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Münzen, Naturalgeld und Banknoten in Äthiopien

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≈◊<br />

Oesterreichische Nationalbank<br />

G e l d m u s e u m<br />

<strong>Münzen</strong>, <strong>Naturalgeld</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Banknoten</strong> <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong><br />

von der Antike bis zur Gegenwart<br />

Sonderausstellung Oktober 1996 bis März 1997


Weißer Nil<br />

<strong>Äthiopien</strong> <strong>und</strong> Südarabien <strong>in</strong> der Antike<br />

Handelsrouten<br />

Meroë<br />

Sirbitum (Soba)<br />

Blauer Nil<br />

Atbara<br />

BEGA<br />

(BLEMENIA)<br />

AGAZIA<br />

Adulis<br />

Koloe<br />

Tekezze HABASA<br />

Axum<br />

Matara<br />

Debra Damo<br />

Yeha<br />

SEMINE<br />

TSIAMO<br />

Sabae-Ars<strong>in</strong>oë<br />

(Assab)<br />

SASU<br />

AGAU<br />

(Roha-Lalibela)<br />

Avalites (Zeila)<br />

Akme<br />

Ocelis<br />

Nagran<br />

Sanaa<br />

SABA Marib/<br />

Salhen<br />

Sabbatha<br />

Odanda (Hodeida)<br />

(Sabwa)<br />

HADRAMAUT<br />

(Zebid) Zafar/Raydan Kane<br />

HIMYAR<br />

Musa<br />

Arabia Emporium<br />

(Aden)<br />

Malao (Berbera)<br />

0 50 100 150 200 250 300 km


Vor h<strong>und</strong>ert Jahren konnte sich <strong>Äthiopien</strong> durch den Sieg Kaiser<br />

Meneliks II. <strong>in</strong> der Schlacht von Adua (1. März 1896) dem direkten<br />

Zugriff des europäischen Kolonialismus entziehen, doch <strong>in</strong> der<br />

Folge war die wechselvolle Geschichte dieses Landes bis <strong>in</strong> unsere Tage<br />

durch e<strong>in</strong>en Imperialismus eigener Prägung bestimmt. Das alte Kaiserreich<br />

<strong>und</strong> se<strong>in</strong>e marxistischen Erben s<strong>in</strong>d letztlich an den zentrifugalen Kräften<br />

des Vielvölkerstaates gescheitert; die neue demokratische Zukunft läßt h<strong>in</strong>gegen<br />

auf e<strong>in</strong>e friedvollere Zukunft hoffen.<br />

Diese h<strong>und</strong>ert Jahre moderner Geschichte bilden auch die e<strong>in</strong>e der<br />

beiden Epochen, <strong>in</strong> denen am Horn von Afrika mit Münzgeld <strong>in</strong>ternationale<br />

Wirtschaftspolitik gemacht wurde. Die andere Epoche liegt weit zurück<br />

<strong>und</strong> ist von e<strong>in</strong>er spätantiken Handelsmacht geprägt, vom altäthiopischen<br />

Reich, das nach se<strong>in</strong>er Hauptstadt das Axumitische genannt wird. Was<br />

dazwischen liegt, s<strong>in</strong>d zwölf Jahrh<strong>und</strong>erte e<strong>in</strong>er typisch afrikanischen<br />

<strong>Naturalgeld</strong>wirtschaft.<br />

Diese drei Kapitel der äthiopischen Geldgeschichte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ausstellung<br />

repräsentativ zu dokumentieren, gel<strong>in</strong>gt nur selten, weil es wenige Spezialsammlungen<br />

gibt. Daß dies möglich wurde, <strong>und</strong> zwar mit Exponaten, die<br />

zur Gänze aus österreichischen Sammlungen stammen, hängt mit dem<br />

besonderen Interesse zusammen, das man hierzulande seit langem für<br />

<strong>Äthiopien</strong> hegt. Die ehedem so bedeutende Produktion von Maria-


Theresien-Talern für den Export <strong>in</strong> die Region um das Rote Meer ist bloß<br />

e<strong>in</strong> Aspekt der numismatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern.<br />

Diese beliebte (<strong>und</strong> schon oft vorgestellte) Handelsmünze wird <strong>in</strong> dieser<br />

Ausstellung nur am Rande e<strong>in</strong>bezogen, nämlich <strong>in</strong> ihren Auswirkungen auf<br />

den äthiopischen Geldverkehr. Zentrales Thema ist die politische, religiöse<br />

<strong>und</strong> wirtschaftliche Aussagekraft der eigenständigen äthiopischen <strong>Münzen</strong>,<br />

deren Erforschung e<strong>in</strong>es der Anliegen der österreichischen Numismatik ist.<br />

Der Landesname <strong>Äthiopien</strong> hat sich (nach langer offizieller Forcierung)<br />

als der heute übliche (<strong>und</strong> amtliche) e<strong>in</strong>gebürgert, obwohl er von außen<br />

übernommen wurde: ursprünglich bezeichneten die antiken Griechen<br />

damit alle Afrikaner südlich von Ägypten (die „Dunkelgesichtigen“), also<br />

primär die Bewohner des Sudan, was im Laufe der Geschichte zu manchen<br />

Verwechslungen geführt hat. Die Äthiopier haben ihn wohl auch deshalb<br />

bevorzugt, weil sie dessen Erwähnungen <strong>in</strong> der Bibel irrigerweise auf sich<br />

bezogen; es ist damit also e<strong>in</strong>e christliche Programmatik verb<strong>und</strong>en, wie sie<br />

sich auch <strong>in</strong> der Münzprägung manifestiert. Der andere Name, Abess<strong>in</strong>ien,<br />

kommt aus e<strong>in</strong>er sprachlich näher verwandten, nämlich altarabischen<br />

Wurzel (die Ableitung von e<strong>in</strong>er Bezeichnung für Mischl<strong>in</strong>ge ist allerd<strong>in</strong>gs<br />

bloße Volksethymologie). Er wird jetzt aber eher vermieden, wohl auch weil<br />

er zu sehr an Kolonialzeiten er<strong>in</strong>nert. Für die Wiedergabe äthiopischer<br />

Namen <strong>und</strong> Ausdrücke gibt es verschiedene moderne Transskriptionssysteme,<br />

doch es wurde hier e<strong>in</strong>e „unwissenschaftliche“ deutsche Schreibweise<br />

gewählt, wie sie <strong>in</strong> der älteren, noch unbekümmerten Literatur gang<br />

<strong>und</strong> gäbe war.


Spätantike Zeitzeugen<br />

e<strong>in</strong>er exotischen Handelsmacht<br />

Zum axumitischen Münzwesen<br />

Als das Römische Weltreich im 3. Jahrh<strong>und</strong>ert n. Chr. durch e<strong>in</strong>e endlose<br />

Reihe von unglücklichen Kriegen, <strong>in</strong>sbesondere auch gegen den persischen<br />

Erbfe<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e schwere Krise geriet, begann am südlichen Rand der<br />

bekannten Hemisphäre der Aufstieg e<strong>in</strong>er neuen Macht, die für Rom letztlich<br />

bedeutender wurde als das altersschwache Meroe im Sudan. Im Hochland<br />

über der Südküste des Roten Meeres kristallisierte sich <strong>in</strong> der Stadt<br />

Axum e<strong>in</strong> Staatsgebilde heraus, dessen König immer weitere Teile von<br />

Ostafrika unterwarf bzw. tributpflichtig machte, ja sogar bis Meroe im<br />

Nordosten <strong>und</strong> über das Meer h<strong>in</strong>über nach der jemenitischen Gegenküste<br />

ausgriff. Damit konnte er den über das Rote Meer laufenden Indienhandel<br />

des Römischen Reiches kontrollieren <strong>und</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Hafenstadt Adulis mit<br />

der dort endenden <strong>in</strong>nerafrikanischen Handelsroute zusammenführen. Als<br />

Axum im letzten Viertel des 3. Jahrh<strong>und</strong>erts n. Chr. mit der Prägung<br />

eigener <strong>Münzen</strong> begann, war das aber nicht nur e<strong>in</strong>e handelspolitische<br />

Maßnahme, sondern e<strong>in</strong>e ganz spektakuläre Herrschaftsmanifestation mit<br />

stark sakralem E<strong>in</strong>schlag. Denn es handelte sich nicht bloß um e<strong>in</strong> lokales<br />

Kle<strong>in</strong>geld, wie es auch im Römischen Reich noch viele Städte produzieren<br />

durften, sondern um e<strong>in</strong> trimetallistisches System mit mehreren Werten bis<br />

h<strong>in</strong>auf zum Gold – also gewissermaßen e<strong>in</strong>e imitatio imperii Romani. Vor<br />

allem ist es die relativ starke, weil aus dem afrikanischen Flußgold gespeiste,<br />

Goldprägung, die zum<strong>in</strong>dest bei den griechisch-römischen Händlern<br />

Aufsehen erregen mußte, da sich die Römer mit dem Gedanken schmeichelten,<br />

ihr Kaiser hätte so etwas wie e<strong>in</strong> Goldreservat, denn damit konnte<br />

nicht e<strong>in</strong>mal das sasanidische Perserreich wirklich konkurrieren.<br />

Unsere Kenntnis von der Geschichte des axumitischen Reiches beruht<br />

zu e<strong>in</strong>em Gutteil auf den <strong>Münzen</strong>, die südarabische Traditionen fortsetzen


<strong>und</strong> zu ihrer Zeit sozusagen e<strong>in</strong>e monetäre Insel am Rande der antiken<br />

Welt bilden. Die anderen Geschichtsquellen, d. h. die literarische Überlieferung<br />

bei antiken Autoren oder die epigraphischen Denkmäler, s<strong>in</strong>d<br />

recht lückenhaft <strong>und</strong> zufällig. Immerh<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d auch die wenigen erhaltenen<br />

Monumental<strong>in</strong>schriften <strong>in</strong> denen die Könige ihre Siege <strong>in</strong> drei Sprachen<br />

bzw. Schriften (griechisch, Geez = altäthiopisch, sabäisch = altsüdarabisch)<br />

verkünden <strong>und</strong> ihrer Gottheit dafür danken, e<strong>in</strong>e den <strong>Münzen</strong> vergleichbare<br />

Herrschaftsdemonstration. Außerdem hat natürlich der archäologische<br />

Bef<strong>und</strong> das Se<strong>in</strong>e dazu beigetragen, daß wir e<strong>in</strong>e Vorstellung von der<br />

kulturellen Höhe Axums bekommen haben. Berühmt s<strong>in</strong>d die Stelen der<br />

Heiligen Stadt, um deren Bedeutung viel gerätselt worden ist. Seitdem die<br />

jüngsten Ausgrabungen aber zugehörige unterirdische Gruftkammern<br />

entdeckt haben, ist deren Deutung als Grabdenkmäler (Seelenhäuser)<br />

gesichert.<br />

Demgegenüber ersche<strong>in</strong>en die <strong>Münzen</strong> zwar als w<strong>in</strong>zige, aber wegen<br />

ihrer guten, weil regelmäßigen <strong>und</strong> zahlreichen Überlieferung, vielleicht<br />

wichtigste Dokumentationsträger. Sie bilden für die Geschichtsforschung<br />

e<strong>in</strong>e über 350 Jahre lang (ca. 290 bis ca. 650) kont<strong>in</strong>uierlich fließende<br />

Primärquelle von authentischem Material, das durch die Numismatik angemessen<br />

aufgearbeitet werden muß. Diese Arbeit hat <strong>in</strong> den letzten Jahrzehnten<br />

durch die Entwicklung <strong>und</strong> Anwendung neuer Methoden große<br />

Fortschritte gemacht, wenn auch noch ke<strong>in</strong>eswegs alle Fragen als geklärt<br />

gelten können. Die Reihe der Königsnamen (die zumeist nur durch die<br />

<strong>Münzen</strong> bezeugt s<strong>in</strong>d) dürfte jedenfalls feststehen.<br />

Der Beg<strong>in</strong>n der axumitischen Münzprägung ist mit e<strong>in</strong>iger Sicherheit <strong>in</strong><br />

die Zeit des römischen Kaisers Diocletianus (284–305) zu datieren, von<br />

dessen goldener Hauptmünze, dem Aureus (= „Güldl<strong>in</strong>g“) von etwa 5 . 4g


( 1 /60 = des römischen Pf<strong>und</strong>es von ca. 325 g), die frühesten, genau halb so<br />

schweren <strong>Münzen</strong> (Abb. 2) <strong>in</strong>sofern abgeleitet werden können, als sie zu<br />

den im Indienhandel geläufigen römischen Goldstücken die (offenbar als<br />

nützlich erachteten) Hälbl<strong>in</strong>ge eigener Prägung lieferten.Tatsächlich gibt es<br />

e<strong>in</strong>en F<strong>und</strong>niederschlag <strong>in</strong> Indien.Als Kaiser Konstant<strong>in</strong> d. Gr. im Jahre 324<br />

se<strong>in</strong>en leichteren Solidus von 4 . 5g ( 1 /72 = des römischen Pf<strong>und</strong>es) im Osten<br />

des Römischen Reiches durchsetzte, haben die Axumiten auch dazu das<br />

Halbstück geprägt, dieses aber im späteren 4. Jahrh<strong>und</strong>ert durch e<strong>in</strong>e noch<br />

leichtere Münze ersetzt, der wahrsche<strong>in</strong>lich andere, aus Südarabien (vgl.<br />

