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5<br />
DAS MAGAZIN FÜR LUFTFAHRT, ZEITGESCHICHTE UND OLDTIMER<br />
Ein Magazin von<br />
Österreich € 6,50<br />
Schweiz sFr. 11,50<br />
Luxemburg € 6,90<br />
Italien € 7,50<br />
Schweden SKR 89,00<br />
€ 5,90<br />
Mai 2014<br />
www.flugzeugclassic.de<br />
Der »Würger« im Einsatz<br />
Focke-Wulf Fw 190 A-4/A-5<br />
<strong>Schrecken</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Front</strong><br />
Blohm & Voss Bv 138 | Supermarine Spitfire | Baade B 152<br />
Heinkel P 1077<br />
Der Einweg-Raketenjäger<br />
■ Mythos Weißkopf<br />
Erneute Erstflugdebatte<br />
■ Der Klassiker<br />
»F.P.1 antwortet nicht«<br />
Boeing B-17<br />
Rückgrat <strong>der</strong><br />
alliierten<br />
Luftflotten<br />
■ »Big Week«<br />
Ein Erfolg?
Schlachten, Technik,<br />
Feldherren<br />
Das neue Heft ist da.<br />
Jetzt am Kiosk!<br />
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EXTRA<br />
Editorial<br />
Angerichtet<br />
Mein Wohnzimmer gleicht einem luftfahrtliterarischen<br />
Hangar. Über die<br />
Jahrzehnte hat so ziemlich jedes Fliegerbuch,<br />
das mein Interesse weckte, zuverlässig<br />
seinen Weg in meine Sammlung gefunden<br />
(wie ein Instrumentenflieger, <strong>der</strong> im<br />
dicksten Nebel mit metergenauer Präzision<br />
auf <strong>der</strong> Runway aufsetzt). Und das nicht immer<br />
zum Gefallen meiner besseren Hälfte.<br />
Denn zur Vorbereitung von <strong>FLUGZEUG</strong><br />
<strong>CLASSIC</strong> Extra 4, in dem es um die Messerschmitt<br />
Bf 109 geht, war für einige »109«-Bücher<br />
Rollout: Auf <strong>der</strong> Chaiselongue machte<br />
sich ein Geschwa<strong>der</strong> Hefte von Squadron Signal<br />
breit, auf <strong>der</strong> Couch lag eine Staffel aufgeschlagener<br />
Biografien aus dem NeunundzwanzigSechs<br />
Verlag. »Hier ist wohl kein<br />
Platz für mich«, bemerkte Madame mit hochgezogener<br />
Augenbraue.<br />
Nachdem sich’s mit vollem Magen nicht<br />
schmolen lässt, sieht mein Notfallplan für<br />
solch ein heraufziehendes Gewitter so aus: Ab<br />
an den Herd. Wie erwartet beruhigte sich<br />
nach einem ausgiebigen Abendessen ihr französisches<br />
Temperament. Ob ich auch für das<br />
neue <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> Extra<br />
das richtige Rezept gefunden habe,<br />
davon können Sie sich, liebe Leser,<br />
selbst überzeugen, das Heft liegt seit<br />
dem 24. März am Kiosk.<br />
Die schönen, sonnenreichen Tage<br />
locken sie wie<strong>der</strong> in großer Zahl<br />
aus ihren Häusern, die sportlichen<br />
Typen, bei denen man den Eindruck hat, dass<br />
sie vor Kraft kaum gehen können. Ähnliches<br />
galt für die verbesserte Version Fw 190, die<br />
A-4/A-5. Zähneknirschend mussten die Igenieure<br />
ihre mögliche Leistung drosseln, um<br />
Probleme zu vermeiden. Lesen Sie ab Seite 14,<br />
wie es gelang, den »Würger« von <strong>der</strong> Leine<br />
zu nehmen, sodass er seinen Gegnern das<br />
Fürchten lehren konnte!<br />
Ob es auch Frühlingsgefühle waren, die die<br />
deutschen Ingenieure zum »Julia« und »Romeo«-Konzept<br />
inspirierten? Der Hintergrund<br />
war indes weit weniger romantisch. Die alliierte<br />
Luftüberlegenheit erreichte 1944 dramatische<br />
Ausmaße und brachte die deutsche<br />
Luftwaffe an ihre Grenzen. Eine mögliche<br />
Lösung <strong>der</strong> Ingenieure stellten sogenannte<br />
Verschleißjäger wie die »Julia« dar. Herbert<br />
Ringlstetter schreibt ab Seite 36 über dieses äußerst<br />
verblüffende Raketenjäger-Konzept.<br />
Viel Lesevergnügen mit <strong>der</strong> neuen Ausgabe<br />
von <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />
Ihr Markus Wun<strong>der</strong>lich<br />
Messerschmitt<br />
Mit detaillierten<br />
3D-Ansichten und<br />
Röntgenzeichnungen<br />
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Bf109<br />
Variantenreich<br />
Die Cockpits<br />
<strong>der</strong> »Gustav«<br />
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Teil 2: Von <strong>der</strong> G-1<br />
bis zur G-10<br />
ISBN 978-3-86245-409-9<br />
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Österreich EUR 11,50<br />
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Q 9,90<br />
Markus Wun<strong>der</strong>lich,<br />
Chefredakteur<br />
Messerschmitt Bf 109 Geschichte des legendären Jagdflugzeugs! EXTRA<br />
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<strong>FLUGZEUG</strong><br />
<strong>CLASSIC</strong> Extra 4,<br />
das die Bf 109 G-0<br />
bis G-10 behandelt,<br />
liegt ab sofort<br />
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und Dreiseitenansichten!<br />
Motoren, Bewaffnung, Ausrüstung<br />
Alle »Gustav«-Versionen<br />
im Überblick<br />
Bf 109 G-10 im US-Museum<br />
Fotorundgang um eine Rarität<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
3
INHALT <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5-14<br />
14 ab<br />
Leistung und Bewaffnung – durch diese<br />
Merkmale avancierte die Fw 190 A-5<br />
1943 zum favorisierten Jäger<br />
TECHNIK<br />
Jäger mit Spitzenleistungen<br />
TITELTHEMA<br />
Gefürchteter Gegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />
Die Fw 190 A-5 besticht durch ihre Flugleistungen<br />
und ihre massive Bewaffnung. So gelingt es ihr ab<br />
1942, die Bf 109 als Standardjäger zu verdrängen.<br />
TITELTHEMA<br />
TECHNIK<br />
Boeing B-17 – Teil 4<br />
»Bandits at twelve o’clock high!« . . . . . . . 22<br />
Die B-17F nimmt bald nach ihrem Erscheinen eine<br />
Vorreiterrolle im Bombenkrieg gegen das Deutsche<br />
Reich ein.<br />
ZEITGESCHICHTE<br />
Baade B 152/I & II – Teil 2<br />
Das Ende von Junkers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />
Geldmangel, die träge Planwirtschaft und Probleme<br />
beim Absatz sorgen für den Nie<strong>der</strong>gang einer<br />
deutschen Flugzeugbauer-Legende in <strong>der</strong> DDR.<br />
TECHNIK – TYPENGESCHICHTE<br />
Einweg-Raketenjäger Heinkel P 1077<br />
»Julia und Romeo«. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />
Aus <strong>der</strong> alliierten Luftüberlegenheit und<br />
dem A<strong>der</strong>lass <strong>der</strong> Luftwaffe entstanden neue,<br />
verblüffende Projekte.<br />
TECHNIK – COCKPIT<br />
Der Otto-Doppeldecker<br />
Ein Münchner am Himmel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
Eng verbunden<br />
mit dem Aufbau<br />
<strong>der</strong> bayerischen<br />
Fliegertruppen<br />
waren<br />
die Otto-Flugzeugwerke<br />
–<br />
mit ihren spartanischen<br />
Cockpits.<br />
Ein Otto-Doppeldecker<br />
mit prominentem<br />
Passagier<br />
TITELTHEMA<br />
42<br />
Ihre Meinung zu »F.P.1<br />
antwortet nicht«. Mehr<br />
zum Thema ab Seite 70!<br />
Der Spielfilm<br />
»F.P.1 antwortet nicht«<br />
mit Hans Albers ist ...<br />
Die Umfrage auf www.flugzeug-classic.de – Sie haben abgestimmt:<br />
34,7 %<br />
... ein Meilenstein deutscher Filmgeschichte, <strong>der</strong> vor allem durch seinen futuristischen Look besticht.<br />
21,7 %<br />
... übertriebene Science-Fiction, die aber durchaus in die Zeit <strong>der</strong> frühen 1930er-Jahre passt.<br />
43,6 %<br />
... ein Stück Unterhaltung, das vor allem mit guten Schauspielern glänzt.<br />
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4
Ein Magazin von<br />
Österreich € 6,50<br />
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Schweden SKR 89,00 Mai 2014<br />
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Ohne Begleitjäger erschienen die ersten Boeing B-17 über<br />
22 Deutschland und hatten so hohe Verluste zu beklagen<br />
Äußerst seltene Aufnahmen von Schleu<strong>der</strong>schiffen und Flugbooten<br />
74 schoss Eberhard Wilcken während seiner Zeit in Norwegen<br />
SERIE<br />
Kampf an <strong>der</strong> Ostfront<br />
Brennpunkt im Schwarzen Meer . . . . . . . . . 46<br />
1944 tobte im Süden <strong>der</strong> Ostfront <strong>der</strong> Kampf um<br />
die Krim. Zusammen mit <strong>der</strong> 17. Armee gingen<br />
auch die hier stationierten Teile <strong>der</strong> Luftwaffe unter.<br />
ZEITGESCHICHTE<br />
Ende <strong>der</strong> Luftnummer?<br />
Weißkopfs Visionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />
Wrights versus Weißkopf: Geht es um den ersten<br />
Motorflug, ist Streit programmiert – und er wird<br />
immer heftiger …<br />
70<br />
Die Film-<br />
Legende<br />
Hans<br />
Albers<br />
FILM<br />
Der Klassiker<br />
Kino trifft<br />
Wirklichkeit . . . . 70<br />
Ein zeitloser<br />
Klassiker gelang<br />
mit dem Film<br />
»F.P.1 antwortet<br />
nicht« – mit<br />
einem erstklas -<br />
sigen Hans<br />
Albers in <strong>der</strong><br />
Hauptrolle.<br />
ZEITGESCHICHTE<br />
»Die Bomber kommen!«<br />
Angriffsziel Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />
Immense Kapazitäten bieten die Alliierten 1944 auf,<br />
um die deutsche Rüstungsindustrie zu zerstören.<br />
Innerhalb einer Woche soll dies erreicht werden.<br />
Flugzeuge in dieser Ausgabe<br />
Baade B 152 .....................30<br />
Blohm & Voss Bv 138.........74<br />
Boeing B-17 .......................62<br />
Bücker Bü 181.....................8<br />
Castaibert 913-IV .................9<br />
DH 89A Dragon ....................8<br />
Douglas DC-3.....................10<br />
Dornier Do 24 ....................49<br />
Focke-Wulf Fw 190..............21<br />
Fokker Dr.1 ..........................9<br />
Grumman TBF Avenger ..........6<br />
Hawker Typhoon .................10<br />
Henschel Hs 129 ...............47<br />
Lockheed Vega Dl-1B ............9<br />
Messerschmitt Bf 109 ........65<br />
Messerschmitt Bf 110 ........65<br />
NA P-51 Mustang................67<br />
OV-10 Bronco .....................12<br />
Saab 91D..........................12<br />
Supermarine Spitfire ...........11<br />
LESERALBUM<br />
Dienst bei den Flugbooten – Teil 3<br />
In die Luft geschleu<strong>der</strong>t. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74<br />
Fantastische Fotos aus dem Nachlass von Eberhard<br />
Wilcken zeigen Bv-138-Raritäten aus seiner Zeit in<br />
Norwegen und den Einsatz von Katapultschiffen.<br />
RUBRIKEN<br />
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />
Bild des Monats. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
Panorama . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
Modellbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />
Termine/Museumstipp/Bücher . . . . . 56<br />
Background. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />
Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81<br />
<strong>Vorschau</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />
5<br />
Blohm & Voss Bv 138 | Supermarine Spitfire | Baade B152<br />
DAS MAGAZIN FÜR LUFTFAHRT, ZEITGESCHICHTE UND OLDTIMER<br />
Der »Würger« im Einsatz<br />
Heinkel P 1077<br />
Der Einweg-Raketenjäger<br />
■ Mythos Weisskopf ■ Der Klassiker<br />
Erneute Erstflugdebatte »F.P.1 antwortet nicht«<br />
Focke-Wulf Fw 190 A-4/A-5<br />
<strong>Schrecken</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Front</strong><br />
Boeing B-17<br />
Rückgrat <strong>der</strong><br />
alliierten<br />
Luftflotten<br />
■ »Big Week«<br />
Ein Erfolg?<br />
TITELBILD<br />
Fw 190 A-4: D. Hermann<br />
Heinkel P 1077 und Profil:<br />
H. Ringlstetter<br />
B-17: W. Mühlbauer<br />
TITELSEITE: Fw 190 A-4 vom JG 2 an <strong>der</strong> Kanalfront. Der stilisierte<br />
Adlerkopf war das Emblem <strong>der</strong> 2./JG 2. Der Staffelkapitän gibt<br />
letzte Instruktionen vor dem Einsatz.<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
5
BILD DES MONATS<br />
6
Das »fliegende Fass«<br />
Diese Grumman Avenger gehört Brendon<br />
Deere und befindet sich heute auf <strong>der</strong> Air<br />
Force Base Ohakeea auf Neuseeland.<br />
Bis hierhin war es aber ein weiter Weg<br />
für das weit herumgekommene Flugzeug.<br />
Zuerst im Besitz <strong>der</strong> »Old Flying Machine<br />
Company« in Duxford/England, machte es<br />
sich in den 1990er-Jahren auf den Weg nach<br />
Neuseeland. Dort wurde es von <strong>der</strong> »Alpine<br />
Fighter Collection« übernommen. Nach einigen<br />
Jahren Flugdienst in Wanaka verkaufte<br />
man es nach Australien, wo die Maschine<br />
über <strong>der</strong> Tasmanischen See flog.<br />
Im Jahr 2013 erwarb Brendon Deere die<br />
Avenger und beför<strong>der</strong>te sie wie<strong>der</strong> über die<br />
Tasmanische See – diesmal in umgekehrter<br />
Richtung.<br />
Foto Gavin Conray<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
7
PANORAMA<br />
■ BÜCKER BÜ 181<br />
Teste die »Beste«<br />
Die Bücker Bestmann G-CGEV<br />
beim Rollen in Breighton am<br />
Tag ihres ersten Testflugs<br />
Fotos Anthony Brier<br />
Am 10. Februar startete die Bestmann G-CGEV in Breighton,<br />
Yorkshire/England, mit ihrem Besitzer Anthony Brier am<br />
Steuer zu ihrem ersten Testflug. Bei dieser Bestmann handelt es<br />
sich um eine Gomhouria Mk.6, die in Lizenz gebaute ägyptische<br />
Version dieses Musters. Sie wurde in einem Zeitraum von mehreren<br />
Jahren vollständig restauriert. Anstelle ihres Continental-<br />
Motors erhielt sie ein Walter-Minor-4-111-Triebwerk, bei dem<br />
die Verkleidungen mehr <strong>der</strong> Original-Bücker-Linienführung entsprechen.<br />
Das Emblem auf <strong>der</strong> Motorverkleidung hat lediglich<br />
symbolischen Charakter.<br />
Russ Snadden ■<br />
■ DH 89A DRAGON<br />
Ein Drache in Brüssel<br />
Der Stolz des Brüsseler Luftfahrtmuseums ist<br />
seine frisch restaurierte DH 89A Dragon Rapide.<br />
Sie trägt das gefällige Grün <strong>der</strong> Lancashire<br />
Aircraft Corporation (LAC) – <strong>der</strong> ersten Gesellschaft,<br />
welche die Dragon nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg einsetzte.<br />
Die Dragon Rapide, Bau-Nr. 6458, wurde<br />
1939/40 als DH Dominie (RAF-Bezeichnung für<br />
die Rapide) mit <strong>der</strong> Ser.Nr. R5922 produziert und<br />
war anfangs bei <strong>der</strong> No 2 Electrical and Wireless<br />
School in Yatesbury eingesetzt. Bis Ende des<br />
Krieges flog sie bei zahlreichen an<strong>der</strong>en Verbänden,<br />
wurde 1948 an die LAC verkauft und als<br />
G-AKNV zugelassen. Nach drei weiteren Besitzern<br />
ging die Rapide 1955 an Avions Fairey SA,<br />
Belgien, wo sie die Zulassung OO-AFG erhielt.<br />
Die letzten drei Buchstaben »AFG« stehen für<br />
Avions Fairey Gosselies (Gosselies ist <strong>der</strong> Werksflugplatz<br />
in <strong>der</strong> Nähe von Charleroi). 1958 begann<br />
die Firma die Maschine aufzurüsten, indem<br />
sie elektrisch betätigte<br />
Flügelklappen, einen<br />
Funkkompass, vergrößerte<br />
Kabinenfenster<br />
und eine Frachttür<br />
einbaute. 1962 erwarb<br />
Air Affairs die Rapide,<br />
doch bereits 1964 verkaufte<br />
man sie wie<strong>der</strong>,<br />
und zwar als OO-<br />
CNP an das Centre<br />
National de Parachutisme.<br />
Sie diente dort<br />
hauptsächlich als Transportflugzeug für Fallschirmspringer,<br />
bis sie 1970 nach einem Lande -<br />
unfall abgeschrieben wurde.<br />
Danach verbrachte die Rapide drei Jahre im<br />
Freien, bevor sie 1973 schließlich an das Museum<br />
ging. Dort blieb sie bis 1992/93 eingelagert. Dann<br />
begannen die Restaurierungsarbeiten, um die<br />
Den größten Anziehungspunkt im Brüsseler Luftfahrtmuseum bildet dessen<br />
hervorragend restaurierte DH 89A Dragon Rapide G-AKNV<br />
Rapide wie<strong>der</strong> in ihre ursprüngliche Konfiguration<br />
und die Farben <strong>der</strong> Lancashire Aircraft Corporation<br />
zurückzuversetzen. Die Jahre <strong>der</strong> Nachforschungen<br />
und Restaurierung haben ihre<br />
Früchte getragen und die Dragon Rapide erstrahlt<br />
nun in ihrem alten Glanz.<br />
Roger Soupart ■<br />
Foto Roger Soupart<br />
8
■ FOKKER DR. I<br />
Familienzuwachs<br />
Die erste TAVAS-Fokker Dr.I bei<br />
ihrem Erstflug Foto Leroy Simpson<br />
Die Australian Vintage Aviation Society (TA-<br />
VAS) ist die einzige Organisation in Australien,<br />
die sich aktiv mit dem Bau von Flugzeugen<br />
aus dem Ersten Weltkrieg beschäftigt.<br />
Sie verfügt bereits über eine beeindruckende<br />
Sammlung und konnte vor Kurzem den Erstflug<br />
ihres roten Fokker-Dreideckers feiern. Die<br />
Maschine wurde Ende 2012 aus Amerika importiert,<br />
erfor<strong>der</strong>te eine Menge Arbeit, die jedoch<br />
nichts im Vergleich zu dem Aufwand war,<br />
den Dreidecker in Australien registrieren und<br />
zum Fliegen zuzulassen. Die TAVAS-Focker ist<br />
das erste in Australien beheimatete flugtüchtige<br />
Exemplar dieses Typs, seit das RAAF-Museum<br />
in Point Cook seinen vor 14 Jahren aus dem<br />
Verkehr zog. Die Maschine des RAAF-Museums<br />
war 1973 für den Film »The Great Waldo<br />
Pepper« (Tollkühne Flieger) gebaut worden<br />
und dient jetzt als statisches Exponat im Museum<br />
of Australian Army Flying (australisches<br />
Heeresfliegermuseum) in Oaky, Queensland.<br />
TAVAS wird in diesem Jahr noch zwei weitere<br />
Fokker-Flugzeuge fertigstellen – eine D.VIII<br />
und eine E.III, beide mit Umlaufmotoren.<br />
Dave McDonald ■<br />
■ CASTAIBERT 913-IV<br />
Klassiker in<br />
Carrasco<br />
Die Castaibert 913-IV aus dem Jahr<br />
1913 auf dem Flughafen Carrasco (Montevideo),<br />
Uruguay<br />
Seit Ende 2010 erfreut eine Reihe historischer<br />
Flugzeuge die Besucher des<br />
Internationalen Flughafens Carrasco (Montevideo).<br />
Die Exponate befinden sich dort<br />
zu Ehren von Cesáreo L. Berisso, ein uruguayischer<br />
Flugpionier, <strong>der</strong> am 22. Juni<br />
1913 als Erster die 40 Kilometer zwischen<br />
Los Cerrillos (Uruguay) und Malvín Beach<br />
allein zurücklegte. Hinzugekommen ist die<br />
unter <strong>der</strong> Decke hängende Castaibert 913-<br />
IV (siehe Foto) aus dem Jahr 1913. Mit<br />
diesem Typ gewann Berisso das Luftrennen<br />
zwischen Buenos Aires und Mendoza in<br />
Argentinien. Unter den weiteren ausgestellten<br />
Flugzeugen befindet sich auch ein<br />
Schulgleiter vom Typ Schleicher SG-38 mit<br />
<strong>der</strong> Zulassungskennung CX-ALV.<br />
Dave McDonald ■<br />
Foto Álvaro Romero<br />
■ LOCKHEED VEGA DL-1B<br />
Seltener Gast am Himmel<br />
Am 17. Dezember 2013 – dem 110. Jahrestag<br />
des Motorflugs – konnte die Lockheed<br />
Vega, Bau-Nr. 161, NC12288, erstmals<br />
wie<strong>der</strong> zu zwei Testflügen in den bewährten<br />
Händen ihres Besitzers/Piloten John Magoffin<br />
aus Tucson, Arizona, starten.<br />
Rick Barter von Skywords Aviation LLC –<br />
DBA Arizona Airframe Service in Marana,<br />
Arizona, hat mehrere Jahre mit <strong>der</strong> Restaurierung<br />
dieser sehr seltenen Lockheed Vega<br />
DL-1B Special, einer von lediglich einer<br />
Handvoll gebauter Vega mit Metallrumpf,<br />
zugebracht. Die Früchte seiner Arbeit zeigen<br />
sich in <strong>der</strong> einzigen <strong>der</strong>zeit flugtüchtigen<br />
Vega – von etwa einem halben Dutzend noch<br />
existierenden Exemplaren.<br />
Die NC12288 war aus noch vorhandenen<br />
Teilen einer Konkursmasse zusammengebaut<br />
worden. Der erste Besitzer war die John<br />
Morrell Meat Packing Co., die sie unter dem<br />
Namen »Morrell Pride II« im Dienst hatte.<br />
1964 ging die Vega als hoffnungsloser Fall<br />
an den Grün<strong>der</strong> des Air Power Museum,<br />
J. G. »Jack« Lowe. Kurz danach begann <strong>der</strong><br />
Präsident <strong>der</strong> Antique Aircraft Association<br />
(AAA), Robert Taylor, mit <strong>der</strong> Restaurierung.<br />
Dabei musste ein vollkommen neuer Flügel<br />
hergestellt werden, doch 1968 war die Maschine<br />
fertig und man konnte sie testen.<br />
Nach Jack Lowes Tod übernahm Taylor<br />
die Vega, doch sie wurde nur selten geflogen.<br />
1983 verkauft, hatte ihr neuer Besitzer Probleme<br />
mit <strong>der</strong> sicheren Handhabung <strong>der</strong> Maschine;<br />
schwer beschädigt kaufte sie daraufhin<br />
John Magoffin.<br />
Für den überwiegenden Teil <strong>der</strong> Vega verwendete<br />
man Lockheeds geniale Rumpfkonstruktion<br />
aus Formpressholz. Die auffälligen<br />
Farben <strong>der</strong> Maschine sind die einer<br />
Lockheed YIC-12 (DL-1), wie die Vega beim<br />
US Army Air Corps bezeichnet wurde.<br />
Dave McDonald ■<br />
John Magoffins beeindruckende<br />
Lockheed Vega mit ihren auffälligen<br />
USAAC-Vorkriegsmarkierungen<br />
Foto Scotty G<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
9
PANORAMA<br />
■ HAWKER TYPHOON<br />
Zu Ehren <strong>der</strong> Soldaten<br />
Um das »Canadian Air- and Spacemuseum«<br />
(CASM) dabei zu unterstützen, an die<br />
Tausenden kanadischen Luftwaffensoldaten<br />
zu erinnern, die in zwei Weltkriegen als Teil<br />
<strong>der</strong> Royal Air Force dienten, hat das Royal Air<br />
Force Museum dem CASM die einzige noch<br />
existierende Hawker Typhoon für dessen<br />
Ausstellung zum Gedenken an den D-Day geliehen.<br />
Die Hawker Typhoon war aktiv am Zweiten<br />
Weltkrieg beteiligt, insbeson<strong>der</strong>e an den Einsätzen<br />
zur Vorbereitung <strong>der</strong> Landung in <strong>der</strong> Normandie<br />
am 6. Juni 1944 und danach. Mehrere<br />
RCAF-Staffeln flogen die Typhoon. Die vielleicht<br />
bekannteste davon war die No. 440 (City of Ottawa)<br />
Squadron.<br />
Diese letzte noch existierende Maschine wurde<br />
Ende 1943 von Gloster Aircraft als Mk IB MN235<br />
Die Hawker Typhoon Mk IB MN235 wird bis Ende<br />
dieses Jahres in Kanada ausgestellt sein<br />
hergestellt und Anfang 1944 an die RAF ausgeliefert.<br />
Doch bald schon ging sie an die USAAF<br />
nach Amerika zur Auswertung und zu Leistungsvergleichen.<br />
Sie wurde jedoch relativ wenig<br />
geflogen und kam nach dem Krieg in das »US<br />
National Air Museum«, wo man sie im Smithsonian<br />
Institute einlagerte. Im Jahr 1968 kehrte<br />
die Typhoon nach England zurück.<br />
François Prins ■<br />
Foto François Prins<br />
Foto Jan Forsgren<br />
■ DONNET-LÉVÊQUE<br />
Seltenheit in Schweden<br />
Das Schwedische Luftwaffenmuseum beherbergt seit Dezember<br />
eine Donnet-Lévêque. Das 1913 von dem Luftfahrtpionier<br />
Carl Ce<strong>der</strong>ström erworbene Amphibienflugzeug<br />
diente damals zur Pilotenausbildung. Es erhielt die Bezeichnung<br />
L II und die Seriennummer 10. 1918 mit 131 Flugstunden<br />
außer Dienst gestellt, stiftete man die Maschine<br />
im September 1919 dem Stockholmer Marinemuseum. Im<br />
Dezember 1997 ging die Donnet-Lévêque dann formell an<br />
das Flygvapenmuseum. Im Jahr 2010 begann die Restaurierung<br />
durch ein Freiwilligenteam in Tullinge im Süden Stockholms.<br />
Jan Forsgren ■<br />
Die Donnet-Lévêque<br />
L II<br />
nach erfolgreicher<br />
Restaurierung<br />
■ DOUGLAS DC 3<br />
Wahrzeichen im Museum<br />
Fast 70 Jahre hat es gedauert, bis<br />
diese DC-3 ihr endgültiges Zuhause<br />
gefunden hat. Gebaut wurde<br />
sie als TC-47B und im Mai 1945 an<br />
die USAAF über- und kurz danach<br />
an die Navy weitergegeben. Dort<br />
verrichtete sie als Transportflugzeug<br />
ihren Dienst. 1958 an die CAA, die<br />
Vorgängerin <strong>der</strong> heutigen Fe<strong>der</strong>al<br />
Aviation Administration (FAA), ausgeliehen,<br />
baute diese die Maschine<br />
zu einem Vermessungsflugzeug um.<br />
1981 ausgemustert, erhielt die Maschine<br />
in Oklahoma City eine neue<br />
Bleibe und war fortan bei diversen<br />
Airshows zu sehen. 2002 bekam die<br />
alte Dame ein »Lifting«, um ein Jahr<br />
später an <strong>der</strong> »Centenniel of Flight«-<br />
Airshow und in den Jahren 2008 und<br />
2009 beim fünfzigjährigen Jubiläum<br />
<strong>der</strong> FAA mitzuwirken, die später entschied,<br />
das Flugzeug auszumustern<br />
Die DC-3 wurde von <strong>der</strong> FAA als Vermessungsflugzeug<br />
eingesetzt<br />
und einem Museum zu übergeben.<br />
Voraussetzung war, dass das Flugzeug<br />
nicht mehr geflogen, in einen<br />
Hangar aufgenommen wird und die<br />
Originallackierung erhalten bleibt.<br />
Das Texas Air & Space Museum<br />
konnte diese Bedingungen erfüllen.<br />
Am 13. Februar ist sie dort angekommen;<br />
ab dem 1. März kann die alte<br />
Dame von den Besuchern bewun<strong>der</strong>t<br />
werden. Werner Fischbach ■<br />
Foto FAA<br />
10
Fotos François Prins<br />
Der Rumpf <strong>der</strong> Vickers Supermarine<br />
Spitfire FR XIVe MT847 wird vorsichtig<br />
durch die Tür des Manchester Museum<br />
of Science and Industry bugsiert<br />
■ SUPERMARINE SPITFIRE<br />
Rückkehr einer Legende<br />
In ihre alte Heimat kehrte die Vickers Supermarine<br />
Spitfire FR XIVe, Ser.No. MT 847 zurück.<br />
Die Maschine ging 1995 als Leihgabe des<br />
RAF Museums Hendon an das Manchester<br />
Museum of Sience and Industry. Vor Kurzem<br />
zerlegte man das Flugzeug und brachte es nach<br />
Hendon zurück. Dort ist es Teil <strong>der</strong> neuen Ausstellung<br />
über Luftbildfotografie »Britain from<br />
Above«. Die Ausstellung soll bis Ende März<br />
2015 dauern.<br />
Die in RAF Ringway (heute Flughafen Manchester)<br />
stationierte Spitfire MT 847 stand von<br />
1946 bis 1948 im Dienst <strong>der</strong> 613 Squadron und<br />
ist somit kein Kriegsveteran. Später fungierte sie<br />
als Gate Guardian auf verschiedenen britischen<br />
Stützpunkten, bis sie schließlich für das RAF-<br />
Museum restauriert wurde.<br />
François Prins ■<br />
Der vergessene Klassiker<br />
Entstanden für die TWA: Douglas DC-2 Foto Sammlung WM<br />
Vor 80 Jahren, am 11. Mai 1934, rollt ein zweimotoriges<br />
Verkehrsflugzeug unter <strong>der</strong> heißen<br />
Sonne Kaliforniens an seinen allerersten<br />
Start. Die Rede ist von <strong>der</strong> Douglas DC-2 –<br />
dem ersten erfolgreichen Muster <strong>der</strong> legendären<br />
»Douglas Commercials«. Sie bietet<br />
Platz für 14 Passagiere und ist nichts an<strong>der</strong>es<br />
als die einzig passende Antwort auf den aggressiven<br />
Monopolvertrag, den Konkurrent<br />
Boeing mit <strong>der</strong> United Airlines für sein ähnlich<br />
gestricktes Modell 247 abgeschlossen<br />
hat. Denn damit steht Boeings fortschrittlicher<br />
Airliner an<strong>der</strong>en Gesellschaften vorerst<br />
nicht zur Verfügung. »Transcontinental<br />
and Western Air« wendet sich<br />
deshalb 1933 an Douglas, wo man<br />
zusammen kurzerhand die DC-1<br />
verwirklicht. Da die hochmo<strong>der</strong>ne,<br />
wie die B 247 in Ganzmetall gefertigte<br />
Maschine überzeugen kann, for<strong>der</strong>t<br />
TWA rasch die stärker motorisierte,<br />
etwas größeren DC-2 und<br />
bestellt 20 Stück davon. Kaum im Liniendienst,<br />
ist das Interesse vieler<br />
an<strong>der</strong>er Gesellschaften in den USA wie in<br />
Europa geweckt. Letzten Endes entstehen<br />
130 Exemplare für den zivilen Markt, 39 davon<br />
werden bei Fokker unter Lizenz<br />
endmontiert. Mindestens fünf Maschinen<br />
stellt Nakajima in Japan her,<br />
62 weitere baut Douglas in unterschiedlichen<br />
Ausführungen für das<br />
US Militär. Boeings 247 bringt es dagegen<br />
dank <strong>der</strong> verfehlten Verkaufsstrategie<br />
nur auf 75 Stück. Zusammen<br />
mit <strong>der</strong> Ju 52 gilt die DC-2 als<br />
eines <strong>der</strong> ersten Flugzeuge, die eigenwirtschaftlichen<br />
Luftverkehr möglich machen.<br />
Eigentlich hat sie damit alle Voraussetzungen<br />
zum echten Klassiker – käme da<br />
nicht kurz vor Weihnachten 1935 ihre große<br />
Schwester DC-3 erstmals in die Luft. Mit <strong>der</strong>en<br />
Passagierkapazität von zunächst 28 Plätzen<br />
kann sie nicht mithalten. Schon bald<br />
fliegt sie darum beständig im Schatten ihrer<br />
attraktiven Nachfolgerin – bis heute. Ganz<br />
in Vergessenheit ist die DC-2 aber doch nicht<br />
geraten. Im Aviodrome in <strong>der</strong> Nähe von<br />
Amsterdam beispielsweise ist sie noch heute<br />
zu bewun<strong>der</strong>n, manchmal sogar im Flug.<br />
Wolfgang Mühlbauer ■<br />
Von Fokker ausgelieferte DC-2<br />
Foto Swissair<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
11
NEWS PANORAMA<br />
Die Bronco in ihrem<br />
angestammten Element<br />
»Luft«<br />
■ OV-10 BRONCO<br />
Fliegen<strong>der</strong> Prügelknabe<br />
Foto Tom Houquet<br />
Nach 20 Jahren im Dienst als Zieldarsteller<br />
war die Bronco 99+18 nun Teil des Internationalen<br />
Luftfahrtmuseums von Manfred &<br />
Margot Pflumm in Villingen-Schwenningen.<br />
Seit 1991 im Freien abgestellt, erwarb das<br />
»Bronco Demo Team« das Flugzeug und restaurierte<br />
es bis 2012 in flugfähigen Zustand.<br />
Die Neulackierung in ihre originalen Ziel -<br />
darstellerfarben bildet im Februar 2014 den<br />
Abschluss <strong>der</strong> langwierigen Arbeiten. Bei <strong>der</strong><br />
North American Aviation Rockwell OV-10<br />
Bronco handelt es sich um ein leichtes Erdkampf-<br />
und Beobachtungsflugzeug mit Tur bo -<br />
propantrieb, geplant für den Einsatz im Vietnamkrieg.<br />
Die Version OV-10B produzierte die Firma<br />
für Deutschland als Zieldarsteller und verfügte<br />
über keinerlei Bewaffnung.<br />
Das »Bronco Demo Team« hat das Ziel, das<br />
Flugzeug flugtüchtig zu erhalten und die Geschichte<br />
<strong>der</strong> Menschen, die es entwickelt, gebaut,<br />
gewartet und geflogen haben, lebendig<br />
zu halten. Nachdem Bronco 99+18 nun fertig<br />
ist, wird sich das BDT verstärkt um die Fertigstellung<br />
ihrer Bronco 99+26 kümmern. Sie soll<br />
genauso wie die 99+18 für Flugtage in ganz<br />
Europa zur Verfügung stehen. Tom Houquet ■<br />
■ DOUGLAS DC-3<br />
Opfer <strong>der</strong> Kunst<br />
Hollands erfolgreichstes Musical »Soldier of Orange«<br />
hat bereits eine weitere »Dakota« zu beklagen. Die<br />
dem Aviodrome gehörende, vor Kurzem restaurierte DC-3<br />
G-AMCA (ex-C-47, 44-76634/KN487), die leihweise für<br />
das Musical zur Verfügung gestellt worden war, ist kürzlich<br />
einem Wintersturm zum Opfer gefallen.<br />
Teile des Hallendachs auf dem ehemaligen Marinefliegerstützpunkt<br />
Valkenburg fielen auf die Dakota. Es ist<br />
möglich, dass die Beschädigungen so schwer sind, dass<br />
sich eine Restaurierung selbst zum statischen Exponat<br />
nicht mehr lohnen würde.<br />
Roger Soupart ■<br />
■ SAAB 91D<br />
Neuzugang im Aviodrome<br />
Wie<strong>der</strong> für<br />
die Öffentlichkeit<br />
zugänglich:<br />
die<br />
Saab 91D in<br />
ihren Originalfarben<br />
<strong>der</strong> Rijksluchtvaartschool<br />
Foto Roger Soupart<br />
Foto Roger Soupart<br />
Die DC-3 G-AMCA, aufgenommen kurz nach <strong>der</strong> Sturmböe<br />
Neuzugang im T2-Hangar des Aviodrome. Seit Kurzem befindet sich<br />
dort die Saab 91D Safir PH-RLN. Das am 29. August 1979 im nie<strong>der</strong>ländischen<br />
