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Bremen September 2006 - Kultur Vor Ort e.V.

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<strong>Bremen</strong> <strong>September</strong> <strong>2006</strong>


Intro<br />

Ein stiller, grauer Fluss, Industriebrachen, endlose verwaiste<br />

Parkplatzareale, moosbeschichtete Gleisanlagen: Der Standort,<br />

an dem Pink House <strong>Bremen</strong> errichtet wurde, erinnert an<br />

Tarkowskis „Zone“ im Stalker: Das Areal auf dem ehemaligen<br />

Gelände der internationalen Großwerft A.G. „Weser“<br />

am Rande des Bremer Stadtteils Gröpelingen ist ein <strong>Ort</strong>, an<br />

dem kollektive Erinnerungen inmitten rätselhafter Artefakte<br />

aus Vergangenheit und Gegenwart, Träume, Melancholie und<br />

Optionen auf die Zukunft der Stadtgesellschaft mit den Händen<br />

zu greifen sind.<br />

Am Rande des Stadtteils mit 35.000 Einwohnern fand sich<br />

nicht nur die besondere Kulisse für eine pinkfarbene Skulptur<br />

aus Riga, sondern auch ein natürlicher Anknüpfungspunkt für<br />

Fragen nach der Zukunft der europäischen Stadt: Was ist der<br />

Kern von Stadtgesellschaft? Was hält sie noch zusammen im<br />

globalen Strukturwandel?<br />

An der Peripherie des ehemaligen Arbeitervorortes, der innerhalb<br />

eines Jahrzehnts zum alimentierten „Problemqaurtier“<br />

wurde, sind die disparaten Entwicklungen zwischen Quartiersdörflichkeit<br />

und globalem Strukturwandel deutlich spürbar.<br />

Mit der benachbarten leer stehenden Hülle des gescheiterten<br />

Großprojektes Space-Park stellt sich hier auch die Frage nach<br />

neuen städtischen Utopien.<br />

In dieser pinken Zone zwischen Brachen, Pleiten, Neubeginn<br />

und Stadtalltag wurde vom 22.-30. <strong>September</strong> <strong>2006</strong> das Pink<br />

House errichtet. Pink House wurde <strong>Bremen</strong>s temporäres Labor<br />

für die Zukunft der Stadtgesellschaft: schräg und schön,<br />

europäisch und metropol, anrührend und geheimnisvoll. Neun<br />

Tage war die Skulptur aus Riga ein <strong>Ort</strong> für Heiligenschein und<br />

Scheinheilige, für Mythen und Methoden, für Spuren und Zeichen.<br />

Mit dieser Dokumentation werden die konzeptionellen Überlegungen<br />

skizziert, das Programm des Festivals vorgestellt und<br />

ein Resümee gezogen.


Pink House <strong>Bremen</strong><br />

Ein europäisches Kunstprojekt in einer europäischen <strong>Vor</strong>stadt<br />

Ein europäisches Kunstprojekt<br />

Die beiden lettischen Künstler Aigars Bikse und Kristaps Gulbis<br />

konzipierten das europäische Kunstprojekt Pink House zu<br />

einem Zeitpunkt, als die Idee eines Europas mit gemeinsamen<br />

„kulturellen, religiösen und humanistischen Überlieferungen“<br />

in die Krise geriet: Die europäische Verfassung scheiterte bei<br />

Abstimmungen in Frankreich und den Niederlanden. Und bei<br />

den ersten Haushaltsberatungen der EU nach der Osterweiterung<br />

gewann ein jedem weihevollen Wertekonsens fremder<br />

Pragmatismus die Oberhand, bei dem mit gebleckten Zähnen<br />

Lobbyisten gegen Regierungen, „altes“ gegen „neues“ Europa,<br />

Ost gegen West und Süd gegen Nord verbissen um Geld<br />

und Macht stritten.<br />

Europa – das alte Versprechen auf Emanzipation, individuelle<br />

und kollektive Freiheit und Wohlstand für alle – dieses Europa<br />

des Nachkriegsaufbruchs gibt es nicht mehr. Der griechische<br />

Tempel, Symbol der „Wiege europäischer Demokratie“,<br />

scheint kaum noch identitätsstiftenden Charakter zu haben.<br />

Pink House erzählt von einem neuen Europa, in dem der Kampf<br />

nationaler und regionaler Interessen so offen wie selten zuvor<br />

seit Gründung der EU ausgetragen wird. Es ist kein Zufall,<br />

dass Pink House von zwei lettischen Künstlern konzipiert wurde:<br />

Nicht nur ihr spezieller, ironischer Blick vom Rande Europas<br />

auf die altehrwürdigen Werte der Union haben dieses Projekt<br />

hervorgebracht, sondern auch die einfache Tatsache, dass nach<br />

der Osterweiterung ein Großteil kultureller Fördermittel der Gemeinschaft<br />

in die neuen Beitrittsländer fließt und dort das Interesse<br />

an zeitgenössicher europäischer Kunst besonders groß ist.<br />

<strong>Vor</strong> dem Hintergrund der Entwicklung in Europa ist schon allein<br />

die Behauptung, ein „europäisches Kunstprojekt“ auf<br />

den Weg durch europäische Metropolen zu schicken und dies<br />

in Form eines griechischen Tempels, eine Provokation, wenn<br />

auch in Venedig anders als in Budapest und dort wiederum<br />

anders als in <strong>Bremen</strong>. In Venedig bauten die jungen Stars der<br />

lettischen Kunstszene ihren Tempel während der Biennale di<br />

Venezia 2005 nicht in den traditionellen Giardini, sondern<br />

im verdreckten Industrieareal Marghera auf und setzten damit<br />

Zeichen. „Wir wollten zeigen“ schrieben Bikse und Gulbis<br />

„dass diese glitzernde Perle Venedig, dieses historische Stadt-<br />

Museum, in dem das kulturelle Erbe Europas bejubelt wird,<br />

auch ein anderes Gesicht hat und dass dies das eigentliche,<br />

das wahre Venedig ist.“


In Budapest war Pink House vor allem einmal zeitgenössische<br />

Kunst aus Osteuropa, die von einem jungen Publikum begierig<br />

aufgenommen wurde.<br />

über „Europa“ zu führen, vielmehr galt es, die Realität Europas<br />

in seinen Metropolen aufzugreifen und am Lebensalltag<br />

der europäischen Städter anzuknüpfen.<br />

In <strong>Bremen</strong> haben die Veranstalter mit dem Standort am<br />

Stadtrand an die Positionierung in Venedig angeknüpft und<br />

gleichzeitig mit einem eigensinnigen Programm einen neuen<br />

Kontext für das Pink House erschlossen. Dabei wurde der Gedanke<br />

des „europäischen Kunstprojektes“ sehr wörtlich genommen<br />

und die Skulptur als Bühne für den Dialog und das<br />

Tohuwabohu innerhalb Europas genutzt.<br />

Für Pink House <strong>Bremen</strong> konnte es aber nicht darum gehen,<br />

an diesem besonderen <strong>Ort</strong> eine abstrakte Auseinandersetzung<br />

Pink House <strong>Bremen</strong> begriff die Stadtgesellschaft der Peripherie<br />

als Nukleus europäischer Gesellschaft und setzte damit die<br />

relevanten europäischen Auseinandersetzungen ins Zentrum<br />

der künstlerischen Projekte: Soziale Disparität und die damit<br />

verbundenen sozialen Auseinandersetzungen, kulturelle Lebensstile<br />

zwischen Distinktion und Assimilation und die Positionierung<br />

europäischer Gesellschaft im globalen Koordinatensystem<br />

– all das nicht vom Feldherrenhügel der großen Politik<br />

betrachtet, sondern im Fokus des alltäglichen polykulturellen<br />

Lebens in den Stadtteilen.


Gröpelinger Delefgation in Budapest<br />

Die ironische Hülle eines aufblasbaren Tempels bot einen<br />

überzeugenden Rahmen für die unterschiedlichen Künstler<br />

und künstlerischen Ansätze, die die Veranstalter ins Pink<br />

House eingeladen hatten. So verschmolzen klassische Theaterproduktion,<br />

verschiedene von Profis und Semiprofis gemeinsam<br />

konzipierte Performances, Video- und Radioexperimente,<br />

Podiumsdiskussionen und Tischreden, Musik und Ausstellungen<br />

zu einem künstlerischen Gesamtkonzept, in der jene Begegnungen<br />

stattfanden, die im weitesten Sinne als eine Begegnung<br />

von Zentrum und Peripherie begriffen werden kann.<br />

Struktur des Projektes<br />

Pink House <strong>Bremen</strong> war Teil des europäischen Gesamtprojektes<br />

Pink House, das auf der Biennale di Venezia 2005 Premiere hatte<br />

und anschließend zu Gast in weiteren vier europäischen Ländern<br />

war (Birmingham, Budapest, <strong>Bremen</strong>, Lodz). Das Team<br />

zur Bewerbung <strong>Bremen</strong>s als europäische <strong>Kultur</strong>hauptstadt 2010<br />

bewarb sich bei den Initiatoren des Pink House schon 2004 und<br />

erhielt eine Zusage. Das ebenfalls vom Bewerbungsteam initiierte<br />

artserv.net Network of Performing Art Services wurde mit<br />

der Realisierung von Pink House <strong>Bremen</strong> beauftragt.<br />

Das Network of Performing Art Services richtet sich besonders<br />

an junge und innovative Künstler, denen es die Möglichkeit<br />

bietet, sich dem europäischen Wettbewerb zu stellen und an<br />

internationalen Workshop und Kunstaktionen teilzunehmen.<br />

Artserv.net vermittelt Kontakte zu <strong>Kultur</strong>schaffenden und ist<br />

Plattform für Diskussion und Austausch. Ferner vergibt artserv.<br />

net Stipendien, und erlaubt damit kreativen Köpfen in <strong>Bremen</strong><br />

und für <strong>Bremen</strong> Erfahrungen bei <strong>Kultur</strong>institutionen, Festivals<br />

und internationalen Projekten zu sammeln. Das Netzwerkbüro<br />

initiiert, organisiert und realisiert rund zehn internationale Projekte<br />

im Jahr und vergibt rund sechs Stipendien.<br />

Als Partner im Stadtteil konnte die Initiative <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong><br />

gewonnen werden. Die Initiative arbeitet seit zehn Jahren im<br />

Bremer Westen an der Schnittstelle von Stadtentwicklung, Bildung<br />

und <strong>Kultur</strong>. Mit dem mehrjährigen Projekt „remember<br />

me“ arbeitet KVO insbesondere zu Fragen von Geschichte<br />

und Identität und der polykulturellen Wirklichkeit in der postmodernen<br />

Stadtgesellschaft. Dies war der Anknüpfungspunkt<br />

der Initiative für Pink House <strong>Bremen</strong>.<br />

Das Konzept der Künstler Kristaps Gulbis und Aigars Bikse<br />

sah vor, dass die Partner vor <strong>Ort</strong> den pinkfarbenen Tempel<br />

mit einem eigenen künstlerischen Konzept versahen und so<br />

in einen konkreten Kontext stellten. Während beispielsweise<br />

in Budapest die Skulptur selbst im <strong>Vor</strong>dergrund stand und<br />

in Lodz das temporäre Gebäude als Galerie für eine wichtige<br />

Ausstellung zeitgenössischer Kunst diente, entschieden sich<br />

die Veranstalter in <strong>Bremen</strong>, die Idee der Thematisierung der<br />

städtischen Peripherie aus Venedig aufzugreifen und das Pink<br />

House in einem städtischen Randbezirk aufzubauen.<br />

Damit verbunden war der Anspruch, das Haus zu einem <strong>Ort</strong><br />

von Begegnungen zwischen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen<br />

