Ontex /Rostam Ltd. - Bundeskartellamt
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BUNDESKARTELLAMT 53113 Bonn<br />
10. BESCHLUSSABTEILUNG Kaiser-Friedrich-Straße 16<br />
B 10 – 21220 – Fa – 102 / 03<br />
In dem Verwaltungsverfahren<br />
1. <strong>Ontex</strong> International NV<br />
Genthof 5<br />
9255 Buggenhout<br />
Belgien<br />
2. <strong>Rostam</strong> <strong>Ltd</strong>.,<br />
Caesarea Industrial Park 38900<br />
P.O. Box 3541<br />
Israel<br />
3. SanPoint Holding AB<br />
Box 55<br />
647 22 Mariefried<br />
Schweden<br />
4. SanPoint AB<br />
Box 55<br />
647 22 Mariefried<br />
Schweden<br />
ZUR VERÖFFENTLICHUNG BESTIMMT<br />
FUSIONSVERFAHREN<br />
VERFÜGUNG GEMÄSS § 40 ABS. 2 GWB<br />
BESCHLUSS<br />
Verfahrensbevollmächtigte zu 1.<br />
Linklaters Oppenhoff & Rädler<br />
Hohenstaufenring 62<br />
50674 Köln<br />
Verfahrensbevollmächtigte zu 2.- 4.<br />
Freshfields Bruckhaus Deringer<br />
Freiligrathstr. 1<br />
40479 Düsseldorf<br />
- Beteiligte -<br />
- 2 -
- 2 -<br />
zur Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 36 Abs. 1 GWB hat die<br />
10. Beschlussabteilung des <strong>Bundeskartellamt</strong>es am 2. März 2004 beschlossen:<br />
1. Das mit Schreiben vom 17. Oktober 2003 angemeldete Zusammenschlussvorha-<br />
ben wird nicht untersagt.<br />
2. Die Gebühr für die Anmeldung wird auf<br />
[...] €<br />
(in Worten: [...] Euro)<br />
festgesetzt und der Beteiligten zu 1. auferlegt.<br />
A. Gründe<br />
I. Das Zusammenschlussvorhaben<br />
(1) Mit Schreiben vom 17. Oktober 2003 – hier per Fax eingegangen am gleichen Ta-<br />
ge – hat die Beteiligte zu 1. (im folgenden: <strong>Ontex</strong>) über ihre Verfahrensbevollmäch-<br />
tigten mit Zustimmung der Beteiligten zu 2. (im folgenden: <strong>Rostam</strong>) nach § 39 GWB<br />
das Vorhaben von <strong>Ontex</strong> angemeldet, das europäische Tampongeschäft von<br />
<strong>Rostam</strong> zu übernehmen. Hierzu ist geplant, dass <strong>Ontex</strong> von <strong>Rostam</strong> alle Gesell-<br />
schaftsanteile der Beteiligten zu 3. und die im Werk Caesarea (Israel) vorhandenen<br />
Produktionsanlagen und Gegenstände zur Herstellung von Digitaltampons nebst<br />
zugehöriger Unterlagen sowie alle Kundenbeziehungen von <strong>Rostam</strong> in Europa er-<br />
wirbt. Zu den Kundenbeziehungen gehört nach Ziffer 4.1 in Verbindung mit Anhang<br />
4.1 des Share and Asset Purchase Agreement vom 21.05.03 insbesondere der Ver-<br />
triebsvertrag zwischen <strong>Rostam</strong> und der Hyga GmbH & Co. KG, Mülheim a.d. Ruhr.<br />
Zudem beabsichtigt <strong>Ontex</strong>, von <strong>Rostam</strong> 41,17% der Anteile an der Beteiligten zu<br />
4. zu erwerben.<br />
II. Beteiligte Unternehmen<br />
(2) <strong>Ontex</strong> ist die Obergesellschaft einer Unternehmensgruppe, die Hygieneprodukte<br />
entwickelt, produziert und verkauft. Die Produktpalette umfasst neben Tampons,<br />
Monatsbinden und Slipeinlagen Babypflegeprodukte (Windeln und Feuchttücher)<br />
sowie Inkontinenzprodukte und medizinische Produkte wie Kompressen, Tupfer<br />
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und Bandagen. Neben dem Geschäft mit eigenen Herstellermarken 1 liegt der<br />
Schwerpunkt der Tätigkeit im Bereich der Handelsmarkenprodukte 2 . Verbundene<br />
Unternehmen von <strong>Ontex</strong> in Deutschland sind die <strong>Ontex</strong> Hygieneartikel Deutschland<br />
GmbH, Großpostwitz, die <strong>Ontex</strong> Oederan GmbH, Oederan, die <strong>Ontex</strong> Vertrieb<br />
Deutschland GmbH, Oederan, die <strong>Ontex</strong> Mayen GmbH, Mayen, die Moltex Baby-<br />
Hygiene GmbH & Co. KG, Mayen, sowie die Moltex Baby-Hygiene Beteiligungs-<br />
GmbH, Mayen. Im Jahr 2002 erzielte <strong>Ontex</strong> weltweite Umsatzerlöse in Höhe von<br />
[...] €, davon [...] € im EWR und [...] € in Deutschland. Mit dem Geschäftsbereich<br />
Tampons wurden im gleichen Zeitraum EWR-weite Umsatzerlöse in Höhe von [...] €<br />
erzielt, davon [...] € in Deutschland.<br />
(3) <strong>Ontex</strong> wird seit dem 23. Januar 2003 von der Candover Investments plc, London,<br />
Vereinigtes Königreich, (im folgenden: Candover) kontrolliert, einer Investmentge-<br />
sellschaft, die Fonds-Management-Dienstleistungen erbringt und überwiegend für<br />
große europäische Zusammenschlüsse als Anbieter von Private-Equity tätig ist. Im<br />
Jahre 2002 erzielten die von Candover kontrollierten Unternehmen weltweite Um-<br />
sätze in Höhe von [...] €, davon [...] € im EWR und [...] € in Deutschland. Keine der<br />
Portfoliogesellschaften von Candover ist im Bereich der Damenhygieneprodukte<br />
oder in benachbarten Bereichen tätig.<br />
(4) Das europäische Tampongeschäft von <strong>Rostam</strong>, eines weltweit tätigen Herstellers<br />
von Handelsmarken-Tampons, umfasst die schwedische SanPoint-Gruppe und das<br />
von Israel aus betriebene Europageschäft von <strong>Rostam</strong>.<br />
Die SanPoint-Gruppe besteht aus der Beteiligten zu 3., der Beteiligten zu 4. und<br />
deren 100%iger Tochtergesellschaft SanPoint Innovation AB, Mariefried, Schwe-<br />
den. Die Beteiligte zu 3. hält 58,83% der Anteile an der Beteiligten zu 4. Die restli-<br />
chen 41,17% an der Beteiligten zu 4. werden unmittelbar von <strong>Rostam</strong> gehalten. Die<br />
SanPoint-Gruppe entwickelt und produziert in dem in Lake Mälaren (Schweden)<br />
gelegenen Werk Tampons und vertreibt sie in Europa.<br />
Die europäischen Geschäftstätigkeiten von <strong>Rostam</strong> in Israel umfassen alle im Werk<br />
in Caesarea (Israel) vorhandenen Produktionsanlagen für Digitaltampons [...] nebst<br />
zugehörigen Unterlagen und zugehörigem Know-How sowie die Verträge von<br />
1<br />
Als „Herstellermarke“ werden hier und im folgenden solche Produkte bezeichnet, die als Markenprodukte eines Herstellers<br />
vertrieben werden.<br />
2<br />
Mit dem Begriff „Handelsmarke“ werden solche Produkte bezeichnet, die von dem Hersteller an ein Handelsunternehmen<br />
geliefert werden, und von diesem unter einer eigenen Marke des Handels vertrieben werden.<br />
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<strong>Rostam</strong> mit ihren [...] Abnehmern in Europa. Der auf das europäische Tamponge-<br />
schäft von <strong>Rostam</strong> entfallende Umsatz betrug im Jahr 2002 insgesamt [...] €, davon<br />
[...] € in der EU und [...] € in Deutschland.<br />
III. Zusammenschlusstatbestand und Anwendungsbereich des GWB<br />
(5) Der von <strong>Ontex</strong> geplante Erwerb des europäischen Tampongeschäfts von <strong>Rostam</strong><br />
ist nach § 39 GWB anmeldepflichtig. Das Vorhaben erfüllt im Hinblick auf den be-<br />
absichtigten Erwerb aller Gesellschaftsanteile der Beteiligten zu 3. die Zusammen-<br />
schlusstatbestände des Kontroll- und des Anteilserwerbs (§ 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB<br />
und § 37 Abs. 1 Nr. 3 lit. a GWB). Hinsichtlich der geplanten Übernahme von<br />
41,17% der Anteile an der Beteiligten zu 4. liegt der Zusammenschlusstatbestand<br />
des Anteilserwerbs (§ 37 Abs. 1 Nr. 3 lit. b GWB) vor. Zudem wird im Hinblick auf<br />
die Produktionsanlagen im Werk Caesarea der Zusammenschlusstatbestand des<br />
Vermögenserwerbs (§ 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB) erfüllt: Die Anlagen zur Produktion<br />
von Digitaltampons nebst zugehöriger Unterlagen und Dokumente sowie zugehöri-<br />
gem Know-How stellen zusammen mit den Verträgen zwischen <strong>Rostam</strong> und ihren<br />
Abnehmern von Tampons in Europa eine betriebliche Teileinheit von <strong>Rostam</strong> dar,<br />
durch deren Erwerb <strong>Ontex</strong> in die Wettbewerbsstellung von <strong>Rostam</strong> in Europa ein-<br />
treten kann.<br />
(6) Die Schwellen des § 35 Abs. 1 GWB sind – bereits durch die Umsätze von Cando-<br />
ver - erfüllt. Ein Fall des § 35 Abs. 2 GWB liegt nicht vor.<br />
(7) Die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Kommission ist nicht begrün-<br />
det (§ 35 Abs. 3 GWB). Der geplante Erwerb hat keine gemeinschaftsweite Bedeu-<br />
tung, weil die Schwellen des Art. 1 Abs. 2 lit. b) der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89<br />
des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, zuletzt ge-<br />
ändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1310/97 des Rates vom 30. Juni 1997 (im<br />
Folgenden: FKVO) bzw. des Art. 1 Abs. 3 lit. b) FKVO nicht erreicht werden.<br />
(8) Das Vorhaben hat Inlandswirkung gemäß § 130 Abs. 2 GWB, weil der Zusammen-<br />
schluss geeignet ist, die inländischen Wettbewerbsbedingungen spürbar zu beein-<br />
trächtigen. Sämtliche Beteiligte vertreiben in Deutschland Tampons und treten hier<br />
derzeit als Wettbewerber auf. Dass der Liefervertrag von <strong>Rostam</strong> mit ihrem einzi-<br />
gen Abnehmer in Deutschland, der Hyga GmbH & Co. KG, Mülheim a.d. Ruhr, (im<br />
folgenden: Hyga) gekündigt wurde, beseitigt die Inlandswirkungen des Vorhabens<br />
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nicht. Die Zusammenschlusskontrolle ist eine Strukturkontrolle, bei der es auf struk-<br />
turelle Änderungen der Marktsituation und nicht auf ein jederzeit änderbares Markt-<br />
verhalten einzelner Marktteilnehmer ankommt. Ist daher ein Zusammenschlussvor-<br />
haben geeignet, die Marktverhältnisse im Inland spürbar zu beeinträchtigen, reicht<br />
dies zur Bejahung der Inlandsauswirkungen unabhängig vom Marktverhalten aus.<br />
(9) Dies ist hier der Fall, das Vorhaben von <strong>Ontex</strong> kann die Marktstruktur in Deutsch-<br />
IV. Verfahren<br />
land verändern. <strong>Ontex</strong> produziert und vertreibt über ihre deutschen Tochtergesell-<br />
schaften Tampons im Inland. Mit dem europäischen Geschäftsbereich von <strong>Rostam</strong><br />
wird <strong>Ontex</strong> Produktionskapazitäten und Know-How erwerben und nutzen können,<br />
die bislang von <strong>Rostam</strong> als Wettbewerber von <strong>Ontex</strong> insbesondere auch auf dem<br />
deutschen Markt eingesetzt werden. Die tatsächlichen Auswirkungen des Vorha-<br />
bens sind im Rahmen der materiellen Prüfung festzustellen.<br />
(10) Mit am 12. November 2003 bei den Zustellungsbevollmächtigten von <strong>Ontex</strong> und<br />
<strong>Rostam</strong> eingegangenem Schreiben hat die Beschlussabteilung fristgerecht nach<br />
§ 40 Abs. 1 S. 1 mitgeteilt, dass sie in die Prüfung des Vorhabens (Hauptprüfver-<br />
fahren) eingetreten ist.<br />
(11) Mit Telefax vom 13.02.04, eingegangen am gleichen Tage, haben die Beteiligten<br />