Zu lassungsregister getilgte, gut erhaltene Schulflugzeug trägt<br />
noch immer die Farben seines letzten Halters, <strong>der</strong> Rijksluchtvaartschool.<br />
Es war nach <strong>der</strong> Außerdienststellung noch über längere Zeit als Ausbildungsflugzeug<br />
im Delton College im Osten Hollands. Danach wurde es<br />
auf dem Flugplatz Hoogeveen eingelagert. Die Pläne für die Maschine<br />
sind <strong>der</strong>zeit noch ungewiss. Doch nach 35 Jahren im Verborgenen ist sie<br />
jetzt wie<strong>der</strong> für die Öffentlichkeit zugänglich – auch wenn sie genau genommen<br />
noch eingelagert ist.<br />
Roger Soupart ■<br />
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1
TECHNIK<br />
Focke-Wulf Fw 190 A<br />
JÄGER MIT SPITZENLEISTUNGEN<br />
Gefürchteter Gegn<br />
Überdurchschnittliche Flugleistungen und massive Bewaffnung: Diese Garanten machten<br />
die Fw 190 ab 1942 zum Standardjäger an <strong>der</strong> Westfront. So hatte <strong>der</strong> »Würger«<br />
bald die Bf 109 F bei den Jagdverbänden weitgehend verdrängt Von Dietmar Hermann<br />
Im harten Wintereinsatz: In Russland kurz<br />
vor dem Einsatz steht die Fw 190 A-4 mit<br />
laufendem Motor auf dem schneebedeckten<br />
Liegeplatz <strong>der</strong> I./JG 54<br />
14
er an allen <strong>Front</strong>en<br />
Die zweite Baureihe <strong>der</strong> Fw 190 mit dem<br />
BMW 801 D war die Version A-4. Ihr<br />
Serienbau begann im Juni 1942 und<br />
wies in technischer Hinsicht als wesentliche<br />
Än<strong>der</strong>ung den Einbau des neuen Funkgeräts<br />
FuG 16 Z anstelle des FuG VIIa auf. Das neue<br />
Gerät arbeitete betriebssicherer im UKW-Bereich<br />
und ermöglichte darüber hinaus einen<br />
Zielflugeinsatz. Rein äußerlich sind die A-4-<br />
Jäger sehr gut an dem Horn für die Antennenhalterung<br />
auf dem Seitenru<strong>der</strong> zu erkennen.<br />
Bis August 1943 lief die A-4-Serie mit<br />
insgesamt 863 Stück von den Bän<strong>der</strong>n bei den<br />
Firmen AGO, Arado, Fieseler und natürlich<br />
Focke-Wulf. Doch es gab auch Probleme mit<br />
diesem »Erfolgsmuster«.<br />
Mit dem Einbau des BMW-801-D-Triebwerks<br />
machte die Fw 190 zwar leistungsmäßig<br />
einen deutlichen Schritt nach vorn. Aber<br />
das Problem <strong>der</strong> Kühlung war immer noch<br />
nicht endgültig beseitigt. Dadurch mussten ab<br />
März 1942 die Motorleistungen begrenzt werden.<br />
Die Start-Notleistung für drei Minuten<br />
wurde auf den Ladedruck von 1,35 ata bei<br />
2450 U/min zurückgeregelt, die Kampfleistung<br />
für 30 Minuten Dauer auf 1,28 ata und<br />
2350 U/min. Dies entsprach einer Min<strong>der</strong>leistung<br />
von 150 PS.<br />
Laut Handbuch galten diese Richtlinien<br />
bis zur Sicherstellung <strong>der</strong> zulässigen Zylin<strong>der</strong>temperaturen<br />
durch zellenseitige Kühlung.<br />
Damit besaß Focke-Wulf den »Schwarzen<br />
Peter«. Denn bis zu diesem Zeitpunkt<br />
lieferten die Motorenhersteller ausschließlich<br />
nur den nackten Motor und die Zellenhersteller<br />
waren für die Konstruktion und den<br />
Bau des kompletten Triebwerks zuständig.<br />
Bedingt durch die aufgetretenen Probleme<br />
wuchs <strong>der</strong> Druck auf Kurt Tank – das von<br />
FW entwickelte Triebwerk sei hinsichtlich<br />
<strong>der</strong> Betriebssicherheit schnellstens in Ordnung<br />
zu bringen, so die For<strong>der</strong>ung. Es dauerte<br />
ein halbes Jahr, bis die volle Leistung im<br />
Oktober 1942 seitens BMW unter bestimmten<br />
Bedingungen wie<strong>der</strong> freigegeben wurde.<br />
Um dieses Problem zukünftig auszuschalten,<br />
gab das Reichsluftfahrtministerium (RLM)<br />
den Startschuss für die Entwicklung von sogenannten<br />
Einheitstriebwerken. Die Motorenfabrikanten<br />
erhielten erstmals die Auf -<br />
for<strong>der</strong>ung, zukünftig komplette Antriebe abzuliefern.<br />
Damit sollte erreicht werden, dass<br />
von Anfang an voll funktionsfähige Triebwerke<br />
in die Flugzeugzellen eingebaut werden<br />
konnten. Doch dies verursachte neue<br />
Probleme.<br />
Fehlende Kraft<br />
Der BMW 801 D-2 war zwar ein hervorragen<strong>der</strong><br />
Motor für niedrige bis mittlere<br />
Flughöhen, doch in Höhen ab sieben Kilo -<br />
metern ließ seine Leistung stark nach. Ähnlich<br />
wie bei <strong>der</strong> Bf 109 konnte bei <strong>der</strong> A-4 zur<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
15
TECHNIK<br />
Focke-Wulf Fw 190 A<br />
Die Fw 190 A-5 des Geschwa<strong>der</strong>-Kommodore<br />
Josef »Pips« Priller, <strong>der</strong> im Stab des JG 26 flog<br />
Rarer Aufklärer<br />
Ursprünglich sollten aus <strong>der</strong> laufenden Serie<br />
monatlich bestimmte Stückzahlen <strong>der</strong><br />
Fw 190 für den Einsatz als Aufklärer entnommen<br />
werden. Doch die Fw 190 wurde<br />
als Jäger und Jabo dringen<strong>der</strong> gebraucht.<br />
Die wenigen Fw-190-Aufklärer besaßen zwei<br />
Reihenbildgeräte Rb 12,5/7 x 9 im Rumpf,<br />
eine Robot Kamera in <strong>der</strong> Fläche und das<br />
FuG 17. Die Kameras selbst wurden im hinteren<br />
Rumpfbereich eingebaut und waren<br />
durch die seitliche Wartungsklappe zugänglich.<br />
Die Aufnahmen erfolgten durch eine geschützte<br />
Sichtscheibe, die im Rumpfboden<br />
eingebaut war.<br />
■<br />
Die Sichtscheibe eines Fw-190-Aufklärers Zwei Reihenbildgeräte in einer Fw 190<br />
Die II./JG 26, hier die »10« <strong>der</strong> 4. Staffel bei Wartungsarbeiten an <strong>der</strong> Waffenanlage, erhielt im<br />
Dezember 1942 erstmals Bf 109 G-4. Doch die Maschine fand keinen Zuspruch<br />
Leistungssteigerung die sogenannte GM-1-<br />
Anlage verwendet werden. Dieser Apparat<br />
benutzte einen Sauerstoffträger, auch als<br />
Druckstoff bezeichnet, <strong>der</strong> in den Motor eingespritzt<br />
wurde. Damit konnte die Verbrennung<br />
in großen Höhen wesentlich verbessert<br />
werden. Diese Anlage bestand aus einem<br />
Einbausatz und einem Rüstsatz mit 2 x 3<br />
Druckflaschen. Insgesamt betrug ihr Gewicht<br />
110 Kilo und war gegen den Rüstsatz <strong>der</strong><br />
MG FF im Außenflügel voll austauschbar.<br />
Um die Baureihenverbesserungen und die<br />
Wirksamkeit des neuen Apparats zu testen,<br />
wurde die Fw 190 mit <strong>der</strong> Werknummer<br />
140561 aus <strong>der</strong> Serie gezogen und zur Fw 190<br />
V24 umgebaut.<br />
Bei <strong>der</strong> Werkserprobung erzielte Focke-<br />
Wulf damit ab acht Kilometer Höhe eine Leistungssteigerung<br />
<strong>der</strong> Steiggeschwindigkeit<br />
von 4 bis 5 m/s und eine Zunahme <strong>der</strong> Horizontalgeschwindigkeit<br />
von rund 50 km/h.<br />
Die Betriebsdauer <strong>der</strong> Anlage lag zwischen<br />
sechs und sieben Minuten. Die Dienstgipfelhöhe<br />
steigerte sich um 600 Meter. Thermische<br />
Schwierigkeiten traten dabei nicht auf. In welchem<br />
Umfang diese Anlage tatsächlich bei<br />
<strong>der</strong> Fw 190 zum Einsatz kam, ist bis heute ungeklärt.<br />
Allerdings scheinen es nur wenige gewesen<br />
zu sein, denn das RLM traf im Oktober<br />
1942 die Entscheidung, dass die Fw 190, bedingt<br />
durch die unbefriedigenden Höhenleistungen,<br />
ab Frühjahr 1943 in den Osten verlegt<br />
werden sollte.<br />
Diese Entscheidung wog schwer, weil sich<br />
die Maschine insgesamt gut bewährt hat. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
hinsichtlich <strong>der</strong> Bewaffnung ist <strong>der</strong><br />
»Würger« sehr gut ausgerüstet. Trotzdem<br />
schien dieser Schritt erfor<strong>der</strong>lich zu sein, weil<br />
die Fw 190 in <strong>der</strong> Höhe einfach zu wenig leistete.<br />
Anstelle <strong>der</strong> Fw 190 sollte deshalb wie<strong>der</strong><br />
die Bf 109 (Ausführung G) im Westen einge-<br />
Fotos, soweit nicht an<strong>der</strong>s angegeben, Ditemar Hermann<br />
16
setzt werden, die dann aber mit 13-mm-Waffen<br />
ausgestattet war.<br />
Doch diese G-Variante überzeugte nur teilweise.<br />
Beispielsweise vermerkte <strong>der</strong> Technische<br />
Außendienst von BMW im Bericht vom<br />
8. Oktober 1942, »dass <strong>der</strong> Geschwa<strong>der</strong>stab vom<br />
JG 26 auf Bf 109 G umrüsten konnte, jedoch<br />
nach Prüfung <strong>der</strong> 109 G und Vergleich mit <strong>der</strong><br />
Fw 190 doch bei <strong>der</strong> Fw 190 blieb«. Nur wenige<br />
Verbände stiegen auf die Bf 109 G um.<br />
Die II./JG 26 erhielt im Dezember 1942 die<br />
ersten Bf 109 G-4. Nach hohen Verlusten gab<br />
die Gruppe nur zwei Monate später alle Maschinen<br />
wie<strong>der</strong> ab. Die II./JG 2 begann die<br />
Umrüstung auf die Bf 109 G erst im April<br />
1943. An<strong>der</strong>e Gruppen wie die III./JG 26 setzten<br />
für eine gewisse Zeit parallel die G-Messerschmitt<br />
und Fw 190 A ein und rüsteten erst<br />
im Oktober 1943 vollständig auf die Bf 109 G<br />
um. Allein waffentechnisch überzeugte die<br />
Messerschmitt nicht. Deshalb konnte im Westen<br />
auf die Fw 190 nicht verzichtet werden,<br />
die von feindlichen Jägern durch ihre Leistungen<br />
gefürchtet waren.<br />
Fw 190 gegen Spitfire IX<br />
Auf die Überlegenheit <strong>der</strong> neuen Fw 190 A<br />
reagierten die Englän<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> neuen Spitfire<br />
LF Mk.IX, die den neuen, 1680 PS starken<br />
Rolls-Royce-Merlin-66-Motor besaß. Erstmals<br />
konnten die Briten mit diesem Muster wie<strong>der</strong><br />
Nach hohen Verlusten gab die Gruppe nur<br />
zwei Monate später alle Maschinen ab.<br />
Fw 190 A-4 <strong>der</strong> II./JG 2, Kairouan,<br />
Tunesien, Ende 1942. Pilotiert wurde<br />
sie von Gruppenkommandeur Hauptmann<br />
Adolf Dickfeld<br />
Zeichnung: H. Ringlstetter/Aviaticus<br />
Anschluss an die leistungsstarke Fw 190 gewinnen.<br />
Im Gegensatz zur bisherigen Spitfire<br />
Vb, die dem »Würger« nicht gewachsen war,<br />
unterschieden sich beide Maschinen bis 6700<br />
Meter Flughöhe leistungsmäßig kaum noch.<br />
Der Entwicklungsvorsprung <strong>der</strong> Deutschen<br />
mit <strong>der</strong> Fw 190 A wurde damit von den Englän<strong>der</strong>n<br />
wie<strong>der</strong> wettgemacht. Allerdings dauerte<br />
es noch, bis eine nennenswerte Anzahl<br />
dieser Jäger zur Verfügung stand. Und bis dahin<br />
dominierte die »190« an den <strong>Front</strong>en –<br />
nicht nur im Westen.<br />
Denn mit <strong>der</strong> Ausweitung <strong>der</strong> Fw-190-Produktion<br />
begann sich das Flugzeug auch an<br />
<strong>der</strong> Ostfront zu etablieren. Gerade unter den<br />
widrigen Verhältnissen auf dem östlichen<br />
Kriegsschauplatz besaß die Fw 190 deutliche<br />
Vorteile gegenüber <strong>der</strong> Bf 109. Bei den<br />
schlechten Bodenverhältnissen ermöglichte<br />
das Breitspurfahrwerk sichere Starts und Landungen.<br />
Ebenso war <strong>der</strong> BMW-801-Sternmotor<br />
deutlich robuster als <strong>der</strong> wassergekühlte<br />
Reihenmotor <strong>der</strong> Bf 109. Ein defekter Öl- o<strong>der</strong><br />
Wasserkühler zog bei <strong>der</strong> Messerschmitt unweigerlich<br />
in kurzer Zeit den Totalausfall des<br />
Triebwerks nach sich. Demgegenüber konnten<br />
die Fw-190-Maschinen selbst mit zerschossenen<br />
Zylin<strong>der</strong>n vom Einsatz zurückkehren.<br />
Hinzu kam, dass Bauchlandungen<br />
<strong>der</strong> Bf 109 fast immer strukturelle Schäden<br />
und damit längere Reparaturen nach sich zogen.<br />
Hier konnte die Focke-Wulf wesentlich<br />
mehr wegstecken. Der größte Pluspunkt gegenüber<br />
<strong>der</strong> »veralteten« Bf 109 war allerdings<br />
die stärkere Bewaffnung<br />
Im August 1942 überschritt die Produktion<br />
erstmals die 200er-Marke. Dies war die notwendige<br />
Zahl, um den Ersatz <strong>der</strong> Jagdverbände<br />
sicherzustellen. Im gleichen Monat begann<br />
die I./JG 51 auf Fw 190 A-2 und A-3 umzurüsten.<br />
Im November 1942 erhielt die I./JG-54-<br />
Gruppe 34 Maschinen vom Typ A-4 und A-5<br />
und die zweite Gruppe folgte im Dezember<br />
mit 35 neuen Fw 190. Dabei war im Osten das<br />
größte Problem, den Nachschub für den dringend<br />
notwendigen C3-Kraftstoff für die BMW-<br />
801-Motoren zu gewährleisten. Die Luftflotte 6<br />
benötigte beispielsweise im Juni 1943 insgesamt<br />
8634 Tonnen an B4-Kraftstoff für die<br />
Bf-109-Verbände, erhielt aber nur 5722 Tonnen<br />
(66 Prozent). Schlimmer sah es beim C3-Kraftstoff<br />
für die Fw 190 aus. Von den gefor<strong>der</strong>ten<br />
1079 erhielt die Luftflotte nur 441 Tonnen, weniger<br />
als die Hälfte. Das ging eindeutig zu Lasten<br />
<strong>der</strong> Einsatzstärke und hielt dadurch eigentlich<br />
einsatzklare Maschinen am Boden.<br />
Diese Probleme stehen im krassen Gegensatz<br />
zu den Anfor<strong>der</strong>ungen, die an die Focke-<br />
Wulf gestellt wurden. Zudem nahm ihr Einsatzspektrum<br />
immer weiter zu. Denn bereits<br />
im Sommer 1942 kristallisierten sich bei den<br />
Unter Feldbedingungen werden hier die Bordwaffen einer Fw 190 <strong>der</strong><br />
II./JG 54 in Dorpat justiert<br />
Selbst unter widrigen Bedingungen war die Fw 190 A-4 gut zu warten.<br />
Mit wenigen Handgriffe war ein Arbeiten an den Rumpfwaffen möglich<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
17
TECHNIK<br />
Focke-Wulf Fw 190 A<br />
Fw 190 mit dem Schriftzug »Anni« und <strong>der</strong> ungewöhnlichen Kennung »21 –«.<br />
Diese von Fieseler gebaute A-5 mit <strong>der</strong> Werknummer 7336, RP+IJ, flog im<br />
Stabsschwarm vom JG 51. Der junge Flugzeugführer ist unbekannt<br />
Im fremden Kleid<br />
Fw 190 mit japanischen Hoheitszeichen<br />
Mindestens eine Fw 190 A-5 erreichte<br />
auf dem Seeweg Japan und wurde dort<br />
1943 ausgiebig erprobt. Da man auf al -<br />
liierter Seite fälschlicherweise annahm,<br />
dass die Fw 190 in Lizenz gebaut und<br />
bei <strong>der</strong> japanischen Luftwaffe eingesetzt<br />
werden würde, erhielt sie sogar den<br />
Code namen »Fred«. Japan nutzte die<br />
Fw 190 für ausgiebige Untersuchungen,<br />
ein Nachbau fand nicht statt. Die Fw 190<br />
nahm aber Einfluss bei <strong>der</strong> Entwicklung<br />
<strong>der</strong> Kawasaki Ki. 100.<br />
■<br />
Besprechungen im RLM Verän<strong>der</strong>ungen für<br />
die Einsatzstrategie <strong>der</strong> Fw 190 heraus.<br />
Generalfeldmarschall Erhard Milch sah die<br />
Zukunft <strong>der</strong> Maschine immer mehr in <strong>der</strong><br />
Rolle des Tiefangriffsflugzeugs, des Nahaufklärer,<br />
Jagdbombers und als neues Schlachtflugzeug.<br />
Nur noch in einem gewissen Maße<br />
sollte die Fw 190 als reiner Jäger an <strong>der</strong> <strong>Front</strong><br />
fliegen. Damit driftete ab <strong>der</strong> Baureihe<br />
Fw 190 A-4 auch die waffentechnische Entwicklung<br />
<strong>der</strong> Serien so weit auseinan<strong>der</strong>, dass<br />
daraus vollkommen neue Fw 190 entstanden.<br />
Die Neuentwicklungen sollten nun die<br />
Aufgabe von Mustern übernehmen, die<br />
als veraltet immer noch ihren Dienst versahen,<br />
wie beispielsweise <strong>der</strong> legendäre Sturzkampfbomber<br />
Junkers Ju 87.<br />
Der Stuka von Junkers war <strong>der</strong> Inbegriff<br />
des deutschen »Blitzkrieges«, doch bald gehörte<br />
er zum »alten Eisen«. Die Verluste an <strong>der</strong><br />
<strong>Front</strong> nahmen zu und die Maschinen konnten<br />
fast nur noch mit Jagdschutz operieren. Einen<br />
geeigneten Nachfolger gab es nicht, wodurch<br />
<strong>der</strong> Luftwaffe ein schnelles, effizientes Kampfflugzeug<br />
zur Bodenunterstützung für die<br />
Truppe fehlte. Hier bot sich die Fw 190 an. Erste<br />
Tests, geflogen von Stuka-Besatzungen bei<br />
<strong>der</strong> Erprobungsstelle in Rechlin, bestätigten<br />
das. Mit <strong>der</strong> Fw 190 A-4/U-3 (U = Umrüstsatz)<br />
baute Focke-Wulf die Maschine erstmals<br />
zum Schlachtflugzeug um. Im Oktober/November<br />
1942 lieferte die Firma 30 entsprechend<br />
geän<strong>der</strong>te Muster aus. In kurzer Zeit<br />
entwickelte sich dieser Umbau zur ersten eigenständigen<br />
Schlachtflugzeug-Baureihe Fw<br />
190 F-1. Das war nur konsequent, denn <strong>der</strong><br />
»Würger« hatte schon im Sommer des Jahres<br />
1942 seine Schlagkraft bewiesen.<br />
Fw 190 A-4 <strong>der</strong> 1./JG 54 mit feldmäßig<br />
verän<strong>der</strong>tem Anstrich, geflogen von Feldwebel<br />
Peter Bremer, Orel, Russland, im<br />
Sommer 1943 Zeichnung: H. Ringlstetter/Aviaticus<br />
18
Im Morgengrauen des 19. August 1942<br />
versuchten die Alliierten erstmals eine Landungsoperation<br />
bei Dieppe. Die deutschen<br />
Kampfflugzeuge erlitten bei <strong>der</strong> Abwehr hohe<br />
Verluste, ohne wirklich effektiv zu sein.<br />
Die wenigen Fw-190-Jagdbomber hingegen<br />
kämpften äußerst erfolgreich und trugen<br />
maßgeblich zum Scheitern <strong>der</strong> Landung bei.<br />
Dies führte zu einer völlig neuen For<strong>der</strong>ung,<br />
die Fw 190 auch als Langstreckenjagdbomber<br />
zu konzipieren.<br />
Variabel einsetzbares Muster<br />
Die Focke-Wulf Fw 190 war nicht nur ein gefürchteter Jäger, son<strong>der</strong>n auch als Aufklärer, Nachtjäger,<br />
Torpedobomber und so weiter an den <strong>Front</strong>en zu finden. Damit gehört dieser Typ zu den Waffensystemen<br />
mit den »breitesten« Einsatzmöglichkeiten.<br />
Zum Kriegsende wurde die Fw 190 mehr und mehr zu einer Plattform für<br />
schwere Waffen. Neben <strong>der</strong> üblichen Bewaffnung sind hier zusätzlich vier<br />
weitere 20-mm-MG in zwei Gondeln unter <strong>der</strong> äußeren Tragfläche montiert<br />
Einsatz als Jagdbomber<br />
Im Oktober 1942 testete Focke-Wulf zwei dieser<br />
sogenannten Fw 190 A-4/U-8 Jabo-Rei<br />
(Jagdbomber mit großer Reichweite) mit reduzierter<br />
Bewaffnung und 300-Liter-Zusatztanks<br />
unter <strong>der</strong> Tragfläche. 53 Maschinen<br />
wurden so umgebaut. Mit Aufnahme <strong>der</strong> Serienproduktion<br />
entwickelte sich auch diese<br />
Variante kurz danach zur ersten speziellen<br />
Jagdbomber-Serie Fw 190 G weiter. Damit erweiterte<br />
sich das Spektrum des Typs noch<br />
mehr. Den vorgesehenen Bau des Aufklärers<br />
A-4/U-4 realisierte man allerdings nicht. Dafür<br />
gab es die unterschiedlichsten Reihen und<br />
Verwendungen: Falls bei einem Motorwechsel<br />
anstelle des BMW 801 D wie<strong>der</strong> ein BMW<br />
801 C eingebaut wurde, erhielt <strong>der</strong> Jäger die<br />
zusätzliche Bezeichnung A-4/U-1. Durch den<br />
Einbau eines FuG 16 Z-E konnte die Fw 190<br />
auch als Leitjäger eingesetzt werden. In aller<br />
Regel fanden solche Umbauten ab September<br />
1942 bei <strong>der</strong> Truppe statt. Diese Variante wurde<br />
als Fw 190 A-4/R-1 (Rüstsatz 1) bezeichnet.<br />
Doch sollte bald das Ende des Siegeszuges<br />
<strong>der</strong> Fw 190 eingeläutet werden.<br />
Als die Amerikaner Anfang November<br />
1942 in Nordafrika landeten, begann dort<br />
für die deutsch-italienischen<br />
Truppen ein<br />
Zweifrontenkrieg.<br />
Luftwaffeneinheiten<br />
mussten hastig<br />
von an<strong>der</strong>en <strong>Front</strong> -<br />
abschnitten abgezogen<br />
werden. An <strong>der</strong> Ostfront traf es die<br />
II./JG 51, die ihre Umrüstung auf die Fw 190<br />
abbrechen musste. In Wiener-Neustadt übernahmen<br />
die Soldaten Bf 109 G-2 und verlegten<br />
anschließend nach Italien. Im Westen zog man<br />
die II./JG 2 mit ihren Fw-190-Jägern ab und<br />
verlegte sie nach Nordafrika. Zusammen mit<br />
<strong>der</strong> ebenfalls mit Fw 190 ausgerüsteten II./<br />
ZG 2 flogen lediglich zwei Fw-190-Gruppen<br />
gegen eine alliierte Übermacht. Beide Einheiten<br />
operierten erfolgreich gegen den Feind.<br />
Durch die starke Überbeanspruchung fielen<br />
aber immer mehr Maschinen aus. Nachschub<br />
an neuen Flugzeugen und dazugehörige<br />
Ersatzteile blieben aus. Im März 1943 musste<br />
die II./JG 2 Afrika verlassen und übergab ihre<br />
wenigen verbliebenen Fw 190 an die in<br />
Drei Versuchsmuster wurden zu Fw-190-<br />
A-5/U-14-Torpedoträgern umgebaut, die<br />
ein erhöhtes Spornrad besaßen<br />
Mit <strong>der</strong> schweren 30-mm-Bordkanone<br />
MK-103 und Mündungsdämpfern werden<br />
erstmals zwei Fw 190 ausgerüstet<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
19
TECHNIK<br />
Focke-Wulf Fw 190 A<br />
Kette des legendären »Grünherz«-<br />
Geschwa<strong>der</strong>s über <strong>der</strong> <strong>Front</strong><br />
Schneller Wechsel<br />
Das BMW-801-Austauschtriebwerk konnte<br />
innerhalb von nur zwölf bis 15 Minuten<br />
komplett gewechselt werden. Ein Lösen<br />
von Ölleitungen war dabei nicht erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Das Triebwerk selbst beinhaltete Ölkühler,<br />
Ölbehälter und Panzerschutz. ■<br />
Zeichnung<br />
des Fw-190-<br />
Triebwerks<br />
Dieses Bild zeigt die Än<strong>der</strong>ung durch den vorgeschobenen<br />
Motor bei <strong>der</strong> Fw 190 A-5. Eine<br />
neue Übergangsverkleidung sorgte für die notwendige<br />
Verblendung zwischen Flügel und<br />
Rumpf<br />
Wenig bekannt ist <strong>der</strong> Bau und <strong>der</strong> Einsatz <strong>der</strong> Fw 190 A in <strong>der</strong> Aufklärerversion. Diese flogen ab<br />
Oktober 1942 bei <strong>der</strong> 1. und 2. Staffel <strong>der</strong> Nahaufklärergruppe 13 in Frankreich.<br />
III./SKG 10 umbenannte letzte verbliebene<br />
Fw-190-Gruppe.<br />
Weiterentwicklungen dieses Erfolgsmodells<br />
mussten dringend beschleunigt werden,<br />
wollte man nicht ins Hintertreffen geraten,<br />
aber wie so oft stellten sich auch hier neue<br />
Probleme ein.<br />
Einsatz für die Fw 190 A-5<br />
Durch das ständig anwachsende Gewicht <strong>der</strong><br />
Fw 190 musste ab <strong>der</strong> Baureihe A-5 das BMW-<br />
801-Triebwerk aus Schwerpunktsgründen um<br />
150 Millimeter vorverlegt werden. Die Motorverkleidung<br />
wurde entsprechend angepasst.<br />
Vom Rumpf zum Flügel sorgte ab <strong>der</strong> Baureihe<br />
A-5 ein neuer Verkleidungsübergang für eine<br />
aerodynamische Anpassung. Erstmals kamen<br />
regelbare Kühlerklappen für eine bessere<br />
Motorkühlluft-Regulierung zum Einbau, die<br />
vom Flugzeugführer mit einer Handkurbel<br />
verstellt werden konnten. Die Waffenanlage im<br />
Rumpf bestand weiterhin aus zwei MG 17 mit<br />
je 1000 Schuss im Rumpf, zwei MG 151/20 in<br />
den Tragflächenwurzeln mit jeweils 175 Schuss<br />
und zwei MG FF in den Außenflügeln.<br />
Als Rüstsatz war das ETC 501 unter dem<br />
Rumpf anbaubar, mit dem ein abwerfbarer<br />
300-Liter-Zusatzbehälter o<strong>der</strong> eine Bombenlast<br />
mitgeführt werden konnte. Die FT-Anlage<br />
bestand aus dem FuG 16 Z und dem FuG 25.<br />
Der Serienbau begann im November 1942,<br />
aber die Massenproduktion endete bereits im<br />
Mai 1943. In dieser Zeit verließen 653 Jäger<br />
die Werke von Focke-Wulf und den Lizenzbaufirmen<br />
AGO, Arado und Fieseler – mit unterschiedlichen<br />
Rüstsätzen.<br />
Denn was bereits mit <strong>der</strong> waffentechnischen<br />
Entwicklung <strong>der</strong> Fw 190 A-4 begann,<br />
setzte sich bei <strong>der</strong> A-5 weiter fort. Allein 16 verschiedene<br />
Umrüstsätze sollten die Fw 190 für<br />
spezielle Aufgaben anpassen. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
schwere Waffen zur Bomberbekämpfung und<br />
für gepanzerte Ziele am Boden waren nun gefor<strong>der</strong>t.<br />
Augenfällig sind daher die diversen<br />
Bewaffnungsoptionen mit schwersten Kalibern.<br />
Neben dem erstmaligen Einbau von zwei<br />
20
20-mm-MG-151 statt den bisher üblichen<br />
MG FF wurden auch vier MG 151 in Gondeln<br />
unter <strong>der</strong> Fläche (W.Nr. 813/814), zwei 3-cm-<br />
MK-108 und zwei großkalibrige 3-cm-MK-103<br />
(W.Nr. 1303) unter <strong>der</strong> Außenfläche getestet.<br />
Diese Form des Gondel-Waffeneinbaus war<br />
bislang nur von <strong>der</strong> Messerschmitt Bf 109 her<br />
bekannt. Focke-Wulf erprobte einige dieser<br />
Sätze mit Versuchsmaschinen. Erst ab <strong>der</strong><br />
nächsten Baureihe A-6 konnten einige dieser<br />
Waffen dann rüstsatzmäßig an die Fw 190 angebaut<br />
werden:<br />
• A-5/U-1 Einbau BMW 801 C statt D<br />
• A-5/U-2 Nachteinsatz, Blendschutz, Landescheinwerfer,<br />
Kurssteuerung,<br />
Variometer, fünf gebaut<br />
• A-5/U-3 Schlachtflugzeug mit zusätzlicher<br />
Panzerung und je zwei ETC<br />
50 unter <strong>der</strong> Fläche<br />
• A-5/U-4 Aufklärer, nicht gebaut<br />
• A-5/U-8 Langstreckenjabo mit 2 x 300-l-<br />
Zusatztanks unter <strong>der</strong> Fläche<br />
• A-5/U-9 Waffenerprobungsträger für<br />
zwei MG 151/20 im Flügel außen,<br />
zwei V-Muster im Juni 1943<br />
• A-5/U-10 Zwei Mustermaschinen mit MG<br />
151/20 im Flügel außen für A-6-<br />
Serie<br />
• A-5/U-11 Waffenerprobungsträger mit zwei<br />
MK 103 unter <strong>der</strong> Fläche, zwei<br />
Muster<br />
• A-5/U-12 Schlachtflugzeug mit vier MG<br />
151/20 unter <strong>der</strong> Fläche, ohne<br />
Panzerung, zwei gebaut<br />
• A-5/U-13 Langstreckenjagdbomber mit reduzierter<br />
Bewaffnung, Kurssteuerung,<br />
Flügelträger<br />
• A-5/U-14 Jato mit Variometer, Fw 190 als<br />
Torpedoträger, drei gebaut<br />
• A-5/U-15 Jato mit Variometer, Kurssteuerung,<br />
Zielflugvorsatz, 2 x 300 Liter,<br />
kein Bauausführung<br />
• A-5/U-16 Waffenerprobungsträger mit<br />
zwei MK 108 unter <strong>der</strong> Fläche,<br />
ein Muster<br />
• A-5/R-1 Leit-Jäger mit FuG-16-Z-E-Einbau<br />
• A-5/R-6 Anbau von 21-cm-Werferrohren<br />
Aber auch ohne die vielen Varianten erwies sich<br />
die Fw 190 als starker Gegner.<br />
Einige dieser Umrüstsätze werden später<br />
zu eigenständigen Serien, die noch ge -<br />
son<strong>der</strong>t behandelt werden. Erstmals testete<br />
Focke-Wulf auch die Verwendbarkeit <strong>der</strong><br />
Fw 190 als Torpedoträger. Dazu rüstete man<br />
drei Serienmaschinen um, die kurze Zeit<br />
später nach dem Einfliegen durch Focke-<br />
Wulf-Testpiloten zum Torpedowaffenplatz<br />
nach Gotenhafen-Hexengrund überführt<br />
wurden, wo man mit einigen Verbesserungen<br />
auch diese Variante serienreif machte.<br />
Das Kriegsende verhin<strong>der</strong>te jedoch den Einsatz<br />
dieser Version.<br />
Aber auch ohne die vielen Varianten erwies<br />
sich die Fw 190 als starker Gegner, <strong>der</strong><br />
Jagdbomber Fw 190 A-5 vom Schnellkampfgeschwa<strong>der</strong><br />
10, das Mitte 1943<br />
teilweise auf Sizilien lag. Am Heck trägt<br />
die »Gelbe F« das weiße Rumpfband für<br />
im Mittelmeerraum eingesetzte Maschinen<br />
Zeichnung: H. Ringlstetter/Aviaticus<br />
sich allerdings bald einer feindlichen Übermacht<br />
gegenübersah – und das zunehmend<br />
auch über dem Reichsgebiet.<br />
In <strong>der</strong> »Reichsverteidigung«<br />
Den ersten Kampfeinsatz gegen Ziele in<br />
Europa flogen US-Kampfflugzeuge <strong>der</strong> im<br />
Aufbau befindlichen 8. US-Luftflotte am<br />
4. Juli 1942. Das Ziel waren deutsche Flugplätze<br />
in den Nie<strong>der</strong>landen. Kurze Zeit<br />
später, am 17. August 1942, folgte <strong>der</strong> erste<br />
Angriff mit schweren viermotorigen Boeing-<br />
B-17-Bombern gegen die französischen Bahnanlagen<br />
von Rouen. Wilhelmshaven war am<br />
27. Januar 1943 das erste Ziel <strong>der</strong> Bomber auf<br />
das deutsche Reichsgebiet.<br />
Von da ab erschienen immer häufiger<br />
Viermots über Deutschland. Hier sahen sich<br />
die Fw-190-Verbände zunehmend einem<br />
schwer bewaffneten Gegner gegenüber. Je<strong>der</strong><br />
Anflug gegen die US-Bomber bedeutete für<br />
die deutschen Jäger ein hohes Risiko, von einem<br />
<strong>der</strong> elf 12,7-mm-MG getroffen und abgeschossen<br />
zu werden. Der zunehmende<br />
Luftkrieg über Deutschland zwang die Luftwaffenführung,<br />
immer mehr Jagdverbände<br />
für die Reichsverteidigung abzustellen.<br />
Wie es mit <strong>der</strong> Fw 190 in <strong>der</strong> Reichsverteidigung<br />
weiterging, erfahren Sie in einer <strong>der</strong><br />
nächsten Ausgaben.<br />
■<br />
Die Fw 190 konnte für Langstreckeneinsätze mit 300-<br />
Liter-Zusatztanks ausgerüstet werden – <strong>der</strong> »Jaborei«.<br />
Hier die W.Nr. 669 während <strong>der</strong> ersten Tests<br />
Technische Daten – Fw 190 A-5<br />
Motor BMW 801 D-2<br />
Startleistung<br />
1 x 1760 PS bei n = 2700 U/min<br />
Luftschraube<br />
Ø = 3,30 m, 3 flügelig VDM<br />
Spannweite<br />
10,50 m<br />
Flügelfläche 18,30 m²<br />
Bewaffnung 2 x MG 17 im Rumpf, 2 x MG 151<br />
Tragfläche innen, 2 x MG FF außen<br />
Fluggewicht<br />
4000 kg<br />
Steigrate am Boden 15,1 m/s mit Kampfleistung<br />
Höchstgeschwindigkeit 567 km/h in Bodennähe<br />
mit Startleistung 656 km/h in 6300 km Höhe<br />
Dienstgipfelhöhe 10 500 m<br />
Reichweite<br />
700 km<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
21
TECHNIK<br />
Boeing B-17 Flying Fortress<br />
IM PULK GEGEN DIE LUFTWAFFE – TEIL 4<br />
»Bandits at twel<br />
Die B-17F ist die erste in mehreren Tausend Exemplaren gefertigte Ausführung <strong>der</strong><br />
»Flying Fortress«. Kaum steht sie über Westeuropa im Kampf, fällt ihr die Vorreiterrolle<br />
bei <strong>der</strong> Suche nach den besten Angriffs- und Verteidigungstaktiken zu Von Wolfgang Mühlbauer<br />
Zum Frühjahr 1942 ist die erste B-17F,<br />
werksintern Model 229P genannt, fertiggestellt.<br />
Verglichen mit dem Vorgänger<br />
B-17E (siehe <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />
4/2013) sind Hun<strong>der</strong>te Detailän<strong>der</strong>ungen<br />
eingeflossen, viele davon dank Erfahrungsberichten<br />
von <strong>der</strong> <strong>Front</strong>. Die wichtigsten<br />
betreffen zunächst den Passivschutz, <strong>der</strong><br />
unter an<strong>der</strong>em im Rumpf zahlreiche, zumeist<br />
vertikal eingebaute Panzerplatten<br />
umfasst. Nur im Bereich <strong>der</strong> Seitenstände<br />
sind zusätzlich Platten an den Bordwänden<br />
befestigt.<br />
Direkten Beschuss von vorne hat offenbar<br />
noch niemand ernsthaft in Betracht gezogen,<br />
denn hier bleibt die Besatzung – allen voran<br />
beide Piloten – ohne zusätzlichen Schutz. An<strong>der</strong>e<br />
Feinarbeiten betreffen in erster Linie die<br />
selbstdichtenden Tanks, die Fahrwerksstruktur,<br />
die Bombenaufhängungen, den Kugelturm<br />
im Unterrumpf, die Funkausrüstung<br />
o<strong>der</strong> das Bordnetz.<br />
Nach außen hin sticht nur die größere, jetzt<br />
einteilige Plexiglaskuppel am Bug ins Auge.<br />
Sie ist streng genommen auch die einzige<br />
Möglichkeit, um jene beiden Ausführungen<br />