zu machen: Zwischen <strong>Kultur</strong>interessierten und eher


abseits Stehenden, zwischen Bewohnern des Stadtrands und<br />

Bewohnern der angesagten Innenstadtquartiere, zwischen<br />

Migranten und Eingeborenen, zwischen Erwerbslosen und Erwerbstätigen<br />

und so weiter.<br />

Die Skulptur selbst und die permanente Photoausstellung<br />

wurden deshalb wesentlich erweitert durch ein umfangreiches<br />

Programm, das für verschiedene soziale und kulturelle Gruppen<br />

unterschiedliche Anlässe bot, das Haus zu besuchen.<br />

Die Basis des Programms bestand aus einer sich täglich wiederholenden<br />

Abfolge der drei Programmschwerpunkte „Das<br />

Orakel von Gröpelingen“, „Volksküche Babel“ und „Das gute<br />

Leben und der wunderschöne Tod des Herrn D.“. Tatsächlich<br />

gelang es mit dieser Struktur, ein sehr ungewöhnliches Publikum<br />

zu gewinnen, in dem sich Besucher aus der Innenstadt<br />

mischten mit denen aus dem Quartier und man nicht nur gemeinsam<br />

<strong>Kultur</strong> konsumierte, sondern miteinander agierte<br />

und kommunizierte.<br />

Internationale Zusammenarbeit<br />

Von Anfang an waren die Veranstalter darum bemüht, das<br />

Gesamtprojekt international zu verorten. Möglich wurde dies<br />

vor allem durch die Arbeitsansätze und vielfältigen Erfahrungen<br />

von artserv.net, das mit Reisestipendien, Arbeitsbesuchen<br />

und verschiedenen Programmen an einem vitalen<br />

Austausch mit jungen Kunstszenen anderer europäischer Metropolen<br />

arbeitete.<br />

Intensiv wurde Kontakt mit den anderen europäischen Pink-<br />

House-Partnern gesucht und vertieft. Dazu gehörten zunächst<br />

einmal die engen Arbeitskontakte mit den künstlerischen und<br />

organisatorischen Initiatoren in Riga, die über das MMIC in<br />

Riga abgewickelt wurden. Darüber hinaus ging es auch um<br />

künstlerische und organisatorische Kontakte mit den anderen<br />

europäischen Partnern. Der Theaterregisseur und ein Bühnenbauer<br />

inspizierten Pink House Birmingham und trugen so<br />

wichtige Details zur organisatorischen <strong>Vor</strong>bereitung in <strong>Bremen</strong><br />

zusammen.<br />

Das Museum Ludwig in Budapest erwies sich trotz der großen<br />

Unterschiedlichkeit des deutschen und des ungarischen Partners<br />

als guter Kooperationspartner. Gemeinsam wurde das Ausstellungskonzept<br />

Interchange entwickelt, die Anforderungen<br />

besprochen, die Fotografen des jeweiligen Landes ausgewählt<br />

und Reisen organisiert. Auch über die Art und Weise der Präsentation<br />

der Bilder wurde ein Konsens gefunden. Das ging so<br />

weit, dass auch die Kunstwerke selbst, also die großformatigen<br />

Bilder nur ein Mal produziert wurde, und dann in beiden Städten<br />

gezeigt wurden.<br />

Durch das Gesamtprojekt konnte artserv.net zahlreiche neue<br />

Arbeitsbeziehungen zu europäischen <strong>Kultur</strong>schaffenden auf-<br />

Selbstportrait des ungarischen<br />

Fotografen Gábor Gerhes aus dem<br />

Bilderzyklus »<strong>Bremen</strong>«


auen, interessanterweise auch innerhalb <strong>Bremen</strong>s, wo mit dem<br />

Bremer Kooperationspartner agitPolska ein wichtiger Kommunikator<br />

zur aktuellen polnischen Kunstszene gefunden wurde.<br />

Der Standort<br />

Pink House sollte im Kontext dieses sozialen Rahmens zunächst<br />

als eine irritierende und provozierende Skulptur mitten<br />

auf dem Hauptverkehrsknotenpunkt Ohlenhofplatz errichtet<br />

werden. Dieser Platz dient als Scharnier zwischen den unterschiedlichen<br />

Quartieren des Stadtteils und ist ausserordentlich<br />

belebt. Aus technischen Gründen konnte die Skulptur dort<br />

aber nicht errichtet werden.<br />

Bewusst wählten die Bremer Veranstalter einen Stadtteil als<br />

Veranstaltungsort, der nicht nur geographisch, sondern auch<br />

kulturell, sozial und ökonomisch die Peripherie <strong>Bremen</strong>s bildet.<br />

Dabei ging es aber nicht darum, einen spektakulären <strong>Ort</strong> des<br />

urbanen Verfalls zur Kulisse einer schrillen Skulptur aus Riga<br />

zu machen, sondern um einen möglichst typischen urbanen<br />

Kontext, wie er in den Peripherien europäischer Großstädte zu<br />

Beginn des 21. Jahrhunderts häufig zu finden ist.<br />

In diesem Sinne bot sich <strong>Bremen</strong>-Gröpelingen als Standort für<br />

Pink House an. Mit 35.000 Einwohnern verfügt der Stadtteil<br />

über eine ernstzunehmende urbane Größe. Die Sozialstruktur<br />

des Stadtteils ist durchaus prototypisch für viele europäische<br />

Stadtgesellschaften: Der Stadtteil war einst eine Hochburg<br />

industrieller Fertigung (Schiffbau, Stahlproduktion), geprägt<br />

von einem klassenkämpferischen Arbeitermilieu und wurde<br />

nach der Erosion der Industriegesellschaft zu einem so genannten<br />

„abgehängten“ Quartier mit ca. 25% Erwerbslosen,<br />

geschätzten mehr als 40% Bewohnern mit Migrationshintergrund<br />

und einer wachsenden Schicht von new urban poor.<br />

Als Alternative wählten die Veranstalter einen <strong>Ort</strong> vor dem<br />

Lichthaus, einem Gründerzentrum und <strong>Kultur</strong>haus in dem vom<br />

Space Park (einem brachliegenden gescheiterten Edutainment-<br />

Großprojekt) dominierten Areal zwischen Fluss und Stadtteil.<br />

Dieser neue Standort lag zwar am Rande des Stadtteils und<br />

konnte deshalb kaum „Laufkundschaft“ gewinnen – aber als<br />

symbolisch stark aufgeladener <strong>Ort</strong> zwischen unerfüllten Hoffnungen<br />

auf dem ehemaligen Industrieareal und dem benachbarten<br />

Stadtteil lag allen Besuchern die Frage, das Thema des<br />

Festivals gleichsam auf der Zunge: Wie soll es weiter gehen<br />

mit europäischen Randgebieten und einer Gesellschaft im europäischen<br />

Wettbewerb?<br />

Sicher verlor die Skulptur an diesem <strong>Ort</strong> etwas von ihrem provozierenden<br />

Gestus, der auf dem Ohlenhofplatz zu vielen spontanen<br />

Reaktionen der Anwohner geführt hätte – dafür aber entpuppte<br />

sich die grüne Wiese am Lichthaus als ein idealer <strong>Ort</strong> für<br />

konzentrierte Wahrnehmungen über den Alltagshorizont hinaus.<br />

Der neue Platz bot Verweilqualitäten, die gemeinsam mit dem<br />

unerwartet guten Wetter dazu führten, dass die Besucher sich<br />

länger am <strong>Ort</strong> aufhielten und so mehr Zeit hatten, sich mit<br />

dem Projekt auseinander zu setzen. Der Ohlenhofplatz hätte<br />

das nicht geboten.


Das Projekt nimmt Form an<br />

Den Veranstaltern in <strong>Bremen</strong> war wichtig, die spektakuläre<br />

Hülle durch den Ausbau des Innenraums und der Gestaltung<br />

des Außengeländes zu einem <strong>Ort</strong> kultureller/künstlerischer<br />

Möglichkeiten zu machen, der Innenraum sollte mit seinem<br />

Äußeren „mithalten“ können.<br />

Stefan Berthold (theaterkontor bremen) entwarf deshalb eine<br />

Bühne, die einerseits für die unterschiedlichen Formate tauglich<br />

war und gleichzeitig den Innenraum zu einem Gesamtkunstwerk<br />

verdichtete. Dazu wurde ein kompletter Holzfußboden<br />

mit einer Neigung eingebaut, die bei den Besuchern<br />

zu einer gewollten permanenten Irritation führte, zusätzlich<br />

ein Wasserbassin eingelassen, das für verschiedene Inszenierungen<br />

Bedeutung erhielt. Eine transparente Innenverkleidung<br />

gab dem Innenraum eine fast schon behagliche Atmosphäre,<br />

ließ aber die Konstruktion des Pink House sichtbar.<br />

Darüber hinaus wurden im <strong>Vor</strong>feld verschiedene Projekte initiiert,<br />

die den Raum von Beginn an in eine permanente künstlerische<br />

Aktivität einwoben.<br />

Zunächst war dies die schon erwähnte gemeinsam mit dem<br />

Museum Ludwig (Budapest) entwickelte Ausstellung Interchange,<br />

in der Fotoportraits der Städte Budapest und <strong>Bremen</strong><br />

zu sehen waren, die von zwei Fotokünstlern im Austausch erarbeitet<br />

worden waren.<br />

Auf Einladung des Ludwig Museum hatte die Bremer Künstlerin<br />

Léa Dietrich einige Tage Budapest bereist und sich zu einer<br />

Fotoserie entschlossen, die in den Heilbäder Budapests<br />

entstand. „Die Bäder sind wie Inseln in der hektischen, lauten<br />

und dicht besiedelten Stadt Budapest. Kaum Parks und Grünanlagen<br />

sind zu finden, das graue Meer der steinernen Bauten<br />

scheint keinen Anfang und kein Ende zu haben. Die heißen<br />

Quellen und Bäder sind die Inseln, auf die sich die Budapester<br />

retten, um sich zu erholen, um zu sich zu kommen“ beschreibt<br />

Léa Dietrich ihre Arbeit. Die unter Wasser entstandene<br />

Fotoreihe zeigt Körper, die scheinbar schwerelos und<br />

traumverloren im Raum schweben und sich im Spiel der streng<br />

geometrischen Kachelflächen und den fraktalen Strukturen<br />

der Luftblasen auf zu lösen scheinen.<br />

Aus dem Bilderzyklus »Budapest« von Léa Dietrich


Eine zweite Arbeit aus Budapest wurde zeitgleich zum Pink<br />

House im Atelierhaus Roter Hahn gezeigt. „die zweiundsiebzig<br />

sekunden der ferercne“ reflektiert die Begegnung der<br />

Künstlerin mit einer Straßenkehrerfamilie in Budapest. „Meine<br />

Begegnung mit der Familie Ferercne war ein Eintauchen in<br />

eine andere Welt, in der selbst die Zeit anderen Gesetzmäßigkeiten<br />

zu folgen schien.“ Die Videoinstallation mit drei großformatigen<br />

Arbeiten verführte in der konzentrierten Atmosphäre<br />

der kleinen Galerie dazu, die Zeit verstreichen zu lassen<br />

und sich ausgiebig mit der Arbeit auseinander zu setzen.<br />

Auf Einladung von artserv.net besuchte der ungarische Künstler<br />

Gábor Gerhes <strong>Bremen</strong>. Er entschied sich zu drei Portraits<br />

Gröpelinger Familien, in die er sich selbst mit inszenierte. In<br />

Anlehnung an die Bremer Stadtmusikanten hat Gerhes jeweils<br />

eine Gitarre integriert „Es sieht aus, als hätte es Sinn, aber es<br />

hat keinen“ sagte Gerhes einmal über einige seiner konstruierten<br />

oft ironischen Fotos, in denen er selbst meistens eine<br />

Rolle spielt. In diesem Fall geriet seine Arbeit aber eher zu einer<br />

warmherzigen Hommage an das alltägliche Leben in den<br />

Familien am Stadtrand.<br />

Die zweimal drei großformatigen Fotos beider Künstler wurden<br />

in von innen beleuchteten Displays präsentiert und<br />

wirkten wie Fenster in den internationalen Raum, den das<br />

Pink House durch seine Kooperationen schuf.<br />

Zur Innenausstattung waren unter dem Motto „Besuchen Sie<br />

Ihr Sofa“ Bremer eingeladen, ihr Sofa dem Pink House leihweise<br />

zur Verfügung zu stellen. Via Sofa konnten die temporären<br />

Nutzer der Sitzgelegenheiten mit den Eigentümern<br />

Kontakt aufnehmen oder umgekehrt, die Eigentümer mit<br />

Freunden und Bekannten ihr Sofa in einem ungewohnten<br />

Kontext genießen. Dazu war auf einem Schild ein Foto der Eigentümer<br />

nebst Geschichte des Möbelstücks vermerkt und<br />

auf bereit liegenden Zetteln die Möglichkeit gegeben, Botschaften<br />

an die Besitzer zu richten. “Yannik, Bo und Lars<br />

horchten an der Lehne. Vermutlich ist das Sofa noch nicht<br />

ganz wach, es erzählte (noch) nichts. Sofas sind ja auch eher<br />

nachtaktiv“ notierte eine Familie beispielsweise und eine Frau<br />

schrieb: „O Fluch, das Sofa ist nicht pinkerig genug“. Die Besitzer<br />

waren jederzeit eingeladen, ihr verliehenes Möbel aufzusuchen<br />

und dort mit den derzeitigen Besuchern direkt in<br />

Kontakt zu treten. Die mit Wasserpfeifen ausgestattete interaktive<br />

Sofalandschaft erwies sich als eine fabelhafte Spielwiese<br />

und als effektvoller und flexibler Zuschauerraum.<br />

Schließlich fand in dieser Sofalandschaft auf schiefer Ebene<br />

mit Fenstern in die Welt die permanente Performance Snake –<br />

Im Zeichen der Schlange statt. Am Anfang der Idee stand der<br />

Befund, dass die „alten Strickmuster“ im Quartier nicht mehr<br />

funktionierten. Die Erosion des Arbeitermilieus hinterließ kein<br />

neues dominierendes Milieu, kein eindeutiges „Strickmuster“,<br />

sondern uneindeutige und polykontextuelle städtische<br />

Lebensstile, <strong>Kultur</strong>en und Milieus. Die Metapher von den<br />

Strickmustern erhielt vor diesem Hintergrund eine ganz reale<br />

Bedeutung: <strong>Vor</strong> allem die Migranten verfügten über tradierte<br />

