1.2011 - BKK Herkules
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Gesundheit<br />
Klar, in Schmutz, Schlamm und Dreck lauern Krankheitserreger.<br />
Doch sollte man Kindern den Kontakt damit deshalb grundsätzlich<br />
verbieten? Forscher meinen: eher nein. Denn übertriebene Hygiene<br />
und zu viel Fürsorge kann genau den gegenteiligen Effekt haben.<br />
Wie die Wissenschaftler herausgefunden haben, neigen Kleinkinder,<br />
die wenig Kontakt zu Krankheitserregern und Keimen haben und in<br />
einer möglichst sterilen Umgebung aufwachsen, häufiger zu Allergien.<br />
Auch das Risiko für Asthma oder Neurodermitis steigt bei Ihnen<br />
an. Als Resultat daraus versuchte beispielsweise eine Würzburger<br />
Forschungsgruppe per Impfung Infektionskrankheiten zu imitieren,<br />
um gezielt Heuschnupfen und Asthma zu verhindern.<br />
Training fürs Immunsystem<br />
Englische Forscher gehen in eine ähnliche Richtung. Sie haben einen<br />
Asthma-Impfstoff aus toten Bodenmikroben entwickelt. Auch ihre<br />
Forschungen fußten auf dem Grundsatz: Dreck in Maßen kann gesund<br />
sein. Rein historisch betrachtet, verwundert das kaum. Immerhin<br />
lebte der Mensch bis vor wenigen Jahrhunderten größtenteils<br />
sprichwörtlich im Schmutz, inmitten von Bakterien und Keimen.<br />
Das dadurch entstandene, archaische Immunsystem hat jedes Baby<br />
noch in sich. Wird das System jedoch nicht trainiert beziehungsweise<br />
aktiviert, kann es später leicht überreagieren. Dann sorgen schon<br />
harmlose Pollen für heftige Reaktionen in Form von Schnupfen, tränenden<br />
Augen und im schlimmsten Fall schweren Atembeschwerden.<br />
Einen Vorteil haben hier Kinder, die auf dem Land – speziell auf<br />
Höfen – aufwachsen. Denn hohe Keimkonzentrationen, etwa im<br />
Viehstall, scheinen Allergien entgegenzuwirken.<br />
Sauberhalten ja – Desinfektionsmittel nein<br />
So wichtig Hygiene also grundsätzlich auch ist: Desinfektionssprays<br />
im Privathaushalt müssen nicht sein. Die Reinigung mit herkömmlichen<br />
Mitteln reicht nach Ansicht des Umweltbundesamtes vollkommen<br />
aus, um ein sauberes Heim zu gewährleisten. Auch die Anwendung<br />
antibakterieller Allzweckreiniger oder Spülmittel ist unter normalen<br />
Umständen weder notwendig noch sinnvoll. Es ist sogar widersprüchlich,<br />
sich noch zusätzlich mit Chemikalien zu belasten. Das<br />
Deutsche Grüne Kreuz weist darauf hin, dass Desinfektion im Privathaushalt<br />
mit dem Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft<br />
vergleichbar ist. Viele Inhaltsstoffe töten zwar Mikroorganismen<br />
16 spectrum <strong>1.2011</strong><br />
Dreck lass nach?<br />
Warum Schmutz und bestimmte<br />
Krankheitserreger die Gesundheit<br />
sogar fördern können<br />
Stellen Sie sich vor: Ein Kind hüpft durch Schlamm und Pfützen,<br />
stapft durch den Matsch oder wühlt fröhlich mit beiden<br />
Händen im heimischen Sandkasten. Was bei vielen Eltern regelrechte<br />
Panikattacken und den reflexartigen Griff zum Sagrotantuch<br />
auslöst, ist in Maßen sogar unentbehrlich für die<br />
Gesundheit. Warum Schmutz und Dreck durchaus positive Effekte<br />
haben können, erklären wir in diesem Artikel.<br />
und Bakterien ab, können dem Körper aber schaden – speziell, wenn<br />
Kinder desinfizierte Gegenstände in den Mund nehmen oder mit ihnen<br />
spielen.<br />
Auch muss nicht jeder Infekt gleich mit Antibiotika behandelt werden.<br />
Denn die Medikamente zerstören nicht nur Krankheitserreger,<br />
sondern zumeist auch einen Großteil der gesunden Darmflora, die<br />
sich hinterher mühsam wieder aufbauen muss. Eine Studie hat bei<br />
Kindern, die in den ersten Lebensjahren häufig Antibiotika erhielten,<br />
eine erhöhte Allergierate nachgewiesen. Zudem besteht bei häufiger<br />
Nutzung die Gefahr einer Resistenz der Erreger gegen die<br />
Medikamente.<br />
Schmutz ist nicht gleich Schmutz<br />
Kinder sollten sich deshalb vor allem in den ersten Lebensjahren<br />
beim Spielen ruhig auch mal schmutzig machen. So bekommt der<br />
Körper ausreichend Gelegenheit, sich mit Krankheitserregern und<br />
Keimen auseinanderzusetzen. Abwehrkräfte werden stimuliert, das<br />
Immunsystem ist für den Ernstfall weitaus besser gerüstet. Aber<br />
Achtung: Wie bei allem ist auch bei der Hygiene das richtige Maß<br />
entscheidend. Mülltonnen oder Tierkot beispielsweise sind aufgrund<br />
aggressiver Keime, Schimmelsporen oder Fuchsbandwurm echte Gefahrenquellen<br />
und zu Recht tabu. Auch bei der Ernährungshygiene<br />
gilt: Vorsicht vor Salmonellen und Lebensmittelvergiftungen. Fleisch<br />
– speziell Geflügel – sowie Obst und Gemüse<br />
gehören vor dem Kochen gut<br />
abgewaschen. Spülschwamm<br />
und Putzlappen sollten regelmäßig<br />
gewechselt, Abfalleimer<br />
und Kühlschrank<br />
gereinigt werden. Wer<br />
diese einfachen Tipps<br />
beherzigt, schafft auch<br />
ohne übertriebene<br />
Maßnahmen ein hygienisch<br />
einwandfreies<br />
Umfeld für sich und<br />
seine Kinder. Ganz ohne<br />
antibakterielle Reiniger.