<strong>der</strong> Flying Fortress optisch auf die schnelle<br />
auseinan<strong>der</strong>zuhalten – sofern keine Seriennummer<br />
am Leitwerk erkennbar ist.<br />
Als Antrieb werden jetzt vier Wright-R-<br />
1820-97-Motoren mit geschmiedeten Zylin<strong>der</strong>köpfen<br />
und Staubfiltern in den Vergasern<br />
verwendet, die zudem für mehrere Minuten<br />
22
ve o’clock high!« *<br />
*»Feindmaschinen auf 12 Uhr!«<br />
»Hun Hunter«, eine sehr frühe B-17F, gehört zur<br />
305th BG und hat (noch) keine Abwehrwaffe in<br />
<strong>der</strong> Bugkanzel. Sie wird am 16. Februar 1943<br />
über St. Nazaire abgeschossen<br />
je 1380 PS Notleistung liefern. Ebenfalls neu<br />
sind Hamilton-Standard-Propeller mit 3,5 Meter<br />
langen und deutlich breiteren Blättern<br />
(Paddle Blades), die beson<strong>der</strong>s in großen Höhen<br />
mehr Effizienz aufweisen. Sie erfor<strong>der</strong>n<br />
im Gegenzug Motorverkleidungen mit etwas<br />
kürzeren Vor<strong>der</strong>kanten, da sie sonst nicht ungestört<br />
auf Segelstellung drehen können.<br />
Das höchstzulässige Gewicht <strong>der</strong> B-17F beträgt<br />
mit 25 628 Kilogramm fast 1,6 Tonnen<br />
mehr als bei <strong>der</strong> E-Version; in diesem Zustand<br />
schafft sie maximal 481 km/h beziehungsweise<br />
505 km/h bei Notleistung. Sehr oft<br />
wird ihre Höchstgeschwindigkeit jedoch mit<br />
523 km/h angegeben, ohne dabei nähere<br />
Hintergründe zu nennen. Womit sich auch<br />
erklärt, weshalb die B-17F allgemein als<br />
schnellste Version des Bombers gilt.<br />
Um sie in den gewünschten monatlichen<br />
Stückzahlen auszuliefern, benötigt Boeing allerdings<br />
Verstärkung. Als Lizenznehmer holt<br />
man sich dafür Lockheed und sein Vega Werk<br />
in Burbank sowie Douglas mit den Anlagen<br />
in Long Beach ins Boot. Die drei Industriepartner<br />
schließen sich im B.V.D Pool zusammen,<br />
<strong>der</strong> fortan die Massenherstellung <strong>der</strong><br />
Flying Fortress in einzelnen Fertigungslosen –<br />
»Block« genannt – übernimmt.<br />
Analog zum B-24-Bomber (siehe FLUG-<br />
ZEUG <strong>CLASSIC</strong> 4/2013) führt man auch hier<br />
Kürzel für die jeweiligen Fertigungsstandorte<br />
ein und hängt sie <strong>der</strong> Typbezeichnung an.<br />
Dabei steht BO für Boeing, VE für Lockheed<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
23
TECHNIK<br />
Boeing B-17 Flying Fortress<br />
Die B-17F <strong>der</strong> 305th BG fungieren<br />
unter dem Kommando von<br />
Curtis LeMay ab Spätherbst<br />
1942 als Vorreiter für den Verbandsflug<br />
in Combat Boxes<br />
Gefährlicher Flug nach Gibraltar<br />
system verhin<strong>der</strong>te dies im letzten<br />
Moment. Um Platz für die<br />
sechs Fluggäste zu schaffen, verzichtet<br />
man auf einen Teil <strong>der</strong> Abwehrbewaffnung<br />
sowie auf alle<br />
Richtschützen. Nach gut vier Stunden<br />
Flugzeit erspäht Pilot Lieutenant<br />
Summers über offener See<br />
James<br />
»Jimmy«<br />
vier Ju 88, die sich rasch nähern.<br />
Doolittle<br />
Sobald die deutschen Maschinen<br />
zum Angriff ansetzen, geht Summers auf<br />
Notleistung und versucht, so dicht wie mög-<br />
An Bord dieser B-17F wird Doolittle<br />
fast Opfer <strong>der</strong> deutschen Luftwaffe<br />
Am 6. November 1942 startet eine B-17F<br />
<strong>der</strong> 97th BG vom englischen Polebrook aus<br />
nach Gibraltar. Mit an Bord: Major General<br />
James Doolittle, frischgebackener Oberbefehlshaber<br />
<strong>der</strong> 12. US Luftflotte und einer<br />
von Amerikas populärsten Kriegshelden.<br />
Er gehört zum Stab von General Eisenhower,<br />
<strong>der</strong> sein Hauptquartier im Zuge <strong>der</strong><br />
Operation »Torch« nach Gibraltar verlagert.<br />
Eigentlich sollte die Maschine zusammen<br />
mit fünf weiteren Flugzeugen schon am Vortag<br />
abfliegen. Doch ein Defekt im Bremslich<br />
über die Wasseroberfläche<br />
zu gelangen. Den ersten Feuerstößen<br />
kann er noch ausweichen,<br />
ehe <strong>der</strong> rechte Innenbordmotor<br />
getroffen sowie Copilot<br />
Lieutenant Lohr schwer verwundet<br />
wird. Doolittle klettert kurzerhand<br />
ins Cockpit, hilft dabei,<br />
ihn nach hinten zu zerren und<br />
zu versorgen. Dann nimmt er<br />
Lohrs Platz ein, obwohl er keine Ahnung<br />
hat, wie man eine B-17 fliegt. General Lemnitzer,<br />
ein weiteres hochrangiges Stabsmitglied,<br />
erwi<strong>der</strong>t <strong>der</strong>weil mit dem MG im<br />
Funkraum das Feuer. Nachdem er einer<br />
Ju 88 sichtbaren Schaden zugefügt hat,<br />
drehen die Deutschen schließlich ab und<br />
fliegen heim – zumal sie kaum wissen<br />
können, wer da eigentlich in <strong>der</strong> Viermotorigen<br />
sitzt. Doolittle fungiert anschließend<br />
weiter als Co pilot und hilft tatkräftig, den<br />
lädierten Bomber heil ans Ziel zu bringen.<br />
In sein Flugbuch vermerkt er später zwei<br />
Stunden Kampfzeit auf seinem ersten<br />
Einsatzflug als Oberbefehlshaber <strong>der</strong><br />
12. US Luftflotte. ■<br />
Fotos, soweit nicht an<strong>der</strong>s angegeben, US Air Force<br />
24
Boeing B-17F-BO, 41-24485, »Memphis<br />
Belle«, im Jahre 1943. Nachdem sie<br />
25 Einsätze absolviert hatte, nahm man<br />
sie zu Propagandazwecken aus dem aktiven<br />
Dienst<br />
Zeichnung Juanita Franzi<br />
Vega und DL für Douglas in Long Beach. Vorbereitung<br />
und Anlauf zur Lizenzfertigung gestalten<br />
sich insgesamt problemlos. Lockheed<br />
rollt seine erste B-17F schon am 4. Mai 1942<br />
aus <strong>der</strong> Halle – fast sechs Monate früher als<br />
ursprünglich gedacht. Boeings erste serienmäßige<br />
F wird am 30. Mai 1942 fertig, Douglas<br />
zieht am 9. Juni nach.<br />
Uneinheitlich ausgeliefert<br />
Wer glaubt, dass sich die Maschinen aller drei<br />
Hersteller stets aufs i-Tüpfelchen gleichen, irrt.<br />
Vor allem die Ausrüstung weicht, abhängig<br />
vom Produktionsort, oft erheblich innerhalb<br />
ansonsten baugleicher Fertigungslose ab. Unschwer<br />
vorzustellen, wie Feldwerften, Instandsetzungsbetriebe<br />
und Nachschieber bald<br />
nachhaltig ins Schwitzen kommen. Zusätzlich<br />
finden sich immer wie<strong>der</strong> kleinere äußerliche<br />
Unterschiede, meist bei <strong>der</strong> Bugbewaffnung.<br />
Sobald verfügbar, kommt die B-17F an die<br />
<strong>Front</strong>, wobei die 8. US Luftflotte in England<br />
Vorrang hat. Dort treffen die ersten Einsatzmaschinen<br />
Mitte Juli 1942 bei <strong>der</strong> 92nd BG<br />
ein. Nahezu zeitgleich folgt die 301st BG als<br />
erster, von Beginn an mit B-17F ausgerüsteter<br />
Verband. Vier weitere Bombergruppen<br />
werden im November kampfbereit.<br />
Die Einsätze bis Jahresende sind mehrheitlich<br />
gegen deutsche U-Boot-Stützpunkte<br />
an <strong>der</strong> französischen Atlantikküste gerichtet<br />
und offenbaren viele Unzulänglichkeiten. Namentlich<br />
die Zielgenauigkeit <strong>der</strong> Formationen<br />
gibt Anlass zur Sorge. Gutes Beispiel sind<br />
die ersten Angriffe auf St. Nazaire, von den<br />
Besatzungen nicht ohne Grund bald »Flak City«<br />
genannt. Um dort den U-Boot-Bunkern<br />
ernstlich Schaden zuzufügen, muss auf den<br />
Punkt genau getroffen werden. Doch aus 2500<br />
bis 3000 Meter Höhe anzugreifen, wie anfänglich<br />
mit <strong>der</strong> B-17 versucht, for<strong>der</strong>t zu starke<br />
Verluste.<br />
Zickzack gegen Flak<br />
Deutlich höher anzufliegen ist zumindest so<br />
lange sicherer, bis <strong>der</strong> Gegner zunehmend<br />
schwere Flak ins Spiel bringt. Um dem entgegenzuwirken,<br />
absolvieren die Verbände ihren<br />
Endanflug zunächst im Zickzackkurs. Das erschwert<br />
<strong>der</strong> Flugabwehr zwar die Arbeit, den<br />
Bombenschützen jedoch ebenso – erst recht<br />
bei Punktzielen. Colonel Curtis LeMay, damals<br />
Kommandeur <strong>der</strong> 305th BG, lässt deshalb<br />
die einst von ihm vorgeschlagene Zickzack-Taktik<br />
schnell wie<strong>der</strong> aufgeben und<br />
zum geradlinigen Zielanflug mit höherer Geschwindigkeit<br />
übergehen.<br />
Ein Verfahren, das die ihm unterstellte<br />
Bombergruppe erstmals am 23. November<br />
1942 über St. Nazaire mit gutem Ergebnis testet.<br />
Doch am selben Tag bringen auch die<br />
deutschen Jagdflieger eine neue Erfolgstaktik<br />
ins Spiel: den direkten <strong>Front</strong>alangriff. Sie<br />
Improvisierte Abwehr<br />
Vielseitig sind die individuellen Sofortmaßnahmen,<br />
mit denen die vor<strong>der</strong>e Defensivbe -<br />
waffnung <strong>der</strong> B-17 in den Feldwerften <strong>der</strong><br />
8. US Luftflotte sowie in Modification Centern<br />
verstärkt wird. An<strong>der</strong>s ist es auf die Schnelle<br />
kaum möglich, sich <strong>der</strong> <strong>Front</strong>alangriffe deutscher<br />
Jäger wirksamer zu erwehren.<br />
Häufigste Maßnahme ist die<br />
Einrüstung zusätzlicher Einzelwaffen<br />
in den Seitenfenstern<br />
am Bug<br />
Gelegentlich finden Mechaniker und Waffenwarte<br />
auch Möglichkeiten, ein Zwillings-MG in<br />
die Bugkanzel zu integrieren<br />
In den Modification Centern <strong>der</strong> USAAF<br />
kommen dagegen ausgestufte Seitenfenster<br />
verstärkt zum Einbau<br />
Trotz schwerer Beschädigungen, die sie am 23. Januar 1943 über Lorient erleidet,<br />
schafft diese B-17F <strong>der</strong> 303rd BG eine glückliche Notlandung in England<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
25
TECHNIK<br />
Boeing B-17 Flying Fortress<br />
Die 301st BG, zu <strong>der</strong> diese B-17F aus Boeings erstem<br />
Fertigungslos gehört, kommt als erster, von Beginn an<br />
damit ausgerüsteter Verband nach England<br />
Ab Mitte November 1942 zieht die USAAF unter<br />
an<strong>der</strong>em zahlreiche B-17F in Algerien zusammen,<br />
um über Tunesien die Achsenmächte zu bekämpfen<br />
26
haben mittlerweile aus ihren Begegnungen<br />
mit den amerikanischen Viermotorigen die<br />
richtigen Schlüsse gezogen und erkannt, wo<br />
die Abwehr <strong>der</strong> »Fliegenden Festungen« die<br />
größte Schwachstelle aufweist.<br />
Als erster Jagdverband macht sich die<br />
III./JG 2 die neue Taktik planmäßig zunutze.<br />
In Dreierformation anfliegend, verursachen<br />
ihre Fw-190-Jäger so erheblichen Schaden unter<br />
den B-17, die an jenem 23. November 1942<br />
St. Nazaire bombardieren. Fliegerisch zwar<br />
äußerst anspruchsvoll – schließlich erreichen<br />
die Annäherungsgeschwindigkeiten bei<strong>der</strong><br />
Gegner gut 1000 km/h, sodass kaum Zeit<br />
zum Zielen und Schießen bleibt – wird dieses<br />
Verfahren schnell Standard.<br />
Vorreiter dieser Taktik ist wie<strong>der</strong>um Le-<br />
May und seine 305th BG. Nach einigen Versuchen<br />
hat sich bis Mitte Januar 1943 <strong>der</strong> keilförmig<br />
fliegende Pulk mit 18 Maschinen<br />
durchgesetzt. Er ist gestaffelt in drei »Flights«<br />
zu je sechs Bombern, die sich wie<strong>der</strong>um in<br />
zwei »Elements« mit jeweils drei Flugzeugen<br />
aufteilen. Die Höhenausdehnung einer solchen<br />
Combat Box beträgt etwa 250 Meter. Am<br />
grundlegenden Aufbau dieser Formation än<strong>der</strong>t<br />
sich bis Kriegsende nichts mehr, wobei<br />
Boeing B-17F, 42-30073, »Ole Puss«,<br />
<strong>der</strong> 413rd Bomb Squadron 1943. Nach<br />
27 Einsätzen wurde sie im April 1944<br />
nach einer Notlandung verschrottet.<br />
Zeichnung Juanita Franzi<br />
die einzelnen Combat Boxes zunächst noch<br />
im Abstand von etwa 2,4 Kilometern hintereinan<strong>der</strong><br />
fliegen.<br />
Generell tragen die Einsätze <strong>der</strong> schweren<br />
Bombergruppen <strong>der</strong> 8. US Luftflotte bis ins<br />
Neue Taktik und mehr Waffen<br />
Ab jetzt ertönt die verhasste Meldung »Bandits<br />
at twelve o’clock high!« regelmäßig im<br />
Bordfunk <strong>der</strong> schweren Bomber. Aber nicht<br />
nur Flak und Feindjäger setzen <strong>der</strong> B-17 zu.<br />
So ringt beson<strong>der</strong>s das frisch aus <strong>der</strong> Ausbildung<br />
kommende Flugpersonal heftig mit den<br />
ungewohnten Witterungsverhältnissen in<br />
und über Westeuropa, die so gar nichts mit<br />
dem regelmäßigen Sonnenschein gemein haben,<br />
den man vom Training im Südwesten<br />
o<strong>der</strong> Süden <strong>der</strong> USA gewohnt ist.<br />
Ein Paradebeispiel hierfür ist die tückische<br />
Nebelbildung in weiten Teilen Englands.<br />
Stellvertretend sei hier Curtis LeMay zitiert,<br />
nachdem sein Verband im Oktober 1942 eben<br />
auf den britischen Inseln eingetroffen war<br />
und übergangsweise in Grafton Un<strong>der</strong>wood<br />
lag: »Der Nebel war fürchterlich, und je<strong>der</strong>mann<br />
stöhnte und jammerte: Das soll England<br />
sein? Ein B-17-Pilot, den <strong>der</strong> Tower fragte,<br />
ob er die Bahnbefeuerung sehen könne,<br />
antwortete prompt: Sch…, ich sehe nicht mal<br />
meinen Copiloten!«<br />
Neben dem Wetter verlangt auch <strong>der</strong> Verbandsflug<br />
in sogenannten Combat Boxes viel<br />
fliegerische Disziplin. Sinn und Zweck dieser<br />
geschlossenen, mehrfach gestaffelten<br />
Defensivformationen ist es, dem einzelnen<br />
Kampfverband eine vollständige Rundumverteidigung<br />
mit größtmöglicher gegenseitiger<br />
Deckung und ohne tote Schusswinkel zu<br />
erlauben. Lebenswichtig nicht zuletzt deshalb,<br />
da sich dauerhafter Jagdschutz technisch<br />
vorerst kaum gewährleisten lässt.<br />
Die 41-24359 <strong>der</strong> 301st BG wird nicht so wie viele an<strong>der</strong>e B-17F jener Gruppe im November<br />
1942 nach Afrika geschickt, son<strong>der</strong>n verbleibt in England<br />
Kollision über Bizerta<br />
Am 1. Februar 1943 bombardieren Boeing<br />
B-17F <strong>der</strong> 414th BS den Hafen von Bizerta<br />
im Norden Tunesiens. Wenig später verwickeln<br />
sie mehrere Focke-Wulf Fw 190 <strong>der</strong><br />
II./JG 2 in Luftkämpfe. Einer <strong>der</strong> deutschen<br />
Jäger kollidiert dabei mit zweien <strong>der</strong> Bomber,<br />
darunter die »All American«, geflogen von<br />
Lieutenant Kend rick Bragg. Ihr wird <strong>der</strong> hintere<br />
Rumpf nahezu durchtrennt sowie das<br />
linke Höhenleitwerk abgerissen. Trotzdem<br />
liegt sie weiterhin stabil in <strong>der</strong> Luft und lässt<br />
sich sogar steuern. Bragg hat keine Zweifel,<br />
dass »All American« durchhalten wird. So<br />
auch seine Besatzung, die vollzählig an Bord<br />
bleibt. Und tatsächlich erreicht er das Flugfeld<br />
nahe <strong>der</strong> Oase Biskra, wo er eine sanfte<br />
Landung hinlegt, bei <strong>der</strong> we<strong>der</strong> die Maschine<br />
noch sonst jemand weiteren<br />
Schaden nimmt. Erst drei Mechaniker, die<br />
später im Heck umherkriechen, sorgen dafür,<br />
dass die »All American« doch noch entzweibricht.<br />
■<br />
»All American« nach <strong>der</strong><br />
Kollision mit einer Fw 190<br />
Das schwer beschädigte<br />
Heck des Bombers<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
27
TECHNIK<br />
Boeing B-17 Flying Fortress<br />
»Mizpah«, die B-17F im Vor<strong>der</strong>grund, gehört zur<br />
91st BG. Der Verband steht ab November 1942 im<br />
Kampf, die Maschine geht im August 1943 verloren<br />
Frühjahr 1943 hinein oft experimentellen Charakter.<br />
So probieren unter an<strong>der</strong>em Waffentechniker<br />
und -warte allerlei Provisorien aus,<br />
um nicht nur die B-17 so schnell wie möglich<br />
besser gegen <strong>Front</strong>alattacken zu wappnen.<br />
Oftmals tauscht man das bisher in <strong>der</strong> Bugkanzel<br />
verwendete 7,62-mm-MG gegen eines<br />
mit 12,7-mm-Geschossen aus und versieht<br />
zugleich die vor<strong>der</strong>en Seitenfenster mit zusätzlichen<br />
Einzelwaffen. Gelegentlich kommt<br />
es auch zum nachträglichen Einbau eines<br />
12,7-mm-Zwillings-MG auf einem improvisierten<br />
Rohrgestell.<br />
Eine an<strong>der</strong>e Maßnahme, die zuerst in den<br />
Modification Centern greift, ist die Einrüstung<br />
ausgestufter Fenster im seitlichen Bugbereich.<br />
Deren schräg nach vorne gerichtete<br />
Lafetten erweitern das Schussfeld erheblich.<br />
Diese Än<strong>der</strong>ung übernimmt Boeing ab Block<br />
55 in die laufende Fertigung. Douglas verbaut<br />
ab Block 10 ein 12,7-mm-MG in <strong>der</strong><br />
Bugkanzel und führt die besagten Stufenfenster<br />
mit Block 15 ein. Lockheed Vega versieht<br />
seine B-17F dagegen erst ab Block 35<br />
überhaupt mit einer Lafette in <strong>der</strong> vor<strong>der</strong>en<br />
Kanzelhaube.<br />
Technische Daten – Boeing B-17F (frühe Fertigungslose)<br />
Länge<br />
22,78 m<br />
Höhe<br />
5,84 m<br />
Spannweite<br />
31,62 m<br />
Tragflügelfläche 132,00 m²<br />
Triebwerk<br />
vier luftgekühlte Curtiss-Wright GR-1820-97 9-Zylin<strong>der</strong>-Sternmotoren<br />
mit je 1200 PS Start- beziehungsweise 1350 PS Notleistung<br />
Maximale Startmasse 25 628 kg *<br />
Höchstgeschwindigkeit ** 481 km/h (505 km/h mit Notleistung) in 7620 m Höhe<br />
Reichweite (typisch) 2090 km mit 2722 kg Bombenlast<br />
Dienstgipfelhöhe 11 430 m<br />
Bewaffnung (typisch) zehn 12,7-mm-MG<br />
maximal 3628 kg Bombenlast<br />
Besatzung<br />
zehn Mann<br />
*<br />
lt. Norton, S. 82<br />
**<br />
bei höchstzulässigem Gewicht<br />
Gegen das Afrikakorps<br />
Zurück zum Einsatz. Die Operation »Torch«,<br />
die alliierte Landung in Nordwestafrika, die<br />
am 8. November 1942 in Marokko und Algerien<br />
abläuft, bleibt nicht ohne Einfluss auf<br />
die B-17-Gruppen <strong>der</strong> 8. Luftflotte. In den<br />
folgenden 14 Tagen verlegt man zwei davon,<br />
darunter die »altgediente« 97th BG, nach Algerien<br />
und unterstellt sie <strong>der</strong> 12. US Luftflotte.<br />
Schon vorher hatten vereinzelt Maschinen<br />
des Verbandes Son<strong>der</strong>einsätze im<br />
Zusammenhang mit »Torch« durchgeführt<br />
(siehe Kasten S. 24).<br />
Verbissene Abwehr über Tunesien<br />
Dazu gehört auch <strong>der</strong> Transport von 100 000<br />
US-Dollar in französischen Goldmünzen<br />
nach Gibraltar am 18. Oktober, um die Kooperationsbereitschaft<br />
einflussreicher Beamter<br />
<strong>der</strong> Vichy-Regierung in Nordwestafrika<br />
zu sichern. Die ersten Angriffe, zu denen die<br />
B-17F in Algerien startet, finden ab Mitte November<br />
statt. Bevorzugte Ziele bleiben bis in<br />
den folgenden Februar hinein Flugplätze und<br />
Nachschubhäfen <strong>der</strong> Achsenmächte in Tunesien.<br />
Sofern machbar, leistet die deutsche<br />
Jagdwaffe dort verbissen Wi<strong>der</strong>stand (siehe<br />
Kasten S. 27).<br />
Erfahren Sie in einer <strong>der</strong> kommenden Ausgaben<br />
von <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong>, wie <strong>der</strong><br />
Kampfeinsatz <strong>der</strong> B-17 im pazifischen Raum<br />
bis dahin verlaufen ist und wie sich die viermotorige<br />
Ikone bei ihren ersten Einflügen ins<br />
deutsche Reichsgebiet behauptet.<br />
■<br />
Quellen (Auswahl):<br />
Norton, B.: »American Bomber Aircraft<br />
Development in World War 2«. Midland<br />
Publishing 2012, S. 80 ff<br />
Zimmerman, D.J.: »The Day the Luftwaffe<br />
almost downs Jimmy Doolittle«. Defence<br />
Media Network, 2005<br />
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ZEITGESCHICHTE<br />
Baade B 152/I & II<br />
SCHEITERN EINER LEGENDE – TEIL 2<br />
Das Ende von Jun<br />
Geldmangel, die träge Planwirtschaft und die daraus folgenden Probleme machten <strong>der</strong><br />
»152« den Garaus. Hun<strong>der</strong>te Passagierflugzeuge wollte die UdSSR abnehmen. Doch<br />
1959 hatte sich <strong>der</strong> Wind gedreht. Interkontinentalraketen ersetzten große Bomberflotten.<br />
Ab sofort konnte die Sowjetunion selbst genug Zivilflugzeuge bauen Von Holger Lorenz<br />
Mitten in den Bau <strong>der</strong> Flugzeuge 152/II<br />
V4 bis V6 platzte im Juni 1959 die<br />
Nachricht, dass die UdSSR we<strong>der</strong> die<br />
152/II noch das mo<strong>der</strong>ne PTL-Flugzeug 153A<br />
kaufen werde, obwohl nur zwei Monate zuvor<br />
hochrangige Regierungsvertreter die Abnahme<br />
von 150 <strong>der</strong> 152 und 50 Stück <strong>der</strong> 153A<br />
praktisch zugesagt hatten. Damit stand <strong>der</strong><br />
neu geschaffene Industriezweig nach nur vier<br />
Jahren vor dem Aus. Fast zwei Milliarden<br />
Mark waren in die Werke, die Technik und als<br />
Anschubfinanzierung in Löhne und Gehälter<br />
investiert worden. Das waren zusammen<br />
rund zehn Prozent des jährlichen Nationaleinkommens.<br />
Wie sollte es jetzt weitergehen?<br />
Brunolf Baade und Walter Ulbricht einigten<br />
sich nach rund drei Wochen Diskussion<br />
darauf, auf Sparflamme weiterzumachen.<br />
Die nackte 152 V4<br />
auf <strong>der</strong> Startbahn<br />
am 14. März 1960<br />
Das Flugzeug 153A samt Triebwerk Pirna 018<br />
wurde gestrichen. Das drei- beziehungsweise<br />
vierstrahlige Projekt 154 wurde nach hinten<br />
geschoben und dafür ein kleines Zubringerflugzeug<br />
mit Projektnummer 155 in den<br />
Entwicklungsplan aufgenommen. Und um<br />
die vorhandenen Arbeitskräfte weiterhin<br />
auszulasten, wurden jede Menge Fremdarbeiten<br />
ins Werk genommen. Mit zusätzlichen<br />
Südamerika. In den einstigen Junkers-Märkten<br />
wurde die kleine Delegation mit offenen<br />
Armen empfangen. Man lechzte förmlich<br />
nach deutschem Flugmaterial. Der argentinische<br />
Generalluftzeugmeister kam ins Schwärmen<br />
beim Erzählen über die Ju 52 und die<br />
Fw 200. Die Freude <strong>der</strong> Südamerikaner entsprang<br />
aber auch <strong>der</strong> Tatsache, dass man mit<br />
<strong>der</strong> 152 nun endlich eine Vergleichsmaschine<br />
In Dresden lief indes die Fertigung <strong>der</strong><br />
Muster 152 V 4 und V 5 auf Hochtouren.<br />
300 Millionen Mark Zuschüssen aus dem<br />
Staatshaushalt war das finanzielle Überleben<br />
<strong>der</strong> Werke gesichert. Ab sofort war aber<br />
höchste Sparsamkeit oberste Pflicht. Zugleich<br />
musste auf <strong>der</strong> Stelle darangegangen<br />
werden, neue Kunden für<br />
die 152 zu finden.<br />
Im Dezember 1959 machten<br />
sich Entwurfsingenieur<br />
Günter Weyh und Technocommerz-Generaldirektor<br />
Walter<br />
Künzel auf die<br />
Reise nach<br />
zur Caravelle angeboten bekam, die die Franzosen<br />
im Jahr zuvor in Südamerika vorge -<br />
flogen hatten, und man dadurch in die Lage<br />
versetzt wurde, sich entscheiden beziehungsweise<br />
die Hersteller zu Preisnachlässen bewegen<br />
zu können.<br />
In Dresden lief indes die Fertigung <strong>der</strong><br />
Muster 152 V4 und V5 auf Hochtouren.<br />
Baade hatte im Herbst 1959 die technische<br />
Konzeption überarbeiten lassen mit dem Ergebnis,<br />
dass die 152/II mit 46,5 Tonnen Abfluggewicht<br />
und rund sechs Tonnen Nutzlast<br />
auf 48 Tonnen angehoben wurde. Dadurch ergab<br />
sich eine Erhöhung <strong>der</strong> Nutzlast auf<br />
30
kers<br />
9,1 Tonnen, wodurch die 152 auf kurzen Strecken<br />
zur Caravelle konkurrenzfähig wurde.<br />
Diese Erhöhung erfor<strong>der</strong>te jedoch eine Verlängerung<br />
des Rumpfes um 1,22 Meter, die<br />
wie<strong>der</strong>um konnte durch einen Wettbewerb<br />
im Konstruktionsbüro bereits in die erste Serienmaschine<br />
152/008 eingearbeitet werden.<br />
Dafür stellte man die Rumpfmontage um einen<br />
Monat zurück, um die Helling entsprechend<br />
zu modifizieren.<br />
Hinter den Planungen zurück<br />
Auch die statische Bruchzelle 152 V6 erhielt<br />
noch weitgehend die Modifikationen <strong>der</strong> 008,<br />
wie das neue Verglasungsgerüst, nur die<br />
Rumpfverlängerung nicht mehr, weil sich die<br />
V6 schon in <strong>der</strong> Rumpfhelling befand. Insgesamt<br />
warf die neue Konzeption den Serienbau<br />
<strong>der</strong> 152/II um zirka zwei Monate zurück.<br />
Der Premierenflug <strong>der</strong> ersten Serienmaschine<br />
152/008 sollte nun im Herbst 1960 erfolgen.<br />
Etwa alle acht Wochen sollten dann die nächsten<br />
Maschinen aus <strong>der</strong> Halle rollen, um ab<br />
1961 monatlich ein Flugzeug fertigzustellen.<br />
Der Zuschnitt <strong>der</strong> Maschinen war Ende 1959<br />
indes bis zur Maschine 028 vorangeschritten.<br />
Das Hauptaugenmerk in <strong>der</strong> Produktion<br />
galt aber den beiden Versuchsmaschinen<br />
152 V4 und V5. Beide Flugzeuge besaßen<br />
noch das Abfluggewicht von 46,5 Tonnen und<br />
den kurzen Rumpf. Sie waren nahezu identisch.<br />
Die V5 lag im Fertigungsstand acht Wochen<br />
hinter <strong>der</strong> V4. Am 30. September 1959<br />
hatte die V4 einen technischen Stand von<br />
58,3 Prozent erreicht, die V5 einen von<br />
24,6 Prozent. Ziel war es, die V4 bis zum<br />
Der beginnende Serienbau im<br />
Juni 1960 (V4, V5 und 008)<br />
31. Dezember 1959 in die Bodenerprobung zu<br />
geben, die V5 bis zum 28. Februar 1960. Doch<br />
am 16. Oktober 1959 stellten Kontrolleure an<br />
den Stielträgern <strong>der</strong> V4 bei einer Routineüberprüfung<br />
Risse fest, die zuvor trotz intensivster<br />
Kontrollen nicht festgestellt worden<br />
waren. Daraufhin wurden sofort die Gondeln<br />
<strong>der</strong> 152 V5 und V6 überprüft. Bei <strong>der</strong> V5<br />
konnten keine Risse festgestellt werden. Doch<br />
bei einer <strong>der</strong> zwei V6-Gondeln zeigten sich<br />
ebenfalls Risse. Die Gondeln waren die kompliziertesten<br />
und am meisten belasteten Bauteile<br />
<strong>der</strong> 152/II. Än<strong>der</strong>ungen an diesen Segmenten<br />
würden die gesamte Produktion um<br />
ein Jahr zurückwerfen. Jetzt waren die Metallurgen<br />
und die verantwortlichen Konstrukteure<br />
gefragt. Am 2. November 1959 gab <strong>der</strong><br />
stellvertretende Chefkonstrukteur Haseloff eine<br />
Erklärung ab. Die Stielgurte aus <strong>der</strong> russischen<br />
Durallegierung W95 im ausgehärteten<br />
Zustand waren mehrmals gerichtet worden,<br />
dabei waren jedoch keinerlei Risse erkennbar<br />
geworden.<br />
Ungenaue Fertigung<br />
Beim Zusammenbau fluchteten die Träger<br />
mit <strong>der</strong> Schenkelneigung <strong>der</strong> Knotenbleche<br />
nicht genau, wobei diese beim Vernieten an<br />
die Träger herangezogen wurden und beide<br />
unter Spannung setzten. Die bereits durch das<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
31
ZEITGESCHICHTE<br />
Baade B 152/I & II<br />
Erstflug <strong>der</strong> V4 am 26. August 1960<br />
Richten unter innerer Vorspannung leidenden<br />
Stielgurte mussten dadurch Risse bekommen.<br />
Als Maßnahme wurde festgelegt, die Stielgurte<br />
<strong>der</strong> V5 und die aller Serienmaschinen<br />
sofort auf englisches Plattenmaterial umzustellen<br />
und die Stielgurte <strong>der</strong> V4 und V6 zu<br />
reparieren und unter Beobachtung zu halten.<br />
Durch diese notwendigen Maßnahmen verschob<br />
sich <strong>der</strong> Fertigstellungstermin <strong>der</strong> V4<br />
um 20 Tage auf den 20. Januar 1960.<br />
Erste Funktionstests<br />
Mitte Dezember 1959 konnten erste Funktionstests<br />
an <strong>der</strong> 152 V4 gefahren werden, so an<br />
<strong>der</strong> elektrischen, <strong>der</strong> Steuerungs-, <strong>der</strong> nautischen,<br />
<strong>der</strong> Luftversorgungs- und schließlich<br />
auch an <strong>der</strong> hydraulischen Anlage. Bei den<br />
Tests <strong>der</strong> Fahrwerke ergaben sich dabei so hohe<br />
Hydraulikdrücke und so lange Fahrzeiten<br />
(die teilweise zum Stillstand <strong>der</strong> Fahrwerke<br />
führten), dass die »Technische Kontrolle« die<br />
Anlage nicht abnahm. Jetzt wurde die ganze<br />
Notlage <strong>der</strong> 1958 über das Flugzeugwerk gekommenen<br />
VEB-Struktur offenbar: Der Serienbau<br />
dominierte den Entwicklungsbau! Diese<br />
verkehrte Welt war entstanden, weil das<br />
Entwicklungswerk am 1. Januar 1958 mit<br />
dem Serienwerk »aus ökonomischen Gründen«<br />
fusioniert worden war, um »Doppelarbeit«<br />
zu vermeiden. Sogenannte Ökonomen<br />
hatten nämlich herausgefunden, dass im Serien-<br />
wie im Entwicklungswerk oftmals dieselben<br />
Maschinen und Anlagen standen und<br />
die Geräte im Letzteren nicht immer voll ausgelastet<br />
waren. Jetzt waren die Anlagen voll<br />
ausgenutzt, aber nun fehlte die Kapazität, um<br />
schnell einen Prüfstand, zum Beispiel für die<br />
Hydraulikanlage o<strong>der</strong> die Kraftstoffanlage,<br />
zu bauen, um vor dem Einbau alles auf Herz<br />
und Nieren prüfen zu können. Während man<br />
die Zelle <strong>der</strong> 152 (V2 und V6) im Festigkeitslabor<br />
in langwierigen Zugversuchen bis zur<br />
Bruchlastgrenze belastet hatte, fanden bei den<br />
meisten Anlagen keine Vorversuche statt.<br />
Hier wurde also beständig an <strong>der</strong> falschen<br />
Stelle gespart, was später zu Zeitverzug und<br />
teuren Nacharbeiten führte.<br />
Am 14. März 1960 war es aber dann doch so<br />
weit, dass die 152 V4 an die Bodenerprobung<br />
übergeben werden konnte. Da stand aber<br />
schon fest, dass das Flugzeug im Mai zum<br />
Austausch <strong>der</strong> Triebwerke und großer Teile<br />
<strong>der</strong> Hydraulikanlage zurück in die Montagehalle<br />
musste. Dieser erste Rollout <strong>der</strong><br />
152 V4 zeigte das Flugzeug noch »nackt« ohne<br />
Farbanstrich und auch noch nicht flugfähig.<br />
Erst beim zweiten Rollout am 24. Juni 1960 war<br />
das Flugzeug von <strong>der</strong> »Technischen Kontrolle«<br />
vollständig abgenommen und mit einer vorläufigen<br />
Flugfreigabe ausgestattet. Nun war<br />
auch <strong>der</strong> bräunliche Schutzlack abgewaschen<br />
und die Werksbemalung aufgebracht.<br />
Für die Erprobungsflüge waren die 152 V4<br />
und V5 mit einer Flugmessanlage ausgestattet,<br />
die die Daten automatisch an die Bodenstation<br />
übertrug. Am 26. August 1960 starteten<br />
Pilot Heinz Lehmann, Co-Pilot Gerhard<br />
Güttel und Bordwart Bernhard Jendrusch mit<br />
Um 6:09 Uhr ließ Kommandant Lehmann die<br />
vier Triebwerke Pirna 014A-0 an.<br />
<strong>der</strong> V4 zum Erstflug. Heinz Lehmann hatte<br />
1944 bei Junkers einen Teil <strong>der</strong> Höhenerprobung<br />
<strong>der</strong> Ju 388 geflogen. Gerhard Güttel flog<br />
während des Krieges Fw 200 und Ju 52, bei<br />
Kriegsende den Jäger Fw 190. Bernhard Jend -<br />
rusch war von 1936 bis 1945 in den Junkerswerken<br />
Bordmechaniker auf den verschiedensten<br />
Junkers-Werksmaschinen gewesen.<br />
Um 6:09 Uhr ließ Kommandant Lehmann<br />
die vier Triebwerke Pirna 014A-0 an. Nach<br />
dem Abbremsen <strong>der</strong> Aggregate folgte ein letzter<br />