Abb. 1: ältere sabäische Silbermünze mit der Gewichtsangabe 20) übernommene,<br />

Gewichtsnormen (auf Getreidekörnern basierende Unzen)<br />

zugr<strong>und</strong>e liegen. Der Fe<strong>in</strong>gehalt s<strong>in</strong>kt von anfangs über 90% auf etwas über<br />

50%, sodaß schließlich nur mehr der Wert e<strong>in</strong>es Viertelsolidus erreicht<br />

wurde.Weitere Unterteilungen zu den axumitischen Goldmünzen gab es <strong>in</strong><br />

diesem Metall nur unter dem zweiten münzprägenden König (Aphilas),<br />

ansonsten aber <strong>in</strong> Form von Silber- <strong>und</strong> Kupfermünzen, wenn wir auch<br />

deren Wechselkursverhältnis untere<strong>in</strong>ander nicht wissen. In diesen drei<br />

Münzmetallen wurde während fast der gesamten Prägezeit von über 350<br />

Abb. 1 Abb. 2


Jahren parallel geprägt. Das Silber <strong>und</strong> das Kupfer zeichneten sich zeitweise<br />

durch e<strong>in</strong>e partielle Vergoldung aus, d. h. e<strong>in</strong>zelne Teile des Münzbildes<br />

wurden durch Feuervergoldung hervorgehoben. Dieses <strong>in</strong> der<br />

Münzgeschichte e<strong>in</strong>malige <strong>und</strong> für Axum typische, aufwendige Verfahren<br />

kann natürlich auch dafür gedacht gewesen se<strong>in</strong>, den Silber- <strong>und</strong><br />

Kupfermünzen e<strong>in</strong>en entsprechenden Wert zu verleihen <strong>und</strong> sie als reguläre<br />

Teilstücke zum Gold auszuweisen, wurde aber darüber h<strong>in</strong>aus zur symbolhaft-sakralen<br />

Gestaltung des Münzbildes verwendet. Dieses zeigt immer<br />

den König im Brust- oder Hüftbild zum<strong>in</strong>dest auf e<strong>in</strong>er Seite, oft auch (im<br />

Gold fast immer) auf beiden Seiten, wobei es verschieden ausgestattet se<strong>in</strong><br />

kann. Sowohl das Königsbild als auch die sonstigen Motive s<strong>in</strong>d von tieferem<br />

Symbolgehalt, der sich e<strong>in</strong>er religionsgeschichtlichen Deutung erschließt<br />

<strong>und</strong> das Kommen des Christentums <strong>in</strong> der Mitte des 4. Jahrh<strong>und</strong>erts recht<br />

anschaulich illustriert.<br />

Die Beschriftung ist am Anfang durchwegs griechisch <strong>und</strong> bleibt so im<br />

Gold (wegen der Außenwirkung) bis zuletzt. Die Silber- <strong>und</strong> Kupfermünzen<br />

stellen (nach früheren Episoden) im zweiten Viertel des 6. Jahrh<strong>und</strong>erts auf<br />

das heimische Geez um, das zur altsemitischen Sprach- <strong>und</strong> Schriftfamilie<br />

gehört, aber wie das Griechische von l<strong>in</strong>ks nach rechts geschrieben wird<br />

(auf den <strong>Münzen</strong> zumeist unvokalisiert). Die Münzaufschriften nennen<br />

e<strong>in</strong>en oder mehrere Königsnamen, manchmal von Coregenten, öfters aber<br />

aus der protokollarischen Namensfolge e<strong>in</strong>- <strong>und</strong> desselben Königs entnommen,<br />

denn jeder König sche<strong>in</strong>t zum persönlichen Namen noch e<strong>in</strong>en<br />

Thronnamen, den Vatersnamen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en (wahrsche<strong>in</strong>lich matril<strong>in</strong>earen)<br />

Familiennamen geführt zu haben. Dazu kommt der Königstitel (griechisch:<br />

basileus, Geez: negus), der lokal spezifiziert se<strong>in</strong> kann („der Axumiten“,<br />

bzw. „der Abess<strong>in</strong>ier“, oder „<strong>in</strong> Axum“, gelegentlich auch mit Bezug auf


Südarabien). In christlicher Zeit gibt es religiöse Formeln (Devisen), die<br />

vielleicht aus liturgischen Texten stammen.<br />

Das Ende der axumitischen Münzprägung kam abrupt um die Mitte des<br />

7. Jahrh<strong>und</strong>erts, als die neue Großmacht des Islam von Arabien her expandierend<br />

die Axumiten von der Küste <strong>in</strong>s Landes<strong>in</strong>nere abdrängte. Danach<br />

s<strong>in</strong>d die alten <strong>Münzen</strong> wohl noch e<strong>in</strong>e Zeit lang (vielleicht nur noch für<br />

sakrale Zwecke) verwendet worden, bis sie im Boden verschwanden – um<br />

jetzt wieder gef<strong>und</strong>en zu werden. Daß aber für lange Jahrh<strong>und</strong>erte dann<br />

ke<strong>in</strong>e neuen <strong>Münzen</strong> mehr geprägt wurden, spricht recht deutlich für ihre<br />

se<strong>in</strong>erzeitige Handelsfunktion, die eben im 7. Jahrh<strong>und</strong>ert erloschen ist.<br />

Die religionsgeschichtliche Aussage der axumitischen <strong>Münzen</strong>:<br />

Vom sabäischen Pantheon zur christlichen Tr<strong>in</strong>ität<br />

<strong>und</strong> zur Herrschaft des Kreuzes<br />

Die Ausgestaltung des Münzbildes beruht auf dem Konzept, daß das Bild die<br />

Umschrift zu ergänzen hat: Wegen der Kle<strong>in</strong>heit des Münzr<strong>und</strong>es werden<br />

Symbole verwendet, die kürzelhaft das zum Ausdruck br<strong>in</strong>gen, was die<br />

monumentalen Inschriftenste<strong>in</strong>e der Könige <strong>in</strong> ausführlichen Formeln<br />

erläutern: daß diese als Repräsentanten der axumitischen Herrschaft unter<br />

dem Schutz der Götter stehen. In heidnischen Zeiten, also unter den ersten<br />

fünf münzprägenden Königen (ca. 290 bis ca. 347 n. Chr.), verehrte man e<strong>in</strong><br />

Pantheon von Naturgottheiten, das die sabäischen E<strong>in</strong>wanderer aus<br />

Südarabien mitgebracht hatten. Zugleich ist auch der E<strong>in</strong>fluß der arabischen<br />

Astrologie unverkennbar. Als eigentlicher Staatsgott <strong>und</strong> Vater der Dynastie<br />

tritt uns da wie dort der Mondgott entgegen, freilich unter verschiedenen<br />

Namen: In Axum heißt er Mahrem, <strong>und</strong> ihm als dem unbesiegbaren<br />

Vatergott werden die Siege des Königs zugeschrieben. Diese ideelle


Vaterschaft kommt auf den <strong>Münzen</strong> durch e<strong>in</strong> Mondsymbol über dem<br />

Scheitel des Königs zum Ausdruck (Abb. 2 König Endubis) <strong>und</strong> zwar<br />

genauso wie auf älteren himyaritischen <strong>Münzen</strong> <strong>in</strong> Südarabien (Abb. 3) oder<br />

aber auch im Giebelfeld axumitischer Stelen. Der Platz über dem Königskopf<br />

ist also von besonderer Relevanz für die göttliche Legitimation.<br />

Auch andere der <strong>in</strong> den Inschriften genannten Gottheiten f<strong>in</strong>den sich<br />

numismatisch symbolisiert: Auf die Göttertrias Astar, Meder <strong>und</strong> Beher,<br />

das s<strong>in</strong>d die Personifikationen der Elemente Himmel, Erde <strong>und</strong> Wasser, die<br />

das Universum bilden, wird verschiedentlich Bezug genommen. Zusammen<br />

s<strong>in</strong>d sie im dreifachen Münzbildrand repräsentiert, der ganz sicher kosmologisch<br />

zu deuten ist (Abb. 7). Noch spezifischer s<strong>in</strong>d die Ähren, die sehr oft<br />

<strong>in</strong> prom<strong>in</strong>enter Stellung die Königsbüste e<strong>in</strong>rahmen. Sie stehen augensche<strong>in</strong>lich<br />

für die Erdgottheit Meder.<br />

Noch aussagekräftiger aber (<strong>und</strong> auch für später noch verwendbar) sollten<br />

die Requisiten e<strong>in</strong>er Sonnenverehrung werden. Ab dem zweiten münzprägenden<br />

König, Aphilas (Abb. 4), zeigen alle axumitischen Goldmünzen<br />

den König auf e<strong>in</strong>er Seite mit e<strong>in</strong>er Tiara, e<strong>in</strong>er Art Strahlenkrone. Ebenfalls<br />

unter Aphilas nehmen die Silbermünzen e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigartiges, für Axum typisches<br />

Ersche<strong>in</strong>ungsbild an (Abb. 5), nämlich die Teilvergoldung – auch dies<br />

e<strong>in</strong> solarer Aspekt: Auf der Rückseite<br />

ersche<strong>in</strong>t der König <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vergoldeten<br />

Innenkreis (= Nimbus), wie von der Sonne<br />

beschienen. Die Idee dazu dürfte von den<br />

römischen Kaiserbildern <strong>in</strong> R<strong>und</strong>schildform<br />

(imag<strong>in</strong>es clipeatae) kommen, die auch als<br />

offizielle Gesandtschaftsgeschenke verwen-<br />

Abb. 3<br />

det wurden. Sowohl die Vergoldung als auch


die Umrahmung (<strong>in</strong> Form des Nimbus, der verschiedene Umrisse annehmen<br />

kann) bleiben den <strong>Münzen</strong> von da an als sakrales Element erhalten.<br />

Der König trägt immer, auch unter der Tiara, e<strong>in</strong> Kopftuch, mit dem das<br />

königliche Haar verhüllt <strong>und</strong> vor Magie geschützt werden sollte.Wenn der<br />

König die Tiara trägt, hält er <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>en Speer (als Kriegsherr), mit<br />

bloßem Kopftuch e<strong>in</strong>en Lorbeerzweig (als Friedensbr<strong>in</strong>ger).<br />

Die Annahme des Christentums durch König Ezanas <strong>in</strong> den 340er Jahren<br />

hat <strong>in</strong> das Inventar des Münzbildes zwar als neues Symbol das Kreuz e<strong>in</strong>geführt,<br />

aber sonst das Bisherige tunlichst weiterverwendet, soweit es sich<br />

umdeuten ließ. Ähren <strong>und</strong> Zweige boten ke<strong>in</strong>e Schwierigkeiten, da sie ja<br />

auch <strong>in</strong> der christlichen Ikonographie ihren Platz haben. Das Himmelslicht<br />

der Sonne ist ebenfalls christlich verwertbar <strong>und</strong> es wurde damit der<br />

Religionswechsel sogar legitimiert. Nur das Mondsymbol mußte vorerst<br />

verschw<strong>in</strong>den. Es kommt aber später, als es nicht mehr so brisant war, <strong>in</strong><br />

Gestalt e<strong>in</strong>es Beizeichens zur Emissionssignierung wieder, möglicherweise<br />

e<strong>in</strong>e Art Datierung nach dem Mondkalender, der ja für die christliche<br />

Osterberechnung wichtig war. Das eigentlich Neue jedoch, das Kreuz, tritt<br />

hier markanter, <strong>und</strong> <strong>in</strong> gewissem S<strong>in</strong>ne auch früher auf den Plan als <strong>in</strong> der<br />

römischen Numismatik.<br />

Abb. 4 Abb. 5


Dies gab Anlaß zu e<strong>in</strong>em längeren Gelehrtenstreit über die Datierung<br />

des auch literarisch <strong>und</strong> epigraphisch bezeugten Ezanas, bzw. über die<br />

Frage, ob es mehrere Könige dieses Namens gegeben hat <strong>und</strong> welcher dann<br />

der erste Christ gewesen se<strong>in</strong> soll. Dabei hat sich schließlich durch die<br />

Analyse aller Quellen, nicht zuletzt der numismatischen, als sicher herausgestellt,<br />

daß wir es nur mit e<strong>in</strong>em Ezanas, <strong>und</strong> zwar mit dem des 4. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

zu tun haben, der sozusagen <strong>in</strong> Nachahmung Roms, als „äthiopischer<br />

Konstant<strong>in</strong>“ das Christentum angenommen hat, wahrsche<strong>in</strong>lich um<br />

die Mitte der 340er Jahre. Die legendäre Überlieferung von der Bekehrung<br />

des Königs durch den ersten Missionsbischof Frumentius, e<strong>in</strong>em Phönizier<br />

aus Tyrus, wie sie von der kirchlichen Tradition <strong>Äthiopien</strong>s bewahrt worden<br />

ist, geht also auf historische Fakten zurück.<br />

Die neue christliche Symbolik tritt uns also ab der Mitte des 4. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

entgegen, <strong>und</strong> zwar dergestalt, daß sie sich der modernen Interpretation<br />

nur bei Kenntnis der spätantiken Bildersprache voll erschließt. In<br />

Gold (Abb. 6) wird der König mitsamt den Ähren beidseits <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Innenkreis<br />

versetzt, um den vier Kreuze die Legende unterbrechen. Die vier<br />

Kreuze s<strong>in</strong>d klarerweise kosmologisch zu deuten, denn sie bezeichnen den<br />

