FUTURES
Publikation zum 2. Jubiläum von PLATFORM3 München, als Ergänzung zum Künstlerkatalog PLATFORM3 works. Die Natur dieser Publikation ist ausdrücklich dokumentarisch. Fotografien: Jörg Koopmann. Herausgeber: Birgit Pelzmann, Nikolai Vogel, Marlene Rigler für PLATFORM3-Räume für zeitgenössische Kunst. München, 2011
Publikation zum 2. Jubiläum von PLATFORM3 München, als Ergänzung zum Künstlerkatalog PLATFORM3 works. Die Natur dieser Publikation ist ausdrücklich dokumentarisch. Fotografien: Jörg Koopmann.
Herausgeber: Birgit Pelzmann, Nikolai Vogel, Marlene Rigler für PLATFORM3-Räume für zeitgenössische Kunst. München, 2011
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PLATFORM3 Futures<br />
PLATFORM3 <strong>FUTURES</strong><br />
KUNSTORT MODELL<br />
PROJEKT PRODUKTION<br />
VERMITTLUNG VERNETZUNG<br />
KULTUR MÜNCHEN<br />
ARBEIT ÖFFENTLICHKEIT<br />
DISKURS ATELIER<br />
AUSTAUSCH RAUM FORUM<br />
EXPERIMENTIERFELD<br />
ZUKUNFT
Inhalt<br />
Content<br />
PLATFORM3 Futures<br />
2 Grußwort<br />
Dr. Anneliese Durst<br />
3 Vorwort<br />
Birgit Pelzmann<br />
7 PLATFORM3 Futures<br />
J.-Peter Pinck und Marlene Rigler<br />
9 Das (ideale) Atelier<br />
Ryo Kawasaki, Ute Heim,<br />
Wolfgang Stehle, Silke Markefka,<br />
Jovana Banjac, Nana Dix,<br />
Nikolai Vogel, Susanne Thiemann,<br />
Patricia Lincke<br />
19 „The future is wide open“ —<br />
vom Wahrsagen und Hochrechnen<br />
Sara Duana Meyer<br />
25 Belichtung, Kunst, Bodybuilding<br />
Nikolai Vogel<br />
32 En plein air<br />
Hanno Millesi<br />
44 Gouachen von Stefanie Unruh<br />
aus der Serie „urban dreams“<br />
2 Welcome Note<br />
Dr. Anneliese Durst<br />
4 Foreword<br />
Birgit Pelzmann<br />
8 PLATFORM3 Futures<br />
J.-Peter Pinck and Marlene Rigler<br />
9 The (Ideal) Studio<br />
Ryo Kawasaki, Ute Heim,<br />
Wolfgang Stehle, Silke Markefka,<br />
Jovana Banjac, Nana Dix,<br />
Nikolai Vogel, Susanne Thiemann,<br />
Patricia Lincke<br />
23 “The future is wide open” — on prophecy,<br />
projection, and the urge to know<br />
Sara Duana Meyer<br />
29 Exposure, Art, Bodybuilding<br />
Nikolai Vogel<br />
38 En plein air<br />
Hanno Millesi<br />
44 Gouaches from the series<br />
“urban dreams” by Stefanie Unruh
PLATFORM3 — Räume für zeitgenössische Kunst ist ein<br />
einzigartiger, experimenteller Kunstort in München. Seit März 2009<br />
bietet er Raum für lokale wie internationale Ausstellungs- und<br />
Diskursprojekte, ist Produktionsort, Experimentierfeld für junge<br />
Kulturmanager und Kuratoren sowie Qualifizierungsstätte für<br />
Langzeitarbeitslose. PLATFORM3 versteht sich als Modell einer<br />
Partnerschaft zwischen Kultur und Wirtschaft.<br />
PLATFORM3 — Spaces for contemporary art is a unique<br />
experimental art space in Munich. Since March 2009 it provides the<br />
grounds for local and international exhibitions and discursive<br />
projects. It serves as a production site, think tank and qualification<br />
program for young curators and art administrators, as well as<br />
for the longterm unemployed. PLATFORM3 positions itself as a link<br />
between culture and economy.
Grußwort<br />
Dr. Anneliese Durst, Fachbereichsleiterin<br />
Referat für Arbeit und Wirtschaft<br />
Die Zukunft der PLATFORM3 begann, als der Stadtrat der Landeshauptstadt<br />
München die finanzielle Basis für die Projektarbeit<br />
beschlossen hatte. PLATFORM3 wurde ein Modellprojekt des<br />
Münchner Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramms, eigentlich<br />
ein originär arbeitsmarktpolitisches Programm, und verbindet<br />
seitdem künstlerisches und kulturelles Arbeiten mit Qualifizierungsprozessen<br />
für den Arbeitsmarkt. Zwei Jahre hat sie mittlerweile<br />
beweisen können, dass durch die Kraft ihrer Ideen, ihrer Anstöße,<br />
ihrer Aktionen, ihrer Projekte das kulturelle Leben in München<br />
wieder ein gutes Stück reicher geworden ist. Möge die Zukunft für<br />
die PLATFORM3 eine günstige sein!<br />
Welcome Note<br />
Dr. Anneliese Durst, Division Manager<br />
Department of Labor and Economic Development<br />
The Future of PLATFORM3 began when the Munich city council<br />
approved the financial support for this project. Since then, it<br />
has become a model project for the Munich employment and<br />
qualification program, primarily developed in support of the labor<br />
market. With the help of the PLATFORM3 project, the employment<br />
and qualification program has been able to provide individuals with<br />
the option to engage in artistic and cultural work as they obtain<br />
essential job qualifications. In the past two years, PLATFORM3 has<br />
demonstrated that the power of its ideas, its impulses, its actions,<br />
its projects have made the cultural life in Munich significantly richer.<br />
May the future of PLATFORM3 be a favorable one!<br />
Vorwort<br />
Birgit Pelzmann<br />
Diese Publikation ist eine Dokumentation. Sie ist eine Momentaufnahme,<br />
entstanden anlässlich des zweiten Jubiläums von<br />
PLATFORM3 — Räume für zeitgenössische Kunst, die unterschiedliche<br />
Blicke auf dieses Projekt bündelt und dessen gegen wärtige<br />
Situation vor Ort präsentiert. Verschiedene künstlerische Formate<br />
thematisieren die vielschichtige Projektstruktur von PLATFORM3,<br />
die Ausstellungsraum, Produktionsort und Arbeitsplatz für lokale<br />
wie internationale Künstler, für junge Kulturmanager und Kuratoren<br />
sowie Langzeitarbeitslose umfasst. Außenstehende wie auch<br />
Vertraute kommen in Bild und Text ‚zu Wort‘.<br />
Der Fotograf Jörg Koopmann hält Offensichtliches und<br />
Unscheinbares mit seiner Kamera fest. Er zeigt das vermeintlich<br />
Innere von PLATFORM3 und wirft einen Blick auf die hier Agierenden.<br />
In seinen Aufnahmen schenkt er den Ateliers, der Werkstatt und<br />
den Ausstellungsräumen ebenso viel Aufmerksamkeit wie jenen<br />
Nischen und Details, die von manchen Vorübergehenden gar nicht<br />
wahrgenommen werden.<br />
Im Rahmen einer Art Brainstorming zur Frage nach dem<br />
Atelier als klassischem Ursprungsort von Kreativität wurden die vor<br />
Ort arbeitenden Künstler gebeten, über Bedingungen und Anforderungen<br />
an ihr „(ideales) Atelier“, ihr konkretes Arbeitsumfeld<br />
nachzudenken. In ihren Werken artikulieren sie ganz individuell<br />
jene Aspekte, die als notwendige Rahmenbedingungen künstlerische<br />
Prozesse erst ermöglichen. Dass die direkte Umgebung der<br />
PLATFORM3 ebenso im Werk einiger Künstler thematisiert wird, ist<br />
naheliegend und wird anhand der Gouachen von Stefanie Unruh<br />
aus der Serie „urban dreams“ illustriert.<br />
Auch der Wiener Autor Hanno Millesi hat sich mit der<br />
Frage des ‚idealen‘ Arbeitsplatzes beschäftigt. Er erzählt in seinem<br />
Prosatext En plein air von seinem ‚toten Briefkasten‘, der darüber<br />
zu Stande gekommenen Kommunikation mit René Magritte<br />
und warum der Künstler eine sehr persönliche Beziehung zu den<br />
Entstehungsorten seiner Bilder hatte.<br />
Für eine potentielle Bestandsaufnahme der Gegenwart<br />
ist es essentiell, sich auch der Vergangenheit bewusst zu sein –<br />
Nikolai Vogel, Künstler der ersten Stunde bei PLATFORM3, hat sich<br />
zur Eröffnung 2009 mit deren Ver-Ortung und der Geschichte des<br />
Areals beschäftigt. Hier veröffentlicht er erstmals Ausschnitte seiner<br />
damaligen Rede.<br />
Diese Publikation ist Dokumentation und mehr. Sie weist<br />
über den Status quo des Projektes PLATFORM3 hinaus, zeigt<br />
dessen Potential und Chancen und eröffnet so ein weites Spektrum<br />
an möglichen Zukunftszenarien für alle Beteiligten.<br />
2<br />
3
Foreword<br />
Birgit Pelzmann<br />
This publication is a documentation, a celebratory snapshot, taken<br />
on the occasion of the second anniversary of PLATFORM3 – Spaces<br />
for Comtemporary Art. Several views of this multidisciplinary project<br />
are presented here side-by-side, accompanied by an assess-ment of<br />
PLATFORM3’s development in relation to its physical site.<br />
The colorful formal and literary variety of the vignettes<br />
featured in this publication corresponds to the organizational<br />
structure of PLATFORM3 which serves as exhibition space, artist<br />
residency program, production site and think tank for local and<br />
international artists, young curators and art administrators, as well<br />
as the longterm unemployed. Both onlookers as well as insiders<br />
have been invited to contribute to our anniversary publication, be<br />
it in word or in image.<br />
With his camera, photographer Jörg Koopmann captures<br />
both things apparent as well as things that seem inconspicuous.<br />
He documents and discloses glimpses of PLATFORM3’s interior spaces<br />
and the individuals who are at work here. In these shots, he grants<br />
just as much attention to the hidden nooks and crannies as he does<br />
to the studios, the workshop, and the exhibition spaces.<br />
In a brainstorming session on the topic of the studio as<br />
the classical origin of creativity, the artists based at PLATFORM3<br />
were asked to think about their individual work space in terms of<br />
the demands and requirements they would place on their “(ideal)<br />
studio”, their working environment. In the resulting works, each artist<br />
has articulated the core elements that are absolutely essential for<br />
him/her in order for the artistic process to begin. Not surprisingly,<br />
