Sie leisten ab nun die<br />

Grundlagenarbeit vor der Errichtung neuer Einrichtungen.<br />

4. Phase: Phase des Stadtmanagements:<br />

Sie passierte vor dem Hintergrund der Globalisierung und einer weltweiten Krisensituation<br />

der Wirtschaft. Der Wohlfahrtsstaat und somit auch die staatliche Planung stoßen an ihre<br />

Grenzen. Die Entwicklung der Stadt wird nur mehr beeinflusst und Projekte werden nur mehr<br />

initiiert. Es finden keine umfassende Gesellschaftspolitik mehr statt. Die Wirtschaft und auch<br />

die Sozialleistungen des Staates werden effizienter.<br />

Die Verwaltung plant zwar, wirkt aber nur noch ausgelagert mit, wobei die<br />

Entscheidungsfunktion doch in staatlicher Hand bleibt. Investitionen werden im Interesse des<br />

Staates und der Wirtschaft gesteuert, so dass man z. B. Betriebe zusammenbringt und<br />

konzentriert.<br />

Die Menschen haben weniger Zeit für persönliches Engagement und Bürgerinitiativen. Der<br />

Stadtplaner ist der Moderator sozialer Prozesse und versucht die verschiedenen Gruppen<br />

zusammenzubringen.<br />

Die Verbindung zwischen den einzelnen Mitgliedern - Planung, Politik – verschiedener<br />

Märkte – private Haushalte – wird folgendermaßen verwirklicht in den einzelnen Phasen:<br />

1. Phase: Eingreifen des Planers<br />

2. Phase: Demokratische Willensbildung: Querbeziehung zwischen Privatwirtschaft und dem<br />

Staat und somit werden die Bereiche intensiver verschränkt.<br />

3. Phase: Die Stadtentwicklungsplanung vereinigt ein gewisses Überwissen in sich.<br />

4. Phase: Stadtmanager: Sie spiegeln ein dezentrales Modell wieder in dem sich die Stadt<br />

weniger kümmern muß.<br />

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