Herrschaftsanspruch des Kreuzes bis<br />

an die vier Weltenden, wie bei den<br />

Kirchenvätern zu lesen ist.Weiters fällt<br />

auf, daß der Legendenbeg<strong>in</strong>n, der bisher<br />

nach römischem Vorbild l<strong>in</strong>ks<br />

unten (7h ) angesetzt war, nach e<strong>in</strong>er gewissen<br />

Übergangszeit auf rechts oben<br />

(1h ) wechselt, also an das 12h-Kreuz Abb. 6<br />

anschließt. Offenbar dachte man dabei


an das Bekreuzigen, e<strong>in</strong>e im Christentum schon früh bezeugte Sitte. Auf<br />

Urk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Inschriften hat das Anfangs- oder Endkreuz die Funktion, die<br />

Wahrhaftigkeit des Inhalts religiös zu bekräftigen. Auch e<strong>in</strong>e Monumental<strong>in</strong>schrift<br />

des Ezanas schließt mit e<strong>in</strong>em (ganz gleich wie auf den <strong>Münzen</strong> geformten<br />

Krücken-)Kreuz. Solche epigraphischen Belege für die Verbreitung<br />

des e<strong>in</strong>fachen Kreuzes setzen übrigens allem Ansche<strong>in</strong> nach eben damals (<strong>in</strong><br />

den 340er Jahren) erst e<strong>in</strong>, ausgehend vom syrisch-paläst<strong>in</strong>ensischen Raum,<br />

wohl als Auswirkung des Kultes um das beim Bau der Grabeskirche <strong>in</strong> Jerusalem<br />

(327–336) aufgef<strong>und</strong>ene „wahre“ Kreuz Christi. Der bekannte<br />

Kirchenvater <strong>und</strong> Hl. Bischof Cyrill von Jerusalem (Amtszeit 347–387) hat<br />

damit der Pilgerfahrt nach den heiligen Stätten e<strong>in</strong>en mächtigen Auftrieb<br />

gegeben. Erst von da an (zumal auch die Todesstrafe der Kreuzigung eben<br />

erst abgeschafft worden war) tritt das Kreuz neben das früher bevorzugte<br />

Christusmonogramm. Immerh<strong>in</strong> ist es merkwürdig, wie schnell die neuen<br />

Ideen ihren Weg nach Axum fanden; dies läßt sich jedoch mit Hilfe der Annahme<br />

erklären, daß die besondere Verb<strong>in</strong>dung zwischen Axum <strong>und</strong> Jerusalem<br />

bis <strong>in</strong> die Zeit des Frumentius, also bis unter König Ezanas zurückgeht.<br />

Diese wird auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zweiten Hauptmotiv der christlichen Bildkomposition<br />

deutlich: im sog. Lichtkreuz, das neben den vier kosmologischen<br />

Kreuzen der Goldmünzen dann <strong>in</strong> Silber <strong>und</strong> <strong>in</strong> Kupfer aufsche<strong>in</strong>t; für dessen<br />

Darstellung war die partielle Vergoldung sehr<br />

geeignet. Auf e<strong>in</strong>igen Silbermünzen des Ezanas<br />

(Abb.7) ist über dem Königskopf (also an der<br />

Stelle, wo schon bisher das religiöse Legitimationssymbol<br />

angebracht war) im dreifachen<br />

Münzbildrand e<strong>in</strong>e Kreuzsonne auszunehmen,<br />

gebildet aus e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en, vergoldeten Kreis, Abb. 7


der durch die (griechische) Christus-Initiale X gekreuzt wird (welche auch als<br />

e<strong>in</strong>e gebräuchliche Form des Kreuzes zu sehen ist, als sog. Andreaskreuz =<br />

crux decussata). Der Religionswechsel konnte nicht auffälliger vers<strong>in</strong>nbildlicht<br />

werden als durch die über den drei Universumsr<strong>in</strong>gen (die nunmehr<br />

auch als Symbol der von Ezanas <strong>in</strong>schriftlich – vgl. nachstehende Abbildung –<br />

angerufenen Dreifaltigkeit <strong>in</strong>terpretierbar s<strong>in</strong>d) auf den König strahlende<br />

Kreuzsonne. Die Inspiration für diese Darstellung sche<strong>in</strong>t die Vision e<strong>in</strong>es die<br />

Sonne überstrahlenden Lichtkreuzes (wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong> Halo-Phänomen)<br />

gewesen zu se<strong>in</strong>, das damals (348?) am Himmel über Jerusalem berechtigtes<br />

Aufsehen erregte <strong>und</strong> <strong>in</strong> die gesamte christliche Welt gemeldet wurde, verband<br />

man damit doch (nach Matthäus 24, 30) die bevorstehende Wiederkunft<br />

Christi, d. h. den Sieg des Christentums „bis an die Enden der Erde“. Da der<br />

<strong>Äthiopien</strong>-Begriff der Bibel für das südliche Ende der Erde steht, war die<br />

Identifizierung des axumitischen Reiches mit <strong>Äthiopien</strong> e<strong>in</strong> geschickter missionarischer<br />

Zug, mit dem die heilsgeschichtlichen Bezüge (z. B. Psalm 67,<br />

32; Apostelgeschichte 8, 27) von Nubien auf Abess<strong>in</strong>ien übertragen wurden.<br />

Für Ezanas mag das Lichtkreuz e<strong>in</strong>e, <strong>in</strong> Anbetracht der Rolle der Astrologie<br />

im südarabischen Raum verständliche, himmlische Bestätigung se<strong>in</strong>es eben<br />

damals erfolgten Religionswechsels bedeutet haben. Bezeichnenderweise<br />

wurde der Tag dieser Kreuzesersche<strong>in</strong>ung (Staurophanie, 14. Mai) <strong>in</strong><br />

den Festkalender der äthiopischen Kirche übernommen, wie auch Ezanas<br />

(mit dem ehrenden Be<strong>in</strong>amen<br />

Ella Abreha = der,<br />

der das Licht brachte) <strong>und</strong><br />

Frumentius (als Abba<br />

Salama = Vater des Friedens)<br />

kanonisiert wurden.


Das e<strong>in</strong>fache Kreuz, das auf den Goldmünzen vierfach ersche<strong>in</strong>t, ersetzt<br />

feldfüllend im Kupfer auf der e<strong>in</strong>en Seite das Königsbild im R<strong>und</strong>schild<br />

(Abb. 8) <strong>und</strong> bekommt e<strong>in</strong>e erklärende Umschrift, die den Königsnamen<br />

verdrängt, so daß e<strong>in</strong>e Zeit lang quasi anonyme <strong>Münzen</strong> geprägt wurden.<br />

Diese Umschrift ist griechisch <strong>und</strong> lautet: touto arese te chora (= dieses, sc.<br />

Zeichen, möge dem Lande gefallen). Was wie e<strong>in</strong>e religiöse Devise <strong>in</strong> Art<br />

der römischen Reversaufschriften anmutet, ist vielleicht e<strong>in</strong>em liturgischen<br />

oder theologischen Text entnommen, der aber noch nicht identifiziert<br />

werden konnte.Von da an s<strong>in</strong>d solche Slogans im axumitischen Kupfer <strong>und</strong><br />

Silber die Regel, also auf den <strong>Münzen</strong> mit Inlandsfunktion.<br />

Aus den drei Haupttypen (vier kosmologische Kreuze, Lichtkreuz,<br />

Kreuz im Schild) wurden <strong>in</strong> der Folge durch verschiedene Komb<strong>in</strong>ationen<br />

mehrere zum Teil komplizierte Variationen erzielt. E<strong>in</strong> Lichtkreuz (mit vergoldetem<br />

Zentralpunkt) im Schild begegnet auf e<strong>in</strong>em nach 420 zu datierenden<br />

Kupfertyp (Abb. 9), der auch dadurch hervorsticht, daß er sich <strong>in</strong><br />

Geez, also <strong>in</strong> der heimischen Sprache <strong>und</strong> Schrift an das Volk wendet, <strong>und</strong><br />

zwar mit der nahezu wörtlich übersetzten constant<strong>in</strong>ischen Siegesdevise<br />

(„<strong>in</strong> diesem Zeichen wirst Du siegen“). Als Anlaß für e<strong>in</strong>e solche Reprise<br />

des Lichtkreuzes von 348 kommt e<strong>in</strong>e neuerliche, für 419 aus Jerusalem<br />

Abb. 8 Abb. 9


gemeldete Vision <strong>in</strong> Frage. Wieder ist die Verb<strong>in</strong>dung von Axum mit<br />

Jerusalem evident. Die Siegesdevise ist übrigens nicht von römischen<br />

<strong>Münzen</strong> übernommen, auf denen sie nur e<strong>in</strong>mal kurz (ca. 70 Jahre früher<br />

<strong>in</strong> balkanischen Münzstätten) verwendet wurde, sondern kommt mit<br />

Sicherheit aus der Kenntnis von Kirchenschriftstellern, die also <strong>in</strong> Axum<br />

bereits bekannt gewesen se<strong>in</strong> müssen.<br />

Der zeitgleiche Goldtyp (Abb. 10) des im unvokalisierten Geez als Mhdys<br />

geschriebenen Königs ist erst seit kurzem durch e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelstück bekannt. Es<br />

weicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigartiger Weise vom axumitischen Typenschema ab, <strong>in</strong>dem es auf<br />

der Rückseite e<strong>in</strong>e römische Vorlage ziemlich direkt imitierte, nämlich die<br />

nach l<strong>in</strong>ks gewendete Victoria mit Langkreuz; auch hier bezieht sich die constant<strong>in</strong>ische<br />

Siegesdevise darauf. Es ist dies der <strong>in</strong> den Jahren 421/22–424 <strong>in</strong><br />

der oströmischen Zentralmünzstätte von Konstant<strong>in</strong>opel ausgeprägte Solidustyp,<br />

mit dem e<strong>in</strong> im Jahre 421 verkündeter Sieg über die Perser als e<strong>in</strong> durch<br />

die Ersche<strong>in</strong>ung von 419 verheißener Sieg des christlichen Glaubens gefeiert<br />

wurde. Zugleich hat Kaiser Theodosius II. das hier abgebildete Juwelenkreuz<br />

an der Kreuzigungsstätte <strong>in</strong> Jerusalem aufrichten lassen. Wegen dieses Jerusalem-Bezuges<br />

wird diese Münze für Pilger e<strong>in</strong> geeignetes Andenken gewesen<br />

<strong>und</strong> so als Vorlage nach <strong>Äthiopien</strong> gekommen<br />

se<strong>in</strong> (wie umgekehrt auch axumitische<br />

<strong>Münzen</strong> nach Paläst<strong>in</strong>a gelangten).<br />

Den Pr<strong>in</strong>zipien der axumitischen Münzbildkomposition,<br />

wonach diese Rückseite<br />

e<strong>in</strong>e Vorderseite mit e<strong>in</strong>em ebenfalls nach<br />

l<strong>in</strong>ks gewendeten, stehenden König erforderte,<br />

verdanken wir e<strong>in</strong> ganzfiguriges<br />

Abb. 10<br />

Königsbild mit allen Attributen.