nach § 40 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 GWB einer Fristverlängerung bis zum 17.03.04 zuge-<br />
stimmt.<br />
V. Wettbewerbliche Beurteilung<br />
(12) Durch das Vorhaben wird eine marktbeherrschende Stellung auf dem relevanten<br />
Markt weder begründet noch verstärkt, so dass die Untersagungsvoraussetzungen<br />
des § 36 Abs. 1 GWB nicht erfüllt sind.<br />
1. Sachlich relevanter Markt<br />
(13) Das Zusammenschlussvorhaben führt zu Überschneidungen im Bereich der Tam-<br />
pons. Tampons bestehen aus einem zu einem Wattewickel aufgerollten und zu ei-<br />
nem Tampon gepressten Vliesband. Sie dienen als intravaginaler Menstruations-<br />
schutz und werden entweder mit dem Finger (sog. Digitaltampon) oder mit Hilfe ei-<br />
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ner aus Kunststoff oder Pappe bestehenden Einführhilfe (sog. Applikatortampon) in<br />
den Körper eingeführt.<br />
(14) <strong>Ontex</strong> produziert sowohl Digital- als auch Applikatortampons und verkauft diese<br />
unter Handelsmarken sowie unter verschiedenen Herstellermarken, die im Niedrig-<br />
preis- bzw. Mittelpreissegment angesiedelt sind, und zu den sog. B- und C-Marken<br />
gehören. Das europäische Tampongeschäft von <strong>Rostam</strong> umfasst allein die Herstel-<br />
lung und den Verkauf von Digitaltampons unter Handelsmarken an den Groß- und<br />
Einzelhandel.<br />
(15) Die sachlich relevanten Märkte sind auf der Grundlage des Bedarfsmarktkonzeptes<br />
voneinander abzugrenzen. Zu einem sachlich relevanten Markt gehören alle Pro-<br />
dukte, die in den Augen eines vernünftigen durchschnittlichen Abnehmers hinsicht-<br />
lich ihrer Eigenschaften, ihres vorgesehenen Verwendungszwecks und der Preisla-<br />
ge ohne Weiteres austauschbar sind, weil sie sich zur Befriedigung desselben Be-<br />
darfs eignen. 3 Bei der Frage der funktionellen Austauschbarkeit kommt es auf die<br />
Sicht der Marktgegenseite an, d.h. bei einem Angebotsmarkt auf die Sicht der Ab-<br />
nehmer. 4<br />
(16) Den Tamponherstellern stehen auf der Nachfrageseite verschiedene Abnehmer-<br />
gruppen gegenüber. Zum einen werden Tampons an Großhandelsunternehmen<br />
geliefert, die die Tampons entweder unter einer eigenen Großhandelsmarke oder<br />
als Handelsmarkenprodukt an den Einzelhandel weiterveräußern. Zum anderen<br />
verkaufen die Hersteller Tampons an Unternehmen des Einzelhandels bzw. deren<br />
Großhandelsstufe. Der Einzelhandel verkauft die Tampons an die Endverbraucher<br />
entweder unter einer Marke des Tamponherstellers, unter der Marke eines Groß-<br />
händlers oder unter einer eigenen Marke des Handels. Zudem beziehen einige der<br />
Tamponhersteller Tampons von anderen Herstellern.<br />
Es sind daher zu unterscheiden:<br />
- die Herstellerstufe, auf der das Angebot der Tamponhersteller der Nachfrage des<br />
Großhandels und der Großhandelsstufe des Einzelhandels sowie der Nachfrage<br />
anderer Tamponhersteller gegenübersteht, sowie<br />
3 BGH, WuW/E 3058/3062 – Pay-TV-Durchleitung; OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 945/946 - Rethmann;<br />
Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Auflage. § 19 Rn. 24.<br />
4 OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 1112/1113 - Melitta/Airflo<br />
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- 7 -<br />
- die reine Lieferstufe, auf der das Angebot des Großhandels der Nachfrage des<br />
Einzelhandels gegenübersteht und das Angebot des Einzelhandels der Nachfrage<br />
der Endverbraucher.<br />
(17) Im vorliegenden Fall relevant ist allein die Herstellerstufe, denn für die Zwecke der<br />
Fusionskontrolle gilt es, die Marktmacht der Zusammenschlussbeteiligten, die sich<br />
nur in Bezug auf ihre Herstelleraktivitäten zusammenschließen wollen, zu beleuch-<br />
ten. 5 Für die Marktabgrenzung ist daher auf die Sicht der Großhändler, der beliefer-<br />
ten Tamponhersteller und des Einzelhandels als Marktgegenseite und auf deren<br />
absatzstrategische Überlegungen abzustellen. Da sich deren Nachfrage wiederum<br />
von der Nachfrage des Endverbrauchers ableitet, ist dessen Sicht ebenfalls zu be-<br />
rücksichtigen. 6 Neben der Austauschbarkeit aus Sicht der Marktgegenseite sind bei<br />
der Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes außerdem die Möglichkeiten der<br />
Anbieter einzubeziehen, ihr Angebot auf andere Waren oder Leistungen umzustel-<br />
len. 7 Außerdem sind die Vertriebs- und Marktstrategien der Hersteller in die Prü-<br />
fung der Frage einzubeziehen, ob ein Markt nach Abnehmergruppen weiter zu un-<br />
terteilen ist. 8<br />
a) Abgrenzung von Slipeinlagen und Monatsbinden<br />
(18) Tampons lassen sich aus Sicht der Marktgegenseite nicht sachgerecht mit Mo-<br />
natsbinden und Slipeinlagen zu einem einheitlichen Markt für Damenhygienepro-<br />
dukte zusammenfassen. Die Ermittlungen haben insoweit die Auffassung der Zu-<br />
sammenschlussbeteiligten und die Feststellungen der Europäischen Kommission in<br />
der Entscheidung vom 21.06.94 im Zusammenschlussfall Procter &<br />
Gamble/Schickedanz (II) 9 bestätigt.<br />
(19) Aus Sicht des Handels bzw. des Endverbrauchers sind Slipeinlagen bereits des-<br />
halb nicht ohne Weiteres mit Tampons austauschbar, weil sie einem anderen Ver-<br />
wendungszweck dienen. Während Tampons als Hauptmenstruationsschutz einge-<br />
setzt werden, dienen Slipeinlagen dem Schutz der Wäsche vor Vaginalabsonde-<br />
rungen außerhalb der Menstruation. Dementsprechend verfügen Slipeinlagen auch<br />
über eine wesentlich geringere Saugleistung und eignen sich daher nicht als<br />
5 OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 1112/1113 - Melitta/Airflo<br />
6 Leo in: Hootz, GWB und Europäisches Kartellrecht, Gemeinschaftskommentar, 5. Aufl., § 19 Rz. 321<br />
7 BKartA, Beschl. v. 24.11.03, B 6-7/03 – Random House/Wilhelm Heyne Verlag, VI. 1, veröffentlicht unter:<br />
www.bkarta.de/B6-07-03.pdf<br />
8 OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 1112/1113 - Melitta/Airflo<br />
9 COMP/M.430, ABl. EG Nr. L 354 vom 21.12.94, S. 32<br />
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Hauptmenstruationsschutz. Während der Menstruation können sie nur in den blu-<br />
tungsschwachen Zeiträumen kurz vor oder gegen Ende der Regelblutung bzw. nur<br />
in Verbindung mit einem Tampon verwendet werden. Zudem sind Vaginalabsonde-<br />
rungen im Zyklus einer Frau zähflüssiger als die Monatsblutung. Sie können daher<br />
nicht durch einen Tampon aufgenommen werden. Des weiteren unterscheiden sich<br />
Tampons von Slipeinlagen durch ihre Anwendung: Tampons werden in den Körper<br />
eingeführt und nehmen dort die Flüssigkeit auf. Hingegen werden Slipeinlagen mit<br />
Klebestreifen in der Wäsche befestigt und nicht in den Körper eingeführt.<br />
(20) Tampons sind aus Nachfragersicht auch von Monatsbinden zu unterscheiden.<br />
Zwar erfüllen beide Produkte weitgehend den selben Verwendungszweck als<br />
Hauptmenstruationsschutz, unterscheiden sich aber in ihrer Verwendung, ihrem<br />
Produktaufbau und ihrer Funktionsweise so grundlegend, dass sie nicht als aus-<br />
tauschbar anzusehen sind. Tampons werden in den Körper eingeführt und nehmen<br />
dort den Menstruationsfluss auf. Demgegenüber werden Monatsbinden als extra-<br />
vaginaler Menstruationsschutz verwendet und mit Hilfe von Haftstreifen in der Wä-<br />
sche fixiert. Diese unterschiedliche Verwendung führt zu einem stark abweichen-<br />
den Produktaufbau: Monatsbinden bestehen aus einem flachen Saugkörper aus<br />
Zellstoff oder einem Superabsorber, der sich zwischen einem Vliesstoff an der O-<br />
berfläche und einer Wäscheschutzfolie aus Kunststoff an der Unterseite der Binde<br />
befindet. Auf der Wäscheschutzfolie ist ein Klebstreifen angebracht, damit die Bin-<br />
de in der Wäsche befestigt werden kann. Tampons bestehen hingegen aus einem<br />
gepressten Saugkörper aus Baumwolle oder Rayon, der von einem Vliesstoff um-<br />
hüllt wird, und besitzt einen Rückholfaden.<br />
(21) Tampons und Monatsbinden werden von Frauen aus unterschiedlichen Gründen<br />
verwendet. Die Verwenderinnen suchen sich das für sie jeweils geeignete Produkt<br />
nach ihren persönlichen Bedürfnissen und den für sie relevanten Produkteigen-<br />
schaften aus. Viele Frauen nutzen sowohl Tampons als auch Monatsbinden, wobei<br />
es ihnen auf die unterschiedlichen Vorteile ankommt. Tampons und Monatsbinden<br />
ergänzen sich daher aus Sicht der Verbraucherinnen und sind in ihrer bestimmten<br />
Verwendung nicht miteinander austauschbar. Bei der Auswahl spielen Faktoren<br />
wie Komfort, Sicherheit und Diskretion eine maßgebliche Rolle. Tampons bieten<br />
den diskretesten Menstruationsschutz und können in enger Kleidung getragen<br />
werden. Zudem erlauben sie mehr Bewegungsfreiheit als Binden, insbesondere bei<br />
sportlichen Aktivitäten. Monatsbinden, insbesondere die dicken Maxi-Binden, wer-<br />
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den demgegenüber als unkomfortabel und unangenehm empfunden. Zudem spie-<br />
len gesundheitliche Erwägungen bei der Auswahl des Menstruationsschutzes eine<br />
Rolle. Die Verwendung von Tampons birgt im Unterschied zu Monatsbinden das<br />
Risiko eines menstruellen toxischen Schocksyndroms (TSS), einer Infektions-<br />
krankheit durch ein von Staphylococcus aureus gebildetes Ektotoxin. Auch stehen<br />
Tampons im Verdacht, die natürliche Scheidenflora zu schädigen, wenn sie zuviel<br />
Vaginalflüssigkeit aufsaugen. Für Frauen mit Unterleibsbeschwerden sind Tam-<br />
pons nicht geeignet, weil sie in den Körper eingeführt werden müssen. Daneben<br />
beeinflussen religiöse und kulturelle Überzeugungen die grundsätzliche Auswahl<br />
des Menstruationsschutzes.<br />
(22) Des weiteren bestehen auch aus Herstellersicht grundlegende Unterschiede in der<br />
Herstellung. Für die Produktion von Tampons sind spezielle Maschinen erforder-<br />
lich, mit denen keine Monatsbinden hergestellt werden können. Eine Umstellung<br />
der Anlagen wäre wirtschaftlich nicht vertretbar.<br />
b) Abgrenzung von Digitaltampons und Applikatortampons<br />
(23) Im Bereich der Tampons ist weiter zu differenzieren zwischen Digitaltampons einer-<br />
seits und Applikatortampons andererseits.<br />
(24) Beide Produkte dienen dem intravaginalen Hauptmenstruationsschutz, sie unter-<br />
scheiden sich jedoch im Hinblick auf ihre Anwendung, die Eigenschaften und den<br />
Preis, so dass sie aus Sicht der Marktgegenseite nicht als gegeneinander aus-<br />
tauschbar betrachtet werden. Auch die Herstellungsverfahren weichen erheblich<br />