Rollversuch bis 210 km/h. Anschließend<br />
Die gelandete 152 V4 am 26. August 1960<br />
V4-Kommandant Heinz Lehmann (li.) und<br />
V1-Kommandant Willi Lehmann (Absturz mit<br />
152 V1 am 4. März 1959)<br />
Fotos, soweit nicht an<strong>der</strong>s angegeben, Holger Lorenz<br />
32
Baade-152/II V4<br />
Triebwerk Pirna 014A-0<br />
4 x 3150 kp<br />
Verbrauch<br />
3850 kg/h<br />
Länge<br />
31,42 m<br />
Spannweite<br />
27,0 m<br />
Pfeilung<br />
35 Grad<br />
Flügelfläche 138 m 2<br />
Höhe<br />
9,0 m<br />
Rüstgewicht<br />
29 t<br />
Startgewicht<br />
46,5 t<br />
Nutzlast<br />
4,8–9,1 t<br />
Kraftstoff<br />
12,3 t<br />
Höchstgeschw. 915 km/h<br />
Reisegeschw. 800 km/h<br />
Landegeschw. 200 km/h<br />
Reisehöhe<br />
10,2–11,4 km<br />
Reichweite<br />
2420 km<br />
Sichere Startstrecke 1820 m<br />
Passagiere 48–72<br />
wurde die V4 auf das Startgewicht von 37<br />
Tonnen aufgetankt und nochmals komplett<br />
durchgesehen. Doch <strong>der</strong> Abflug verschob sich,<br />
weil die Lufttemperatur mittlerweile auf<br />
28 Grad geklettert war. Die sichere Startstrecke<br />
musste von <strong>der</strong> Aerodynamik noch einmal<br />
nachgerechnet werden. Es ergab sich nun eine<br />
Verringerung <strong>der</strong> Abbruchgeschwindigkeit<br />
von 220 auf 210 km/h. Die Abhebegeschwindigkeit<br />
von 235 km/h blieb bestehen. Trotz<br />
<strong>der</strong> hohen Temperaturen drängte die Besatzung<br />
auf den Start. Die Flugleitung und Chefkonstrukteur<br />
Fritz Freytag stimmten zu, und<br />
um 11:22 Uhr hob die 152 V4 von <strong>der</strong> 2,5 Kilometer<br />
langen Piste in Dresden-Klotzsche ab.<br />
Das Flugzeug rollte zirka 1250 Meter und stieg<br />
dann sehr schnell weg. In 300 Meter Höhe war<br />
die Geschwindigkeit auf 320 km/h angewachsen<br />
und die Steiggeschwindigkeit lag bereits<br />
bei neun Metern pro Sekunde. Daraufhin<br />
drosselte Copilot Güttel die Triebwerke auf<br />
7800 U/min (Startdrehzahl: 8000), um wie<strong>der</strong><br />
auf die vorgeschriebenen maximal fünf Meter<br />
in <strong>der</strong> Sekunde zu kommen.<br />
Nur 20 Minuten Flugzeit<br />
Das Flugprogramm sah eigentlich nur eine<br />
»große Schachtel« vor, die in 1500 Meter Höhe<br />
mit ausgefahrenen Fahrwerken und Klappen<br />
mit einer maximalen Staudruckgeschwindigkeit<br />
von 340 km/h geflogen werden sollte. Die<br />
Flugzeit war mit 20 Minuten berechnet. Die<br />
Besatzung sollte sich mit den Eigenschaften<br />
des Flugzeuges im Langsamflug, sowie bei<br />
Start und Landung vertraut machen. Das<br />
Schwierigste bei diesem Flug war jedoch herauszufinden,<br />
welche Triebwerksdrehzahlen<br />
eingesteuert werden mussten, um das Flugzeug<br />
in den vorgeschriebenen Flugzuständen<br />
zu halten. Beide Piloten hatten sich deshalb<br />
darauf verständigt, dass Heinz Lehmann sich<br />
Am 7. September 1960 geht das zweite<br />
V-Muster 152/II V5 in die Bodenerprobung<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
33
ZEITGESCHICHTE<br />
Baade B 152/I & II<br />
Die 152 V5 trägt das<br />
Rufzeichen DM-ZYC<br />
Gelungene Innovation<br />
Mit dem Muster 152 wollte <strong>der</strong> Junkers-Konzern an seine glorreiche Vergangenheit als Flugzeugkonstrukteur<br />
anschließen – dies misslang. Trotz allem gehört die »Baade« zu den wenigen gelungenen<br />
technischen Innovationen, die die DDR vorzuweisen hat<br />
Cockpit <strong>der</strong> V4 im Januar 1960<br />
Bedien- und Anzeigegeräte des Bordwartes<br />
Mittlerer Bedientisch mit Autopilot AP-5<br />
auf die Flugzeugsteuerung konzentriert, während<br />
Copilot Güttel die Triebwerkshebel nach<br />
den Weisungen Lehmanns betätigt und vor allem<br />
die Triebwerksanzeigen im Auge behält.<br />
Denn die Triebwerke waren ja ebenfalls neu.<br />
Sie waren in einer IL-28 zwar bis in zwölf<br />
Kilometer Höhe geflogen worden, aber die<br />
genauen Drehzahlen für den notwendigen<br />
Schub in <strong>der</strong> 152 waren noch unbekannt. Nach<br />
je<strong>der</strong> <strong>der</strong> vier Kurvenflüge mussten deshalb<br />
die Drehzahlen korrigiert werden, bis<br />
man sich schließlich auf eine Drehzahl von<br />
7000 U/min für diesen Geschwindigkeitsbereich<br />
herangetastet hatte. Für den Anflug auf<br />
den Platz war allerdings die Drehzahl weiter<br />
abzusenken. Angeflogen wurde mit 285 bis<br />
265 km/h. Versuchspilot Gerhard Puhlmann<br />
dirigierte vom Startkontrollpunkt aus den<br />
Anflug. Etwa 200 Meter nach <strong>der</strong> Schwelle<br />
setzte die V4 auf. Nach 2150 Metern kam das<br />
Flugzeug zum Stehen. Kommandant Lehmann<br />
gab anschließend zu Protokoll: Das<br />
Flugzeug lag um alle drei Achsen ruhig in <strong>der</strong><br />
Luft. Die Triebwerke verhielten sich während<br />
des gesamten Fluges konstant in den eingestellten<br />
Leistungsstufen. Die Abgastemperaturen<br />
kamen nicht über 620 Grad hinaus. Die<br />
Bandanzeigen arbeiteten einwandfrei. Als Beanstandungen<br />
notierte Lehmann: Kabinentemperatur<br />
36 Grad, Fernkompass und linker<br />
Radiokompass ausgefallen, Landeklappenanzeige<br />
mit Wackelkontakt, Triebwerkshebel<br />
verdecken die Drehzahlanzeigen.<br />
Der zweite Start<br />
Am 4. September 1960 fand <strong>der</strong> zweite Start<br />
<strong>der</strong> 152 V4 mit dem gleichen Profil statt. Der<br />
Flug war mit 20 Minuten zwei Minuten kürzer<br />
als <strong>der</strong> vorherige, was an dem Wissen <strong>der</strong> Piloten<br />
um die richtigen Drehzahlen bei den gefor<strong>der</strong>ten<br />
Geschwindigkeiten lag. Zugleich<br />
war dies <strong>der</strong> letzte Flug einer 152, da nach dem<br />
Flug Zerstörungen in <strong>der</strong> Kraftstoffanlage<br />
festgestellt wurden. Am 28. Februar 1961 beschlossen<br />
Partei und Regierung die komplette<br />
Einstellung des Flugzeugbaus in <strong>der</strong> DDR.<br />
Fragt man sich heute, was <strong>der</strong> Grund für<br />
das Scheitern des DDR-Flugzeugbaus war,<br />
34
Gewaltige Technik.<br />
.de<br />
Wie bei Boeings Dreamliner 787, war die Serienproduktion <strong>der</strong> 152 zu<br />
früh und zu optimistisch angelaufen<br />
Enteisungsversuche an den Flügelnasen<br />
<strong>der</strong> V5 im Oktober 1960<br />
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dann ergibt sich ein vielgestaltiger Komplex an äußeren und inneren<br />
Entwicklungsbedingungen, die letztlich kein an<strong>der</strong>es Resultat zuließen.<br />
Von außen wirkte ein Weltmarkt, <strong>der</strong> zuerst nach riesigen Langstrecken-Airlinern<br />
(B 707, DC-8) verlangte, mit denen man die Atlantik-Schifffahrt<br />
nie<strong>der</strong>ringen sowie die Ticketpreise unter die des<br />
kostengünstigsten Propeller-Airliners DC-6B drücken konnte. Erst<br />
danach konnten Mittelstreckendüsenflugzeuge verkauft werden. Und<br />
die mussten nicht mehr unbedingt kurzstartfähig sein, weil die<br />
3000-m-Pisten <strong>der</strong> B 707 inzwischen gebaut waren. Im Inneren hemmte<br />
die schwerfällige zentrale Planwirtschaft eine schnelle Entwicklung.<br />
Das Ende des Projekts<br />
Außerdem unterlag Brunolf Baade einer fundamentalen Fehleinschätzung:<br />
Er glaubte, durch die Konzentration auf eine rein zivile Flugzeugproduktion<br />
die Konstruktionszeit verkürzen zu können, vergaß<br />
dabei allerdings, dass die Stückzahlen ohne die Masse an Militärflugzeugen<br />
zu klein waren, um eine wirtschaftliche Fertigung beson<strong>der</strong>s in<br />
<strong>der</strong> Geräteindustrie (Anzeigegeräte, Funkausrüstung, Autopilot etc.)<br />
etablieren zu können. Einer weiteren Fehleinschätzung unterlag die Regierung<br />
<strong>der</strong> DDR, als sie den mündlichen Versprechungen <strong>der</strong> UdSSR<br />
glaubte, dass diese schon genügend Flugzeuge kaufen werde, um den<br />
Industriezweig rentabel zu machen. So endete 1961 mit <strong>der</strong> Konstruktionsnummer<br />
»152« die 45-jährige Traditionslinie des berühmten Junkers-Konzerns,<br />
die 1916 mit dem ersten Ganzmetallflugzeug <strong>der</strong> Welt<br />
»Junkers J.1« in Dessau begonnen hatte.<br />
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D ie Nachtjäger un<br />
d Bomber <strong>der</strong> deutschen Luftwaff<br />
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Zeichnungen und ausführlichen Datentabellen reich illu-<br />
Flugverhalten und<br />
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DDR-Jets Baade-152. Vom abrupten<br />
Ende des letzten Junkers-Flugzeuges<br />
am 28. Februar 1961«.<br />
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TECHNIK<br />
Typengeschichte<br />
Feindbild des Objektschutzjägers: US-amerikanische Bomber, darunter<br />
auch <strong>der</strong> sehr häufig eingesetzte Typ Boeing B-17 Foto US Air Force<br />
EINWEG-RAKETENJÄGER HEINKEL P 1077<br />
»Julia und Romeo«<br />
1944 geriet die Luftwaffe immer stärker in Bedrängnis, die Luftüberlegenheit <strong>der</strong> Alliierten<br />
wuchs von Tag zu Tag. Radikale Lösungen wie <strong>der</strong> Einsatz von »Verschleißjägern«<br />
sollten dabei helfen, die Luftherrschaft wie<strong>der</strong>zugewinnen<br />
Von Herbert Ringlstetter<br />
Im Sommer 1944 beauftragte das Reichsluftfahrtministerium<br />
(RLM) die deutschen<br />
Flugzeugbauer mit <strong>der</strong> Entwicklung eines<br />
sehr einfach und billig zu produzierenden<br />
kleinen Abfangjägers. Der sogenannte Verschleißjäger<br />
sollte, mit Raketenantrieb ausgestattet,<br />
binnen weniger Minuten an feindliche<br />
Bomberformationen herangeführt werden<br />
können und diese effektiv bekämpfen. Welches<br />
Leistungspotenzial im R-Jäger steckte,<br />
hatte Alexan<strong>der</strong> Lippischs 1000 km/h schnelle<br />
Me 163 bereits eindrucksvoll bewiesen.<br />
Da es 1944 zunehmend an gut ausgebildeten<br />
Flugzeugführern mangelte und für eine<br />
weitreichende Schulung die Zeit fehlte, sollte<br />
<strong>der</strong> Kleinjäger auch leicht zu steuern und<br />
zu bedienen sein. Der Pilot sollte nach dem<br />
Angriff mit dem Fallschirm abspringen und<br />
nur im Notfall eine Landung versuchen. Hintergrund<br />
dieser radikalen Idee war die immer<br />
erdrücken<strong>der</strong> werdende Luftüberlegenheit<br />
<strong>der</strong> Alliierten sowie die stetig zunehmende<br />
Treibstoff- und Materialknappheit.<br />
Das Einsatzgebiet <strong>der</strong> kleinen Kurzstrecken-Abfangjäger<br />
sah man vorrangig im Objektschutz<br />
sowie in <strong>der</strong> Abriegelung wichtiger<br />
<strong>Front</strong>abschnitte bei Tag und relativ gutem<br />
Wetter. Auf stationäre Einsatzplätze wollte<br />
man verzichten. Um möglichst rasch an die<br />
feindlichen Flugzeuge heranzukommen, war<br />
ein steiler Aufstieg notwendig. Als Sofortlösung<br />
sollte zunächst <strong>der</strong> Horizontalstart prak-<br />
tiziert werden. Später würden mobil einsetzbare<br />
Startrampen zu einem noch schnelleren<br />
Start beziehungsweise steileren Aufstieg verhelfen.<br />
Um mit einem <strong>der</strong>artigen Kleinstjäger<br />
möglichst viele Abschüsse erzielen zu können,<br />
stellte man sich vor, die Maschinen in<br />
großer Anzahl zum gleichen Zeitpunkt an<br />
den Feind zu bringen. Praktisch im Massenstart<br />
sollten Raketenjäger aufsteigen und sich<br />
anschließend ebenso geschlossen auf den<br />
Feind stürzen. Den Piloten blieben dann nur<br />
wenige Minuten Kampfzeit, bis <strong>der</strong> Treibstoff<br />
zur Neige ging. Als Hilfsmittel beim Auffinden<br />
<strong>der</strong> Feindmaschinen sah man maximal<br />
einfache Leitinstrumente vor. Hauptgegner<br />
<strong>der</strong> Abfangjäger waren die zwei- und vier-<br />
Fotos, soweit nicht an<strong>der</strong>s angegeben, Herbert Ringlstetter<br />
36
Heinkels spartanischer, aber leistungsstarker<br />
»Verschleißjäger« – so könnte eine<br />
»Julia«-Einsatzmaschine, hier die Version<br />
mit sitzendem Piloten, 1945 ausgesehen<br />
haben<br />
Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus<br />
motorigen US-Bomber, die Tagesangriffe über<br />
dem Reichsgebiet flogen. Um die »kleinen<br />
Freunde« <strong>der</strong> Bomberbesatzungen, die Begleitjäger<br />
P-51 und P-47, sollten sich die Raketen-Jagdflieger<br />
nicht kümmern, da sie um<br />
100 bis 200 km/h schneller gewesen wären<br />
als die Kolbenmotor-Jagdmaschinen. Überdies<br />
hätten sie den Begleitjägern und Abwehrschützen<br />
in den Bombern ein extrem<br />
kleines Ziel geboten. »Julia« wäre eine äußerst<br />
schwer zu bekämpfende Gegnerin gewesen.<br />
Deckname »Julia«<br />
Neben Messerschmitt (P 1104), Junkers (EF<br />
127) und Bachem (BR 20/Ba 349 »Natter«) kreierten<br />
auch die Ernst Heinkel Flugzeugwerke<br />
Entwürfe eines entsprechenden Flugzeugs.<br />
Zunächst noch unter <strong>der</strong> Projektbezeichnung<br />
P 1068, entstanden im Wiener Heinkel-Werk<br />
erste Entwürfe eines kleinen Jagdflugzeuges<br />
mit Raketenantrieb, die beim RLM eingereicht<br />
wurden. Auf dem Typenblatt vom<br />
16. August 1944 ist bereits <strong>der</strong> Deckname für<br />
den Kleinjäger zu lesen: »Julia«. Das RLM beauftragte<br />
Heinkel mit <strong>der</strong> Fertigung von zunächst<br />
20 Versuchsmaschinen.<br />
Schnell zu fertigen<br />
Um in großer Stückzahl schnell produziert<br />
werden zu können, musste <strong>der</strong> Kleinjäger<br />
möglichst einfach aufgebaut sein. Außerdem<br />
sollte für die Fertigung <strong>der</strong> Gebrauch von<br />
kriegswichtigem Metall tunlichst vermieden<br />
werden.<br />
Der nur rund sieben Meter lange Rumpf<br />
des bald in P 1077 »Julia« umbenannten<br />
Schulterdecker-Projekts sollte nahezu komplett<br />
aus Holz in klassischer Bauweise mit<br />
Spanten, Gurten und Sperrholzbeplankung<br />
gefertigt werden. Er wies im vor<strong>der</strong>en Bereich<br />
zunächst einen runden, in Folgeentwürfen<br />
dann leicht ovalen Querschnitt auf<br />
und war dreiteilig aufgebaut. Für die Lage<br />
des Piloten, in <strong>der</strong> er das Flugzeug steuern<br />
sollte, sah man zwei Varianten vor: Die erste<br />
P-1077-Ausführung skizzierte eine auf<br />
dem Bauch liegende Position, wobei <strong>der</strong><br />
Entwurf des Raketenjägers »Julia« vom 16. August 1944. Der Rumpf weist hier noch bis etwa zur<br />
Mitte hin einen vollends runden Querschnitt auf. Auch Flächen und Kufen sowie die Anordnung<br />
<strong>der</strong> Maschinenkanonen unterscheiden sich von folgenden Ausführungen<br />
Vorschlag des Projekts P 1077 mit liegendem Flugzeugführer. Die Maschinenkanonen MK 108<br />
sind seitlich am Rumpf montiert<br />
P 1077 »Julia« in <strong>der</strong> Ausführung mit sitzendem Flugzeugführer. Die Zeichnung gibt die wichtigsten<br />
Rumpfeinbauten wie<strong>der</strong>. Eine Funkausrüstung war nicht geplant<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
37
TECHNIK<br />
Typengeschichte<br />
Hölzerne Angelegenheit: »Julia«-Teilefertigung<br />
in einer Möbeltischlerei<br />
Techn. Daten – Heinkel P 1077 »Julia«<br />
Einsatzzweck<br />
Einsitziger Abfangjäger (Projekt)<br />
Erstflug<br />
Nicht mehr geflogen<br />
Triebwerk<br />
Walter Raketentriebwerk<br />
HWK 109-509<br />
Schubleistung<br />
200–1700 kp (Hauptbrennkammer)<br />
150–300 kp (Marschkammer)<br />
Startraketen 4 Pulverraketen SG 34<br />
Schubleistung<br />
4 x 1200 kp (ges. 4800 kp)<br />
Brenndauer<br />
10 sec<br />
Spannweite<br />
4,60 m<br />
Flügelfläche 7,20 m²<br />
Höhenleitwerksspannweite 1,50 m<br />
Länge<br />
7,03 m<br />
Höhe<br />
1,16 m (bis Flügeloberkante,<br />
Kufen eingefahren)<br />
Rumpfbreite<br />
0,95 m (erste Version)<br />
Rüstgewicht<br />
945 kg<br />
Startgewicht o. Startraketen 1795 kg<br />
Startgewicht mit Startraketen 2275 kg<br />
Flächenbelastung voll 250 kg/m² (ohne<br />
Startraketen)<br />
Höchstgeschwindigkeit ca. 900 km/h<br />
Flughöhe 10 sec nach Start 1000 m<br />
Steigleistung nach 10 sec 202 m/sec<br />
Steigzeit bei Senkrechtstart 5000 m in 32 sec<br />
15 000 m in 72 sec<br />
Flugstrecke max.<br />
65 km in 5000 m bei<br />
800 km/h<br />
Flugstrecke min.<br />
32 km in 15 000 m bei 900 km/h<br />
Flugzeit max.<br />
4,85 min in 5000 m bei 800 km/h<br />
Flugzeit min.<br />
2,2 min in 15 000 m bei 900 km/h<br />
Gipfelhöhe<br />
> 10 000 m<br />
Bewaffnung<br />
2 x MK 108 – 30 mm<br />
Luft-Luft-Raketen möglich<br />
Das Leistungsblatt vom<br />
14. November 1944<br />
mit den errechneten<br />
Daten für »Julia« zeigt<br />
ihre enorme Leistungsfähigkeit<br />
Flugzeugführer nach<br />
vorne durch einen<br />
runden Plexiglasbug<br />
schaute.<br />
Die zweite P-1077-<br />
Version zeigte eine<br />
konventionell sitzende<br />
Position des Piloten,<br />
<strong>der</strong> über eine aufgesetzte<br />
Kabinenhaube<br />
gute Sichtverhältnisse<br />
vorfand. Bei <strong>der</strong> Entscheidung<br />
bezüglich<br />
<strong>der</strong> Pilotenhaltung fiel<br />
die Wahl letztlich auf<br />
die sitzende Position,<br />
wenngleich ein Ausstieg<br />
für den liegenden<br />
Flugzeugführer nach<br />
unten relativ einfach<br />
möglich wäre, <strong>der</strong> sitzende<br />
Pilot dagegen bei<br />
hoher Geschwindigkeit<br />
in arge Bedrängnis geraten<br />
könnte.<br />
Die zweiholmige Tragflächen-Konstruktion<br />
mit<br />
nur 4,60 Meter Spannweite<br />
bestand ebenfalls aus<br />
Holz und wies nach unten<br />
gezogene Randkappen auf. Die trapez -<br />
förmige Auslegung <strong>der</strong> Flügel sollte für die<br />
Serie eine rechtwinkelige Form erhalten, was<br />
die Produktion nochmals erleichtern würde.<br />
Von vorneherein rechteckig entworfen waren<br />
38
Heinkel P 1077<br />
Heinkel P 1077 »Julia«<br />
Lackierung:<br />
Fiktives Tarnschema in RLM 81/82/76<br />
© Zeichnung: H. Ringlstetter/Aviaticus<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
39
TECHNIK<br />
Typengeschichte<br />
direkt hinter dem Sitz des Flugzeugführers<br />
o<strong>der</strong>, beim liegenden Piloten, oberhalb seiner<br />
Beine. Zwar hatte die MK 108 eine geringe<br />
Schussrate, doch richtete in <strong>der</strong> Regel schon<br />
ein einziger Treffer enormen Schaden an.<br />
Als weitere Möglichkeit <strong>der</strong> Bewaffnung<br />
sah man anstelle <strong>der</strong> Kanonen die Raketengeschosse<br />
»Föhn« o<strong>der</strong> »März« vor, die in abwerfbaren<br />
Abschussbehältern unter den Flächen<br />
mitgeführt werden sollten.<br />
Ein sogenanntes Verpuffungs-Strahltriebwerk, auch als Pulsstrahltriebwerk bezeichnet, sollte die<br />
Ausführung »Romeo« antreiben. Das Argus As 014 diente bereits <strong>der</strong> Fieseler Fi 103, <strong>der</strong> V 1, als<br />
Antrieb. Der Flugkörper wurde hier versuchsweise unter eine He 111 gehängt Foto US Air Force<br />
dagegen das Höhen- und doppelte Seitenleitwerk,<br />
wobei auch ein einfaches Seitenleitwerk<br />
in Betracht gezogen wurde.<br />
Bezüglich <strong>der</strong> Bewaffnung einigte man<br />
sich auf zwei Maschinenkanonen MK 108,<br />
Kaliber 30 Millimeter, mit je 40 Schuss. Die<br />
Rohrwaffen waren zuerst noch unter den Flächen<br />
dicht am Rumpf vorgesehen, wan<strong>der</strong>ten<br />
dann aber in Positionen links und rechts des<br />
Vor<strong>der</strong>rumpfes. Die Munitionskästen lagen<br />
Mit Raketenkraft<br />
Als Antrieb war ein Flüssigkeits-Raketentriebwerk<br />
des Typs Walter HWK 109-509 vorgesehen,<br />
das eine regelbare Schubleistung von<br />
200 bis 1700 Kilopond abgab. Das Aggregat<br />
verfügte über eine zweite Brennkammer, den<br />
sogenannten Marschofen, <strong>der</strong> 150 bis 300 Kilopond<br />
Schub lieferte und <strong>der</strong> Reichweitenvergrößerung<br />
diente. Für die Serie war das<br />
stärkere HWK 109-509 C mit 2000 plus 400 Kilopond<br />
Schubkraft vorgesehen. Die Treibstoffbehälter<br />
(C-Stoff und T-Stoff) fanden im<br />
Rumpf nahe des Schwerpunktes Platz. Zwei<br />
bis vier Feststoffraketen des Typs Schmidding<br />
SG 34 mit einer Schubkraft von je 1200 Kilopond<br />
sollten die Startphase verkürzen. Sie waren<br />
beidseitig am Rumpf positioniert und hatten<br />
eine Brenndauer von zehn Sekunden.<br />
Danach waren sie abzuwerfen.<br />
Für die Verschleißjäger griff man auf althergebrachtes Flugzeugbau-<br />
Handwerk zurück: Rumpfspantfertigung in Holzbauweise<br />
Als Bewaffnung plante man zwei MK 108, Kaliber 30 Millimeter. Die Aufnahme<br />
zeigt die äußerst effektiven Waffen im Bug einer späten Bf 110<br />
40
Ein Fahrwerk fehlte, stattdessen sollte<br />
»Julia« je nach Startart auf Kufen unter<br />
dem Vor<strong>der</strong>- und Mittelrumpf o<strong>der</strong><br />
auch einer einzelnen zentralen Kufe gelandet<br />
werden. Der Start aus <strong>der</strong> Horizontalen<br />
sollte mittels ausschwenkbarer<br />
vor<strong>der</strong>er Kufe, einer Art Gleitschuh, ausgeführt<br />
werden, mit dem das Flugzeug in<br />
einen für die Tragflächen günstigen Anstellwinkel<br />
gebracht wurde. Für den Senkrechtstart<br />
war eine noch zu entwickelnde<br />
mobile Startvorrichtung vorgesehen.<br />
Mit Argus-Rohr: »Romeo«<br />
Eine dritte Variante nutzte den Vortrieb mittels<br />
Verpuffungs-Strahltriebwerk. Ein Argus-Schmidt-Schubrohr<br />
As 014 sollte auf<br />
dem Rücken des Flugzeugs montiert werden,<br />
so wie dies auch bei <strong>der</strong> Flugbombe<br />
Fieseler Vi 103, besser bekannt unter dem<br />
Namen V 1, praktiziert wurde. Doch das<br />
lange Strahlrohr brachte mit 330 Kilopond<br />
bei Weitem nicht die Schubleistung ei-nes<br />
HWK-Raketenantriebs. Weitere Nachteile lagen<br />
in <strong>der</strong> sehr kurzen Lebensdauer <strong>der</strong><br />
Flatterventile des Argus-Rohres sowie im<br />
wesentlich größeren Luftwi<strong>der</strong>stand und<br />
<strong>der</strong> schlechteren Gewichtsverteilung. Vorteile<br />
waren seine Einfachheit und günstige<br />
Herstellung sowie die längere mögliche<br />
Flugzeit. Eine vergrößerte Fläche sollte <strong>der</strong><br />
Argus-Rohr-Ausführung eine geringere Flächenbelastung<br />
bescheren. Für den Start<br />
dachte man an Starthilfsraketen o<strong>der</strong> eine<br />
Katapultstartanlage.<br />
Zur Bauausführung einer P 1077 mit<br />
Verpuffungs-Strahltriebwerk kam es jedoch<br />
nicht. Der Deckname für den Schubrohr-Entwurf<br />
lautete »Romeo«. Der Leser mag selbst<br />
darüber spekulieren, was hier zur Namensfindung<br />
inspirierte.<br />
Die Dreiseitenansicht offenbart die extrem kurzen<br />
Flügel des Heinkel-Objektschutzjägers mit<br />
dem Decknamen »Julia«<br />
Modellen im Maßstab 1:20 folgten Holzmodelle<br />
in 1:8 mit Endscheiben-, aber auch<br />
einfachem Seitenleitwerk. Ausgiebige Windkanal-Messungen<br />
bei <strong>der</strong> Aerodynamischen<br />
Versuchsanstalt Göttingen und <strong>der</strong> Deutschen<br />
Versuchsanstalt für Luftfahrt in Berlin im November<br />
und Dezember 1944 brachten wichtige<br />
Daten und Erkenntnisse. Anfang Januar<br />
1945 konnte eine inzwischen von <strong>der</strong> Firma<br />
Schaffer gebaute »Julia« im Windkanal <strong>der</strong><br />
Luftfahrtforschungsanstalt in Braunschweig<br />
untersucht werden.<br />
Mit Argus-Schmidt-Schubrohr auf dem<br />
Rücken anstatt eines HWK-Triebwerkes:<br />
»Romeo«, eine Art Bru<strong>der</strong> von »Julia«<br />
Zeichnung Herbert Ringlstetter/Aviaticus<br />
Einen Rückschlag erlitt das Projekt P 1077<br />
mit <strong>der</strong> Bombardierung des Wiener Heinkel-<br />
Werkes, bei dem auch »Julia«-Unterlagen vernichtet<br />
wurden.<br />
Ende 1944 sollten alle Arbeiten an Objektschutzjägern<br />
eingestellt werden, einzig die<br />
Typen Messerschmitt Me 262 »Heimatschützer«<br />
und <strong>der</strong> Raketenjäger Me 263 waren davon<br />
ausgenommen. Bei Heinkel setzte man<br />
die Arbeiten am Projekt 1077 jedoch fort und<br />
plante den Bau von vier Versuchsflugzeugen,<br />
zwei mit und zwei ohne Triebwerk.<br />
Grundsätzlich war die Fertigung des kleinen<br />
Jägers mithilfe genormter Bauvorrichtungen<br />
in einfachen Schreinereien vorgesehen.<br />
Dadurch sollte die Fertigung gängiger<br />
Flugzeugmuster nicht beeinträchtigt werden.<br />
Noch im Februar 1945 sollen bei <strong>der</strong><br />
Erprobungsstelle Karlshagen verschiedene<br />
Steilstart-Versuche mit P 1077 durchgeführt<br />
worden sein.<br />
Immer wie<strong>der</strong> kamen Anweisungen, die<br />
Arbeiten an »Julia« einzustellen, gefolgt von<br />
<strong>der</strong> erneuten Freigabe zur Fortsetzung. Das<br />
endgültige Ende für das spartanische Jagdflugzeug,<br />
das Projekt 1077, kam erst mit dem<br />
Kriegsende. Was aus den noch fertiggestellten<br />
o<strong>der</strong> im Bau befindlichen Maschinen geschah,<br />
ist bis heute unklar.<br />
Für den einmaligen Gebrauch, wie anfangs<br />
vorgesehen, wäre Heinkels »Julia« in<br />
ihrer letzten Auslegung möglicherweise zu<br />
aufwändig gewesen.<br />
■<br />
Auch <strong>der</strong> Anstrich dieser Ausführung<br />
mit liegendem Flugzeugführer ist spekulativ.<br />
Der Jäger befindet sich in <strong>der</strong> Horizontalstart-Position<br />
mit ausgeschwenktem<br />
Gleitschuh Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
41
TECHNIK<br />
Cockpit<br />
DER OTTO-DOPPELDECKER<br />
Münchner am Him<br />
Die Otto-Flugzeugwerke in München waren eng mit dem Aufbau <strong>der</strong> Bayerischen<br />
Fliegertruppen verbunden. Von 1912 bis 1914 flogen die markanten Gitterrumpf-<br />
Doppeldecker als Schul- und Beobachtungsflugzeuge und lieferten quasi die Grund -<br />
ausstattung für die entstehende Waffengattung<br />
Von Peter W. Cohausz<br />
42
mel<br />
Rittmeister Graf Wolffskeel und seine königliche Hoheit Prinz<br />
Leopold von Bayern in einem Otto-Doppeldecker. Man beachte<br />
die außen laufenden Steuerdrähte und links vorne Gashebel<br />
und Zündschloss, ebenfalls außen! Foto Deutsches Museum<br />
Ein startbereiter Otto-Doppeldecker<br />
von 1913<br />
Foto Deutsches Museum<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
43
TECHNIK<br />
Cockpit<br />
Pilotensitz eines frühen Otto-Doppeldeckers (H = Steuerknüppel, S = Seitensteuer).<br />
Lei<strong>der</strong> ist bisher nur diese min<strong>der</strong>e Aufnahme bekannt<br />
Ausrüstung eines frühen Otto-Doppeldeckers<br />
Gerät (von links) Anzeigebereich Hersteller<br />
Zündschalter (außen am Rumpf)<br />
Bosch<br />
Gashebel (außen)<br />
Hebel für die Zündverstellung (außen)<br />
Borduhr<br />
Höhenmesser 0–3500 m Bohne o<strong>der</strong> Fueß<br />
Drehzahlmesser 500–2000 U/min Morell<br />
Eine frühe Borduhr wie<br />
sie in den Otto-Doppeldeckern<br />
verwendet<br />
worden<br />
ist Foto Jordan<br />
Die frühen Höhenmesser<br />
in<br />
<strong>der</strong> Fliegerei<br />
stammten oft aus<br />
<strong>der</strong> Vermessung wie<br />
hier dieses Gerät von Otto<br />
Bohne im Le<strong>der</strong>gehäuse Foto Jordan<br />
Ausrüstung eines späten Otto-Doppeldeckers<br />
Gerät (von links) Anzeigebereich Hersteller<br />
Zündverstellhebel<br />
Gashebel<br />
Anlassmagnet Bosch u. a.<br />
Schalter für Anlassmagnet<br />
Borduhr<br />
Bosch<br />
Benzinuhr 0–? Liter Maximall u. a.<br />
Drehzahlmesser 0–1600 U/min Deuta<br />
Benzindruckmesser 0–5 Meter Wasser Maximall u. a.<br />
Zündschalter<br />
Die Auflistungen wurden zum Teil nach historischen Fotos zusammengestellt.<br />
Nicht alle Details waren eindeutig erkennbar.<br />
Pilotensitz eines späten<br />
Otto-Doppeldeckers mit<br />
erweiterter Ausrüstung<br />
Bosch<br />
Gustav Otto (1883–1926) war <strong>der</strong> Sohn<br />
des berühmten Motoren-Erfin<strong>der</strong>s Nikolaus<br />
August Otto. Die ersten Erfolge<br />
Blériots weckten in ihm das Interesse für<br />
die Fliegerei – mit 27 machte er seinen Pilotenschein<br />
und hatte bereits ein Jahr zuvor sein<br />
eigenes Flugzeugwerk gegründet.<br />
Nach dem Kauf von drei Blériot-Eindeckern<br />
ärgerte sich Otto über die Unzuverlässigkeit<br />
<strong>der</strong> Anzani-Motoren und entwickelte<br />
daraufhin eigene Flugzeugtriebwerke. Seine<br />
ersten Konstruktionen waren Eindecker, aber<br />
bald erschienen die ersten Doppeldecker, zunächst<br />
als Kopien <strong>der</strong> bekannten Farman-Gitterrümpfe.<br />
Doch schon bald verließen eigene<br />
»Otto-Modelle« die Fertigungsstätte. Seine<br />
guten Kontakte zu den bayerischen Militärbehörden<br />
sollten ihm wirtschaftliche Sicher-<br />
heit bescheren. Er versorgte die entstehenden<br />
Fliegertruppen mit seinen Doppeldeckern als<br />
Grundausstattung.<br />
Der klassische Otto-Doppeldecker besaß<br />
einen Gitterrumpf, auf den <strong>der</strong> Unterflügel<br />
aufgesetzt war. Zwischen den Tragflächen saß<br />
<strong>der</strong> Motor mit einer Druckschraube. Durch<br />
diese Anordnung hatten die beiden im<br />
Rumpfbug hintereinan<strong>der</strong> sitzenden Flieger<br />
eine ungehin<strong>der</strong>te Sicht. Das Leitwerk war<br />
anfangs noch in Kastenform, später war <strong>der</strong><br />
Aufbau konventionell.<br />
Die Motorisierung reichte vom 70-PS-<br />
Argus über einen 100-PS-Ago o<strong>der</strong> -Argus bis<br />
hin zum 160-PS-Daimler o<strong>der</strong> -Benz. Das<br />
Fahrwerk hatte anfangs Kufen und Doppelrä<strong>der</strong>,<br />
später bestand es aus zwei Rä<strong>der</strong>n mit<br />
einer Achse.<br />
Bis 1914 nutzte die bayerische Fliegertruppe<br />
den Otto-Doppeldecker für ihre Ausbildung.<br />
Für den <strong>Front</strong>einsatz reichten die<br />
Flugleistungen nicht aus. 1912 waren 17 und<br />
1913 insgesamt 46 Otto-Doppeldecker zum<br />
Stückpreis zwischen 19 000 und 28 000 Mark<br />
beschafft worden. Hinzu kamen noch einige<br />
an<strong>der</strong>e Typen verschiedener Hersteller, jedoch<br />
zum Teil nur als Einzelstücke. 1916 war<br />
das Ende für die Otto-Flugzeugwerke gekommen,<br />
<strong>der</strong> Weg in den Konkurs unausweichlich.<br />
Erhalten geblieben ist keine <strong>der</strong> urigen<br />
Maschinen. Seit einigen Jahren arbeitet aber<br />
<strong>der</strong> Werftverein in <strong>der</strong> Flugwerft Schleißheim<br />
in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Museum<br />
an einem flugfähigen Nachbau einer<br />
Otto-Militärtype aus dem Jahr 1913.<br />
Fotos, soweit nicht an<strong>der</strong>s angegeben, Sammlung Cohausz<br />
44
Der neu gebaute Otto-Doppeldecker<br />
Die Maschine hat eine gemischte Instrumentierung aus historischen und mo<strong>der</strong>nen<br />
Geräten, die dem Motor und dem mo<strong>der</strong>nen Flugbetrieb angepasst ist<br />
Gerät (von links) Anzeigebereich Hersteller<br />
Obere Reihe:<br />
Variometer +/–5 m/s Winter<br />
Fahrtmesser 30–150 km/h Winter<br />
Höhenmesser 0–1500 m Winter<br />
Untere Reihe:<br />
Blechabdeckung für Sicherungen<br />
und Ladebuchsen für die Batterie*<br />
Wasserthermometer<br />
30–120° C<br />