Strickmuster, die in Nordwesteuropa teilweise unbekannt sind.<br />

Während des Pink House wurden deshalb Körbe mit pinkfarbener<br />

Wolle zur Verfügung gestellt. Viele Besucher und Besucherinnen<br />

griffen wie selbstverständlich zu den Stricknadeln<br />

und es entstand eine knapp 15 Meter lange Schlange, als<br />

Symbol für Wandlungsfähigkeit und für die mitunter schmerzhaften<br />

Häutungsprozesse im Quartier.<br />

10


Phase Pink – Ein Stadtteil nimmt teil<br />

Im <strong>Vor</strong>feld zum Pink House wurde vom Partner <strong>Kultur</strong> vor <strong>Ort</strong><br />

ein Workshop phase pink durchgeführt. Hintergrund für phase<br />

pink war die Entscheidung, den Stadtteil in die programmatische<br />

und organisatorische <strong>Vor</strong>bereitung von Pink House<br />

<strong>Bremen</strong> einzubeziehen. Die Reihe von Veranstaltungen, Workshops,<br />

<strong>Vor</strong>trägen, Reisen und Meetings unter dem Titel phase<br />

pink diente einer breiten Mobilisierung im Stadtteil, schuf<br />

einen öffentlich wahrnehmbaren Spannungsbogen bis zur Eröffnung<br />

von Pink House am 22.9. und bündelte Ressourcen,<br />

Themen und Ideen zum roten Faden für das Projekt.<br />

Seit November 2005 arbeiteten ca. 150 Stadtteilbewohner<br />

aktiv in unterschiedlichen Gruppen bei phase pink mit. Mit<br />

phase pink wurden auch der Stadtteilbeirat, Abgeordnete der<br />

Bürgerschaft, Stadtteilmarketing, <strong>Ort</strong>samt und Sponsoren regelmäßig<br />

in die <strong>Vor</strong>bereitungen einbezogen und informiert.<br />

Gleichzeitig war phase pink auch die Plattform, um weitere<br />

kulturelle und soziale Institutionen einzubeziehen (Bürgerhäuser,<br />

Schulen im Stadtteil, VHS-West, Stadtbibliothek West, Arbeitslosen-<br />

und Jugendinitiativen). Auf diese Weise entstand<br />

für das Pink House ein hilfreiches Netzwerk.<br />

Eine Delegation besuchte das Pink House in Budapest und<br />

nahm Kontakt mit den Partnern im Ludwig Museum auf. Die<br />

Gruppe arbeitete anschließend programmatisch mit und leistete<br />

einen erheblichen ehrenamtlichen Beitrag bei der Durchführung<br />

des Projektes (Wachdienste, Einlass, Werbung, Stadtteilzeitung<br />

zum Thema, Catering, Umbauten etc.).<br />

Im Rahmen des Workshops befasste sich eine Gruppe intensiv<br />

mit dem Orakel, dessen Konzept und konkrete Gestaltung<br />

und Durchführung gemeinsam mit professionellen Künstlern<br />

erarbeitet wurde. (s.u.)<br />

Zur phase pink zählt auch die Kooperation mit der Elternschule<br />

Gröpelingen, einem sozialintegrativen Angebot für Eltern im<br />

sozialen Brennpunktgebiet Stuhmer Straße. Die erwachsenen<br />

Teilnehmer erarbeiteten unter der Leitung von Gil Staug die<br />

Ausstellung pink landscape and green temples, die in der temporären<br />

Galerie von <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong> parallel zum Pink House<br />

gezeigt wurde.<br />

Das Mobile Atelier (<strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong>) bot mehrere Workshops an,<br />

in denen künstlerisch unter dem Motto „Gröpelingen träumt<br />

pink“ gearbeitet wurde und an denen vornehmlich Familien mit<br />

Kindern teilnahmen. Auch diese Arbeiten wurden ausgestellt.<br />

Für das Pink House <strong>Bremen</strong> entwickelte phase pink das Projekt<br />

Glücksbazar. In Stadtteilen wie Gröpelingen, so die Ausgangslage<br />

des Projektes, hat das Glück viele Gesichter. Selten<br />

11


kommt es als Neuwagen oder Traumhaus daher, meist ist es<br />

kurz und schön, flüchtig oder auch rätselhaft. So entwickelten<br />

die Stadtteilbewohner kurze, ironische oder auch sehr emotionale<br />

Beiträge, die als „Gröpelinger Glück“ im Pink House<br />

verlost wurden. Unter anderem wurden 300 Glückskekse<br />

vergeben, die die 8. Klasse der Pestalozzi-Schule im Rahmen<br />

eines Workshops zum Thema Glück gebacken und mit einem<br />

Satz über Glück versehen hatten.<br />

In der der Performance „Gröpelinger Kaumasse“ fand Kaugummi<br />

als vielseitiger und symbolträchtiger Werkstoff Verwendung.<br />

Unter der Leitung von Michael Bugiel sollte mit Hilfe von<br />

mehreren Tausend Kaugummis drei zu einem Tryptichon kombinierten<br />

Reliefs entstehen, die sich mit sozialen und stadträumlichen<br />

Situationen in Gröpelinger auseinander setzen sollten.<br />

Allerdings litten Glücksbazar und Kaumassen-Projekt unter dem<br />

neuen Standort des Pink Houses, dem die für diese Projekte<br />

notwendige „Laufkundschaft“ fehlte. Beide Aktionen hätten<br />

mehr Publikum verdient gehabt. Die dennoch erschienen Besucher<br />

des Glücksbazars jedenfalls waren erstaunt und begeistert,<br />

das Tryptichon musste allerdings unvollendet bleiben.<br />

12


Performance, Theater und Orakel<br />

Das Programm 22. bis 30. <strong>September</strong> <strong>2006</strong><br />

Das Orakel von Gröpelingen<br />

Im Rahmen von phase pink hatte sich ein Workshop zum<br />

Orakel gebildet, in dem in Zusammenarbeit mit Julia Klein<br />

(Schauspielerin und Erzählerin), Léa Dietrich (Bühnenbildnerin),<br />

Melanie Wissel (Modedesignerin), Andreas Feldkamp<br />

(Komponist) und Akteuren aus dem Stadtteil Konzept, Bühne<br />

und die sieben unterschiedlichen Auftritte erarbeitet wurden.<br />

Kerngedanke war es, den postmodernen griechischen Tempel<br />

mit einem postmodernen Orakel zu versehen, das auf die<br />

essentiellen Fragen zur Zukunft der europäischen Stadtgesellschaft<br />

relevante Antworten geben kann.<br />

Die Fragen wurden im <strong>Vor</strong>feld des Festivals mit Hilfe einer<br />

Pressekampagne von den Bremern erbeten und anschließend<br />

im Workshop gesichtet, ausgesucht und bearbeitet.<br />

In Anlehnung an den Mythenstoff um das Orakel von Delphi<br />

wurde die Schlange als Symbol für Wandlungsfähigkeit genommen.<br />

In einer Mischung aus mythischen Erzählstoffen und<br />

performativen Elementen wurden dann die täglichen ca. 30-<br />

minütigen Auftritte konzipiert, bei denen es um solche Fragen<br />

ging wie „Wer soll das bezahlen?“, „Bewegen sich die Dinge<br />

wirklich nicht, wenn ich nicht hinsehe?“, „Was wird aus dem<br />

Space Park?“ und „Wann wird Werder wieder Meister?“ Der<br />

tägliche Auftritt um 17 h wurde rege vornehmlich von Stadtteilbewohnern<br />

besucht, viele kamen mehrmals und konnten<br />

das Orakel als zusammenhängende Inszenierung erleben.<br />

Volksküche Babel<br />

Mit der Volksküche Babel war ein Format geschaffen, das regelmäßig<br />

Publikum in das Pink House lockte, Hemmschwellen<br />

überwinden half und zum Bleiben bis zum Abendprogramm<br />

animierte. An fünf Abenden war die Stadt zum Tafeln ins Pink<br />

House geladen. Jeweils 60 Gäste saßen gemeinsam an festlich<br />

eingedeckten langen Tischen.<br />

Die Volksküche symbolisierte das soziale, sprachliche und kulturelle<br />

Babel, das in europäischen Stadtteilen zu Beginn des 21.<br />

Jahrhunderts anzutreffen ist. Es lag deshalb auch nahe, sowohl<br />

im kulinarischen Programm, als auch in der Gestaltung darauf<br />

Bezug zu nehmen. Mit dem Ausbildungsträger Akademie Überlingen<br />

war ein Kooperationspartner gewonnen, der in mehrfacher<br />

Hinsicht ideal für dieses Projekt war: Die Umschüler des<br />

Kurses zu Servicekräften in gehobener Gastronomie (Akade-<br />

13


mie Überlingen, Leitung Irena Assabi) haben zum größten Teil<br />

selbst einen Migrationshintergrund. Sie bilden auf besonderes<br />

Weise die neue Zusammensetzung von Stadtgesellschaften in<br />

einem geeinten Europa ab. Die Gruppe ließ sich vom Projekt<br />

begeistern und bereitete während der Unterrichtszeit mit viel<br />

Liebe zum Detail die tägliche Volksküche eigenständig vor.<br />

Die Volksküche wurde für die Auszubildenden zu einer ganz<br />

besonderen Bühne, auf der sie zeigen konnten, über welche<br />

Qualitäten sie verfügen. Gefragt waren nicht nur die Kompetenzen<br />

im Service, ins Spiel gebracht wurden auch die kulturellen<br />

Kompetenzen des Teams. Die täglich wechselnde Dekoration<br />

war eine Referenz an die unterschiedlichen Herkünfte<br />

der Servicekräfte, die das Essen in schwarzem Anzug/Kleid<br />

in ihrer jeweiligen Muttersprache servierten. So verdichtete<br />

dieses Projekt Personal, Besucher, Kleidung, Speisen, Sprachen,<br />

Musik und Dekoration zu einem vielschichtigen Kunststück<br />

über polykulturelle Lebenswirklichkeit in den Städten.<br />

Höhepunkt des Programms waren die jeweiligen Tischreden,<br />

zu denen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens eingeladen<br />