voneinander ab.<br />
(25) Für die Benutzerinnen liegt ein wesentlicher Unterschied in der Anwendung: Digital-<br />
tampons werden mit dem Finger eingeführt und positioniert, Applikatortampons hin-<br />
gegen mit einer Einführhilfe, die aus einem Papp- oder Kunststoffröhrchen besteht.<br />
Insbesondere außer Haus, wenn keine hinreichenden Waschgelegenheiten zur<br />
Verfügung stehen, können Applikatortampons mit der Einführhilfe hygienischer ein-<br />
geführt werden als Digitaltampons. Hingegen werden Digitaltampons von einigen<br />
Verwenderinnen deshalb bevorzugt, weil sie den Tampon mit dem Finger besser<br />
unter Kontrolle haben und ihn besser positionieren können.<br />
(26) Beide Produkte weisen zudem unterschiedliche Eigenschaften auf. Weil Digitaltam-<br />
pons mit dem Finger eingeführt werden, benötigen sie eine hohe Eigenstabilität und<br />
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sind deshalb härter gepresst als Applikatortampons. Diese brauchen hingegen nicht<br />
so fest gepresst zu sein, was sich positiv auf den Tragekomfort auswirkt. Zudem<br />
sind Digitaltampons 1,5 bis 3 mal kleiner als Applikatortampons mit einer Länge von<br />
15 cm und daher diskreter und verursachen weniger Abfall. Applikatortampons<br />
dehnen sich axial, Digitaltampons hingegen radial aus, was zu einer höheren Le-<br />
ckagehäufigkeit bei Applikatortampons führt.<br />
(27) Des weiteren sind erhebliche Preisunterschiede festzustellen. Der gewichtete<br />
durchschnittliche Herstellerabgabepreis für Applikatortampons liegt in Deutschland,<br />
wo über 80% des Umsatzes mit derartigen Tampons auf das hochpreisige Marken-<br />
produkt „o.b.“ entfallen und günstigere Herstellerzweitmarken sowie Handelsmar-<br />
ken nur eine untergeordnete Rolle spielen, rund 43% und im EWR rund 33% über<br />
dem für Digitaltampons. Der gewichtete durchschnittliche Verkaufspreis des Han-<br />
dels bei Applikatortampons liegt um 43,4% über dem der Digitaltampons, was dafür<br />
spricht, dass aus Sicht der Verbraucherinnen Applikatortampons nicht mit Digital-<br />
tampons austauschbar sind.<br />
(28) Applikatortampons finden in Deutschland auch deutlich weniger Akzeptanz bei den<br />
Frauen als Digitaltampons. Daher unterscheiden sich die jeweiligen Marktvolumina<br />
signifikant voneinander. Der Gesamtumsatz mit Applikatortampons betrug 2002 nur<br />
3,7% des Gesamtumsatzes mit Tampons, der Anteil am Gesamtabsatz betrug<br />
2,1%:<br />
Deutschland 2002 Digitaltampons Applikatortampons<br />
Gesamtumsatz in Mio. € 121,59 4,65<br />
Gesamtabsatz in Mio. Stück 2073,08 43,1<br />
(29) Das Wechselverhalten der Kundinnen zwischen beiden Tamponarten ist nach dem<br />
Ergebnis der Befragung der Hersteller und des Handels gering. Vielmehr bleibt eine<br />
Frau bei der Tamponart, die sie zuerst verwendet hat, und experimentiert nur selten<br />
mit der anderen Art. Das Verhältnis der Tamponarten zueinander ist auch im Zeit-<br />
verlauf stabil. Der geringe Anteil des Applikatortampon-Absatzes am Tampon-<br />
Gesamtabsatz der Hersteller veränderte sich in den Jahren 2000 bis 2002 nur un-<br />
wesentlich, von 2000 zu 2001 blieb der Anteil gleich und sank zu 2002 geringfügig:<br />
Absatzanteil Applikatortampons am Tampon-Gesamtabsatz<br />
2000 2001 2002<br />
2,2% 2,2% 2,1%<br />
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Die weit überwiegende Zahl der befragten Handelsunternehmen sieht dementspre-<br />
chend Digitaltampons und Applikatortampons nicht als austauschbar an.<br />
(30) Von dem Hersteller für Tamponmaschinen Ruggli <strong>Ltd</strong>, Mellikon/Schweiz, und den<br />
befragten Tamponherstellern wurde bestätigt, dass zur Herstellung von Digital- und<br />
von Applikatortampons unterschiedliche Maschinen erforderlich sind, weil jeweils<br />
andere Verfahren verwendet werden müssen. Während zur Herstellung eines Digi-<br />
taltampons das mit einem Vlies versiegelte Watteband zunächst gerollt und dann<br />
zusammen mit dem Rückholfaden verpresst wird, wird das Watteband zur Herstel-<br />
lung von Applikatortampons nur gepresst und das Rückholband aufgenäht. Zudem<br />
müssen diese Tampons in einen Applikator geschoben werden, bevor sie verpackt<br />
werden. Eine Umrüstung der Maschinen zur Herstellung des jeweils anderen Tam-<br />
pontyps würde einen grundsätzlichen Umbau erfordern und wäre unter kaufmänni-<br />
schen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht sinnvoll.<br />
c) Abgrenzung zwischen Premium-Markenprodukten und Standardprodukten<br />
(31) Die Ermittlungen der Beschlussabteilung haben ergeben, dass nicht von einem Ge-<br />
samtmarkt für Digitaltampons ausgegangen werden kann, sondern weiter zu diffe-<br />
renzieren ist. Im Gegensatz zu den in dem Zusammenschlussverfahren „Hen-<br />
kel/Luhns“ 10 im Jahre 1999 untersuchten Märkten für Wasch- und Reinigungsmittel<br />
konnte auf dem Markt für Digitaltampons kein Preis- und Qualitätskontinuum fest-<br />
gestellt werden. Auf der relevanten Herstellerstufe muss vielmehr unterschieden<br />
werden zwischen der Produktion und dem Vertrieb von Premium-<br />
Markendigitaltampons einerseits und von Standard-Digitaltampons andererseits.<br />
Aus Sicht der nachfragenden Unternehmen sind die Premiumprodukte nicht mit den<br />
Standardprodukten austauschbar.<br />
(32) Premiumprodukte zeichnen sich vor allem durch ihre überragende Markengeltung,<br />
eine große Kundentreue und sehr gute Qualität aus und rangieren preislich am obe-<br />
ren Ende der Preisspanne. In Deutschland kann auf der relevanten Herstellerstufe<br />
nur die Tamponmarke „o.b.“ von Johnson & Johnson als Premiummarke bezeichnet<br />
werden. Im EWR ist außerdem die Digitaltampon-Marke „Tampax Digital“ von Proc-<br />
ter & Gamble als Premiummarke positioniert, die in verschiedenen Ländern über<br />
eine führende Stellung in verfügt. Tampons unter dieser Marke werden in Deutsch-<br />
10<strong>Bundeskartellamt</strong>, Beschluss vom 20.09.99, B 3-20/99, veröffentlicht unter: www.bkarta.de/B3-20-99.pdf<br />
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land nicht verkauft. Im Unterschied dazu umfasst die Gruppe der Standardprodukte<br />
sowohl die Handelsmarken-Digitaltampons als auch die sogenannten B- und C-<br />
Marken. Hierunter sind solche Produkte zu fassen, die unter einer Marke des Her-<br />
stellers vertrieben werden, kaum oder gar nicht beworben werden, und auf einem<br />
niedrigen Preisniveau positioniert sind (Mittelpreisniveau oder Niedrigpreisniveau),<br />
das einen deutlichen Abstand zu den Premiumprodukten aufweist. Zu den B- und<br />
C-Marken in Deutschland zählen die Herstellermarken „Camelia“, „Cosmea“, „Helen<br />
Harper“, „Scandia“, „Senta“, „Sophie“, „Sylvi“, „Tampona“ und „up to date“.<br />
Qualität<br />
(33) „o.b.“-Tampons als Premium-Markendigitaltampons unterscheiden sich von den<br />
Standard-Digitaltampons durch ihre sehr hohe Qualität. Die Stiftung Warentest hat<br />
in Heft 3/2003 das Ergebnis eines Tests von 22 verschiedenen Tampons veröffent-<br />
licht. Im Test wurden der Auslaufschutz, der Tragekomfort und die Handhabung der<br />
Tampons sowie die Anwendungshinweise untersucht. Als einzige erhielten die<br />
Tampons der Marke „o.b.“ die Testnote „sehr gut“ (1,4). Alle anderen Tampons<br />
wurden mit der Note „gut“ bewertet (1,6 bis 2,1).<br />
Markengeltung und Kundentreue<br />
(34) Anders als die Standard-Digitaltampons verfügt „o.b.“ auch über eine herausragen-<br />
de Markengeltung und eine große Kundentreue. Der Handel entscheidet über den<br />
Bezug eines Markenproduktes anhand der Markengeltung, der Kundenbindung und<br />
der Werbeaktivitäten des Herstellers sowie aufgrund des Produktpreises. Die<br />
Werbemaßnahmen der Hersteller führen dazu, dass das Produkt „vorverkauft“ wird.<br />
Bei den Premiumprodukten ist die Geltung der Produktmarke so stark, dass weite<br />
Verbraucherkreise gezielt nach diesem Produkt suchen. Der Einzelhandel muss<br />
dieses Produkt listen, um seiner Funktion als Komplett- und Sortimentsanbieter ge-<br />
genüber dem Verbraucher gerecht zu werden und sich gegenüber den Discountern<br />
abzusetzen. Dabei kann der Handel eine Auswahl nur zwischen solchen Produkten<br />
vornehmen, die von den Herstellern in dem Land beworben werden, in dem sich die<br />
Verkaufsstellen des Handelsunternehmens befinden.<br />
(35) Ein derart herausragender Bekanntheitsgrad kommt in Deutschland nur der Tam-<br />
ponmarke „o.b.“ (=ohne Binde) zu. Nur „o.b.“ wird als Tamponmarke in Deutschland<br />
umfassend über das Fernsehen, die Printmedien, das Internet und die Verkaufsstel-<br />
len beworben. Die Bekanntheit dieser Marke in Deutschland rührt zudem auch da-<br />
- 13 -
- 13 -<br />
her, dass es die erste Marke war, unter der Digitaltampons vor über 50 Jahren in<br />
Deutschland eingeführt wurden. Die Verwenderinnen haben über die Jahre ein be-<br />
sonderes Vertrauensverhältnis zu den Tampons dieser Marke entwickelt. „o.b.“-<br />
Tampons weisen eine hohe Qualität auf, was für die Verbraucherinnen sehr wichtig<br />
ist, weil Tampons Produkte darstellen, die in den Körper eingeführt werden, und die<br />
Sicherheit und Verlässlichkeit beim Schutz vor Leckagen während der Monatsblu-<br />
tung gewährleisten müssen. Das Versagen des Menstruationsschutzes hat für die<br />
Verwenderin körperlich unangenehme und gesellschaftlich peinliche Folgen. Aus<br />
diesem Grunde probieren die Verwenderinnen nur zurückhaltend andere Erzeug-<br />
nisse aus. Die besondere Markengeltung spiegelt sich auch in den Absatzzahlen<br />
wieder: weit über 50% der im Jahr 2002 in Deutschland verkauften Tampons wur-<br />
den unter der Marke „o.b.“ abgesetzt.<br />
(36) Weder die B- und C- Marken, wie die Tamponmarken von <strong>Ontex</strong>, noch die Han-<br />
delsmarkenprodukte verfügen über einen derartigen Bekanntheitsgrad, der die Ein-<br />
kaufsentscheidungen des Handels oder der Verbraucherinnen im Hinblick auf diese<br />
Produkte beeinflussen könnte. Für B- und C-Marken sind die Werbeaufwendungen<br />
sehr gering, Handelsmarken-Digitaltampons werden von den Herstellern nicht be-<br />
worben. Auch die von Hakle-Kimberly unter der Marke „Camelia“ hergestellten und<br />
vertriebenen Digitaltampons verfügen nicht über eine mit „o.b.“ vergleichbare Mar-<br />
kengeltung. „Camelia“ wird als Tamponmarke in Deutschland nicht gesondert be-<br />
worben, sondern partizipiert vielmehr von der Geltung als Premiummarke für Mo-<br />
natsbinden. Im Bereich der Tampons hat die Marke jedoch keine derart starke Be-<br />