the fleeting perceptions of the artists’ immediate surroundings can<br />
help trigger the creative process and sometimes these impressions<br />
find their way into the final product, as demonstrated in the<br />
gouaches from the series “urban dreams” by Stefanie Unruh.<br />
The Viennese author Hanno Millesi also explores the question<br />
of what makes the ‘ideal’ workspace. In his delightful prose text,<br />
En plein air, he tells about his ‘dead letterbox’ and the ‘conversation’<br />
it triggered with René Magritte, and what this has to do with Magritte’s<br />
very personal attachment to the various places where his images<br />
first came into being.<br />
It is important to take the past into account when assessing<br />
the present. For the 2009 inauguration of PLATFORM3, Nikolai<br />
Vogel, one of the first resident artists, explored the historical roots<br />
and physical coordinates surrounding the PLATFORM3 complex.<br />
Excerpts from his original inaugural speech are being published here<br />
for the first time.<br />
This publication is documentation and more. It points<br />
beyond the status quo of the project PLATFORM3, it demonstrates<br />
all its potential and possibilities, and we hope that it may broaden<br />
the spectrum of possible cultural scenarios in the coming years, for<br />
all those who are invested and involved.<br />
4
PLATFORM3 Futures<br />
J.-Peter Pinck, Geschäftsführer und<br />
Marlene Rigler, Projektleitung<br />
PLATFORM3 in Trägerschaft von Wohnforum<br />
München gemeinnützige GmbH<br />
„He would have discovered the enormous ever-changing timespace<br />
which is created and limited by the forces of past and future.“<br />
Hannah Arendt zu Kafkas Parabel Er von 1920<br />
Mit „Future(s)“ werden Geschäfte gemacht – nicht nur in Form der<br />
gleichnamigen, termingebundenen Kontrakte an der Börse, sondern<br />
auch im politischen, urbanistischen, kulturellen und sozialen Bereich.<br />
Metaphernhaft steht ‚Zukunft‘ für die Aussicht auf Fortschritt,<br />
Erneuerung, Veränderung und die Abkehr vom Bisherigen. Die Vergangenheit<br />
fungiert an dieser Stelle als geradezu antagonistischer<br />
Begriff — eine Bürde, von der es gilt sich zu befreien, um Platz zu<br />
schaffen für Neues.<br />
Die Beziehung zwischen Vergangenheit und Zukunft beruht<br />
auf einem Paradoxon. Sie resultiert in einer Leerstelle (gap), die,<br />
so Hannah Arendt, unsere eigentliche Gegenwart ausmacht. Mit Blick<br />
auf Faulkner gilt es jedoch zu bedenken, dass Zukunftsweisendes<br />
seine Strahlkraft durchwegs aus bereits Geschehenem entwickeln<br />
kann. Das Beispiel der historischen Avantgarden beweist, in welchem<br />
Maße Utopien – über ihre Verankerung im jeweiligen, geschichtlichen<br />
Kontext hinaus – auf zukünftiges Denken und Handeln angelegt<br />
sind. Bei Utopien handelt es sich um wirkungsstarke Zukunftsprojektionen,<br />
die naturgemäß über ihren eigenen „Zeiten-Raum“ hinaus<br />
weisen, gleichzeitig aber ihren Anspruch auf Transformation lieber<br />
‚heute‘ als ‚morgen‘ gültig machen wollen. Es liegt in ihrer Natur,<br />
zuweilen zu früh aufzutauchen, oder aber zu spät erkannt zu werden.<br />
Setzt man PLATFORM3 im Rahmen eines Denkexperiments<br />
einer Utopie gleich, so wäre die genannte Schlußfolgerung anhand<br />
der Praxis neu zu überdenken: Das Modell, das unter diesem Namen<br />
seit März 2009 in München-Sendling besteht, kam vielleicht tatsächlich<br />
für viele überraschend, erstaunt manche nach zwei Jahren<br />
immer noch aufgrund seiner Neuartigkeit, wurde aber dennoch<br />
bereits als zukunftsweisend erkannt und allgemein auch an-erkannt.<br />
Der utopisch-experimentelle Charakter dieser ‚Plattform‘<br />
findet Widerhall in künstlerischen Positionen und kulturellen<br />
Diskursen, die zuweilen mit herkömmlichen Schemata (noch) nicht<br />
zu fassen sind. Jedes Projekt wirft neue Fragen auf — spezifisch<br />
zu Inhalt und Form, allgemeiner zu Kontext und Öffentlichkeit, deren<br />
Lösung meist außerhalb der dargebotenen Formate, im Betrachter<br />
selbst und innerhalb seines eigenen Erfahrungshorizontes vollzogen<br />
werden muss.<br />
Die mögliche Zukunft von PLATFORM3 ist längst in die<br />
tägliche Praxis eingeschrieben: das Bestreben, Raum zu bieten für<br />
jene künstlerischen und kulturellen Prozesse, deren Produktionsund<br />
Rezeptionsbedingungen sowohl ästhetische als auch gesellschaftliche<br />
Relevanz haben.<br />
7
PLATFORM3 Futures<br />
J.-Peter Pinck, Managing Director and<br />
Marlene Rigler, Program Manager<br />
PLATFORM3 under the tutorial of the nonprofit corporation<br />
Wohnforum München gemeinnützige GmbH<br />
Das (ideale) Atelier<br />
The (Ideal) Studio<br />
“He would have discovered the enormous ever-changing timespace<br />
which is created and limited by the forces of past and future.”<br />
Hannah Arendt on Kafka’s short story He from 1920<br />
With ‘Future(s),’ profit is made – and not only in the financial world,<br />
where ‘Futures’ represent time-bound investments on the stock<br />
market. This exhibition’s multivalent title calls attention to the fact<br />
that this praxis applies also to political, urban, cultural and social<br />
realms of society. The term ‘future’ functions as a metaphor for<br />
possible progress, renewal, and change. In this context, the ‘past’<br />
becomes an antagonistic element, a burden that must be discarded<br />
in order to create space for the new.<br />
According to Hannah Arendt, the relationship between the<br />
past and the future is based on a paradox, and it is the resulting<br />
gap that makes up our present. With a nod to William Faulkner, it<br />
is equally important to recognize that all things that are forwardlooking<br />
can generate the power of their focus largely by virtue of that<br />
which has already taken place. The historical avant-gardes demonstrated<br />
the extent to which utopian movements are, by definition,<br />
designed for future thought and practice, beyond their respective<br />
historical contexts. Utopias are effectual projections into the future<br />
that, by their very nature, transcend their own coordinates of time<br />
and space. At the same time, however, utopias strive to initiate this<br />
process of transformation in the here and now, rather than at a<br />
future time. It also lies in their nature to appear potentially too early<br />
or to be recognized too late.<br />
For the sake of experimentation, let us consider PLATFORM3<br />
as a type of utopia. In this case, the conclusion drawn above has<br />
to be revisited. The ‘utopian’ model, founded in Munich in March 2009,<br />
might well have unexpectedly appeared on the scene to some; and,<br />
after two years, it still causes occasional bewilderment because<br />
of its unconventional format. Notwithstanding, it has been identified<br />
and widely accepted as a trendsetter by now.<br />
Because of its utopian, experimental character, this ‘platform’<br />
has served as a vital sounding board for those artistic and cultural<br />
discourses which remain difficult to situate within conventional frame -<br />
works. Each project generates new questions concerning content<br />
and form – questions that can only be resolved within the observer,<br />
within each individual history and horizon.<br />
The future path of PLATFORM3 has already taken shape,<br />
it is firmly inscribed in its daily practice: in the effort to provide space<br />
for those particular artistic and cultural processes which seem<br />
aesthetically and socially relevant.<br />
8
Ryo Kawasaki<br />
Ute Heim
Wolfgang Stehle<br />
Silke Markefka
Jovana Banjac<br />
Nana Dix
Nikolai Vogel<br />
Susanne Thiemann
Patricia Lincke<br />
„The future is wide open“ –<br />
vom Wahrsagen und Hochrechnen<br />
Sara Duana Meyer<br />
Wahrsager haben heutzutage kein sonderlich hohes Ansehen.<br />
Und auch Propheten haben es schwer, obgleich das Bedürfnis der<br />
Menschen zu wissen, was geschehen wird, nicht geringer geworden<br />
ist seit den Tagen, als Delphi als Mittelpunkt der Welt galt –<br />
bestimmt durch das zugegebenermaßen eher vage GPS zweier<br />
Adler, ausgesandt von Zeus, vom jeweils anderen Ende der Welt.<br />
Bereits in diesem Bild, das den Ort des Wissens über die Zukunft zum<br />
Zentrum der Welt bestimmt, überlappen sich die Zeit- und Raumkoordinaten,<br />
oder vielmehr, wird das Verständnis von Zeit als vierter<br />
Dimension des Universums deutlich.<br />
Was lässt sich über den Begriff der Zukunft sagen?<br />
Zunächst nicht viel – schließlich ist ihre spezifischste Eigenschaft<br />
ihre Unbestimmtheit. Sie kann düster sein oder rosig, verheißungsvoll<br />
oder furchteinflößend. Nichts ist aufregender als die Frage nach der<br />
Zukunft, und solange Zukunft das bleibt, was sie ausmacht – nämlich<br />
noch nicht hier – ist alles möglich, kann man sogar vom Plural, von<br />
multiplen Wahrscheinlichkeiten sprechen.<br />
In einem Gedankensystem, das den Gesetzen der Physik<br />
und einer linearen Zeitrechnung folgt, ist sie aber noch etwas –<br />
nämlich in jedem Fall unvermeidbar. Hier liegt auch ihr ureigenstes<br />
Paradoxon: Zukunft folgt auf die Gegenwart, wodurch sich der<br />
Blick zwangsläufig auf ein ‚danach‘ statt ein ‚voraus‘ richtet. Dies<br />
bedeutet auch, dass das, was wir als Gegenwart verstehen, jener<br />
flüchtige Moment des Transits, des Dazwischen, unvermeidbar<br />