waren. Die Redner hatten als Ausgangspunkt jeweils die Frage<br />

gestellt bekommen, die am gleichen Tag auch dem Orakel<br />

gestellt wurde. So philosophierte beispielsweise Dr. Klaus Sondergeld<br />

(<strong>Bremen</strong> Marketing) zur Frage „Wer soll das bezahlen?“,<br />

Dr. Ulrich Fuchs (Intendanz <strong>Kultur</strong>hauptstadt Linz 09)<br />

über eine mögliche Meisterschaft von Werder <strong>Bremen</strong>, Arie<br />

Hartog (Kurator Gerhard Marcks Haus) zu „Bewegen sich die<br />

Dinge wirklich nicht, wenn ich nicht hinsehe?“ und Magda Ziomek-Beims<br />

(agitPolska) diskutierte zur Frage „Warum sind<br />

nicht alle so wie ich?“ die deutsch-polnischen Beziehungen.<br />

Das gute Leben und der wunderschöne Tod des Herrn D.<br />

Mit einem russischen Theaterstoff entwickelte das theaterkontor<br />

eine Inszenierung, die einerseits den roten Faden des Programms<br />

aufgriff und andererseits unter den schwierigen technischen<br />

Bedingungen des Pink House (Geräuschkulisse, Licht)<br />

bestehen konnte. Die deutsche Erstaufführung des Stücks von<br />

Tatjana Moskwina in der Übersetzung von Galina Zaborskaja<br />

erwies sich in der Kombination von klassischer Theaterinszenierung<br />

und ungewöhnlichem <strong>Ort</strong> als gute Möglichkeit, neues<br />

Publikum zu gewinnen und professionelles Theater an der <strong>Kultur</strong>peripherie<br />

zu erproben. Dabei fand sich ein ungewöhnliches<br />

Publikum zusammen: Einerseits Theaterfans und Interessierte,<br />

die aus den zentral gelegenen Stadtteilen dem Theater an<br />

die Peripherie gefolgt waren und andererseits Stadtteilbewohner,<br />

von denen viele sich sicher in noch keine einzige ernstzunehmende<br />

Theaterinszenierung gewagt hatten. Es zeigte sich<br />

erneut, dass auch und erstrecht an der Peripherie der Stadt die<br />

Qualitätsansprüche nicht hoch genug sein können.<br />

Die Geschichte variiert auf ironische Art und Weise den uralten<br />

Dracula-Stoff: Eine junge Frau, Alissa, verirrt sich in das<br />

14


Schloss des Grafen Dracula, der sich ihr anzunähern sucht, teils<br />

ermutigt, teils abgestoßen von Alissa. Die junge Alissa (Gala<br />

Z.), selbstbewusst, witzig und erotisch sendet ebenso widersprüchliche<br />

Signale aus wie der uralte Graf (Wolfram Grüsser),<br />

der ebenso begierig ist Blut zu lecken, wie er melancholisch im<br />

Gefängnis seiner unsterblichen Männlichkeit verharrt. Alissa ist<br />

dabei nicht das jungfräulich-naive Mädchen, wie wir sie aus<br />

den klassischen Verfilmungen dieses Stoffes kennen, sondern<br />

eine Flüchtende. Die Suchende, die zu Hause schreckliche Misbrauchserfahrungen<br />

gemacht hat, findet im Schloss eine Art<br />

Heimat, die gleichsam verlockend wie quälerisch ist.<br />

In einer zentralen Szene kommt es zum „Biss“, zur Überwältigung<br />

oder besser Vergewaltigung Alissas, die - nun mehr selbst<br />

Vampir geworden - sich schließlich zur Tötung des Grafen entscheidet.<br />

Den Kampf um Tod und Leben, Selbstbehauptung<br />

und Unterwerfung, Liebe, Würde und Hass verdichtete der Regisseur<br />

Benedikt Vermeer auf der effektvoll gestapelten weißschwarzen<br />

Bühne von Stefan Berthold zu einem eindrucksvollen<br />

Ringen zwischen den Geschlechtern, bei dem am Ende nur<br />

noch die im Kampf verloren gegangenen roten Blütenblätter einer<br />

Rose im kleinen Bühnensee übrig bleiben.<br />

Pinkes Rauschen: Rio - <strong>Bremen</strong><br />

Sabrina Zwach, Radiokünstlerin, Theatermacherin und Buchautorin<br />

aus Berlin begab sich mit Pinkes Rauschen – eine Kooperation<br />

mit kulturg.u.t. – auf eine vielschichtige Untersuchung<br />

des städtischen Raums. „Was stattfindet, ist eine<br />

fortschreitende Fragmentarisierung und Homogenisierung<br />

des städtischen Raums. Genauso wie die öffentliche Meinung<br />

nicht mehr existiert, existiert der öffentliche Raum nicht mehr.<br />

Wie lässt sich dieser heute erschließen, vitalisieren, ästhetisch<br />

markieren? Es gilt, aus einer kritischen Distanz heraus, affirmative<br />

und freizeitorientierte Kompensationsangebote oder<br />

aber exklusive Erlebnisräume weiträumig zu umgehen“ beschreibt<br />

sie die Grundlage ihrer künstlerischen Arbeit.<br />

Pinkes Rauschen war vordergründig ein rasantes Gespräch<br />

über „Brecht, Baudrillard, Bumsen und Brasilia“ mit Herbert<br />

Fritsch, der zu diesem Zeitpunkt mit der Berliner Volksbühne<br />

in Brasilien gastierte und live zugeschaltet war. Dahinter<br />

stand ein kluger Diskurs über die Wiederaneignung städtischen<br />

Raums und um die Politisierung der Öffentlichkeit.<br />

Die mitternächtliche Radio-performance wurde auch zu einer<br />

Links: Gala Z. in »Das gute Leben ...« / Oben: Julia Klein als »Orakel von Gröpelingen«<br />

15


Herausforderung des Publikums, das die Produktion live miterlebte<br />

und sich bewusst entscheiden musste, was es denn da<br />

zu hören bekam: Unterhaltung? Eine Fälschung? Geschwätz?<br />

Beziehungskrise? Kunst? Die Zuhörer mussten gleichsam „aktiv<br />

werden, um das ‚Etwas’ zu enträtseln, ihm Bedeutung zu<br />

verleihen“ (Zwach). „Das ist doch alles gar nicht wahr, was du<br />

erzählst“ war Herbert Fritsch aus Rio zu hören „ein pinkfarbener<br />

aufblasbarer Tempel, so etwas gibt es doch gar nicht.“<br />

Und die Zuhörer im Publikum schauten sich um und zweifelten<br />

einen kleinen Moment: Existiert Pink House wirklich?<br />

Für Sabrina Zwach, die auf Einladung von kulturg.u.t. schon<br />

mehrmals in <strong>Bremen</strong> gastierte, war der Auftritt im bizarren<br />

Pink House vor Publikum eine neue Erfahrung und für die Zuhörer<br />

noch tagelang Stadtgespräch.<br />

<strong>Bremen</strong> ausrichtete. Das internationale VJ-Festival beschäftigte<br />

sich in zahlreichen Veranstaltungen mit der Live-Bearbeitung<br />

von laufenden Bildern und Musik. Das live produzierte<br />

und in Echtzeit dargestellte audio-visuelle Erlebnis ist<br />

nicht nur ein besonderes Vergnügen für die Sinne, sondern<br />

erschließt Zusammenhänge, die in ihrer Einmaligkeit nur für<br />

den Moment wahrgenommen werden können. „Der Sehkanal“<br />

schreibt Manfred Faßler in seinem Buch ‚Bildlichkeit, „<br />

spätestens seit Platon, strikt in Lesen und Gucken, Text und<br />

Bild getrennt, wird kulturell neu organisiert. Wie machen wir<br />

gegenwärtig Bilder von der Welt, wie zukünftig? Mit großen<br />

Schritten lernen Menschen, Künstliches zu sehen, ihm zu trauen,<br />

Gesehenes zu bedenken, seine Künstlichkeit zu beleben<br />

und in ihr die Sinne erneut zu schärfen.<br />

Sehkanal Pink House<br />

Christian Meyer-Kahrweg realisierte im Außengelände mit Künstlerkollegen<br />

eine mehrstündige VJ-Performance, die bei milden<br />

Herbstwetter für ein wunderbares Festivalklima rund um das Pink<br />

House sorgte. Die Performance wurde im <strong>Vor</strong>feld von Videokünstlern<br />

in Kooperation mit der Gröpelinger Initiative Nah‘ LOS<br />

gemeinsam mit Jugendlichen aus dem Stadtteil vorbereitet, die<br />

mit Kameras und Fotoapparaten Material für das VJing zusammentrugen.<br />

Sehkanal Pink House war Teil eines Festivals, das der Verein<br />

23 zur Förderung intermedialen <strong>Kultur</strong>austausches e.V. unter<br />

der Projektleitung von Christian Meier-Kahrweg erstmals in<br />

Miteinander sprechen – aber wie?<br />

In den von Migration geprägten <strong>Vor</strong>orten ist „Sprache“ zu<br />

einem Reizthema geworden, vor allem in den Schulen, die<br />

mit einer schwierigen Überlagerung des Alltags durch soziale<br />

Probleme zu kämpfen haben. Die Berliner Herbert-Hoover-Schule<br />

reagierte darauf mit einer Regelung, Deutsch als<br />

Verkehrssprache auf dem Schulhof ihrer Schule durchzusetzen<br />

will. Dieses gemeinsam von Lehrern, Schülern und Eltern entwickelte<br />

Reglement war Anlass, Sprachen, Sprachkompetenz<br />

und Verständigung zum Thema einer Podiumsdiskussion im<br />

Pink House zu machen. Die Leiterin der Herbert-Hoover-Schule<br />

hatte schon Monate vorher ihre Teilnahme zugesagt, was<br />

allerdings im Lehrerkollegium zu Konflikten und schließlich<br />

zur Absage der Teilnahme in allerletzter Minute führte. Man<br />

16


V. l. n. r.:<br />

Wolfram Güsser in »Das gute Leben ...«<br />

Sabrina Zwach im Gespräch mit Inga Resseguier<br />

Irena Assabi (Akademie Überlingen) und Team<br />

Unten<br />

Blick in die Volksküche Babel<br />

Glücksbazar: Einige Sekunden Gröpelinger Glück<br />

fürchtete, in <strong>Bremen</strong> an den Pranger gestellt zu werden und<br />

eine „schlechte Presse“ zu bekommen.<br />

Die Brisanz des Themas war damit überdeutlich geworden<br />

und in der gut besuchten Sonntagsmatinee gelang es Libuse<br />

Cerna (Funkhaus Europa) und Prof. Dr. Stefanie Haberzettl<br />

(Universität <strong>Bremen</strong>) eine gute Balance zwischen wissenschaftlicher<br />

Erörterung und politischer und alltagspraktischer<br />

Verortung zu halten. Nicht zuletzt trug dazu Sema Mutlu bei,<br />

deutsche Sängerin und Komponistin mit türkischen Wurzeln,<br />

die mit ihren pointierten Positionen für eine offensive Vielsprachigkeit<br />

in Familien, Schulen und Quartier bei vielen Zuhörern<br />

einen empfindlichen Nerv traf. In der lebhaften Diskussion<br />

waren es dann vor allem auch die Migranten, die auf<br />

die strukturellen Probleme hinwiesen, etwa bei der bitteren<br />

Klage einer Krankenschwester, die berichtete, wie die Kinder<br />

einer schwer krebskranken türkischen Frau ihrer eigenen Mutter<br />

den niederschmetternden Befund des Arztes übersetzen<br />

mussten. Auf die Frage, warum denn die „Türken nicht endlich<br />

Deutsch lernen würden“ kam deshalb auch postwendend<br />

die Gegenfrage, warum in einem Stadtteil mit mehr als einem<br />

Drittel Bewohnern mit türkischen Wurzeln nicht viel mehr türkische<br />

Ärzte und Stationsleiter arbeiten würden?<br />

17


Halime Cengiz, Hülya Özkan und Christiane Gartner<br />

eröffnen das Iftar im Pink House<br />

Iftar – Begegnung mit dem Islam<br />

Die Eröffnung des Pink House <strong>Bremen</strong> fiel zeitlich mit dem<br />

diesjährigen Beginn des Ramadan zusammen. Aus diesem<br />

Grunde initiierten Hülya Özkan (Vatan Spor), Halime Cengiz<br />

(Mevlana Moschee) und Christiane Gartner (<strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong>)<br />

ein Iftar Essen im Pink House. Iftar ist während der wochenlangen<br />

Fastenzeit der Mittelpunkt im Alltag der Muslime: Man<br />

trifft sich mit der Familie und den Nachbarn, man nimmt sich<br />

Zeit füreinander, man frischt alte Freundschaften auf und vor<br />

allem, man kommt zusammen, um nach dem Ezan, dem Ruf<br />

zum Abendgebet, miteinander zu essen.<br />

120 Bremer und Bremerinnen waren der Einladung gefolgt,<br />

die Hälfte davon waren Muslime. Traditionell hatten verschiedene<br />

Imbisse des Stadtteils ein köstliches Lammgericht zubereitet<br />

und gespendet, das schon dampfend auf dem Tisch<br />

stand, während alle auf den Ezan warteten, der das Fastenbrechen<br />

nach Sonnenuntergang ankündigte. Die Wartezeit<br />

wurde überbrückt mit einer kurzen namentlichen <strong>Vor</strong>stellung<br />

aller Gäste. Es war für viele ein besonderes Erlebnis, aufgehoben<br />

in einer so großen Menge ganz persönlich begrüßt und<br />

von allem willkommen geheißen zu werden.<br />

Das an diesem Abend auch die jüdische Gemeinde teilnahm<br />

ist auch dem besonderen <strong>Ort</strong> zu verdanken: Pink House war<br />

konzipiert als <strong>Ort</strong>, in dem alle Teile der Stadtgesellschaft willkommen<br />

sind und ihren Platz haben sollten. Durch die Neutralität<br />

eines temporären und irgendwie irrealen Gebäudes<br />

war dies gegeben. An diesem Abend war die Vielgestaltigkeit<br />

der <strong>Kultur</strong>en und Milieus am Stadtrand auf besondere Art und<br />

