Ausgabe 11 - IPOS
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davon aus, dass es zunächst reicht, wenn<br />
der „Sender“, in diesem Fall der/die Berater/<br />
innen, die Regeln der „GFK“ beachtet. Mit der<br />
Methode baut er „einen Kommunikationsfluss<br />
auf, der sich hin und her bewegt: Was ich beobachte,<br />
fühle und brauche; um was ich bitte, um<br />
mein Leben zu verschönern; was du beobachtest,<br />
fühlst und brauchst; worum du bittest,<br />
um dein Leben zu verschönern …“ 12 Und in<br />
diesem Fluss findet sich etwas Systemisches.<br />
Dabei bleibt immer mindestens die Differenz<br />
des Beobachteten durch die unterschiedlichen<br />
Perspektiven der Beobachter/innen. In der<br />
Beratungssituation stehen sich Klientensystem<br />
(KS) und Beratersystem (BS) zunächst als Systeme<br />
gegenüber, die unabhängig voneinander<br />
agieren können. Erst durch die wechselseitige<br />
Kommunikation kann das Klienten-Berater-<br />
System entstehen. „In einem Beratungsverhältnis<br />
stehen sich zwei soziale Systeme in<br />
Interaktion gegenüber bzw. kommunizieren<br />
miteinander. Die um Beratung anfragende<br />
Organisation als Klientensystem (KS) und die<br />
Beraterorganisation als das Beratersystem (BS).<br />
Durch die für die Zeitdauer des Beratungsprojekts<br />
entstehende Interaktion zwischen KS<br />
und BS etabliert sich ein drittes System, das<br />
Berater-Klienten-System. Sowohl das Klientensystem<br />
als auch das Beratersystem grenzen<br />
sich als Organisation von ihrer Umwelt ab und<br />
kommunizieren aber gleichzeitig mit ihr (dynamische<br />
System-Umwelt-Differenz).“ 13<br />
Niklas Luhmann bezeichnet Kommunikation<br />
grundsätzlich als systemisch. Kommunikation<br />
ist bei ihm zunächst nur ein dreistufiger Selektionsprozess.<br />
Eine Information wird von „Alter“,<br />
gemeinhin als Sender bezeichnet, als relevant<br />
aus einer Vielzahl von Informationen ausgewählt.<br />
Das ist der erste Selektionsprozess. Aus<br />
dieser Information wird in einem weiteren<br />
Selektionsprozess eine Mitteilung. Der zweite<br />
Selektionsprozess beruht demnach auf der Differenz<br />
zwischen Information und Mitteilung.<br />
Erst wenn „Ego“ – bei Luhmann der „Empfänger“,<br />
verstanden hat, dass Alter eine Mitteilung<br />
machen möchte, komplettiert Ego durch seine<br />
Annahme der Mitteilung die Kommunikation<br />
– dabei geht es allerdings noch nicht um das<br />
inhaltliche Verstehen, sondern lediglich um<br />
das Verstehen, dass eine Mitteilung gemacht<br />
wird. Erst durch dieses Verstehen wird die „Anschlusskommunikation“<br />
möglich, bei der die<br />
Rollen von „Ego“ und „Alter“ vertauscht werden<br />
und der dreistufige Selektionsprozess in anderer<br />
Richtung fortgeführt wird. „Kommunikation<br />
ist systemisch insofern, dass jede Selektion die<br />
anderen führen kann und die Führungsverhältnisse<br />
laufend umgekehrt werden können.“ 14<br />
Durch Anschlusskommunikation entsteht ein<br />
Fluss, der weiter läuft, solange verstanden<br />
wird, dass Mitteilungen gemacht werden. Nach<br />
Luhmann gilt Kommunikation als gelungen,<br />
wenn sie zu einer Anschlusskommunikation<br />
führt. Inhaltliches Verstehen ist seiner Theorie<br />
nach nicht Voraussetzung des Gelingens.<br />
Verstehen aus seiner Sicht ist ohnehin nicht<br />
vollständig möglich, da immer die Differenz<br />
zwischen Information und Mitteilung bestehen<br />
bleibt. Dabei kann das inhaltliche Verstehen,<br />
„ist schon klar, habe verstanden“ für die<br />
Kommunikation sogar hinderlich sein, sie zum<br />
Versiegen bringen. Der Erhalt von Differenz<br />
hingegen wirkt kommunikationserhaltend.<br />
Diese Theorie erhellt, warum besonders harmoniebedachte<br />
Systeme in heftige Konflikte<br />
geraten. Durch das verordnete Verständnis –<br />
„wir verstehen uns schon“ – versiegt die Kommunikation<br />
und die über nur Kommunikation<br />
vermittelbaren Bedürfnisse bleiben auf der<br />
Strecke. (Scheinbar) Vollständiges inhaltliches<br />
Verstehen kann Kommunikation behindern.<br />
Sensible Wahrnehmung von Differenz muss<br />
Teil einer Kommunikationskultur sein, sie fördert<br />
die Anschlusskommunikation.<br />
3.3. Luhmanns drei Typen von Systemen und<br />
ihre Folgen für das Beratungsgeschehen<br />
Weitere Überlegungen Luhmanns können<br />
unser Verständnis für die Komplexität von<br />
Kommunikation nochmals erweitern. Er arbeitet<br />
drei Typen von Systemen deutlich heraus:<br />
biologische, psychische und soziale Systeme.<br />
Gemeinsam ist allen, dass sie in Differenz zur<br />
Umwelt und in Autopoiesis (Selbstschaffung<br />
und Erhaltung) operieren. Dabei sind sie in<br />
sich geschlossen – nur Leben kann Leben<br />
hervorbringen, Gedanken erzeugen immer nur<br />
Gedanken und erfolgreiche Kommunikation