Von den späteren Prägungen s<strong>in</strong>d noch e<strong>in</strong>ige als besonders aussageträchtig<br />

hervorzuheben. Der bekannteste, auch außermünzlich überlieferte<br />

König des 6. Jahrh<strong>und</strong>erts ist Kaleb, der von ca.510 bis ca.540 anzusetzen<br />

ist. Der biblische Name ist übrigens typisch für die Könige dieser Zeit.Auch<br />

er ist e<strong>in</strong> Heiliger der äthiopischen Kirche, <strong>und</strong> zwar deshalb, weil er im<br />

B<strong>und</strong>e mit Byzanz e<strong>in</strong>en Glaubenskrieg im Jemen geführt hat. Er hat dort<br />

im Jahre 525 e<strong>in</strong>en jüdischen Usurpator, der sich e<strong>in</strong>e Christenverfolgung zu<br />

Schulden hat kommen lassen, <strong>in</strong> blutigem Kampf besiegt <strong>und</strong> getötet. Se<strong>in</strong>e<br />

Goldmünzen (Umschlagbild) zeigen von da an e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e, aber fe<strong>in</strong>e<br />

Variation gegenüber den sonst üblichen vier Kreuzchen im kosmologischen<br />

R<strong>und</strong>: statt dessen s<strong>in</strong>d beidseitig über dem Königskopf drei Kreuzchen als<br />

Invokation der Tr<strong>in</strong>ität angebracht, was wohl e<strong>in</strong>e bewußte Proklamation<br />

gegenüber dem jüdischen Glaubensdogma gewesen ist <strong>und</strong> so auch auf<br />

Kaleb’s im Jemen gef<strong>und</strong>ener Sieges<strong>in</strong>schrift zum Ausdruck kommt.<br />

Mit den komplizierten Zierkreuzformen der Spätzeit (vgl.Abb. 11, e<strong>in</strong>e<br />

Komb<strong>in</strong>ation des Lichtkreuzes mit den vier Universumskreuzen am Anfang<br />

des 7. Jahrh<strong>und</strong>erts) beg<strong>in</strong>nt e<strong>in</strong>e lange Tradition des äthiopischen Kunsthandwerks,<br />

<strong>in</strong> der die Ausformungen des Kreuzes zum zentralen Thema wurden.<br />

In den letzten Jahrzehnten der axumitischen Münzprägung ist es<br />

nochmals zu typologischen Neuerungen<br />

gekommen. Im Jahre 614 erschütterte<br />

e<strong>in</strong> Ereignis die christliche Welt: Jerusalem<br />

wurde von den Persern erobert, die<br />

heiligen Stätten zerstört <strong>und</strong> das<br />

Hl. Kreuz, d. h. der <strong>in</strong> der Grabeskirche<br />

aufbewahrte Hauptpartikel weggeführt.<br />

Die K<strong>und</strong>e davon sche<strong>in</strong>t dazu geführt Abb. 11


zu haben, daß e<strong>in</strong> damals <strong>in</strong> Axum auf den Thron gekommener König als<br />

Münztyp der Rückseite das vergoldete Kreuz unter e<strong>in</strong>en Architekturbogen<br />

stellt <strong>und</strong> darum schreiben ließ: „Der König, der den Erlöser erhöht“<br />

(Abb. 12). Es sche<strong>in</strong>t dies der früheste H<strong>in</strong>weis auf das Maskal-Fest zu se<strong>in</strong>,<br />

d. i. das Fest der Kreuzerhöhung, das <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong> als das zweithöchste Fest<br />

gefeiert wird. Die Frontalbüste des Königs im Avers ist übrigens byzant<strong>in</strong>ischem<br />

E<strong>in</strong>fluß zuzuschreiben.<br />

Der nächste Nachfolger, der zugleich der letzte münzprägende König<br />

ist, wird noch deutlicher: auf der Rückseite stehen auf dem Architekturbogen<br />

drei Kreuze, wovon das mittlere, also das Heilige, vergoldet ist<br />

(Abb. 13). Daß es sich hier um e<strong>in</strong>e schematische Darstellung der Grabeskirche<br />

mit den drei Golgathakreuzen handelt, wird auch dadurch deutlich,<br />

daß unter dem Bogen e<strong>in</strong> kreisr<strong>und</strong>es Objekt mit Vergoldung aufgehängt<br />

ersche<strong>in</strong>t, welches als Kalebskrone identifiziert werden kann. Als dieser<br />

König um 540 abdankte <strong>und</strong> sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Eremitendase<strong>in</strong> zurückzog, hat er<br />

nach der äthiopischen Legende se<strong>in</strong>e Krone der Grabeskirche gespendet –<br />

hier haben wir die numismatische Bestätigung dafür. Daß auch e<strong>in</strong>er Krone<br />

(als Zeichen göttlicher Machtverleihung) die sakrale Vergoldung zukommt,<br />

ist ebenso auf der Vorderseite zu sehen. Der historische Anlaß für diese<br />

Abb. 12<br />

Abb. 13


Bildkomposition mit starkem Jerusalemsbezug ist wahrsche<strong>in</strong>lich im Jahre<br />

630 zu f<strong>in</strong>den: damals wurde das Heilige Kreuz feierlich nach Jerusalem<br />

restituiert, nachdem es Kaiser Heraclius durch se<strong>in</strong>en Sieg über die Perser<br />

wiedererlangt hatte. Auch diese Nachricht wurde natürlich rasch verbreitet<br />

<strong>und</strong> erreichte den eben angetretenen axumitischen König Armeha. Die<br />

Umschrift der Rückseite lautet auf Geez „Gnade <strong>und</strong> Friede“. Die gleichzeitigen<br />

Kupfermünzen (Abb. 14) haben das Kreuz mit vergoldetem<br />

Zentralpunkt zwischen den königlichen Ähren <strong>und</strong> die Umschrift: „Freude<br />

den Völkern“. Frieden <strong>und</strong> Freude s<strong>in</strong>d nach dem Hl. Paulus (Römerbrief<br />

17,14) die Konstituenten des Gottesreiches.<br />

Den Axumiten sollten sie nicht mehr lange beschieden se<strong>in</strong>, denn<br />

<strong>in</strong>zwischen hatte e<strong>in</strong>e neue Großmacht ihren Aufstieg begonnen: der Islam.<br />

Solange Mohammed lebte, blieb Abess<strong>in</strong>ien verschont, <strong>und</strong> zwar zum Dank<br />

dafür, daß e<strong>in</strong>ige Gruppen von frühen Anhängern Mohammeds beim Negus<br />

Schutz gef<strong>und</strong>en hatten, als sie aus Mekka fliehen mußten. Unter<br />

Mohammeds Nachfolgern begann aber bald die Vorherrschaft der arabischen<br />

Schiffe im Roten Meer.<br />

Der Hafen von Adulis<br />

wurde niedergebrannt, das<br />

Schicksal der heiligen Stadt<br />

Axum, die e<strong>in</strong> neues<br />

Jerusalem hätte se<strong>in</strong> sollen,<br />

ist ungewiß. Sicher ist, daß<br />

die axumitische Münzprägung<br />

um 650 e<strong>in</strong> abruptes<br />

Ende fand.<br />

Abb. 14


Die Jahrh<strong>und</strong>erte des Primitiv- <strong>und</strong> Fremdgeldes<br />

(8. bis 19. Jahrh<strong>und</strong>ert)<br />

In den Jahrh<strong>und</strong>erten, <strong>in</strong> denen das äthiopische Hochland durch die islamischen<br />

Eroberungen im Norden <strong>und</strong> Osten von der christlichen Welt isoliert<br />

war, fiel das Wirtschaftsleben auf e<strong>in</strong> typisch afrikanisches Tauschhandelsniveau<br />

zurück. Auch als das Kaiserreich Zeiten großer Blüte erlebte, fand<br />

man mit e<strong>in</strong>igen Arten von sogenanntem Primitivgeld als Wertmesser das<br />

Auslangen. Es waren dies Objekte von e<strong>in</strong>igermaßen genormter Größe <strong>und</strong><br />

aus e<strong>in</strong>em Material, das sich im Bedarfsfall umformen <strong>und</strong> weiter verwenden<br />

ließ: Für <strong>Äthiopien</strong> typisch s<strong>in</strong>d Goldr<strong>in</strong>ge, Eisenstücke (<strong>in</strong> Form von<br />

Nadeln oder Pflugscharen) <strong>und</strong> vor allem Salzbarren. Über ihre Funktion<br />

<strong>und</strong> Bewertung erfahren wir aus antiken <strong>und</strong> neuzeitlichen Reiseberichten,<br />

denn sie wurden lokal auch noch verwendet, als <strong>in</strong> neuerer Zeit wieder<br />

Münzgeld verfügbar war. Freilich war ihr Wert, d. h. ihre Kaufkraft nicht<br />

konstant, sondern zeitlich <strong>und</strong> regional starken Schwankungen unterworfen.<br />

Dies gilt <strong>in</strong>sbesondere für die Salzbarren (Abb. 15), die <strong>in</strong> erster<br />

L<strong>in</strong>ie aus der danakilischen Salzwüste (e<strong>in</strong>er Depression des ostafrikanischen<br />

Grabenbruchs) kamen <strong>und</strong> mit Kamelkarawanen im Land verteilt<br />

wurden. Sie s<strong>in</strong>d ziegelförmig <strong>und</strong> auf e<strong>in</strong> Gewicht nach der heimischen<br />

E<strong>in</strong>heit des Rätel (ca. 420 g) abgestimmt. Je nach den Entfernungen gibt es<br />

vom 16. bis zum 20. Jahrh<strong>und</strong>ert Wertangaben, die zwischen 130 <strong>und</strong><br />

5 Barren (im Landeszentrum 30–10 Barren) auf e<strong>in</strong>en Taler schwanken.<br />

Abb.15


Goldene R<strong>in</strong>ge (Abb.16), die sich zu e<strong>in</strong>er Kette reihen ließen, s<strong>in</strong>d<br />

schon von den Ausgrabungen antiker Stätten bekannt <strong>und</strong> bildeten noch im<br />

frühen 20. Jahrh<strong>und</strong>ert den kaiserlichen Schatz. Sie s<strong>in</strong>d von fe<strong>in</strong>er Goldqualität<br />

<strong>und</strong> daher biegsam. Im Gewicht richten sie sich nach der äthiopischen<br />

Unze (=Wäket: In der Neuzeit zwischen 35 <strong>und</strong> 28 g pendelnd), d. h.<br />

sie s<strong>in</strong>d Teilstücke davon. Das Gold kam aus dem Inneren Afrikas <strong>und</strong> hatte<br />

e<strong>in</strong>en ungefähren Richtwert von 10 Talern auf e<strong>in</strong>e Unze, war also die längste<br />

Zeit ziemlich niedrig bewertet. Es wurde von den arabischen Händlern<br />

aufgekauft, die ihrerseits e<strong>in</strong>ige arabische <strong>Münzen</strong> mitbrachten, wovon es<br />

e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gfügigen F<strong>und</strong>niederschlag gibt.Außer den genannten Arten von<br />

Primitivgeld standen zeitweilig noch mehrere andere <strong>in</strong> Verwendung (z. B.<br />

Textilien, Gewehrpatronen).<br />

Die lange Zeit ohne eigene Münzproduktion sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>mal durch e<strong>in</strong>e<br />

episodenhafte Imitativprägung unterbrochen worden zu se<strong>in</strong>. Es handelt<br />

sich um grobe Nachahmungen arabischer Goldmünzen (D<strong>in</strong>are) von<br />

schlechter Goldqualität (ca. 40% <strong>und</strong> daher blasse Farbe), die aus e<strong>in</strong>em<br />

jemenitischen Schatzf<strong>und</strong> <strong>in</strong> größerer Zahl bekannt geworden s<strong>in</strong>d<br />

(Abb. 17). Die arabischen Aufschriften s<strong>in</strong>d zu unleserlichen Strichen degeneriert,<br />

immerh<strong>in</strong> lassen sich als Vorbild Erzeugnisse der jemenitischen<br />

Abb. 16 Abb. 17


Münzstätte Zebid unter den Sulayhiden <strong>und</strong> Najjahiden (e<strong>in</strong>e Dynastie, die<br />

von äthiopischen Sklaven/Söldnern abstammt) aus der zweiten Hälfte des<br />

11. Jahrh<strong>und</strong>erts (<strong>und</strong> immobilisiert fortgeprägt bis zur Mitte des<br />

12. Jahrh<strong>und</strong>erts) erkennen. Die möglicherweise <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong> beheimateten<br />

Nachahmungen zeichnen sich durch e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Kreuz aus, das auf e<strong>in</strong>er<br />

Seite <strong>in</strong> der Pseudolegende verborgen ist. Diese Stücke könnten im<br />

12./13. Jahrh<strong>und</strong>ert zur Entlohnung der fremden Fachleute geprägt worden<br />

se<strong>in</strong>, die man für den Bau der sakralen Hauptstadt Roha/Lalibela<br />

benötigte. Die bisher nur für den Jemen gesicherte Provenienz der Stücke<br />

spricht bei den besonderen Beziehungen zu <strong>Äthiopien</strong> nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />

gegen e<strong>in</strong>e solche Zuweisung.<br />

Die Erwähnung von Münzgeld <strong>in</strong> den Reiseberichten des Spätmittelalters<br />

<strong>und</strong> der Neuzeit lassen e<strong>in</strong> beschränktes Vorkommen von<br />

europäischen Goldmünzen der Dukatengröße erkennen. Diese werden<br />

wohl hauptsächlich Venezianer Prägungen (Sequ<strong>in</strong>s) gewesen se<strong>in</strong>, die ihren<br />

Weg nach Indien fanden.An Großsilbermünzen werden spanische Kolonialpesos<br />

erwähnt. Der sogenannte Maria-Theresien-Taler, das ist e<strong>in</strong> nach dem<br />

Tod der Kaiser<strong>in</strong> <strong>in</strong> mehreren habsburgischen Münzstätten auf Rechnung<br />

von Handelshäusern weitergeprägter Konventionstalertyp des letzten Jahrgangs<br />

(1780), begann sich kurz vor 1800 <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong> bemerkbar zu<br />

machen. Im Verlauf des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts stieg er zur beliebtesten Handelsmünze<br />

<strong>in</strong> Ostafrika auf. Er hatte e<strong>in</strong> Rauhgewicht von 28 . 06 g <strong>und</strong> e<strong>in</strong><br />

Fe<strong>in</strong>gewicht von 23 . 39 g (Fe<strong>in</strong>heit 833). Daneben konnte die <strong>in</strong>dische Rupie<br />

(1835 normiert mit 10 . 69 g Fe<strong>in</strong>gewicht) ebensowenig aufkommen wie die<br />

türkische Medschidije (1844 e<strong>in</strong>geführt, mit 19 . 97 g Fe<strong>in</strong>gewicht). Der<br />