Weise spürbar.<br />

18


.<br />

Polski Roz – Polen Pink<br />

Als Gruß an den <strong>Bremen</strong> nachfolgenden Standort Lodz stand<br />

das Abschlussfest für Pink House <strong>Bremen</strong> unter polnischen<br />

<strong>Vor</strong>zeichen. Der Abend wurde eigens von agitPolska konzipiert,<br />

einer Gruppe polnischer Künstlerinnen und Kunstwissenschaftlerinnen,<br />

die sich der Vermittlung junger polnischer<br />

Kunst verschrieben haben. agitPolska konnte mit Hilfe von<br />

artserv.net schon mehrere Festivals in <strong>Bremen</strong> organisieren<br />

und entwickelt sich zu einem vitalen Schaufenster für „das<br />

andere Polen“, in dem kritischer Sachverstand, europäischer<br />

Geist und dissidente Ansätze die Markenzeichen einer lebendigen<br />

polnischen <strong>Kultur</strong>szene sind.<br />

Für diesen Abend hatte der Bremer <strong>Kultur</strong>verein agitPolska<br />

zwei Tanzperformances nach <strong>Bremen</strong> eingeladen: Joanna Czajkowska<br />

und Jacek Krawczyk vom Teatr Okazjonalny aus Zopot<br />

begeisterten vor dicht gedrängtem Publikum mit einem<br />

an östliche Meditationen angelehnten Tanz, in dem es um Beziehung<br />

geht und um die Frage, ob und wie wir uns noch riechen<br />

können?<br />

Leon Dziemaszkiewicz aus Danzig hatte eine Performance<br />

mitgebracht, die im provozierenden Spiel der Konstruktion<br />

von Männlichkeit und Weiblichkeit, gender und sex beziehungsreich<br />

verknüpfte und im überfüllten Pink House ebenso<br />

bejubelt wie berätselt wurde. Die in der Performance angelegte<br />

Provokation einer schwulenfeindlichen Gesellschaft<br />

lief im Pink House allerdings ein wenig ins Leere. Möglicherweise<br />

waren dem kenntnisreichen westdeutschen Publikum<br />

manche Bilder zu vertraut – oder zu fremd, um provozieren<br />

zu können.<br />

Die Los Trabantos, eine polnische Trash-Rock-Frauen-Band,<br />

lockte mit ihren witzigen Texten und energiegeladenem Rock<br />

auch die polnische Konzert- und Party-Fraktion an, die in <strong>Bremen</strong><br />

im normalen städtischen Alltag selten sichtbar ist und<br />

über eigenständige soziale und kulturelle Netzwerke verfügt.<br />

Danach legten DJ Jerry aus Stettin und DJ Uwe aus <strong>Bremen</strong><br />

Musik auf, so dass das inzwischen vollständig leer geräumte<br />

Pink House zum Abschlussfest auch noch die einmalige Möglichkeit<br />

bot, auf der schiefen Ebene zu tanzen.<br />

Der Abend endete im frühen Morgengrauen beim Eintreffen<br />

der ersten Mitarbeiter, die sich dem Abbau des pinkfarbenen<br />

<strong>Kultur</strong>palastes widmeten.<br />

Jonanna Czajkowska vor ihrem Auftritt<br />

19


Pink Garden<br />

Auf dem Außengelände des Pink House befand sich in einem<br />

großen überdachten, aber offenen Pavillon der Pink Garden,<br />

eine Werkstatt des Mobilen Ateliers MOKU von <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong><br />

<strong>Ort</strong> in Kooperation mit Fachhochschule Ottersberg. Während<br />

der Öffnungszeiten war hier ein permanentes Kunstangebot<br />

für Kinder zu finden. Während des neuntägigen Festivals erbauten<br />

zahlreiche Kinder mit Unterstützung von Karina Goldau<br />

(<strong>Kultur</strong>werkstatt westend) eine Pink City mit Traumhäusern,<br />

krummen und geraden Straßen, frischen Seen, wilden<br />

Plätzen und einem Zoo, in dem das Krokodil gerade dabei<br />

war, Hitler zu fressen – ein Bezug zur damals sehr hitzig geführten<br />

Debatte um einen bevorstehenden NPD Aufmarsch<br />

im Stadtteil.<br />

Neben dem Kinderangebot, das auch der Entlastung erwachsener<br />

Besucher diente, hatte das Mobile Atelier unter dem Titel<br />

„handle with care“ ein spezielles Angebot für Jugendliche<br />

entwickelt. Jugendliche waren aufgerufen, eine monumentale<br />

Skulptur direkt neben dem Pink House zu errichten. Aus<br />

Bambusstangen, Drachenstoff und vielen weiteren Materialien<br />

sollte ein windbewegtes Objekt entstehen.<br />

Um Jugendliche für das Projekt zu begeistern, suchten Dana<br />

Juratschek und Aurea von Frankenberg vom Mobilen Atelier<br />

MOKU im <strong>Vor</strong>feld die Kooperation mit Schulen, Sportvereinen,<br />

Kirchen und Moscheen. Es zeigte sich allerdings, dass die<br />

meisten Institutionen kaum noch über verbindliche Strukturen<br />

der Jugendarbeit verfügen oder aber (bei Sportvereinen<br />

und Schulen) kaum Spielraum für ein wenig abseitige Projekte<br />

besteht. So nahmen schließlich nur drei unterschiedliche Gruppen<br />

an dem Projekt mit nur jeweils kleinem Zeitfenster teil. Es<br />

zeigte sich, dass für die Entwicklung großer Objekte und dem<br />

dazugehörenden Know How mehr Zeit benötigt wurde. So<br />

konnten leider nur einige Ideen umgesetzt werden.<br />

Jugendliche planen ihre Skulptur für das Kunstprojekt »handle with care«<br />

20


»Pink City« entsteht<br />

Zwischen Shipyard Island und Moschee<br />

Pink House <strong>Bremen</strong> verstand sich auch als <strong>Ort</strong> einer Begegnung<br />

zwischen Peripherie und Zentrum <strong>Bremen</strong>s. Immer wieder<br />

war von Besuchern zu hören, noch nie in diesem Stadtteil<br />

und an diesem <strong>Ort</strong> zwischen Weser, Lichthaus und Quartier<br />

gewesen zu sein.<br />

<strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong> entwickelte deshalb eigens für das Pink House<br />

Festival in der Tradition des „living theatre“ die Figur der Pink<br />

Lady, die ausgehend von einem Kunstobjekt vor dem Lichthaus<br />

(eine wie eine verbrannte Säule eines archaischen Tempels<br />

anmutende Skulptur) über Space Park, Moschee, Werftarbeiterdenkmal,<br />

Bibliothek und Torhaus-Nord den Besucher<br />

aus der Innenstadt das Quartier am Rande der Stadt präsentierte.<br />

Im Zentrum des Rundgangs standen die Möglichkeiten und<br />

die Grenzen der Stadtsanierung und die Rolle von <strong>Kultur</strong> für<br />

ein Quartier, dem seine Identität abhanden gekommen ist.<br />

Die Rundgänge wurden rege besucht und erwiesen sich als<br />

ein wichtiger Brückenschlag zwischen Peripherie und Zentrum.<br />

Stadtführung mit »Pink Lady«<br />

21


Eine Bilanz<br />

International / Lokal – eine schwierige Beziehung<br />

Der Plan, das europäische Kunstprojekt Pink House nach <strong>Bremen</strong><br />

zu holen, entstand während der Bewerbung <strong>Bremen</strong>s zur<br />

europäischen <strong>Kultur</strong>hauptstadt 2010. Das Team um den damaligen<br />

Intendanten Martin Heller wollte mit der Kooperation<br />

mit Riga auch kulturpolitisch Pflöcke einschlagen: Der Austausch<br />

junger und innovativer Kunst und Künstler im Rahmen<br />

der Städtepartnerschaften sollte neu positioniert und vertieft<br />

werden und gleichzeitig die Relevanz von <strong>Kultur</strong> für die soziale,<br />

ökonomische und städtebauliche Entwicklung <strong>Bremen</strong>s<br />

hervorgehoben werden.<br />

Mit dem Scheitern der Bewerbung zur europäischen <strong>Kultur</strong>hauptstadt<br />

brach auch ein kulturpolitischer Diskurs ab, der<br />

enormen Rückenwind für innovative <strong>Kultur</strong>projekte bedeutet<br />

hatte. Pink House war ein solches Projekt und es kann prototypisch<br />

für ein Verständnis von <strong>Kultur</strong> gelten, das den Bewerbungsprozess<br />

wesentlich antrieb: <strong>Kultur</strong> muss Bühnen, <strong>Ort</strong>e<br />

und Räume schaffen, in dem interdisziplinär, spartenübergreifend<br />

und jenseits der überkommenen Trennung von U- und E,<br />

von Sozio- und Hochkultur mit relevanten Themen die Stadt<br />

und ihre Gesellschaft weiter entwickelt werden.<br />

Im Pink House <strong>Bremen</strong> bündelten sich viele dieser Ansprüche:<br />

Zuerst war es eine Skulptur zweier führender lettischer Künstler,<br />

gleichzeitig aber auch ein auf Austausch ausgerichtetes<br />

europäisches Kunstprojekt, das in einen konkreten städtischen<br />

Kontext gestellt und gleichsam in einen Teppich kultureller<br />

und soziokultureller Aktivitäten eingewoben wurde.<br />

Das Verhältnis von Kunst zur Soziokultur ist allerdings nicht<br />

konfliktfrei. Soziokultur hat sich in den 1980er/1990er Jahren<br />

zu einem Instrument sozialer Arbeit auf Kosten seiner kulturellen<br />

und künstlerischen Kompetenzen entwickelt. Soziokultur<br />

wurde in seiner ärgerlichsten Ausprägung zu oft mißverstanden<br />

als kulturelle Breitenversorgung auf niedrigem<br />

Niveau. Gleichzeitig kann man aber auch Teilen der Soziokultur<br />

vorwerfen, keine zeitgemäßen Antworten mehr auf die tief<br />

greifenden Transformationsprozesse der Gesellschaft zu Be-<br />

22<br />

Los Trabantos


ginn des 21. Jahrhunderts mehr zu haben – oder anders gesagt:<br />

Nicht mehr die richtigen Fragen zu stellen.<br />

Andererseits ist bei vielen Künstlern eine Distanz zu gesellschaftspolitischen<br />

Fragestellungen ebenso zu spüren wie die<br />

Furcht, instrumentalisiert zu werden. Anders als z.B. in Polen<br />

und Lettland ist politische Kunst in Deutschland eher umstritten<br />

und spielen andere als primär politische Fragestellungen<br />

eine große Rolle bei der gesellschaftlichen Positionierung von<br />

Kunst.<br />

Wir haben mit der Konzipierung des Projektes im Spannungsfeld<br />

von internationaler Kooperation, professionellem <strong>Kultur</strong>festival<br />

und soziokultureller Intervention versucht, die Grenzen<br />

zwischen unterschiedlichen kulturellen Praxen zu überwinden<br />

und verschiedene Kompetenzen zusammen zu führen. Uns<br />

ging es darum, zeitgemäße Antworten nicht nur auf die aufgeworfenen<br />

thematischen Fragen zu suchen, sondern auch im<br />

Bereich <strong>Kultur</strong>produktion, <strong>Kultur</strong>management und kultureller<br />

