16.04.2014 Aufrufe

Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

N 1 ':<br />

N 2 ':<br />

Jede Person hat einen glei<strong>ch</strong>en Anspru<strong>ch</strong> auf ein vollständig<br />

angemessenes System glei<strong>ch</strong>er Grundre<strong>ch</strong>te und<br />

Freiheiten, das mit dem glei<strong>ch</strong>en System für alle verträgli<strong>ch</strong><br />

ist; und in diesem System muß den glei<strong>ch</strong>en politis<strong>ch</strong>en<br />

Freiheiten, und nur diesen Freiheiten, ihr fairer<br />

Wert garantiert werden.<br />

Soziale und wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Unglei<strong>ch</strong>heiten müssen zwei<br />

Bedingungen erfüllen:<br />

(a) erstens müssen sie mit Positionen und Ämtern verbunden<br />

sein, die unter den Bedingungen fairer Chancenglei<strong>ch</strong>heit<br />

allen offen stehen;<br />

(b) und zweitens müssen sie den am wenigsten begünstigten<br />

Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Gesells<strong>ch</strong>aft zum größten Vorteil<br />

gerei<strong>ch</strong>en.<br />

Zwis<strong>ch</strong>en den Grundsätzen besteht na<strong>ch</strong> wie vor eine Vorrangregel (lexical or<strong>der</strong>), die<br />

eine 'soziale und wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Unglei<strong>ch</strong>heit' im Sinne von N 2 ' erst zuläßt, wenn<br />

Grundfreiheiten im Sinne von N 1 ' allen garantiert sind 410 . Als weitere materielle Ergänzung<br />

ist das erste <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sprinzip nunmehr so zu verstehen, als ginge ihm<br />

ein übergeordnetes Prinzip sozialer Mindeststandards voraus. Na<strong>ch</strong> diesem Kriterium<br />

des Existenzminimums müssen die Grundbedürfnisse <strong>der</strong> Bürger jedenfalls insoweit<br />

befriedigt sein, als dies notwendige Voraussetzung dafür ist, daß sie ihre<br />

Re<strong>ch</strong>te und Freiheiten verstehen und fru<strong>ch</strong>tbar ausüben können 411 .<br />

d) Ergebnisse<br />

Im 'politis<strong>ch</strong>en Liberalismus' hat Rawls einen methodis<strong>ch</strong>en Ri<strong>ch</strong>tungswe<strong>ch</strong>sel bei<br />

<strong>der</strong> Begründung seines na<strong>ch</strong> wie vor egalitären Liberalismus vorgenommen. An die<br />

Stelle des deduktiven kantis<strong>ch</strong>en Vertragsmodells tritt die Überzeugungskraft einer<br />

auf universellen Konsens gebauten <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>skonzeption. Die zunehmende Differenzierung<br />

<strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sprinzipien ers<strong>ch</strong>wert dabei die Überprüfung ihrer Begründung.<br />

first, they are to be atta<strong>ch</strong>ed to positions and offices open to all un<strong>der</strong> conditions of fair equality of<br />

opportunity; and second, they are to be to the greatest benefit of the least advantaged members of<br />

society.«<br />

410 J. Rawls, Political Liberalism (1993), S. 6.<br />

411 J. Rawls, Political Liberalism (1993), S. 7: »[I]mportant aspects of the principles are left out in the<br />

brief statement as given. In particular, the first principle covering the equal basic rights and liberties<br />

may easily be preceded by a lexically prior principle requiring that citizens' basic needs be<br />

met, at least insofar as their being met is necessary for citizens to un<strong>der</strong>stand and to be able fuitfully<br />

to exercise those rights and liberties.«<br />

210

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!