Maria-Theresien-Taler wurde schließlich bis 1945 (endgültige Demonetisierung)<br />

die eigentliche, d. h. auch legale, Währungse<strong>in</strong>heit <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong>


<strong>und</strong> hat das Wirtschaftsleben so durchdrungen, daß er wegen se<strong>in</strong>es gut<br />

justierten Gewichts auch zur Gewichtsnorm im alltäglichen Leben wurde<br />

(gleichgesetzt mit 1 Wäket = Unze).<br />

Das E<strong>in</strong>strömen von Maria-Theresien-Talern <strong>in</strong> den Bereich des Roten<br />

Meeres wurde durch den Bau des Suezkanals (1869 eröffnet) erleichtert.<br />

Insbesondere waren es vier Schübe, <strong>in</strong> denen größere Mengen <strong>in</strong>s Land<br />

strömten: 1867/68 wurde die anglo-<strong>in</strong>dische Expedition gegen Kaiser<br />

Theodor II. mit 4 . 5 Millionen Talern f<strong>in</strong>anziert, die man <strong>in</strong> Wien kaufen<br />

mußte; 1896(/98) hatte Italien e<strong>in</strong>e Kriegsentschädigung von 2 Millionen<br />

Talern an Menelik II. zu bezahlen; 1936–39 produzierte die Münzstätte<br />

Rom (nach dem sogenannten Talervertrag mit Österreich) 18 Millionen<br />

Taler für Mussol<strong>in</strong>is Abess<strong>in</strong>ien-Feldzug <strong>und</strong> die Besetzung des Landes;<br />

schließlich war die Rückeroberung durch anglo-<strong>in</strong>dische Truppen 1941<br />

ebenfalls Anlaß zu e<strong>in</strong>er Prägung von Maria-Theresien-Talern <strong>in</strong> London<br />

<strong>und</strong> Bombay im Ausmaß von über 26 Millionen Talern. Die steigenden<br />

Zahlen s<strong>in</strong>d auf den Wertverfall des Silbers als Währungsmetall zurückzuführen.<br />

Für etwa e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Jahrh<strong>und</strong>erte galt der Maria-Theresien-Taler <strong>in</strong><br />

<strong>Äthiopien</strong> als allgeme<strong>in</strong>e Bewertungsgr<strong>und</strong>lage, auch im öffentlichen Leben<br />

(bei Steuern <strong>und</strong> Abgaben), als Mittel zur Vermögensbildung (Thesaurierung<br />

durch Vergraben) <strong>und</strong> natürlich auch als Rohmetallquelle für die<br />

Schmuckherstellung, weil das Land so gut wie ke<strong>in</strong>e eigenen Silbervorkommen<br />

hat.<br />

Da der Maria-Theresien-Taler bis <strong>in</strong> die moderne Zeit durch andere<br />

Münzsorten nicht zu verdrängen war, haben zwei <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong> engagierte<br />

Kolonialmächte versucht, durch Übernahme des Münzfußes oder sogar<br />

durch e<strong>in</strong>e gewisse Angleichung im Münzbild eigenes Geld <strong>in</strong> den äthiopi-


schen Geldverkehr e<strong>in</strong>zuschleusen. Ägypten, das außer im Sudan zwischen<br />

1836 <strong>und</strong> 1885 koloniale Ambitionen auch <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong> verfolgte, hat schon<br />

1835 se<strong>in</strong>e 20-Piaster-Stücke dem Talerfuß angenähert (bis 1939); dann hat<br />

Italien für se<strong>in</strong>e neue Kolonie Eritrea 1891 <strong>und</strong> 1896 Talerstücke (Talleri)<br />

geprägt, deren zum Teil äthiopische Aufschriften der (auch vertraglich abgesicherten)<br />

Umlauffähigkeit <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong> dienen sollten. E<strong>in</strong>igermaßen<br />

erfolgreich waren jedoch nur die Teilstücke (Abb. 18), weil diese e<strong>in</strong>em<br />

echten Bedarf bei der Stückelung des Maria-Theresien-Talers genügten. Da<br />

<strong>in</strong> Österreich <strong>in</strong>folge des Ersten Weltkrieges zwischen 1915 <strong>und</strong> 1920 ke<strong>in</strong>e<br />

Maria-Theresien-Taler geprägt wurden, hat Italien 1918 e<strong>in</strong>en letzten<br />

Versuch mit e<strong>in</strong>em speziellen Taler für Eritrea gemacht (Abb. 19): Als<br />

Vorlage nahm man e<strong>in</strong>en alten Venezianer Levantetyp, der Ähnlichkeit mit<br />

der jungen Maria Theresia hatte. Schließlich knüpfte auch das nationale<br />

Münzwesen von Menelik II. am Maria-Theresien-Taler an.<br />

Südlich des ostafrikanischen Horns konnte die <strong>in</strong>dische Rupie neben<br />

dem Maria-Theresien-Taler Fuß fassen. Dementsprechend gibt es englische,<br />

deutsche <strong>und</strong> eben auch italienische Kolonialgeprägte auf dem Rupienfuß<br />

(Abb. 20). Die von 1910–1921 emittierten Somalia-Rupien wurden schon<br />

1925/27 wieder e<strong>in</strong>gezogen, weil man die italienische Lira durchsetzen<br />

wollte. Die türkische Medschidije wurde<br />

dagegen nur im mahdistischen Sudan <strong>und</strong><br />

später <strong>in</strong> Arabien übernommen.<br />

Abb. 18


Abb. 19<br />

Abb. 20


Das moderne Münzwesen seit Kaiser Menelik II.<br />

Menelik II. hatte schon vor se<strong>in</strong>em Aufstieg zum Kaisertum (1889) Pläne,<br />

eigene <strong>Münzen</strong> e<strong>in</strong>zuführen, aber erst im Zuge se<strong>in</strong>er Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

mit Italien kam es zu ihrer Verwirklichung. Als Art Vorläuferprägung wird<br />

e<strong>in</strong>e ansche<strong>in</strong>end <strong>in</strong> Harar geprägte Kle<strong>in</strong>silbermünze (Abb. 21) angesehen,<br />

die die Jahreszahl 1885 nach der äthiopischen Ära (EE) trägt. Von da an<br />

haben alle modernen <strong>Münzen</strong> <strong>Äthiopien</strong>s Jahreszahlen (die aber oft nicht<br />

aktualisiert, sondern „e<strong>in</strong>gefroren“ werden) gemäß dieser Zeitrechnung,<br />

die der abendländischen (AD) um 7 bis 8 Jahre nachh<strong>in</strong>kt (Jahresbeg<strong>in</strong>n<br />

11. September), weil sie auf e<strong>in</strong>er anderen Berechnung des<br />

Zeitpunkts der Geburt Christi beruht (durch den Alexandr<strong>in</strong>er Mönch<br />

Annianus, der sie im Jahr 412 auf den 25. März 5501 nach Erschaffung<br />

der Welt setzte).<br />

Die Umstände dieser (zwar primitiven, aber doch schon Masch<strong>in</strong>en-)<br />

Prägung s<strong>in</strong>d ungewiß. Die Nom<strong>in</strong>albezeichnung weist auf Harar, wo es e<strong>in</strong>e<br />

derartige Münztradition gab. Während die früheren Mahalaks der mohammedanischen<br />

Emire e<strong>in</strong>en wechselnden (Zwangs-)Kurs zum Taler hatten,<br />

sche<strong>in</strong>t das neue Stück vom Gewicht her als 1 /20-Taler konzipiert gewesen<br />

zu se<strong>in</strong>. Damit ist es e<strong>in</strong>e Fortsetzung des ägyptischen 1-Piaster-Stücks<br />

(Gurush) aus der Besatzungszeit von Harar (1875–1885). Das von<br />

Menelik II. 1887 eroberte Harar stand damals (1887–1906) unter der<br />

Verwaltung des, europäischen Neuerungen gegenüber<br />

besonders aufgeschlossenen, Ras Makonnen (Vetter des<br />

Kaisers <strong>und</strong> Vater von Haile Selassie). E<strong>in</strong>e weitere<br />

Prägetätigkeit <strong>in</strong> Harar ist dann aber offenbar durch die<br />

neue Reichsprägung unterdrückt worden, die im selben<br />

Jahr, per Dekret vom 10. Februar 1893 (4. Yekatit EE<br />

Abb. 21<br />

1885), angekündigt wurde. Dar<strong>in</strong> ist e<strong>in</strong> Münzsystem


vorgesehen, das der Währungsmünze, Birr (= Silberstück, Abb. 22) genannt,<br />

(wie nicht anders praktikabel) den Münzfuß des Maria-Theresien-<br />

Talers zugr<strong>und</strong>e legt. Als Teilstücke sollten Halbe (Alad),Viertel (Rub) <strong>und</strong><br />

Achtel (Tamun) <strong>in</strong> Silber geprägt werden, alle mit dem Bildnis des Kaisers<br />

auf der Vorderseite <strong>und</strong> dem „Löwen von Juda“ (als Wappentier der salomonischen<br />

Dynastie) auf der Rückseite, dazu noch kle<strong>in</strong>ere Werte als relativ<br />

große Kupfermünzen ( 1 /16-, 1 /32-, 1 /64-Taler).<br />

Der Löwe von Juda bezieht sich auf den legendären Ursprung der<br />

Dynastie von König Salomon, wie sie im mittelalterlichen Nationalepos<br />

„Die Herrlichkeit der Könige“ erzählt wird; dies ist e<strong>in</strong>e weitere christliche<br />

Selbstidentifikation, denn die dadurch postulierte leibliche Verwandtschaft<br />

des Kaisers mit Christus ist wohl kaum zu überbieten.<br />

Die Fre<strong>und</strong>schaft Meneliks II. mit Frankreich brachte es mit sich, daß<br />

die Prägung dieser <strong>Münzen</strong> <strong>in</strong> der Pariser Münzstätte <strong>in</strong> Auftrag gegeben<br />

wurde, was e<strong>in</strong>e damals (wie heute) allgeme<strong>in</strong> übliche Praxis bei der Münzproduktion<br />

für exotische Staaten war.Als erste Serie wurden die vier Silbermünzsorten<br />

mit der Jahreszahl<br />

EE 1887 (= AD 1894) <strong>und</strong> den<br />

Pariser Münzzeichen <strong>in</strong> bescheidener<br />

Auflage (<strong>in</strong>sgesamt<br />

50.000 Stück) geliefert. E<strong>in</strong><br />

zweiter Jahrgang mit EE 1888<br />

(= AD 1896), der auch die vorgesehenen<br />

Kupferstufen enthielt,<br />

kam nur als Probeprägung<br />

<strong>in</strong> wenigen h<strong>und</strong>ert Exemplaren<br />

heraus. Erst im Folgejahr Abb. 22


EE 1889 (= AD 1897) belebte sich die Prägung <strong>in</strong>folge der italienischen<br />

Kriegsentschädigung auf über 2 Millionen Silbermünzen, unter denen jetzt<br />

die 1 /20-Birr-Stufe durch e<strong>in</strong>e Kle<strong>in</strong>silbermünze (Gersch, im Anschluß an<br />

den Mahalak aus Harar, aber später auf 1 /16-Birr aufgewertet) repräsentiert<br />

wird, während sich das Kupfer auf das 1 /100-Taler-Stück (Matonya) beschränkt.<br />

Die Teilstücke <strong>in</strong> Silber wurden mit diesem Typ <strong>und</strong> immobilisierter,<br />

d. h. „e<strong>in</strong>gefrorener“ Jahreszahl (die also nicht das Prägejahr, sondern<br />

das der Stempelanfertigung me<strong>in</strong>t) <strong>in</strong> der Pariser Münzstätte auf Bestellung<br />

sporadisch bis 1928 weitergeprägt, also weit über den Tod des Kaisers h<strong>in</strong>aus.<br />

Der Taler bekam jedoch mit den beiden Jahreszahlen EE 1892 <strong>und</strong><br />

1895, die 1899–1901 bzw. 1903–1904 <strong>und</strong> 1910 geprägt wurden, e<strong>in</strong> neues<br />

Aussehen (Umschlagbild): Der Kaiser ist älter dargestellt <strong>und</strong> der Löwe<br />

heraldisch verbessert (Kreuzfahne nun <strong>in</strong> der rechten Pranke, vgl.Abb. 23).<br />

Die Pariser Münzproduktion für <strong>Äthiopien</strong> beläuft sich auf <strong>in</strong>sgesamt<br />

1 . 3 Millionen Taler <strong>und</strong> 52 . 9 Millionen Teilstücke (im Wert von 3 . 1 Millionen<br />

Talern). In der selben Zeit (1894–1928) produzierte die Wiener Münzstätte,<br />

trotz der Prägepause von 1915 bis 1920, die riesige Menge von fast<br />

118 Millionen Talern, also etwa 27mal so viel. So kam es, daß die Menelik-<br />

Taler neben dem Maria-Theresien-Taler ke<strong>in</strong>e große Rolle im Geldverkehr<br />

spielen konnten, zumal sie im Volk mit bis zu 25% weniger bewertet<br />

wurden. Dagegen wurden sie gerne als Anhänger zu Münzschmuck umfunktioniert,<br />

weil das Bild des beliebten Kaisers Amulettcharakter hatte<br />

(Umschlagbild).<br />

Obwohl die Pariser Prägungen dem Kaiser gefielen, gab er den<br />

Gedanken nicht auf, <strong>in</strong> Addis Abeba e<strong>in</strong>e eigene Münzstätte zu errichten. Im<br />