deutung. Dies zeigt sich auch daran, dass ihre Absatzmenge nur sehr gering ist<br />
(unter 5% derjenigen von „o.b.“), sie nur von sechs der befragten Handelsunter-<br />
nehmen geführt wird und von dm mittlerweile ausgelistet wurde. Die befragten<br />
Handelsunternehmen bewerteten „Camelia“ neben „o.b.“ als unbedeutend.<br />
Preis<br />
(37) Die Ermittlungen haben zudem einen deutlichen Preisabstand zwischen den Pre-<br />
mium-Markendigitaltampons und den Standard-Digitaltampons ergeben. Für „o.b.“-<br />
Tampons ist in Deutschland sowohl auf der Herstellerstufe als auch auf der Han-<br />
delsstufe der höchste Stückpreis für Digitaltampons zu entrichten. Auf der relevan-<br />
ten Herstellerstufe liegt der gewichtete durchschnittliche Verkaufspreis für Premi-<br />
um-Markendigitaltampons 51,8% über dem für die B-/C-Marken und 58,6% über<br />
dem der Handelsmarken-Digitaltampons. Der Preisunterschied zwischen B-/C-<br />
- 14 -
- 14 -<br />
Marken-Digitaltampons und Handelsmarken-Digitaltampons beläuft sich hingegen<br />
auf lediglich rund 14%. Da die B- und C-Marken nur 3% des Hersteller-<br />
Gesamtumsatzes mit Tampons ausmachen, liegt die Preisdifferenz zwischen der<br />
Premiummarke und den Standardmarken auf der Herstellerstufe bei 57,9%. Im Jahr<br />
2001 betrug die Differenz 59,4% und im Jahr 2000 54,7%. Der Abstand der B-/C-<br />
Marken zum Premiumprodukt hat sich in den Jahren 2000 bis 2002 stetig vergrö-<br />
ßert, von 39,4% auf 51,8%. Im gleichen Zeitraum fielen die Preise für B- und C-<br />
Markenprodukte um insgesamt 22%. Es ist zu erwarten, dass der Abstand zwi-<br />
schen den Premiummarken und den B- und C-Marken sich weiter vergrößert und<br />
der zu den Handelsmarken geringer wird, weil die Markenartikelhersteller sich ver-<br />
stärkt auf ihre Kernmarken konzentrieren und nationalen Marken nur noch insoweit<br />
Raum belassen, als diese eine Spitzenposition besetzen. Nationale Zweitmarken<br />
werden hingegen ausgetrocknet und abgestoßen. 11<br />
(38) Bei den befragten Handelsunternehmen beträgt der Unterschied zwischen dem<br />
gewichteten Durchschnittseinkaufspreis für die Premiummarke „o.b.“ und den Stan-<br />
dardprodukten 63,8%. Der Einkaufs-Umsatz von B- und C-Marken-Digitaltampons<br />
liegt auch hier nur bei 2,9% des wertmäßigen Gesamteinkaufsvolumens mit Tam-<br />
pons.<br />
(39) Auch im EWR wurden derart große Preisdifferenzen festgestellt. Zwischen dem<br />
gewichteten Durchschnittspreis der Premiumprodukte „o.b.“ und „Tampax Digital“<br />
einerseits und dem der B-/C-Marken bzw. dem der Handelsmarken andererseits<br />
besteht eine Differenz von rund 74% bzw. von rund 66%, während der Abstand<br />
zwischen B-/C-Marken und Handelsmarken bei nur 25% liegt.<br />
Strategie des Handels<br />
(40) Der Handel hat seine Strategie auf die Besonderheiten der Premiummarke „o.b.“<br />
ausgerichtet. Für die befragten Handelsunternehmen stellt „o.b.“ die führende Pre-<br />
miummarke bei Tampons in Deutschland dar, die aus werblichen Gründen im Sor-<br />
timent vorhanden sein muss, und die nicht mit anderen Tamponmarken oder Han-<br />
delsmarkentampons ausgetauscht werden kann. Es bestehen daher stabile Liefer-<br />
beziehungen, bei denen Verhandlungen allenfalls hinsichtlich der Konditionen erfol-<br />
gen, weil ein Anbieterwechsel für den Handel nicht in Betracht kommt. Bis auf den<br />
11 Lebensmittelzeitung vom 23.12.03, S. 19<br />
- 15 -
- 15 -<br />
Discounter Aldi führen sämtliche befragten Handelsunternehmen die Marke „o.b.“,<br />
darunter sogar die Discount-Märkte Netto und Plus.<br />
(41) Hingegen werden die B- und C-Marken und die Handelsmarken vom Handel grund-<br />
sätzlich als miteinander austauschbare Produkte angesehen. Im Gegensatz zur<br />
Premiummarke „o.b.“ sind die Lieferbeziehungen des Handels zu den Herstellern<br />
von Standardprodukten nicht stabil. Vielmehr erfolgen in regelmäßigen Abständen,<br />
zumeist jährlich, Ausschreibungen bzw. Vertragsverhandlungen, so dass der Han-<br />
del eine umfängliche Qualitäts- und Preisauswahl vornehmen kann. Stellt sich da-<br />
bei heraus, dass ein anderer Anbieter bessere Konditionen bietet, wird der Handel<br />
zu diesem wechseln. Dies gilt insbesondere für den Einkauf von Handelsmarken-<br />
Digitaltampons, bei denen es keine Verbraucherbindung an den jeweiligen Herstel-<br />
ler gibt, zumal dieser für die Verwenderin zumeist auch gar nicht erkennbar ist.<br />
Aber auch bei den B- und C-Marken, die weitgehend unbekannt sind und nur rund<br />
4,2% der von den befragten Handelsunternehmen an den Endverbraucher abge-<br />
setzten Tamponmenge ausmachen, sind Preis und Qualität die entscheidenden Kri-<br />
terien für die Listung.<br />
(42) Die Austauschbarkeit aus Sicht des Handels wird dadurch bestätigt, dass die Dro-<br />
geriekette kd ihre Handelsmarkentampons aus dem Sortiment nahm und als Ersatz<br />
die <strong>Ontex</strong>-Marke „Helen Harper“ sowie der Marke „up to date“ einlistete. Der Droge-<br />
riefilialist Müller hat wegen der Einführung einer eigenen Handelsmarke hingegen<br />
die Herstellermarke „Cosmea“ ausgelistet und den Bezug der übrigen B- und C-<br />
Herstellermarkentampons deutlich reduziert.<br />
(43) Eine wesentliche kaufmännische Bedeutung des Premiumprodukts besteht für den<br />
Handel auch darin, dass er die eigene Handelsmarke oder generell preisgünstigere,<br />
weniger bekannte Markenprodukte preislich im Vergleich und im Abstand zur Pre-<br />
miummarke platzieren kann. Das Hauptverkaufsargument für die „no name“-<br />
Produkte, nämlich der günstige Preis bei guter Qualität, erschließt sich für die Verb-<br />
raucherin erst im direkten Vergleich zum Premiumprodukt.<br />
(44) Für sog. B- und C-Marken und für die Handelsmarken-Digitaltampons werden von<br />
den Herstellern geringe oder gar keine Werbeausgaben getätigt. Das Marketing ob-<br />
liegt dem Handel. Ein Handelsunternehmen mit einem eigenen Bekanntheitsgrad<br />
und Image kann über den Verkauf einer eigenen Handelsmarke bzw. einer ggfls.<br />
auch exklusiv gelieferten B- oder C-Marke eine Identifikation des Produktes mit<br />
- 16 -
- 16 -<br />
dem Image des Handelsunternehmens aufbauen. Strategisch ist es dabei nicht von<br />
Bedeutung, ob das neben der Premiummarke „o.b.“ gelistete Standardprodukt die<br />
unbekannte Marke eines Tamponherstellers, Zwischenhändlers oder des Handels-<br />
unternehmens selbst trägt.<br />
(45) Angesichts der wesentlich niedrigeren Einkaufspreise haben die Handelsunterneh-<br />
men bei der Gestaltung der Verkaufspreise für die Standardprodukte zudem einen<br />
größeren Spielraum. In vielen Fällen führt dies trotz der Platzierung als niedrigprei-<br />
siges Produkt zu größeren Handelsspannen als bei der Premiummarke „o.b.“.<br />
Strategie der Hersteller<br />
(46) Die Tamponhersteller verfolgen, je nach Produktion von Premium- oder Standard-<br />
produkten, unterschiedliche Strategien, um erfolgreich ihre Digitaltampons zu ver-<br />
kaufen. Johnson & Johnson als Hersteller der Premiummarke „o.b.“ muss die<br />
Marktgeltung der Marke zum einen durch Werbemaßnahmen, zum anderen durch<br />
Einführung von Neuheiten und Produktverbesserungen pflegen. Johnson & John-<br />
son hat daher sehr hohe Werbeaufwendungen im Vergleich zu den anderen Tam-<br />
ponherstellern und verfügt über die führende Stellung bei Forschung und Entwick-<br />
lung im Bereich der Digitaltampons. Das Unternehmen führt kontinuierliche Pro-<br />
duktverbesserungen durch und hat in den vergangenen Jahren verschiedene Neu-<br />
heiten auf den Markt gebracht: seit 2002 werden Tampons mit geschwungenen Ril-<br />
len an Stelle der sonst üblichen Längsrillen angeboten und seit 2003 verfügen<br />
„o.b.“-Tampons über eine besondere PE-Oberfläche, die das Herausziehen des<br />
Tampons nach Gebrauch erleichtert. Die Investitionen in die Marke sowie die damit<br />
aufgebaute Markengeltung und Kundenbindung findet ihren Niederschlag in einem<br />
gehobenen Verkaufspreis.<br />
(47) Demgegenüber sind die Standardmarkenhersteller vorwiegend darauf ausgerichtet,<br />
Innovationsschritte des führenden Unternehmens nachzuahmen und durch Ratio-<br />
nalisierungen im Produktionsprozess und in der Vertriebsstruktur preisgünstigere<br />
Digitaltampons anbieten zu können.<br />
(48) Die verschiedenen Tamponhersteller in Deutschland und in Europa sind in der Re-<br />
gel nur im Bereich der Premiumprodukte oder im Bereich der Standardprodukte tä-<br />
tig. Bei europaweiter Betrachtung gibt es wenige Ausnahmen, die sich durch natio-<br />
nale Besonderheiten erklären. So ist Johnson & Johnson in Frankreich, wo die Mar-<br />
- 17 -
- 17 -<br />
Marke „Tampax“ von Procter & Gamble über eine sehr starke Bedeutung verfügt,<br />
nicht mit der Premiummarke „o.b.“, sondern mit einer Zweitmarke vertreten. Procter<br />
& Gamble hingegen vertreibt nur in Skandinavien neben „Tampax Digital“ in weit-<br />
aus geringerer Menge Tampons unter einer Zweitmarke.<br />
d) Keine weitere Unterscheidung nach Größe und Saugfähigkeit<br />
(49) Aus dem Umstand, dass Tampons in verschiedenen Größen bzw. mit unterschied-<br />
licher Saugfähigkeit verkauft werden, kann nicht geschlossen werden, dass für jede<br />
Größe ein eigenständiger sachlich relevanter Markt bestehen würde. Es handelt<br />
sich vielmehr um einen Sortimentsmarkt, der aufgrund der Produktionsflexibilität der<br />
Anbieter und der übereinstimmenden Wettbewerbsverhältnisse bei den unter-<br />
schiedlichen Größen und Saugleistungen nicht weiter zu unterteilen ist.<br />
Ergebnis<br />
(50) <strong>Ontex</strong> produziert Handelsmarken-Digitaltampons und zu einem geringeren Anteil<br />
Herstellermarken-Digitaltampons der sogenannten B- und C-Kategorie. <strong>Rostam</strong> be-<br />
liefert Handelsunternehmen ausschließlich mit Digitaltampons, die als Handelsmar-<br />
kenware bzw. als B- oder C-Marken des Großhandels weiterverkauft werden. Sach-<br />
lich relevanter Markt ist daher der Markt für die Herstellung und den Vertrieb von<br />
Standard-Digitaltampons.<br />
2. Räumliche Marktabgrenzung<br />
(51) Auch für die räumliche Marktabgrenzung ist das Bedarfsmarktkonzept anzuwenden<br />
und auf die Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite abzustellen. 12 Hier kommt<br />
es darauf an, welche Hersteller von Standard-Digitaltampons aus Sicht des Groß-<br />
handels, der Einzelhandelsunternehmen und der belieferten Hersteller zur Deckung<br />
ihres Bedarfs nach Standard-Digitaltampons in Betracht kommen. Dabei sind die<br />
realen Austauschverhältnisse zu berücksichtigen.<br />
