16.04.2014 Aufrufe

Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Es bleibt also dabei: Die in den Diskursregeln verkörperte spra<strong>ch</strong>pragmatis<strong>ch</strong>e<br />

Autonomie <strong>der</strong> Diskursteilnehmer wird ni<strong>ch</strong>t vollständig in eine moralis<strong>ch</strong>e Autonomie<br />

im Handeln transformiert. Daraus folgt indes ni<strong>ch</strong>t, daß die Begründung von<br />

Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>ten und Demokratie, wie sie im analytis<strong>ch</strong>en Liberalismus von Alexy<br />

angelegt ist, im Ergebnis ni<strong>ch</strong>t trägt, son<strong>der</strong>n nur, daß si<strong>ch</strong> <strong>der</strong> S<strong>ch</strong>werpunkt <strong>der</strong> Begründung<br />

verlagert 225 .<br />

b) Zur Konkretisierung <strong>der</strong> Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te<br />

Die Ausdifferenzierung eines Katalogs von Freiheitsre<strong>ch</strong>ten aus dem allgemeinen<br />

Freiheitsre<strong>ch</strong>t R F (»Je<strong>der</strong> hat das Re<strong>ch</strong>t, frei zu beurteilen, was geboten und was gut<br />

ist, und entspre<strong>ch</strong>end zu handeln.« 226 ) wird bei Alexy in zwei Operationen verortet:<br />

Erstens könne man zeigen, daß einzelne Freiheitsre<strong>ch</strong>te Spezialfälle dieses Re<strong>ch</strong>ts<br />

seien. Und zweitens sei es mögli<strong>ch</strong>, Re<strong>ch</strong>te als notwendige Voraussetzung für die Realisierung<br />

von R F zu begründen 227 . Diese zweite Vorgehensweise entspri<strong>ch</strong>t Alexys<br />

Begründung <strong>der</strong> Autonomie im Handeln: Au<strong>ch</strong> dort erweist si<strong>ch</strong> das Ergebnis als eine<br />

notwendige Voraussetzung des Diskurses. Die Begründung <strong>der</strong> Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te<br />

wird in das transzendentale Argument <strong>der</strong> Diskurstheorie einbezogen und gerät dadur<strong>ch</strong><br />

zum Bestandteil einer erweiterten Präsuppositionsanalyse. Daran ist im Prinzip<br />

ni<strong>ch</strong>ts auszusetzen, nur fragt si<strong>ch</strong>, ob die unmittelbare diskurstheoretis<strong>ch</strong>e Begründung<br />

<strong>der</strong> Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te ausrei<strong>ch</strong>end präzise S<strong>ch</strong>lüsse zuläßt, um einen 'Katalog<br />

konkreter Freiheitsre<strong>ch</strong>te', d.h. Grundre<strong>ch</strong>tsprinzipien für das positive (Verfassungs-)Re<strong>ch</strong>t,<br />

tragen zu können.<br />

Die mögli<strong>ch</strong>en Bestimmungen einzelner Grund- und Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te sind vielfältig,<br />

wie die unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Regelungen und S<strong>ch</strong>werpunktsetzungen in geltenden<br />

Verfassungen belegen. Das gilt erst re<strong>ch</strong>t für die sozialen Grundre<strong>ch</strong>te, die laut<br />

Alexy zumindest teilweise als notwendige Voraussetzung für die Verwirkli<strong>ch</strong>ung<br />

von Freiheit begründet werden können 228 . Wel<strong>ch</strong>es sind die 'konkreten Freiheitsre<strong>ch</strong>te',<br />

die si<strong>ch</strong> aus dem allgemeinen Freiheitsre<strong>ch</strong>t R F gewinnen lassen? In R F ist unter<br />

an<strong>der</strong>em von Geboten und <strong>der</strong>en Beurteilung die Rede. Die in <strong>der</strong> Lebenswelt in<br />

erster Linie problematis<strong>ch</strong>en Gebote sind Re<strong>ch</strong>tsnormen, ihre Beurteilung ist eine kollektive.<br />

Eine erste konkretisierende Folgerung aus R F kann darum im Gebot fortgesetzter<br />

diskursiver Kontrolle aller Re<strong>ch</strong>tsnormen gesehen werden. Im Diskurs muß<br />

es je<strong>der</strong>zeit mögli<strong>ch</strong> sein, einmal gefundene Ergebnisse wie<strong>der</strong> in Frage zu stellen.<br />

Über das Kriterium <strong>der</strong> diskursiven Kontrolle wird diese Restriktion auf die Dimension<br />

des Handelns übertragen. So, wie man si<strong>ch</strong> im Diskurs <strong>der</strong> Ri<strong>ch</strong>tigkeit von<br />

Handlungsnormen nur vergewissern kann, wenn man zur neuerli<strong>ch</strong>en Infragestellung<br />

einzelner Ergebnisse je<strong>der</strong>zeit bereit ist, so kann im Handeln eine Re<strong>ch</strong>tfertigung<br />

nur andauern, solange das Handeln diskursiv kontrolliert bleibt. Die diskursi-<br />

225 Dazu unten S. 315 ff. (die hier verfolgte Begründungsstrategie).<br />

226 R. Alexy, Diskurstheorie und Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te (1995), S. 153.<br />

227 R. Alexy, Diskurstheorie und Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te (1995), S. 154: »Die zweite Operation besteht darin,<br />

daß dargelegt wird, daß bestimmte Re<strong>ch</strong>te notwendige Mittel sind, um autonom handeln zu können.«<br />

228 R. Alexy, Diskurstheorie und Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te (1995), S. 154; ausführli<strong>ch</strong> zu diesen Re<strong>ch</strong>ten <strong>der</strong>s.,<br />

Theorie <strong>der</strong> Grundre<strong>ch</strong>te (1985), S. 454 ff.<br />

306

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!