da endet, wo die Zukunft beginnt – nicht umsonst drückt sich die ambivalente<br />
Furcht vor der Ungewissheit dessen, was sein wird, in Endzeitreporten<br />
und apokalyptischen Weltuntergangszenarien aus.<br />
Auch in der Kunst, oder eher, den Künsten, Experimentierfeld<br />
und Projektionsfläche dessen, was die Gesellschaft bewegt,<br />
gab es immer wieder intensive Auseinandersetzungen mit dem, was<br />
‚Zukunft‘ sein kann und wird. Leidenschaftlich verachteten beispielsweise<br />
die Futuristen zu Beginn des 20. Jahrhunderts all das, was<br />
ihnen traditionell und damit reaktionär, vergangen schien, und<br />
begeisterten sich stattdessen für technologische Entwicklungen, für<br />
Geschwindigkeit und Aggression als Mittel zur Veränderung.<br />
Utopien standen allgemein hoch im Kurs und damit immer auch der<br />
Gegenentwurf zum Ist-Zustand, zum Jetzt.<br />
Doch im Heute des 21. Jahrhunderts stellt sich die Frage:<br />
Sind wir womöglich mittlerweile in der Zukunft angekommen?<br />
Haben dem Raum-Zeit-Kontinuum ein Schnippchen geschlagen?<br />
Die letzten paar Jahrzehnte haben massive Umbrüche und<br />
radikale Veränderungen in einem Ausmaß mit sich gebracht, das<br />
noch vor hundert Jahren niemand vorhersehen konnte. Oder etwa<br />
doch? Hätte man einem Propheten geglaubt, der unseren heutigen<br />
Alltag weissagte? Globale Entgrenzungen oder, mit einem<br />
Begriff Gilles Deleuzes, Deterritorialisierung und damit transnationale<br />
Mechanismen, die sich in einem ständigen Fluss von Waren,<br />
Menschen und Information aller Art ausdrücken. Globale Ströme,<br />
19
die sich weitaus eher mit dem ökonomisch geprägten Begriff des<br />
Transfers umschreiben lassen, als mit dem neoplatonischen<br />
panta rei. Und auch das Präfix ‚post‘, sei es das der Moderne oder<br />
des Kolonialismus, hat offenbar ausgedient und dem buchstäblichen<br />
Gemeinplatz der Globalisierung, Zukunftschimäre per se,<br />
Platz gemacht. Oder, wie Arif Dirlik in einem Text formuliert, der sich<br />
mit dem ‚danach‘ einer Revolution beschäftigt: „in the age of flexible<br />
production, we all live in the borderlands.“<br />
Die durch die Postmoderne profilierte Ortlosigkeit allerdings,<br />
in der kausale Zusammenhänge von Zeit und Ort austauschbar<br />
werden, scheint auf dem Rückzug. So haben etwa die revolutionären<br />
Aufstände, die im Kampf für eine bessere Zukunft in den letzten<br />
Wochen den gesamten Mittleren Osten umwälzten, nicht nur Auswirkungen<br />
auf den Rest der Welt, die mit einer Mischung aus<br />
Besorgnis und Begeisterung mittels der allgegenwärtigen Medienrealität<br />
teilnehmen konnte, sondern waren vornehmlich im virtuellen<br />
Raum initiiert worden, um dann im realen Raum ausgetragen zu<br />
werden. Etwa Indiz dafür, dass nicht nur der Raum wieder da ist,<br />
wie Raumtheoretiker im Zuge des spatial turn ausrufen, sondern<br />
auch Zeit wieder eine größere Rolle spielt?<br />
Bleiben wir noch einen Moment in diesem hybriden Grenzgebiet,<br />
zwischen hier und dort, gestern und morgen, im Jetzt des<br />
Umbruchs und der Veränderung. Denn so, wie die Zukunft immer auch<br />
die Vergangenheit in sich trägt und damit das, was einmal Gegenwart<br />
war, schwingt in der Gegenwart immer auch schon die Zukunft<br />
mit, ruft das alles-ist-möglich des morgen immer wieder Neuanfang<br />
und seinen vielbeschworenen Zauber auf.<br />
Doch schon ist er vergangen, dieser Augenblick, der zu<br />
verweilen sich schon Fausts Überzeugungskünsten widersetzte. Und<br />
schon sind wir ein weiteres Stück in die Zukunft gerückt, die nach<br />
wie vor unbestimmbar bleibt. Zwar vertraut man heute auf Hochrechnungen,<br />
Messwerte und Prognosen mit einer ähnlichen Überzeugung,<br />
wie einst auf die berauschten Orakelsprüche, vergisst aber heute<br />
wie damals häufig, dass letztendlich die Fragestellung wie die Interpretation<br />
über jegliche Aussage entscheiden. Und vielleicht wollen<br />
wir auch gar nicht alles wissen. Zwar nimmt es ein wenig von der<br />
Furcht, wenn die multiplen Wahrscheinlichkeiten der Zukunft durch<br />
Wahrsagen oder auch Hochrechnen in einen einzigen Handlungsstrang<br />
kanalisiert werden. Aber es nimmt eben auch das aufregende<br />
Kribbeln.<br />
20
“The future is wide open” —<br />
on prophecy, projection, and the urge to know<br />
Sara Duana Meyer<br />
‘Clairvoyant’ is not exactly a presentable job these days, and prophets<br />
don’t have it any easier, even though humanity’s urge to see into<br />
their future has not waned since the days of antiquity when Delphi<br />
was hailed as the center of the world – its particular condition<br />
determined by the arguably random GPS of two eagles which Zeus<br />
had released from separate ends of the earth to see where their<br />
paths crossed. This early legend, which awards special status to the<br />
place where the future can be foreseen, points to the overlapping<br />
coordinates of time and space and reminds us that time as the fourth<br />
dimension of the universe is actually an age-old concept.<br />
What can one say about ‘the future’? Not much, for its most<br />
striking characteristic is its indeterminability. The future can be<br />
dark or rosy, promising or forbidding. Nothing is more exciting than<br />
what the future holds in store: as long as it does what it does<br />
best and stays out of reach, everything is possible, even simultaneous<br />
multiple realities.<br />
But the sobering fact remains that – in a linear-thought<br />
system governed by the laws of physics – the future is also something<br />
else: it is completely unavoidable. And herein lies its paradox:<br />
the future follows upon the present, which forces our focus onto<br />
something ‘coming after’ instead of ‘lying ahead.’ This entails that our<br />
present, this fleeting moment of transit, of inbetween, ultimately<br />
ends where the future begins; and it is not by accident that our<br />
ambivalent fears of the unpredictable are expressed and portrayed<br />
in countless versions of an impending apocalypse.<br />
The arts have been the sounding board and experimentation<br />
field for many a quest to understand the future. Well known<br />
in this regard are the Futurists of the early twentieth century,<br />
who passionately despised everything from ‘the past’ which to them<br />
reeked of reactionary tradition and was to be discarded. Excited,<br />
instead, by new technologies, they saw forceful speed and<br />
aggression as the necessary tools for change. Utopias came at a<br />
high premium at the time, for they provided counter versions of the<br />
status quo, of the ‘now’.<br />
Our 21st century reality, however, is haunted by the sense<br />
of having finally arrived in the future. Is this so? Have we managed<br />
to break out of the space-time-continuum?<br />
Recent decades have seen massive upheavals and radical<br />
changes, on a scale that no one could have imagined a hundred<br />
years ago. Or could they have? If a prophet had foretold our day-today<br />
life, would they have been heard? The seer would have<br />
envisioned a global dissolution of boundaries, or, as Gilles Deleuze<br />
coined it, deterritorialization – transnational mechanisms conveyed<br />
in a constant flux of commodities, bodies and information. Global<br />
flows for which the economically charged term ‚transfers‘ seems a<br />
much better fit than the neo-platonic concept of panta rei. And even<br />
the prefix ‘post’ – be it that of modernism or that of colonialism –<br />
appears to have exhausted itself, giving way to the literal common-<br />
23
place of globalization, future’s specter as such. Or, as the historian<br />
Arif Dirlik so aptly expresses in a text on the ‘after’ of a revolution:<br />
“in the age of flexible production, we all live in the borderlands.”<br />
At the same time, however, the iconic placelessness profiled<br />
by Postmodernism – where time and space and their causal interconnectedness<br />
became unmoored – seems to be in retreat. Clearly,<br />
the recent uprisings in the Middle East and their struggle for a<br />
better future shook the whole region to its core. What makes these<br />
struggles so remarkable is not only that they drew in the rest of the<br />
world, which – thanks to the ever-present flow of media realities –<br />
participated with a mixture of concern and elation, but that they had<br />
mainly been initiated in the virtual realm to then be carried out in<br />
the real. Might this indicate not only the return of spatiality – along<br />
the lines of a spatial turn – but also that time is again being granted<br />
greater significance?<br />
Let us pause for a moment in these hybrid borderlands –<br />
between here and there, between yesterday and tomorrow, in<br />
the here and the now of upheaval and change. For, just as the<br />
future always bears traces of the past – which, in turn, was once<br />
the present – the present also always rings with strains of the<br />
future. And tomorrow’s sense of the ever-possible conjures up,<br />
again and again, the possibility of new beginnings and the eternal<br />
enchantment they hold.<br />
And yet this moment is here and gone, it has resisted our<br />
attempts to capture it, just as it resisted Faustus’ crafty efforts to<br />
make it linger. And so, we have moved along into the future, which<br />
remains unpredictable, still.<br />