Ölthermometer<br />
50–150° C<br />
Öldruckmesser<br />
0–10 bar<br />
Ladekontrollleuchte<br />
Drehzahlmesser 0–1600 U/min Morell<br />
* Die Batterie befindet sich im Rumpfbug und ein Anklemmen des Ladekabels<br />
wäre jedes Mal etwas mühsam.<br />
Die Instrumentierung des Otto-Nachbaus ist den heutigen Verhältnissen<br />
angepasst. Der Drehzahlmesser rechts ist jedoch ein historisches Gerät<br />
von Morell<br />
Der Otto-Neubau in <strong>der</strong><br />
Flugwerft Schleißheim<br />
Das noch unverkleidete Cockpit des neu gebauten Otto-Doppeldeckers<br />
mit den geflochtenen Sitzen<br />
Basierend auf zahlreichen Originalfotos<br />
und einigen wenigen Zeichnungen ist bis 2012<br />
eine fast bis ins Detail originalgetreue Rekonstruktion<br />
entstanden. Lediglich beim Motor<br />
mussten Kompromisse eingegangen werden –<br />
es war kein originaler 100-PS-Motor von 1913<br />
mehr aufzutreiben. So wird ein mo<strong>der</strong>ner<br />
BMW-Automotor mit einem speziell angefertigten<br />
Getriebe das Flugzeug antreiben.<br />
Pilot und Flugschüler (o<strong>der</strong> Beobachter)<br />
saßen hintereinan<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Spitze auf geflochtenen<br />
Korbsesseln. Der Flugzeugführer<br />
saß üblicherweise vorne. Das Stahlrohrgerüst<br />
des Rumpfes war zunächst offen. Später gab<br />
es eine Verkleidung durch eine<br />
Stoffbespannung.<br />
Von <strong>der</strong> Ausstattung <strong>der</strong> Otto-Doppeldecker<br />
lassen sich<br />
zwei Varianten anhand von<br />
historischen Fotografien erkennen.<br />
Die frühen Versionen<br />
um 1913 waren noch<br />
fast so sparsam ausgerüstet<br />
wie die Flugzeuge <strong>der</strong> Pionierzeit.<br />
Das wichtigste Ins -<br />
Ein Drehzahlmesser<br />
von Deuta Foto Jordan<br />
trument war <strong>der</strong> Drehzahlmesser. Hinzu kamen<br />
noch ein Höhenmesser und eine Borduhr<br />
für die Navigation. Gashebel, Zündverstellung<br />
und Zündschalter saßen links außen<br />
am Rumpf.<br />
Die späten Otto-Doppeldecker von 1914/<br />
1915, die auch von den Pfalz-Werken gebaut<br />
worden sind, hatten dann eine etwas umfangreichere<br />
Ausrüstung. Alle Hebel und<br />
Instrumente saßen nun im Rumpf.<br />
Neben dem üblichen Anlassmagneten, <strong>der</strong><br />
ein Anreißen des Propellers von Hand ersparte,<br />
fällt auf dem historischen Foto <strong>der</strong><br />
doppelte Zündschalter auf. Vermutlich sollte<br />
damit <strong>der</strong> Anlassmagnet kurzgeschlossen<br />
werden, um ein versehentliches Starten des<br />
Motors zu vermeiden. Bei späteren Modellen<br />
des Gerätes konnte deshalb auch die Kurbel<br />
abgezogen werden.<br />
■<br />
Ein beson<strong>der</strong>er Dank geht an Peter Hanickel von<br />
<strong>der</strong> Flugwerft Schleißheim.<br />
Quellen:<br />
Béjeuhr, Paul: »Der Luftkrieg«. Dachau, um<br />
1915<br />
Erblich, Heinz: »Mo<strong>der</strong>ne Flugzeuge in<br />
Wort und Bild«. Berlin 1918<br />
Lange, Bruno: »Das Buch<br />
<strong>der</strong> deutschen Luftfahrttechnik«.<br />
Mainz 1970<br />
Pletschacher, Peter: »Die<br />
Königlich Bayerischen Fliegertruppen«.<br />
Planegg 1992<br />
Abbildung aus einem Werbeprospekt<br />
für den Morell-<br />
Drehzahlmesser<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
45
Grammatikowo im Frühjahr 1944: Leutnant Wolfrum<br />
gratuliert Heinz Ewald zu einem weiteren Luftsieg<br />
SERIE<br />
Der<br />
Luftkrieg<br />
von 1939–1945<br />
KAMPF AN DER OSTFRONT<br />
Schlüsselstellung<br />
im Schwarzen Meer<br />
Von 1941 bis 1944 war die Halbinsel Krim hart umkämpft. Auch ihr Himmel wurde<br />
zum Schauplatz erbitterter Gefechte. Hitler verweigerte die Evakuierung und so<br />
wurde die 17. Armee vernichtet – und damit eingeschlossen auch die Verbände <strong>der</strong><br />
Kriegsmarine und Luftwaffe<br />
Von Peter Cronauer<br />
Ab November 1942 geriet die deutsche<br />
Wehrmacht mit ihren Verbündeten im<br />
Südabschnitt <strong>der</strong> Ostfront zunehmend<br />
in Bedrängnis. Zwar standen ihre Truppen zu<br />
diesem Zeitpunkt am Don, an <strong>der</strong> Wolga und<br />
tief im Kaukasus, doch letzten Endes hatten<br />
sie keines ihrer operativen Ziele tatsächlich erreicht.<br />
We<strong>der</strong> konnten sie den Schiffsverkehr<br />
auf <strong>der</strong> Wolga nachhaltig unterbinden, noch<br />
hatten sie das Kaspische Meer erreicht, um<br />
den darüber verlaufenden Zustrom westlicher<br />
Rüstungsgüter in die Sowjetunion zu<br />
stören. Und auch das so dringend benötigte<br />
Öl des Kaukasus blieb unerreichbar: Als deutsche<br />
Soldaten die Ölfel<strong>der</strong> bei Baku erreichten,<br />
waren die För<strong>der</strong>anlagen und sonstigen<br />
Einrichtungen auf Monate hinaus unbrauchbar<br />
gemacht. Also war die ursprünglich als<br />
»Fall Blau« geplante Sommeroffensive insgesamt<br />
gescheitert. Stattdessen waren nun die<br />
<strong>Front</strong>linien und Nachschubwege hoffnungslos<br />
überdehnt und die deutschen Kräfte weitgehend<br />
erschöpft.<br />
Mit dem Wintereinbruch ergriff dann die<br />
Rote Armee die Initiative. Auf breiter <strong>Front</strong><br />
brach sie im Mittel- und Südabschnitt <strong>der</strong><br />
Ostfront durch und im weiteren Verlauf des<br />
Jahres 1943 drängte sie die Wehrmacht und<br />
ihre Verbündeten weit nach Westen zurück.<br />
Die »Schlacht um Stalingrad« (s. <strong>FLUGZEUG</strong><br />
1.9.1939 Polenfeldzug<br />
Beginn des Zweiten Weltkriegs<br />
10.5.1940 Westfeldzug<br />
9.4.1940 Unternehmen<br />
»Weserübung«<br />
10.7. bis 31.10.1940<br />
»Luftschlacht« um England<br />
22.6.1941 Deutscher<br />
Angriff auf die UdSSR<br />
7.12.1941 Japanischer<br />
Überfall auf Pearl Harbor<br />
1939 1940 1941 1942<br />
46
Henschel Hs 129 B-1/R2 <strong>der</strong> 8.(Pz)/SchG 1. Die speziell zur<br />
Panzerbekämpfung eingesetzte Einheit nahm bis Juni 1943 an<br />
den Kämpfen auf <strong>der</strong> Krim teil Zeichnung Herbert Ringlstetter/Aviaticus<br />
<strong>CLASSIC</strong> 12/2012 und 1/2013) o<strong>der</strong> das »Unternehmen<br />
Zitadelle« (s. <strong>FLUGZEUG</strong> CLAS-<br />
SIC 6/2013) stehen stellvertretend für die sich<br />
anbahnende Nie<strong>der</strong>lage.<br />
Aber auch an den an<strong>der</strong>en <strong>Front</strong>en sah es<br />
für die Wehrmacht nicht gut aus: Der Verlust<br />
Nordafrikas für die Achsenmächte, die Landung<br />
<strong>der</strong> Alliierten in Süditalien einschließlich<br />
Seitenwechsel des einstigen deutschen<br />
Verbündeten und nicht zuletzt das Thema<br />
»Reichsverteidigung« stellten die Deutschen<br />
vor große Probleme. So geraten vermeintlich<br />
weniger bedeutsame Kriegsschauplätze gerne<br />
aus dem Blick, wie zum Beispiel das<br />
Kriegsgeschehen ganz im Süden <strong>der</strong> Ostfront.<br />
Rückzug aus dem Kaukaus<br />
Ab November 1942 zog sich hier die Heeresgruppe<br />
A aus <strong>der</strong> Region nördlich des Kaukasusgebirges<br />
zurück. Ihre Absatzbewegung<br />
zielte auf die Nordküste des Schwarzen Meeres,<br />
zur Taman- beziehungsweise Kuban-<br />
Halbinsel und von dort aus letztlich über die<br />
Straße von Kertsch hinweg zur Krim. Im<br />
Frühjahr 1943 gelang <strong>der</strong> 17. Armee unter Generalfeldmarschall<br />
von Kleist auf <strong>der</strong> Kuban-<br />
Halbinsel eine Stabilisierung <strong>der</strong> <strong>Front</strong>, die<br />
hier bis zum Herbst 1943 im Wesentlichen<br />
von Noworossijsk aus quer über die Taman-<br />
Halbinsel nach Norden verlief. Der »Kuban-<br />
Brückenkopf«, <strong>der</strong> in den Planspielen <strong>der</strong><br />
deutschen Führung auch als Ausgangspunkt<br />
für einen erneuten Angriff in Richtung Kas pisches<br />
Meer eine Rolle spielte, wurde monatelang<br />
heftig umkämpft, sowohl am Boden als<br />
auch in <strong>der</strong> Luft; dabei fügten sich beide<br />
Seiten schwere Verluste zu. Der damalige<br />
Kommandeur <strong>der</strong> 4. Luftarmee <strong>der</strong> Sowjetunion,<br />
Generaloberst Konstantin Andrejewitsch<br />
Werschinin, schrieb später über jene<br />
Leutnant Wolfrum (ganz links) und ein von ihm<br />
besiegter russischer Flieger (Mitte)<br />
Am Ende drängten sich die Reste <strong>der</strong> Luftwaffe<br />
auf <strong>der</strong> Krim auf einem Felsplateau zusammen.<br />
Im Vor<strong>der</strong>grund Eichenlaubträger Batz<br />
Luftaufnahme <strong>der</strong> zerstörten Stadt Sewastopol auf <strong>der</strong> Krim im Jahr 1944. Am 12. Mai hatte die<br />
Rote Armee die letzten deutschen Truppen vertrieben<br />
Foto picture alliance/ZB<br />
2.2.1943 Untergang <strong>der</strong><br />
6. Armee in Stalingrad 5.7.1943 Unternehmen<br />
»Zitadelle«<br />
1943 1944 1945<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
47
SERIE<br />
Der<br />
Luftkrieg<br />
von 1939–1945<br />
Sowjetische Maschinen<br />
auf dem Weg ins<br />
Gefecht<br />
Foto picture alliance/ZB<br />
Die geostrategische Bedeutung <strong>der</strong> Krim<br />
Die knapp 27 000 Quadratkilometer große<br />
Krim ist im Nordwesten, Westen und Süden<br />
vom Schwarzen Meer umgeben und im Osten<br />
vom Asowschen Meer. Zwischen dem<br />
Ostausläufer <strong>der</strong> Krim – <strong>der</strong> Halbinsel von<br />
Kertsch – und <strong>der</strong> gegenüberliegenden<br />
Taman-Halbinsel verläuft die »Straße von<br />
Kertsch«, die an ihrer schmalsten Stelle<br />
vier Kilometer breite Meeresverbindung<br />
zwischen dem Schwarzen und dem Asowschen<br />
Meer. Im Norden <strong>der</strong> Krim befindet<br />
sich mit <strong>der</strong> Landenge von Perekop die ein -<br />
Russische Truppen erobern die Stadt Sewastopol<br />
zurück<br />
Foto picture alliance/akg-images<br />
Musikalische Pause am Feldflugplatz von<br />
Grammatikowo<br />
Foto W. Dettling<br />
zige Landverbindung zum Festland, östlich<br />
davon dehnt sich <strong>der</strong> Sywasch aus, ein<br />
sumpfiges Gelände mit vielen flachen Buchten<br />
– auch »Faules Meer« genannt.<br />
Die geostrategische Lage <strong>der</strong> Krim zwischen<br />
dem Schwarzen und dem Asowschen Meer<br />
lockte seit <strong>der</strong> Antike zahlreiche Seemächte<br />
an. Die Befestigung ihrer wichtigsten Hafenstadt<br />
Sewastopol zählt zu den größten Festungsanlagen<br />
<strong>der</strong> Welt. Heute ist sie Heimat -<br />
hafen <strong>der</strong> Schwarzmeerflotte <strong>der</strong> Russischen<br />
Fö<strong>der</strong>ation.<br />
■<br />
Essenausgabe bei <strong>der</strong> 5./JG 52 auf einem<br />
Feldflugplatz in <strong>der</strong> Steppe<br />
Foto W. Dettling<br />
Wartungsarbeiten unter freiem Himmel: Nachziehen<br />
<strong>der</strong> Zylin<strong>der</strong>buchsen Foto W. Dettling<br />
Luftkriegsphase über dem Kuban: »Dieser<br />
Konflikt war intensiv und lang andauernd.<br />
An manchen Tagen waren mehrere Hun<strong>der</strong>t<br />
Flugzeuge in <strong>der</strong> Luft, fanden bis zu 100 Luftkämpfe<br />
statt. Dort, wo ich beim Dorf Abinskaja<br />
meinen Gefechtsstand hatte, konnte man<br />
alle zehn Minuten ein getroffenes Flugzeug<br />
vom Himmel fallen sehen.«<br />
Harte Gefechte<br />
Georgij Golubew, Flugzeugführer im sowjetischen<br />
16. Garde-Jagdfliegerregiment, schil<strong>der</strong>te<br />
ein solches Geschehen aus <strong>der</strong> Jagdfliegerperspektive:<br />
»Für die einzelnen Jägerpi loten,<br />
die am Tage durchschnittlich vier bis sieben<br />
Einsätze flogen und in zwei bis drei Luftkämpfe<br />
verwickelt waren, erfor<strong>der</strong>ten diese<br />
Einsätze großes Stehvermögen. In dem überfüllten<br />
Luftraum über Krymskaja entwickelten<br />
sich Luftkämpfe von äußerster Schnelligkeit.<br />
Wenn ein Pilot einmal in diesen Strudel<br />
geriet, sah er sich dem verwirrenden Spiel <strong>der</strong><br />
Luftkämpfe gegenüber. Der Blitz <strong>der</strong> Leuchtspurgeschosse,<br />
das Rattern <strong>der</strong> MG, die Flakexplosionen<br />
und das wilde Durcheinan<strong>der</strong><br />
von Flugzeugen in unterschiedlicher Höhe<br />
zerrte an den Nerven.«<br />
Ihren deutschen Gegnern erging es nicht<br />
an<strong>der</strong>s. So berichtete <strong>der</strong> spätere Ritterkreuzträger<br />
Walter Wolfrum, <strong>der</strong> im Frühjahr 1943<br />
von Kertsch und Anapa aus erste Kampfeinsätze<br />
flog: »Wir hatten zahllose Luftkämpfe zu<br />
bestehen, über dem Schwarzen Meer, über<br />
dem Asowschen Meer, über <strong>der</strong> Krim und <strong>der</strong><br />
Kuban-Halbinsel, und was ich dabei zu sehen<br />
bekam, überstieg mein bisheriges Vorstellungsvermögen.<br />
Ich sah Flugzeuge in <strong>der</strong> Luft<br />
auseinan<strong>der</strong>brechen, brennen und explodieren,<br />
ich beobachtete Piloten, die sich aus trudelnden<br />
Wracks befreiten und nun am Fallschirm<br />
nie<strong>der</strong>gingen. Ich sah viele Maschinen,<br />
aus denen niemand mehr ausstieg, die steil zur<br />
Erde stürzten und in Aufschlagbränden verglühten.<br />
Diese Bil<strong>der</strong> brannten sich mir unauslöschlich<br />
ein. Mehr noch als ein Absturz<br />
über Land berührte mich das Ende über <strong>der</strong><br />
See: Da schlug einer ins Wasser ein, und Sekunden<br />
später sah es so aus, als sei nie etwas<br />
geschehen.«<br />
Das Kräfteverhältnis verschiebt sich<br />
Auf den ersten Blick glich das See-, Land- und<br />
Luftkriegsgeschehen in <strong>der</strong> Region demjenigen<br />
an an<strong>der</strong>en küstennahen Kriegsschauplätzen:<br />
Beide Seiten versuchten, den Gegner<br />
zu schwächen, aufzuhalten und gleichzeitig<br />
die eigenen Truppen vor Schaden zu bewahren.<br />
Die Kontrahenten fügten sich gegenseitig<br />
schwere Verluste zu, <strong>der</strong> Krieg verschlang<br />
auch hier Unmengen an Menschen und Material,<br />
und darüber verschob sich das Kräfteverhältnis<br />
– für die deutsche Seite unaufhaltbar<br />
– zugunsten <strong>der</strong> Roten Armee.<br />
Fotos, wenn nicht an<strong>der</strong>s angegeben, W. Wolfrum<br />
48
Von niemandem ernsthaft bedroht o<strong>der</strong><br />
gestört, lief die sowjetische Rüstungsindustrie<br />
1943 fast auf vollen Touren. Das Ergebnis zeigte<br />
sich auch im Luftkrieg über dem Schwarzen<br />
Meer. Neben den per »Land-Lease-Act« von den<br />
USA an die UdSSR gelieferten Curtiss P-40,<br />
Bell P-39 o<strong>der</strong> Douglas Boston erschienen am<br />
Himmel über dem Kuban und <strong>der</strong> Krim zunehmend<br />
auch Typen aus sowjetischer Produktion.<br />
Und die russischen Luftstreitkräfte<br />
holten nicht nur in technischer Hinsicht auf,<br />
son<strong>der</strong>n auch in Sachen Taktik und Führung.<br />
Neue Angriffstaktik<br />
So entwickelte beispielsweise <strong>der</strong> Schlachtflieger-Offizier<br />
N. P. Dedow eine neue Angriffstaktik,<br />
die dazu beitrug, die immensen Verluste<br />
unter den Iljuschin Il-2 deutlich zu verringern:<br />
Er teilte seine Flugzeuge in kleine Gruppen<br />
zu je sechs Maschinen auf, die sich dem<br />
Ziel unter starkem Jagdschutz in rund 800 Meter<br />
Flughöhe näherten. Über dem Zielgebiet<br />
formierten sie sich zu einem geschlossenen<br />
Kreis, aus dem sie einzeln in den gezielten<br />
Sturzflug und zum Angriff übergingen. Danach<br />
kehrten sie mit einem Turn nach links<br />
wie<strong>der</strong> in den schützenden Reigen zurück. Dedows<br />
Angriffstaktik erwies sich als effektiv, das<br />
massive Abwehrfeuer <strong>der</strong> Sturmoviks hielt<br />
deutsche Jäger besser auf Distanz. Marschall<br />
Werschinin ließ diese Vorgehensweise daraufhin<br />
von an<strong>der</strong>en Verbänden übernehmen.<br />
Auch zeigte die Umorganisation und Neuausbildung<br />
<strong>der</strong> sowjetischen Jagdwaffe inzwischen<br />
deutliche Erfolge. Unter ihrem Oberbefehlshaber,<br />
General Alexan<strong>der</strong> Novikov,<br />
wurden alle Verbände auf ein höheres Niveau<br />
geführt. Taktisch orientierten sich diese nun<br />
am deutschen Rotten- und Schwarmsystem –<br />
hier »Para«- und »Zveno«-Formation genannt.<br />
Die »Gruppa« wurde zur größten taktischen<br />
Formation, bestehend aus zwei »Zveno«, also<br />
acht Maschinen. Diesen »Gruppas« wurde üblicherweise<br />
noch eine zusätzliche »Para« als<br />
Höhenrotte zugeteilt. Die besten sowjetischen<br />
Jagdflieger nahmen an vielen Lehrgängen für<br />
taktische Luftkriegsführung teil, prominente<br />
Piloten wie <strong>der</strong> spätere dreifache »Held <strong>der</strong><br />
Sowjetunion«, Alexan<strong>der</strong> Iwanowitsch Pokryschkin<br />
– um nur einen zu nennen –, gingen<br />
als kontinuierliche Weiterentwickler des taktischen<br />
Fliegens in die Geschichte ein.<br />
Natürlich blieben am Kuban die Uhren<br />
auch auf <strong>der</strong> Gegenseite nicht stehen: Beispielsweise<br />
flog Oberst Hans-Ulrich Rudel erste<br />
scharfe Einsätze mit einem »Kanonenvogel«,<br />
Tragische Irrtümer<br />
Ab April 1943 setzten die sowjetischen<br />
Luftstreitkräfte auch Supermarine Spitfire<br />
ein, die sie von Großbritannien erhalten<br />
hatten. Der Einsatz war jedoch nur von kurzer<br />
Dauer. A. L. Iwanow, Pilot im 57. Garde-Jägerregiment,<br />
erinnert sich an das Warum:<br />
»Unsere englischen Vögel wurden zu<br />
oft für deutsche Messerschmitts gehalten.<br />
Viele meiner Kameraden und auch ich wurden<br />
von benachbarten eigenen Jagdverbänden<br />
angegriffen und beschossen.«<br />
Nach mehreren auch tödlich verlaufenen<br />
Fällen von »friendly fire« wurden die englischen<br />
Jagdflugzeuge im Juni 1943 wie<strong>der</strong><br />
aus dem Kampf gezogen.<br />
■<br />
Lebensretter am Schwarzen Meer: Dornier<br />
Do 24 T-2 <strong>der</strong> Seenotstaffel 8, die im<br />
August 1942 auf <strong>der</strong> Krim am Kap Chersonnes<br />
und ab Januar 1943 im Hafen von<br />
Sewastopol lag Zeichnung Herbert Ringlstetter/Aviaticus<br />
einer mit zwei 3,7-cm-Flak bewaffneten Ju 87,<br />
und nicht nur <strong>der</strong> Schwerterträger Gerhard<br />
Barkhorn blieb als umsichtiger und vorausschauen<strong>der</strong><br />
Verbandsführer in Erinnerung.<br />
Sie alle waren Teil des Geschehens am Kuban<br />
und auf <strong>der</strong> Krim, <strong>der</strong> Fortgang <strong>der</strong> Ereignisse<br />
wurde aber von <strong>der</strong> allgemeinen<br />
Kriegslage bestimmt. Im September 1943 erging<br />
<strong>der</strong> Befehl zur Räumung des Brückenkopfes.<br />
Die Evakuierung von mehr als 280 000<br />
Menschen samt Fahrzeugen, Pferden, Waffen<br />
und sonstigem Material über die Straße von<br />
Kertsch dauerte bis in den Oktober an. Und<br />
auch die Luftwaffe trug zum Gelingen dieses<br />
Rückzugs bei, indem selbst Kampf- und Seenotrettungsflieger<br />
dabei halfen.<br />
Zu diesem Zeitpunkt war die Krim jedoch<br />
bereits vom Festland abgeschnitten, drang die<br />
Rote Armee im Südabschnitt <strong>der</strong> Ostfront bereits<br />
zum Dnjepr und Richtung Odessa vor. Es<br />
folgte eine ein halbes Jahr andauernde Agonie<br />
<strong>der</strong> deutschen und rumänischen Truppen auf<br />
<strong>der</strong> Krim. Anfang April 1944 ging dann die Rote<br />
Armee mit großer Übermacht zum Angriff<br />
über: aus Brückenköpfen auf <strong>der</strong> Halbinsel<br />
von Kertsch heraus – mit Holzbrücken vom<br />
Festland aus, die so lange nachts über den Sywasch<br />
gebaut und tagsüber von Stukas wie<strong>der</strong><br />
zerstört wurden, bis sie irgendwann doch die<br />
Krim erreichten – und über die Landenge von<br />
Perekop … Vier Wochen später war die Krim<br />
wie<strong>der</strong> in sowjetischer Hand.<br />
■<br />
Was chaotisch anmutet, hatte immer noch System: Munitionswarte auf<br />
dem Feldflugplatz von Grammatikowo<br />
Foto W. Dettling<br />
Wer bei <strong>der</strong> Räumung <strong>der</strong> Krim keine Mitfluggelegenheit mehr ergattern<br />
konnte, musste es auf dem Seeweg versuchen<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
49
MODELLBAU<br />
»Breitbeinig« steht auch<br />
das Modell <strong>der</strong> Fw 190 A-5<br />
sicher am Boden<br />
FOCKE-WULF FW 190 A-5 IN 1:32 VON HASEGAWA/FALLER<br />
Feldmäßige Tarnung<br />
Zum 75. Jubiläum des Erstfluges <strong>der</strong> Fw 190 gebaute Maschine war im Einsatz bei <strong>der</strong><br />
widmen wir uns einem Modell <strong>der</strong> Fw 190 5./JG 54 und wurde von Leutnant Emil Lang<br />
A-5 in 1:32 von Hasegawa – gebaut vom türkischen<br />
Modellbauer Tolga Ulgur aus Istanbul. Der Kit, mit über einhun<strong>der</strong>t Teilen aus<br />
an <strong>der</strong> Ostfront geflogen.<br />
Die Version A-5 kam ab November 1942 in grauem und transparentem Kunststoff, kam<br />
die Serienproduktion. Diese lief im Juni 1943 Mitte 2000 auf den Markt. Alle Gruppen sind<br />
zu Gunsten <strong>der</strong> A-6 aus. Bewaffnet war die sauber gefertigt und zeigen gut strukturierte<br />
Fw 190 A-5 mit zwei MG 17, zwei MG 151 und gravierte Modelloberflächen. Das Cockpit<br />
ist gut wie<strong>der</strong>gegeben und kann je nach<br />
und zwei MGFF. Als Antrieb diente ein<br />
BMW-801D-2-Doppelsternmotor. Die hier Belieben vom Modellbauer »aufgepeppt«<br />
werden. Die Kühlerklappen am Rumpf sind<br />
im Kit geschlossen dargestellt. Die Start- und<br />
Landeklappen können ein- und ausgefahren<br />
angebaut werden. Aber hier muss ein wenig<br />
nachgebessert werden, da diese sonst im falschen<br />
Winkel (90 Grad) sind. Die beiliegenden<br />
Rä<strong>der</strong> besitzen das falsche Profil und die<br />
Radnaben sind nicht von einer A-5. Diese falschen<br />
Teile ersetzte <strong>der</strong> Modellbauer mit denen<br />
von Eagle Parts (EP 53-32).<br />
Auf Befehl »von oben« mussten die<br />
Geschwa<strong>der</strong>- und Staffelabzeichen<br />
mit Grün übermalt werden<br />
Das fertige<br />
Armaturenbrett<br />
mit den<br />
Instrumenten<br />
von Airscale<br />
Die Sitzgurte stammen von einem eduard-Ätzteilesatz,<br />
die entsprechend dem Sitz angepasst<br />
wurden<br />
Modell und Fotos Tolga Ulgur<br />
50
Aus Liebe<br />
zum Detail<br />
Die Klappen wurden<br />
auf max. 60 Grad ausgefahren,<br />
wie beim<br />
Original dargestellt<br />
Der Bau des Modells beginnt<br />
wie<strong>der</strong> einmal zuerst<br />
beim Cockpit, das in allen Teilen<br />
mit RLM 66 von Tamiya<br />
acrylic lackiert wurde. Die Feinarbeit<br />
beinhaltete das An -<br />
bringen sämtlicher Geräte am<br />
Instrumentenbrett und den<br />
Konsolen mit passenden Decals<br />
von Airscale. Das Ganze<br />
mit Klarlack fixiert, und schon<br />
schauen diese ganz real aus.<br />
Etwas länger gedauert haben<br />
die zusätzlichen Gravuren an<br />
den Oberflächen unter Ver -<br />
wendung <strong>der</strong> Werkzeuge und<br />
Schablonen von Hasegawa.<br />
In <strong>der</strong> Bauanleitung wird<br />
<strong>der</strong> Anbau <strong>der</strong> FuG-16-Antenne gezeigt, die<br />
aber erst bei <strong>der</strong> A-7 installiert wurde. Somit<br />
einfach weglassen. Bei den Auspuffstutzen<br />
liefert Quickboost bessere, die auch zum Einbau<br />
kamen. Die weitere Konstruktion <strong>der</strong><br />
Maschine stellte für den geübten Modellbauer<br />
keine Schwierigkeiten dar und ging<br />
flott voran. Die Tarnung entspricht <strong>der</strong> vom<br />
Sommer 1943 im nördlichen Teil <strong>der</strong> Ostfront.<br />
Die Standardcamouflage in RLM<br />
74/75/76 übermalte man kurzerhand mit<br />
den Grüntönen RLM 70/71 und ergänzte es<br />
Die beiden MG gehen durch<br />
die detaillierten Fahrwerksschächte<br />
mit RLM 79. Die Geschwa<strong>der</strong>- und Staffelabzeichen<br />
wurden ebenfalls zur Tarnung auf<br />
Anordnung »von oben« mit Grün übermalt.<br />
Somit ergab sich ein bunter Farbenmix auf<br />
den Flugzeugen. Die Abziehbil<strong>der</strong> stammen<br />
von EagleCals, außer <strong>der</strong> »Schwarzen 7«<br />
und dem Quer balken, die von Data Decals<br />
sind. Nach dem Aufbringen von Abgasspuren<br />
und dem Herausarbeiten <strong>der</strong> Alterungsspuren<br />
kam zum Schluss eine Schicht Mattlack<br />
über das Modell.<br />
Othmar Hellinger/Tolga Ulgur<br />
Jeden Monat<br />
neu am Kiosk!<br />
Das Tarnmuster wurde<br />
erst auf den Feldflugplätzen<br />
aufgebracht,<br />
um den<br />
Gegebenheiten vor<br />
Ort zu entsprechen<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014
MODELLBAU<br />
Mit <strong>der</strong> Airbrush lackiert:<br />
Das Modell gleicht dank<br />
des silbernen Anstrichs<br />
dem polierten Original<br />
DH VAMPIRE T.11 (GIFT-SET) VON AIRFIX/GLOW2B IN 1:72<br />
Trainer für Fortgeschrittene<br />
Als sogenanntes Gift-Set angeboten, beinhaltet<br />
dieser Bausatz zusätzlich die not-<br />
kann man aus feinem Klebeband o<strong>der</strong> Blei-<br />
aus dünnem Draht versehen und die Gurte<br />
wendigen Acrylfarben und zwei Pinsel. Auffallend<br />
sind die aus neuen Spritzgussformen Detail-Freaks können das Cockpit noch<br />
folie anfertigen.<br />
stammenden Bauteile mit schönen, aber ein weiter aufwerten. Das lohnt sich, denn eine<br />
wenig zu tief gestalteten Gravuren. Wer sich geöffnete Haube lässt einen guten Einblick<br />
daran stört, kann diese in aller Vorsicht mit zu. Auf die Pilotenfiguren sollte man verzichten.<br />
In <strong>der</strong> Formgebung und Ausführung gut<br />
MrSurfacer auffüllen und danach sorgfältig<br />
mit feinstem Schleifpapier die Oberflächen<br />
glätten.<br />
Lufteinläufe und die nachfolgend zusam-<br />
gemacht sind die Bauteile für die seitlichen<br />
Den Modellbauer haben diese tiefen Linien<br />
trotz des silbernen Anstrichs nicht gestört. zeichnete Idee, zumal die Teile sehr gut pasmenlaufenden<br />
Ansaugschächte. Eine ausge-<br />
Der bebil<strong>der</strong>ten Bauanleitung kann man getrost<br />
folgen. Etwas mühsam ist das Zuordnen Bausatzes nicht zu beanstanden und bei sorgsen.<br />
Überhaupt ist die Passgenauigkeit des<br />
<strong>der</strong> Farben nach den Farbnummern <strong>der</strong> fältiger Verklebung (am besten mit Flüssigkleber)<br />
sind Nacharbeiten wie Spachteln und<br />
Humbrol-Farbtabelle. Wer diese Auflistung<br />
nicht besitzt, findet Hilfe im Airfix-Katalog. Schleifen (mit einer Ausnahme) nicht erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Das Cockpit ist sehr schön gestaltet, für<br />
die Instrumententafel liegt ein sehr schön Auf den Oberseiten <strong>der</strong> Landeklappen ist<br />
gemachter Decal-Bogen bei, den man aber das Material leicht eingesunken. Das stellt<br />
zerschneiden sollte. Auch die klaren Visierscheiben<br />
machen sich gut. Die Spitzenlichter fest. Zu grobe Spalten ergeben sich bei <strong>der</strong><br />
man eventuell aber erst nach <strong>der</strong> Lackierung<br />
werden nach <strong>der</strong> Bemalung durch Trockenmalweise<br />
hervorgehoben; so ergibt sich zum Rumpf. Hier muss aufgefüllt und<br />
Montage <strong>der</strong> unteren Tragflügelhälften<br />
eine für diesen Maßstab hinreichend vorbildgetreue<br />
Nachbildung des Cockpits. Die werksbeine müssen schon sehr früh in die<br />
verschliffen werden. Die Hauptfahr-<br />
Rettungssitze sollte man mit Abzugsbügeln Leitwerksträger eingebracht werden. Da<br />
besteht Bruchgefahr bei <strong>der</strong> weiteren Montage.<br />
Die Fahrwerksklappen sind sicher<br />
mit filigranen Streben zu befestigen. Es gibt<br />
Modellbausatz:<br />
De Havilland<br />
Vampire T.11<br />
Kit-Nr.: A55204<br />
Maßstab: 1:72<br />
Hersteller: Airfix/Glow2B<br />
Preis: 12,99 €<br />
Kommentar: Neuer Spritzgussbausatz,<br />
Decals für eine RNZAF-Maschine<br />
Plus: Toll gravierte Oberflächen und -strukturen,<br />
gute Passform, sehr gute Abziehbil<strong>der</strong><br />
Minus: Nur eine Decal-Variante<br />
Airfix hat<br />
gute Arbeit<br />
geleistet: das<br />
Cockpit <strong>der</strong> Vampire mit den beiden<br />
Lufteinläufen des Triebwerks<br />
nichts zu beanstanden, wenn man sich an die<br />
vorgeschlagene Baureihenfolge hält und nicht<br />
übersieht, dass Ballast in den Bugraum einzubringen<br />
ist und die Löcher für die Anbringung<br />
<strong>der</strong> Zusatztanks in die unteren Flügelschalen<br />
rechtzeitig zu bohren sind. Die<br />
dreigeteilte Cockpithaube ist nur ein klein<br />
wenig zu dick, aber schlierenfrei gespritzt.<br />
Die <strong>Front</strong>scheibe weist sogar einen sehr filigranen<br />
Scheibenwischer auf. Dieser passt ausgezeichnet<br />
und lässt sich auch ganz zum<br />
Schluss mit lösungsmittelfreiem Bin<strong>der</strong> (z. B.<br />
Ponal o<strong>der</strong> Crystal Clear) verkleben.<br />
Die Abziehbil<strong>der</strong> sind dünn, anschmiegsam<br />
und fein gedruckt. Sie beschränken sich auf die<br />
Darstellung einer Maschine <strong>der</strong> No. 14 Squadron<br />
<strong>der</strong> neuseeländischen Luftwaffe. Die Anbringungsorte<br />
<strong>der</strong> schlicht in Silber gehaltenen<br />
Maschine werden auf <strong>der</strong> Kartonrückseite erläutert.<br />
Othmar Hellinger/Harald Ziewe<br />
Im Licht-Schatten-Spiel zeigen sich die Gravuren<br />
recht gut<br />
Die Heckausleger zum Doppelseitenleitwerk, die aber in diesem Maßstab sehr filigran aussehen<br />
Modell und Fotos Harald Ziewe<br />
52
Alle Bil<strong>der</strong> Othmar Hellinger<br />
F-104G/S STARFIGHTER IN 1:32<br />
VON ITALERI/DICKIE-TAMIYA<br />
Topneuheit<br />
Die tollen Ätzteile für<br />
die Gurte und Rumpftrennung<br />
am Heck<br />
Gespannte Erwartungen: Drähte und<br />
Fäden stellen für Modellbauer<br />
eine große<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
dar. Wie man sie<br />
meistern kann,<br />
zeigt ModellFan<br />
anhand des<br />
Rumpler in <strong>der</strong><br />
neuen Ausgabe,<br />
die jetzt am<br />
Kiosk liegt.<br />
Das Graumodell und die<br />
italienische Ausführung<br />
<strong>der</strong> F-104 (ganz oben),<br />
gebaut auf dem Messestand<br />
<strong>der</strong> Firma Italeri<br />
in Nürnberg 2014<br />
Das dynamische<br />
Deckelbild des Kartons macht schon<br />
neugierig auf den Inhalt<br />
zum Jubiläum<br />
Satte 316 Bauteile befinden sich zur Freude<br />
des Modellbauers in dem Karton. Gespritzt<br />
sind sie in grauem und transparentem<br />
Kunststoff. Die feinen Oberflächengravuren<br />
überzeugen voll und ganz und die »Innereien«<br />
in Form eines tollen Cockpits, des Avionikbereichs<br />
dahinter, des Fahrwerks und des<br />
herausnehmbaren Triebwerks sind gut nachempfunden.<br />
Eine übersichtliche Anleitung<br />
führt in 39 Stufen zu einem wun<strong>der</strong>baren Ergebnis.<br />
Mit den Decals können insgesamt<br />
zehn Starfighter gebaut werden. Dem Kit sind<br />
wie<strong>der</strong> ein Ätzteilbogen und ein PRM-Book -<br />
let beigefügt. Für etwa 90 Euro kann man den<br />
Kit im Fachhandel erwerben.<br />
Othmar Hellinger<br />