(52) Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass der ökonomisch relevante Markt mindestens den<br />
EWR umfasst. Innerhalb dieses Gebietes bestehen keine besonderen Handels-<br />
hemmnisse, und die befragten Handelsunternehmen zählen sowohl deutsche Her-<br />
steller wie auch Hersteller aus dem europäischen Ausland zu ihren Lieferanten.<br />
12 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30. 4. 2003, WuW/E DE-R 1112/1115 – Melitta/Airflo<br />
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- 18 -<br />
Standard-Digitaltampons werden aus Werken in Österreich, Slowenien, Schweden,<br />
Israel und der Tschechischen Republik nach Deutschland eingeführt. In Deutsch-<br />
land produzierte Standard-Digitaltampons werden in verschiedene europäische<br />
Länder wie Österreich, Frankreich, Skandinavien, Belgien, die Niederlande und das<br />
Vereinigte Königreich exportiert. Keiner der Hersteller beschränkt seinen Absatz auf<br />
den Heimatmarkt. Andererseits haben die Ermittlungen erhebliche Preisunterschie-<br />
de beim Absatz in den einzelnen Ländern ergeben, was für das Bestehen nationa-<br />
ler Märkte spricht. So sind Standard-Digitaltampons in Frankreich durchschnittlich<br />
22% billiger als in Deutschland, in den übrigen Ländern aber teurer:<br />
Unterschied zum Durchschnittspreis für Standard-Digitaltampons in D<br />
Land FR BENELUX A ES UK SKAND CH<br />
Abweichung -22% 12% 17% 34% 41% 54% 124%<br />
(53) Letztlich kann die genaue Abgrenzung des ökonomisch relevanten Marktes dahin-<br />
stehen, weil bei keiner Betrachtungsweise das Entstehen oder die Verstärkung ei-<br />
ner marktbeherrschenden Stellung durch den Zusammenschluss zu erwarten ist.<br />
(54) Abgesehen von den mit dem Zusammenschluss beendeten Lieferungen von<br />
<strong>Rostam</strong> aus Israel konnten bedeutende Einfuhrmengen aus außereuropäischen<br />
Ländern nicht festgestellt werden. Die Ermittlung ergaben, dass keines der befrag-<br />
ten 12 führenden deutschen Handelsunternehmen und keiner der fünf größten Dro-<br />
geriefilialisten Tampons von einem Hersteller außerhalb Europas bezieht. Außereu-<br />
ropäische Hersteller wurden zudem vom Handel nicht als alternative Tamponliefe-<br />
ranten benannt. Da keines dieser Unternehmen, die sehr genau über mögliche Be-<br />
zugsquellen informiert sind, Tampons von Herstellern außerhalb Europas bezieht,<br />
ist davon auszugehen, dass auch die kleineren Handelsunternehmen keine derarti-<br />
gen Importe durchführen, denn sie sind regelmäßig weniger gut informiert und ver-<br />
fügen auch nicht über einen vergleichbar guten Zugang zu den Beschaffungsmärk-<br />
ten wie die Großunternehmen des Handels. Auch die nach ihren Wettbewerbern<br />
befragten Tamponhersteller gaben keine Unternehmen an, die Tampons nach Eu-<br />
ropa importieren.<br />
(55) Normativ ist das <strong>Bundeskartellamt</strong> auf die Prüfung der wettbewerblichen Auswir-<br />
kungen des Zusammenschlusses im Geltungsbereich des GWB beschränkt. 13 Das<br />
über das Inland hinausgehende Wettbewerbsgeschehen ist nicht schon bei der<br />
räumlichen Marktabgrenzung, sondern erst bei der zur Beurteilung der Marktstel-<br />
13 BGH, Beschl. v. 24. 10. 1995 WuW/E BGH 3026/3030 - Backofenmarkt<br />
- 19 -
- 19 -<br />
lung notwendigen Gesamtbetrachtung nach §§ 19 Abs. 2 Nr. 2, 36 Abs. 1 GWB zu<br />
berücksichtigen. Als räumlich relevanter Markt ist damit der Geltungsbereich des<br />
Gesetzes, mithin Deutschland, zugrunde zu legen.<br />
3. Marktbeherrschende Stellung (§ 36 Abs. 1 GWB)<br />
(56) Es ist nach den Ermittlungen nicht zu erwarten, dass durch den geplanten Zusam-<br />
menschluss eine marktbeherrschende Stellung der beteiligten Unternehmen auf<br />
dem Markt für Standard-Digitaltampons in Deutschland entstehen oder eine solche<br />
erstärkt werden wird (§ 36 Abs. 1 GWB).<br />
(57) Zur Ermittlung der tatsächlich bestehenden Wettbewerbsbeziehungen sowie der<br />
Marktstellung der Beteiligten hat die Beschlussabteilung auf der Anbieterseite alle<br />
ihr bekannten sowie alle von den Unternehmen benannten in- und ausländischen<br />
Tamponhersteller befragt. Dabei handelte es sich um folgende Unternehmen:<br />
- Johnson & Johnson GmbH, Düsseldorf,<br />
- Procter & Gamble GmbH, Schwalbach am Taunus,<br />
- Hakle-Kimberly Deutschland GmbH, Mainz,<br />
- Hysalma Hygiene Sales + Marketing GmbH, Mülheim a.d. Ruhr,<br />
- Lohmann & Rauscher International GmbH & Co. KG, Rengsdorf,<br />
- Tosama d.d. Vir, Domžale, Slowenien,<br />
- Torunskie Zaklady Materialow Opatrunkowych Spólka Akcyjna, Polen,<br />
- Accantia Health & Beauty Limited, Vereinigtes Königreich,<br />
- SCA Hygiene Products, München,<br />
- Hyga GmbH & Co. KG, Mülheim a.d. Ruhr,<br />
- W. Pelz GmbH & Co. KG, Wahlstedt,<br />
- Intigena Vertriebs- und Marketing AG, Schweiz,<br />
- Chilwood Limited, Vereinigtes Königreich,<br />
- Celltex s.r.o., Slowakei.<br />
Auf diese Befragung haben alle Unternehmen geantwortet. Das britische Unter-<br />
nehmen Accantia, das nicht der Auskunftspflicht des § 59 Abs. 2 GWB unterliegt,<br />
hat jedoch nur eine Größenordnung der ausschließlich im Vereinigten Königreich<br />
erzielten Umsätze mit Digitaltampons mitgeteilt. Für den polnischen Tamponher-<br />
steller Torunskie Zaklady Materialow Opatrunkowych Spólka Akcyjna hat dessen<br />
deutsche Tochtergesellschaft TZMO GmbH, Biesdorf, die Umsätze des Unterneh-<br />
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- 20 -<br />
mens mit Tampons in Deutschland mitgeteilt. Die Befragung ergab, dass sechs<br />
der Unternehmen (SCA Hygiene Products, Hyga GmbH & Co. KG, W. Pelz GmbH<br />
& Co. KG, Intigena Vertriebs- und Marketing AG, Chilwood Limited, Celltex s.r.o.)<br />
derzeit nicht als Hersteller von Tampons tätig sind, sondern – bis auf die SCA Hy-<br />
giene Products - Tampons als Handelsunternehmen vertreiben.<br />
(58) Auf der Marktgegenseite wurden die zehn größten inländischen Unternehmen des<br />
Einzelhandels sowie die fünf größten deutschen Drogeriefilialisten befragt:<br />
- Metro-Gruppe, Düsseldorf,<br />
- Rewe-Gruppe, Köln,<br />
- Edeka-Gruppe, Hamburg,<br />
- Aldi-Gruppe, Essen und Mülheim a.d. Ruhr,<br />
- Lidl & Schwarz-Gruppe, Neckarsulm,<br />
- Tengelmann-Gruppe, Mülheim a.d. Ruhr,<br />
- KarstadtQuelle AG, Essen,<br />
- Spar-Gruppe, Schenefeld,<br />
- Koordination Globus-Betriebe, St. Wendel,<br />
- Dohle Handelsgruppe, Siegburg,<br />
- Anton Schlecker, Ehingen<br />
- dm-drogerie markt GmbH + Co. KG, Karlsruhe,<br />
- Müller GmbH & Co. KG, Ulm,<br />
- Ihr Platz GmbH & Co. KG, Osnabrück,<br />
- Dirk Rossmann GmbH, Burgwedel.<br />
(59) Die befragten Einzelhandelsunternehmen und Drogeriefilialisten decken gemein-<br />
sam 89,7 % der Gesamtumsätze des inländischen Lebensmittelhandels und 89,2%<br />
der Marktanteile nach Nonfood-Umsätzen 2001 ab (Quelle: M+M Eurodata 2001).<br />
Zudem entfallen auf diese Unternehmen rund 80% des Tamponabsatzes in<br />
Deutschland.<br />
a) Bestehen einer Einzelmarktbeherrschung<br />
(60) <strong>Ontex</strong> besaß vor dem geplanten Zusammenschluss keine alleinige marktbeherr-<br />
schende Stellung auf dem Markt für Standard-Digitaltampons in Deutschland oder<br />
im EWR.<br />
- 21 -
Marktanteile<br />
- 21 -<br />
(61) Die Beschlussabteilung hat das Marktvolumen und die Marktanteile auf Grundlage<br />
der von den befragten Tamponherstellern angegebenen Umsatz- und Absatzzahlen<br />
berechnet. Dabei wurden sämtliche Lieferungen von Standard-Digitaltampons der<br />
Hersteller an den Großhandel und an die Einzelhandelsunternehmen sowie die Zu-<br />
lieferungen an andere Tamponhersteller berücksichtigt. Entgegen der von den Be-<br />
teiligten in der Anmeldung vertretenen Ansicht sind Umsätze und Absatzmengen,<br />
die aus Lieferungen von Tamponherstellern an Großhandelsunternehmen resultie-<br />
ren, nicht aus den Umsätzen und Absatzmengen der Hersteller herauszurechnen<br />
und den Handelsunternehmen zuzurechnen. Vielmehr sind das Marktvolumen und<br />
die Marktanteile auf der relevanten Marktstufe zu bestimmen. Dies ist bei dem vor-<br />
liegenden Zusammenschlussvorhaben zweier Tamponhersteller die Herstellerebe-<br />
ne, auf der nur Tamponhersteller, aber keine Handelsunternehmen tätig sind. So-<br />
weit Tamponhersteller Standard-Digitaltampons von anderen Produzenten zugelie-<br />
fert erhalten, werden die entsprechenden Umsätze und Absatzmengen daher nur<br />
dem Produzenten zugerechnet, nicht aber dem erwerbenden Hersteller.<br />
(62) Für die Jahre 2000 bis 2002 wurden auf dem Markt für Standard-Digitaltampons in<br />
Deutschland die folgenden Marktvolumina und Marktanteile ermittelt. Zur Wahrung<br />
der Geschäftsgeheimnisse der befragten Wettbewerber werden die Marktanteile le-<br />
diglich in Bandbreiten bzw. durch Annäherungswerte angegeben.<br />
Umsatzanteile Standard-Digitaltampons Deutschland<br />
2000 2001 2002<br />
Marktvolumen in Mio. € 19,889 24,4845 27,6972<br />
<strong>Ontex</strong> 30-40% 40-50% 40-50%<br />
<strong>Rostam</strong> 20-30% 20-30% 20-30%<br />
Hysalma 0-10% 10-20% 10-20%<br />
Tosama 0-10% 0-10% 0-10%<br />
Hakle-Kimberly 10-20% 0-10% 0-10%<br />
Rauscher 0-10% 0-10% 0-10%<br />
TZMO 0% 0% 0-10%<br />
Gesamt 100% 100% 100%<br />
- 22 -
- 22 -<br />
Mengenmäßige Marktanteile Standard-Digitaltampons Deutschland<br />
2000 2001 2002<br />
Marktvolumen in Mio. Stück 579,335 716,93 845,794<br />
<strong>Ontex</strong> 30-40% 40-50% 40-50%<br />
<strong>Rostam</strong> 30-40% 20-30% 20-30%<br />
Hysalma 0-10% 10-20% 10-20%<br />
Tosama 0-10% 0-10% 0-10%<br />
Hakle-Kimberly 10-20% 0-10% 0-10%<br />
Rauscher 0-10% 0-10% 0-10%<br />
TZMO 0% 0% 0-10%<br />
Gesamt 100% 100% 100%<br />
(63) <strong>Ontex</strong> stand vor dem Zusammenschluss mehreren Wettbewerbern gegenüber, die<br />
den Verhaltensspielraum hinreichend begrenzten. Zwar erreichte <strong>Ontex</strong> auf dem<br />
deutschen Markt 2002 einen wertmäßigen Marktanteil von 40-50%, so dass die<br />
Vermutung des § 19 Abs. 3 S. 1 GWB erfüllt ist. Die Marktführerschaft von <strong>Ontex</strong><br />
wird jedoch dadurch relativiert, dass mit <strong>Rostam</strong> ein dicht folgender Hauptwettbe-<br />
werber vorhanden ist und mit Hysalma (Marktanteile zwischen 10% und 20%) so-<br />
wie Tosama, Hakle-Kimberly (jeweils Marktanteile zwischen 0% und 10%) und<br />
Rauscher weitere aktive Wettbewerber auf dem Markt tätig sind. Nicht nur <strong>Ontex</strong><br />
hat von dem Marktwachstum in den Jahren 2000 bis 2002 um 46% profitiert, son-<br />
dern auch <strong>Rostam</strong> und Hysalma konnten ihren Absatz kontinuierlich ausbauen. Hy-<br />
