Politik - Berliner Ärzteblatt
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Praxis & Recht<br />
Arbeitssicherheitsgesetz<br />
Brauche ich einen Sicherheitsingenieur?<br />
Viele Arztpraxen unterhalten Verträge mit Ingenieurbüros, die diese beraten und in regelmäßigen<br />
Abständen die Praxis zur Prüfung der Arbeitssicherheit begehen. Ist man als Praxisinhaber hierzu eigentlich<br />
gesetzlich verpflichtet?<br />
Das Arbeitssicherheitsgesetz<br />
§ 5 Arbeitssicherheitsgesetz legt<br />
fest, dass der Arbeitgeber unter<br />
bestimmten Voraussetzun-<br />
gen Fachkräfte für Arbeitssicher-<br />
heit zu bestellen hat. Vorausset-<br />
zung für die Bestellung dieser<br />
Fachkräfte ist laut Gesetz, dass<br />
dies erforderlich ist im Hinblick<br />
auf:<br />
• die Betriebsart und die damit<br />
für den Arbeitnehmer verbunde-<br />
nen Unfall- und Gesundheitsgefahren,<br />
• die Zahl der beschäftigten<br />
Arbeitnehmer und die Zusam-<br />
mensetzung der Arbeitnehmerschaft,<br />
• die Betriebsorganisation,<br />
• Arbeitsschutz und die für Unfallverhütung<br />
verantwortlichen<br />
Personen,<br />
• die Kenntnisse und die<br />
Schulung des Arbeitgebers.<br />
Was soll denn das konkret<br />
heißen?<br />
Es wird deutlich, dass § 5<br />
Arbeitssicherheitsgesetz unbestimmt<br />
und daher zu konkretisieren<br />
ist. Auch dies erfolgt anhand<br />
gesetzlicher Vorgaben:<br />
§ 15 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII bestimmt,<br />
dass die Unfallversicherungsträger<br />
bindende Unfallverhütungsvorschriften<br />
über die<br />
Maßnahmen erlassen, die der<br />
Arbeitgeber zur Erfüllung der<br />
sich aus dem Arbeitssicherheits-<br />
gesetz ergebenden Pflichten<br />
ergreifen muss. Der maßgebli-<br />
che Unfallversicherungsträger –<br />
die Berufsgenossenschaft für<br />
Gesundheitsdienst und Wohl-<br />
fahrtpflege – kam dem durch<br />
die berufsgenossenschaftliche<br />
Vorschrift A2 „Betriebsärzte<br />
und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“<br />
(BGV A2 – Oktober 2005)<br />
nach.<br />
Berufsgenossenschaftliche<br />
Vorschrift A2<br />
§ 2 BGV A2 unterscheidet nach<br />
Praxisgröße. Für Arztpraxen mit<br />
bis zu zehn Beschäftigten richtet<br />
sich der Umfang der sicherheitstechnischen<br />
Betreuung nach An-<br />
lage 1 zur Vorschrift A2, bei<br />
mehr als zehn Beschäftigten<br />
nach Anlage 2. Abweichend<br />
hiervon kann ein Betreuungsmo-<br />
dell nach Anlage gewählt wer-<br />
den, wenn der Praxisinhaber<br />
aktiv in das Betriebsgeschehen<br />
eingebunden ist und weniger<br />
als 51 Mitarbeiter beschäftigt<br />
sind.<br />
Praxen mit bis zu zehn<br />
Beschäftigten<br />
Es hat eine Grundbetreuung<br />
durch Sicherheitsingenieure zu<br />
erfolgen. Diese umfasst eine Er-<br />
stellung bzw. Aktualisierung ei-<br />
ner generellen Gefährdungsbe-<br />
urteilung. Sie muss alle fünf Jahre<br />
wiederholt werden. Zudem ist<br />
eine anlassbezogene Betreuung<br />
sicherzustellen. Anlässe für die<br />
Betreuung sind insbesondere die<br />
Planung, Errichtung und Änderung<br />
von Betriebsanlagen sowie<br />
die Einführung neuer Arbeitsmittel.<br />
Es wird deutlich, dass Anlässe<br />
gemeint sind, die Einfluss auf<br />
die Gefährdungsbeurteilung haben.<br />
Praxen mit mehr als zehn<br />
Beschäftigten<br />
Bei Praxen mit mehr als zehn Beschäftigten<br />
beträgt die erforderliche<br />
sicherheitstechnische Einsatzzeit<br />
0,25 Stunden im Jahr je<br />
Beschäftigtem (ab 50 Beschäftigte<br />
0,5 Stunden). Das bedeutet, dass<br />
die Einsatzzeit bei beispielsweise<br />
15 Beschäftigten ,75 Stunden im<br />
Jahr beträgt.<br />
Alternative bedarfsorientierte<br />
Betreuung<br />
Bei dieser alternativen Betreuung<br />
wird der Praxisinhaber zu Fragen<br />
der Sicherheit im Betrieb informiert<br />
und zur Durchführung erforderlicher<br />
Maßnahmen motiviert.<br />
Die Betreuung besteht aus Motivations-,<br />
Informations- und Fortbildungsmaßnahmen<br />
sowie bedarfsorientierter<br />
Betreuung. Diese Alternative<br />
kann von der Berufsgenossenschaft<br />
und den Dach- und<br />
Standesorganisationen organisiert<br />
und umgesetzt werden. Die konkreten<br />
Maßnahmen werden in Anlage<br />
zur Vorschrift A2 nach Zeit<br />
und Inhalt genau bestimmt. Der<br />
Praxisinhaber wird hierbei stärker<br />
selbst mit einbezogen, da zum<br />
Beispiel auch „Selbstlernmaßnahmen“<br />
möglich sind. Nach Abschluss<br />
der Motivations- und Informationsmaßnahmen<br />
kann der<br />
Praxisinhaber über Notwendigkeit<br />
und Ausmaß externer Betreuung<br />
im Rahmen der bedarfsorientierten<br />
Betreuung mitbestimmen.<br />
Dr. Christopher Liebscher, LL.M.<br />
Rechtsanwälte Meyer-Köring v. Danwitz<br />
Privat, Telefon: 030 2062986,<br />
E-Mail: liebscher@mkvdp.de<br />
16 0 /2008/121/52 (Rotes Blatt) <strong>Berliner</strong> <strong>Ärzteblatt</strong>