Modellbau-News<br />
REVELL<br />
Messerschmitt Bf<br />
109 G-10 Erla in<br />
1:32 (Kit: 04888).<br />
Im Januar folgte die<br />
zweite neue Bf 109<br />
in <strong>der</strong> Ausführung<br />
G-10 Erla aus dem<br />
Hause Revell. Der Kit besitzt sehr fein gravierte<br />
Oberflächenstrukturen, ein toll eingerichtetes<br />
Cockpit und sämtliche Ru<strong>der</strong>flächen und Klappen<br />
sind einzeln beigefügt. Mit den Decals lassen sich<br />
zwei Maschinen <strong>der</strong> deutschen Luftwaffe darstellen.<br />
Preis: 24,99 €<br />
HOBBYBOSS/GLOW2B<br />
F-84F Thun<strong>der</strong>streak<br />
in 1:48 (Kit: 81726).<br />
Die Chinesen brin -<br />
gen einen weiteren<br />
Jet aus den 1950er-<br />
Jahren in die Läden.<br />
Die Bauteile sind<br />
sauber gefertigt, die<br />
Oberflächengravuren<br />
sind fein dargestellt und die Inneneinrichtung macht<br />
sich gut. Mit den bunten Decals können zwei Jets<br />
gebaut werden. Preis: 29,99 €<br />
MINICRAFT<br />
PBM-5A Mariner in<br />
1:72 (Kit: 11669).<br />
Der Hersteller aus<br />
Fernost bringt aus<br />
neuen Formen die<br />
berühmte Mariner in<br />
die Läden. Die Teile<br />
des Kits besitzen recht ansprechende Oberflächengravuren,<br />
ein gut eingerichtetes Cockpit und den<br />
ganzen La<strong>der</strong>aum mit Einrichtung. Mit den tollen<br />
Decals lassen sich zwei Flugboote bauen.<br />
Preis: 79,99 €<br />
AIRFIX<br />
Shorts Tucano T.1 in<br />
1:72 Limited Edition<br />
(Kit: A73010). Die<br />
Englän<strong>der</strong> kommen<br />
mit einem limitierten<br />
Modell auf den<br />
Markt, das nur über die Airfix-Homepage erhältlich<br />
ist. Der schon bekannte Bausatz wurde mit tollen<br />
Decals ausgestattet, die den Bau einer Retrolackierung<br />
<strong>der</strong> Desert Air Force zulassen. Preis: 15,99 €<br />
EDUARD<br />
La-5FN Limited<br />
Edition in 1:48 (Kit:<br />
1183). Die Firma<br />
aus Tschechien<br />
schlägt wie<strong>der</strong> mit<br />
einem aufgepeppten<br />
Kit zu. Dieser enthält<br />
den Kit aus dem Hause Zvezda, eduard-BRASSIN-<br />
Teile, Ätzteile und Maskierschablonen. Sechs<br />
Maschinen <strong>der</strong> russischen Streitkräfte können mit<br />
den tollen Decals gebaut werden. Preis: 39,99 €<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
53
Markt<br />
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Traudl’s Modellbauladen<br />
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<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
55
TERMINE / MUSEUMSTIPP<br />
TERMINE 2014<br />
FÜR DEUTSCHLAND,<br />
ÖSTERREICH UND SCHWEIZ<br />
MAI<br />
3./4. Mai<br />
Flugtage, Verkehrslandeplatz Chemnitz-<br />
Jahnsdorf, www.grossflugtage.de<br />
20.–25. Mai<br />
ILA Berlin Air Show, Messe für Luft &<br />
Raumfahrt, Flughafen Berlin Schönefeld,<br />
www.ila-berlin.de<br />
23.–25. Mai<br />
Klassikwelt am Bodensee, Messe Friedrichshafen,<br />
www.klassikwelt-bodensee.de<br />
29. Mai–1. Juni<br />
Flugtag, Son<strong>der</strong>landeplatz Laucha,<br />
www.lsv-laucha.de/termine/flugtag<br />
30. Mai/1. Juni<br />
Militärhistorisches Treffen/Flugtag, Verkehrslandeplatz<br />
Grossenhain, www.grossflugtage.de<br />
JUNI<br />
16.–27. Juni<br />
NATO Tiger Meet, Taktisches Luftwaffengeschwa<strong>der</strong><br />
51, Fliegerhorst Schleswig/Jagel,<br />
www.natotigers.org<br />
19.–22. Juni<br />
Flugtage, Son<strong>der</strong>landeplatz Kehl-Sundheim,<br />
www.kehler-flugtage.de<br />
27.–29. Juni<br />
31. Pipertreffen PA-18/J3, Verkehrslandeplatz<br />
Rendsburg-Schachtholm,<br />
www.Pipertreffen2014.de<br />
28./29. Juni<br />
Fly-In, Ambri, Schweiz, www.p3aviation.ch<br />
JULI<br />
4./5. Juli<br />
Flugtage, Verkehrslandeplatz Altenburg-<br />
Nobitz, www.grossflugtage.de<br />
12./13. Juli<br />
Fly-In, Deutsches Museum – Flugwerft<br />
Schleißheim, Son<strong>der</strong>landeplatz Oberschleißheim,<br />
www.deutsches-museum.de/<br />
flugwerft<br />
12./13. Juli<br />
Cessna-Treffen, Verkehrslandeplatz Jena-<br />
Schöngleina, www.flugplatz-jena.de<br />
5. Juli<br />
Int. DC-3 Fly-In, Flughafen Salzburg,<br />
Österreich, www.dc-3flyin.com/wp<br />
26./27. Juli<br />
Flugtag, Segelfluggelände Uslar,<br />
www.segelflug.de/vereine/uslar<br />
AUGUST<br />
2./3. August<br />
Flugplatzfest, Son<strong>der</strong>landeplatz<br />
Bad Frankenhausen,<br />
www.aeroclub-frankenhausen.de<br />
8.–10. August<br />
Flugtage, Verkehrslandeplatz Bautzen,<br />
www.flugtage-bautzen.de<br />
23. August<br />
Hunterfest, St. Stephan, Schweiz,<br />
www.hunterverein.ch<br />
23. August<br />
Tag <strong>der</strong> offenen Tür mit Flugvorführungen –<br />
Jagdgeschwag<strong>der</strong> 73, Fliegerhorst Laage,<br />
www.airshow-laage.de<br />
30./31. August<br />
AIR 14 Teil I – 100 Jahre Schweizer<br />
Luftwaffe, Fliegerhorst Payerne, Schweiz,<br />
www.lw.admin.ch/internet/luftwaffe/de/<br />
home/themen/100jahre.html<br />
SEPTEMBER<br />
6./7. September<br />
Flugplatzfest, Son<strong>der</strong>landeplatz Wershofen/<br />
Eifel, www.flugtag-wershofen.de<br />
6./7. September<br />
Flugtag, Verkehrslandeplatz Pirmasens,<br />
www.flugtag-pirmasens.de<br />
6./7. September<br />
AIR 14 Teil II – 100 Jahre Schweizer<br />
Luftwaffe, Fliegerhorst Payerne, Schweiz,<br />
www.lw.admin.ch/internet/luftwaffe/de/<br />
home/themen/100jahre.html<br />
OKTOBER<br />
25. Oktober<br />
37. Internationale Flugzeug-Veteranen-<br />
Teile-Börse, Technik Museum Speyer,<br />
Peter Seelinger, pseelinger@t-online.de<br />
EUROPA<br />
MAI<br />
24./25. Mai<br />
D-Day Airshow, Duxford, Großbritannien,<br />
www.iwm.org.uk<br />
25. Mai<br />
Airshow, Volkel, Nie<strong>der</strong>lande,<br />
www.volkelindewolken.nl/vliegshow<br />
JUNI<br />
3.–9. Juni<br />
Internationales DC-3/C-47 Treffen,<br />
Cherbourg-Maupertus, Frankreich,<br />
www.daksovernormandy.com<br />
7./8. Juni<br />
Oldtimer Airshow, La Ferte Alais/Cerny,<br />
Frankreich, www.ajbs.fr<br />
20./21. Juni<br />
Airshow, Gilze Rijen Airbase, Nie<strong>der</strong>lande,<br />
www.defensie.nl/luchtmachtdagen<br />
21./22. Juni<br />
Airshow, Flughafen Vaernes-Trondheim,<br />
Norwegen, www.varnesairshow.no<br />
22. Juni<br />
Airshow – 100 Jahre Militärluftfahrt, Karup<br />
Air Base, Dänemark, www.danishairshow.dk<br />
27.–29. Juni<br />
Internationale Airshow, Rom, Italien,<br />
www.romaairshow.net<br />
JULI<br />
12./13. Juli<br />
Flying Legends Airshow, Duxford,<br />
Großbritannien, www.iwm.org.uk<br />
12./13. Juli<br />
Royal International Air Tattoo (RIAT), RAF<br />
Fairford, Großbritannien, www.airtattoo.com<br />
14.–20. Juli<br />
Farnborough International Airshow,<br />
Farnborough, Großbritannien,<br />
www.farnborough.com<br />
AUGUST<br />
9./10. August<br />
Internationale Airshow, Oulu, Finnland,<br />
www.tourdesky.fi<br />
17./18. August<br />
Oldtimer Fly-In, Schaffen-Diest, Belgien,<br />
www.flyin.dac.be<br />
SEPTEMBER<br />
6./7. September<br />
The Duxford Airshow, Duxford, Großbritannien,<br />
www.iwm.org.uk<br />
6./7. September<br />
CIAF Airshow, Hradec Kralove, Tschechien,<br />
www.airshow.cz<br />
13./14. September<br />
Belgian Air Force Days, Kleine Brogel Airbase,<br />
Belgien, www.belgianairforcedays.be<br />
OKTOBER<br />
11. Oktober<br />
Herbst Airshow, Duxford, Großbritannien,<br />
www.iwm.org.uk<br />
WELTWEIT<br />
MAI<br />
3./4. Mai<br />
Planes of Fame Airshow, Chino, Kalifornien,<br />
USA, www.planesoffame.org<br />
JULI<br />
28. Juli–3. August<br />
EAA AirVenture Oshkosh, Wittman Regional<br />
Airport, Wisconsin, USA, www.airventure.org<br />
AUGUST<br />
8.–10. August<br />
Airshow, Abbotsford, Kanada,<br />
www.abbotsfordairshow.com<br />
SEPTEMBER<br />
10.–14. September<br />
Airrace, Reno, Nevada, USA.<br />
www.airrace.org<br />
Alle Angaben sind ohne Gewähr.<br />
Kurzfristige Än<strong>der</strong>ungen treten häufig ein,<br />
eventuell beim Veranstalter nachfragen!<br />
Sie planen eine Veranstaltung?<br />
Teilen Sie uns diese bitte möglichst frühzeitig mit:<br />
Fax: 0951/4 28 23, E-Mail: janluftfahrt@aol.com,<br />
Alexan<strong>der</strong> Nüßlein, janluftfahrt.de<br />
BÜCHER<br />
ZOUKEI-MURA (HRSG.)<br />
Japanischer Blitz<br />
J. R. SMITH UND E. J. CREEK<br />
Focke-Wulf Fw 190<br />
J7W1 Imperial Navy Fighter<br />
Aircraft Shin Den Zoukeimura<br />
Concept Note SWS No.1<br />
In englischer Sprache<br />
112 S., über 250 S/W- und<br />
Farbfotos/-abbildungen. Volks<br />
Inc. www.zoukeimura.co.jp.<br />
Preis: 32,95 €<br />
Bezugsquelle:<br />
Fachbuchhandlung Schmidt.<br />
Tel. 089/70 32 27.<br />
www.christian-schmidt.com<br />
Zu ihren Bausätzen verlegt die Firma<br />
Zoukei-mura nun auch die passenden,<br />
hervorragend illustrierten Monografien.<br />
Deren erste ist <strong>der</strong> Kyūshū J7W Shin<br />
Den (»prächtiger Blitz«) gewidmet. Beleuchtet<br />
wird zunächst die Entstehungsgeschichte<br />
des Musters samt dessen Verbleib<br />
in den USA. Der zweite Teil gehört<br />
dem Bau des 1:32er-Kits mit vielen<br />
Tipps sowie zahlreichen, sehr inspirierenden<br />
Fotos fertiger Modelle. Vier Planblätter<br />
in 1:48, Detailskizzen sowie farbige<br />
Detailaufnahmen vom Original<br />
runden das Ganze ab. In gleicher Aufmachung<br />
gibt es auch passende Hefte<br />
zur Ta 152H und zur He 219! WM<br />
Der dritte Band <strong>der</strong> Reihe zeigt die Entwicklung<br />
<strong>der</strong> späten A- und F- sowie<br />
<strong>der</strong> D-Baureihen <strong>der</strong> Fw 190. Ergänzt<br />
wird das Buch unter an<strong>der</strong>em durch<br />
Kapitel über die Motorenentwicklung,<br />
zu Son<strong>der</strong>waffen o<strong>der</strong> Beutemaschinen.<br />
Wenngleich ärgerliche Flüchtigkeitsfehler<br />
immer wie<strong>der</strong> einmal auftreten, haben<br />
beide Autoren insgesamt betrachtet<br />
eine grundsolide Arbeit abgeliefert. Wie<br />
schon bei den Vorgängerbänden sind<br />
das Bildmaterial und das Artwork hierbei<br />
die größten Trümpfe. Alles in allem<br />
ein Werk, dem zwar <strong>der</strong> echte »Aha-Effekt«<br />
fehlen mag, das man sich aber<br />
durchaus gönnen darf.<br />
WM<br />
Focke-Wulf Fw 190<br />
Volume Three 1944–1945<br />
In englischer Sprache<br />
336 S., über 400 Fotos, 20<br />
Farbprofile. Ian Allan Publishing.<br />
ISBN 978-1-906537-31-9.<br />
Preis: 62,50 €<br />
Bezugsquelle: Sound Tonträger/<br />
Bücher. Tel. 0177/288 29 68.<br />
www.sound-bm.com<br />
56
Fotos Bernd Kienle<br />
Flugabwehrrakete SA-2 Guideline von <strong>der</strong> 5. Flugabwehr-Raketenabteilung<br />
in Nove Mitrovice<br />
»Militärmuseum <strong>der</strong> Demarkationslinie«<br />
Die Nachbauten von Curtiss P-40 und P-51 vor dem Museumseingang.<br />
Die Tragfläche stammt von einem Ju-87-Nachbau<br />
Die etwa 15 Kilometer östlich von Pilsen<br />
gelegene Stadt Rokycany war in <strong>der</strong><br />
Tschechischen Republik <strong>der</strong> Ort, an dem am<br />
9. Mai 1945 die amerikanischen und russischen<br />
Truppen erstmals aufeinan<strong>der</strong>trafen.<br />
Zuvor hatte die deutsche Luftwaffe den Ort<br />
als Flugplatz genutzt.<br />
Am 11. November 1997 ist hier auf dem<br />
ehemaligen Kasernengelände eines Raketenregiments<br />
durch den damaligen Oberbefehlshaber<br />
<strong>der</strong> Armee, General Jiri Sedivy, das<br />
»Militärmuseum <strong>der</strong> Demarkationslinie« feierlich<br />
eröffnet worden.<br />
Die treibende Kraft dahinter ist <strong>der</strong> Sammler<br />
František Koch, <strong>der</strong> zusammen mit Freunden<br />
im Jahr 1995 die Stiftung ACR gründete,<br />
aus <strong>der</strong> bis heute das größte private Militärmuseum<br />
<strong>der</strong> Tschechischen Republik<br />
entstanden ist. Über<br />
170 Fahrzeuge, Panzer,<br />
Geschütze und<br />
sonstige Militärausrüstung,<br />
die über -<br />
wiegend betriebsfähig<br />
ist, können hier<br />
besichtigt werden.<br />
Schwerpunkt ist natürlich<br />
die Ausrüstung<br />
<strong>der</strong> tschechi -<br />
schen Armee von<br />
1918 bis heute. Ausführlich<br />
wird auch<br />
die Geschichte <strong>der</strong><br />
deutschen Besatzungszeit und <strong>der</strong> Demarkationslinie<br />
beschrieben.<br />
Aus dem Bereich Luftfahrt sind ein<br />
Kampfhubschrauber Mil Mi-24D »Hind« und<br />
je ein Nachbau einer P-51 D Mustang und<br />
einer Curtiss P-40 Warhawk ausgestellt. Hinzu<br />
kommen einige Modelle deutscher Flugzeuge<br />
und eine Dokumentation über die<br />
tschechischen Piloten in <strong>der</strong> Royal Air Force.<br />
Peter W. Cohausz ■<br />
Checkliste<br />
Ansprechpartner:<br />
František Koch, Volduchy 61,<br />
338 22 Volduchy, Tschechische Republik<br />
E-Mail: kochf@volny.cz<br />
Website: www.klub-vm.eu<br />
Öffnungszeiten:<br />
1.4.–31.10. täglich 9:00–18:00 Uhr<br />
Eintritt:<br />
Erwachsene 90 Kc Kin<strong>der</strong> 6–15 J. 50 Kc<br />
Kin<strong>der</strong> bis 6 J. frei Senioren 50 Kc<br />
Familien 220 Kc Fotoerlaubnis 30 Kc<br />
MUSEUMS-<br />
TIPP<br />
Aces of Jagdgeschwa<strong>der</strong> 3 »Udet«<br />
Osprey Aircraft of the Aces 116<br />
In englischer Sprache<br />
96 S., 87 S/W-Fotos, 32 Farbprofile.<br />
Osprey Publishing. ISBN 978-1-<br />
78096-298-6. Preis: 18,50 €<br />
Bezugsquelle: Sound Tonträger/<br />
Bücher. Tel. 0177/288 29 68.<br />
www.sound-bm.com<br />
JOHN WEAL<br />
JG3 und seine Asse<br />
Das JG 3 »Udet« ist für Historiker wie<br />
Modellbauer gleichermaßen interessant.<br />
Seine Piloten, darunter über 70 Ritterkreuzträger,<br />
waren bei vielen großen<br />
Militäroperationen beteiligt. Der Verband<br />
selbst hatte zahlreiche Varianten<br />
<strong>der</strong> Bf 109 (frühe E bis K) und <strong>der</strong> Fw<br />
190 (A- und D-Versionen) in seinen Beständen.<br />
Kompakt legt Weal in gewohntem<br />
Stil und Umfang <strong>der</strong> renommierten<br />
Heftreihe eine solide Abhandlung zu<br />
Einsatz und Piloten des JG 3 vor, illustriert<br />
mit Fotos und 32 seiner eigenen<br />
Farbprofile. Fazit: preisgünstiger, gut gemachter<br />
Überblick beziehungsweise<br />
Einstieg zum Thema.<br />
WM<br />
C. MENCKHOFF UND H. TÄGER<br />
Fliegerass Menckhoff<br />
Carl Menckhoff war Träger des Pour le<br />
Mérite und errang 39 Luftsiege im Ersten<br />
Weltkrieg. Er wurde am 25. Juli 1918<br />
von dem Amerikaner Walter Avery abgeschossen.<br />
Jahre später lernten sich beide<br />
Familien kennen und sind bis heute<br />
eng verbunden. Grundlage <strong>der</strong> Biografie<br />
sind die einst von ihm nie<strong>der</strong>geschriebenen<br />
Erlebnisse in Krieg wie Gefangenschaft<br />
– ebenso sachkundig wie<br />
angemessen feinfühlig von Dr. Hannes<br />
Täger ergänzt und kommentiert. Insgesamt<br />
ein Buch mit Vorbildcharakter: gut<br />
illustriert, bestens recherchiert und sowohl<br />
in Deutsch wie Englisch geschrieben.<br />
Fazit: Muss man haben! WM<br />
Carl Menckhoff<br />
Reminiscenses of War and<br />
Captivity<br />
In deutscher und englischer<br />
Sprache<br />
48 S., 208 Fotos sowie 3 Farbprofile.<br />
Aeronaut Books.<br />
www.aeronautbooks.com.<br />
ISBN 978-1-935881-17-9.<br />
Preis: 45,00 €.<br />
Bezugsquelle: Fachbuchhandlung<br />
Schmidt. Tel. 089/70 32 27.<br />
www.christian-schmidt.com<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
57
ZEITGESCHICHTE<br />
Luftfahrtpioniere<br />
Gruppenbild mit »Condor«, 1901. Niemand bestreitet die<br />
Tüftlerqualitäten des (verkannten?) Pioniers Gustav<br />
Weißkopf. Darüber hinaus scheiden sich die Geister …<br />
ENDE DER LUFTNUMMER<br />
Weißkopfs<br />
Visionen …<br />
Ginge es nach dem Willen <strong>der</strong> rührigen »Flughistorischen Forschungsgemeinschaft<br />
Gustav Weißkopf« (FFGW) samt Museum<br />
im fränkischen Leutershausen, müsste ein wichtiges Kapitel des Motorflugs neu<br />
geschrieben werden – ohne die lästigen Wright-Brü<strong>der</strong>, versteht sich Von Stefan Bartmann<br />
Keine mickrigen zwölf Sekunden soll<br />
<strong>der</strong> welterste Motorflug gedauert<br />
haben – nein, stolze zehn Minuten.<br />
Und dies schon zwei Jahre, vier Monate und<br />
drei Tage vor den Wright-Brü<strong>der</strong>n. Ein deutscher<br />
Immigrant, Gustav Weißkopf, <strong>der</strong><br />
sich in den USA seit 1895 Gustave White -<br />
head zu nennen pflegte, habe die beiden in<br />
Grund und Boden geflogen. Jawohl! Und<br />
Der Montgomery-Gleiter (1905), aus den Positionen A und B fotografiert, …<br />
seit über einem Jahr steht es so in dem ansonsten<br />
grundseriösen Nachschlagewerk<br />
»Jane’s All the World’s Aircraft«. Wie konnte<br />
das passieren?<br />
Die Legende vom »ersten Motorflug« des<br />
begnadeten Tüftlers und bayerischen Auswan<strong>der</strong>ers<br />
mit dem zeitlebens holprigen Englisch<br />
ist nicht neu. Alle paar Jahre findet sich<br />
ein Anlass, sie hervorzuholen. Im Frühjahr<br />
2013 war es wie<strong>der</strong> einmal so weit, deutlich<br />
lauter als je zuvor.<br />
Vorstellungsvermögen ist gefragt: Am<br />
Morgen des 14. August 1901, im Licht <strong>der</strong><br />
Dämmerung, soll seine Nr. 21, <strong>der</strong> »Condor«,<br />
auf einem Feld vor den Toren Bridgeports in<br />
Connecticut geflogen sein – auf Anhieb zehn<br />
Minuten und mit bemerkenswerter Lässigkeit.<br />
Kurven und glatte Landung? Kein Pro-<br />
… offenbart laut Wright-Experte Nick Engler das »Condor«-Missverständnis<br />
Fotos, soweit nicht an<strong>der</strong>s angegeben, Wright Brothers Aeroplane Co., Nick Engler<br />
58
Original-Lithografie neben »Beweisfoto«.<br />
Nach x-facher Vergrößerung bleibt noch viel<br />
Spielraum für Interpretationen …<br />
Ende des »Condor«. Im Herbst 1901 geht die<br />
Nr. 21 endgültig zu Bruch<br />
Der »Aero Club of America« zieht 1906 eine erste Bilanz. Ganz links: Ein Ensemble winziger Fotos,<br />
dessen Deutung die Phantasie <strong>der</strong> Weißkopf-Forscher seit Jahrzehnten beflügelt<br />
blem für den Überflieger Weißkopf, <strong>der</strong> sich<br />
(laut eigener Aussage) in einem spontanen<br />
Geistesblitz über den Rumpf lehnt, sein Gewicht<br />
verlagert und ansonsten am Gashebel<br />
spielt, um die beiden Luftschaufeln mit verschiedenen<br />
Drehzahlen rotieren zu lassen …<br />
Diese unglaubliche Geschichte wird ein<br />
paar Tage später im Unterhaltungsteil des<br />
Seriöse Luftfahrthistoriker tun<br />
sich schwer mit dem ›Fall Weißkopf‹.<br />
Steuerbarkeit und Antriebsleistung <strong>der</strong> Nr. 21<br />
werden heute stark bezweifelt<br />
propeller, angetrieben von einem selbst gebauten<br />
Acetylenmotor. Sogar die beiden<br />
vor<strong>der</strong>en Rä<strong>der</strong> sollen per 10-PS-Motor angetrieben<br />
worden sein – für die gesteigerte<br />
Startbeschleunigung (!) am Boden, wie<br />
man später nachlesen kann. Praktischer<br />
Nebeneffekt: Die Wegstrecke von <strong>der</strong><br />
Werkstatt zum Fluggelände, immerhin<br />
fünfzehn Meilen, kann <strong>der</strong> vielseitig verwendbare<br />
»Condor« aus eigener Kraft auf seinen<br />
Holzrädchen zurücklegen …<br />
Seriöse Luftfahrthistoriker konnten mit alldem<br />
noch nie viel anfangen und fassten den<br />
»Fall Weißkopf« bevorzugt mit spitzen<br />
Fingern an, abgestoßen von hochfahrenden<br />
Behauptungen angesichts äußerst dünner Beweislage<br />
und höchst zweifelhafter Zeugenaussagen<br />
– oft erst Jahrzehnte später zu Protokoll<br />
gegeben. Eine davon: Schon 1899 in<br />
Wochenendblättchens »Bridgeport Sunday<br />
Herald« veröffentlicht; das Interesse hält sich<br />
in Grenzen. Bedeutende Steigerung im Frühjahr<br />
1902. Weißkopf legt sich auf die Behauptung<br />
fest, er sei mit <strong>der</strong> verbesserten Nr. 22<br />
zwei und sieben Meilen weit geflogen: über<br />
den winterlichen Long Island Sound – mit anschließen<strong>der</strong><br />
Wasserlandung. Und natürlich<br />
war wie<strong>der</strong> kein Fotograf zur Stelle!<br />
Kernfrage: Wie lassen sich diese erstaunlichen<br />
Leistungen in Einklang bringen mit<br />
Weißkopfs eigenwilligem Vehikel Nr. 21,<br />
während an<strong>der</strong>e Pioniere ihre frühesten Motorflüge<br />
noch jahrelang in Sekunden messen<br />
dürfen – bestenfalls!<br />
Der großflächige Eindecker, Anfang 1901<br />
entstanden, hat faltbare Flügel und zwei Zug-<br />
Aus dieser Lage (A) soll das »California«-Foto entstanden sein<br />
Fakten o<strong>der</strong><br />
Fiktionen? In <strong>der</strong><br />
Whitehead-Story<br />
des »Bridgeport<br />
Sunday Herald«<br />
vom 18. August<br />
1901 erkennen<br />
die meisten Luftfahrtforscher<br />
zu<br />
viel Wunschdenken<br />
des<br />
Erfin<strong>der</strong>s<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
59
ZEITGESCHICHTE<br />
Luftfahrtpioniere<br />
Pittsburgh will Weißkopf per Dampfkraft geflogen<br />
und gegen ein dreistöckiges Haus gekracht<br />
sein; sein Passagier, <strong>der</strong> als »Heizer«<br />
diente, soll sich dabei schwer verbrüht haben!<br />
Unfug und Wichtigmache, sagen mehrheitlich<br />
die Gelehrten.<br />
Aber ernsthaft: Auf sämtlichen bekannten<br />
Fotografien – immer noch das Maß aller Dinge<br />
in <strong>der</strong> Luftfahrtgeschichte – sieht man die<br />
Nr. 21 am Boden herumstehen. Im März 2013<br />
heißt es aus den Reihen <strong>der</strong> Weißkopf-Anhänger,<br />
endlich habe man ein Foto gefunden,<br />
das den Condor im Flug zeige! Allenfalls die<br />
Umstände hätten dessen Veröffentlichung<br />
verhin<strong>der</strong>t. Der clever lancierte Presse-Scoop<br />
wird mit viel Getrommel begleitet und durch<br />
Was steckt hinter dem »Condor«?<br />
bildkräftige Internetpräsentation fantasievoll<br />
gestützt. Aufregend neues Material ist zwar<br />
nicht dabei, aber niemals zuvor ist es so geschickt<br />
arrangiert worden – unter sorgfältiger<br />
Umgehung sämtlicher Wi<strong>der</strong>sprüche! Darin<br />
ist auch von einer groß angelegten Verschwörung<br />
<strong>der</strong> »Anti-Weißkopf-Fraktion« die Rede,<br />
angeführt vom National Air and Space Museum<br />
(NASM) in Washington.<br />
Worum geht es im Wesentlichen? Ein bis<br />
zur Unkenntlichkeit vergrößertes »Foto« wird<br />
Viel Mühe machte sich die empörte Wright-Fraktion bei <strong>der</strong> korrekten Zuordnung dieses umstrittenen<br />
Fotos (unten links). Auch die Weißkopf-Anhänger hatten die Bildbearbeitungs-Programme<br />
ihrer Computer hochgefahren, um ihre Behauptungen zu untermauern. Der Streit wurde im vergangenen<br />
Jahr mit großer Vehemenz geführt!<br />
Brachte die Weißkopf-Gemeinde 2013 ins<br />
Schwärmen: Der »Condor« fliegt! Die an<strong>der</strong>en<br />
staunten nur über das nebelhafte Gebilde …<br />
Skizze statt<br />
Foto, 1901<br />
Computeranimation,<br />
2013. So<br />
könnte <strong>der</strong><br />
»Flug« des Condor<br />
ausgesehen<br />
haben<br />
Blieb lange in den Archiven versunken: erhaltener<br />
Schnappschuss des Montgomery-Gleiters<br />
»California«, Mai 1906<br />
Aus dem richtigen<br />
Winkel fotografiert,<br />
ergibt sich verblüffende<br />
De ckungsgleichheit<br />
mit <strong>der</strong> vermeintlichen<br />
»Condor«-Flugaufnahme<br />
wortreich zum Beweis erhoben. Darauf zu sehen<br />
ist ein schleierhaftes Gebilde, das die verblüfften<br />
Zweifler in den USA prompt als<br />
»aviatischen Rohrschach-Test« bewitzelt haben.<br />
Die Bildquelle stammt aus dem Jahr<br />
1906, als <strong>der</strong> New Yorker »Aero Club of America«<br />
in einer Ausstellung allerlei Exponate<br />
und Fotos zusammengetragen hatte. Schon<br />
seit Jahrzehnten starren die Weißkopf-Fans<br />
auf ein paar winzige Schnappschüsse an <strong>der</strong><br />
rückwärtigen Wand und rätseln, was sich zugunsten<br />
ihres Pioniers herauslesen lassen<br />
könnte. Mit einem Hinweis im Scientific<br />
American hatte die Bil<strong>der</strong>deutung begonnen.<br />
Auf allen bekannten Fotografien sieht man<br />
die Nr. 21 am Boden herumstehen.<br />
Um die Dinge zurechtzurücken, hat auch<br />
die Gegenseite ihre Bildarchive durchstöbert<br />
– und kann offenbar den wahren Gegenstand<br />
des schleierhaften Bildes inzwischen benennen:<br />
den Tandemgleiter »California« des<br />
(kaum bekannten) Professors John J. Montgomery<br />
von <strong>der</strong> Universität »St. Clara« in Kalifornien.<br />
Seitdem ist es im »Fall Weißkopf« etwas<br />
ruhiger geworden; man schweigt sich an.<br />
Im Leutershausener Hauptquartier <strong>der</strong><br />
FFGW tut man freilich so, als wäre nichts<br />
geschehen. Dort ist man noch immer ganz<br />
kirre – vor Freude über plötzlich zugesagte<br />
För<strong>der</strong>mittel aus München. Damit soll das<br />
Weißkopf-Museum aufgefrischt werden, um<br />
für den erwarteten Besucheransturm <strong>der</strong> internationalen<br />
Luftfahrtgemeinde gewappnet<br />
zu sein … Man wird sehen.<br />
Tatsachen: Im Jahr 1912 ist Gustav Weißkopf<br />
finanziell erledigt und schlägt sich so<br />
durch; er hat eine Familie zu versorgen. 1927<br />
stirbt er und hinterlässt acht Dollar. Seine<br />
flugtechnischen Arbeiten geraten in Vergessenheit<br />
und werden erst Mitte <strong>der</strong> 1930er-<br />
Jahre wie<strong>der</strong> hervorgezogen. Modifizierte<br />
Nachbauten <strong>der</strong> Nr. 21 mit mo<strong>der</strong>nen Antriebseinheiten<br />
haben schon 1986 und 1998<br />
dessen grundsätzliche Flugtauglichkeit bewiesen.<br />
Niemand wagte, damit in die Kurve<br />
zu gehen. Einen längeren, stabilen und<br />
gesteuerten Flug über mehrere Minuten gab<br />
die Konstruktion selbst in dieser Version<br />
nicht her.<br />
Ist <strong>der</strong> wackere, respektable Pionier Gustav<br />
Weißkopf das Opfer einer Legende geworden,<br />
die an<strong>der</strong>e für ihn gesponnen haben? Der Eindruck<br />
drängt sich förmlich auf; in den letzten<br />
25 Jahren seines Lebens hat <strong>der</strong> bayerische<br />
Einwan<strong>der</strong>er keinerlei Ansprüche mehr auf<br />
den Thron des »weltersten Motorflugs« erhoben.<br />
In <strong>der</strong> Neuen Welt scheint <strong>der</strong> talentierte<br />
Tüftler aus dem Mittelfränkischen nie ganz<br />
angekommen zu sein. Und in den Annalen<br />
<strong>der</strong> Luftfahrt irgendwie auch nicht. ■<br />
60
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ZEITGESCHICHTE<br />
»Big Week«<br />
B-17 G <strong>der</strong> 15. USAAF (416th Bomb<br />
Squadron, 99th Bomb Group) beim<br />
Bombenabwurf<br />
Foto USAF<br />
»DIE BOMBER KOMMEN!«<br />
Angriffsziel Deu<br />
Immense Kapazitäten an Menschen und Material werden bereitgestellt. Von diesen Schlägen<br />
soll sich die deutsche Luftwaffe nicht mehr erholen – so zumindest die Planung.<br />
Am Ende <strong>der</strong> »Big Week« soll die feindliche Jägerrüstung für immer am Boden liegen<br />
Von Dietmar Herrmann<br />
Das Ziel ist ehrgeizig: Mit groß angelegten<br />
Bombenangriffen will die US<br />
Air Force die deutschen Flugzeugwerke<br />
in Schutt und Asche legen. Ohne Nachschub<br />
an Jägern wäre Görings Luftwaffe endgültig<br />
ausgeschaltet. Erstmals steht den<br />
Amerikanern dazu eine gewaltige Bomber -<br />
armada zur Verfügung, um mit <strong>der</strong> Operation<br />
»Argument«, an <strong>der</strong> sich auch die RAF mit<br />
Nachtangriffen beteiligt, <strong>der</strong> Luftwaffe den<br />
letzten vernichtenden Schlag zuzufügen.<br />
Bevor das Unternehmen beginnt, kommt<br />
es zu einer wichtigen Personalverän<strong>der</strong>ung<br />
bei <strong>der</strong> 8. US Luftwaffe. General Ira C. Eaker,<br />
<strong>der</strong> den Verband in Großbritannien aufgebaut<br />
hat, wird am 6. Januar 1944 durch General<br />
James H. Doolittle abgelöst. Dessen Strategie<br />
gegenüber <strong>der</strong> deutschen Luftwaffe ist<br />
deutlich aggressiver, was sich auch an <strong>der</strong><br />
Zahl <strong>der</strong> Bomber festmachen lässt, die ständig<br />
wächst.<br />
Im Februar 1944 verfügt die 8. USAF über<br />
1129 schwere B-17-Bomber, von denen 786<br />
einsatzbereit sind. Hinzu kommen 260 dienstfähige<br />
B-24-Bomber von insgesamt 352. Allein<br />
die Zahl <strong>der</strong> einsatzbereiten Bomber liegt bei<br />
1046. Hinzu kommen 192 B-17 und 518 B-24<br />
bei <strong>der</strong> 15. USAAF in Italien.<br />
Blutige Erfahrungswerte<br />
Die ursprüngliche Theorie, dass die schweren<br />
Bomber sich mit ihrer massiven Abwehrbewaffnung<br />
selbst schützen könnten, funktionierte<br />
nur eingeschränkt. Bereits bei den Ein-<br />
sätzen gegen Schweinfurt im August und Oktober<br />
1943 erkannte man die Schwachpunkte<br />
dieser Strategie und forcierte den Einsatz von<br />
Langstreckenbegleitjägern.<br />
Da in erster Linie P-47-Jäger den Schutz<br />
übernehmen mussten, erhöhten die Konstrukteure<br />
<strong>der</strong>en Reichweitenleistung durch<br />
die Mitnahme von zwei zusätzlichen Treibstofftanks<br />
unter <strong>der</strong> Tragfläche beträchtlich.<br />
Das Gleiche galt auch für die P-38-Jäger, die<br />
damit einen Aktionsradius von rund 950 Kilometern<br />
besaßen.<br />
Obwohl bereits auch die neuen P-51 Mustang<br />
Begleitschutz fliegen, ist ihre Anzahl gegenüber<br />
<strong>der</strong> P-47 noch äußerst gering. Von<br />
den im Dezember 1943 eingesetzten 838 Begleitjägern<br />
sind 741 Stück P-47 an<strong>der</strong>e Typen.<br />
62
tschland<br />
Nach dem Winter 1943/44 warten die<br />
Amerikaner auf eine Besserung <strong>der</strong> Großwetterlage,<br />
um mit ihrer Luftoffensive zu beginnen.<br />
Im Februar 1944 ist es so weit und <strong>der</strong><br />
Beginn des Unternehmens wird auf den<br />
20. des Monats festgelegt.<br />
Primärziel ist die Zerstörung <strong>der</strong> deutschen<br />
Produktionsstätten für die ein- und<br />
zweimotorigen Jäger. Die 8. USAF will in <strong>der</strong><br />
Reihenfolge angreifen:<br />
1. Erla in Leipzig – Bf 109,<br />
2. Regensburg/Prüfening – Bf 109 (zusammen<br />
mit <strong>der</strong> 15. USAAF),<br />
3. Posen – Fw 190,<br />
4. Gotha – Me 110,<br />
5. Bernburg, Halberstadt und Oschersleben –<br />
Ju 88,<br />
6. Braunschweig – Me 110,<br />
7. Arado/Tutow – Fw 190,<br />
8. Kassel/Waldau – Fw 190,<br />
9. Schkeuditz – Ju 88.<br />
Die 15. USAAF soll neben Regensburg auch<br />
noch die Me-410-Produktion in Augsburg<br />
und das DB-Motorenwerk in Steyr angreifen.<br />
Weitere Ziele sind Wien-Schwechat (He 219),<br />
Fischamend (Me 109) und Szigetszentmiklós<br />
in Ungarn (Me 410).<br />
Dieser Übermacht steht hauptsächlich das<br />
deutsche I. Jagdkorps entgegen. Geführt wird<br />
es von Generalleutnant Josef Schmid und untersteht<br />
direkt <strong>der</strong> am 5. Februar 1944 gebildeten<br />
»Luftflotte Reich«, <strong>der</strong>en Stärke bei 450<br />
einmotorigen und 100 zweimotorigen Jägern<br />
liegt, sowie 50 Nachtjäger, die auch tagsüber<br />
einsetzbar sind. Hinzu kommen das II. Jagdkorps<br />