salma hat dabei mit einem stärkeren prozentualen Umsatzzuwachs als <strong>Ontex</strong> sei-<br />
nen Absatz nahezu verdoppeln und damit einen größeren prozentualen Mengen-<br />
zuwachs als der Marktführer erreichen können. Die kurzfristigen Marktanteilsver-<br />
schiebungen bei Tosama und Rauscher belegen deren Wettbewerbsaktivitäten.<br />
Tosama hat nach dem Rückgang der Marktanteile von 2000 zu 2001 im Folgejahr<br />
wieder wachsen können. Rauscher konnte von 2000 zu 2001 einen relativ starken<br />
Zuwachs erreichen, der jedoch im Folgejahr nicht mehr zu halten war.<br />
(64) Im EWR sind die Marktanteile von <strong>Ontex</strong> sowie der Abstand zu den Wettbewerbern<br />
geringer als in Deutschland. Das Marktvolumen und die Marktanteile wurden auf-<br />
grund der von den befragten Tamponherstellern angegebenen Daten berechnet.<br />
Soweit Premium-Markentampons durch dritte Hersteller produziert und dem Mar-<br />
keninhaber als unverpackte Bulkware zugeliefert werden, verfügen diese Tampons<br />
auf der relevanten Herstellerstufe nicht über die überragende Markengeltung und<br />
den Preisvorsprung, durch die sich ein Premiumprodukt auszeichnet. Diese Para-<br />
meter werden erst beim Absatz auf der nachgelagerten Handelsstufe relevant. Der-<br />
- 23 -
- 23 -<br />
artige Zulieferungen an Premium-Markeninhaber sind daher dem Standardbereich<br />
zuzuordnen. Zudem wurde berücksichtigt, dass Accantia nur eine grobe Schätzung<br />
des EWR-weiten Absatzes vornahm. Bei der Berechnung wurde deshalb ein höhe-<br />
rer Wert zu Grunde gelegte, um allfällige Unsicherheiten auszuräumen. Der Umsatz<br />
von Accantia wurde aufgrund des gewichteten Durchschnittspreises für Standard-<br />
Digitaltampons im Vereinigten Königreich berechnet, der sich aus den Angaben der<br />
übrigen Wettbewerber ergibt. Zur Wahrung der Geschäftsgeheimnisse der befrag-<br />
ten Wettbewerber werden die Marktanteile lediglich in Bandbreiten bzw. durch An-<br />
näherungswerte angegeben.<br />
Umsatzanteile Standard-Digitaltampons EWR<br />
2002<br />
Marktvolumen in Mio. € 58,4542<br />
<strong>Ontex</strong> 30-40%<br />
<strong>Rostam</strong> 20-30%<br />
Johnson & Johnson 0-10%<br />
Accantia 0-10%<br />
Tosama 0-10%<br />
Hysalma 0-10%<br />
Rauscher 0-10%<br />
Hakle-Kimberly 0-10%<br />
TZMO 0-10%<br />
Gesamt 100%<br />
Mengenanteile Standard-Digitaltampons EWR<br />
2002<br />
Marktvolumen in Mio. Stück 1809,193<br />
<strong>Ontex</strong> 30-40%<br />
<strong>Rostam</strong> 10-20%<br />
Johnson & Johnson 10-20%<br />
Accantia 0-10%<br />
Tosama 10-20%<br />
Hysalma 0-10%<br />
Rauscher 0-10%<br />
Hakle-Kimberly 0-10%<br />
TZMO 0-10%<br />
Gesamt 100%<br />
(65) <strong>Ontex</strong> erreichte zwar auch im EWR die führende Position, aber mit Marktanteilen<br />
(wertmäßig 30-40%, mengenmäßig 30-40%), die keine Einzelmarktbeherrschung<br />
indizieren, weil das Marktvolumen nicht exakt ermittelt werden konnte. Zum einen<br />
hat Accantia den EWR-weiten Absatz von Standard-Digitaltampons nicht genau<br />
angegeben und zum anderen hat TZMO außer für Deutschland keine Angaben für<br />
den EWR geliefert. Zudem wird <strong>Ontex</strong> dicht gefolgt von <strong>Rostam</strong> und Johnson &<br />
Johnson sowie Tosama und Accantia.<br />
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- 24 -<br />
(66) Die Wettbewerber sind in der Lage, ihre Marktbedeutung zu vergrößern und ihre<br />
Marktanteile auszubauen. Zum einen verfügen sie über freie Kapazitäten (die Aus-<br />
lastungsquoten liegen z.T. unter 80%) auf dem wachsenden Markt und können so<br />
neue Kunden akquirieren. Zum anderen ist ein Zuwachs an Marktstärke insbeson-<br />
dere auch deshalb möglich, weil es auf dem Markt keine langfristig gesicherten Lie-<br />
ferbeziehungen mit den Unternehmen des Groß- und Einzelhandels gibt. Vielmehr<br />
prüft der Handel in regelmäßigen Abständen – der Einzelhandel in der Regel einmal<br />
im Jahr – das Preis-/Leistungsverhältnis des Lieferanten und wechselt bei besseren<br />
Konditionen zu einem anderen Tamponhersteller. So hat sich in der letzten Zeit der<br />
Großhändler Pelz einen anderen Lieferanten gesucht und die Lieferbeziehung mit<br />
<strong>Ontex</strong> beendet. Auch einige Einzelhandelsunternehmen haben in den vergangenen<br />
Jahren ihre Handelsmarken-Lieferanten gewechselt.<br />
Preisentwicklung<br />
(67) Für funktionierenden Wettbewerb spricht auch die Preisentwicklung bei Standard-<br />
Digitaltampons in Deutschland. In den Jahren 2000 bis 2001 sank der durchschnitt-<br />
liche Preis zunächst um 0,5% und fiel im Folgejahr um 4,1%, so dass in den drei<br />
Jahren die Preise um insgesamt 4,84% sanken. Hauptgrund für diese Preisentwick-<br />
lung ist der starke Preisrückgang bei den B- und C-Marken. Die Preise für diese<br />
Produkte fielen von 2000 zu 2001 um 1% und anschließend um 18%, so dass in-<br />
nerhalb von drei Jahren die Preise um 22% sanken. Demgegenüber blieben die<br />
Preise für Handelsmarken-Digitaltampons annähernd unverändert. Nach einem An-<br />
stieg um 1,78% sanken sie im Folgejahr wieder um 0,86%, so dass der Preisan-<br />
stieg innerhalb des Dreijahreszeitraums 2000 bis 2002 bei 0,89% lag. Von dieser<br />
Entwicklung hat sich <strong>Ontex</strong> nicht abkoppeln können. Der durchschnittliche Ver-<br />
kaufspreis für die Standard-Digitaltampons von <strong>Ontex</strong> fiel im gleichen Zeitraum um<br />
[...]%. Die nach der Entwicklung der Einkaufspreise für die einzelnen Tamponpro-<br />
dukte befragten Einzelhandelsunternehmen gaben fast durchweg gleichbleibende<br />
bzw. nur geringfügig steigende oder sinkende Preise für die von <strong>Ontex</strong> bezogenen<br />
Handelsmarken-Digitaltampons an.<br />
Marktzutrittsschranken<br />
(68) Zudem sind die Marktzutrittsschranken zum Markt für Standard-Digitaltampons ge-<br />
ring. Die zum Aufbau einer Produktion erforderlichen Maschinen und Technologien<br />
sind am Markt erhältlich und unterliegen keinem Patentschutz. Auch die Beschaf-<br />
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fung von Rohmaterialien bereitet nach Darstellung der befragten Hersteller keine<br />
Probleme. Produktionspatente spielen im Bereich der Standard-Digitaltampons eine<br />
geringe Rolle, weil auf diesem Markt die Innovationen der Premiummarken nach-<br />
geahmt werden. Auch sind Investitionen zum Aufbau einer eigenen Marke und<br />
Maßnahmen zur Kundenbindung zum Marktzutritt auf den Markt für Standard-<br />
Digitaltampons nicht erforderlich. So hat im Jahr 2002 der polnische Tamponprodu-<br />
zent TZMO seine Geschäftstätigkeit neu aufgenommen und ist mittlerweile mit ei-<br />
nem Vertriebsbüro in Deutschland vertreten. Auch der slowenische Hersteller To-<br />
sama ist erst in den letzten Jahren auf den deutschen Markt getreten und verfügt<br />
mittlerweile über eine beträchtliche Marktstellung. Ein weiteres Unternehmen prüft<br />
den Ermittlungen zufolge den Markteintritt.<br />
Nachfragemacht des Handels<br />
(69) Die großen Handelsunternehmen verfügen über eine bedeutende Nachfragemacht,<br />
die den Verhaltensspielraum von <strong>Ontex</strong> wirksam begrenzt. Auf die befragten 15<br />
Einzelhandelsunternehmen und 5 Drogeriefilialisten entfallen rund 89 % des Ge-<br />
samtabsatzes mit Standard-Digitaltampons in Deutschland, auf die führenden fünf<br />
Handelsgruppen über 40%. Der Handel kauft dabei unter strategischen Gesichts-<br />
punkten regelmäßig Standardprodukte bei mehreren Herstellern, um nicht von ei-<br />
nem einzigen Anbieter abhängig zu werden. Die befragten Handelsunternehmen<br />
sehen durch den Zusammenschluss keine Beschränkung ihrer Bezugsmöglichkei-<br />
ten, die diese strategische Auswahl erschweren würde. Der Wechsel von Pelz zu<br />
einem anderen Hersteller und die Beendigung des Liefervertrages zwischen<br />
<strong>Rostam</strong> und Hyga zeigen, dass die Abnehmer in der Lage sind, sich alternative Be-<br />
zugsquellen zu erschließen. Dementsprechend beabsichtigen mehrere Handelsun-<br />
ternehmen angesichts des Zusammenschlusses einen Lieferantenwechsel.<br />
(70) Außerdem orientiert sich der Handel bei der Preissetzung der Standardprodukte am<br />
Premiumprodukt „o.b.“ und achtet auf einen hinreichend großen Abstand, um den<br />
Kunden die Preiswürdigkeit des Standardprodukts zu signalisieren. Der Preis und<br />
die Qualität spielen bei der Auswahl des Lieferanten eines Standardproduktes die<br />
entscheidende Rolle für den Handel. Daher wird <strong>Ontex</strong> die Preise für Standard-<br />
Digitaltampons über das Wettbewerbsniveau hinaus nicht anheben können, ohne<br />
hierdurch Gegenmaßnahmen des Handels ausgesetzt zu sein. Dies wird <strong>Ontex</strong><br />
auch deshalb zu vermeiden suchen, weil sich das Unternehmen auf die Fertigung<br />
von verschiedenen Produkten im Handelsmarkenbereich spezialisiert hat, wie z.B.<br />
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Babywindeln oder Monatsbinden, und deshalb in besonderer Weise auf den Handel<br />
angewiesen ist.<br />
Zugang zu den Absatzmärkten<br />
(71) Die Möglichkeit von <strong>Ontex</strong>, dem Handel nicht nur Tampons, sondern auch Monats-<br />
binden anbieten zu können, begründet keine besondere Stärke des Unternehmens<br />
beim Zugang zu den Absatzmärkten. Zum einen kauft der Handel sowohl bei den<br />
Tampons als auch bei den Monatsbinden die Standardprodukte regelmäßig nach<br />
den Kriterien Preis und Qualität ein, die verbesserte Logistik durch ein Komplettan-<br />
gebot spielt daher nur eine untergeordnete Rolle. Zum anderen bieten auch die<br />
Wettbewerber Hakle-Kimberly, Hysalma, Tosama, Rauscher und TZMO Monats-<br />
binden an und können dem Handel insoweit Komplettangebote mit Tampons unter-<br />
breiten. Hakle-Kimberly könnte dies sogar noch stärker als <strong>Ontex</strong> nutzen, weil Hak-<br />
le-Kimberly mit der Marke „Camelia“ über eine sehr starke Monatsbinden-Marke<br />
verfügt.<br />
b) Entstehung von Einzelmarktbeherrschung<br />
(72) Durch den Zusammenschluss wird auch keine alleinige marktbeherrschende Stel-<br />
lung von <strong>Ontex</strong> entstehen.<br />
Marktanteile<br />
(73) Die sich für die Jahre 2000 bis 2002 ergebenden sehr hohen addierten Marktanteile<br />
der Beteiligten spiegeln nicht die nach dem Zusammenschluss zu erwartende reale<br />
Marktstärke der Beteiligten wieder. Im Rahmen der bei der wettbewerblichen Beur-<br />
teilung vorzunehmenden Prognose sind die konkret zu erwartenden Veränderungen<br />