Vorfeld des Handelsabkommens mit Österreich-Ungarn wurden 1903 aus<br />

Wien (sozusagen der Heimat des Maria-Theresien-Talers) die Präge-


masch<strong>in</strong>erie sowie die Stempel geliefert, <strong>und</strong> zwar für die Prägung von<br />

Silbermünzen zu 1, 1 /2, 1 /4, 1 /8 <strong>und</strong> 1 /20 Birr, zu denen erst später (1922?)<br />

e<strong>in</strong> 1 /32 Birr (Besa) <strong>in</strong> Kupfer kommen sollte. Ferner Stempel für drei<br />

Sorten von Goldmünzen (Abb. 23) mit den Nom<strong>in</strong>albezeichnungen 1, 1 /2<br />

<strong>und</strong> 1 /4 Wark (= Goldstück), die ursprünglich (nach den Wiener Unterlagen)<br />

als 20-, 10- <strong>und</strong> 5-Franken-Stücke konzipiert waren, obwohl sich dies<br />

dann bei den erratischen Gewichten der Goldprägung <strong>in</strong> Addis Abeba nicht<br />

unbed<strong>in</strong>gt erkennen läßt. Alle Vorderseitenstempel tragen die Jahreszahl<br />

(EE) 1889 (= AD 1897), d. h., es lag ihnen das Pariser Modell dieses Jahrgangs<br />

zugr<strong>und</strong>e, das nur leicht modifiziert wurde. Die Goldstempel s<strong>in</strong>d<br />

durch Zweige unter der Kaiserbüste unterschieden. Der Rückseitentyp<br />

lehnt sich an die jüngere Löwenversion an, hat aber natürlich die Pariser<br />

Signaturen weggelassen. Als weiteres Unterscheidungsmerkmal kommt<br />

h<strong>in</strong>zu, daß die Stempelstellung (Drehung von Vorderseite zur Rückseite)<br />

nach deutscher Art 0 h beträgt (während man <strong>in</strong> Frankreich mit 6 h prägte).<br />

Musterstempel s<strong>in</strong>d im Wiener Hauptmünzamt noch vorhanden (Abb. 24).<br />

Während sich die Prägemasch<strong>in</strong>e als zu schwach für die Talerprägung<br />

erwies, wurden bis zum Stempelverschleiß große Mengen von silbernen<br />

Abb. 23 Abb. 24


Vierteltalern <strong>und</strong> kupfernen Besas (auch mit den sonst nicht verwendeten<br />

Achteltaler-Stempeln) geschlagen. Die anderen Nom<strong>in</strong>alien s<strong>in</strong>d eher<br />

selten. Im Gegensatz zur guten Registrierung der Pariser Produktion gibt es<br />

aus Addis Abeba nur spärliche Nachweise über Prägezahlen. Die <strong>in</strong><br />

Münzsachen immer mißtrauische Bevölkerung hat die Talerteilstücke mit<br />

dem „wilden“ Löwen eher abgelehnt, vielleicht wurde auch der Fe<strong>in</strong>gehalt<br />

<strong>in</strong> der Münzstätte von Addis Abeba nicht immer genau e<strong>in</strong>gehalten.<br />

Über die schlecht dokumentierte äthiopische Goldprägung mit dem<br />

Bildnis von Menelik II. f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> der numismatischen Literatur e<strong>in</strong><br />

reichlich unklares Bild h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Datierung <strong>und</strong> ihres Geldcharakters.<br />

Abgesehen von diversen Goldabschlägen von Silberstempeln für<br />

repräsentative Zwecke gibt es doch allem Ansche<strong>in</strong> nach reguläre<br />

Goldmünzen <strong>in</strong> drei Nom<strong>in</strong>alen von den 1903 aus Wien nach Addis Abeba<br />

gelieferten Stempeln, die auch schon zu Lebzeiten des Kaisers (gelegentlich<br />

sogar von ihm selbst) geprägt worden s<strong>in</strong>d. Der ursprünglich <strong>in</strong>tendierte<br />

Münzfuß von 5-, 10- <strong>und</strong> 20-Franc-Stücken der Late<strong>in</strong>ischen Münzunion<br />

(1 . 61 g, 3 . 22 g, 6 . 45 g Rauhgewicht) hätte sie theoretisch <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e rechte<br />

Relation zu den Talern gebracht, weil diese ja etwas mehr Silber als für fünf<br />

Franc enthielten. Obwohl es auch Stücke gibt, die sich <strong>in</strong> dieses Gewichtsschema<br />

e<strong>in</strong>ordnen lassen, ist die Mehrzahl der 1-Wark-Stücke mit e<strong>in</strong>em<br />

offenbar auf 5 . 6 g abgestimmten Gewicht von der Golde<strong>in</strong>heit des Wäket<br />

= Unze (= Gewicht des Maria-Theresien-Talers) zu 28 g als e<strong>in</strong> Fünftel<br />

abgeleitet. Besonders erratisch s<strong>in</strong>d die Gewichte der Wark-Teilstücke. Man<br />

sche<strong>in</strong>t mit der Dicke der Schrötl<strong>in</strong>ge nicht zurecht gekommen zu se<strong>in</strong>.Wie<br />

die Umlaufspuren auf vielen Exemplaren zeigen, hatten diese <strong>Münzen</strong> e<strong>in</strong>e<br />

– wenn auch noch so beschränkte – Geldfunktion, doch sicherlich ohne e<strong>in</strong><br />

gleichbleibendes Verhältnis zum Taler (was auch wegen der sprunghaften


Ause<strong>in</strong>anderentwicklung von Gold <strong>und</strong> Silber <strong>in</strong> den ersten drei Dezennien<br />

des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts nicht möglich war). In erster L<strong>in</strong>ie s<strong>in</strong>d sie aber wohl<br />

am Kaiserhof als Geschenkstücke verwendet worden.Vor allem sche<strong>in</strong>t die<br />

Tochter von Menelik II., Kaiser<strong>in</strong> Zauditu (1917–1930), mit Vorliebe Goldmünzen<br />

als Präsente verteilt zu haben. Sie ist auch dafür bekannt, das<br />

Andenken ihres Vaters gepflegt zu haben. Ihre Krönung (11. Februar 1917)<br />

dürfte e<strong>in</strong> besonderer Anlaß für die Prägung <strong>und</strong> Verteilung solcher<br />

Goldmünzen gewesen se<strong>in</strong>.<br />

So ist es auch nicht verw<strong>und</strong>erlich, daß sich Zauditu dafür entschied, die<br />

Kurantmünzen mit dem Meneliktyp weiterprägen zu lassen. Erst im Jahre<br />

1925 wurden aus Paris neue Vorderseitenstempel bezogen, die ihr Bild<br />

zeigen, <strong>und</strong> zwar <strong>in</strong> allen fünf Silbermünzgrößen. Damit s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Addis Abeba<br />

die alten Wiener Rückseitenstempel komb<strong>in</strong>iert worden, allerd<strong>in</strong>gs nur für<br />

wenige Probeabschläge. Man hat jedoch davon Goldmünzen (Abb. 25) <strong>in</strong><br />

vier Größen (1, 2, 4, 8 Wark) geprägt, teils mit der beibehaltenen, teils mit<br />

grob ausgetilgter Silberwertangabe.<br />

Bei diesen <strong>Münzen</strong>, die noch seltener s<strong>in</strong>d als die Goldstücke von<br />

Menelik II., ist der Repräsentationscharakter besonders deutlich. Daß es zu<br />

ke<strong>in</strong>er echten Kurantprägung mit dem Bildnis der Zauditu gekommen ist,<br />

dürfte weniger aus ihrer Bescheidenheit, als vielmehr aus der politischen<br />

Situation der Dyarchie mit ihrem Regenten, Ras<br />

Tafari, zu erklären se<strong>in</strong>, der die Außenpolitik kontrollierte<br />

<strong>und</strong> den Propagandawert der <strong>Münzen</strong> wohl zu<br />

schätzen wußte. Nach längerem Machtkampf hat er<br />

die Kaiser<strong>in</strong> 1928 ganz entmachtet <strong>und</strong> sich zum<br />

Negus krönen lassen (7. November 1928). Zu dieser<br />

Gelegenheit fertigte die Wiener Münzstätte e<strong>in</strong>e Serie Abb. 25


von Probeprägungen an, denn durch den 1927 erneuerten Handelsvertrag<br />

mit Österreich waren die Beziehungen wieder angebahnt worden.<br />

Nach dem Tod der Zauditu (3. März 1930) wurde Ras Tafari mit dem<br />

Thronnamen Haile Selassie zum Kaiser gekrönt (2. November 1930). Auch<br />

dafür s<strong>in</strong>d neue Münzstempel <strong>in</strong> Wien bestellt worden (Graveur J. Pr<strong>in</strong>z).<br />

Während die Silbernom<strong>in</strong>alien nicht zur regulären Ausprägung kamen, ist<br />

von den goldenen Wark- <strong>und</strong> Halbwarkstücken <strong>in</strong> Addis Abeba e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e<br />

Emission angefertigt worden (Abb. 26), <strong>und</strong> zwar wieder auf dem 10- bzw.<br />

20-Franken-Fuß (obwohl das Rückseitenbild an den schwereren britischen<br />

Sovereign er<strong>in</strong>nert). E<strong>in</strong>e umfangreichere Prägung wurde durch die <strong>in</strong>ternationale<br />

Währungskrise 1931 verh<strong>in</strong>dert, als man allenthalben vom Goldstandard<br />

Abschied nehmen mußte. Dies führte auch zu e<strong>in</strong>er umfassenden<br />

Münz- <strong>und</strong> Geldreform, durch die das Silbergeld durch Nickel ersetzt<br />

werden sollte. Die neuen <strong>Münzen</strong> s<strong>in</strong>d (auf Gr<strong>und</strong> des Dekrets vom 21. Juli<br />

1933) nach dem Dezimalsystem (100 Matonyas = 1 D<strong>in</strong>ar) abgestuft. Die<br />

Prägung erfolgte wieder mit Stempeln aus der Wiener Münzstätte, die<br />

EE 1923 (= AD 1930) datiert s<strong>in</strong>d. Man prägte damit <strong>in</strong> Addis Abeba<br />

<strong>Münzen</strong> zu 5 Matonyas auf Kupferschrötl<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> zu 10, 25 <strong>und</strong> 50<br />

Abb. 26 Abb. 27


Matonyas auf Nickelschrötl<strong>in</strong>gen, die durch britische Firmen geliefert<br />

wurden. Die kupfernen 1-Matonya-Stücke ließ man mit den Wiener<br />

Stempeln <strong>in</strong> Birm<strong>in</strong>gham prägen. Das 100-Matonya-Nom<strong>in</strong>ale mit dem<br />

unpassenden Namen D<strong>in</strong>ar kam nicht zur Ausprägung, es gibt jedoch Münzproben.<br />

Die Nickelmatonyas s<strong>in</strong>d die letzten Erzeugnisse der Münzstätte<br />

Addis Abeba, die im Zuge der italienischen Invasion 1936 schließen mußte.<br />

Ger<strong>in</strong>ge Sorgfalt führte zu mancherlei Fehlprägungen <strong>und</strong> Unregelmäßigkeiten<br />

(Abb. 27). In der kurzen Zeit bis 1936 konnten sich die vom<br />

Metall her so gut wie wertlosen <strong>Münzen</strong> kaum <strong>in</strong> den Städten durchsetzen,<br />

s<strong>in</strong>d aber als erster Versuch, vom Silber wegzukommen, bemerkenswert.<br />

Abb. 28


In den Dreißiger Jahren wurde die Emission von <strong>Banknoten</strong> forciert, um<br />

größere Talerwerte zu bilden. Die 1905 gegründete Bank of Abyss<strong>in</strong>ia<br />

(e<strong>in</strong>e ägyptische Privatbank) hatte von ihrem Notenausgaberecht ab 1915<br />

beschränkten Gebrauch gemacht. Die bis zu ihrer Auflösung 1931 <strong>in</strong> der<br />

Höhe von 1 . 74 Millionen Talern gedruckten <strong>Banknoten</strong> kursierten eigentlich<br />

nur unter den Europäern. Im Zuge se<strong>in</strong>er Reformen gründete Haile<br />

Selassie 1931 die Bank of Ethiopia, die bereits als quasi Nationalbank anzusehen<br />

ist. Sie emittierte ab 1932 goldgedeckte <strong>Banknoten</strong> (Abb. 28) <strong>in</strong><br />

der Höhe von 3 . 3 Millionen Talern mit denselben Bildern wie die<br />

Vorgängerbank <strong>und</strong> hatte damit e<strong>in</strong>en gewissen Erfolg <strong>in</strong> Händlerkreisen.<br />

Die <strong>Banknoten</strong> wurden <strong>in</strong> London (bei der Fa. Bradbury & Wilk<strong>in</strong>son)<br />

hergestellt.<br />

Das Impero (Africa Orientale Italiana 1936–1941)<br />

Der Krieg von 1935/36 ließ Italien se<strong>in</strong> altes Ziel e<strong>in</strong>es zusammenhängenden<br />

ostafrikanischen Imperiums erreichen <strong>und</strong> brachte für König<br />