Stadtentwicklung neue Kooperationen und Wege zu erproben.<br />

Im Pink House <strong>Bremen</strong> haben mit artserv.net und <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong><br />

<strong>Ort</strong> Teams zusammen gearbeitet, die über große Erfahrung in<br />

interdisziplinärer Arbeit verfügen. Erfolgreiche und eingeübte<br />

Produktionswege mussten neu überdacht und an die gegebene<br />

Situation angepasst werden: Künstlerische Profis betrachten<br />

oft misstrauisch die Arbeit von Laien aus dem Stadtteil,<br />

die Akteure aus dem Quartier wiederum spüren mit einer Mischung<br />

aus Scheu und Verständnislosigkeit eine gewisse Distanz<br />

gegenüber professionellen Kunstproduzenten, es gibt<br />

zahlreiche Schwellenängste zwischen Künstlern und Kunstkonsumenten,<br />

Sprachbarrieren und nationale und kulturelle<br />

Unterschiede. Vieles läuft parallel und die eigentliche Arbeit<br />

besteht darin, Kontakte zu schaffen: das Theaterensemble für<br />

den Stadtteil zu interessieren, den Workshop aus dem Quartier<br />

für die Radiokünstlerin aus Berlin, den VJ für das Leben im<br />

Quartier, die Arbeitsloseninitiative für contemporary art aus<br />

Riga – und zwischen all diesen Themen und Akteuren des Festivals<br />

einen Zusammenhang zu knüpfen, der glaubwürdig und<br />

erfahrbar ist.<br />

Die Resonanz war enorm: Für viele Akteure und Besucher<br />

war Pink House die erste Begegnung mit aktueller künstlerischer<br />

Arbeit, mit modernem Drama oder Tanz, aktueller Medienkunst<br />

oder internationaler Kooperation.<br />

Trotz vieler Konflikte, Mißverständnisse, Kommunikationsprobleme<br />

zwischen Riga und <strong>Bremen</strong>, zwischen Zentrum<br />

und Peripherie, Bremer „Viertel“ und Gröpelinger Kleinstadt<br />

– oder eigentlich gerade deswegen – war Pink House <strong>Bremen</strong><br />

mehr als ein Abenteuer für alle Beteiligten: Es hat einen <strong>Kultur</strong>begriff<br />

praktiziert, der zukunftsweisend Barrieren überwindet,<br />

Künstler und Publikum in ungewohnte Interaktion und<br />

Soziokultur und Kunst in einen produktiven Kontext bringt<br />

und nicht zuletzt ein wichtiges europäisches Thema - die Zukunft<br />

der Stadt - im kulturellen Kontext thematisierte.<br />

23


Tischreden<br />

Zur Volksküche Babel hatte Pink House <strong>Bremen</strong> verschiedene Persönlichkeiten<br />

für eine Tischrede gewinnen können.<br />

Bewegen sich die Dinge wirklich nicht, wenn ich nicht hinschaue?<br />

Arie Hartog, Kurator Gerhard-Marcks-Haus<br />

Bewegen sich die Dinge wirklich nicht, wenn ich nicht hinschaue?<br />

So die Frage, die dem Orakel gestellt wurde. Es ist<br />

eine typische Frage für die Stadt. Es ist keine direkte Frage,<br />

sondern eine in einer Frage verpackte Bitte um Rückversicherung,<br />

aus der großes Misstrauen spricht. Wer diese Frage<br />

stellt, hat seinen oder ihren Glauben bereits verloren. Ein altes<br />

Orakel hätte den Fragesteller zurück geschickt. Denn diese<br />

komplizierte Frage suggeriert eine einfache Antwort, dabei<br />

war es immer die Stärke von Orakeln komplizierte Antworten<br />

auf einfache Fragen zu geben.<br />

Was für eine Antwort erwartet der Fragensteller bei solch einer<br />

Formulierung? Ja oder Nein? Wie antwortet ein Orakel<br />

auf eine solche Frage, und wie ein Wissenschaftler? Die für<br />

Pink House gewählte Methode suggeriert, als gäbe es einen<br />

Gegensatz: als würde das Orakel orakeln und der Wissenschaftler<br />

Wissen vermitteln.<br />

Und heute Abend bin ich an der Reihe: „Bewegen sich die<br />

Dinge wirklich nicht, wenn ich nicht hinschaue?“ Ich sage es<br />

Ihnen gleich, ich bin vielleicht der falsche Wissenschaftler für<br />

diese Frage. Denn: natürlich bewegen sie sich. Dafür gibt es<br />

gewichtige erkenntnistheoretische und philosophische Argumente<br />

und es gibt ein weniger philosophisches: das so genannte<br />

Autobahn-Argument.<br />

Stellen sie sich vor, hier nahe Gröpelingen auf der A27, dort<br />

wo alle noch mal beschleunigen. Und Sie sollen die Autobahn<br />

mit verbundenen Augen überqueren. Denn das war ja die Frage,<br />

„bewegen sich die Dinge wirklich nicht, wenn ich nicht<br />

hinschaue“. Also Augen zu und durch...<br />

Das interessante an dem Gedankenexperiment ist nun aber,<br />

dass Sie sogar relativ gute Chancen haben, an der anderen<br />

Seite der Autobahn anzukommen, etwas unter 70%. Das<br />

größte Problem dürfte die Leitplanke in der Mitte sein. Ist damit<br />

bewiesen, dass sich die Dinge nicht bewegen? Oder dass<br />

die Wirklichkeit immer von Interaktion bestimmt wird? In diesem<br />

Fall von Berufspendlern, die bremsen oder ausweichen,<br />

wenn ein Idiot mit verbundenen Augen eine Autobahn überquert?<br />

Ich glaube das letzte: Die Wirklichkeit wird von unberechenbarer<br />

Interaktion bestimmt.<br />

Wir hätten damit demonstriert, wie aus einer einfachen Fragestellung<br />

eine höchst komplexe, unberechenbare Situation<br />

entsteht (Autos von links, Autos von rechts, Leitplanke in der<br />

Mitte und die Frage: telefoniert der Autofahrer?)<br />

Ich habe den Eindruck, dass die Reanimation eines Orakels<br />

hier in Gröpelingen mit dieser Grunderfahrung menschlichen<br />

Seins zu tun hat. Einfache Fragen, komplexe Situation. Wie<br />

gehen Menschen, wie gehen Gesellschaften damit um und<br />

vor allem, wie geht unsere Gesellschaft damit um. Wie geht<br />

eine Stadt damit um? (Der Sicherheitsbereich um Autobahnen<br />

dient übrigens vor allem dazu, die Gesellschaft vor dem Nachdenken<br />

über das Autobahn-Argument zu schützen. Denken<br />

ohne Leitplanke scheint verpönt.)<br />

Wir leben in einer Gesellschaft, die von komplexen Zusammenhängen,<br />

komplexen Fragen und dann dem Zwang zu einfachen<br />

Antworten bestimmt wird. <strong>Vor</strong> allem dieser letzte Teil<br />

ist unser Problem. Denn die einfachen Antworten sind allzu<br />

oft zu einfachen. Und wir verstehen daher langsam, dass uns<br />

die großen <strong>Kultur</strong>en der Geschichte einiges voraus hatten, das<br />

sie wussten, dass es komplexe Antworten und individuelle<br />

Verantwortung gibt.<br />

24


Klaus Sondergeld spricht in der Volksküche Babel<br />

Denn, was macht eigentlich ein Orakel? Ein Orakel gibt eine<br />

komplexe Antwort und legt die Verantwortung bei demjenigen<br />

nieder, der um die Antwort gebeten hat. Ein berühmter<br />

chinesischer Feldherr fragte das Orakel, ob er gegen seinen<br />

Onkel in den Krieg ziehen sollte und das Orakel antwortete:<br />

„Der Kanarienvogel, der einen Adler jagt, wird zwei mal frühstücken“.<br />

Der General entschloss sich gut zu essen und in<br />

den Krieg zu ziehen. Er starb nachdem er auf dem Weg zum<br />

Schlachtfeld von seinem Pferd gestürzt war. War es die richtige<br />

Entscheidung? Hatte das Orakel ihn falsch informiert oder<br />

hatte er das zwei mal frühstücken einfach als doppeltes Frühstück<br />

falsch interpretiert? Die Verantwortung lag bei ihm. Ein<br />

Orakel hat immer recht.<br />

Jetzt aber die heutige Situation. Fragt der Präsident seinen<br />

Berater, „Soll ich in den Krieg ziehen?“ Erwartet er eine einfache<br />

Antwort. Ja oder Nein und verantwortlich ist nicht mehr<br />

er, sondern sein Berater. Mit einfachen Antworten lässt sich<br />

aber die Komplexität des Daseins nicht beantworten. Unsere<br />

westlichen Staaten haben dafür ein System der Stapelung<br />

einfacher Antworten erfunden, die Komplexität vortäuscht,<br />

aber eher ein Zeichen von struktureller Unentschlossenheit ist.<br />

Es gibt einfache Antworten mit Ausnahmen und Sonderregelungen.<br />

Und gegen solche Gesetze formuliert das Orakel: „<br />

Der Kanarienvogel, der einen Adler jagt, wird zwei mal frühstücken“:<br />

Seien Sie ehrlich, man könnte diesen Satz auch im<br />

Sinne der Gesundheitsreform interpretieren.<br />

Auf diese am Anfang formulierte Frage: „Bewegen sich die<br />

Dinge wirklich nicht, wenn ich nicht hinschaue“, die aus einer<br />

großen Unsicherheit einfache Sicherheiten und Beruhigung<br />

sucht, sollte man also – wie ein Orakel – produktive Unruhe<br />

generieren; etwa über das Autobahnargument nachzudenken.<br />

Als produktive Unruhe haben Orakel und <strong>Kultur</strong> einen nicht<br />

zu unterschätzenden gesellschaftlichen Wert, da sie Leben<br />

darstellen, während Wissenschaft nur Wissen schafft.<br />

Ohne Orakel hat die <strong>Kultur</strong> es aber schwer, da sie dann die einzige<br />

ist, die diesen Bereich beackert und als unwichtig angesehen<br />

wird. Ich möchte daher dafür plädieren, das Orakel als<br />

feste Institution in <strong>Bremen</strong> zu installieren. Wenn dann jemand<br />

in einer Theateraufführung sagt: „ist ja unverständlich“, kann<br />

man immer antworten, „warst Du schon mal beim Orakel?“<br />

Meine Damen und Herren, während Wissenschaft meistens<br />

schnell von neuer Wissenschaft überholt wird, behalten die<br />

Wahrheiten, welche die Orakel uns gaben, oft viel länger ihre<br />

Bedeutung. Ich würde gerne einen Toast auf das Orakel in<br />

25


<strong>Bremen</strong> ausbringen, das uns daran erinnert, dass Komplexität<br />

