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das irgendwie spannend. Man ist völlig<br />
ausgezogen, wobei gerade Männer dabei<br />
besonders billo aussehen, wenn der<br />
Schwanz nicht steht und da so ein kleines<br />
Pimpermätzchen herumhängt. Das<br />
ist halt die Wahrheit.“<br />
Wenn Rath seinen Job macht, dann ist<br />
er hin- und hergerissen. Fast ängstlich<br />
wirkt er davor, in eine Routine zu verfallen.<br />
Alte, gewohnte Richtungen erinnern<br />
ihn an zu Hause. Ständig möchte<br />
er sich an seinen Bildern ausprobieren,<br />
das eine Bild aus seinem Kopf schießen<br />
– und danach vielleicht noch ein viel<br />
besseres. „Dann bin ich voll der hysterische,<br />
hibbelige, teilweise bestimmt<br />
auch ekelhafte Typ bis er sein Bild hat.<br />
Und dann will er noch ein Bild und gerade<br />
bei mehreren Modellen komme<br />
ich unter Zwang, viel zu produzieren“,<br />
so Rath über sich selbst. Er sei generell<br />
so ein schizophrener Typ. Selbst Auftragsarbeiten<br />
hat er schon um Stunden<br />
überzogen. Er will an die Grenzen stoßen,<br />
das Bild überreizen. Es schießt aus<br />
ihm heraus: „Wenn mich nicht jemand<br />
bremst, dann Maschine, Maschine,<br />
Maschine – bis ich dann meine zehn,<br />
zwölf Stunden nichts gegessen habe<br />
und mein Magen oder mein Körper Bescheid<br />
gibt: "Mach mal Pause. Wenigstens<br />
eine halbe Stunde!" Dieser Satz,<br />
der so kräftig intoniert begonnen hat,<br />
endet fast flüsternd, als ob er sich in<br />
Erkenntnis selber dabei ertappt hätte,<br />
etwas Falsches getan zu haben.<br />
Mir scheint, als bräuchte Oliver stets<br />
eine Erinnerung, dass es ihn samt Körper<br />
gibt. Seit seiner Kindheit hat er sich<br />
in Relation zu anderen wahrgenommen.<br />
Jetzt, wo er – im wahrsten Sinne<br />
des Wortes – als Shooting-Star wahrgenommen<br />
wird, fällt es ihm immer noch<br />
schwer, sich als eigenständige Person<br />
zu sehen. Mit der Geburt seines Kindes<br />
im letzten Jahr hat sich das jedoch verändert.<br />
Oliver wirkt präsenter und klarer<br />
in seinen Aussagen.<br />
Hast du Allergien oder warum tränt<br />
dein Auge die ganze Zeit?<br />
Das Auge ist etwas kaputt, da ist mir<br />
mal eine Ader geplatzt. Es waren Drogen<br />
im Spiel und das war auch der<br />
springende Punkt, weshalb ich mit Drogen<br />
auf einmal sehr langsam gemacht<br />
habe. Das ging von heute auf morgen,<br />
von 100 auf 5 Prozent Sehkraft! Dabei<br />
habe ich richtig Glück gehabt, denn<br />
nach der Operation kam ich zurück auf<br />
90 Prozent. Das war eine klare Ansage<br />
zum Ende meiner DJ-Zeit: Whooa, fahr<br />
mal runter! So eine Ansage kommt öfter<br />
im Leben, das Leben ist ja nicht Hollywood,<br />
das wäre ja schön. Das mit dem<br />
Rücken ist hingegen so eine langsame<br />
Hure, die immer größer wird. Aber alles<br />
ist gut, ich habe zwei Arme, zwei Beine<br />
und ich habe die Finger noch dran.<br />
Und wie sieht deine Zukunft mit der<br />
Fotografie aus?<br />
Persönlich hoffe ich, dass es wesentlich<br />
kompakter wird. Dann muss man nicht<br />
mehr so viel herumschleppen. Aber ich<br />
kann dir nicht sagen, was ich in zehn<br />
Jahren machen werde. Da muss man<br />
Realist sein. Ich hatte ja auch keine Lust<br />
mehr aufzulegen und habe alles gecancelled,<br />
mein ganzes Zeug verkauft und<br />
so. Außer meine Platten, die sind noch<br />
bei meiner Mutter. Dort stehen jetzt<br />
also 10.000 LPs im Keller und sie ruft<br />
mich immer mal wieder an und fragt:<br />
„Was machen wir denn mit denen?"<br />
Text Miron Tenenberg<br />
Oliver-Rath.com<br />
Miron von Oliver fotografiert<br />
Oliver von Miron fotografiert<br />
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