(Frankreich) mit den Jagdgeschwa<strong>der</strong>n<br />
JG 2 und JG 26 und die Jäger <strong>der</strong> 7. Jagddivision<br />
(Ostmark).<br />
Erfolgreiche Täuschung<br />
Alles läuft wie geplant und die Operation<br />
»Argument« läuft am 20. Februar an. Bereits<br />
in <strong>der</strong> Nacht zuvor greifen die Bomber <strong>der</strong><br />
RAF Leipzig und Berlin an. Für den ersten<br />
Tag sind die Pläne für die zwölf Ziele genau<br />
ausgearbeitet worden.<br />
1003 Bomber machen sich auf den Weg,<br />
geschützt von 832 Jägern. Über 400 B-17 greifen<br />
Leipzig/Mockau, Bernburg, Oschersleben<br />
und die Erla-Anlagen bei Leipzig Heiterblick<br />
und Abtnaundorf an – nur sieben B-17 gehen<br />
dabei verloren.<br />
Die zweite Armada mit 314 B-17 fliegt<br />
Richtung Tutow und Posen. Da die Wolkendecke<br />
über Posen keinen Bombenwurf erlaubt,<br />
wird das Ausweichziel Rostock von 191<br />
B-17 angegriffen, sechs <strong>der</strong> »Fliegenden Festungen«<br />
kehren nicht mehr zurück.<br />
Ein dritter Bomberstrom mit 272 B-24 wirft<br />
seine Ladung über Braunschweig, Gotha,<br />
Helmstedt und Oschersleben ab. Auch hier<br />
halten sich die Verluste mit acht Maschinen in<br />
Grenzen. Davon gehen allein vier B-24 auf<br />
das Konto von Hauptmann Rolf Hermichen,<br />
dem Gruppenkommandeur <strong>der</strong> I./JG 11.<br />
Doch wo ist <strong>der</strong> Rest <strong>der</strong> Luftwaffe? Die<br />
schlechten Wetterbedingungen verhin<strong>der</strong>n<br />
zum einen den geordneten Zusammenschluss<br />
zu größeren Jägerverbänden. Aber<br />
die deutsche Jägerführung macht auch einen<br />
schweren Fehler. Zunächst schickt sie die<br />
Maschinen in Richtung des ersten nördlich<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
63
ZEITGESCHICHTE<br />
»Big Week«<br />
Die Firma AGO baute in Oschersleben die Fw 190 in Lizenz<br />
fliegenden Bomberstroms. Als <strong>der</strong> zweite Verband<br />
über den Nie<strong>der</strong>landen erscheint, werden<br />
die Jäger zurückbeor<strong>der</strong>t, um diesen abzufangen.<br />
Doch sie kommen zu spät. Genau<br />
das ist die Absicht <strong>der</strong> Amerikaner – mehrere<br />
Bomberströme sollen die Kräfte <strong>der</strong> Luftwaffe<br />
zersplittern. Von 362 gestarteten Jägern bekommen<br />
deshalb nur 155 Feindkontakt. Dort,<br />
wo es zum Aufeinan<strong>der</strong>treffen kommt, ist die<br />
Abwehr hart und sind die Verluste hoch. Im<br />
Bereich des I. Jagdkorps gehen 28 Jäger verloren<br />
und 21 tragen schwere Schäden davon.<br />
Zehn Flugzeugführer werden getötet, 19 verwundet<br />
und 34 gelten als vermisst.<br />
Eigentlich sollte die 15. USAAF von Italien<br />
aus die Messerschmitt-Werke in Regensburg<br />
angreifen. Doch <strong>der</strong> geplante Doppelschlag<br />
bleibt aus, weil die eisigen Temperaturen über<br />
den Alpen einen Angriff verhin<strong>der</strong>n.<br />
Zerstörung <strong>der</strong> Flugplätze<br />
Der zweite Tag gilt den deutschen Flugplätzen.<br />
861 amerikanische Bomber machen sich<br />
mit 679 Begleitjägern (542 P-47, 68 P-51, 69 P-38)<br />
am Morgen des 21. Februar auf den Weg zu<br />
ihren Zielen.<br />
336 B-17 sollen eigentlich Flugplätze bei<br />
Gütersloh, Lippstadt und Werl angreifen.<br />
Doch schlechtes Wetter macht ihnen einen<br />
Strich durch die Rechnung. Die Ausweichziele<br />
heißen Achmer, Hopsten, Rheine, Diepholz,<br />
Bramsche und Quackenbrück. In Achmer<br />
liegt zu diesem Zeitpunkt die III. Gruppe des<br />
Kampfgeschwa<strong>der</strong>s 2, die mit ihren Do-217-<br />
Von 282 eingesetzten Jägern gehen elf<br />
verloren und 14 werden schwer beschädigt.<br />
Bombern wie<strong>der</strong>um England im Rahmen <strong>der</strong><br />
Operation »Steinbock« angreift. Diepholz ist<br />
darüber hinaus das Ziel von 281 weiteren<br />
Boeing B-17, <strong>der</strong>en zweiter Schwerpunkt erneut<br />
Braunschweig heißt. Hier gehen weitere<br />
fünf Bomber verloren. 244 B-24, <strong>der</strong>en Ziele<br />
die Plätze von Achmer und Handorf sind,<br />
weichen auf Diepholz, Verden und Hesepe<br />
aus. In Hesepe/Verden liegt mit <strong>der</strong> I. Gruppe<br />
des KG 2 ebenfalls eine Gruppe des Geschwa<strong>der</strong>s.<br />
Die amerikanischen Verluste sind bei allen<br />
Angriffen mit 16 Bombern und fünf Jägern<br />
auch hier gering. Die Reaktion <strong>der</strong> Luftwaffe<br />
bleibt zum größten Teil aus. Tiefhängende<br />
Wolken und schlechte Sicht verzögern massiv<br />
den Start <strong>der</strong> deutschen Jäger. Das JG 3 und<br />
ZG 26 beispielsweise hatten keinerlei Feindberührung,<br />
weil sie nicht rechtzeitig aufsteigen<br />
konnten. Die deutschen Verluste halten<br />
sich dadurch in Grenzen. Von 282 eingesetzten<br />
Jägern gehen elf verloren und 14 werden<br />
schwer beschädigt.<br />
Deutsches Wetter<br />
Am Morgen des 22. Februar schicken die<br />
Amerikaner ihre Luftstreitmacht erneut Richtung<br />
Deutsches Reich. Der erste Angriff <strong>der</strong><br />
Die Produktion brach bei<br />
Gotha nur im Februar<br />
mit 44 Stück kurzzeitig<br />
ein. Im März lieferte die<br />
Firma 108 Bf 110 ab<br />
und damit mehr als im<br />
Januar 1944<br />
Als Ausweichziel<br />
fasste man Rostock<br />
ins Auge. Hier eine<br />
B-17 beim Überflug,<br />
die Bombeneinschläge<br />
am Boden sind gut<br />
zu erkennen. Einen<br />
spürbaren Produktionseinbruch<br />
gab es<br />
bei Heinkel aber nicht<br />
Fotos, soweit nicht an<strong>der</strong>s angegeben, Dietmar Hermann<br />
64
8. Luftflotte richtet sich gegen die Produktionsstätten<br />
von Junkers in Aschersleben, Bernburg<br />
und Halberstadt. Eine zweite Armada<br />
soll wie<strong>der</strong> Schweinfurt ins Visier nehmen.<br />
Während sich 289 »Fliegende Festungen«<br />
auf den Weg zum ersten Ziel machen, muss<br />
<strong>der</strong> Angriff von 333 B-17 auf Schweinfurt<br />
noch vor Erreichen <strong>der</strong> Küste abgebrochen<br />
werden. Wegen schlechten Wetters ist ein<br />
geordnetes Sammeln unmöglich. Auch 177<br />
Liberator-Bomber, die schon 160 Kilometer<br />
landeinwärts unterwegs sind, brechen ihren<br />
Angriff ab.<br />
Die Deutschen registrieren bereits um viertel<br />
nach acht Uhr morgens eine große Bomberflotte<br />
über England. Die alliierten Begleitjäger<br />
schirmen die Bomber noch bis kurz vor<br />
dem Ziel ab. Aber genau in <strong>der</strong> Zeit zwischen<br />
13:50 und 14:15 Uhr fliegen die B-17 ohne<br />
Schutz. Das ist <strong>der</strong> Moment, in dem die deutschen<br />
Jäger ihre Chance sehen – den Angriff<br />
können sie aber nicht verhin<strong>der</strong>n. Das I. Jagdkorps<br />
setzt zur Abwehr 332 Jäger ein. Die<br />
Deutschen glauben, 55 Bomber und zehn Jäger<br />
abgeschossen zu haben. Die 8. USAAF<br />
verliert aber »nur« 38 B-17 und elf ihrer Jäger.<br />
Würde man den amerikanischen Zahlen<br />
glauben, so haben die Amerikaner 100 deutsche<br />
Jäger vom Himmel geholt, tatsächlich<br />
waren es deutlich weniger. Das I. Jagdkorps<br />
büßt elf Jäger ein, 16 weitere werden zu mehr<br />
als 60 Prozent beschädigt.<br />
Am 23. Februar hält schlechtes Wetter die<br />
Bomber in England am Boden fest. Lediglich<br />
die 15. USAF startet mit 102 Liberator, insbeson<strong>der</strong>e<br />
gegen die Waffenfabrik in Steyr. 214<br />
Bomben werden zwar abgeworfen, doch ohne<br />
großen Erfolg. Sieben Liberator kommen nicht<br />
mehr zurück, zehn weitere bleiben vermisst.<br />
Siege <strong>der</strong> Luftwaffe<br />
Nur einen Tag später erfasst die Luftwaffe den<br />
Einflug von 960 Bombern und 680 Jägern. Ihnen<br />
stehen 336 Jäger im Bereich des I. Jagdkorps<br />
zur Abwehr gegenüber. Gegen zehn Uhr<br />
erkennen die deutschen Funkstationen einen<br />
großen Bomberverband 120 Kilometer westlich<br />
von Texel. Das Ziel von 304 B-17-Bombern<br />
sind die Fw-190-Werke von Posen, Kreising<br />
Das Ende <strong>der</strong> Zerstörerwaffe in Sicht<br />
Messerschmitt Bf 109 G-6/R6 <strong>der</strong><br />
7./JG 3 in Bad Wörishofen Ende 1943.<br />
Geflogen wurde sie von Staffelkapitän<br />
Hauptmann Karl-Heinz Langer<br />
Zeichnung Herbert Ringlstetter/Aviaticus<br />
und Tutow. Eine geschlossene Wolkendecke<br />
macht jedoch einen Angriff fast unmöglich.<br />
Nur 32 Bomber, die von einer mit Radar ausgerüsteten<br />
Zielfin<strong>der</strong>-B-17 geführt werden,<br />
werfen ihre Ladung ab. Die an<strong>der</strong>en Maschinen<br />
fliegen zu ihren Sekundärzielen. Wie<strong>der</strong><br />
trifft es Heinkel in Rostock-Marienehe. Fünf<br />
B-17 kehren vom Einsatz nicht mehr zurück.<br />
239 B-24 schickt die 8. USAF in Richtung<br />
Gotha und Eisenach. Das Ziel Eisenach bleibt<br />
Die B-17 G des 532nd BS <strong>der</strong> 381st BG flogen<br />
ebenfalls ihre Angriffe während »Big Week« Foto USAF<br />
Gleich am ersten Tag <strong>der</strong> »Big Week« trifft<br />
es die Bf 110 G <strong>der</strong> III./ZG 26 beson<strong>der</strong>s<br />
hart. Um die Mittagszeit starten die Zerstörer<br />
von Wunstorf aus zum Abwehreinsatz. In<br />
vier Kilometer Höhe, mitten im Steigflug und<br />
ohne Vorwarnung, greifen P-47-Thun<strong>der</strong>bolt-<br />
Begleitjäger <strong>der</strong> 56th FG die ersten 13 Zerstörer<br />
<strong>der</strong> Gruppe an. Als <strong>der</strong> Rest <strong>der</strong> Gruppe<br />
am vereinbarten Sammelpunkt eintrifft,<br />
sind keine Bf 110 mehr zu sehen. Die amerikanischen<br />
Begleitjäger haben innerhalb weniger<br />
Minuten elf <strong>der</strong> 13 Bf 110 abgeschossen,<br />
die den schnellen, wendigen Jägern<br />
nicht gewachsen waren.<br />
■<br />
Bf 110 auf einem Feldflugplatz<br />
Die II./ZG 26 war mit sieben B-17-Abschüssen<br />
in <strong>der</strong> »Big Week« erfolgreich. Ihr Kommandeur<br />
Hauptmann Eduard Tratt erzielte noch am 20.<br />
Februar 1944 seinen 38. Luftsieg. Nur zwei Tage<br />
später starb er im Luftkampf mit seiner Me 410<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
65
ZEITGESCHICHTE<br />
»Big Week«<br />
Beim Angriff am 21. Februar 1944 auf den<br />
Flugplatz Achmer entstand dieses Bild <strong>der</strong><br />
B-24H von <strong>der</strong> 453rd BG, 732nd BS Foto USAF<br />
Die B-24J-165-CO (7-VD) »Jolly Roger« <strong>der</strong> 752nd Bomb Squadron, 458th Bomb Group <strong>der</strong><br />
8. US Air Force, beim Bombenabwurf am 24. Februar 1944 über Bielefeld Foto USAF<br />
Das Problem <strong>der</strong> Reichweite<br />
Einer <strong>der</strong> größten Nachteile <strong>der</strong> P-47 war die<br />
viel zu geringe Reichweite für Begleiteinsätze.<br />
Erst <strong>der</strong> Einsatz von Zusatztanks schuf<br />
Abhilfe. Bereits seit September 1943 war<br />
die Mitnahme von 108 gal-(409 l)-Papertanks<br />
unter dem Rumpf möglich. Dadurch<br />
konnte die Reichweite auf 1665 Kilometer<br />
erhöht werden. Es sollte aber noch bis zum<br />
20. Februar 1944 dauern, bis sich die Flugzeit<br />
<strong>der</strong> P-47-Begleitjäger durch den Einsatz<br />
<strong>der</strong> 150 US-gal-(568 l)-Metall-Zusatztanks<br />
unter dem Rumpf noch weiter erhöhen ließ.<br />
Damit konnten sie die US-Bomber bis weit<br />
ins Deutsche Reich eskortieren. Hier die<br />
P-47 D von Captain John Duncan vom<br />
376 FS, 361 FG. ■<br />
P-47: mit Zusatztank<br />
zum Ausdauerjäger<br />
zum größten Teil verschont. Durch eine defekte<br />
Sauerstoffmaske leidet <strong>der</strong> Hauptbombenschütze<br />
an <strong>der</strong> Höhenkrankheit und verfehlt<br />
dadurch die Stadt. 43 weitere B-24 lösen<br />
daraufhin ebenfalls falsch aus. Durch starken<br />
Rückenwind im Zielgebiet über Gotha wird<br />
<strong>der</strong> Treffpunkt mit den Begleitjägern verpasst.<br />
Daher muss die Stadt ohne Begleitschutz angeflogen<br />
werden. Jäger <strong>der</strong> II./JG 3, I./JG 11<br />
und I./ZG 26 nutzen diese Situation aus. Die<br />
Folge sind hohe alliierte Verluste. Allein die<br />
445. BG verliert 13 ihrer 25 Flugzeuge. Insgesamt<br />
gehen 34 B-24 verloren.<br />
Deutlich schwieriger haben es die deutschen<br />
Jäger bei dem Angriff von 266 »Fliegenden<br />
Festungen« auf Süddeutschland. Erneut<br />
sind die Kugellagerfabriken von Schweinfurt<br />
ihr Ziel. Doch diesmal läuft es besser für die<br />
Amerikaner. Die Begleitjäger schirmen die<br />
Bomber gut ab. Nur elf »Möbelwagen« gehen<br />
verloren. Die 15. USAF schickt ebenfalls 149<br />
ihrer Bomber gegen die Motorenwerke von<br />
Daimler-Puch nach Steyr. Die Werksanlagen<br />
werden schwer getroffen. Insgesamt gehen 19<br />
Flugzeuge – trotz Begleitschutz – verloren.<br />
Die Luftwaffe greift mit Bf 110 an, die<br />
21-cm-Bordraketen erfolgreich einsetzen. Beide<br />
US-Luftflotten verlieren an diesem Tag<br />
65 Bomber und 13 Jäger. Es sind die schwersten<br />
Tagesverluste während <strong>der</strong> »Big Week«.<br />
Das I. Jagdkorps büßt 26 Jäger ein, zwölf<br />
weitere sind mit über 60 Prozent Schaden<br />
nicht mehr einsatzfähig. Zusammen mit <strong>der</strong><br />
4. (Frankreich) und 7. Jagddivision (Ostmark)<br />
verliert die Luftwaffe 33 ihrer Flugzeugführer.<br />
Britische Nachtangriffe<br />
In <strong>der</strong> folgenden Nacht greift die RAF nochmals<br />
Schweinfurt an. Die 734 Lancaster und<br />
Halifax fliegen in zwei Wellen in einem Abstand<br />
von zwei Stunden. Im Kampf <strong>der</strong> ersten<br />
66
Welle mit <strong>der</strong> Luftwaffe verlieren die Briten<br />
22 Maschinen. Doch die zweite Welle kommt<br />
fast ungehin<strong>der</strong>t durch und büßt »nur« elf<br />
Bomber ein. Für Schweinfurt sind es die<br />
schlimmsten Angriffe des Krieges. Die Stadt<br />
wird schwer getroffen.<br />
Doppelschlag gegen Messerschmitt<br />
Der Himmel am 25. Februar über dem Deutschen<br />
Reich ist wolkenlos. Es ist <strong>der</strong> letzte Tag<br />
<strong>der</strong> »Big Week«. Die US Luftwaffe fokussiert<br />
sich auf die Messerschmitt-Werke von Augsburg<br />
und Regensburg.<br />
Für 268 B-17-Bomber heißen die Ziele Messerschmitt<br />
in <strong>der</strong> Rüstungsstadt am Lech und<br />
Stuttgart. Der Bomberstrom teilt sich auf, 196<br />
Bomber halten weiter Kurs auf die Fuggerstadt,<br />
50 Bomber fliegen nach Schwaben, um<br />
die SKF-Kugellagerfabrik anzugreifen.<br />
Eine zweite Armada <strong>der</strong> 8. USAF startet<br />
Richtung Regensburg. Mit einem Doppelschlag<br />
sollen hier die Messerschmitt-Werke ausgeschaltet<br />
werden. Es ist das erste Mal, dass die<br />
Amerikaner mit zwei Luftflotten das gleiche<br />
Ziel ins Visier nehmen. 267 <strong>der</strong> von England<br />
aus gestarteten B-17 erreichen ihr Ziel und laden<br />
fast 1000 Tonnen Bomben ab. Diesmal trifft<br />
es die Standorte Obertraubling und Prüfening<br />
beson<strong>der</strong>s schwer. Die Luftwaffe ist praktisch<br />
nicht präsent. Alle großen Pressen und 350<br />
Werkzeugmaschinen sind nur noch Schrott.<br />
Die Produktion <strong>der</strong> Bf 109 ist hier erst einmal<br />
lahm gelegt. Zwölf B-17 gehen verloren.<br />
Ein weiteres Ziel ist die Luftfahrtindustrie<br />
im Raum Fürth. Die Firma »Bachmann & Blumenthal«<br />
baut dort unter an<strong>der</strong>em Bf-110-<br />
Nach dem Abschuss inspiziert Major Walther<br />
Dahl diese bruchgelandete B-17<br />
Komponenten. Das Werk wird schwer ge -<br />
troffen. Die gesamten Verluste bei <strong>der</strong> 8. US-<br />
Luftflotte liegen bei 31 Bombern. Insgesamt<br />
begleiten 73 P-38, 687 P-47 und 139 P-51 die<br />
Bomber, wobei lediglich drei Jäger als Verlust<br />
verbucht werden müssen.<br />
Seitens des I. Jagdkorps gilt <strong>der</strong> Einsatz<br />
gegen die US-Bomber als kompletter Fehlschlag.<br />
Die Maschinen <strong>der</strong> 1. und 2. Jagd -<br />
Seitens des I. Jagdkorps gilt <strong>der</strong> Einsatz gegen<br />
die US-Bomber als kompletter Fehlschlag.<br />
divi sion werden in Alarmbereitschaft versetzt,<br />
da man einen massiven Angriff in<br />
Norddeutschland erwartet, <strong>der</strong> aber nicht<br />
kommt. Es ist ein groß angelegtes und gelungenes<br />
Ablenkungsmanöver und die<br />
Deutschen fallen darauf herein. Nur rund<br />
100 Jägern schaffen es, an den Feind zu kommen.<br />
Sechs davon kehren nicht mehr auf<br />
ihre Liegeplätze zurück.<br />
Große Verluste<br />
Für den Doppelschlag gegen die Messerschmitt-Werke<br />
starten von Italien aus die<br />
Bomber <strong>der</strong> 15. USAF, die mit 40 B-17 und 103<br />
Die Avro Lancaster B.III BQ-B <strong>der</strong><br />
550 Squadron (RAF) »Phantom of the<br />
Ruhr« flog während <strong>der</strong> »Big Week«<br />
Nachteinsätze<br />
Zeichnung Juanita Franzi<br />
B-24 Regensburg an diesem Tag zuerst erreichen,<br />
geschützt von 36 P-47 und 85 P-38. Die<br />
Luftwaffe sichtet den Verband bereits über<br />
<strong>der</strong> Adria. Anschließend entbrennt eine heftige,<br />
an<strong>der</strong>thalbstündige Luftschlacht. Pausenlos<br />
greifen Jäger <strong>der</strong> 7. Jagddivision und des<br />
JaFü Ostmark die US-Bomber an.<br />
Gezielter Angriff von hinten<br />
Die deutschen Jäger, sowohl einmotorige als<br />
auch zweimotorige, konzentrieren sich dabei<br />
auf die letzten Bombergruppen und greifen<br />
gezielt von hinten an. Dabei schießen sie pro<br />
durchgekommener Angriffswelle eine Viermot<br />
ab. Insgesamt verliert die 15. USAF so<br />
39 Bomber. Beson<strong>der</strong>s erfolgreich sind die<br />
III./JG 3 unter Major Walther Dahl, die zwölf<br />
Bomber ausschalten kann, und die I./JG 27<br />
mit ihren Bf 109 unter Hauptmann Franzisket<br />
mit elf Abschüssen. Auch die Zerstörer kommen<br />
diesmal durch, <strong>der</strong> I./ZG 76 mit ihren<br />
Bf 110 gelingen ebenfalls mehrere Luftsiege.<br />
Doch den Bombenangriff können sie nicht<br />
verhin<strong>der</strong>n. Noch genügend Feindflugzeuge<br />
erreichen das Ziel Regensburg und laden dort<br />
175 Tonnen Sprengbomben ab. 45 Minuten<br />
danach treffen auch die Bomber <strong>der</strong> 8. USAF<br />
über Regensburg ein und laden ihre »Fracht«<br />
ab – praktisch ohne Gegenwehr. Das Messerschmitt-Werk<br />
erhält nach amerikanischer<br />
Luftbildauswertung 24 direkte Treffer, 19 weitere<br />
zerstören die Anlagen für Rumpf- und<br />
Flächenfertigung <strong>der</strong> Bf 109.<br />
Die Amerikaner ziehen nach diesem Tag<br />
ein positives Fazit: »Die gleichzeitige Bedro-<br />
Die B-24 D-80-CO (s/n 42-40619) ging beim Angriff am 24. Februar<br />
1944 verloren. Drei Besatzungsmitglie<strong>der</strong> starben, sieben<br />
überlebten und gingen in Kriegsgefangenschaft<br />
Foto USAF<br />
Während <strong>der</strong> »Big Week« setzte die US Airforce auch die neue P-51<br />
Mustang ein. Allerdings war ihre Anzahl zu diesem Zeitpunkt noch<br />
gering. Hier vier Mustangs <strong>der</strong> 361. FG<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
67
ZEITGESCHICHTE<br />
»Big Week«<br />
James Harold Doolittle<br />
Mit seinem Namen bleibt<br />
ewig <strong>der</strong> erste Luftangriff<br />
am 18. April 1942 auf Japan,<br />
<strong>der</strong> sogenannte Doolittle<br />
Raid, verbunden. Es<br />
war eine gewagte Operation<br />
ohne Rückkkehr, mit 16<br />
B-25-Bombern von einem<br />
Flugzeugträger aus Ziele<br />
in verschiedenen japanischen<br />
Städten anzugreifen.<br />
Doolittles Besatzung hatte<br />
Glück und überlebte den<br />
Einsatz. Dieser Erfolg ließ<br />
ihn schnell zum Brigadegeneral<br />
aufsteigen.<br />
Diese Bf 109 G-6 trop, VP+OX,<br />
<strong>der</strong> I./JG 27 flog Abfangeinsätze<br />
von Wels am Wagram<br />
aus mit einem 300-l-Zusatztank<br />
Im September 1942<br />
übertrug man ihm das<br />
Kommando über die<br />
12. USAF in Nordafrika<br />
und ab November 1943<br />
kommandierte er dann<br />
die 15. US-Luftwaffe im<br />
Mittelmeerraum. Nur wenige<br />
Wochen später, am<br />
6. Januar 1944, löste er<br />
General Ira C. Eaker ab<br />
und übernahm damit den<br />
Oberbefehl über die<br />
8. US-Luftwaffe in England.<br />
Das blieb auch so<br />
bis zum Kriegsende. ■<br />
Im Februar 1944 waren die US-Begleitjäger hauptsächlich noch mit <strong>der</strong> von Republic Aviation<br />
Company hergestellten P-47 Thun<strong>der</strong>bolt ausgerüstet<br />
Foto USAF<br />
hung aus zwei Richtungen gegen Süddeutschland<br />
durch zwei amerikanische Luftflotten<br />
scheint die feindliche Führung ver -<br />
anlasst zu haben, ihre Kräfte im gleichen Ausmaß<br />
zu zerstreuen, sodass keiner <strong>der</strong> angreifenden<br />
Verbände erfolgreich dagegenhalten<br />
konnte.«<br />
Auswirkungen überschätzt<br />
Die US-Amerikaner verloren während »Big<br />
Week« 156 ihrer eingesetzten Bomber (3,8<br />
Prozent) bei <strong>der</strong> 8. USAF und 95 (5,4 Prozent)<br />
bei <strong>der</strong> 15. USAF. Bei einer Besatzungszahl<br />
von zehn Mann sind das 2510 Soldaten, die<br />
entwe<strong>der</strong> tot waren o<strong>der</strong> in Kriegsgefangenschaft<br />
gerieten. Die deutschen Jäger wichen<br />
den Begleitjägern aus und konzentrierten sich<br />
ausschließlich auf die »Großen Vögel«. Die<br />
Verluste an US-Begleitjägern blieben mit<br />
34 Jägern daher äußerst gering.<br />
Gleichzeitig will die US-Luftwaffe 740<br />
deutsche Jäger abgeschossen haben, was aber<br />
deutlich übertrieben ist. Tatsächlich büßten<br />
die Deutschen im Bereich des I. Jagdkorps 81<br />
Jäger ein, 64 weitere mussten mit Schäden<br />
über 60 Prozent abgeschrieben werden. 146<br />
Flugzeugführer <strong>der</strong> Luftwaffe starben. 250 Jäger<br />
mussten insgesamt als Totalverlust verbucht<br />
werden. Im Prinzip kostete damit ein<br />
US-Bomber-Abschuss einen deutschen Jäger.<br />
Amerikanische Auswertungen zeigten danach,<br />
dass die Produktion in Oschersleben für<br />
sechs Wochen, in Bernburg für zehn Wochen,<br />
in Fürth für zwei Monate und in Regensburg<br />
sogar für vier Monate gestoppt wurde. Die<br />
Gesamtproduktionskapazität wurde damit<br />
von insgesamt 900 auf 450 Flugzeuge nach<br />
den Angriffen zurückgeworfen. Doch war es<br />
tatsächlich so?<br />
AGO in Oschersleben baute von Januar bis<br />
März 1944 die Fw 190 A-6/A-7. Die Produktion<br />
im Januar lag bei 68 Jägern, ging im Februar<br />
infolge <strong>der</strong> Angriffe zwar auf 22 zurück,<br />
steigerte sich dann aber im März auf 111<br />
Fw 190. Damit wurde <strong>der</strong> Februar-Ausfall<br />
komplett aufgefangen. An<strong>der</strong>s sah es bei Messerschmitt<br />
in Regensburg aus. Hier ging die<br />
Bf-109-Produktion von 430 im Januar auf nur<br />
noch 135 im März 1944 zurück.<br />
Beginn <strong>der</strong> Dezentralisierung<br />
Die Auswirkungen auf die deutsche Flugzeugproduktion<br />
wurden sicherlich überschätzt.<br />
Die Amerikaner waren <strong>der</strong> Meinung,<br />
dass die angerichteten Schäden so schwer seien,<br />
dass sich die deutsche Luftfahrtindustrie<br />
davon nie wie<strong>der</strong> erholen würde. Außerdem<br />
waren sie sich sicher, dass sie sich mit diesen<br />
Angriffen die Lufthoheit über Deutschland<br />
bis zum Ende des Krieges sicherten.<br />
Die Angriffe während <strong>der</strong> »Big Week« auf<br />
die Luftfahrtindustrie machten <strong>der</strong> deutschen<br />
Führung deutlich, dass <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong><br />
68
Die deutsche Abwehr<br />
Die deutschen Jäger waren gegenüber den massiven Bombenangriffen <strong>der</strong> Alliierten weitgehend<br />
machtlos. Zwar gelangen immer wie<strong>der</strong> Abschüsse, allerdings führte dies auch zu einer Verringerung<br />
<strong>der</strong> Schlagkraft und einer Abnahme an gut ausgebildeten Flugzeugführern.<br />
Gegen die alliierten Bomber setzte die<br />
Luftwaffe erneut Bf-110-Zerstörer ein.<br />
Hier Bf 110 G <strong>der</strong> 9./ZG 26, die mit vier<br />
W.Gr.-21-Raketen unter <strong>der</strong> Tragfläche<br />
ausgerüstet waren<br />
Die I./JG 27 mit ihren Bf 109 G-6 unter Hauptmann<br />
Ludwig Franzisket war mit elf Abschüssen am letzten<br />
Tag <strong>der</strong> »Big Week« beson<strong>der</strong>s erfolgreich<br />
Auch wenn dieses Bild erst später entstand, es zeigt Fw-190-<br />
A-7-Jäger <strong>der</strong> II./JG 26 in typischer Angriffsformation mit<br />
300-l-Zusatztanks unter dem Rumpf<br />
Messerschmitt Me 410 B-1, 9K+HH,<br />
<strong>der</strong> 1./KG 51 »Edelweiß« in Frankreich im<br />
Februar 1944. Das KG flog Kampfeinsätze<br />
über England und gegen einfliegende<br />
Bomber Zeichnung Herbert Ringlstetter/Aviaticus<br />
zerstörten Werke keinen Sinn mehr machte.<br />
Stattdessen forcierte man die Auslagerung<br />
<strong>der</strong> Produktion in Berg- o<strong>der</strong> getarnte Waldwerke,<br />
und damit einhergehend begann die<br />
Dezentralisierung <strong>der</strong> Flugzeugproduktion.<br />
Diese Art <strong>der</strong> Fertigung machte zwar einen<br />
höheren logistischen Aufwand nötig, steigerte<br />
aber die Jägerproduktion in den kommenden<br />
Monaten erheblich.<br />
Amerikanische Überlegenheit<br />
Allein zahlenmäßig betrug das Verhältnis <strong>der</strong><br />
US-Bomber und Jäger gegenüber den deutschen<br />
Jägern 3,6:1. Die Luftwaffe schaffte es<br />
nicht, sich gegen die Übermacht <strong>der</strong> Alliierten<br />
zu behaupten. General Schmid schrieb dazu:<br />
»Mitentscheidend für den Misserfolg <strong>der</strong><br />
deutschen Jagdwaffe in <strong>der</strong> Reichsverteidigung<br />
war die dezentrale Organisation in<br />
unterschiedliche Jagddivisionen. Die 7. Jagddivision,<br />
zuständig für den süddeutschen<br />
Raum bis zu den Industriegebieten im Frankfurter<br />
Raum, operierte völlig unabhängig<br />
vom 1. Jagdkorps, das zuständig war für den<br />
nördlichen Bereich, die Industriegebiete am<br />
Rhein bzw. in Westfalen und für Mitteldeutschland<br />
bis nach Berlin. Der dritte im<br />
Bunde war <strong>der</strong> Fliegerführer (Ostmark), <strong>der</strong><br />
für die Verteidigung von Wien, Wiener-Neustadt<br />
und <strong>der</strong> Regionen um Steyr und Linz<br />
verantwortlich war.«<br />
Die Taktik <strong>der</strong> Amerikaner, an einem Tag<br />
mehrere Ziele anzugreifen, und die Möglichkeit,<br />
weitere Angriffe von Italien aus zu fliegen,<br />
führten zu einer Zersplitterung <strong>der</strong><br />
eigenen Kräfte. Hinzu kam die deutliche Erhöhung<br />
<strong>der</strong> Anzahl von alliierten Begleitjägern.<br />
Die zugespitzte Lage war auch Thema<br />
in <strong>der</strong> Reichsmarschallsitzung unter dem Vorsitz<br />
von Hermann Göring vom 22. Februar<br />
1944. General Schmid machte hier den Vorschlag,<br />
die deutschen Jäger unter ein einheitliches<br />
Kommando zu stellen und in einem<br />
engen Korridor zu stationieren, um <strong>der</strong>en<br />
Schlagkraft weiter zu erhöhen. Doch die Angriffsserie<br />
war vorbei, noch ehe sich diese Pläne<br />
wirkungsvoll umsetzen ließen.<br />
■<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
69
FILM<br />
»F.P.1 antwortet nicht«<br />
DER KLASSIKER – TEIL 1<br />
Kino trifft<br />
Wirklichkeit<br />
Manchmal ist die Legende, die einen<br />
Film umgibt, größer als <strong>der</strong> Film selbst.<br />
»F.P.1 antwortet nicht« von<br />
1932 könnte so ein Fall sein.<br />
Die Wirklichkeit ist<br />
aufregen<strong>der</strong> …<br />
Von Stefan Bartmann<br />
Faszinierende Original-Produktionsskizze!<br />
Die »Flugplattform Nr. 1«<br />
entsteht zwar nur als Mini-Modell,<br />
aber die Ausstatter haben zweifellos<br />
im »großen Maßstab« gedacht<br />
Foto Deutsche Kinemathek<br />
70
Hans Albers ist ganz in<br />
seinem Element als<br />
verehrter »Ozeanflieger<br />
Ellissen«, hier mit Sybille<br />
Schmitz. Im Hintergrund:<br />
die Howaldtswerke<br />
AG in Hamburg<br />
Foto Deutsche Kinemathek<br />
Vom Nordpol zum Südpol ist`s nur ein<br />
Katzensprung …«, knurrt Hans Albers<br />
mit seiner Altmännerstimme, die wie<br />
ausgefranster Draht klingt. Damit ist er seiner<br />
Zeit zwar ein bisschen voraus, aber die eingeschlagene<br />
Richtung ist korrekt.<br />
Vor allem aber: Der Text des populären<br />
»F.P.1«-Titelsongs trifft den Geist jener Jahre,<br />
als den Menschen die Einsicht dämmert, wie<br />
klein ihre Welt innerhalb kurzer Zeit geworden<br />
ist. An<strong>der</strong>s lassen sich die technische Aufbruchsstimmung<br />
und <strong>der</strong> unerschütterliche<br />
Glaube an »das Machbare« nicht erklären.<br />
»F.P.1« spiegelt das sehr schön.<br />
diesem 7. Februar beför<strong>der</strong>t die D-2399 erstmals<br />
ein paar Luftpostsäcke nach Südamerika<br />
– undenkbar ohne das DLH-Katapultschiff<br />
»Westfalen«, das im Atlantik dümpelt und als<br />
»Abschussrampe« dient.<br />
»TO-1«, so nüchtern lautet <strong>der</strong> gewagte<br />
Sprung von Böblingen nach Buenos Aires,<br />
wobei TO für Trans-Ozean steht. Doch TO-1<br />
ist keine echte Premiere. Seit 1930 tasten sich<br />
die »Wale« <strong>der</strong> DLH an den Südatlantik-<br />
Sprung heran; noch geht es nur um Luftpost.<br />
So findet »F.P. 1« seine Entsprechung in <strong>der</strong><br />
handfesten Fliegerei (siehe Kasten S. 72). In einem<br />
13-minütigen Dokumentarfilm von 1934<br />
Fast hätte die aufregende Realität die<br />
blühende Film-Vision eingeholt<br />
Der dem Film zugrundeliegende gleichnamige<br />
Roman von Kurt Siodmak gilt, wie auch<br />
<strong>der</strong> Film selbst, seinerzeit als Science-Fiction<br />
und Utopie. Doch es hätte gar nicht viel gefehlt,<br />
und die Realität, praktiziert von <strong>der</strong><br />
Deutschen Lufthansa, hätte die blühende Vision<br />
glatt eingeholt, wie sich bald zeigen wird.<br />
Szenenwechsel. Zeitsprung ins Jahr 1934.<br />
Dem Dornier-»Wal« namens TAIFUN bleiben<br />
genau 1,5 Sekunden und 32 Meter »Schleu<strong>der</strong>strecke«,<br />
um per Pressluft auf Startgeschwindigkeit<br />
gebracht zu werden. An<br />
wird <strong>der</strong> Zusammenhang schon im Titel klar<br />
benannt: »F.P.1 wird Wirklichkeit« … Zurück<br />
zum Kino, wo ohnehin nichts unmöglich ist!<br />
Die »F.P.1«-Geschichte ist schnell erzählt und<br />
einem Groschenroman nicht unähnlich; typisches<br />
Abenteuergarn eben, über das man<br />
nicht zu angestrengt nachdenken sollte.<br />
Der Mix aus Science-Fiction und Fliegerklamotte<br />
ist einer <strong>der</strong> ersten deutschen<br />
Tonfilme überhaupt. Es ist bezeichnend<br />
für diese Frühphase des Kintopps, wie auffallend<br />
viel Zeit man sich nimmt, um seine<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
71
FILM<br />
»F.P.1 antwortet nicht«<br />
Beim Kulissenbau wurde nicht geknausert. Auf<br />
solche Ponton-Pfeiler stützt sich die Flugplattform.<br />
Im Film sind sie nur wenige Minuten<br />
zu sehen, dennoch ein unverzichtbares<br />
