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Berge versetzen<br />
Junge Kunst aus Gröpelingen in der <strong>Kultur</strong>kirche<br />
Ein Berg<br />
Aufgetürmt vor dem Betrachter: Ein Berg mit Objekten.<br />
Das Material: Schrott, Pappe, Draht, Abfall, Sperrmüll.<br />
Die Themen: Das pralle Leben zwischen Ärger mit Nach barshund<br />
und Klimawandel, zwischen Armut und Überflussgesellschaft,<br />
zwischen Superheldenphantasien und dem<br />
Alltag in der <strong>Vor</strong>stadt.<br />
Die Künstler: Kinder und Jugendliche aus Gröpelingen.<br />
Über einen Zeitraum von 10 Monaten arbeiteten über 100<br />
Kinder und Jugendliche gemeinsam mit einem Team<br />
von BildhauerInnen, KonzeptkünstlerInnen und bildenden<br />
KünstlerInnen an einem großen gemeinsamen Objekt: dem<br />
versetzbaren BERG.<br />
Die Idee zum zentralen Motiv des Projektes „Berge<br />
versetzen“ stammt von Jugendlichen selbst, die oft genug<br />
erfahren, wie wenig man ihnen zutraut und wie wenig<br />
Raum sie in dieser Gesellschaft haben. Und die oft genug<br />
erleben, dass sie als Jugendliche aus Gröpelingen immer<br />
wieder mit <strong>Vor</strong>urteilen zu kämpfen haben. Mit diesem<br />
Objekt zeigen sie ihre Vitalität, ihre gestalterischen Fähig -<br />
keiten, ihre Nachdenklichkeit, ihren Witz.<br />
Die Produktionsphase<br />
Die Objekte auf dem Berg entstanden von Januar bis<br />
September 2009. Das Projekt umfasste sowohl offene,<br />
niedrigschwellige Angebote als auch konzentrierte, kurze<br />
Workshops, Ferienakademien und vertiefende mehrmonatige<br />
Kurse, die auch der Talentförderung dienten.<br />
In den offenen Angeboten am Bibliotheksplatz Lindenhofquartier,<br />
Schulhof Fischerhuderstraße, Rostocker Straße<br />
und Marienwerderstraße kamen viele Kinder zum erstenmal<br />
mit freier künstlerischer Arbeit in Kontakt. Hier ging es<br />
um basale Fähigkeiten wie Farbmischung/Farbgestaltung,<br />
Entwurfsarbeit, Umgang mit Materialien und Arbeit mit<br />
einfachen Werkzeugen.<br />
In der Philosophischen Kunstwerkstatt und dem Kurs KLEKS<br />
konnte dagegen schon auf erlernte Techniken zurückgegriffen<br />
werden. Den Kindern fiel es nicht schwer, sich dem<br />
Thema zu nähern, eigene Ideen zu entwickeln und diese in<br />
angebotene Technik umzusetzen.<br />
In den mehrmonatigen Kursen und intensiven Workshops<br />
mit SchülerInnen der Gesamtschule West und der J.-H.-<br />
Pestalozzi-Schule arbeiteten die Jugendlichen sehr komplex<br />
an großen Skulpturen – eine ambitionierte Aufgabe, bei der<br />
künstlerische Weitsichtigkeit, technisches Geschick und<br />
Ausdauer gefragt sind.<br />
Das Einzelne und das Ganze<br />
Mit unterschiedlichen thematischen Blickwinkeln und<br />
verschiedenen künstlerischen Verfahren trugen mehr als<br />
100 Gröpelinger zwischen 6 und 16 Jahren ihre Sicht der<br />
Dinge zum Berg bei: Der Berg macht sichtbar, was junge<br />
Leute in Gröpelingen bewegt, welche Themen ihnen<br />
wichtig sind.<br />
Während die Kinder oft Familie und Freundschaften<br />
thematisieren und ihre Sehnsüchte und Phantasien in<br />
Farben und Formen schwelgen lassen, zeigen sich die<br />
Jugendlichen als politisch wache und kritische Zeitgenossen:<br />
Klima wandel, Gefährdung des Tropenwaldes, Finanzkrise,<br />
Tierquälerei – mit beißender Kritik und Ironie kommentieren<br />
die jungen Leute das Erbe, das wir Erwachsenen mit<br />
einem geschundenen Planeten der kommenden Generation<br />
hinterlassen.<br />
Zunächst entstanden so eine große Anzahl individueller<br />
Objekte mit persönlichen Statements und ästhetischen<br />
Positionen. Gemeinsam mit einigen Jugendlichen aus der<br />
Talentförderung schuf Anja Fußbach daraus eine kollektive<br />
Skulptur, den BERG, in dem die Einzelobjekte in Beziehung<br />
zueinander stehen. Auf dem Berg entstehen spannungsvolle<br />
Sichtachsen, Objekte stehen in widersprüchlichen<br />
Kontexten oder kommentieren sich gegenseitig, Motive<br />
werden verstärkt oder ironische Subtexte durch die<br />
Anordnung der Objekte formuliert.<br />
So ist der BERG mehr als die Summe seiner Einzelteile,<br />
sondern Ausdruck einer kollektiven Auseinandersetzung<br />
mit gesellschaftlicher Wirklichkeit und kritische Position<br />
junger Leute aus der <strong>Vor</strong>stadt.<br />
Lutz Liffers<br />
Ein Projekt von <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong> e.V.<br />
Projektleitung: Christiane Gartner, Anja Fußbach, Lutz Liffers