Ausgabe 11 - IPOS
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führt zu Anschlusskommunikation. Gedanken,<br />
die ich in Kommunikation fasse, erzeugen bei<br />
meinem Gegenüber niemals die gleichen Gedanken.<br />
Biologische Systeme operieren durch<br />
Leben, psychische durch Bewusstseinsprozesse<br />
wie Wahrnehmen, Denken, Fühlen, Wollen und<br />
Aufmerksamkeit. 15 Gleichzeitig sind Systeme<br />
umweltoffen, d. h. sie lassen sich durch die<br />
Umwelt z. B. irritieren, anstoßen oder reizen.<br />
Soziale Systeme operieren durch Kommunikation.<br />
„Der basale Prozeß sozialer Systeme, der<br />
die Elemente produziert, aus denen diese Systeme<br />
bestehen, kann ( … ) nur Kommunikation<br />
sein.“ 16<br />
Diese analytische Trennung dreier im menschlichen<br />
Individuum vereinigten, aber offenbar<br />
getrennt operierenden Systeme wirkt aus<br />
psychologisch/pädagogischer Perspektive<br />
zunächst befremdlich, weitet aber die Verstehensmöglichkeiten<br />
kommunikativer Prozesse<br />
und führt auch wieder zur Ganzheit zurück,<br />
indem alle drei Systeme nach Luhmann voraussetzende<br />
Umwelten füreinander darstellen.<br />
„Für die Theorie selbstreferentieller Systeme<br />
ist die Umwelt vielmehr Voraussetzung der<br />
Identität des Systems, weil Identität nur durch<br />
Differenz möglich ist.“ 17<br />
Auf die Folgen der relativen Autonomie von<br />
sozialen, psychischen und biologischen Systemen<br />
für Therapie und Beratung weist Arist von<br />
Schlippe hin:<br />
1. „Gefühle sprechen nicht.“ 18 Wir agieren in der<br />
Beratung immer nur mit der Kommunikation<br />
über Gefühle, nie mit den Gefühlen selbst.<br />
2. „Menschen verstehen einander prinzipiell<br />
nicht: Zwei Menschen können sich nicht direkt<br />
gegenseitig in ihre Gefühle oder Gedanken hineinsehen,<br />
sondern nur, indem die Kommunikation<br />
ihr eigenes psychisches System anregt und<br />
in Bewegung bringt.“ 19 Das psychische System<br />
operiert autopoietisch geschlossen und dabei<br />
gleichzeitig umweltoffen. 20 Wir können also<br />
Gedanken nie direkt austauschen, sind aber,<br />
um auf neue Gedanken zu kommen, auf den<br />
Austausch mit der Umwelt angewiesen.<br />
3. „Kommunikative Muster sind autonom<br />
gegenüber den Gedanken und Gefühlen der<br />
Beteiligten“. 21 Nur Kommunikation kann<br />
kommunizieren und wir können getrost kommunikative<br />
Muster zunächst losgelöst vom<br />
Individuum zum Gegenstand von Beobachtung<br />
und Beratung machen.<br />
Im Beratungsprozess können kommunikative<br />
Muster erprobt werden, welche die Verständigung<br />
ermöglichen und dabei Differenz<br />
erhalten.<br />
3.4. Schlussfolgerungen für die Beratungspraxis<br />
Für die systemische Organisationsberatungspraxis<br />
bedeutet das, dass wir durch die achtsame<br />
Verwendung der sprachlichen Kommunikation<br />
im Sinne von Rosenberg und Schultz<br />
von Thun den Fluss im Klienten-Berater-System<br />
„geschmeidiger“ machen können. Kommunikative<br />
Muster, welche die Anschlusskommunikation<br />
erschweren, können identifiziert und<br />
bearbeitet werden. Auf sprachlicher Ebene<br />
kann es so gelingen, Kontakt herzustellen.<br />
Das in diesem Text beschriebene produktive<br />
Muster der Kommunikation lässt sich in der<br />
Beratungsliteratur häufiger identifizieren.<br />
Das in der Organisationsentwicklungs- und<br />
Gemeindeberatungsausbildung der Evangelischen<br />
Kirche Hessen Nassau lange als Grundlagenliteratur<br />
empfohlene Werk „Beraten mit<br />
Kontakt“ von Eva Renate Schmidt und Hans<br />
Georg Berg greift das Muster ebenso auf. Es<br />
werden fünf Fragen beschrieben, die dazu geeignet<br />
sind, „das Wahrnehmungspotential“ im<br />
Klientensystem selbst zu verbessern. Folgende<br />
Fragen sind kontakt- und wahrnehmungsfördernd:<br />
Was tut ihr? (Beobachtung, S.Z.), Was<br />
fühlt ihr? (Gefühle, S.Z.), Was möchtet ihr?, Was<br />
vermeidet ihr? (Bedürfnisse, S.Z.), Was erwartet<br />
ihr? (Bitten, S.Z.)“ 22 Die vier Schritte der GFK<br />
lassen sich deutlich identifizieren.<br />
Aus dieser Perspektive fällt es leicht, die vier<br />
Seiten des Kommunikationsquadrates und<br />
die vier Schritte der GFK als beobachtbare<br />
kommunikative Muster zu sehen. Veränderungsprozesse,<br />
die mit dieser Methoden<br />
inszeniert werden, könnten zustande kommen<br />
lediglich durch „Überschreiben“ von vorhan-