Most probably, the same amount of trust is placed in extra -<br />
polations, measuring values, and projections today as was once<br />
placed in the oracle’s rapturous proclamations. And, just as in the<br />
past, we often forget that the results are always shaped by the<br />
original questions, as well as by the interpretation. But perhaps we<br />
don’t want to know everything. Our fear of the unknown might be<br />
dispelled by collecting the multiple possible versions of the future<br />
into a single, classifiable strand with the help of soothsaying or<br />
scientific extrapolations. But by this we would also chase away that<br />
intriguing sense of excitement – those butterflies in the stomach.<br />
24<br />
Belichtung, Kunst, Bodybuilding<br />
Nikolai Vogel<br />
Licht war der Anfang! Herzlich Willkommen. Wie aber soll man<br />
es sichtbar machen für die Erinnerung? Licht in der Chauvet-Höhle,<br />
in der Höhle von Lascaux oder der Apollo 11 Cave. Licht, das vor<br />
Jahrtausenden geschienen hat, gemalt auf Höhlenwände, Licht ins<br />
Dunkle gebracht. Wo sind wir?<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts gingen die Maler raus, mit ihren<br />
Farben, ihrer Staffelei, stellten sie in die Wiese, auf Äcker und Wege<br />
und beeilten sich unter der Sonne, den Tag zu bewahren. Wind, Wolken,<br />
Regen, die Schleier des Nebels – alles galt es zum Bleiben zu überreden,<br />
auf die Leinwand. Und freilich gab es von Anfang an Tricks. Etwa<br />
den, so zu tun, aber das Eigentliche, das Bild, im bequemen Atelier<br />
zu vollenden. Und sich im Ruhm des Plein-air zu sonnen! – Und dann<br />
kam die Fotografie! Das aus der Dunkelkammer geborgene Licht.<br />
Das Lichtbild auf lichtempfindlichem Material. Um Abbilder zu schaffen<br />
bedarf es zunächst der Dunkelheit. Das winzige Loch der Camera<br />
Obscura – auch sie eine Höhle – lässt die Welt hinein, die Welt und das<br />
Weltall, denn schon vor Jahrhunderten hat man damit das angesehen,<br />
was das Licht macht – die Sonne. Schließlich kam die Heliographie,<br />
Asphalt auf Zinnplatten, Belichtungszeit acht Stunden. Dann polierte<br />
Kupferplatten, mit Iod- und Bromdämpfen lichtempfindlich gemacht,<br />
belichtet und mit Quecksilberdämpfen entwickelt – das Bild schwärzliches<br />
Silber, metallische Unikate. Dann der Salzdruck und die Kalotypie,<br />
die Erfindung des Negativs und damit Vervielfältigung. Fotografie.<br />
Darauf die Autotypie, das erste Rasterverfahren zur massenmedialen<br />
Verbreitung von Fotografien im Buchdruck, erfunden in München. Und<br />
das Licht wurde erinnert, halbwegs, und nun galt es Töne zu bewahren.<br />
Aber wie um alles in der Welt sollte das aussehen? Angefangen hat<br />
es mit einer Schweineborste, die auf rußgeschwärztem Grund vibrierte<br />
und die Schwingungen einer Membran aufnahm. Aus Ton wurde etwas,<br />
was man sah. Ein anderer Fotoapparat… Edisons Phonograph, der<br />
Klangschreiber, die Sprechmaschine, Stanniolpapier auf einer Walze,<br />
in die eine Nadel Schwingungen graviert. Tainter und Bell nahmen<br />
noch Wachs dazu und machten Schallplatten. „Ich bin ein Graphophon<br />
und meine Mutter war ein Phonograph“, war das Erste, was darauf<br />
zu hören war. Und dann die Frage, wie das jedermann kann – seine<br />
Stimme festhalten, seine Bilder aufnehmen. Wo sind wir?<br />
Fotopapiere, Tonbänder: Hier wurden sie gemacht und gingen<br />
in die Welt, zu sehen, was man sah, zu hören, was man hörte. Im ehe -<br />
maligen Perutz-Werk, das die Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation,<br />
kurz AGFA 1964 übernommen hat. Die Perutz Photowerke in München<br />
produzierten fotografische Platten, ab den 20er-Jahren auch Rollfilme.<br />
Und die AGFA errichtete hier ihre großen Magnetbandfertigungsanlagen,<br />
die dann zum Jahreswechsel 1990/1991 an die BASF gingen,<br />
um ab 1997 als EMTEC zu firmieren. Eine Firma für die Beschichtung<br />
von Magnetbändern, die hier, in der Kistlerhofstraße 70, bis zur<br />
Schließung im Jahre 2004, auch die für diese Beschichtung nötigen<br />
Magnetbandlacke herstellte. Hier lagen Frischbänder, bereit Eindrücke<br />
zu empfangen, aufzuwickeln, wiederholt abzuspulen. Rücklauf und<br />
schneller Vorlauf: Wo sind wir?<br />
25
In der Kistlerhofstraße. Wer war Kistler? Etwa Cyrill Kistler?<br />
Geboren 1848 in Großaitingen, Schwaben, gestorben 1907 in Bad<br />
Kissingen, ein Komponist, Musiktheoretiker, Musikpädagoge und<br />
Verleger. Hat in München studiert, galt als Richard Strauß ebenbürtig,<br />
ist heute ziemlich vergessen. Doch mit Cyrill waren wir auf der falschen<br />
Spur! Die Straße ist nach dem Hausnamen eines ehemaligen Anwesens<br />
in Obersendling benannt, erfahre ich im Stadtarchiv. War das ein<br />
Bauernhof? Das konnte mir das Stadtarchiv auf die Schnelle nicht<br />
beantworten. Klappe, die Nächste: Wo sind wir?<br />
Hier, in einer neu bezogenen Atelieretage. Alles noch frisch,<br />
der Staub der Bohrmaschinen erst verflogen, die Planen vom Weißeln<br />
abgedeckt, der Boden im Gang neu gelegt. Alles bereit für Belichtung.<br />
Wo sind wir? Im dritten Stock. Über uns wird Musik gesetzt und<br />
Kugeln ziehen ihre Bahn. Laufen mal mehr und mal weniger nach<br />
vorhergesehenen Winkeln an die Banden und in die Löcher. Unzählige<br />
kleine Zusammenstöße. Unter uns Handschuhe und in Apparaturen<br />
schwitzende Menschen. Vielleicht nicht die schlechteste Umgebung!<br />
Kunst ist Kopf und Körper – Bodybuilding und Billard. Mit Handschuhen<br />
muss man die Kunst zwar nicht unbedingt anfassen, es sei denn<br />
empfindliche Bilder beim Hängen. Bodybuilding ist eine Sportart, bei<br />
der die Modellierung des Körpers durch gezielte Muskelübungen in<br />
der Regel unter Verwendung von Fitnessgeräten im Mittelpunkt steht.<br />
Das Wort Kunst bezeichnet im weitesten Sinne jede entwickelte<br />
Tätigkeit, die auf Wissen, Übung, Wahrnehmung, Vorstellung und Intuition<br />
gegründet ist (Heilkunst, Kunst der freien Rede). Im engeren Sinne<br />
werden damit Ergebnisse gezielter menschlicher Tätigkeit benannt,<br />
die nicht eindeutig durch Funktionen festgelegt sind. Die Belichtung<br />
fotografischen Aufnahmematerials wird von drei Faktoren bestimmt:<br />
der Empfindlichkeit, der Blende und der Zeit. Sie ist ausgewogen, wenn<br />
Lichter und Schatten im Bild noch Zeichnung aufweisen. Drei Artikel-<br />
Anfänge in einem sehr populären Lexikon… 1 Drei Einträge, die davon<br />
handeln, wie ein Eindruck ausgedrückt werden kann. Um Eindrücke zu<br />
haben braucht man Aussichten. Wo sind wir?<br />
Nennen wir es PLATFORM3. Von einer Plattform aus hat man<br />
gute Aussicht oder man wartet auf den Zug, der einen anderswohin<br />
bringt, ein Aufbruch. Von einer Plattform aus bringt man Dinge an den<br />
Mann. Eine Plattform trägt das, was darauf entwickelt wird, sie ist eine<br />
Versuchsumgebung. Fernrohre haben wir keine aufgestellt – für die<br />
Blicke wird hier genug entwickelt, die Aussichten sind an den Wänden<br />
und in den Räumen, müssen von dort erst noch nach draußen finden.<br />
Eine Plattform auf drei Säulen, das klingt klassisch, auf drei Füßen<br />
kann man aber auch wackelig stehen, wenn der vierte fehlt. Man muss<br />
balancieren, man fühlt sich nicht zu sicher, man bleibt in Bewegung,<br />
und darum geht es, Körper und Kopf. Wir sind nicht an den grünbezogenen<br />
Tischen, wir sind nicht in den Muskelmaschinen, wir beschichten<br />
keinen Rohfilm oder Tonbänder, wir arbeiten direkt an den Entwicklungsverfahren,<br />
wir nehmen das Licht und den Klang und die Zeit um<br />
die Körper und wir machen etwas daraus. Was wird man sehen. 2<br />
1 Wikipedia, Stand März 2009<br />
2 Gekürzte Version der Rede, gehalten im Eröffnungstrubel der PLATFORM3,<br />
am 20. März 2009. Hier sei noch das zeitgebundene Ende zitiert:<br />
„Wir haben Tagundnachtgleiche, Frühlingsanfang! Die Räume warten,<br />
die PLATFORM3 steht, es schadet nicht, zunächst zu tanzen!“<br />
26
Exposure, Art, Bodybuilding<br />
Nikolai Vogel<br />
In the beginning was the light. Welcome! But how to go about<br />
recording light in our collective memory? Light in the Chauvet cave,<br />
in the Lascaux cave or the Apollo 11 cave – light that flickered<br />
there, thousands of years ago, that was rendered into drawings<br />
covering the crude cave walls, illuminating a dark world, so-tospeak.<br />
Wait: so where are we in this?<br />
Fastforward some 30.000 years. In the early 19th century,<br />
painters took their pigments and easels outdoors and set them<br />
up in the middle of fields, pastures, and winding country roads,<br />
working with all their might to preserve the day by the honest light<br />
of the sun. They were hoping to coax the wind, the waves, the<br />
rolling fog and the quiet mist onto their canvases. Of course there<br />
were always tricks, like keeping up the 100 % plein-air appearance,<br />
yet creating the final painting in the comfort of the studio. And<br />
then – drumroll, please – photography emerged! Here, light was<br />
borne from the darkroom. Literally, a light-image on light-sensitive<br />
material. Remarkably, the only way to create a photographic<br />
likeness is to provide an initial darkness from which it can emerge.<br />
The universe of all things visible passes through a pinhole into<br />
the hollow, cavernous interior of the Camera Obscura. Hundreds<br />