Viktor Emanuel III. den Kaisertitel (Proklamation vom 9. Mai 1936) <strong>in</strong><br />

Nachahmung des <strong>in</strong>dischen Kaisertitels der englischen Könige. Ebenso stand<br />

e<strong>in</strong> Vizekönig an der Spitze der Verwaltung. Die f<strong>in</strong>anzpolitischen<br />

Bestrebungen g<strong>in</strong>gen dah<strong>in</strong>, <strong>in</strong> diesem riesigen Gebiet e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches<br />

Geldsystem durchzusetzen, nämlich die Lirescheidemünzen (Kreditmünzen<br />

ohne entsprechenden Metallwert) <strong>und</strong> -banknoten des italienischen<br />

Mutterlandes. Schon 1922 war dies für Eritrea <strong>und</strong> 1925 für Somalia verordnet<br />

worden, ohne daß es gelang, den Maria-Theresien-Taler bzw. die<br />

Rupie ganz auszuschalten. Im Zuge des Abess<strong>in</strong>ienfeldzugs sahen sich die<br />

Italiener neuerlich gezwungen, Massen von (<strong>in</strong> Rom geprägten) Maria-<br />

Theresien-Talern <strong>in</strong>s Land zu pumpen, die man danach mit den sofort (per


Dekret vom 2. Juli 1936) importierten Liremünzen <strong>und</strong> -banknoten wieder<br />

aufkaufen wollte, denn die im Umlauf bef<strong>in</strong>dlichen 50–60 Millionen Taler<br />

konnte man ke<strong>in</strong>eswegs ersatzlos außer Kurs setzen. E<strong>in</strong>en offiziellen<br />

Münzverruf gab es (schon aus politischen Gründen) nur bei den äthiopischen<br />

Talerteilstücken <strong>und</strong> <strong>Banknoten</strong> (bis Oktober 1937). Der Wechselkurs<br />

Taler gegen Lire war zudem ke<strong>in</strong>eswegs entsprechend der Silberrelation<br />

festgesetzt. An italienischen Silbermünzen gab es zwar die nunmehr verstärkt<br />

wieder ausgeprägten 5- <strong>und</strong> 10-Lire-Stücke (das 20-Lire-Stück ist zu<br />

selten, um im Umlauf e<strong>in</strong>e Rolle gespielt zu haben), aber sie wogen nur 5 g<br />

bzw. 10 g, <strong>und</strong> der offizielle Wechselkurs für den 28 g schweren Taler betrug<br />

im Juni 1936 bloß fünf Lire. Er mußte im September 1936 auf neun Lire<br />

angehoben werden, im Februar 1937 auf 10 . 5 Lire <strong>und</strong> im Juni 1937 auf<br />

13 . 5 Lire, d. h. bis etwa zum halben Silberwert des Maria-Theresien-Talers,<br />

doch gelang es auf diese Weise nicht, der Bevölkerung Vertrauen <strong>in</strong> die<br />

italienische Währung zu vermitteln. Im Gegenteil, der Schwarzmarktkurs<br />

des Talers stieg immer höher, nach dem E<strong>in</strong>tritt Italiens <strong>in</strong> den Zweiten<br />

Weltkrieg (Juni 1940) bis auf dreißig Lire. Die italienischen <strong>Münzen</strong> (5, 10,<br />

20, 50 Centesimi <strong>und</strong> 1, 2, 5, 10, 20 Lire)<br />

haben anläßlich der Gründung des Impero<br />

neue Typen (Adler, Italia-Personifikationen)<br />

bekommen, die das Ereignis feiern<br />

sollten (Dekret vom 9. Juli 1936), ohne<br />

daß jedoch anders als durch den neuen<br />

Kaisertitel von Viktor Emanuel III. auf<br />

Abess<strong>in</strong>ien/<strong>Äthiopien</strong> (der Landesname<br />

sollte verschw<strong>in</strong>den) Bezug genommen<br />

wurde (Abb. 29). In dieser Form s<strong>in</strong>d die Abb. 29


<strong>Münzen</strong> bis 1943 geprägt worden, also lange über die Kapitulation des<br />

Vizekönigs (20. Mai 1941) h<strong>in</strong>aus – Italien hat schließlich erst im Frieden<br />

von Paris 1947 die Unabhängigkeit <strong>Äthiopien</strong>s wieder anerkannt. Die<br />

Silberprägung wurde freilich nach 1937 praktisch nicht mehr fortgesetzt,<br />

als es deutlich wurde, daß man im Impero nicht den gewünschten Erfolg<br />

hatte. Insgesamt waren 1936/37 Silbermünzen im Nennwert von 11 . 3<br />

Millionen Lire geprägt worden. Dagegen emittierte die Banca d’Italia<br />

<strong>Banknoten</strong> zu 50, 100, 500 <strong>und</strong> 1000 Lire mit dem Aufdruck „Serie speciale<br />

per l’Africa Orientale Italiana“ <strong>in</strong> der Höhe von ca. 800 Millionen Lire,<br />

die neben den normalen <strong>Banknoten</strong> umliefen, aber nur im Impero gültig<br />

waren. Der größte Teil davon wurde vor dem Ende der italienischen<br />

Herrschaft auf Befehl des Vizekönigs verbrannt.<br />

Das äthiopische Geldwesen nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

Nach der Zerschlagung des italienischen Impero haben britische Militärbehörden<br />

die F<strong>in</strong>anzhoheit über <strong>Äthiopien</strong> übernommen (bis Dezember<br />

1944, teilweise Militärpräsenz bis 1955). Die von den anglo-<strong>in</strong>dischen<br />

Invasionstruppen <strong>in</strong> großen Mengen <strong>in</strong>s Land gebrachten Maria-Theresien-<br />

Taler mußten notgedrungen weiterh<strong>in</strong> als gesetzliches Zahlungsmittel<br />

geduldet werden. Die Briten versuchten jedoch – ebenso wie zuvor die<br />

Italiener – die Maria-Theresien-Taler gegen m<strong>in</strong>derwertige eigene Silbermünzen,<br />

sozusagen als unterlegte Teilstücke, e<strong>in</strong>zuziehen. Als solche hat<br />

man (unter Zurückdrängung der vorhandenen italienischen Lire <strong>und</strong> der<br />

ebenfalls e<strong>in</strong>geströmten <strong>in</strong>dischen Rupien sowie ägyptischen Pf<strong>und</strong>e) die<br />

Ostafrika-Schill<strong>in</strong>ge aus Kenia importiert, die nur 1 . 94 g Fe<strong>in</strong>silber enthielten<br />

<strong>und</strong> natürlich als Kreditmünzen fungieren sollten. Der Zwangskurs<br />

von 2 Schill<strong>in</strong>g auf 1 Taler konnte sich entsprechend schwer etablieren. E<strong>in</strong>


Nachleben hatte der Schill<strong>in</strong>g nur <strong>in</strong> Somalia, das von 1950 bis 1960 unter<br />

italienische Verwaltung zurückkehrte <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> Rom nach dem<br />

Schill<strong>in</strong>gfuß geprägten Somalo erlebte.<br />

Die von Kaiser Haile Selassie schließlich durchgeführte Geldreform,<br />

mit der alle Fremdwährungen zugunsten e<strong>in</strong>es nationalen Systems ausgeschaltet<br />

werden sollten, lehnte sich dann aber nicht an die britischen<br />

Werte an, sondern (mit US-Hilfe) an die amerikanischen. Die neue, per<br />

Dekret vom 29. Mai 1945 e<strong>in</strong>geführte äthiopische Währung, der äthiopische<br />

Dollar (Birr), wurde auf e<strong>in</strong>e theoretische Goldparität von 0 . 4 US Dollar<br />

gesetzt (damals 0 . 36 g Gold). Alle danach geprägten <strong>Münzen</strong> s<strong>in</strong>d Scheidemünzen<br />

(Kreditmünzen, d. h. der Nennwert entspricht <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise dem<br />

Metallwert), an die man sich mittlerweile gewöhnt hatte. Die höchste<br />

Münze, e<strong>in</strong> silberner Halbdollar (50 Cents = 50 Santeems), sollte den<br />

Ostafrika-Schill<strong>in</strong>g ablösen <strong>und</strong> nahm daher auch <strong>in</strong>offiziell dessen Namen<br />

an. Er war etwas leichter, enthielt aber fast dreimal soviel Fe<strong>in</strong>silber<br />

(nämlich 5 . 62 g = 1 /5 Wäket = 1 /5 Unze). Alle kle<strong>in</strong>eren Münzwerte (1, 5,<br />

10, 25 Cents) s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Kupfer ausgebracht. E<strong>in</strong>e erste Emission wurde schon<br />

1944 <strong>in</strong> der US-Münzstätte Philadelphia bestellt, ab Oktober 1944 ausgeprägt<br />

<strong>und</strong> ab Juli 1945 <strong>in</strong> Umlauf gesetzt. Auch die späteren Bestellungen<br />

s<strong>in</strong>d mit der immobilisierten Jahreszahl<br />

EE 1936 (= AD 1944) geprägt worden, <strong>und</strong><br />

zwar bis 1963 <strong>in</strong> Philadelphia, 1964–66 <strong>in</strong><br />

Birm<strong>in</strong>gham <strong>und</strong> 1974/75 <strong>in</strong> London.<br />

Silberne Halbdollars (Abb. 30) kamen<br />

zuletzt 1947 mit leicht verr<strong>in</strong>gertem Fe<strong>in</strong>gehalt<br />

(von 800 auf 700) heraus – damals<br />

hat auch Großbritannien (mit Ostafrika Abb. 30


<strong>und</strong> Indien) die Silberprägung e<strong>in</strong>gestellt. Zugleich endeten 1946/47 die<br />

E<strong>in</strong>lösefristen für die Ostafrika-Schill<strong>in</strong>ge <strong>und</strong> die Maria-Theresien-Taler,<br />

die zum Silberwert e<strong>in</strong>gestuft waren, d. h. man bekam pro Taler 1 . 5 neue<br />

äthiopische Dollar Kreditmünze dafür, die etwas mehr als halb soviel Silber<br />

enthielten. Mit Hilfe dieses realistischeren Kurses <strong>und</strong> den <strong>in</strong> der Höhe<br />

von 50 . 5 Millionen Stück geprägten Halbdollars gelang es letztlich, den<br />

Maria-Theresien-Taler zu demonetisieren <strong>und</strong> <strong>in</strong> die Schmuckerzeugung<br />

abzudrängen.<br />

Die höheren Werte (1, 5, 10, 50, 100, 500 Dollar) wurden wieder<br />

durch <strong>Banknoten</strong> gebildet, die von der 1942 gegründeten State Bank of<br />

Ethiopia (1965: National Bank of Ethiopia) herausgegeben wurden, <strong>und</strong><br />

zwar <strong>in</strong> drei typologisch unterschiedenen (<strong>und</strong>atierten) Serien: 1946,<br />

1961, 1966.<br />

Ab 1966 (beg<strong>in</strong>nend mit dem 75. Geburtstag des Kaisers) begann auch<br />

die Äthiopische Nationalbank damit, dem <strong>in</strong>ternationalen Trend folgend,<br />

Pseudomünzen <strong>in</strong> Edelmetall (Silber <strong>und</strong> Gold) als Souvenirs (Sammlerstücke)<br />

durch europäische Privatfirmen herstellen zu lassen. Entgegen den<br />

aufgeprägten Wertangaben, die sie als „gesetzliche Zahlungsmittel“ ausweisen<br />

sollen, wurden sie zum Edelmetallwert plus Handelsspanne verkauft.<br />

Sie können hier als belanglos außer Betracht bleiben.<br />

Das sozialistische <strong>Äthiopien</strong> ersetzte die kaiserlichen <strong>Münzen</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Banknoten</strong> ab 1976/77 durch neue Ausgaben. Die <strong>Münzen</strong> wurden ebenfalls<br />

<strong>in</strong> der Royal M<strong>in</strong>t von London hergestellt <strong>und</strong> tragen die Jahreszahl<br />

EE 1969 (= AD 1977, ausgegeben ab Januar 1978).Anstelle der Kaiserbüste<br />

haben sie als geme<strong>in</strong>same Vorderseite e<strong>in</strong>en Löwenkopf. Dabei wurden<br />

billigere Legierungen verwendet. Das 1-Cent-Stück ist nun <strong>in</strong> Alum<strong>in</strong>ium,<br />

das 5- <strong>und</strong> 10-Cent-Stück <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kupfer-Z<strong>in</strong>k-Legierung, das 25- <strong>und</strong>


50-Cent-Stück (Abb. 31) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kupfer-Nickel-Legierung ausgebracht.<br />

Dazu kamen 1-, 5-, 10-,50- <strong>und</strong> 100-Birr-<strong>Banknoten</strong>. Auch die Souvenir-<br />

Prägung wurde schwunghaft fortgesetzt. Das anläßlich der Proklamation<br />

der Volksrepublik <strong>Äthiopien</strong> (1987) angenommene neue Staatswappen<br />

hat sich <strong>in</strong> der <strong>Banknoten</strong>emission 1991 niedergeschlagen (Umschlagabbildung).<br />

