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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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Eigentums 210 und seiner Aneignungstheorie 211 die sogenannte Lockes<strong>ch</strong>e Provisio entwickelt<br />

212 . Sie wird von gegenwärtigen <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien als allgemeines S<strong>ch</strong>ädigungsverbot<br />

interpretiert und in dieser Fassung als Vorbild aufgegriffen 213 . Wenn<br />

die politis<strong>ch</strong>en Philosophien von Hobbes und Kant in gegenwärtigen <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien<br />

von Bu<strong>ch</strong>anan und Rawls ihre Aktualisierung finden, so läßt si<strong>ch</strong> für Locke<br />

zumindest Nozick anführen 214 . Do<strong>ch</strong> kann die damit bes<strong>ch</strong>riebene Aktualität <strong>der</strong><br />

lockes<strong>ch</strong>en Philosophie ni<strong>ch</strong>t dazu führen, eine weitere Grundposition zu definieren.<br />

Denn die Idee <strong>der</strong> vorpositiven Re<strong>ch</strong>te, auf die letztli<strong>ch</strong> alle Ers<strong>ch</strong>einungsformen <strong>der</strong><br />

Locke-Renaissance zurückgreifen, läßt si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t auf eine bestimmte Konzeption praktis<strong>ch</strong>er<br />

Vernunft festlegen. Locke selbst hat sie theistis<strong>ch</strong> begründet 215 , also im Rahmen<br />

einer Naturre<strong>ch</strong>tslehre, die für das Handeln ein substantiell als ri<strong>ch</strong>tig erkanntes Ziel<br />

vorgibt und somit na<strong>ch</strong> <strong>der</strong> hier getroffenen Einteilung den <strong>Theorien</strong> <strong>der</strong> aristotelis<strong>ch</strong>en<br />

Grundposition zuzure<strong>ch</strong>nen ist 216 . Gauthier hat, in Abgrenzung zu Locke, eine<br />

transzendental-rationalistis<strong>ch</strong>e Begründung versu<strong>ch</strong>t, die er <strong>der</strong> hobbesianis<strong>ch</strong>en<br />

Grundposition zure<strong>ch</strong>net, die aber tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> moralis<strong>ch</strong>e Gehalte wie eine kantis<strong>ch</strong>e<br />

Theorie aufweist 217 . Und Nozick hat die universelle (moralis<strong>ch</strong>e) Gültigkeit vorpositiver<br />

Re<strong>ch</strong>te postuliert, si<strong>ch</strong> aber von <strong>der</strong> substantiell-naturre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Begründung<br />

Lockes distanziert und diese dur<strong>ch</strong> ein Vorteilskalkül ersetzt, so daß die Zuordnung<br />

zur hobbesianis<strong>ch</strong>en Grundposition geboten ers<strong>ch</strong>eint 218 . Wegen dieser Unbestimmtheit<br />

hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> des Begründungskonzeptes gilt: Für die Idee vorpositiver<br />

210 J. Locke, Two Treatises of Government (1698), II § 45: »Thus Labour, in the Beginning, gave the Right<br />

of Property, where-ever any one was pleased to imploy it, upon what was common, whi<strong>ch</strong> remained,<br />

a long while, the far greater part, and is yet more than Mankind makes use of.« Sowie ebd.,<br />

II § 51: »And thus, I think, it is very easie to conceive without any difficulty, how Labour could at<br />

first begin a title of Property in the common things of Nature, and how the spending it upon our<br />

uses bounded it.« (Hervorhebungen bei Locke).<br />

211 Dazu J. Locke, Two Treatises of Government (1698), II §§ 25 ff.<br />

212 Die vielzitierte Stelle »still enough, and as good left« findet si<strong>ch</strong> in J. Locke, Two Treatises of<br />

Government (1698), II § 33: »Nor was this [original] appropriation of any parcel of Land, by improving<br />

it, any prejudice to any other Man, since there was still enough, and as good left; and more<br />

than the yet unprovided could use.« (Hervorhebungen bei Locke).<br />

213 Dazu unten S. 180 ff. (Gauthier) und S. 205 ff. (Nozick).<br />

214 Mit diesen drei Parallelen zwis<strong>ch</strong>en Aufklärungsphilosophen und gegenwärtigen <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheoretikern:<br />

O. Höffe, Politis<strong>ch</strong>e <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> (1987), S. 92; P. Koller, Neue <strong>Theorien</strong> des Sozialkontrakts<br />

(1987), S. 135 ff.<br />

215 Dazu Kritik etwa bei D. Gauthier, Morals by Agreement (1986), S. 222: »Locke, ... his moral theory,<br />

unlike Hobbes's, is overtly theistic.« Der theistis<strong>ch</strong>e Bezug läßt si<strong>ch</strong> im Werk an vielen Stellen belegen,<br />

z.B. im unmittelbaren Begründungszusammenhang mit den vorpositiven Re<strong>ch</strong>ten im Naturzustand:<br />

J. Locke, Two Treatises of Government (1698), II § 6: »For Men being all the Workmanship<br />

of one Omnipotent, and infinitely wise Maker«. Ebenso im Begründungszusammenhang<br />

mit <strong>der</strong> Aneignungs- und Eigentumstheorie: ebd., II § 26: »God, who hath given the World<br />

to Men in common, hath also given them reason to make use of it to the best advantage of Life,<br />

and convenience.« Vgl. R. Dreier, Eigentum in re<strong>ch</strong>tsphilosophis<strong>ch</strong>er Si<strong>ch</strong>t (1986), S. 172 ff. – Lockes<br />

Eigentumstheorie im Verglei<strong>ch</strong> zu den <strong>Theorien</strong> von Kant, Hegel und Fi<strong>ch</strong>te.<br />

216 Dazu oben S. 89 (Begriff <strong>der</strong> Naturre<strong>ch</strong>tslehre) sowie unten S. 154 (ontologis<strong>ch</strong>e Naturre<strong>ch</strong>tslehren).<br />

217 Dazu oben S. 83 (aristotelis<strong>ch</strong>e Grundposition) sowie unten S. 180 ff. (Gauthier).<br />

218 Dazu unten S. 205 ff. (Nozick).<br />

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