of years ago, it was used to look at the source of all light, the<br />
source of all seeing: the sun. Then there was Heliography, a coat<br />
of tar-like Bitumen on pewter plates and a tremendous exposure<br />
time of eight hours. Onto the first practical form of photography,<br />
the Daguerreotype: polished copper plates made light-sensitive<br />
by iodine and bromide vapors, which were then exposed in the<br />
camera and developed with mercury vapor. One of a kind images<br />
in blackened silver, mysterious and luring with their metallic sheen.<br />
Then there was the salt print followed by the Calotype – the first<br />
negative – which made it possible to produce multiple prints<br />
from image. This marks the birth of modern photography. So much<br />
for photography, but that’s not all. The development culminates<br />
with the half-tone print, the first raster image process, used for the<br />
mass distribution of photographs in book printing, and invented,<br />
incidentally, in Munich. And light was inscribed onto the parchment<br />
of memory. But what about sound? It, too, had to be preserved. It<br />
started with a hog’s bristle attached to a membrane. Sound waves<br />
focused upon the membrane caused the bristle to move, inscribing<br />
a visual recording onto a lamp-blackened medium. A soundcamera…<br />
Then Edison’s phonograph. A sound-writer that could<br />
play back the sounds it had transcribed, a talk machine, a tinfoilwrapped<br />
cylinder onto which a needle inscribed the sound waves.<br />
Voila. Tainter and Bell then basically added wax and began<br />
making records. The first thing their creation could be heard to<br />
proclaim was “I am a graphophone and my mother was a phonograph.”<br />
And then there quickly arose the question of how to<br />
produce these technologies so that any-and-everyone could<br />
record their own voice and their own pictures. Wait: so where are<br />
we in this?<br />
29
We’re getting there. Photographic paper and audiotapes:<br />
it is here, on this very site, that they were produced and sent out<br />
into the world, to see what could be seen and hear what could<br />
be heard. Here was, back in 1964, the former Perutz-Werk bought<br />
by AGFA (Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation). Since the<br />
late nineteenth century, the Perutz Photowerke in Munich had<br />
produced photographic plates, adding roll-film to their selection<br />
in the 1920s. On this industrial site, AGFA established its largescale<br />
manufacturing facility for magnetic tape, which became part<br />
of BASF in 1990/1991. In 1997 it became EMTEC, a company<br />
that produced coated magnetic tape right here, at No. 70 Kistlerhofstraße,<br />
until it closed in 2004. This is where fresh magnetic tape<br />
sat ready to receive impressions, ready to wind up and unspool<br />
these impressions innumerable times. Rewind, fastforward: Just<br />
where exactly are we?<br />
On Kistlerhofstraße. But who was this Kistler? Was it<br />
Cyrill Kistler? The composer, music theorist, music professor and<br />
publisher, born in 1848, in the Swabian town of Großhaitingen, died<br />
1907 in Bad Kissingen in Lower Franconia. Studied in Munich and<br />
was, in his day, placed on par with Richard Strauss, has been all<br />
but forgotten. However, it turns out that we are on the wrong track<br />
with this particular Cyrill. At the city archives, I discover that the<br />
street name, Kistlerhof, derives from the name of a former estate<br />
in Obersendling. Was it a homestead? Hard to say right away, I was<br />
told by the archive staff: this would require more indepth research.<br />
So, next frame: Where are we?<br />
Here, on a floor of studios that has just been moved into.<br />
Everything is still fresh, the dust has barely settled, the floor is<br />
still covered with plastic sheets from the painting job, the hallway<br />
floor has just been laid. Everything is ready for exposure. Where<br />
precisely are we? On the third floor. On the floor above us, music is<br />
set and billiard balls follow their more or less intended trajectories,<br />
impact upon impact. Beneath us, gloves and sweating people<br />
in heavy-duty workout equipment. Maybe not the worst context!<br />
Art, after all, involves both head and body – Billiard and Body -<br />
building, so to speak. Although art doesn’t really need to be<br />
handled with gloves, save for the more fragile pieces as they are<br />
being installed. In Bodybuilding, the central objective is to shape<br />
the human body by exercising different muscle groups, often with<br />
the help of fitness machines. The term art can be described as<br />
any cultured form of action that is based on knowledge, practice,<br />
cognition and intuition (this includes the art of healing or the art<br />
of free speech). In its narrower sense, the term art refers to products<br />
of purpose-driven human action that do not have a particular<br />
function assigned to them. The following three factors are key<br />
in the making of a photograph: the light-sensitivity of the photographic<br />
medium, the aperture used, and the exposure time. A<br />
photograph is well exposed when both the highlights as well as the<br />
shadow areas retain a degree of line and detail. The beginnings<br />
of three articles in a popular dictionary… 1 Three articles that<br />
deal with how to express or convey an impression. An important<br />
prerequisite for gathering impressions is having a good outlook.<br />
And where precisely are we?<br />
30<br />
Let’s call it PLATFORM3. A platform can provide spectacular<br />
views; a platform can also be where you wait for the train<br />
that takes you elsewhere, a place of departure into new territory.<br />
A platform, podium-style, can be used to get messages across.<br />
In essence, a platform is the carrier for things that are evolving:<br />
it is a place of experimentation. There’s no need for telescopes here<br />
at PLATFORM3: much is being done to enhance the glance, and<br />
views can be found hanging on the walls and installed on the floor<br />
in the studios and gallery spaces, have yet to grow and wind their<br />
way out into the world. A platform on three legs, classical style.<br />
Three legs… that means the stand can be a bit wobbly if the fourth<br />
is missing. It means that one has to work to stay balanced, that<br />
one doesn’t get too comfortable or feel too secure, that one keeps<br />
moving: and that’s what it’s all about – using head and body. No,<br />
we are not standing at the green-felted pool tables, and we are not<br />
ensconced in the muscle-machines, nor are we coating virgin film<br />
or audio tape. We get to work directly on the developing processes<br />
within our minds; we immerse our bodies in the light and the<br />
sound and time itself and make them into something. What that is,<br />
exactly, remains to be seen. 2<br />
1 Wikipedia, March 2009 (translated from the german site)<br />
2 Shortened version of the Inaugural Talk for PLATFORM3, held on<br />
March 20th, 2009. The original talk ended with a reference to the season:<br />
“Today is equinox, the beginning of Spring! The new art spaces await,<br />
PLATFORM3 is set up and ready. Let us take this opportunity and dance!”<br />
31
En plein air<br />
Hanno Millesi<br />
Auf meinem Nachtkästchen lag unlängst ein Brief von René Magritte.<br />
Das ist nichts Ungewöhnliches, fungiert mein Nachtkästchen doch,<br />
wie ich herausgefunden habe, als eine Art toter Briefkasten und stellt<br />
auf diese Weise eine Verbindung mit dem Jenseits her. Personen, die<br />
sich dort aufhalten, dient er gelegentlich zur Kommunikation mit dem<br />
Diesseits. Ich bin sicher, es gibt eine ganze Reihe solcher Schnittstellen<br />
und fühle mich deswegen keineswegs begabt oder gar auserwählt.<br />
Einem toten Briefkasten haftet nichts Beunruhigendes an,<br />
bestenfalls etwas Konspiratives, etwas Geheimnisvolles.<br />
Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich den Inhalt dieses<br />
Briefes publik machen soll. Wenn ich mich schlussendlich dafür<br />
entschieden habe, dann weil ich das Geheimnis als Gegner der<br />
Kommunikation betrachte.<br />
Wer sich darüber wundert, dass der Meister des Surrealismus<br />
ausgerechnet mir geschrieben hat, erinnere sich an einen Satz,<br />
den er des Öfteren zum Besten gegeben haben soll: Kein Gegenstand<br />
ist so eng mit seinem Namen verbunden, dass man ihm nicht<br />
einen anderen geben könnte, der besser zu ihm passt. Im Grunde<br />
heißt das nichts anderes als: Keine Person ist so sehr auf einen<br />
bestimmten Zeitpunkt festgelegt, dass sie nicht auch an einem<br />
anderen auftauchen oder zumindest von sich hören lassen könnte.<br />
Und sofern die Malerei eine sichtbare Beschreibung eines Gedankens<br />
ist, kann – diesem Gedanken folgend – das Schreiben als<br />
unsichtbare Beschreibung desselben betrachtet werden. Der sichtbare<br />
Gedanke verwandelt sich und wird selbst zum Text der Welt,<br />
in dem er sich augenblicklich wieder verliert; denn das Mysterium<br />
der Welt ist unbeschreiblich.<br />
Im Zentrum von Magrittes Brief steht die Bitte, sich nach<br />
einem Ort umzusehen, an dem er ungestört arbeiten könne. Die<br />
Bedeutung, die ein idealer Arbeitsplatz im Schaffen eines Künstlers<br />
einnimmt, so der Maestro, könne gar nicht hoch genug eingeschätzt<br />
