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OLIVER RATH WEINT BEIM<br />
INTERVIEW<br />
F<br />
otos sind sein Leben – und deswegen<br />
hat sich Oliver Rath seine Star-Allüren zu pflegen, kommt der mittlerweile reißen sich alle Stars nach<br />
dabei heimlich mustern. Doch statt durch. In Freiburg war er mal DJ und<br />
alte Olympus-Kamera auf die Shooting-Star der deutschen Fotografie<br />
einem Foto von ihm und er hat diesen<br />
Brust tätowieren lassen. Die Kamera<br />
gibt es nicht mehr, aber die Leidenschaft<br />
hat überlebt. „Mit dem Loslassen<br />
habe ich ein Problem“, fasst der<br />
34-jährige zusammen. Ein Portrait<br />
über den Fotografen Oliver Rath, der<br />
aus Emmendingen nach Berlin kam,<br />
um nackte Frauen abzulichten.<br />
Über eine halbe Stunde trifft Oliver<br />
Rath zu spät zum Interviewtermin ein.<br />
Er schlendert grinsend über die Dachterrasse<br />
und grast die Blicke der Medienbohème<br />
ab. Wie ein Kind mit einem<br />
Frosch in der Hand bewegt sich der<br />
hagere Rath inmitten der beschwert<br />
Erfolgreichen, die unbeschwert unerfolgreich<br />
ihr Leben genießen und ihn<br />
soeben vom Arzt. Er hat es im Rü-<br />
cken und die Spritzen wirken Wunder.<br />
Es geht ihm jetzt gut, konstatiert er<br />
und wirkt dabei etwas verunsichert,<br />
als erwarte er eine negative Antwort.<br />
Plötzlich erklärt Rath, dass er in einer<br />
Online-Gay-Community registriert sei.<br />
Glücklicherweise scheint ihm dabei die<br />
Sonne seitlich durch die Sonnenbrille<br />
auf die Augen. Sein fordernder Blick ist<br />
zu erkennen. Er fängt an zu spielen und<br />
testet die Rollen.<br />
Bevor ich Oliver zum ersten Mal treffe,<br />
spuckt Google eine überschaubare<br />
Anzahl an Ergebnissen über ihn aus.<br />
Zur Vorbereitung lese ich mir also die<br />
gefundenen Interviews und Portraits<br />
Foto-Blog und er ist ein ganz verrückter<br />
Typ und alles ganz wild und viel Sex<br />
und so. Erst jetzt schaue ich mir Olivers<br />
gut gepflegten Blog an, seiner Visitenkarte<br />
im Netz. So sieht also Avantgarde<br />
heutzutage aus.<br />
Mit seinem Blick tastet Rath die Umgebung<br />
ab. Seine Augen wandern<br />
schnell umher, verweilen selten auf<br />
einem Fleck und scheinen keine Ruhe<br />
zu finden. Erst als er etwas in die Hand<br />
nimmt – um damit zu spielen – findet<br />
sein optisches Treiben ein Ende. Wie ein<br />
Schulkind sitzt er am Tisch, nur dass<br />
Rath sich die Maske eines Erwachsenen<br />
übergezogen hat.<br />
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