Nach dem im selben Jahr erfolgten politischen Umsturz s<strong>in</strong>d die<br />

bis dah<strong>in</strong> gültigen <strong>Münzen</strong> <strong>und</strong> <strong>Banknoten</strong> vorerst beibehalten worden.<br />

Abb. 31


Zeittafel<br />

Mitte 1. Jt. v. Chr. Sabäer aus Südarabien gründen Kolonien an der afrikanischen<br />

Gegenküste (Adulis: südlich des heutigen<br />

Massaua) <strong>und</strong> dr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong>s Innere vor.<br />

2. Jh. n. Chr. Die Stadt Axum („Zusammensiedlung“ = Synoikismos)<br />

beg<strong>in</strong>nt, die Vorherrschaft zu err<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> die<br />

umliegenden Stämme tributpflichtig zu machen.<br />

3. Jh. n. Chr. Interventionen <strong>in</strong> Südarabien.<br />

Ende 3. Jh. n. Chr. Beg<strong>in</strong>n der axumitischen Münzprägung <strong>und</strong> damit<br />

der Blütezeit des axumitischen Reiches.<br />

ca. 330 bis ca. 365 König Ezanas: nimmt <strong>in</strong> den 340er Jahren das<br />

Christentum an <strong>und</strong> hat diplomatischen Kontakt mit<br />

Kaiser Constantius II.; Frumentius wird erster<br />

Bischof von Axum.<br />

um 400 Äthiopische Pilger <strong>und</strong> Mönche <strong>in</strong> Jerusalem.<br />

ca. 510 bis ca. 540 König Kaleb: führt 525 im B<strong>und</strong>e mit dem byzant<strong>in</strong>ischen<br />

Kaiser Just<strong>in</strong>us I. Krieg im Jemen, um e<strong>in</strong>e<br />

Christenverfolgung zu rächen.<br />

615–628 Fre<strong>und</strong>liche Beziehungen zu Mohammed.<br />

ab 630 Beg<strong>in</strong>nender Konflikt mit dem expandierenden<br />

Islam.<br />

Mitte 7. Jh. Das Ende der Münzprägung markiert den Niedergang<br />

des axumitischen Reiches, das von der Küste <strong>und</strong><br />

dem <strong>in</strong>ternationalen Handel abgedrängt wird.<br />

ca.945 Zerstörung von Axum durch e<strong>in</strong>e antichristliche<br />

Revolte (König<strong>in</strong> Judith).


1030/50(?)–1270 Zagwe-Dynastie mit Zentrum <strong>in</strong> der Lasta-Region;<br />

Bau der Felsenkirchen von Roha-Lalibela.<br />

1270–1855 Salomonische Dynastie.<br />

14. bis 15. Jh. Expansion nach Süden;Wanderkaisertum.<br />

1508–1526 Diplomatische Bündnisverhandlungen mit Portugal.<br />

1527/29–1559 „Dreißigjähriger Krieg“ gegen die Sultane von Harar<br />

(1520 Hauptstadt des Sultanats Adal).<br />

1533 Zerstörungen im christlichen Hochland (darunter<br />

auch von Axum) durch den Imam Achmed Gragn.<br />

1541/43 Das Expeditionskorps von Christoph da Gama br<strong>in</strong>gt<br />

portugiesische Waffenhilfe.<br />

ab ca. 1540 Galla-Völker drängen vom Süden.<br />

1557 Besetzung von Massaua durch die Türken (bis 1866).<br />

1607–1632 Kaiser Susenyos (Soc<strong>in</strong>ius): vollzieht 1626 die Union<br />

mit der römischen Kirche – muß aber 1632 abdanken.<br />

1632 Vertreibung der Jesuiten durch Kaiser Fasiladas.<br />

(1632–1667); Beg<strong>in</strong>n der Abschließung gegenüber<br />

Europa.<br />

1636 Gondar wird Hauptstadt (bis 1855) mit e<strong>in</strong>er durch<br />

<strong>in</strong>do-portugiesische Bauleute errrichteten Kaiserpfalz.<br />

1655 Der Wiederaufbau der Kathedrale von Axum ist abgeschlossen.


1702 Geheime Unionsverhandlungen von Kaiser Jasu I.<br />

(1682–1706) mit den Franziskanern; ebenso unter<br />

Kaiser Justus (1711–1716), der 1713 zum Katholizismus<br />

übertritt, aber bald abgesetzt wurde.<br />

1769/71 Der schottische Forschungsreisende J. Bruce kommt<br />

nach Gondar – Wiederentdeckung der Quellen des<br />

Blauen Nils.<br />

1785–1855 „Ära der Fürsten“ (Mesaf<strong>in</strong>t); Verfall der kaiserlichen<br />

Zentralgewalt.<br />

1836/38 Die Ägypter unternehmen (nach der Besetzung des<br />

Sudan 1820/23) e<strong>in</strong>en vergeblichen Angriff auf<br />

<strong>Äthiopien</strong>.<br />

1855 Absetzung des letzten Kaisers der Salomonischen<br />

Dynastie durch den Usurpator Theodor II.<br />

(1855–1868); <strong>in</strong> blutigen Kämpfen etabliert er wieder<br />

e<strong>in</strong> starkes Kaisertum <strong>und</strong> engagiert europäische<br />

Helfer.<br />

1868 E<strong>in</strong> diplomatischer Konflikt mit den Briten führt zum<br />

Ende Kaiser Theodors II. durch e<strong>in</strong>e anglo-<strong>in</strong>dische<br />

Militäraktion.<br />

1862–1885 Europäische Kolonialmächte setzen sich an der Küste<br />

fest: Die Franzosen <strong>in</strong> Obok (1862), die Italiener <strong>in</strong><br />

Assab (1869) <strong>und</strong> Massaua (1882), die Briten <strong>in</strong> Zeila<br />

(1883).


1871/72–1889 Kaiser Johannes IV.: aus Tigre stammend (baut se<strong>in</strong>e<br />

Residenz <strong>in</strong> Makale) verteidigt das Reich gegen den<br />

ägyptischen <strong>und</strong> italienischen Imperialismus <strong>und</strong> verhält<br />

sich den europäischen Missionaren gegenüber<br />

fe<strong>in</strong>dselig; se<strong>in</strong>e mohammedanischen Untertanen<br />

werden zwangsweise christianisiert.<br />

1887 König Menelik II. von Schoa erobert Harar.<br />

1889 Kaiser Johannes IV. fällt gegen die Madhisten (Schlacht<br />

bei Metema); Menelik II. beruft sich als Kaiser auf<br />

salomonische Abstammung.<br />

1894 Reformen: E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es nationalen Münzsystems<br />

(auf der Gr<strong>und</strong>lage des Maria-Theresien-Talers) – ab<br />

1903 wird auch <strong>in</strong> Addis Abeba geprägt (bis 1936);<br />

Außerdem zahlreiche Neuerungen: Post 1894,<br />

Eisenbahnbau 1897–1917, Telegraph 1898, Bankwesen<br />

1905, Schulen, Spitäler, Aufnahme diplomatischer<br />

Beziehungen zu den europäischen Mächten (mit<br />

Österreich-Ungarn nur Handelsvertrag 1905 <strong>und</strong><br />

Honorarkonsulat 1913 – Botschaft seit 1964) <strong>und</strong> den<br />

USA, M<strong>in</strong>isterrat 1907.<br />

1896 Abwehr des italienischen Versuches, <strong>Äthiopien</strong> zu<br />

beherrschen (Schlacht bei Adua).<br />

1897 Eroberung von Kaffa.


Eisenbahnaktie über 500 Francs, 1899


1913 Tod Meneliks II.; Nachfolger wird se<strong>in</strong> Enkel Jasu IV.<br />

(1913–1916); wegen se<strong>in</strong>er proislamischen <strong>und</strong> türkenfre<strong>und</strong>lichen<br />

Politik wird er auf Betreiben der<br />

Entente gestürzt.<br />

1916/17–1930 Kaiser<strong>in</strong> Zauditu (Judith): Tochter Meneliks II.; mit<br />

Ras Tafari als Regenten.<br />

1923 Aufnahme <strong>in</strong> den Völkerb<strong>und</strong> nach (bekräftigter)<br />

Abschaffung der Sklaverei.<br />

1930–1936 Erste Regierung Ras Tafaris als Kaiser Haile Selassie.<br />

1931 Proklamation e<strong>in</strong>er Verfassung <strong>und</strong> Gründung des<br />

Parlaments.<br />

1935/36 Mussol<strong>in</strong>is Abess<strong>in</strong>ien-Feldzug.<br />

1936–1941 Das italienische Impero (Africa Orientale Italiana).<br />

1936 Viktor Emanuel III. zum Kaiser von <strong>Äthiopien</strong> proklamiert<br />

– das durch e<strong>in</strong>en Vizekönig regiert wird.<br />

1937 Kirchliche Lösung vom Alexandr<strong>in</strong>er Patriarchat<br />

(Autokephalie 1951/59 endgültig).<br />

1941 anglo-<strong>in</strong>discher Feldzug beendet die italienische<br />

Herrschaft.<br />

1941–1974 Zweite Regierung von Kaiser Haile Selassie.<br />

1945 Der Maria-Theresien-Taler wird endgültig demonetisiert.<br />

1952 Anschluß Eritreas als autonomes Gebiet.<br />

1955 Neue Verfassung.


1960 Erster Militärputsch gegen den Kaiser wird niedergeworfen.<br />

1962 Aufhebung der Autonomie Eritreas – Anfänge der<br />

Widerstandsbewegung.<br />

1974 Zweiter Militärputsch <strong>und</strong> Absetzung Kaiser Haile<br />

Selassies (gestorben 1975).<br />

1975 Abschaffung der Monarchie; Militärdiktatur (ab 1977<br />

unter Mengistu Haile Mariam); zunehmend marxistischer<br />

Kurs; Landreform (1979 beg<strong>in</strong>nende Kollektivierung);Verstaatlichungen.<br />

1977/78 Ogadenkrieg gegen Somalia – russische Militärhilfe;<br />

Roter Terror gegen die wachsenden Befreiungsbewegungen.<br />

ab 1983 Dürrekatastrophen <strong>und</strong> Umsiedlungsaktionen.<br />

1987 Neue Verfassung der „Volksrepublik <strong>Äthiopien</strong>” <strong>und</strong><br />

Parlamentskonstituierung.<br />

1991 Beseitigung des militärisch unterlegenen marxistischen<br />

Regimes <strong>und</strong> Bildung des TGE (Transitional<br />

Government of Ethiopia).<br />

1993 Eritrea separiert sich <strong>und</strong> wird unabhängig.<br />

1994 Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung.<br />

1995 Inkrafttreten der neuen Verfassung (Demokratische<br />

B<strong>und</strong>esrepublik <strong>Äthiopien</strong>).


Massaua<br />

Asmara<br />

Metema<br />

<br />

Gondar<br />

Makale<br />

ITAL.<br />

ERITREA<br />

TIGRE<br />

REGEMDIR<br />

LASTA<br />

WOLLO<br />

GODSCHAM<br />

SCHOA<br />

Addis Abeba<br />

Ankober<br />

WOLLEGA<br />

DJIMMA<br />

ARUSSI<br />

BALE<br />

HARARGE<br />

OGADEN<br />

AFAR<br />

BRITISCH<br />

SOMALILAND<br />

FRANZ.<br />

SOMALI-<br />

LAND<br />

Djibuti<br />

Zeila<br />

Harar<br />

Aden<br />

Assab<br />

ANGLO-<br />

AGYPT.<br />

SUDAN<br />

TÜRK.<br />

JEMEN<br />

BRIT.<br />

KAFFA<br />

BORENA<br />

ITAL.<br />

SOMALILAND<br />

BRIT.<br />

KENIA<br />

BRIT.<br />

UGANDA<br />

Berbera<br />

Magdala<br />

<br />

Adua<br />

<br />

Das Werden<br />

des imperialistischen<br />

<strong>Äthiopien</strong><br />

vor 1883<br />

1883–1890<br />

1890–1895<br />

1895–1909<br />

1909–1935


Wissenschaftliche Texte <strong>und</strong> Bildvorlagen<br />

(die axumitischen <strong>Münzen</strong> <strong>in</strong> doppelter Vergrößerung):<br />

Prof. Dr.Wolfgang Hahn, Institut für Numismatik der Universität Wien,<br />

unter Verwendung des L<strong>in</strong>zer Ausstellungskataloges (1994).<br />

Eigentümer, Herausgeber <strong>und</strong> Verleger:<br />

Oesterreichische Nationalbank<br />

Für den Inhalt verantwortlich:<br />

Mag. Peter Achleitner, Sekretariat des Direktoriums,<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Redaktion:<br />

Elisabeth Schuber-Stiller, <strong>Münzen</strong>sammlung<br />

Grafische Gestaltung:<br />

Hannes Jel<strong>in</strong>ek, Druckerei für Wertpapiere<br />

Satz, Druck <strong>und</strong> Herstellung:<br />

Oesterreichische Nationalbank, Druckerei für Wertpapiere<br />

DVR 0031577<br />

Wien 1996

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