werden. Egal, ob er noch unter uns weilt oder nicht. Warum ich<br />
das ausgerechnet in der Publikation einer in München ansässigen<br />
Institution, die Künstlern, Kuratoren und -innen Betätigungsfelder<br />
zur Verfügung stellt, zum Besten gebe? Weil ich es als Empfänger<br />
von Magrittes Brief als meine Aufgabe betrachte, die Dringlichkeit<br />
in Erinnerung zu rufen, dass irgendwer sich darum kümmert.<br />
Magritte unterhält, wie er mir anvertraut, und ich nicht länger<br />
verschweige, eine sehr persönliche Beziehung zu den Orten, an<br />
denen seine Bilder entstanden sind und, wer weiß, vielleicht nach wie<br />
vor entstehen. Dieser Umstand geht auf eine bittere Erfahrung<br />
zurück, die zu machen ihm auf seinem Weg, ein reifer Künstler zu<br />
werden, nicht erspart geblieben ist.<br />
René verbrachte den größten Teil seiner Kindheit in einer<br />
riesigen Wohnsiedlung in der Nähe eines Industriegeländes direkt an<br />
der U3. Den Namen der Station konnte ich nicht entziffern. Sie<br />
scheint jedoch weitab vom Stadtzentrum zu liegen. Die Siedlung<br />
umfasste hunderttausende Wohnungen in unübersichtlichen Anlagen,<br />
Wohntürme, ein Einkaufszentrum und einen Pensionisten-klub<br />
32
(Haus der Silberrücken). Für die Kinder der Siedlung hatten die<br />
Architekten in ihren weißen Mänteln und ihren verkleinerten<br />
Maßstäben nur ein paar schmale Rasenstreifen zwischen den<br />
verschiedenen Parkflächen und Müllplätzen vorgesehen.<br />
Zunächst erklärte René eine Hälfte jenes Zimmers, das er<br />
sich mit seinem Bruder Raymond teilte, zu seinem ersten halben<br />
Atelier. Hier träumte und zeichnete er und verwarf gelegentlich eine<br />
verunglückte Idee oder schob sie in Raymonds Zimmerhälfte. Am<br />
liebsten malte er mit seinen Deckfarben, die, vielfarbigen Augen<br />
vergleichbar, in einem metallenen Kasten zum Auf- und Zuklappen<br />
geduldig auf seine originellsten Einfälle warteten. Der nächste<br />
Schritt seines Plans, sich die Welt der Kunst zu erobern, sah vor, sein<br />
Operationsgebiet auf die gesamte Wohnung der Familie Magritte<br />
auszudehnen. Vorerst hatte niemand etwas dagegen einzuwenden.<br />
Monsieur&Madame Magritte wussten noch nichts von der destruktiven<br />
Kraft, die revolutionärer Kunst mitunter innewohnt.<br />
Eines Nachmittags war es dann aber soweit. René saß in<br />
seinem blauen Maleroverall mit den silbernen Knöpfen auf dem<br />
Biedermeiersofa seiner Eltern und malte einen jungen Künstler, von<br />
dem eines Tages die ganze Welt sprechen würde, der jedoch zur<br />
Zeit noch auf dem Biedermeiersofa seiner Eltern sitzt und ein Bild<br />
malt, das die gegenwärtige Situation wie eine zukünftige Erinnerung<br />
aussehen lässt. Als er das Bild fertig gestellt hatte, endete, davon<br />
ahnte René einstweilen noch nichts, eine erste Epoche seines jungen<br />
Künstlerlebens. Experten tendieren dazu, sie als die biedermeierliche<br />
Periode zu bezeichnen, was bereits zu einer Menge Missverständnisse<br />
geführt hat. Als René nämlich vom Sofa aufstand, um die Farbwerte<br />
am Fenster zu überprüfen, hatte er auf dem Biedermeierstoff blaue<br />
und silbrige Flecken hinterlassen. Im ersten Moment war der junge<br />
Maler davon überzeugt, in seinen Organen befänden sich Farben,<br />
nahm er doch an, er habe, vom kreativen Akt überwältigt, in die<br />
Hose gemacht. Erst mit der Zeit wurde ihm bewusst, was tatsächlich<br />
geschehen war. Als Madame&Monsieur Magritte sahen, welch katastrophale<br />
Auswirkungen ungezügelte Fantasie auf die Möblierung<br />
einer Kleinfamilienwohnung haben konnte, verboten sie René jegliche<br />
künstlerische Tätigkeit. In der Hitze des Gefechts hatte er versucht,<br />
Remy, den Familienhund der Magrittes, für das Malheur verantwortlich<br />
zu machen, aber er war ein schlechter Lügner. Wieso sollten eher<br />
die Ausscheidungen eines Familienhundes blau oder silbern sein, als<br />
die eines Malers; ob nun zukünftig Virtuose oder nicht?<br />
Als René sich gegen das Malverbot auflehnte, verwiesen<br />
Madame&Monsieur Magritte ihn der Wohnung. Nicht René, ihren<br />
Sohn, sondern René, den Künstler, jenen, aus dem später Magritte<br />
werden sollte.<br />
Um diese Beschränkung zu seinem Vorteil zu nutzen,<br />
entschied René, dass er von jenem Tage an nach der Natur malen<br />
werde, wie man das damals nannte. Im Grunde hatte er ohnedies<br />
immer von der Natur geträumt und aus dem Fenster auf die<br />
Menschen und ihre Gegenstände hinunter geschaut. Selbst wenn<br />
er in sich hineinschaute, registrierte er, was außerhalb vor sich ging,<br />
als zeichneten sich in seinem Inneren Alternativvorschläge für die<br />
Welt da draußen ab. Als Atelier sollte ihm einer der Rasenstreifen<br />
im Kern der Anlage dienen.<br />
35
Monsieur&Madame Magritte gestatteten ihm jedoch erst,<br />
unter freiem Himmel zu malen, als René glaubhaft versichern<br />
konnte, dass er in der Lage sei, ohne fremde Hilfe auf die Toilette<br />
zu gehen. Diese Form der Selbstständigkeit war in den vier Augen<br />
von Monsieur&Madame eine Voraussetzung, um unbeaufsichtigt<br />
Talente zur Blüte zu bringen. Sobald René die Kontrolle über<br />
seine Ausscheidungsorgane übernommen hatte, setzte er sich<br />
auf einen der Rasenstreifen zwischen den Müll und die parkenden<br />
Autos und porträtierte seine Umgebung in all ihren bizarren<br />
Details. Er malte die Wohnhäuser, das Einkaufszentrum mit seinen<br />
Konsumenten, den Wohnturm und das Haus der Silberrücken.<br />
Eines Tages jedoch verspürte René während des Malens<br />
einer vierköpfigen Familie, die in einem Einkaufswagen saß, der<br />
von nichts anderem als ihrer Puste in Bewegung versetzt wurde,<br />
das dringende Bedürfnis, sich zu erleichtern. Er war umsichtig<br />
genug, damit ja nichts passiere, Vater&Mutter der Familie, die er<br />
gerade schuf, vorerst kopflos zu lassen, obgleich die Puste der<br />
Kinder kaum ausreichen würde, um Fahrt aufzunehmen. Eiligen<br />
Schrittes begab er sich zu dem Gebäude, das die elterliche<br />
Wohnung mitsamt seinem früheren Arbeitsplatz beherbergte,<br />
und rief per Knopfdruck den Lift. Sein Bedürfnis wurde im Nu so<br />
heftig, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als von einem Fuß auf<br />
den anderen zu steigen. Da das Haus über siebzig Stockwerke<br />
verfügte, dauerte es unendlich lange, bis der Lift unten angekommen<br />
war. René gelang es nur, seinen Drang einigermaßen in<br />
den Griff zu bekommen, indem er sich während der Fahrt mit zwei<br />
Fingern dort kniff, wo er aufzuplatzen drohte. Der Schmerz, den<br />
er sich auf diese Weise zufügte, lenkte ihn vorübergehend von<br />
seinem Harndrang ab. Das alles nutzte jedoch nichts, weil sich<br />
die Wohnung der Magrittes im einundsechzigsten Stockwerk<br />
befand, und der Lift noch langsamer hinauffuhr, als er heruntergekommen<br />
war. René hätte gleich unten bleiben können,<br />
so aber stand er mit tropfendem Hosenbein vor der elterlichen<br />
Wohnungstüre.<br />
Madame&Monsieur Magritte verboten ihm die nächsten<br />
Wochen über, auf einem der Rasenstreifen nach der Natur zu<br />
malen. Dieses Verbot blieb solange aufrecht, bis René sie davon<br />
überzeugen konnte, dass so etwas nie wieder passieren würde.<br />
Und wirklich, er verhielt sich besonnener. Zunächst ver -<br />
zichtete René beim petit déjeuner auf den Cognac in seinem<br />
Café, vormittags dann auf das anempfohlene Glas Wein. Darüber<br />
hinaus malte er fortan ganz in der Nähe des Aufzugs und achtete<br />
auf das geringfügigste Anzeichen von Urgenz, was in der Sprache<br />
der damaligen Zeit soviel hieß wie dringend aufs Klo zu müssen.<br />
Bereits bei der leisesten Ahnung warf er den Pinsel, ungeachtet<br />
der Tatsache, dass die Landschaft, die er gerade malte und die sich<br />
merkwürdigerweise einem Blick in den Innenraum darbot, noch<br />
über keinerlei Beleuchtung verfügte, von sich und flitzte los Richtung<br />
Lift. Auf den ersten paar Schritten musste René jedoch mitansehen,<br />
wie die Lifttüre gemächlich zuging. Als er die verschlossene<br />
Türe erreicht hatte und mit seinen zarten Malerhänden dagegen<br />
hämmerte, antwortete sie mit metallenem Pumpern. Der Lift befand<br />
sich bereits auf dem Weg nach oben.<br />
36<br />
Wieder dauerte es mehrere Wochen, bis René ein neuerliches<br />
d’accord erhielt, auf einem der Rasenstücke zu arbeiten.<br />
Zunächst hatten Madame&Monsieur Magritte gar gemeint, eine<br />
nächste Chance komme nicht mehr in Frage, denn offenbar habe die<br />
Malerei etwas mit seiner fortwährenden Beflecktheit zu tun. Renés<br />
aufrichtiges Bemühen, seine Bereitschaft, auf die Einnahme jeglichen<br />
stimulierenden Getränks zu verzichten, was ihm gelegentliche<br />
Entzugserscheinungen bescherte, stimmten Madame&Monsieur<br />
schließlich um. Einen Beitrag dazu leisteten nicht zuletzt die Siedlungsbewohner,<br />
die sich an den malenden Knaben mit dem verkniffenen<br />
Gesichtsausdruck gewöhnt hatten.<br />
Mit strenger Miene erinnerten Madame&Monsieur ihren<br />
Sohn daran, was auf dem Spiel stand, aber das wusste René allemal,<br />
und er betrat den Hof der Siedlung wie Adam&Eva den Garten Eden<br />
betreten hätten, hätte man ihnen, nach der Geschichte mit dem Apfel,<br />
noch ein letztes Mal Einlass gewährt. René schwor bei all seinen<br />