der Marktstruktur zu berücksichtigen. Die Ermittlungen haben ergeben, dass <strong>Ontex</strong><br />
durch den Zusammenschluss nicht in die durch die Marktanteile ausgedrückte<br />
Marktstellung von <strong>Rostam</strong> in Deutschland eintreten wird.<br />
(74) <strong>Rostam</strong> verkauft Tampons in Deutschland nur an einen einzigen Abnehmer, näm-<br />
lich Hyga. Der Liefervertrag zwischen <strong>Rostam</strong> und Hyga wurde mit Schreiben vom<br />
[...] beendet, weil Hyga der beabsichtigten Übertragung des Vertrages von <strong>Rostam</strong><br />
auf <strong>Ontex</strong> widersprochen hatte. Die Lieferungen an Hyga werden nach überein-<br />
stimmender Darstellung von <strong>Rostam</strong> und Hyga zunächst noch übergangsweise wei-<br />
tergeführt und sollen [...] auslaufen. Bis dahin soll Hyga mit einem anderen Liefe-<br />
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ranten für Digitaltampons eine Liefervereinbarung schließen. Entgegen der Ansicht<br />
der Beteiligten führt die Vertragsbeendigung allein nicht dazu, dass von einer Zu-<br />
rechnung der Marktanteile von Hyga nach dem Zusammenschluss abzusehen wä-<br />
re. Die Zusammenschlusskontrolle ist eine Strukturkontrolle, bei der es auf konkret<br />
zu erwartende strukturelle Änderungen der Marktsituation und nicht auf ein jederzeit<br />
änderbares Marktverhalten einzelner Marktteilnehmer ankommt.<br />
(75) Im vorliegenden Fall ergaben die Ermittlungen, dass neben der Kündigung des Ver-<br />
tragsverhältnisses konkrete strukturelle Maßnahmen getroffen werden. Hierdurch<br />
wird die Kündigung des Liefervertrages zwischen Hyga und <strong>Ontex</strong> derart strukturell<br />
gefestigt, dass mit sehr großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass alsbald ein<br />
Wettbewerber der Beteiligten die gesamte Nachfragemenge an Hyga liefern wird,<br />
und eine Wiederaufnahme des Lieferverhältnisses mit den Beteiligten dauerhaft<br />
ausgeschlossen ist. Die im Rahmen der Ermittlungen festgestellten konkreten struk-<br />
turverändernden Maßnahmen stellen Geschäftsgeheimnisse von Hyga dar.<br />
[...] Nach alledem ist nicht zu erwarten, dass das bisherige Lieferverhältnis zwi-<br />
schen Hyga und den Beteiligten wieder aufgenommen wird.<br />
(76) <strong>Ontex</strong> wird nach dem Zusammenschluss nur bis [...] Digitaltampons an Hyga liefern<br />
können, so dass den Beteiligten nach dem Zusammenschluss nur die Marktstellung<br />
von <strong>Ontex</strong> mit wertmäßigen Marktanteilen in Deutschland in Höhe von 40-50% bzw.<br />
mengenmäßigen Marktanteilen von 40-50% zuzurechnen ist. Der Marktanteil von<br />
<strong>Rostam</strong> hingegen ist im Rahmen der Prognose auch nach dem Zusammenschluss<br />
nicht <strong>Ontex</strong> sondern dann dem an Hyga liefernden Wettbewerber von <strong>Ontex</strong> zuzu-<br />
rechnen. Der Zusammenschluss führt daher zu keinen Marktanteilsadditionen in<br />
Deutschland.<br />
(77) Nach dem Zusammenschluss wird <strong>Ontex</strong> mit einem Marktanteil von 40-50% in<br />
Deutschland von seinem nachfolgenden Wettbewerber mit wertmäßigen Marktan-<br />
teilen über 30% noch dichter gefolgt, als vor dem Zusammenschluss von <strong>Rostam</strong>.<br />
Ein weiterer Wettbewerber verfügt über Anteile zwischen 10% und 20%, zwei Her-<br />
steller über Anteile zwischen 0% und 10%. Im Hinblick auf den Absatz werden die<br />
Abstände ähnlich sein.<br />
(78) Im EWR wird der Zusammenschluss zu einer Marktanteilsaddition führen. Dabei ist<br />
jedoch zu berücksichtigen, dass die von <strong>Rostam</strong> in Deutschland erzielten Umsätze<br />
den Beteiligten nach dem Zusammenschluss nicht mehr zuzurechnen sind. Daher<br />
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ergeben sich addierte EWR-weite Marktanteile in Höhe von 40-50% (wertmäßig)<br />
bzw. 30-40% (mengenmäßig). Der Marktanteilszuwachs beträgt 0-10%, dies ent-<br />
spricht dem Umsatz von <strong>Rostam</strong> in Höhe von [...] €. Bei den Marktanteilen ist zu be-<br />
rücksichtigen, dass Accantia nur eine grobe Schätzung des Absatzes abgegeben<br />
hat und für TZMO keine Angaben zum EWR-weiten Umsatz und Absatz vorliegen.<br />
<strong>Ontex</strong> wird im EWR auch nach dem Zusammenschluss dem aktiven Wettbewerb<br />
starker international tätiger Unternehmen wie Johnson & Johnson, Procter &<br />
Gamble und Hakle-Kimberly sowie von Accantia, Hysalma, Tosama ausgesetzt<br />
sein und keinen Verhaltensspielraum erhalten, der nicht mehr hinreichend durch<br />
den Wettbewerb kontrolliert würde. Die nachfolgenden Wettbewerber werden wert-<br />
mäßige Marktanteile zwischen 10% und 20% bzw. zwischen 0% und 10% halten.<br />
Bei einer mengenmäßigen Betrachtung wird der Vorsprung von <strong>Ontex</strong> geringer, die<br />
beiden unmittelbar nachfolgenden Wettbewerber werden Absatzanteile zwischen<br />
10% und 20% erreichen.<br />
(79) Zudem ist zu berücksichtigen, dass <strong>Rostam</strong> seine Umsätze außerhalb Deutsch-<br />
lands hauptsächlich in Skandinavien und in Frankreich erzielt. In Skandinavien ver-<br />
fügt <strong>Ontex</strong> jedoch nur über geringe Umsätze in Höhe von insgesamt [...] €, so dass<br />
die Marktkonzentrationswirkung des Zusammenschlusses angesichts des Wettbe-<br />
werbs durch den international tätigen Mischkonzern Procter & Gamble nur marginal<br />
ist. Der Zuwachs von <strong>Ontex</strong> in Frankreich wird dadurch relativiert, dass im Bereich<br />
der Standardmarken-Digitaltampons Johnson & Johnson mit weitem Abstand<br />
Marktführer bleiben und den Verhaltensspielraum von <strong>Ontex</strong> auch hier nach dem<br />
Zusammenschluss beschränken wird. Ähnliches gilt im Vereinigten Königreich. Hier<br />
setzte <strong>Rostam</strong> 2002 die drittgrößte Digitaltamponmenge ab. Hauptwettbewerber auf<br />
diesem Markt ist Accantia, die ihre marktführende Stellung dort auch nach dem Zu-<br />
sammenschluss behalten wird.<br />
Ressourcenzuwachs<br />
(80) <strong>Ontex</strong> wird durch den Zusammenschluss zusätzliche Produktionskapazitäten und<br />
Know-How erwerben. Dies wird jedoch nicht zum Entstehen einer marktbeherr-<br />
schenden Stellung von <strong>Ontex</strong> in Deutschland führen.<br />
(81) Ein Ressourcenzuwachs allein führt noch nicht zur Verschlechterung der Markt-<br />
struktur. Er ist dann problematisch, wenn mit dem Zuwachs ein Entmutigungs- und<br />
Abschreckungseffekt auf Seiten der Wettbewerber einhergeht. Anzunehmen ist ein<br />
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solcher Effekt, wenn das durch den Zusammenschluss neue Ressourcen gewin-<br />
nende Unternehmen die Ressourcen dazu einsetzen kann, den Preis für das betref-<br />
fende Produkt kurzfristig zu senken oder Produktionskapazitäten und Angebot zu<br />
erhöhen, um auf diese Weise nachstoßenden Wettbewerb zu unterbinden oder<br />
vorhandenen Wettbewerb zu verdrängen. 14<br />
(82) Ein derartiger Verdrängungswettbewerb, der zu einem nicht mehr hinreichend kon-<br />
trollierten Verhaltensspielraum von <strong>Ontex</strong> führt, ist nicht zu erwarten. <strong>Ontex</strong> kann<br />
zwar nach dem Zusammenschluss erhebliche neue Kapazitäten auf den Markt brin-<br />
gen und ist aufgrund der finanziellen Ressourcen seiner Muttergesellschaft, der<br />
Candover-Gruppe, dazu in der Lage, die Preise senken. Ein derartiges Mehrange-<br />
bot auf dem stark wachsenden Markt - das Marktvolumen nahm zwischen 2000 und<br />
2002 um 46% zu - wird aber nicht zu einem die Wettbewerber aus dem Markt drän-<br />
genden massiven Abwerben der Kunden führen können. Die großen Einzelhan-<br />
delskonzerne als Marktgegenseite beziehen Standard-Digitaltampons grundsätzlich<br />
von mehreren Herstellern und achten darauf, nicht von einem Produzenten abhän-<br />
gig zu werden. Aus diesem Grunde haben einige Handelsunternehmen in der<br />
Marktuntersuchung der Beschlussabteilung ihre Absicht erkennen lassen, wegen<br />
des geplanten Zusammenschlusses zwischen <strong>Ontex</strong> und <strong>Rostam</strong> das Lieferver-<br />
hältnis mit <strong>Ontex</strong> zu beenden. Insoweit gibt eine bloße Kapazitätsausweitung kei-<br />
nen Anreiz für die Abnehmer zu einem Wechsel zu <strong>Ontex</strong>. Zudem verfügte <strong>Ontex</strong> –<br />
wie auch die Wettbewerber - bereits vor dem Zusammenschluss über erhebliche<br />
freie Kapazitäten. Das Werk in Großpostwitz ist den Angaben von <strong>Ontex</strong> zufolge<br />
nur zu [...]% ausgelastet, so dass sich vor dem Zusammenschluss eine freie Pro-<br />
duktionskapazität in Höhe von [...] Stück p.a. ergab. Diese Menge konnte jedoch,<br />
wie sich der Preisentwicklung der vergangenen drei Jahre ablesen lässt, nicht zu<br />
einer Verdrängungsstrategie eingesetzt werden. Vielmehr haben in den Jahren<br />
1999 bis 2002 insbesondere auch die Wettbewerber <strong>Rostam</strong> mit einem Mengenzu-<br />
wachs von über 30% und Hysalma (Zuwachs über 70%) vom Marktwachstum profi-<br />
tiert.<br />
(83) Auch eine zusätzliche Preissenkung könnte angesichts des geringen Marktvolu-<br />
mens und der Marktstruktur auf Dauer keine Verdrängung der Wettbewerber bewir-<br />
ken. Dies gilt sowohl für den großen finanzstarken, international tätigen Wettbewer-<br />
ber Hakle-Kimberly, der im Geschäftsbericht 2002 einen weltweiten Gesamtumsatz<br />
14 WuW/E BGH 1501, 1509 f. – Kfz-Kupplungen<br />
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in Höhe von umgerechnet 14,34 Mrd. € und einen operativen Gewinn von umge-<br />
rechnet 1,77 Mrd. € veröffentlicht hat 15 , als auch für die kleineren Wettbewerber in<br />
Deutschland. Auch die Unternehmen Hysalma, Tosama und Rauscher erzielen nur<br />
einen kleinen Teil ihres Umsatzes mit Tampons und haben ihr Hauptgeschäft in an-<br />
deren Bereichen. Auch sie wären in der Lage, Verluste im Bereich der Digitaltam-<br />
pons durch andere Geschäftsbereiche auszugleichen und ihre Kunden vom Wech-<br />
sel abzuhalten. Diese werden zudem aufgrund ihres strategischen Einkaufsverhal-<br />
tens nicht vollständig zu <strong>Ontex</strong> wechseln.<br />
(84) Im EWR sind daneben weitere große finanzstarke Wettbewerber tätig, die nach<br />
dem Zusammenschluss von <strong>Ontex</strong> nicht durch eine Preissenkung aus dem Markt<br />
gedrängt werden könnten. In den europäischen Hauptabsatzgebieten steht <strong>Ontex</strong><br />
im Wettbewerb zu dem international in verschiedenen Bereichen der Gesundheits-<br />
fürsorge tätigen Konzern Johnson & Johnson mit einem im Geschäftsbericht für das<br />
Jahr 2002 veröffentlichten weltweiten Gesamtumsatz in Höhe von umgerechnet<br />
