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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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gelöst, daß Höffe in jüngerer Zeit einen erhebli<strong>ch</strong> umfassen<strong>der</strong>en <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sbegriff<br />

vertritt 114 . Dasselbe gilt für seine Hinweise auf 'entmoralisierte Moral' 115 und<br />

'Bedingungen von Handlungsfähigkeit' 116 .<br />

V. Ergebnisse<br />

Im Hinblick auf das strategis<strong>ch</strong>e Handeln unter egoistis<strong>ch</strong>en Nutzenmaximierern,<br />

das bei den <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien <strong>der</strong> hobbesianis<strong>ch</strong>en Grundposition den Ausgangspunkt<br />

bildet, verfügt die Spieltheorie über einen gegenüber älteren Sozialvertragsmodellen<br />

genaueren Begründungsansatz. Die Spieltheorie kann aber ni<strong>ch</strong>t die<br />

normativen Argumente liefern, die zu einer <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sbegründung no<strong>ch</strong> fehlen.<br />

Die si<strong>ch</strong> we<strong>ch</strong>selseitig wi<strong>der</strong>spre<strong>ch</strong>enden Ansätze <strong>der</strong> Ents<strong>ch</strong>eidungstheorien zeigen,<br />

daß ein universelles Nutzenkalkül ni<strong>ch</strong>t bestimmbar ist. Dieses Defizit läßt si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t dadur<strong>ch</strong> überbrücken, daß – gewissermaßen dur<strong>ch</strong> die Hintertür – moralis<strong>ch</strong>e<br />

Bes<strong>ch</strong>ränkungen <strong>der</strong> Nutzenmaximierung eingeführt werden, denn damit verliert<br />

die <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorie ihren Charakter als Ents<strong>ch</strong>eidungstheorie. Die <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien<br />

<strong>der</strong> hobbesianis<strong>ch</strong>en Grundposition stellen si<strong>ch</strong> also insgesamt als prozedurale<br />

<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien dar, <strong>der</strong>en konkrete <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sbegründung mit<br />

so gewi<strong>ch</strong>tigen Unwägbarkeiten belastet ist und zu so inadäquaten Sozialmodellen<br />

führt, daß die <strong>Theorien</strong> im Ergebnis ni<strong>ch</strong>t überzeugen können.<br />

D. <strong>Theorien</strong> <strong>der</strong> kantis<strong>ch</strong>en Grundposition<br />

I. Zur Kritik <strong>der</strong> Sozialvertragstheorien<br />

Neuere Sozialvertragstheorien orientieren si<strong>ch</strong> meist an <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorie<br />

von Rawls. Au<strong>ch</strong> als Referenzpunkt für Gegenmodelle und als Kristallisationspunkt<br />

für grundlegende Kritik dient diese Theorie. Deshalb sollen ihre S<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>en hier stellvertretend<br />

für viele an<strong>der</strong>e Sozialvertragstheorien untersu<strong>ch</strong>t werden. Analyse und<br />

Kritik können dabei auf die Dreiteilung zurückgreifen, die in <strong>der</strong> Darstellung gewählt<br />

wurde: ents<strong>ch</strong>eidungstheoretis<strong>ch</strong>e Elemente, ältere Fairneßtheorie und neuere<br />

Liberalismustheorie 117 . Die Rawls-Kritik in <strong>der</strong> Sekundärliteratur ist so umfangrei<strong>ch</strong>,<br />

daß sie hier ni<strong>ch</strong>t präsentiert werden kann 118 . Es muß bei einer Auswahl von Kritikpunkten<br />

bleiben.<br />

gründung <strong>der</strong> Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te und des Staates (1997), S. 289 ff.; W. Kersting, Herrs<strong>ch</strong>aftslegitimation<br />

(1997), S. 48 ff.<br />

114 Vgl. O. Höffe, Moral als Preis <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne (1993), S. 172 ff. (ökologis<strong>ch</strong>e <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>), S. 175<br />

(negatives Trittbrettfahren), S. 218 ff. (<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> gegenüber Tieren).<br />

115 O. Höffe, Erwi<strong>der</strong>ung (1997), S. 338.<br />

116 O. Höffe, Erwi<strong>der</strong>ung (1997), S. 347.<br />

117 Dazu oben S. 180 ff. (Theorie <strong>der</strong> Maximin-Wahl), S. 199 ff. (Theorie <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> als Fairneß),<br />

S. 205 ff. (Theorie des politis<strong>ch</strong>en Liberalismus).<br />

118 Die frühe Bibliographie von H.G. Wellbank/D. Snook/D.T. Mason, John Rawls and his Critics (1982),<br />

S. 23 ff. zählt allein 2.512 Sekundärquellen; zum jetzigen Zeitpunkt ist die Sekundärliteratur ni<strong>ch</strong>t<br />

mehr erfaßbar. Ein hier ni<strong>ch</strong>t weiter verfolgter Kritikpunkt ist <strong>der</strong> von B. Barry, The Liberal Theory<br />

of Justice (1973), S. 134 ff. – im Vierstufenmodell bleibe für den Verfassunggeber kaum no<strong>ch</strong><br />

Handlungsspielraum. Sehr ausführli<strong>ch</strong>e Kritik u.a. bei P. Koller, Neue <strong>Theorien</strong> des Sozialkontrakts<br />

(1987), S. 77 ff.<br />

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