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Einleitung – Kapitel 1.3.<br />

betrachten (Grupe et al. 2005, Herrmann et al. 1990). Zu einer vollständigen Diagnose<br />

können im Weiteren auch noch die allgemeine Robustizität des Individuums sowie<br />

eventuelle weitere Funde (z.B. Beigaben) hinzugezogen werden. Während bei Kindern<br />

und Jugendlichen die auf morphologischen Kriterien beruhende Geschlechtsdiagnose<br />

aufgrund der noch unausgeprägten Charakteristika relativ große Fehlerraten<br />

besitzt, ist die Diagnose bei erwachsenen Individuen sehr zuverlässig. Die Bestimmungssicherheit<br />

kann je nach untersuchter Skelettserie und des Erhaltungszustandes<br />

bis zu 96% betragen (Grupe et al. 2005).<br />

Die morphologische Diagnostik wird in den letzten Jahren zunehmend durch die<br />

Analyse von DNA aus den Skeletten gestützt. Die genetische Diagnose wird dabei in<br />

der Regel mittels der Untersuchung eines Abschnitts des Amelogenin-Gens durchgeführt.<br />

Das Gen ist auf den Geschlechtschromosomen an Xp22.1-Xp22.3 und Yp11.2<br />

lokalisiert (Nakahori et al. 1991) und weist einen Unterschied zwischen der X- und<br />

der Y-chromosomalen Variante auf: Im Intron 1 der X-Variante findet sich gegenüber<br />

der Y-Variante eine 6bp-Deletion (AAAGTG), was durch eine Polymerasekettenreaktion<br />

(PCR) und anschließender Gelelektrophorese leicht dargestellt werden<br />

kann. Die Anwesenheit von zwei verschieden langen Fragmenten weist auf die Anwesenheit<br />

eines X- und Y-Chromosoms und somit auf einen Mann hin, während ein<br />

(im Vergleich kürzeres) Fragment auf die ausschließliche Anwesenheit von X-<br />

Chromosomen deutet und entsprechend eine Frau identifiziert.<br />

Die Sicherheit bei einer Geschlechtsbestimmung mit Hilfe des Amelogenins ist sehr<br />

hoch, nur in wenigen Fällen gab es durch Rekombinationsereignisse falsche Ergebnisse.<br />

Dabei scheint die Ausgangspopulation eine Rolle zu spielen: Während bei<br />

Frances und Kollegen gerade einmal zwei von 1224 spanischen Probanden falsch<br />

typisiert worden sind, lag bei Thangaraj und Kollegen die Rate bei fünf von 270 indischen<br />

Männern (Frances et al. 2007, Thangaraj et al. 2002). Weiterhin ist bei stark<br />

degradierter DNA die Gefahr eines allelic dropout, also das Ausbleiben eines Signals<br />

aufgrund zu niedriger intakter target-DNA Anzahl, und folglich einer Fehlinterpretation<br />

sehr hoch. Um die Geschlechtsdiagnose gerade in fraglichen Fällen weiter abzusichern,<br />

bietet es sich an, weitere zusätzliche geschlechtsdeteminierende Marker simultan<br />

mit zu untersuchen, etwa gonosomale STR-Systeme (vgl. Schmidt et al.<br />

2003, Dicks 2012). In den standardmäßig verwendeten Multiplex-Kits für autosomale<br />

STR-Systeme ist in der Regel der Amelogenin-Marker mit enthalten.<br />

Altersdiagnose<br />

Neben dem Geschlecht ist das Sterbealter des Individuums ein wichtiges Basisdatum.<br />

Durch Kenntnisse der Altersverteilung kann dabei Rückschluss auf die Lebenserwartung<br />

und somit auf die generellen Lebensbedingungen zulassen. So findet sich bei<br />

historischen Bevölkerungen oftmals eine hohe Kindersterblichkeit, während juvenile<br />

Individuen vergleichsweise selten sind. Es folgt eine erhöhte Sterblichkeit bei adulten<br />

Frauen, was auf Komplikationen während der Schwangerschaft zurückgeführt<br />

wird (Herrmann et al. 1990). Abweichungen von dieser Altersverteilung finden sich<br />

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