38,4 Mrd. € 16 sowie zum internationalen Mischkonzern Procter & Gamble mit einem<br />
veröffentlichten weltweiten Umsatz im Geschäftsjahr 2002/2003 in Höhe von umge-<br />
rechnet 45,87 Mrd. € 17 . Der britische Tamponhersteller Accantia wird seit November<br />
2003 von der britischen Investmentbank Duke Street Capital kontrolliert, die über<br />
ein Fondskapital von rund 2 Mrd. € verfügt. 18<br />
(85) <strong>Rostam</strong> hat in den europäischen Ländern außerhalb Deutschlands mit Digitaltam-<br />
pons lediglich Umsätze in Höhe von [...] € erzielt, so dass die Finanzkraft von <strong>Ontex</strong><br />
durch den Zusammenschluss nicht gestärkt wird. Mit dem Erwerb von <strong>Rostam</strong> wird<br />
<strong>Ontex</strong> auch kein besonderes Know-How zufließen, das zur dauerhaften Verdrän-<br />
gung der Wettbewerber eingesetzt werden könnte.<br />
Nachfragemacht des Handels<br />
(86) Zudem werden die Marktanteile der Beteiligten dadurch relativiert, dass der Handel<br />
auf der Marktgegenseite eine große Nachfragemacht ausübt und bei einer der jähr-<br />
lich möglichen Veränderungen der Lieferbeziehungen größere Marktanteilsschwan-<br />
kungen wie durch die Beendigung der Lieferbeziehung zwischen <strong>Rostam</strong> und Hyga<br />
eintreten können.<br />
15 http://www.kimberly-clark.com/investorinfo/AnnualReport2002/kc02_findata.pdf<br />
16 http://www.jnj.com/2002AnnualReport/index.htm?textOnly=false<br />
17 http://ir.thomsonfn.com/InvestorRelations/summaryfinancials.aspx?partner=9975<br />
18 http://www.dukestreetcapital.com/pe/content/aboutus.php<br />
- 31 -
Zugang zu den Absatzmärkten<br />
- 31 -<br />
(87) Auch ein besserer Zugang zu den Absatzmärkten ist nach dem Zusammenschluss<br />
nicht zu erwarten, denn <strong>Ontex</strong> wird in Deutschland keine Kundenbeziehungen von<br />
<strong>Rostam</strong> übernehmen. Mit den Kunden, die <strong>Ontex</strong> von <strong>Rostam</strong> in den übrigen EWR-<br />
Ländern übernehmen wird, ist nur ein geringer Umsatz in Höhe von [...] € verbun-<br />
den, so dass auch hier die Absatzmöglichkeiten nicht wesentlich verbessert wer-<br />
den. Die Möglichkeit, dem Handel Tampons und Binden als Paket anzubieten, be-<br />
stand bereits vor dem Zusammenschluss und begründet keine Besonderheit im<br />
Hinblick auf die Wettbewerber.<br />
Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite<br />
(88) Die Auswahl der Lieferanten für die deutschen Abnehmer wird sich durch den Zu-<br />
sammenschluss aufgrund der nach den Ermittlungen konkret zu erwartenden Ent-<br />
wicklung der Marktstruktur nicht wesentlich verschlechtern. Die im Rahmen der Er-<br />
mittlungen festgestellte Entwicklung der Marktstruktur stellt ein Geschäftsgeheimnis<br />
von Hyga dar. [...]<br />
Ergebnis<br />
(89) Im Ergebnis wird <strong>Ontex</strong> die durch den Zusammenschluss mit <strong>Rostam</strong> keinen Ver-<br />
haltensspielraum erwerben, der nicht mehr hinreichend vom Wettbewerb kontrolliert<br />
wird.<br />
c) Oligopolvermutung<br />
(90) Nach dem Zusammenschluss erreichen <strong>Ontex</strong> und der neue Lieferant von Hyga –<br />
wie zuvor <strong>Ontex</strong> und <strong>Rostam</strong> - zusammen Marktanteile von mindestens [...]% und<br />
erfüllen die Oligopolvermutung des § 19 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 GWB. Auf die drei füh-<br />
renden Anbieter wird ein Marktanteil von mehr als zwei Dritteln entfallen, so dass<br />
auch die Vermutung nach § 19 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 GWB damit rechnerisch erfüllt ist.<br />
Die Vermutungen sind jedoch als widerlegt anzusehen, weil - wie oben dargelegt -<br />
Marktstruktur und Marktdynamik dafür sprechen, dass auch nach dem Zusammen-<br />
schluss wesentlicher Wettbewerb erhalten bleibt.<br />
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- 32 -<br />
VI. Ergebnis<br />
(91) Aus den vorgenannten Gründen hat die Beschlussabteilung entschieden, das ange-<br />
meldete Zusammenschlussvorhaben nicht zu untersagen. Diese Verfügung ergeht<br />
nach § 40 Abs. 2 Satz 1 GWB.<br />
VII. Gebühren<br />
(92) Die Anmeldung des Zusammenschlusses nach § 39 Abs. 1 GWB gemäß<br />
§ 80 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GWB gebührenpflichtig. Die Kartellbehörde kann hierfür Ge-<br />
bühren bis zu 50.000 € (§ 80 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GWB), bei besonders großer wirt-<br />
schaftlicher Bedeutung und außergewöhnlich hohem Verwaltungsaufwand bis zu<br />
100.000 € erheben (§ 80 Abs. 2 S. 3 GWB).<br />
(93) Die Entscheidung nach § 40 Abs. 2 GWB ist als Amtshandlung der Kartellbehörde<br />
gemäß § 80 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 GWB gebührenpflichtig. Die Kartellbehörde kann hier-<br />
für Gebühren bis zu 50.000 € (§ 80 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GWB), bei besonders großer<br />
wirtschaftlicher Bedeutung und außergewöhnlich hohem Verwaltungsaufwand bis<br />
zu 100.000 € erheben (§ 80 Abs. 2 S. 3 GWB).<br />
(94) In entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 1 S. 4 GWB ist auf die Gebühr für die<br />
Entscheidung nach § 40 Abs. 2 GWB die Gebühr für die Anmeldung eines Zusam-<br />
menschlusses nach § 39 Abs. 1 GWB anzurechnen. Wenn die Anrechnung im Falle<br />
einer Untersagungsentscheidung vorzunehmen ist, muss dies erst recht für den Fall<br />
einer Freigabeverfügung nach § 40 Abs. 2 GWB gelten.<br />
(95) Die Höhe der Gebühren richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand<br />
der Kartellbehörde unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung, die der<br />
Gegenstand der gebührenpflichtigen Handlung hat (§ 80 Abs. 2 S. 1 GWB). Von<br />
den genannten Bestimmungsmerkmalen kommt der wirtschaftlichen Bedeutung das<br />
größte Gewicht zu. Sie ergibt sich grundsätzlich aus der Höhe der inländischen<br />
Umsätze der beteiligten Unternehmen auf den vom Zusammenschluss betroffenen<br />
Märkten, den zu erwartenden betriebswirtschaftlichen Vorteilen der künftigen Zu-<br />
sammenarbeit auf den Inlandsmärkten und aus dem wirtschaftlichen Interesse der<br />
am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen an der kartellbehördlichen Ent-<br />
scheidung. Entspricht die nach diesen Bestimmungsmerkmalen festgestellte wirt-<br />
schaftliche Bedeutung dem Durchschnitt, ist grundsätzlich eine mittlere Gebühr an-<br />
gemessen (WuW/E OLG 4366 - "Spar" m.w.N.-). Diese beträgt nach dem derzeit<br />
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geltenden Gebührenrahmen 25.000 €. Von diesem Mittelwert sind abhängig von<br />
der jeweiligen wirtschaftlichen Bedeutung und dem Arbeitsaufwand Zu- oder Ab-<br />
schläge vorzunehmen, deren Höhe im Ermessen der Kartellbehörde liegt (Vgl.<br />
WuW/E OLG 5259 „Kleinhammer“, KG WuW/E OLG 5287 „Finanzbeteiligung Ge-<br />
bühr“).<br />
(96) Der wirtschaftlichen Bedeutung des Zusammenschlusses ist im vorliegenden Fall<br />
aufgrund der hohen Marktanteile von <strong>Ontex</strong> ein über dem Durchschnitt liegendes<br />
Gewicht beizumessen. Auf dem sachlich relevanten Markt für Standard-<br />
Digitaltampons wachsen <strong>Ontex</strong> als Marktführer durch den Zusammenschluss mit<br />
<strong>Rostam</strong> weitere Ressourcen zu. Der sachliche und personelle Aufwand der Kartell-<br />
behörde für die fusionsrechtliche Prüfung lag wegen der notwendigen umfangrei-<br />
chen und aufwändigen Ermittlungen auch im Ausland sehr weit über dem Durch-<br />
schnitt. Der besonders hohe Aufwand resultierte insbesondere auch daraus, dass<br />
sich im Laufe des Verfahrens mehrfach die von den Beteiligten angegebenen Daten<br />
zu eigenen Umsätzen und Absatzmengen als unrichtig herausgestellt haben und<br />
von der Abteilung nachermittelt werden mussten. Zudem wurde die Untersagungs-<br />
frist um einen Monat verlängert. In Anbetracht aller für die Bemessung der Gebühr<br />
ausschlaggebenden Kriterien ist im vorliegenden Fall die Festsetzung einer Gebühr<br />
von insgesamt [...] € jeweils für die Anmeldung und für die Entscheidung nach<br />
§ 40 Abs. 2 GWB angemessen und erforderlich. Aufgrund der Anrechnung der An-<br />
meldegebühr auf die Entscheidungsgebühr nach § 80 Abs. 1 S. 4 GWB ist eine Ge-<br />
samtgebühr in Höhe von [...] € festzusetzen.<br />
(97) Gebührenschuldner ist <strong>Ontex</strong> als Anmelder des Zusammenschlussvorhabens<br />
(§ 80 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GWB).<br />
(98) Die Gebühr ist binnen eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses auf das<br />
Konto der<br />
Bundeskasse Trier - Außenstelle Bonn<br />
Konto-Nr.: 380 010 60<br />
bei der Deutschen Bundesbank, Filiale Bonn<br />
Bankleitzahl 380 000 00<br />
zu überweisen. Bei Überweisungen aus dem Ausland sind die BIC (Bank Identification<br />
Code ˜ Internationale Bankleitzahl) MARKDEF1380 und die IBAN (International Bank<br />
Account Number ˜ Internationale Kontonummer) der Deutschen Bundesbank Filiale<br />
- 34 -
- 34 -<br />
Bonn DE 91 3800 0000 0038 001060 zu benutzen. Da in diesen Fällen im allgemei-<br />
nen Bankspesen anfallen, ist sicher zu stellen, dass dem Konto des Bundeskartellam-<br />
tes die volle Gebühr gutgeschrieben wird. Bitte geben Sie als Verwendungszweck un-<br />
bedingt „BKartA – Titel 11101, Az. B 10-102/03“ und das Datum des Beschlusses an.<br />
Die Auslagen für die erforderliche Bekanntmachung dieses Beschlusses im Bundes-<br />
anzeiger (§ 42 Abs. 2 Nr. 2 GWB) werden gesondert erhoben (§ 80 Abs. 1<br />
Satz 3 GWB).<br />
VIII. Rechtsmittelbelehrung<br />
(99) Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich binnen einer<br />
mit Zustellung des Beschlusses beginnenden Frist von einem Monat beim Bundes-<br />
kartellamt, Kaiser-Friedrich-Straße 16, 53113 Bonn, einzureichen. Es genügt je-<br />
doch, wenn sie innerhalb dieser Frist bei dem Beschwerdegericht, dem Oberlan-<br />
desgericht Düsseldorf, eingeht.<br />
(100) Die Beschwerde ist zu begründen. Die Frist für die Beschwerdebegründung beträgt<br />
einen Monat. Sie beginnt mit dem Eingang der Beschwerde und kann auf Antrag<br />
vom Vorsitzenden des Beschwerdegerichtes verlängert werden. Die Beschwerde-<br />
begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss angefochten<br />
und seine Abänderung oder Aufhebung beantragt wird, und die Tatsachen und Be-<br />
weismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.<br />
(101) Beschwerdeschrift und Beschwerdebegründung müssen durch einen bei einem<br />
deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.<br />
Heistermann Müller Töllner