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Ausgabe 11 - IPOS

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HORST BRACKS<br />

32 ………………………………………………………………………………………………………<br />

Gemeindekuratoren im Kontext von Kirchenentwicklung<br />

und kirchlicher Organisationsentwicklung<br />

Während meiner Ausbildung zum Gemeindeberater<br />

faszinierten und motivierten mich<br />

besonders zwei Kerngedanken aus der Barmer<br />

Theologischen Erklärung: Kein Amt in der<br />

Kirche begründe eine Herrschaft der einen<br />

über die anderen und die Gestalt der Kirche ist<br />

nicht beliebig. 1 Der zweite Aspekt ist für mich<br />

aktueller denn je. Gemeindeentwicklung lässt<br />

sich in unserer Zeit nicht mehr von Kirchenentwicklung<br />

trennen, kirchliche Organisationsentwicklung<br />

und Strategieentwicklung einer<br />

möglichen Gestalt der Volkskirche der Zukunft<br />

gehören zusammen. In diesen Kontext zeichne<br />

ich das Thema „Gemeindekuratoren“ ein.<br />

I. Kirche „von der Zukunft her führen“<br />

Ich will zunächst einige Aspekte des Kontextes,<br />

in dem wir als evangelische Kirche stehen, erinnern.<br />

Es sind Zahlen von heute, die beschreiben,<br />

was sich in absehbarer Zukunft ereignen<br />

wird. Manches wird sicherlich, manches mit<br />

hoher Wahrscheinlichkeit eintreten. Diese Zahlen<br />

müssen wir ernst nehmen und zwar nicht<br />

morgen, sondern heute. Nur so kann gelingen,<br />

von der zu Zukunft her zu führen, wie Prof.<br />

Scharmer in Cambridge die notwendige Führungs-<br />

und Gestaltungsaufgabe beschreibt. Er<br />

meint dazu: „In der Krise der Gegenwart geht<br />

es darum, dass eine veraltete soziale Struktur<br />

abstirbt – eine alte Form der Institutionalisierung,<br />

eine alte Struktur des In-die-Welt-Kommens<br />

von Gemeinschaft und sozialer Form.“ 2<br />

Diese Aussage trifft auf die volkskirchlichen<br />

Strukturen zu. Mit realistischem Wahrnehmen<br />

ihrer harten Daten beginnt „von der Zukunft<br />

her führen“ und die Gestalt einer Volkskirche<br />

der Zukunft zu entwickeln.<br />

Gemeindegliederrückgang und weniger Geld:<br />

Nach Auskunft des Leiters der Finanzabteilung<br />

der EKD OKR Thomas Begrich rechnet die EKD<br />

für das Jahr 2040 mit einem Rückgang der<br />

Gemeindemitglieder um rund ein Drittel auf<br />

16 Millionen. In der bayerischen Landeskirche<br />

gehen wir realistisch von einem Rückgang bis<br />

2030 von 20 % der Evangelischen, das sind ca.<br />

320.000 (!) Gemeindeglieder, und von 25 %<br />

weniger Kirchensteuereinnahmen aus. 4 Zu den<br />

demographischen Gründen kommen in Bayern<br />

seit einigen Jahren Besorgnis erregnende Austrittszahlen<br />

von etwa 20.000 pro Jahr hinzu. In<br />

anderen Landeskirchen liegen diese Zahlen oft<br />

noch höher. Wir werden weniger evangelische<br />

Christen sein und wir werden erheblich weniger<br />

Geld haben. In meinen Beratungsprojekten<br />

begegne ich oft hoch engagierten Ehren- und<br />

Hauptamtlichen, die sich gegen diese Zahlen<br />

und die damit verbundenen Konsequenzen<br />

stemmen. Sie wollen missionarisch initiativ<br />

werden und sagen: „Dann müssen wir halt<br />

Menschen für die Kirche gewinnen!“ Ich bin<br />

leidenschaftlich an der Seite dieser Schwestern<br />

und Brüder, aber ich bitte sie in ihrem Engagement<br />

um eine realistische Betrachtung ihres<br />

Vorhabens und rege dazu an, darüber nachzudenken,<br />

was das in Zahlen konkret bedeuten<br />

würde. Dafür ein Beispiel: Der jährliche (!)<br />

Gemeindemitgliederverlust in den vier Innenstadtgemeinden<br />

Nürnbergs ist so hoch, dass<br />

diese Gemeinden, wollten sie den Trend nur<br />

stoppen, jährlich etwa 250 Menschen im evangelischen<br />

Glauben taufen und zum Wohnen in<br />

der Innenstadt bewegen müssten. Das Dekanat<br />

Nürnberg hat in den letzten zehn Jahren rund<br />

34.000 Evangelische verloren. 5<br />

Für die Entwicklung einer Volkskirche der<br />

Zukunft heißt das natürlich, dass wir darauf<br />

mit verstärktem missionarischem Engagement<br />

reagieren müssen, um Menschen neu für den<br />

Glauben zu gewinnen und auch zu taufen. Aber<br />

mindestens genauso wichtig wird es sein, dass<br />

Kirche viel stärker als bisher ihre Verbindung<br />

zu ihren noch vorhandenen Mitgliedern pflegt<br />

und das vor allem über personale Beziehungen.<br />

Pfarrermangel: Diese Zukunftsaufgabe wird<br />

allerdings erschwert, wenn wir aus den gerade<br />

eben aufgeführten Gründen weniger hauptamtliche<br />

Mitarbeitende dafür beschäftigen<br />

können. Es wird alle Berufsgruppen treffen.<br />

Aber bei den Pfarrerinnen und Pfarrern verschärft<br />

noch ein anderer Umstand die Lage.<br />

Klaus Weber, der Vorsitzende des Verbandes<br />

evangelischer Pfarrer und Pfarrerinnen in<br />

Deutschland weist darauf hin, dass es zwar<br />

momentan in allen Landeskirchen genügend

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