»Set«<br />
Foto Deutsche Kinemathek<br />
Februar 1934: TO-1<br />
Rund 3000 Kilometer Wasser gilt es fliegend<br />
zu überwinden. Es ist das Teilstück,<br />
das man sich als letztes vorgenommen hat:<br />
die einsame Strecke von Bathurst (heute:<br />
Banjul) in Gambia, britische Kolonie, ins brasilianische<br />
Natal. Noch 1933 finden mehrere<br />
»Generalproben« statt. Erst im Februar<br />
1934 fühlt sich die Luft Hansa sicher genug,<br />
um die Sache offiziell zu machen.<br />
TO-1 beginnt am 3. Februar. Flugkapitän<br />
Untucht und Funker Kirchhoff starten<br />
in Böblingen mit <strong>der</strong> hochmo<strong>der</strong>nen<br />
Heinkel He 70 »Blitz« (und gerade<br />
mal 37,5 Kilo Luftpost an Bord). Ziel:<br />
das spanische Cadiz. Dort steht die<br />
Ju 52 »Zephyr« schon bereit fürs Umladen.<br />
Weiter nach Las Palmas auf<br />
den Kanaren. In Bathurst übernimmt<br />
die »Westfalen«. Als sie aufs Meer hinausdampft,<br />
hat sie zwei Wale an<br />
Bord: die PASSAT und die TAIFUN.<br />
Am 7. Februar wird es soeben hell,<br />
als die TAIFUN samt Flugkapitän<br />
Blankenburg und seiner dreiköpfigen<br />
Crew in den Wind katapultiert wird.<br />
Danach hält sich <strong>der</strong> Wal elf Stunden<br />
lang dicht über dem Wasser, um den<br />
günstigen Bodeneffekt auszunutzen.<br />
Maschinist Gruschwitz klettert bisweilen zu<br />
den brüllenden Motoren in ihrer Gondel hoch<br />
und sieht nach dem Rechten. Funker Fechner<br />
besorgt die Peilung.<br />
Als Erstes kommt die Sträflingsinsel Fernando<br />
de Noronha in Sicht. Bis zum brasilianischen<br />
Festland sind immer noch 400 Kilometer.<br />
Unter sich sieht man den Wal<br />
MONSUN in einer geschützten Bucht zum<br />
Start ansetzen. Das letzte Stück bewältigen<br />
»F.P.1« wird Wirklichkeit. Mit gewaltigem<br />
Logistik-Apparat etabliert die Luft Hansa<br />
ihre Südatlantik-Route<br />
Foto DEHLA<br />
die beiden Flugboote gemeinsam, und um<br />
17:05 GMT landen sie auf dem Rio Potengi<br />
in Natal.<br />
Wie<strong>der</strong> wird die Post auf ein an<strong>der</strong>es Flugzeug<br />
umgeladen, jetzt eine Junkers W 34<br />
auf Schwimmer. Weiter, weiter … Am 9. Februar<br />
um 19:09 GMT ist die erste Hälfte von<br />
TO-1 beendet. Aber es geht ja noch zurück!<br />
Am Nachmittag des 12. Februar wird <strong>der</strong><br />
Heinkel »Blitz« wie<strong>der</strong> in Stuttgart landen.<br />
TO-1 ist gelaufen. Der Sechs-Tage-Trip<br />
hat 13 300 Kilometer überspannt und<br />
einen gigantischen Apparat an Logistik<br />
und Personal auf Trab gehalten.<br />
Künftig fliegt die Luft Hansa alle<br />
zwei Wochen auf <strong>der</strong> Südamerika-Linie<br />
nach Buenos Aires. Ein zweites Katapultschiff,<br />
die »Schwabenland«, und<br />
die ersten Nachtflüge auf dieser Route<br />
bringen nochmals Zeitgewinn. Die<br />
Schiffe sind bei<strong>der</strong>seits des Atlantiks<br />
stationiert. Der erste regelmäßige Luftpostdienst<br />
wird zunehmend perfektioniert<br />
und mit besseren Flugzeugen<br />
ausgestattet. Am 28. August 1939<br />
stellt die (alte) DLH ihre glänzend organisierte<br />
Südatlantik-Route ein – nach<br />
481 Flügen. Stefan Bartmann ■<br />
72
Geschichte zu entwickeln und die Personen<br />
einzuführen. Das Ganze beginnt mit einem<br />
gepflegten Herrenabend in Hamburg und einem<br />
fingierten Feueralarm auf <strong>der</strong> Lennartz-<br />
Werft, ausgelöst von dem berühmen Ozeanflieger<br />
und Draufgänger Ellissen – so be -<br />
rühmt, dass er keinen Vornamen benötigt.<br />
Dieser (eine Para<strong>der</strong>olle für Hans Albers)<br />
verschafft sich auf diese Weise Zugang zum<br />
Archiv <strong>der</strong> Werft. Als Helferlein ist <strong>der</strong> Bildreporter<br />
»Foto-Jonny« – kein an<strong>der</strong>er als<br />
Peter Lorre, <strong>der</strong> sogleich von Ellissen als<br />
»kleiner Rollfilm« bewitzelt wird. Eine Lachnummer.<br />
Lorre wird in seinem Schauspielerleben<br />
auf zwei Kontinenten selten etwas<br />
an<strong>der</strong>es darstellen dürfen als kauzige Son<strong>der</strong>linge<br />
und Outcasts aller Art. Trotzdem:<br />
Auch wegen Lorre lohnt sich ein Wie<strong>der</strong>sehen<br />
mit »F.P.1«.<br />
Auf seine kaltblütige Art gelingt es Ellissen,<br />
die Werftbesitzer auf das Projekt seines Freundes,<br />
Kapitänleutnant Droste, aufmerksam zu<br />
machen. Dessen Flugplattform Nr. 1 aus Glas<br />
und Stahl – 500 Meter lang – soll als schwimmende<br />
Servicestation den gefahrlosen Passagierflugverkehr<br />
von Europa nach Amerika<br />
möglich machen. In Claire Lennartz (Sybille<br />
Schmitz) findet Ellissen eine beherzte Fürsprecherin,<br />
samt zart angedeuteter Liebesgeschichte.<br />
Aber statt sich um seine Claire zu kümmern,<br />
geht Ellissen lieber auf Weltflug.<br />
Der Katapultstart auf<br />
einem ganz realen<br />
»Schleu<strong>der</strong>schiff« ist<br />
schnell Routine. Die<br />
anfangs eingesetzten<br />
Zehn-Tonnen-WALE<br />
werden bald durch<br />
mo<strong>der</strong>neres Gerät<br />
abgelöst Foto DEHLA<br />
Massiger Kulissenbau<br />
Regie bei »F.P.1« führt Karl Hartl, <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />
künftigen Diktatur noch Karriere machen<br />
wird. Der Österreicher gilt als künstlerisch<br />
unauffälliger Film-Handwerker, <strong>der</strong> hinter<br />
<strong>der</strong> Handlung zurückstehen kann. Sein dritter<br />
Film mit Hans Albers sollte sich als liebenswerter<br />
deutscher Komödien-Klassiker<br />
erweisen: »Der Mann, <strong>der</strong> Sherlock Holmes<br />
war« (1937).<br />
Die Produktionsskizzen für den massigen<br />
»F.P.1«-Kulissenbau beeindrucken noch heute.<br />
Sie erinnern in ihrer technischen Dynamik,<br />
Produktion, kam auf insgesamt fünf Millionen<br />
Reichsmark.<br />
Viele Außenaufnahmen für den Film sind<br />
nicht auf dem Studiogelände von Babelsberg<br />
entstanden. Der Bühnenbildner Erich Kettelhut,<br />
<strong>der</strong> schon »Metropolis« zu seinem futuristischen<br />
Aussehen verholfen hatte, schuf auf<br />
<strong>der</strong> Ostseeinsel Greifswal<strong>der</strong> Oie (bei Usedom)<br />
mit viel Blech und Stahl einen beeindruckenden<br />
Schauplatz. Auch die ganz reale<br />
Werft <strong>der</strong> Howaldtswerke AG in Hamburg<br />
Regisseur Karl Hartl hat tatsächlich dreimal<br />
denselben Film gedreht.<br />
die den Menschen auch optisch schrumpfen<br />
lässt, an den virtuosen Propaganda- und späteren<br />
Werbegrafiker Hans Liska. Doch den<br />
Verantwortlichen bei <strong>der</strong> Ufa dürfte schnell<br />
klar geworden sein: Billig wird das nicht!<br />
Unterm Strich sollen es schließlich 2,2 Millionen<br />
Reichsmark gewesen sein. Konsequent<br />
wurde »F.P.1« <strong>der</strong> teuerste Film des legendären<br />
Filmproduzenten Erich Pommer,<br />
<strong>der</strong> als Entdecker Marlene Dietrichs gilt.<br />
Zum Vergleich: Der alle künstlerischen und<br />
finanziellen Rahmen sprengende Stummfilm<br />
»Metropolis« von 1927, auch eine Pommer-<br />
diente als extravagante Kulisse und sorgte für<br />
viel Authentizität.<br />
Als Kuriosum jener frühen Tonfilm-Jahre<br />
darf man heute die drei Versionen betrachten,<br />
in denen »F.P.1« (zwecks internationaler Vermarktung)<br />
gedreht wurde: auf Deutsch, Englisch<br />
und Französisch – mit verschiedenen<br />
Besetzungen und Hauptdarstellern, nämlich<br />
Conrad Veidt und Charles Boyer als »Ellissen«.<br />
Aber mit demselben Regisseur. Karl<br />
Hartl hat tatsächlich dreimal denselben Film<br />
gedreht … Auch eine Leistung!<br />
Fortsetzung in <strong>der</strong> Juli-Ausgabe<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
73
LESERALBUM<br />
DIENST BEI DEN FLUGBOOTEN – TEIL 3<br />
In die Luft geschle<br />
Eine wichtige Rolle beim Einsatz von Flugbooten und Wasserflugzeugen spielten die<br />
Schleu<strong>der</strong>- und Katapultschiffe. Eberhard Wilcken kam mit ihnen während des Zweiten<br />
Weltkrieges in Norwegen in Berührung<br />
Von Peter W. Cohausz<br />
Mit <strong>der</strong> »Westfalen«, »Schwabenland«,<br />
»Ostmark« und »Friesenland« hat die<br />
Lufthansa bis 1937 vier Schleu<strong>der</strong>schiffe<br />
erhalten. Die Luftwaffe bekam bis 1942<br />
noch die »Sperber« sowie die größeren »Bussard«<br />
und »Falke« als Katapultschiffe.<br />
Auf den Fotos von Eberhard Wilcken sind<br />
insgesamt drei <strong>der</strong> Schleu<strong>der</strong>schiffe im Bille -<br />
fjord in Norwegen zu sehen – die »Schwabenland«,<br />
die »Falke« und die »Friesenland«. Vor<br />
allem von Letzterer sind einige interessante<br />
Schnappschüsse mit Bv 138 zu finden.<br />
Die rund 149 Meter lange »Schwabenland«<br />
begann ihre Laufbahn eigentlich als Frachter<br />
mit 7894 BRT unter dem Namen »Schwarzenfels«.<br />
1934 ließ sie die Lufthansa zum<br />
Schleu<strong>der</strong>schiff mit einem Heinkel-Katapult<br />
umbauen, was das Gewicht auf 8188 BRT erhöhte.<br />
Da das Schiff bereits als Frachter für<br />
die Tropen ausgelegt war, konnten einige<br />
Umbauten unterbleiben.<br />
Das Katapult beschleunigte ein 10-Tonnen-Flugboot<br />
mit vier Tonnen Kraftstoff<br />
in wenigen Sekunden auf 150 km/h. Bekannt<br />
Fotos Christian Wilcken<br />
74
Ein dicker Fang: Bv 138 C-1,<br />
K6+KL, <strong>der</strong> Küstenfliegergruppe<br />
406 vor dem Einbringen<br />
auf die »Friesenland«<br />
u<strong>der</strong>t<br />
wurde die »Schwabenland« dann ab 1936<br />
durch ihren Einsatz bei den Demonstrationsflügen<br />
für den Luftpostverkehr über den<br />
Nordatlantik und 1938/39 als Expeditionsschiff<br />
<strong>der</strong> »Deutschen Antarktischen Expedition«.<br />
Nach Kriegsbeginn beschlagnahmte die<br />
Luftwaffe das Schiff und setzte es an <strong>der</strong><br />
französischen Atlantikküste und ab 1942 in<br />
Norwegen ein. Im März 1944 wurde die<br />
»Schwabenland« vor Egersund von einem<br />
britischen U-Boot torpediert. Sieben Monate<br />
später durch einen Luftangriff erneut beschädigt,<br />
diente sie danach nur noch als Materiallager.<br />
Nach Kriegsende übernahm die<br />
Royal Navy das Schiff, nutzte es zunächst als<br />
Wohnhulk, versenkte es aber schließlich im<br />
Dezember 1946, mit Gasmunition beladen,<br />
im Skagerrak.<br />
Ein ähnliches Schicksal erlitt auch <strong>der</strong><br />
nächste »Schleu<strong>der</strong>er«. Die »Friesenland«<br />
mit 140 Meter Länge und 5434 BRT war das<br />
vierte Katapultschiff <strong>der</strong> Lufthansa und lief<br />
1937 vom Stapel. Vom Bug bis zur Brücke<br />
entsprach sie eher einem Frachter. Daran<br />
schloss sich jedoch ein großes, offenes Dach<br />
über dem Werkstattbereich an und dahinter<br />
ein langes, ebenes Achterschiff mit einer Abstellbahn<br />
und dem parallel dazu angeordneten<br />
Katapult.<br />
Am Heck befand sich <strong>der</strong> 20-Tonnen-Bergekran,<br />
<strong>der</strong> zum Rangieren <strong>der</strong> Flugboote<br />
umgeklappt werden konnte. Der Schleu<strong>der</strong>start<br />
erfolgte nach hinten über das Heck.<br />
Die Erprobung des Schiffs lief zunächst auf<br />
<strong>der</strong> Ostsee mit einem Dornier »Wal«. Danach<br />
diente es im Nordatlantik bei New York als<br />
Basis für die Blohm & Voss Ha 139. Da von<br />
den Amerikanern kein Luftpostdienst in die<br />
USA genehmigt wurde, verlegte die »Friesenland«<br />
vor die afrikanische Küste und später<br />
vor Südamerika in den Südatlantik.<br />
Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs übernahm<br />
die Luftwaffe auch dieses Schiff und<br />
bestückte es mit vier 20-mm-Flak. Mit <strong>der</strong><br />
ganzen militärischen Ausrüstung wuchs die<br />
Verdrängung auf 11 500 Tonnen. Die Einsatzgebiete<br />
wechselten häufig: zunächst Sylt, ab<br />
1940 Travemünde, Trondheim, Brest und Südwestfrankreich.<br />
Interessante Luftaufnahme<br />
<strong>der</strong> mit einem Tarnanstrich<br />
versehenen »Schwabenland«.<br />
Hinten ist eine<br />
Bv 138 auf dem Katapult<br />
zu erkennen. Zwischen<br />
Brücke und Kamin wurde<br />
vor <strong>der</strong> »Antarktischen-Expedition«<br />
ein zweiter, dünnerer<br />
Kamin für die Dieselaggregate<br />
eingebaut<br />
1941 ging es wie<strong>der</strong> nach Norwegen. Ab<br />
Juli 1943 war <strong>der</strong> Billefjord ihr Einsatzgebiet,<br />
wo sie am 19. September 1944 von russischen<br />
Torpedobombern angegriffen und schwer beschädigt<br />
wurde. Der Bug knickte ab, aber das<br />
Schiff konnte noch auf den Strand gesetzt<br />
werden. Nach einer notdürftigen Reparatur<br />
diente die »Friesenland« dann bis Kriegsende<br />
als Werkstattschiff.<br />
Royal Navy und RAF waren bis 1949 die<br />
nächsten Eigentümer. Danach in Hamburg<br />
zum Kühlschiff umgebaut, transportierte sie<br />
unter <strong>der</strong> Flagge Panamas Früchte. Letzter<br />
Eigner war eine italienische Ree<strong>der</strong>ei. Erst<br />
1969 wurde sie in England abgewrackt.<br />
Das Trio <strong>der</strong> speziell für die Wehrmacht<br />
gebauten Schleu<strong>der</strong>schiffe komplettiert die<br />
»Falke«. 1940 lief das 2040 Tonnen verdrängende<br />
Schiff vom Stapel und wurde im November<br />
1942 in Dienst gestellt. Ein langes, flaches<br />
Oberdeck erleichterte die Handhabung<br />
von bis zu drei Flugbooten wie Do 18, Do 24<br />
o<strong>der</strong> Bv 138. Am Heck befand sich ein Bergekran.<br />
Der Abschuss <strong>der</strong> Flugboote lief über<br />
den Bug.<br />
Von 1943 bis 1945 war die »Falke« in Norwegen<br />
im Einsatz als Katapultschiff o<strong>der</strong><br />
Ten<strong>der</strong>. Bei <strong>der</strong> Kapitulation wurde sie<br />
Kriegsbeute <strong>der</strong> Englän<strong>der</strong>, welche sie an die<br />
Sowjetunion auslieferten. Diese setzten sie<br />
ab 1946 unter dem Namen »Aeronaft« als<br />
Versorgungs- und Bergungsschiff für die<br />
Nordflotte ein. Erst im Jahr 1968 wurde sie<br />
ausgemustert.<br />
Für Fotos und Informationen beson<strong>der</strong>er Dank an<br />
Christian Wilcken!<br />
Die »Friesenland« ankert im winterlichen Norwegen. Eine<br />
Bv 138 befindet sich unter dem Wartungsdach. Die zweite<br />
steht gegen die Abschussrichtung auf <strong>der</strong> Abstellbahn<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
75
LESERALBUM<br />
Hier wird die Bv 138, K6+A?, am 22. August<br />
1944 um 12:30 Uhr auf die »Friesenland« gehoben.<br />
Ihr Schwesterflugzeug K6+G? steht mit<br />
Planen abgedeckt auf <strong>der</strong> Abstellbahn<br />
Die Bv 138 C-1 »G« wird auf<br />
das Katapult geschoben<br />
Ein gelungener<br />
Schnappschuss! Gerade<br />
in dem Moment,<br />
als eine Bv 138 das<br />
Katapult <strong>der</strong> »Friesenland«<br />
verlässt, hat <strong>der</strong><br />
Fotograf auf den Auslöser<br />
gedrückt<br />
76
Luftangriff! Die<br />
Liegeplätze <strong>der</strong><br />
Luftwaffe waren<br />
dem Gegner durch<br />
Luftaufklärung<br />
o<strong>der</strong> Spionage bekannt.<br />
So musste<br />
man ständig mit<br />
Angriffen rechnen,<br />
die allerdings<br />
durch die schwierige<br />
Topografie und<br />
die Flak auch für<br />
den Angreifer nicht<br />
ganz ungefährlich<br />
waren. Rechts<br />
liegt die »Friesenland«,<br />
die hier<br />
wohl knapp verfehlt<br />
wurde<br />
Eine Bv 138 wird auf<br />
<strong>der</strong> »Falke« zum Start<br />
vorbereitet. Die Besatzung<br />
besteigt das<br />
Flugboot über eine<br />
Klappleiter<br />
Das letzte für die Luftwaffe gebaute Schleu<strong>der</strong>schiff<br />
war die »Falke«. Da <strong>der</strong> Start über den Bug hinweg<br />
geschah, konnte <strong>der</strong> Kran am Heck stehenbleiben<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
77
LESERALBUM<br />
Eine Bv 138 C <strong>der</strong> Küstenflieger-Ergänzungsstaffel 138 bei Startvorbereitungen auf <strong>der</strong> »Falke«.<br />
Ein Ausbildungsflug, denn die Waffe im Bugstand ist offensichtlich ausgebaut<br />
Vollgas und<br />
Start frei zur<br />
1000. Katapultierung!<br />
Ein interessantes Dokument ist dieses<br />
Foto <strong>der</strong> »Friesenland«, das nach dem russischen<br />
Luftangriff vom 19. September<br />
1944 aufgenommen wurde. Der abgeknickte<br />
Bug ist deutlich an dem schief<br />
stehenden vor<strong>der</strong>en Mast zu erkennen.<br />
Kielwasser und Abgasfahne am Kamin<br />
zeigen das Schiff hier jedoch nach <strong>der</strong><br />
notdürftigen Reparatur wie<strong>der</strong> in Fahrt<br />
78
Stimmungsbild<br />
vom Start einer<br />
Bv 138 C vom<br />
Katapultschiff<br />
»Falke« in <strong>der</strong><br />
Dämmerung<br />
Nach <strong>der</strong> Landung<br />
wird eine Bv 138 mit<br />
dem Kran wie<strong>der</strong> an<br />
Bord des Schleu<strong>der</strong>schiffs<br />
gehoben<br />
Bv 138 C-1, bereit zum<br />
nächsten Start, hier auf<br />
<strong>der</strong> »Friesenland«. Vom<br />
Stammkennzeichen<br />
sind zumindest die<br />
ersten drei Buchstaben<br />
BD+E? zu erkennen<br />
SIE haben seltene Bil<strong>der</strong> o<strong>der</strong> sind auf bisher unveröffentlichte Fotoalben gestoßen? Dann schicken Sie uns<br />
die Aufnahmen zur Veröffentlichung an: <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong>, Infanteriestraße 11a, 80797 München<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
79
BACKGROUND<br />
Frühe Nachtflüge<br />
LEUCHTTÜRME IN DER NACHT<br />
Eine Junkers G24 auf dem<br />
Weg nach Königsberg<br />
Helm, <strong>der</strong> Copilot, <strong>der</strong> Funker<br />
und neun unerschrockene<br />
Passagiere. Das Flugzeug<br />
– maximale Startmasse 6,5<br />
Tonnen, Höchstgeschwindigkeit<br />
knapp 200 km/h,<br />
drei Junkers-L5-Sechszylin<strong>der</strong><br />
mit je 228 KW – flog in<br />
geringer Höhe über die<br />
Flugstreckenfeuer, sehr zum<br />
Entzücken <strong>der</strong> Fluggäste,<br />
die diesen nächtlichen Trip<br />
von Le<strong>der</strong>sitzen aus genossen;<br />
es gab ausschließlich<br />
Fensterplätze. Im Cockpit<br />
orientierten sich die Piloten<br />
an den in <strong>der</strong> Karte eingezeichneten<br />
Lichtern; <strong>der</strong> Gyrorektor,<br />
ein Neigungsanzeiger<br />
mit Kreiselantrieb, half<br />
bei <strong>der</strong> Einhaltung <strong>der</strong> sicheren<br />
Fluglage.<br />
»Das Flugzeug<br />
flog in geringer<br />
Höhe<br />
über die Flugstreckenfeuer.«<br />
Fliegerisches Neuland. Eine<br />
Junkers G 24 beim Start<br />
zum Nachtflug auf <strong>der</strong> Linie<br />
Berlin–Königsberg Foto DEHLA<br />
Alfred Helm, im Ersten Weltkrieg zuletzt Kampfflieger<br />
<strong>der</strong> Jagdstaffel 10 des Jagdgeschwa<strong>der</strong>s<br />
»Richthofen«, flog 1925, damals Anfang 30,<br />
beim Junkers-Luftverkehr mit <strong>der</strong> einmotorigen A20-<br />
Nachtfracht zwischen Berlin und Warnemünde. Ein<br />
Jahr später wechselte er zur frisch gegründeten Luft<br />
Hansa, die »Nachteulen« wie ihn suchte – für die weltweit<br />
erste Nachtverbindung mit Passagieren, von Berlin<br />
nach Königsberg.<br />
BERLIN-TEMPELHOF UND KÖNIGSBERG-DEVAU<br />
waren wichtige Verkehrsflughäfen; entlang <strong>der</strong> Strecke<br />
hatte die Berliner Firma »Signaldienst für Luftverkehr<br />
GmbH« riesige Scheinwerfer im Abstand von 25<br />
bis 30 Kilometer aufgebaut. Am 1. Mai 1926 donnerte<br />
die dreimotorige Junkers G24 um zwei Uhr nachts<br />
über die Tempelhofer Piste; an Bord Flugkapitän<br />
NACH EINER ZWISCHEN-<br />
LANDUNG IN DANZIG<br />
ging es weiter zum Zielflughafen<br />
Königsberg. Er hatte,<br />
wie die an<strong>der</strong>en Nachtflugplätze<br />
auch, schon eine richtige<br />
Landebahnbeleuchtung:<br />
Sturmleuchten im Abstand<br />
von 20 Metern am linken<br />
Pistenrand in Grün (Landeanflug),<br />
Weiß (Aufsetzpunkt) und Rot (Stoppmarke).<br />
In Königsberg konnten die Fluggäste mit einer<br />
Maschine <strong>der</strong> deutsch-russischen DERULUFT nach<br />
Moskau weiterfliegen – dieser »Codeshare« verkürzte<br />
die Reisezeit von Berlin in die Sowjetmetropole auf<br />
15 Stunden.<br />
ALFRED HELM, IM ZWEITEN WELTKRIEG unter<br />
an<strong>der</strong>em an <strong>der</strong> Nachtjagd-Erprobung in Werneuchen<br />
bei Berlin beteiligt, wurde später Berater beim Aufbau<br />
<strong>der</strong> neuen Lufthansa. Der internationale Flughafen<br />
Königsberg-Devau fristet heute in <strong>der</strong> russischen Enklave<br />
Kaliningrad ein kümmerliches Dasein als unbedeuten<strong>der</strong><br />
Sportflugplatz; von den stolzen Leuchttürmen<br />
entlang <strong>der</strong> Nachtstrecke existieren 88 Jahre nach<br />
ihrer Einweihung nur noch Reste.<br />
Rolf Stünkel ■<br />
80
70<br />
FILM<br />
LESERBRIEFE<br />
Leserbriefe<br />
Sie wollen uns schreiben?<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />
GeraMond Verlag GmbH<br />
Infanteriestraße 11a<br />
80797 München<br />
Messerschmitt Bf 108<br />
»Die ›Taifun‹ in Luftwaffenklei<strong>der</strong>n«<br />
in Heft 4/2014<br />
Zur Bf 108 D, W.Nr. 8378, auf<br />
Seite 34 und 36: Die W.Nr. 8378<br />
ist überholt. Die wahre Identität<br />
hat Bf-108-Experte Heinz-Dieter<br />
Schnei<strong>der</strong> inzwischen enträtselt.<br />
Sie finden diese auch in <strong>der</strong> neuesten<br />
Ausgabe meines Buches<br />
»Deutsche Flugzeuge«, Seite 133.<br />
Es handelt sich um die Bf 108<br />
D-1, W.Nr. 5254, Stammkennzeichen<br />
GP+AA. Es war eine von<br />
zwei Maschinen, welche die<br />
Amerikaner nach <strong>der</strong> Befreiung<br />
Frankreichs – zum Ärger <strong>der</strong><br />
Franzosen – aus dem Werk von<br />
SNCAN in Les Mureaux »entführt«<br />
haben.<br />
Die Maschine befindet sich<br />
heute im Planes of Fame Museum<br />
in Chino, lei<strong>der</strong> in einem<br />
beklagenswerten Zustand. Eine<br />
W.Nr. 8378 hat es für eine Bf 108<br />
nie gegeben. Die letzten Nummern<br />
<strong>der</strong> von Nord noch für die<br />
Luftwaffe gebauten Bf 108 lagen<br />
im Bereich 5000.<br />
Peter W. Cohausz, per E-Mail<br />
Handley Page Halifax<br />
»Der Speck muss weg!« in<br />
Heft 12/2013<br />
Im Beitrag über die Halifax lesen<br />
wir »weniger Luftwi<strong>der</strong>stand<br />
durch mehr Windschlüpfrigkeit«.<br />
Hierzu würde ich meinen:<br />
Ein Schlüpfer für die Halifax<br />
Würd’ schnell sie schlüpfrig machen,<br />
doch für die Leistung bringt das nix,<br />
hier gäb’s eher was zu lachen.<br />
Wenn dann auch alle an<strong>der</strong>en Trix<br />
verpufften o<strong>der</strong> halfen nix<br />
nahm sich <strong>der</strong> Flugzeugbauer Zeit<br />
und schuf was mit Windschlüpfigkeit.<br />
Thomas Beste, Wedemark<br />
Leser Beste nahm’s mit Humor,<br />
<strong>der</strong> Autor Mühlbauer jammerte<br />
»Was war ich für ein Tor!«<br />
Die Redaktion hingegen schwor:<br />
»Windschlüpfrigkeit kommt<br />
nicht mehr vor!«<br />
B-17-Spielfilm<br />
»Memphis Bell«<br />
Die Rückkehr <strong>der</strong> ›Glory<br />
Boys‹ in Heft 1/2014<br />
»Memphis Be le« – Der Spielfilm<br />
Angeregt durch Ihren tollen Ar -<br />
tikel über den Film »Memphis<br />
Belle« hat meine Frau das abgedruckte<br />
Crewbild in Öl gemalt.<br />
Innerhalb von acht Wochen<br />
entstand ein großformatiges Bild<br />
(100 x 120 Zentimeter), mit einem<br />
passenden Rahmen in B-17-Grün<br />
und Applikationen aus genietetem<br />
Flugzeug-Aluminium. Da<br />
»Memphis Belle« zu meinen<br />
Schöner als echt. »Memphis<br />
Be le« setzt auch auf die<br />
a traktiven Seiten <strong>der</strong> Luftkriegsführung<br />
…<br />
LUFTKRIEGSGROSSKINO: »MEMPHIS BELLE«<br />
Die Rückkehr<br />
<strong>der</strong> »Glory Boys«<br />
Es ist wohl die populärste B-17: die 124485 alias<br />
»Memphis Be le« <strong>der</strong> 91st Bomb Group. Ihren berühmtesten<br />
Feindflug gibt es seit 1990 auch als Spielfilm<br />
Von Stefan Bartmann<br />
F<br />
Lieblingsfliegerfilmen<br />
zählt, habe<br />
ich mich über Ihren<br />
Artikel sehr<br />
gefreut und ihn<br />
zum Anlass genommen,<br />
den Film<br />
mal wie<strong>der</strong> anzuschauen.<br />
Eduard Wörlsinger, per E-Mail<br />
ünfundvierzig Jahre, nachdem Ho lywood-Regi<br />
seur Wi liam Wyler in seinem<br />
Dokumentarfilm »A Story of a Flying<br />
Fortre s« (siehe <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />
1/2013) die »Memphis Be le« zur landesweit<br />
bekannten Ikone erhoben hat, wi l ein Spielfilm<br />
noch eins draufsetzen. Im Sommer 1989<br />
beginnen in England die Dreharbeiten zu einer<br />
23-Mi lionen-Do lar-Produktion, die den<br />
legendären 25. Einsatz <strong>der</strong> »Be le« noch einmal<br />
erzählt – noch intensiver, mit noch mehr<br />
Action und ganz aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> zehnköpfigen<br />
Besatzung.<br />
Wylers Tochter Catherine, die den Film coproduziert,<br />
konnte das US-Studio Warner<br />
Bros. übe reden, eine sta tliche Summe für ihr<br />
Projekt locker zu machen. Und de renommierte<br />
britische Produzent David Pu tnam<br />
(»Local Hero«, »The Mi sion«) bürgt mit seinem<br />
guten Namen für Qualität. Wäre es nach<br />
ihm gegangen, hä te er einen Film über eine<br />
britische Besatzung gemacht. Doch seine<br />
amerikanischen Geldgeber ha ten auf eine<br />
US-Story bestanden …<br />
Beim Regi seur geht man auf Nummer<br />
sicher: Michael Caton-Jones wird sich noch mit<br />
unverfänglichem Popcorn-Kino einen Namen<br />
machen, etwa mit dem Remake des Kla sikers<br />
»Der Schakal« und dem Historiendrama »Rob<br />
Roy«. Das Drehbuch verspricht keine Experimente.<br />
Kurz: »Memphis Be le« so lte gutes, altes<br />
Kintopp werden. Und so geschieht es.<br />
Authentisch: RAF Binbrook<br />
Als unerwartetes Problem ste lt sich die Suche<br />
nach einem Film-Flugplatz mit pa sendem<br />
Look heraus. Nachdem man etliche Fluggelände<br />
in den USA in Augenschein genommen<br />
und wie<strong>der</strong> verworfen hat, wenden sich die<br />
Produzenten nach England – und finden den<br />
erst vor wenigen Monaten aufgegebenen<br />
RAF-Flugplatz Binbrook im ostenglischen<br />
Lincolnshire. Ein idealer, abgelegener Drehort<br />
mit alten Kontro ltürmen inmi ten typischer<br />
Landschaft. Seit Kriegszeiten ha te sich hier<br />
nicht viel verän<strong>der</strong>t; mo<strong>der</strong>nere Bauten und<br />
Ausrüstungen werden für den Film abmontiert<br />
o<strong>der</strong> »getarnt«. Die A trappe einer zeitgenö<br />
sischen Einsatzzentrale vervo lständigt<br />
die Szenerie.<br />
Der Dreh des Films ist fast aufregen<strong>der</strong> als<br />
<strong>der</strong> Streifen selbst – zumal man tricktechnisch<br />
noch bei Mode len und Blue Screen steht. Aber<br />
Ende <strong>der</strong> 1980er-Jahre ist CGI (Computer Generated<br />
Imagery) a lenfa ls in Ansätzen erkennbar.<br />
Die »Be le«-Macher wi sen, da s sie nicht<br />
auf Klein-Klein machen dürfen, wenn sie das<br />
berühmte B-17-Abenteuer überzeugend erzählen<br />
wo len. Ganz klar: Echte Warbirds<br />
mü sen her! Und Profis. Also trommelt man<br />
die Besten ihres Fachs zusammen. Als Chef-Pilot<br />
wird Ray Hanna engagiert, <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong><br />
In eigener Sache<br />
Da waren wir wohl gedanklich bei<br />
unserem Schwestermagazin ModellFan:<br />
Im Heft 4/2014 hat sich<br />
im Panorama auf Seite 10 ein Fehler<br />
eingeschlichen. Der Arado-96-<br />
Nachbau hat natürlich nicht den<br />
Maßstab 1:80. Vielmehr weist das<br />
Replikat 80 Prozent <strong>der</strong> Größe des<br />
Ar-96-Originals auf. d. Red.<br />
Anmerkung <strong>der</strong> Redaktion Leserbriefe<br />
spiegeln nicht unbedingt die Meinung <strong>der</strong><br />
Redaktion wi<strong>der</strong>. Die Redaktion behält sich vor,<br />
Leserbriefe aus Gründen <strong>der</strong> Darstellung eines<br />
möglichst umfassenden Meinungsspektrums<br />
unserer Leser Sinn wahrend zu kürzen.<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2014<br />
81
VORSCHAU<br />
Nr. 155 I 5/14 I Mai I 15. Jahrgang<br />
Foto P. Cronauer<br />
Foto D. Hermann<br />
Amerikas<br />
Jet-Legende<br />
Ohne Technologie- und<br />
Forschungstransfer aus<br />
Deutschland wäre die<br />
North American F-86<br />
kaum zum überragenden<br />
Jagdflugzeug geworden.<br />
Denn Amerikas erster<br />
einsatzreifer Strahljäger<br />
mit Pfeilflügeln verdankt<br />
seinen Erfolg nicht unerheblich<br />
<strong>der</strong> Me 262 und<br />
<strong>der</strong> P.1101.<br />
Drei sind einer zu viel?<br />
Die Luftwaffe leistete sich gleich drei leistungsstarke<br />
Motoren: den BMW 801, Jumo 213 und DB 603.<br />
Doch behin<strong>der</strong>te diese Mehrgleisigkeit nicht die<br />
eigene Leistungsfähigkeit? O<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s gefragt:<br />
Scheiterte die Luftwaffe an <strong>der</strong> Motorenfrage?<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2014 erscheint am 12. Mai 2014<br />
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Die<br />
Invasion<br />
Am Morgen des 6. Juni<br />
1944: Die gewaltigste<br />
Landungsflotte<br />
<strong>der</strong> Geschichte taucht<br />
vor <strong>der</strong> Normandie<br />
auf. Peter Cronauer<br />
beschreibt die geheimen<br />
alliierten Vorbereitungen<br />
zu Luft, die<br />
dramatischen Luftkriegs-Ereignisse<br />
am<br />
und nach dem Landungstag<br />
– und den<br />
mör<strong>der</strong>ischen Abwehrkampf<br />
<strong>der</strong> Luftwaffe.<br />
Dabei kommen<br />
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Oldtimer <strong>der</strong> Lüfte<br />
begeistern wie Sie?<br />
Dann empfehlen Sie<br />
uns doch weiter! Ich<br />
freue mich über jeden<br />
neuen Leser.<br />
Ihr Chefredakteur<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />
Markus Wun<strong>der</strong>lich<br />
Foto W. Mühlbauer<br />
Internet: www.flugzeugclassic.de<br />
vereinigt mit<br />
Redaktionsanschrift<br />
Flugzeug Classic<br />
Infanteriestr. 11a, 80797 München<br />
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Layout Rico Kummerlöwe, Ralph Hellberg<br />
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ISSN 1617-0725 • 52469<br />
Erscheinen und Bezug<br />
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Dieses Heft enthält historische Abbildungen aus <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> nationalsozialistischen<br />
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Tante Ju<br />
Fakten<br />
Erstflug: 07.03.1932<br />
Besatzung: 2 Flugzeugführer, 1 Funker<br />
Passagiere: 15-17 Personen<br />
Spannweite: 29,25 m<br />
Länge: 18,90 m<br />
Höhe: 6,10 m<br />
max. Startgewicht: 10.000 kg<br />
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h<br />
Triebwerk: 3 Sternmotoren BMW 132<br />
Dauerleistung: ges. 1650 PS<br />
Normale Reichweite: ca. 1.200 km<br />
Stückzahl: ca. 5000<br />
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