nicht schlimm ist und dass Gesellschaft immer komplex ist.<br />

Eigentlich muss man die ganze Sache orakeltechnisch umdrehen.<br />

Wenn die Frage lautet:“ Bewegen sich die Dinge wirklich<br />

nicht, wenn ich nicht hinschaue“ dann lautet die Antwort:<br />

„Auf der Autobahn sollte der Kanarienvogel sein Pferd mitnehmen“.<br />

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.<br />

Wer soll das bezahlen?<br />

Dr. Klaus Sondergeld, <strong>Bremen</strong> Marketing GmbH<br />

Wer mich eingeladen hat, signalisiert schon durch diese Wahl<br />

des Tischredners, dass er eigentlich keine überzeugende Antwort<br />

erwartet. Heißt mein niederdeutscher Nachname doch<br />

auf Hochdeutsch „Ohnegeld“ - und „ohne Moos nix los“.<br />

Aber was tut man, wenn man eine Antwort in undurchdringlichem<br />

Wortnebel verborgen wähnt? Man geht erst einmal<br />

der Frage auf den Grund! Früher hieß das: Bücher wälzen,<br />

Leute fragen, Arbeitsgruppen einsetzen. Heute ist das einfacher,<br />

aber auch einsamer: Man googelt drauf los. Sergey<br />

Brin und Larry Page könnten die Frage: „Wer soll das bezahlen?“<br />

im übrigen jeder bis zur Höhe von 14 Milliarden Dollar<br />

beantworten. Brin und Page sind die Gründer von Google und<br />

mit 33 Jahren die jüngsten Superreichen Amerikas und auf<br />

den Plätzen 12 und 13 der Forbes-Liste, wie in den Wochenendblättern<br />

zu lesen war. Aber die Glücksritter der virtuellen<br />

Welten des Neuen Markts sehen das Leben wahrscheinlich<br />

nicht anders als die Gründerväter der Altindustrien:<br />

Henry Ford sagte einmal: „Das Leben ist ein Wechselspiel aus<br />

Nehmen und Behalten.“ Die bremische Kaufmannsvariante<br />

der Fordschen Lebensmaxime ist ja hinlänglich bekannt: Reich<br />

wird man nicht durch Geld verdienen, sondern durch Geld behalten.“<br />

Prollige Werbetexter haben diese goldene Lebensweisheit<br />

hanseatischer Patrizier inzwischen verbal und sozial<br />

runtergehunzt zu „Geiz ist geil.“ Aus welcher Ecke die Antwort<br />

also nicht zu erwarten ist, ist damit etwas klarer geworden.<br />

Aber irgendwie sind wir von der Ergründung der Frage<br />

abgekommen. Dabei helfen uns nu Brin und Page mit ihrer<br />

unbezahlbaren Erfindung. Gibt man „Wer soll das bezahlen?“<br />

bei Google ein, findet man nicht nur die Quelle, aus der die<br />

Frage einst hervorsprudelte, sondern auch noch eine Wortbrücke<br />

hierher, zum Pink House.<br />

Aus dem digitalen Kosmos taucht ein Karnevalslied von 1949<br />

auf, dessen Refrain zumindest die Älteren unter uns mühelos<br />

singen können, zählte das Lied in unserer Kinderzeit doch zu<br />

den gesanglichen Höhepunkten feuchtfröhlicher Familienfeiern,<br />

nachdem die schwarzbraune Haselnuss vom Baum gefallen<br />

war.<br />

Wenn Sie mögen, können wir den Refrain jetzt singen:<br />

„Wer soll das bezahlen,<br />

Wer hat das bestellt,<br />

Wer hat so viel Pinke-pinke,<br />

Wer hat so viel Geld?“<br />

Da dem Pink im Pink House das E fehlt und es nicht gedoppelt<br />

ist, nehme ich an, dass die Beantwortung der Frage unseres<br />

heutigen Abends hier bislang – wie bei jedem aufregenden<br />

<strong>Kultur</strong>projekt – zumindest Lücken aufweist.<br />

www.pinkepinke.de offeriert übrigens angeblich lukrative Gelegenheiten<br />

für Nebenverdienste. Eigentlich wurde nur der<br />

Refrain unseres Liedes ein Gassenhauer. Dabei hat Walter<br />

Stein, der 1949 den Text zur Melodie von Jupp Schmitz dichtete,<br />

in der dritten Strophe einiges zum Nachdenken hinterlassen.<br />

Ich zitiere:<br />

„Vieles bei uns, das war gründlich zerstört,<br />

Wir hatten nicht mal `nen Staat.<br />

Jetzt hab`n wir zwei, die auch ganz separat<br />

Ihre Regierungen tragen.<br />

Kosten die beiden uns auch schon genug,<br />

Wir brauchen mehr als nur zwei.<br />

Wir hab`n im Hintergrund Frankfurt dabei,<br />

Und nur die Ängstlichen fragen:<br />

26


Refrain:<br />

Wer soll das bezahlen,<br />

Wer hat das bestellt,<br />

Wer hat so viel Pinke-pinke,<br />

Wer hat so viel Geld?“<br />

Die spannende Frage: Warum stellt sich die Frage des Refrains<br />

heute noch dringlicher als damals. Haben wir doch nur noch<br />

einen Staat und eine Regierung. Es sei denn, der kryptische<br />

Hinweis auf Frankfurt war eine hellsichtige <strong>Vor</strong>wegnahme der<br />

heutigen Föderalismus-Debatte.<br />

Wer hat so viel Pinke-pinke? Wer als Anleger dem großen<br />

Pink House dem größten deutschen Telekommunikationsunternehmen<br />

auf den Leim gegangen ist, jedenfalls nicht. Gut,<br />

dass wir mangels Masse nicht in Versuchung kommen, und<br />

nur der Versuchung dieses Pink Houses erlegen sind.<br />

Hat er doch möglicherweise die sicherste Methode gewählt,<br />

an der Börse ein kleines Vermögen zu machen. Die sicherste<br />

Methode, an der Börse ein kleines Vermögen zu machen, ist<br />

nämlich, mit einem großen anzufangen.<br />

Doch zurück zu unserer Ausgangsfrage: Wer soll das bezahlen?<br />

Die Erleuchtung kam mir blitzartig, wie das oft so ist, wenn<br />

man mit einer Frage oder Aufgabe tagelang schwanger geht.<br />

Der Schlüssel zur Beantwortung der Frage liegt in einer weiteren<br />

Frage: Was ist das „das“? Was soll bezahlt werden?<br />

Wenn „das“ zum Beispiel eine Lokalrunde ist, dann ist die<br />

Antwort ganz einfach: ich! Das nächste Getränk – als Wiedergutmachung<br />

dafür, dass Sie mir zuhören mussten, auf meinen<br />

Deckel. Prost!<br />

Warum sind die anderen nicht so wie ich?<br />

Magda Ziomek-Beims, agitPolska<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde,<br />

ich glaube, dass mein Gesicht nicht vielen von Euch bekannt<br />

ist, und das ist ja auch kein Wunder. Ich heiße Magdalena Ziomek-Beims<br />

und seit einigen Monaten arbeite ich fleißig im<br />

Verein agitPolska, den ich auch vor einem Jahr mitbegründet<br />

habe. Der Verein versucht gegen die unsympathischen Bilder<br />

in den Medien zu wirken, sowohl in Deutschland, als auch in<br />

Polen. agitPolska, kurz gesagt, ist ein <strong>Kultur</strong>austausch zwi-<br />

Magda Ziomek-Beims spricht in der Volksküche Babel<br />

schen Deutschland und Polen, bei dem vor allem junge Menschen<br />

angesprochen werden.<br />

Ich bin Kunsthistorikerin und bin, meiner Liebe folgend, nach<br />

<strong>Bremen</strong> gekommen. Das ist schon sieben Jahre her. Naja, in<br />

der Beziehung: Deutschland – ich ist die Zeit für eine kleine<br />

Abrechnung gekommen – das verflixte siebte Jahr... Es ist<br />

schon erstaunlich, wieviel sich in meinem Leben unter dem<br />

Einfluss dieses Landes verändert hat und es ist auch merkwürdig<br />

zu sehen, wie stark ich meine Spuren auf Leuten und Dingen,<br />

die mir begegnet sind, hinterlassen habe.<br />

Die Frage des Orakels macht mich etwas unruhig: Eigentlich<br />

habe ich mich alle diese Jahre gefragt, ob ich wirklich genauso<br />

wie die anderen in der Stadt sein muss und ehrlich gesagt,<br />

habe ich auch versucht, wie alle anderen zu werden.<br />

Wie die Leute in meiner WG, wo ich endlich auch kochen gelernt<br />

habe. Meine liebenswürdigen Deutschen haben mir, einer<br />

Polin, die Kochkunst von Falafel bis zu raffinierter Pasta<br />

beigebracht, nur gab es leider keine deutschen Gerichte auf<br />

unserem Speiseplan. Internationale Küche und französische<br />

oder spanische Weine, das habe ich sehr schnell dazu gelernt.<br />

Das über Wein lernte ich von einer erfahrenen Französin und<br />

da ich gleichzeitig die deutsche Sprache übte, meinten einige,<br />

dass meine Aussprache leicht französisch angehaucht ist. Beim<br />

Studentenjob im Kino Schauburg, in dem der Film „Die Fabelhafte<br />

Welt der Amelie“ lief, meinten sogar einige gerührte ältere<br />

Damen, meinen Pariser Akzent zu erkennen.<br />

Aber das es vielleicht bei einer Polin französischen Klang zu<br />

hören gibt, überrascht nicht so sehr, wie beim Freund meiner<br />

Schwester, einem Palästinenser, der Deutsch mit einem<br />

27


schweren polnischen Akzent redet und sein R so gut rollt, dass<br />

am Telefon, alle unsere polnischen Freunde es sofort mit ihm<br />

auf polnisch versuchen. Aber das passiert nur am Telefon...<br />

Selbstverständlich besteht Deutschland für mich nicht ausschließlich<br />

aus Essen und der Sprache: es sind vor allem die<br />

Menschen, die mir hier begegnet sind und viele von denen sind<br />

deutsch. Wie zum Beispiel mein Mann. Sehr viele deutsch-polnische<br />

Ehen gehen in die Brüche aus unwichtigen (meinte man<br />

vielleicht) Gründen, wie das Schlafen mit geöffnetem oder geschlossenem<br />

Fenster. Ein Pole muss es, um gesund zu bleiben,<br />

warm haben und ein Deutscher im Gegensatz braucht viel Sauerstoff.<br />

Wir brauchten 4 Jahre Ehe, um einen Kompromiss zu<br />

erarbeiten, erst wenn bei mir das Fieber über 38 Grad steigt,<br />

darf ich das Fenster zu machen. Besser das, als nichts, oder?<br />

Wann wird Werder wieder Meister?<br />

Eine Hommage an den Champions League Sieger der Herzen<br />

des vergangenen Mittwochs<br />

Dr. Ulrich Fuchs, Stellvertretender Intendant Europäische <strong>Kultur</strong>hauptstadt<br />

Linz 2009<br />

Dobry wieczór panie i panowie, smacznego – Guten Abend,<br />

meine Damen und Herren, Guten Appetit!<br />

Auf metaphorischer Ebene besteht schon lange eine enge Verbindung<br />

zwischen Kunst, <strong>Kultur</strong> und <strong>Kultur</strong>politik einerseits<br />

sowie Fußball auf der anderen Seite. Und dies nicht erst seitdem<br />

sich Klaus Pierwoß in ein Werder-Dress und Otto Rehhagel<br />

in einen Theaterfrack gezwängt haben, um sich auf einer<br />

Postkarte ablichten zu lassen.<br />

Und auch mit meinen Freunden habe ich es nicht immer leicht<br />

gehabt. Und obwohl ich Mülltrennung sehr schätze, kam es<br />

mir schon merkwürdig vor, die Zigaretten mit Filter ins Normale<br />

und die „ohne“ in den Biomüll zu schmeißen, aber alles<br />

unserer Umwelt zuliebe!<br />

Dann in unserem siebten, krisenhaften Jahr von der Beziehung<br />

Deutschland – Magda, stelle ich fest, dass es mit uns weiter<br />

geht, dass ich mich mit Deutschland pudelwohl fühle und ich<br />

hoffe, dass Deutschland mit mir auch glücklich ist. Und das<br />

die anderen in der Stadt nicht genauso wie ich sind? So chaotisch,<br />

launisch und zu oft unberechenbar? Naja, das beruhigt<br />

mich sehr und zusätzlich weckt es meine wilde Neugier.<br />

Wer seid Ihr denn?<br />

Auch in der Fußball-Reporter-Sprache gibt es seit langem Formulierungen,<br />

die dieses Nahverhältnis evozieren: da agiert ein<br />

„Mittelfeldregisseur, der als Dirigent den Taktstock führt“, gelegentlich<br />

wird der fußballerische Gegner „zum Tanz gebeten“;<br />

Trainer fordern von ihren Teams hier eine Rhythmusveränderung,<br />

dort eine Tempoverschleppung – als handele es<br />

sich um eine konzertante Aufführung. Ganz zu schweigen von<br />

den rhetorischen Plattitüden eines „gelungenen Auftakts nach<br />

Maß“ oder des legendären „Spielrausches“ einer Mannschaft.<br />

Die teutonische Fußballsprache ist im Gegensatz etwa zu ihrem<br />

romanischen Pendant zudem reich an Begriffen aus der<br />

militarisierten Politik: Abwehr, Bollwerk, Sturm, Verteidigung,<br />

Angriff, Attacke, Niederlage und Sieg.<br />

Nicht nur solche Art von sprachlicher Verwandtschaft legt den<br />

Versuch nahe, die Orakel-Frage „Wann wird Werder wieder<br />

Meister?“ politisch, besser noch kultur-politisch zu beantworten.<br />

Auch die jüngste Bremer <strong>Kultur</strong>geschichte weist auf einen<br />

eminent empirisch gesicherten Konnex zwischen den Triumphen<br />

des SV Werder und dem Geschehen um die Bremer<br />

<strong>Kultur</strong>politik hin.<br />

Erinnern wir uns an das glorreiche Jahr 2004: nicht nur der für<br />

Bremer Verhältnisse einzigartige Jahrhundertsommer bleibt<br />

unvergessen! Noch viel mehr der Doppelschlag des SV Werder:<br />

die Meisterschaft – gekrönt mit einem 3:1 Sieg über den<br />

Erzrivalen Bayern in München – und der Cup durch ein 3:2<br />

Niederlage der Alemannen aus Aachen im Berliner Olympiastadion.<br />

Die alte Tante FAZ betitelte <strong>Bremen</strong> den „Meister<br />

des Bürgersinns“.<br />

28


Parallel zu diesem furiosen fußballerischen Event bewegte die<br />

Stadt im Sommer 2004 die Erfolg versprechende Kandidatur<br />

für die Europäische <strong>Kultur</strong>hauptstadt 2010, hinter der sich<br />

sogar Teile der Bremer <strong>Kultur</strong>szene versammelt hatten – und<br />

auch die vier <strong>Kultur</strong>senatoren, die die zweijährige Bewerbungsphase<br />

zwar nicht gestalteten, aber doch zu verantworten<br />

hatten. Einmal in der Fußballkulturgeschichte <strong>Bremen</strong>s<br />

traf alles gut zusammen: der tatsächliche Erfolg und der zum<br />

Greifen nahe Erfolg bewegten Hand in Hand die Stadt.<br />

Bald danach trennten sich allerdings wieder die Wege. <strong>Bremen</strong>s<br />

