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Einleitung – Kapitel 1.3.<br />

zug auf mögliche Selektionsdrücke und Änderungen in der Pathogenität (zum Beispiel<br />

der historischen Pestepidemie siehe Bos et al. 2011 und Haensch et al. 2010).<br />

Der Nachweis von Krankheitserregern und die Authentizitätssicherung der Ergebnisse<br />

gestalten sich dabei im Versuchsdesign wesentlich komplexer als die Untersuchung<br />

polymorpher DNA-Abschnitte: Da die speziesspezifischen DNA-Abschnitte<br />

in der Regel wenig variabel sind, können Kontaminationen, etwa durch Kreuzkontamination<br />

oder durch Positivkontrollen, nicht ohne Weiteres erkannt werden. Erst der<br />

mehrfache Nachweis in unabhängigen Extrakten sowie vielfache Kontrollen (z.B. die<br />

Koamplifikation mit Extrakten aus Bodenproben) sichern die Authentizität der Ergebnisse.<br />

Weiterhin muss bedacht werden, dass aufgrund von Degradierungsereignissen<br />

der DNA die Abwesenheit von Analysesignalen nicht zwangsläufig bedeutet,<br />

dass das gesuchte Bakterium nicht vorhanden war. Hier bildet zum einen die vielfache<br />

Wiederholung des Experiments sowie insbesondere auf die Fragestellung angepasste<br />

Kontrolluntersuchungen die Grundlage für eine möglichst hohe Aussagekraft<br />

der Ergebnisse (Baron et al. 1996).<br />

Historische Diagnose „Nervenfieber“<br />

Im Zusammenhang mit dem Kasseler Massengrab geben die historischen Quellen<br />

das Krankheitsbild als „gutartiges, hochansteckendes Nervenfiebers“, „Lazarett-<br />

Fiebers“ oder auch „Typhus“ an. Dabei gilt der Begriff Nervenfieber als Synonym<br />

des Typhus, dessen Name durch Boissier de Sauvages 1760 vorgeschlagen wurde.<br />

Dabei bezeichnet diese Diagnose verschiedene „[…] unter heftigem Fieber verlaufender<br />

Krankheitszustände, bei denen das Nervensystem in der schwersten Weise<br />

ergriffen zu sein und der Kranke in einem anhaltenden Zustand von Betäubung sich<br />

zu befinden pflegt […].“ (Meyers Großes Konversationslexikon, Band 19, Leipzig<br />

1909, S.848). Bei der historischen Diagnose Typhus muss somit berücksichtigt werden,<br />

dass die Ärzte bis Mitte des 19. Jahrhunderts nur die Möglichkeit hatten,<br />

Krankheiten auf Basis ihrer Symptomatik zu diagnostizieren. Folglich wurden lange<br />

Zeit Erkrankungen unter einer Diagnose zusammengefasst, die heute als eigenständige<br />

Krankheiten erkannt wurden, allerdings sehr ähnliche Symptome auslösen. Genauso<br />

verhält es sich mit der historischen Diagnose des Nervenfiebers bzw. des Typhus.<br />

Erst 1847, also deutlich nach dem ermittelten Todeszeitpunkts der Individuen,<br />

entdeckte Sir William Jenner, dass es sich bei Typhus in Wirklichkeit um verschiedene<br />

Krankheiten handelt (Seddon 2004). Heute ist eine Vielzahl von unterschiedlichen<br />

Bakterien bekannt, deren Infektionen typhusähnliche Symptomatik auslösen.<br />

Zu den häufigsten Infektionskrankheiten zählen:<br />

1. Die durch das Bakterium Salmonella enterica ssp. enterica Serovar Typhi (S. typhi)<br />

ausgelöste eigentliche Typhus- Erkrankung (Typhus abdominalis).<br />

2. Eine leicht abgeschwächte Form des Typhus, den sogenannten Paratyphus. Verantwortlich<br />

für diese Form ist Salmonella enterica ssp. enterica Serovar Paratyphi,<br />

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