Vorbildern und zukünftigen Nachfolgern, diese Chance zu nutzen.<br />
Als erste Vorsichtsmaßnahme verlagerte er seinen Arbeitsplatz,<br />
ungeachtet der intensiv riechenden Tonnen mit Bioabfällen,<br />
auf ein Rasenstück in unmittelbarer Nähe des Aufzugs. In der Folge<br />
berechnete er den Zeitpunkt, an dem sich das Quäntchen Feuerwasser,<br />
das er heimlich zu sich nahm, ungefähr melden würde. Wenn<br />
es soweit war, beendete er mit ein paar flinken Strichen die Propeller<br />
an den Köpfen der schwarzen Vögel auf seiner Leinwand, die auf<br />
dem benachbarten Rasenstück Zigarettenstummel rauchten, legte<br />
den Pinsel beiseite und ging gemächlich Richtung Lift. Erst auf den<br />
letzten paar Metern begann er zu traben, um nicht unnötig Zeit zu<br />
verlieren. Selbst wenn der Lift sich im obersten Stockwerk befände,<br />
müsste sich diesmal alles bequem ausgehen.<br />
Auf dem Zettel, der an der Aufzugtür hing, las René, die<br />
Wartung werde höchstens bis nach dem Mittagessen dauern.<br />
In seiner Verzweiflung beschloss er, es so zu machen, wie er es bei<br />
Remy beobachtet hatte. Der schlaue Hund suchte sich ein halbwegs<br />
dichtes Gebüsch, und René fand eines, vor dem an diesem<br />
Tag das Lieferauto des Einkaufszentrums parkte. Ausgerechnet als<br />
er mit seinem Geschäft begann, brach es jedoch zu einer Lieferung<br />
auf, und der ständig nüchterne Hausmeister packte René am<br />
Kragen und kündigte dienstübereifrig an, er werde ihn unverzüglich<br />
Madame&Monsieur aushändigen, damit er eine strenge Strafe<br />
erhalte. Mit der Malerei en plein air war es nunmehr endgültig vorbei,<br />
und dem heranwachsenden Künstler blieb nichts anderes übrig,<br />
als sich darauf zu besinnen, dass man auch bei einem Blick aus dem<br />
Fenster in seinem Kopf zu sehen bekommt, wie es draußen zugeht<br />
oder zugehen wird oder zugehen könnte. Hatte er sich nicht auch<br />
angesichts des natürlichen Beschaffenseins so vieler Dinge seinen<br />
eigenen Reim darauf gemacht?<br />
37
En plein air<br />
Hanno Millesi<br />
I recently found a letter from René Magritte on my nightstand.<br />
This is nothing out of the ordinary, for my nightstand, I have come<br />
to realize, functions as a dead letterbox of sorts, establishing a<br />
connection with the netherworld. From time to time, individuals who<br />
reside there use it to communicate with this world. I am certain<br />
that there are any number of such interfaces, and I don’t pretend<br />
to be particularly gifted or chosen. There is nothing unsettling<br />
about a dead letterbox, at best perhaps something conspiratorial<br />
and secretive.<br />
I have long agonized over whether I should make the<br />
contents of this letter public, and if I have decided to do so, it is only<br />
because I consider secretiveness the enemy of communication.<br />
If you are wondering why the Surrealist master has decided<br />
to write to me, of all people, I will call to mind a phrase which he<br />
is said to have uttered frequently: “No object is so closely attached<br />
to its name that one could not find another that fits it better.” This<br />
can also mean, in essence, that no person is so closely tied to one<br />
particular point in time that they could not also appear at another<br />
point in time, or at least make themselves heard there. Now if<br />
painting is the visible description of a thought, then writing – in<br />
following this thought – can be regarded as its invisible description.<br />
The visible thought becomes the text of the world, where it loses<br />
itself instantly, for the mysterium of the world is indescribable.<br />
At the heart of Magritte’s letter is his request for a space<br />
where he could work uninterruptedly. The maestro goes on to say<br />
that the significance of the ideal workplace for an artist’s oeuvre<br />
simply cannot be overemphasized. Regardless of whether or not<br />
this artist still resides among us. Why, you might ask, have I chosen<br />
to share this request in a publication brought out by a Munichbased<br />
institution that provides work spaces for artists and curators?<br />
Because, as the recipient of Magritte’s letter, I consider it my responsibility<br />
to call to mind the urgency of this request, with the hope that<br />
someone might tend to it.<br />
Magritte confides in me that he maintains a very personal<br />
connection to those places where his pictures were once created<br />
and are perhaps still being created. This circumstance is based<br />
on a bitter experience that he was unable to avoid on his path to<br />
becoming a mature artist.<br />
For most of his childhood, René lived in a sprawling housing<br />
development adjacent to an industrial site somewhere on the<br />
U3 subway line. Unfortunately, I was unable to decipher the name<br />
of the subway stop mentioned in the letter, but it seemed quite<br />
far from the city center. The housing development consisted<br />
of disorienting buildings and high rises filled with hundreds of<br />
thousands of apartments, including a shopping mall and a club<br />
for retirees (House of Silverbacks). For the children of the housing<br />
development, the white-coated architects with their miniature<br />
yardsticks had allotted nothing but a few narrow strips of grass<br />
that lay between the park areas and the garbage dumpsters.<br />
38
Early on, young René designated his half of the room,<br />
which he shared with his brother Raymond, as his first half-studio.<br />
Here, he dreamed and sketched, occasionally discarding a failed<br />
idea and shoving it into Raymond’s half of the room. He loved to<br />
paint with his watercolors, which sat in round tubs like many-colored<br />
eyes in a metal box with a lid that could be opened and closed,<br />
waiting patiently for his most original ideas. The next phase of René’s<br />
plan to make the world of art his own was to extend his field of<br />
operation across the entire apartment of the Magritte family. At first,<br />
no one seemed to mind. Monsieur&Madame Magritte did not yet<br />
know of the destructive power that can lie within revolutionary art.<br />
Yet one afternoon, it finally happened. Dressed in his blue painting<br />
overalls with the silver buttons, René sat on his parents’ Biedermeierstyle<br />
couch and painted a picture of a young artist who would one<br />
day be known throughout the world, but who was currently still<br />
sitting on his parents’ Biedermeier couch, painting a picture that<br />
made the present scene look like a future memory. Although René<br />
was not aware of it, by the time he had completed this picture, the<br />
first phase of his young artistic life had just come to an end. Experts<br />
tend to call it his Biedermeier period, which has already led to a<br />
great many misunderstandings. Because when René got up from<br />
the couch in order to scrutinize the color relationships by the light of<br />
the window, the fine Biedermeier fabric was covered with patches<br />
of blue and silver paint. At first, the young painter was convinced<br />
that his organs had absorbed the paint pigments, for he thought that<br />
he must have wet his trousers in a moment of creative distraction.<br />
It took quite some time for him to realize what had actually<br />
happened. When Madame&Monsieur Magritte saw the catastrophic<br />
impact that an un-bridled phantasy can have on the cherished<br />
interior furnishings of a middle class family apartment, they forbade<br />
him all artistic activity. In the heat of the moment, the young artist<br />
had attempted to blame their dog Remy for the mishap, but he was<br />
a bad liar. Why would it be more plausible for a dog to have blue<br />
and silver excretions than for a painter to have them, whether or not<br />
he was a future virtuoso?<br />
When René revolted against the painting ban, Madame&<br />
Monsieur Magritte accordingly banned him from the apartment.<br />
It was not René their son whom they had expelled, but René the<br />
artist, who would one day be known as Magritte.<br />
Using this restriction to his advantage, René decided that<br />
he would from now on paint after nature, as one said in those days.<br />
He had always dreamed of nature and had looked longingly out of<br />
the window at the people and their objects below. Even when he was<br />
looking inside himself, he still perceived what was going on outside,<br />
while alternative versions of the world took shape on the canvas<br />
of his imagination. He decided to set up his new studio on one of the<br />
strips of grass in the center of the housing development.<br />
Before Monsieur&Madame Magritte would allow their son<br />
to paint outdoors, however, René had to sound convincing enough<br />
that he was capable of using the toilet without assistance. The<br />
Magrittes considered this kind of self-sufficiency a basic precondition<br />
for developing one’s talents without supervision. As soon as<br />
René had gained control over his excretory organs, he installed<br />
41
himself on one of the strips of grass between the garbage cans and<br />
the parked cars and began to portray his environment in all its<br />
bizarre detail. He painted the apartment buildings, the mall with its<br />
shoppers, the high rise, and the House of Silverbacks.<br />
But one day – he was painting a family of four who sat in a<br />
