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Einleitung – Kapitel 1.3.<br />
Paläopathologie und Paläomikrobiologie<br />
Überblick<br />
Weitere zentrale Punkte in den Untersuchungen historischer Populationen sind die<br />
Rekonstruktion von Lebensumständen sowie die Identifikation möglicher Todesursachen<br />
der Individuen. Pathologische Auffälligkeiten, wie etwa Traumata und Strukturauffälligkeiten<br />
am Skelettmaterial können Hinweise auf die Todesursache sowie<br />
die Lebensweise geben (Herrmann et al. 1990, Ortner 2003). Bis vor kurzem waren<br />
nur Krankheitsbilder diagnostizierbar, die Spuren an den Knochen hinterlassen, etwa<br />
Tuberkulose oder Syphilis. Die meisten Infektionskrankheiten haben jedoch keinen<br />
oder nur unregelmäßigen Einfluss auf die Knochenstruktur, so dass mit morphologischen<br />
Methoden keine Informationen gewonnen werden können. Mit Hilfe der<br />
aDNA-Analytik wurde die Möglichkeit zur Identifikation von Infektionskrankheiten<br />
erweitert. Wie die menschliche DNA kann auch mikrobielle DNA von Erregern im<br />
Knochen jahrhundertelang überdauern. Der Nachweis von solchen DNA-Abschnitten<br />
im Knochenmaterial kann als Nachweis für eine Infektion zu Lebzeiten dienen, sofern<br />
der ausgewählte DNA-Abschnitt spezifisch für eine bestimmte Spezies ist und<br />
eine Kontamination auf anderem Wege, etwa bei Erdbestattungen durch bodenlebende,<br />
phylogenetisch nahe stehende Spezies, auszuschließen ist. Voraussetzung für<br />
einen Nachweis ist auch die Art der Infektion, da der Erreger über die Blutbahn<br />
transportiert werden muss, damit nach dem Tod des Individuums bakterielle DNA im<br />
Knochen identifiziert werden kann. Somit ist beispielsweise Yersinia pestis, der Auslöser<br />
der großen Pestepidemien im 14. Jahrhundert, ein geeigneter Organismus, während<br />
Vibrio cholerae, die Ursache für die Cholera, nur den Darm infiziert und daher<br />
nicht im Knochen gefunden werden kann. Erfolgreiche Nachweise konnten bisher<br />
u.a. für Yersinia pestis (Wichmann und Grupe 2005) Mycobacterium tuberculosis<br />
(z.B. Donoghue et al. 2004, Zink et al. 2005), Mycobacterium leprae (Haas et al.<br />
2000, Matheson et al. 2009) und Plasmodium falciparum (Fornaciari et al. 2010,<br />
Nerlich et al. 2008) erbracht werden. Im Zusammenhang mit napoleonischen Truppen<br />
konnten Infektionen mit Rickettsia prowazekii und Bartonella quintana als mögliche<br />
Ursachen für die verheerenden Epidemien unter den Soldaten identifiziert werden<br />
(Raoult et al. 2006).<br />
Mit Hilfe der Untersuchung der Erreger von Infektionskrankheiten können nicht nur<br />
der individuelle Infekt nachgewiesen werden, sondern auch Erkenntnisse in Bezug<br />
auf die hygienischen Bedingungen, die Ernährungssituation (Wilbur et al. 2008), die<br />
Entstehungsgeschichte von Infektionskrankheiten (Nerlich und Lösch 2009,<br />
Schuenemann et al. 2013, Taylor et al. 2007, Zink et al. 2003) und die Besiedlung<br />
der Kontinente durch den Menschen (Moodley et al. 2009) gewonnen werden. Weiterhin<br />
ist es möglich, historische Epidemien durch den Nachweis spezifischer Stämme<br />
genau zu charakterisieren (Vergnaud et al. 2007). Darüber hinaus lassen sich<br />
durch Sequenzanalysen der historischen, bakteriellen DNA-Sequenzen Hinweise auf<br />
die Evolution dieser Organismen finden (Watson und Lockwood 2009), etwa in Be-<br />
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