Bewerbung zur Europäischen <strong>Kultur</strong>hauptstadt scheiterte<br />

in Berlin, Werder wurde zwar 2005 auch nicht wieder<br />

Meister, blieb allerdings wenigstens erfolgreich, was man von<br />

der Bremer <strong>Kultur</strong>politik nicht behaupten kann. Erneut wurde<br />

hier der Trainer gewechselt, die gerade engagierte Mannschaft<br />

der Jahre 2003 und 2004 wurde zugunsten der zuvor<br />

ausgemusterten ausgewechselt, die vordem seit Jahren einem<br />

Spielstil verpflichtet war, dem gegenüber der Catenaccio-Riegel<br />

einen Schönheitspreis für Offensiv-Fußball gewinnen würde.<br />

Fouls häuften sich, man wälzte sich vermeintlich verletzt<br />

auf dem Spielfeld, angedrohte Platzverweise wurden nicht<br />

vollzogen, die Abseitsfalle scheiterte am mangelhaften Stellungsspiel,<br />

die Assistenztrainerin bewies, dass sie zwar zum<br />

Teil die Zehn Gebote, nicht aber die Spielregeln beherrscht.<br />

Hat das nun alles Auswirkungen auf Werders künftige Meisterschaftsaussichten?<br />

Ja und nein. Es kann sein, dass Werder<br />

2007 wieder Meister wird – wenn ja, dann trotz der gegenwärtigen<br />

<strong>Kultur</strong>politik. Es kann aber auch sein, dass Werder<br />

2007 nicht Meister wird – ist das so, liegt es in jedem Fall auch<br />

an der Bremer <strong>Kultur</strong>politik.<br />

Wem das nicht logisch erscheint, versteht weder etwas vom<br />

Fußball noch von der Bremer <strong>Kultur</strong>politik und sollte deshalb<br />

Redakteur im <strong>Kultur</strong>- und Sportteil der Weserkuriers oder der<br />

taz werden.<br />

Um es aber doch noch genauer zu prophezeien: Werder wird<br />

erst 2008 wieder Meister oder 2009, weil auch nach den Bürgerschafts-Wahlen<br />

im Mai 2007 <strong>Bremen</strong>s <strong>Kultur</strong>politik nicht<br />

wirklich besser wird. Das war jetzt aber wirklich nicht logisch.<br />

Na ja, egal.<br />

Abschließend noch eine Anmerkung aus europäischer Sicht:<br />

„Ich habe auch andere <strong>Kultur</strong>politike gesehen in Europa nach<br />

diese Mittwoch. Ich habe gesehen auch zwei Tage die Training.<br />

Eine Trainer ist nicht ein Idiot! Eine Trainer sehen was<br />

passieren in Platz. In diese Stadt es waren zwei, drei oder vier<br />

Spieler die sind schwach wie Flasche leer. Kaaaaaaaaaaaastendiek!<br />

Kastendiek ist zwei Jahre hier, hat gespielt zwei Spiele,<br />

ist immer verletzt. Was erlauben Kastendiek? Muss respektieren<br />

die andere Kollegen. Ich habe fertig.“<br />

29


Pink House <strong>Bremen</strong><br />

Pink House <strong>Bremen</strong> wurde veranstaltet von<br />

artserv.net in Kooperation mit <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong><br />

Pink House ist ein EU gefördertes Projekt des Center for Art Management and<br />

Information Riga (www.pinkhouse.lv)<br />

Künstlerische Leitung<br />

Lutz Liffers (www.neue-passagen.de)<br />

Gabriele Koch (www.artserv.net)<br />

Christiane Gartner (www.kultur-vor-ort.com)<br />

Stefan Berthold (www.theaterkontor-bremen.de)<br />

Assistenz: Julia von Wild<br />

Presse: Kathrin Bahr.<br />

Interchange<br />

Gábor Gerhes (Budapest)<br />

Léa Dietrich (<strong>Bremen</strong>)<br />

In Kooperation mit Museum Ludwig Budapest<br />

die zweiundsiebzig sekunden der ferercne<br />

Léa Dietrich (<strong>Bremen</strong>)<br />

In Kooperation mit Städtische Galerie <strong>Bremen</strong><br />

und Atelierhaus Roter Hahn<br />

Mit Unterstützung von Media Markt <strong>Bremen</strong> Oslebshausen<br />

pink landscape and green temples<br />

Elternschule Gröpelingen unter der Leitung von Gil Staug<br />

pink house viertel<br />

urban screen<br />

Das gute Leben und der wunderschöne Tod des Herr D<br />

Regie: Benedikt Vermeer<br />

Mit Wolfram Güsser und Gala Z<br />

Bühne: Stefan Berthold<br />

Orakel von Gröpelingen<br />

Orakel: Julia Klein<br />

Kostüm: Melanie Wissel<br />

Bühnenbild: Léa Dietrich<br />

Musik: André Feldhaus<br />

Mitarbeit: Julia Klein, Edelgard Hemmer, Simone Bartsch<br />

Volksküche Babel<br />

Leitung: Irena Assabi<br />

Küche: Gerhard Reizner<br />

In Kooperation mit Akademie Überlingen<br />

Glücksbazar<br />

Dirk Schneider, Michael Bugiel, Barbara Bugiel, Joachim Streicher, Marianne<br />

Schneider, Edelgard Hemmer, Simone Bartsch, Helne Streicher, Rolf Heide<br />

Bauten: Andres Bücking<br />

Miteinander sprechen, aber wie?<br />

Moderation: Libuse Cerna (Funkhaus Europa)<br />

Mit: Prof. Dr. Stefanie Haberzettl (Universität <strong>Bremen</strong>)<br />

Musik: Sema Mutlu (Gesang), Jan Olaf Rodt (Gitarre)<br />

In Kooperation mit VHS West<br />

IFTAR im Pink House<br />

Halime Cengiz (Mevlana Moschee), Hülya Özkan (VATAN Spor)<br />

Polski Roz - Polen Pink<br />

Leitung: Magda Ziomek-Beims + Iwona Bigos (agit polska e.V.)<br />

Mit:<br />

Los Trabantos<br />

Kasia Sobczyk (Gesang), Graza (Gitarre u. Gesang), Ula (Bass), Marta (Saxofon),<br />

Darek (Schlagzeug)<br />

Teatr Okazjonalny (Sopot)<br />

Joanna Czajkowska, Jacek Krawczyk<br />

Leon Dziemaszkiewicz (Danzig)<br />

Pink Garden<br />

MOKU - Kinder und Jugendatelier<br />

Aurea von Frankenberg, Dana Juratschek, Karina Goldau<br />

In Kooperation mit Fathi Moschee, Vatan Spor, Evangelische Gemeinde Oslebshausen<br />

Pink Lady<br />

Inga Resseguier (<strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong>)<br />

Dank an<br />

Zsuzsanna Fehér (Museum Ludwig Budapest), Heiner Hellmann (LICHTHAUS),<br />

Carsten Werner (Schwankhalle) und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

des Theaterkontor und <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong>.<br />

Pink House wurde gefördert vom Senator für <strong>Kultur</strong>, Senator für Wirtschaft<br />

und Häfen, Fonds Soziokultur, Gröpelinger Marketing e.V., LICHTHAUS<br />

GmbH, Funkhaus Europa, Media Markt <strong>Bremen</strong> Oslebshausen, VHS West,<br />

Städtische Galerie <strong>Bremen</strong>.<br />

Bildnachweis<br />

Andreas Caspari: 1, 14, 16, 22<br />

Léa Dietrich: 15<br />

Alle übrigen Fotos: Lutz Liffers/Pink-House Team<br />

Text und Gestaltung<br />

Lutz Liffers<br />

info@neue-passagen.de<br />

<strong>Bremen</strong> / März 2007<br />

Pinkes Rauschen<br />

Sabrina Zwach und Herbert Fritsch<br />

In Kooperation mit kulturg.u.t. e.V.<br />

Sehkanal G-Town<br />

Christian Meier-Kahrweg<br />

in Kooperation mit Sehkanal-Festival, Verein 23, Spedition und dem Gröpelinger<br />

Jugendprojekt Nah LOS<br />

30


Die Veranstalter<br />

artserv.net - network of performing art services<br />

<strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong><br />

artserv.net richtet sich besonders an junge und innovative<br />

Künstler in <strong>Bremen</strong>, denen mit Hilfe des Netzwerks die Möglichkeit<br />

geboten wird, sich dem europäischen Wettbewerb zu<br />

stellen und an internationalen Workshops und Kunstaktionen<br />

teilzunehmen. artserv.net vermittelt Kontakte zu <strong>Kultur</strong>schaffenden<br />

und ist Plattform für Diskussion und Austausch. Das<br />

Netzwerk unterstützt mit Know-how und finanziellen Mitteln<br />

internationale Projekte mit Bremer Projektleitung oder Bremer<br />

Beteiligung. Im Rahmen es seines Stipendiumsprogramms ermöglicht<br />

artserv.net kreativen Köpfen in <strong>Bremen</strong> Erfahrungen<br />

bei <strong>Kultur</strong>institutionen, Festivals und internationalen Projekten<br />

zu sammeln.<br />

<strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong> wurde von verschiedenen Akteuren des Bremer<br />

Stadsteils Gröpelingen gegründet. Ziel war es, im Schnittpunkt<br />

von Stadtsanierung, Bildung und Kunst eine neue zeitgemäße<br />

Stadtteilkultur zu entwickeln. Mit dem Torhaus Nord und dem<br />

Atelierhaus Roter Hahn betreibt der Verein zwei wichtige <strong>Kultur</strong>zentren<br />

im Bremer Westen.<br />

Mit zahlreichen Projekten auch außerhalb des Stadtteils werden<br />

einerseits Netzwerke im Quartier aufgebaut, andererseits<br />

der professionelle Austausch mit zeitgenössischer Kunst und<br />

<strong>Kultur</strong> ausserhalb <strong>Bremen</strong>s gesucht. <strong>Kultur</strong> wird verstanden als<br />

Ressource zur Entwicklung des Stadtteils gerade auch vor dem<br />

Hintergrund schwieriger sozialer Konflikte.<br />

Informationen: www.artserv.net<br />

Informationen: www.kultur-vor-ort.com<br />

Julia von Wild und Gabriele Koch beim Innenausbau des Kassenhäuschens<br />

31


Pink House <strong>Bremen</strong> wurde<br />

gefördert<br />

vom<br />

Senator für <strong>Kultur</strong><br />

und<br />

Senator für Wirtschaft und Häfen<br />

G E N E R A T I O N E U R O P E<br />

G E N E R A T I O N E U R O P E<br />

<strong>Bremen</strong> Oslebshausen<br />

LICHTHAUS<br />

Städtische Galerie<br />

<strong>Bremen</strong><br />

32

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