shopping cart and were moving it forward with their own breath –<br />
René felt the urgent need to relieve himself. He was conscientious<br />
enough to interrupt his work to make absolutely sure that no accident<br />
would happen – leaving the father and the mother he was depicting<br />
headless, although the children’s feeble puffs would not be powerful<br />
enough to move the cart by themselves. He hurried to the building<br />
that contained his family’s living quarters and his former studio, and<br />
pushed the elevator button. As the boy waited for the elevator to<br />
descend from the 70th floor, his urge became so strong that he had to<br />
hop from one leg to the other. When he was finally riding up in the<br />
elevator, René was so desperate that he had to pinch himself hard<br />
in order not to burst. The pain he inflicted on himself momentarily<br />
distracted him from his urge to urinate. But this did not suffice, since<br />
the apartment of the Magritte family was on the sixty-first floor<br />
and the elevator ascended even slower than it had descended. René<br />
might as well have remained downstairs, for by the time he finally<br />
stood in front of the door to the apartment, his pants were dripping.<br />
Needless to say, Madame&Monsieur Magritte forbade him<br />
to paint from nature for several weeks. This interdiction remained<br />
in force until René could convince them that such a calamity would<br />
never happen again.<br />
And indeed, he became much more cautious. For one, he<br />
refrained from putting Cognac in his breakfast coffee, and gave<br />
up the recommended glass of wine before lunch. Moreover, he took<br />
up painting in close proximity to the elevator and was careful to<br />
note even the slightest urgency of mictoration, which meant, in the<br />
language of the time, having to pee. At the first hint, he threw down<br />
the paintbrush and dashed off in the direction of the elevator,<br />
regardless of the fact that the landscape he was painting – which<br />
was, peculiarly, situated within an interior scene – still lacked all<br />
lighting. But as he approached the elevator, he had to witness the<br />
doors slowly closing on him. As the artist hammered against the<br />
closed doors with his fair painter’s hands, they merely responded<br />
with a metallic thud, for the elevator was already making its way<br />
back to the upper floors.<br />
Again it took several weeks until René regained permission<br />
to work on one of the strips of grass. Initially, Madame&Monsieur<br />
Magritte had even thought that giving him another chance was out<br />
of the question, for it seemed that painting had something to do with<br />
his ongoing stained state. René’s honest effort, his willingness to<br />
forego all stimulating drink, which beset him with the occasional<br />
withdrawal symptoms, finally brought Madame&Monsieur around.<br />
It was not least the residents of the housing development who<br />
contributed to this decision: they had become quite accustomed to<br />
the painting lad with the strained expression on his face.<br />
With a strict countenance, Madame&Monsieur reminded their<br />
son what was at stake, but René was fully aware of this, and he<br />
entered the courtyard of the housing development just as Adam&Eve<br />
42<br />
would have entered the Garden of Eden had they been given one<br />
last permission to enter it after the incident with the apple.<br />
René swore by all his role models and his future progeny to use<br />
this chance to the best of his abilities.<br />
As a first precaution, he moved his work space to a piece<br />
of lawn abutting the elevator shaft, regardless of the trash bins<br />
with their intensive smell of organic waste. Following this, he calculated<br />
the approximate point in time when the modicum of firewater,<br />
which he secretly imbibed, would make itself noticed. When the time<br />
came, he completed, with several apt swipes, the propellers on the<br />
heads of the black birds on his canvas, which were smoking cigarette<br />
butts on the neighboring lawn, laid the brush aside and calmly<br />
walked towards the elevator. Only on the last meters did he begin<br />
to trot to avoid unnecessarily wasting time. Even if the elevator were<br />
on the top floor, everything would go smoothly this time.<br />
On the piece of paper taped to the elevator door, René<br />
read that the maintenance would take until after lunch, at the latest.<br />
In his despair, René decided to do it the way he had observed it with<br />
Remy. The clever dog would look for a semi-dense shrub, and<br />
René found one, in front of which the mall’s delivery van was parking<br />
that day. Just as he was beginning to go about his business, the<br />
van set off for its delivery, and the ever-sober janitor grabbed René<br />
by the collar and eagerly proclaimed that he would immediately<br />
deliver him to Madame&Monsieur so that he could receive his just<br />
punishment. This was the end of his plein air painting, and the young<br />
artist was left with nothing but the realization that, even with a<br />
mere glance through the window, one can see in one’s head what<br />
is occurring outside or what will occur there or what could occur<br />
there. Had he not, given the natural state of so many things, already<br />
created his own interpretation of it all?<br />
43
Gouachen von Stefanie Unruh aus<br />
der Serie „urban dreams“<br />
Gouaches from the series “urban dreams”<br />
by Stefanie Unruh
ISBN 978-3-00-033761-1<br />
Impressum<br />
Die Publikation „PLATFORM3 Futures“ erscheint<br />
anlässlich des 2. Jubiläums des Projektes<br />
PLATFORM3 – Räume für zeitgenössische<br />
Kunst im März 2011. Gemeinsam mit dem<br />
Künstlerkatalog „PLATFORM3 Works“<br />
(2009) dient sie der realistischen Erfassung<br />
und bleibenden Präsentation eines bisher<br />
einzigartigen Modells, das Künstlerateliers,<br />
Ausstellungsraum, Kuratorenbüro, Werkstatt und<br />
öffentliche Flächen innerhalb eines Industrie-<br />
Areals in der Münchner Peripherie verbindet.<br />
Erscheinungsdatum: 19. März 2011<br />
Konzept: Nikolai Vogel; Marlene Rigler und<br />
Birgit Pelzmann für PLATFORM3 – Räume für<br />
zeitgenössische Kunst<br />
Herausgeber: Birgit Pelzmann und Marlene Rigler<br />
für PLATFORM3 – Räume für zeitgenössische<br />
Kunst<br />
Autoren: Dr. Anneliese Durst, J.- Peter Pinck,<br />
Marlene Rigler, Birgit Pelzmann, Sara Duana<br />
Meyer, Nikolai Vogel, Hanno Millesi. Alle Rechte<br />
liegen bei den Autoren.<br />
Bildnachweis: Fotografien der Ateliers und<br />
Räumlichkeiten von PLATFORM3 © Jörg<br />
Koopmann, 2011. Künstlerische Beiträge „das<br />
(ideale) Atelier“ © Ryo Kawasaki, Ute Heim,<br />
Wolfgang Stehle, Silke Markefka, Jovana Banjac,<br />
Nana Dix, Nikolai Vogel, Susanne Thiemann,<br />
Patricia Lincke. Gouachen aus der Serie „urban<br />
dreams“ © Stefanie Unruh, 2010. Alle Rechte<br />
liegen bei den Bildautoren.<br />
Projektmanagement: Birgit Pelzmann<br />
Lektorat: Sara Duana Meyer und<br />
das Team der PLATFORM3<br />
Übersetzung: Suzanne Schwarz-Zuber<br />
Gestaltung: Keller Maurer Design, München<br />
mit Anja Gindele<br />
Druck: deVega Medien GmbH, Augsburg<br />
Papier: Arctic Paper, Munken Pure, 120 g/m 2<br />
Schrift: AG Schoolbook<br />
© PLATFORM3, die Autoren und Künstler.<br />
Printed in Germany<br />
ISBN 978-3-00-033761-1<br />
Imprint<br />
The book “PLATFORM3 Futures” is published<br />
on the occasion of the second anniversary<br />
of PLATFORM3 – spaces for contemporary<br />
art in March 2011. Together with the artists’<br />
catalogue “PLATFORM3 Works” (2009), it<br />
strives to document and present the current<br />
state of a singular project initiative combining<br />
artists’ studios, exhibition halls, curators’ offices,<br />
workshops and public areas within a former<br />
industrial complex in Munich’s periphery.<br />
Date of publishing: March 19, 2011<br />
Concept: Nikolai Vogel; Marlene Rigler und<br />
Birgit Pelzmann for PLATFORM3 – Spaces for<br />
contemporary art<br />
Editors: Birgit Pelzmann and Marlene Rigler<br />
for PLATFORM3 – Spaces for contemporary art<br />
Authors: Dr. Anneliese Durst, J.- Peter Pinck,<br />
Marlene Rigler, Birgit Pelzmann, Sara Duana<br />
Meyer, Nikolai Vogel, Hanno Millesi. All rights<br />
reserved.<br />
Photo credits: Photographs of artists’ studio<br />
spaces at PLATFORM3 © Jörg Koopmann, 2011.<br />
Artists’ contributions on the topic of “The (Ideal)<br />
Studio” © Ryo Kawasaki, Ute Heim, Wolfgang<br />
Stehle, Silke Markefka, Jovana Banjac, Nana<br />
Dix, Nikolai Vogel, Susanne Thiemann, Patricia<br />
Lincke. Gouache drawings from the series “urban<br />
dreams” © Stefanie Unruh, 2010. All rights<br />
reserved.<br />
Project management: Birgit Pelzmann<br />
Proof reading: Sara Duana Meyer and<br />
the team of PLATFORM3<br />
Translation: Suzanne Schwarz-Zuber<br />
Design: Keller Maurer Design, Munich<br />
with Anja Gindele<br />
Print: deVega Medien GmbH, Augsburg<br />
Paper: Arctic Paper, Munken Pure, 120 g/m 2<br />
Typeface: AG Schoolbook<br />
© PLATFORM3, the artists and authors<br />
Printed in Germany<br />
ISBN 978-3-00-033761-1
ISBN 978-3-00-033761-1<br />
FUTURE<br />
EXPERIMENTAL GROUND<br />
EXCHANGE SPACE FORUM<br />
DISCOURSE STUDIO<br />
WORK PUBLIC<br />
CULTURE MUNICH<br />
MEDIATION NETWORK<br />
PROJECT PRODUCTION<br />
ART VENUE MODEL